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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 252. Köln, Donnerstag, den 22. März 1849.
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Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
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Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.
Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Auch eine Milliarde. — Der Hohenzollersche Preßgesetzentwurf). Trier. (Märzfeier). Berlin. (Der 18. — Klatsch. — Verlängerung des dänischen Waffenstillstandes. — Kammersitzungen). Breslau. (Die beabsichtigte Märzfeier). Posen. (Die Russen an der Gränze). Wien. (Verurtheilung. — Vermischtes). Bremen. (Die Auswanderer). Schleswig-Holstein. (Die Landesversammlung). Frankfurt. (Kaiserdebatte). Heidelberg. (Märzerinnerung).
Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz).
Französische Republik. Paris. (Die Breamörder. — Bankett. — Die demokratische Presse. — Vermischtes. — National-Versammlung). Marseille. (Neue Infamie Barrots).
Italien. Rom. (Neue Note). Neapel. (Kammerverhandlungen). Palermo. (Verwerfung des neapolitanischen Ultimatums). Turin. (Rüstungen. — Sardinisches Manifest).
Großbritannien. London. (Diner — Hungertod. — Die Börse).
Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.
Deutschland.
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[ 068 ] Köln, 20. März.
Kaum war die Hof- und Krautjunker-Kammer konstituirt, als auch sofort ein Antrag auf Regulirung, d. h. Ablösung der Feudallasten, gestellt wurde. Die gnädigen Herren haben's eilig. Sie wünschen aus der ländlichen Bevölkerung noch vor Thorschluß so viel herauszupressen, daß sie einen hübschen Sparpfennig für etwaige schlimme Tage bei Seite legen und ihren Personen voran in's Ausland senden können.
Für den Schreck, für die namenlose Angst, die sie in der ersten Zeit nach dem „Mißverständniß“ des Berliner März und seinen nächsten Folgen erduldet: suchen sie jetzt aus den Taschen der geliebten Dorf-„Unterthanen“ einen doppeltlieblichen Balsam zu gewinnen.
Schlesien insbesondere, das bisherige Goldland der Feudal- und Industrie-Barone, soll noch einmal gründlich ausgebeutelt werden, damit der Glanz seiner gutsherrlichen Ritterschaft, von den mediatisirten Fürsten und Grafen bis auf den simpelsten „gnädigen“ Herrn herab, vermehrt und verstärkt, fortstrahle.
Wir haben gleich nach Erscheinen des im Dezember vorigen Jahres octroyirten provisorischen Ablösungsgesetzes nachgewiesen, daß es lediglich auf den Vortheil der gnädigen Gutsherren berechnet, daß der sogenannte „kleine Mann“ der reinen Willkühr der Großen, schon bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts, preisgegeben und seinen Feinden zur beliebigen Manipulation überliefert ist. Trotzdem ist die noble Ritterschaft mit ihm nicht zufrieden. Sie verlangt ein Gesetz, das dem ritterlichen Beutel noch einige Annehmlichkeiten mehr zuwenden soll.
Im März und April 1848 stellten eine Menge hohe Herren in Schlesien ihren Bauern schriftliche Urkunden aus, worin sie auf alle bisherigen gutsunterthänigen Abgaben und Leistungen verzichteten. Um ihre Schlösser vor dem Niederbrennen und sich selbst vor einer eigenthümlichen Verzierung mancher Schloß-Linde oder Hof Pappel zu sichern, gaben sie ihre sogenannten „wohlerworbenen Rechte“ mit einem Federzuge dahin. Zum Glück für sie, war das Papier auch damals sehr geduldig.
Als daher die Revolution, statt voran zu marschiren, sehr bald im Sumpf der Philisterei und des gemüthlichen Abwartens stecken blieb: da langten die Herren ihre Entsagungsurkunden hervor, nicht um sie zu erfüllen, sondern um sie, als Beweisstücke dem Kriminalgericht zur Untersuchung gegen die rebellische Bauern-Canaille einzusenden. Waren doch die Herren Landräthe noch immer die alten, das ganze Beamtenheer blieb unverändert nach dem März wie's vordem war. Ein neuer Oberpräsident, Hr. Pinder, blies ganz in das Horn der schlesischen Raubritterschaft und schnell durchzogen mobile Kolonnen, die dem Beutel der Steuerzahlenden enorme Summen gekostet haben, die ganze Provinz, um die Feudalherren in ihren sogenannten „wohlerworbenen Rechten“ mit gewaffneter Hand zu schützen und das Landvolk durch drückende Einquartirungslast mürbe zu machen und zum Respekt gegen die „gnädigen“ Herren zurückzuführen. Somit wurde den „Gnädigen“ wohl und üppig zu Muthe, bis auf den einen Punkt, daß an vielen Orten die Bauern mit der Zahlung von Laudemien, Marktgroschen etc. etc. einstweilen zurückhielten. Mit hoffenden Augen blickten die Bauern nach Berlin auf die Vereinbarungsmänner — mit steigender Besorgniß blickten eben dahin die Patrimonialherren. Jene erwarteten, diese fürchteten Aufhebung der Feudallasten ohne Entschädigung. Statt vor allen Dingen durch feierlichen Beschluß alle Feudalabgaben und Leistungen der Bauern an die Herren Ritter für unentgeldlich aufgehoben zu erklären: wurde die geeignete Zeit unbenutzt vorübergelassen, indem man mit deutscher Gründlichkeit erst alle möglichen Forschungen über Natur, Ursprung etc. der prächtigen Feudal-Dienste und Abgaben anstellte. Als nun endlich die gelehrten Untersuchungen zu Ende und die Vereinbarer nahe daran waren, die einträglichsten gutsherrlichen Abgaben und Frohnden den Bauern von den Schultern zu nehmen und zwar ohne Entschädigung der Herren Ritter: da war auch die gottbegnadete Partei bereits so erstarkt, daß sie den kühnen Griff nach ihrem bevorrechteten Geldbeutel mit leichter Mühe abpariren oder, mit andern Worten, die Vereinbarer auseinander sprengen und in Erwartung noch besserer Tage, einstweilen ein für die Ritterschaft immerhin ganz annehmliches Ablösungsgesetz octroyiren konnte.
Jetzt scheinen dieser Partei die ersehnten schönen Tage von Aranjuez zurückgekehrt. Die hohen Herren haben ganz genau ausgerechnet, wie viel mehr als früher, sie nun unter dem Schutz von Bajonetten, Belagerungszuständen, mobilen Kolonnen und dem erwarteten Zuzug des russischen Schwagers aus der schlesischen Bauerschaft werden herausschlagen können.
So fein aber auch die Rechnung ist, so sehr ist sie ohne den Wirth gemacht.
Dieser Wirth ist der schlesische Bauer, nicht der Bourgeois-Bauer, mit 3, 4 und mehr Hufen Landes, der zum größten Theil eben so schwarzweiß denkt und handelt, als die Herren Ritter selber, sondern jene Masse von kleineren Bauern, von Hof- und Freigärtnern, Häuslern und „Zuhausinnewohnern“, welche bisher die eigentlichen Lastthiere der großen Grundbesitzer gewesen sind und nach dem Plane der Letzteren unter einer andern Form ferner bleiben sollen.
Im Jahre 1848 hätte sich jene Masse mit unentgeldlicher Aufhebung der Feudallasten begnügt. Die Gutmüthigkeit des bisher so schamlos ausgesaugten Volkes zeigte sich eben darin, daß die Mehrheit gern das Alte vergessen und nur für die Zukunft ihr Recht und ihre Freiheit gesichert haben wollte.
Nach der bittern Lehrzeit in den letzten Monaten des Jahres 1848, und der bisherigen im Jahre 1849, ist das schlesische Landvolk, der „kleine Mann,“ immer mehr und mehr zu der Einsicht gekommen, daß die Herren Rittergutsbesitzer, statt sich durch ein fein ersonnenes Ablösungsgesetz neue Reichthümer zu octroyiren, von Rechtswegen mindestens denjenigen Theil ihres Raubes, den sie mit Hülfe der früheren Ablösungsgesetze ins Trockne gebracht haben, zurückgeben müssen.
Mag immerhin „Mein tapferes Kriegsheer“ noch einige Zeit verwandt werden, mit dem Schweiß und Blut des „kleinen Mannes“ die gutsherrlichen Taschen zu füllen: der Bauer wartet nur des Augenblicks, wo er seine Abrechnung halten kann, und die wird er wahrlich nicht ohne den Wirth machen.
Von Dorf zu Dorf beschäftigt man sich täglich eifriger mit der Frage, wieviel die Herren Raubritter blos seit den letzten 30 Jahren unter dem Schutze „von Gottes Gnaden“ dem Landvolke gestohlen haben. Man hat's nicht so leicht wie in Frankreich. Dort forderten und erhielten 1825 eine kleine Zahl von Adligen und hohen Bourgeois eine Milliarde (beinahe 300 Mill. Thaler preuß. Cour.) als sogenannte „Entschädigung“ für ihre Verluste in der Revolution. Es ist eine hübsche, runde Summe, und der französische Bauer weiß somit, wieviel er an Kapital und Zinsen zurückerhalten muß.
In Preußen haben die Herren Ritter Jahr aus Jahr ein geplündert, die Summe ist ihnen nicht auf einem Brett ausgezahlt worden. Dem einzelnen Bauer war es bisher zwar wohl bekannt was er für seine Person, und was sein Dorf an den Hrn. Ritter, gutsbesitzer gezahlt. Jetzt aber hat man den Ueberschlag für die ganze Provinz gemacht und gefunden, daß das Landvolk in den letzten 30 Jahren auf dem Wege der Ablösung an die schlesischen Raubritter theils in Grundstücken, theils in baarem Kapital und in Renten, um mehr als 80 Mill. Thlr. preuß. Cour. geprellt worden ist. Dazu kommen die jährlichen Abgaben und Leistungen der bis jetzt Nichtabgelösten. Diese Summe beläuft sich für die letzten 30 Jahre auf mindestens 160 Mill. Thlr., macht mit den obigen zusammen c. 240 Mill. Thlr.
Dem Landvolk ist mit diesen jetzt erst zu seiner Kunde gelangten Berechnungen ein Licht aufgegangen, vor dessen Helle die feudalen Spießgesellen, trotz aller gottesgnädigen Machtfülle ihres obersten Protektors, in sich zusammenschrecken. Sie haben 240 Mill. aus den Taschen des Landvolks geschluckt, und „unsere 240 Millionen [Fortsetzung]
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Blödsinn deutscher Zeitungen.
(Die Neue Preußische Zeitung.)
In Berlin erscheint bekanntlich ein Blättchen unter dem Titel „Neue Preußische Zeitung“, auch Kreuzzeitung und von einigen demokratischen Biedermännern, die dergleichen loyale Narrenspossen ernsthaft nehmen, sogar Galgenzeitung genannt, — eine Benennung, die sich aus Versehen ein- oder zweimal sogar in die „Neue Rheinische Zeitung“ geschlichen hat und wofür wir um Entschuldigung bitten.
Es gab eine Zeit, wo dies Blättchen durch eine gewisse burschikose Keckheit in der Behauptung von contrerevolutionärem Blödsinn zu einem ganz angenehmen Verdauungspülverchen für gutmüthige Bewunderer Nante'scher Geistestiefe sich aufschwang und Denkern von der Tragweite eines Glasbrenner eine gefährliche Konkurrenz machen konnte. Seine Witze waren wenigstens an Geschmack, Feinheit und treffender Wirkung nicht weniger würzig als die Sr. Majestät Friedrich Wilhelm IV. Allerhöchstselbst.
Man sah dem ganzen Blättchen auf den ersten Blick an, von wem es redigirt wurde. Das ganze Büreau war aus Exemplaren jener Berliner Pflanze zusammengesetzt, die man Bummler nennt, und die sich zum Pariser Flâneur verhält wie die große Minna Wauer zur kleinen Déjazet. Referendarien, die am dritten Examen scheiterten, verunglückte Sekondelieutenants, unbrauchbare Postschreiber und andre ehrenwerthe Staatsbürger ähnlichen Schlages, Leute, die in weniger unruhigen Zeiten ihr Leben damit verbrachten, aus einem Bierlokal sich in das andre hinüberzulangweilen, den Kellnerinnen in die Backen zu kneifen, auf Putzmacherinnen oder pommersche Dienstmädchen Jagd zu machen, in's Theater zu gehen und aus Grundsatz nie eine Zeitung zu lesen — solche interessante Charaktere blickten aus jeder Zeile des Blättchens als Verfasser hervor. Die Hauptsache war nicht die Politik, sondern die Uebertragung der Bummelei in die Tagesliteratur. Für die ernsthafte Politik hatte man denn nebenbei irgend ein schreibseliges verkanntes Genie von altem Beamten oder Offizier, dessen Artikel undurchgesehen in die Setzerei wanderten — und die Zeitung bummelte sich so gleichsam von selbst jeden Tag zusammen.
Das Blättchen war für Berlin etwas Neues und erregte daher ein gewisses Aufsehen. Man wußte freilich nicht, daß das Original des „neuen preußischen“ Unternehmens ein viel witzigeres und amüsanteres Blättchen war, das im gottlosen Welschland, in dem verworfenen Babel Paris gedruckt wurde: Le Corsaire.
Der Corsaire war das Organ der jungen flanirenden Aristokraten- und Banquierssöhne, sowie ihrer Loretten. Die Politik war — vor der Revolution — Nebensache. Die reaktionäre, bald legitimistische, bald philippistische Färbung des Blattes war bloß daraus zu erkennen, daß meist nur die Leute der Gegenpartei mit Scandal und mehr oder weniger schlechten Witzen verfolgt wurden. Die Redakteure des Blättchens waren meist Elsässer und Lothringer Juden, unter denen auch die industrielle Notabilität Abraham (fälschlich Alexander) Weill figurirt. Diese liebenswürdige Couleur literarischer Industrieritter, konnte natürlich von ihren 860 Abonnenten nicht leben. Sie lebte meist von der Munifizenz der jungen reichen Flaneurs, denen sie für ein gutes Diner als Hofnarren und im Nothfall auch sonst noch dienten. Zwischen einem dieser Literaten und einem Portier soll sich vor nicht gar zu langer Zeit ein gewaltiger Konkurrenzstreit erhoben haben, als ein flotter junger Börsenwolf seine Lorette wegen herannahender Bejahrung in Ruhestand versetzte und ihr ein kleines Modistengeschäft nebst einem Ehemann zusagte. Eine andere Lebensquelle dieser Herren bestand darin, irgend einen Schauspieldirektor, Deputirten, Beamten, Banquier etc. — und diesmal ohne Unterschied der Partei — so lange mit erlogenem, oder nicht erlogenem Skandal zu verfolgen, bis er sich durch einige Tausendfrank-Banknoten das Schweigen des Corsaire erkaufte. Die Redaktionsarbeit dieser edlen Gesellschaft war pures Kinderspiel. Um ihr tägliches Blättchen fertig zu bekommen, brauchten sie bloß zur ersten Lorette ihrer Bekanntschaft oder in's Café Cardinal zu gehen. Dort hörten sie, was in den heitern Cirkeln des interessanten Stadtviertels Notre-Dame-de-Lorette sich zugetragen hatte. Hier hat ein Deputirter des Centrums dem andern seine Maitresse abgejagt; dort ein glatzköpfiger Börsenwolf, à l'âge, où l'on n'a plus d'amour, mais où l'on a plus de caprice, seine Aspasia in den Armen eines beau blond entdeckt; dort hat eine übermüthige Lorette einen nach verschiedenen Seiten hin pikanten Einfall gehabt, und was dergleichen anmuthige und kitzliche Geschichten mehr sind. Diese ganze chronique scandaleuse, rasch mit Bleistift aufgeschrieben, in erträglich glattes, halb anständiges Französisch gekleidet, füllte täglich zwei Drittel des Corsaire, und solange das Blättchen sich in dieser Spezialität bewegte, hatte es zwar nur 860 Abonnenten (wovon 3/4 im Lorettenquartier) aber desto mehr Leser.
Man sieht, ein Organ wie der Corsaire setzt einen höheren, mehr babylonischen Civilisationsgrad voraus, als ihn „die Residenz“ Berlin liefern kann, und jedenfalls war es nicht weniger honett, aber weit amüsanter, den Corsaire zu redigiren als die Neue Preußische Zeitung, obwohl die betreffenden Literaten in beiden Fällen meist nur das Zusehen hatten. Aber da kam die Februarrevolution. Die „Protektoren“ des Quartier Notre-Dame-du-Lorette flogen nach allen Richtungen auseinander, nach England, nach Belgien, in die Provinzen. Die Loretten sanken entsetzlich im Preise. Königinnen von Mabille und vom Châteaurouge, die früher einen Liebhaber von 20 — 30,000 Franken Renten in sechs Monaten zu ruiniren gewohnt waren, sanken herab zur soupe à l'ognon und suchten, wen sie verschlängen. Ein ganzes Stück Paris, das Paris des Corsaire, war mit einem Schlage vernichtet und verschwunden. Wie der Arbeiter [1412] die Tuilerien, so hatte die Grisette den Boulevard des Italien's erobert.
Da war Heulen und Zähneklappen in den Bureaus des Corsaire, und einstimmig beschloß die Redaktion, sich mit Todesverachtung der Contrerevolution in die Arme zu werfen. Der lasterhafte Corsaire that Buße. Die verlockenden Boudoirscenen verschwanden. Die Historiographen der galanten Abenteuer der jeunesse dorée begeisterten sich plötzlich für Moral, Tugend und Familienglück, und richteten die ganze Entrüstung, deren ihr sittliches Gefühl fähig war, gegen die verderblichen Lehren der Sozialisten von der Ehe. Sie, die bisher durch allerlei oft ganz hübsch angelegte Spekulatiönchen den Champagner zu ihrem Dessert verdienen mußten, erhoben plötzlich ihre Stimmen für die Heiligkeit des Eigenthums gegenüber den sozialistischen „Räubern.“ Allerdings, die Schilderungen Fouriers aus dem ehelichen Leben sind noch viel ergötzlicher, als die pikantesten Loretten-Anekdoten des Corsaire, und mit den von demselben Fourier enthüllten alltäglichen Prellereien im Handel und Wandel können weder die im Corsaire geschilderten Börsencoups, noch die, von seinen Redakteuren selbst ausgeübten Geniestreiche konkurriren.
Mit einem Wort: der Corsaire wurde honett, und das war sein Untergang. Er mag jetzt mehr Abonnenten haben, aber er hat weniger Leser. Das thut aber Alles nichts; seine Redakteure, früher manchmal arme Schlucker, gehen jetzt seiner gekleidet, haben mehr Fonds, trinken mehr Champagner, und wo sie früher Eine junge Lorette hatten, haben sie jetzt zehn bejahrte Bourgeoisfrauen.
Ob auch bei der Redaktion der Neuen Preußischen Zeitung soviel herauskommt, ist ziemlich fraglich.
Die Neue Preußische Zeitung nun ist die Berliner Abspiegelung des Pariser Corsaire. In ihrer ersten Epoche, als der Bummler noch vorherrschte, war sie von Anfang bis zu Ende Skandalchronik, und man sah ihr an, wie sehr der „Ernst der Ereignisse“ und die vorgebundene Maske der sittlichen Entrüstung diesen im Grunde ihres Herzens äußerst gutmüthigen Leuten zuwider war. Ihr Haß gegen die Revolution kam eigentlich bloß daher, weil die Revolution sie in der Bummelei gestört und auf das ennuyante Gebiet der Politik geschleudert hatte. Ihre Hingebung für das Haus Hohenzollern beschränkte sich auf die Gewöhnung an die interessirten Loyalitäts- und Contrerevolutionsphrasen, die die ganze Unterhaltung ausmachten in den Geheimrathsthees und in den Hungerfestins uckermärkischer Don Ranudo de Colibrados, in die sie sich hineingebummelt hatten. Natürlich! wer sollte nicht ein guter Preuße werden, wenn er wöchentlich mehrere Abende in Gesellschaften zubringt, wo zwanzig bis dreißig der edelsten Sprossen preußischer Ritterschaft sich an Einer kleinen Schüssel Häringsalat und Einer Flasche schlechten Moselweins laben!
Aber die hohen Protektoren des Blättchens scheinen allmählig mit dieser liederlichen Manier, gegen die Revolution loszuziehen, unzufrieden geworden zu sein. Der Ernst der Ereignisse, der die Geldbeutel der Herren Rittergutsbesitzer und die Existenz des Throns mehr und mehr bedrohte, machte sich täglich fühlbarer. Die Chefs der uckermärkischen Grandezza sind Familienväter und verstanden als solche auch nicht viel Spaß. Kurz, das Blättchen erfuhr selbst eine Revolution.
Die berlinische frivolkokettirende Renommage, die Anflüge verbummelter Flegelei verschwanden allmälig aus dem Gros der Zeitung und zogen sich ein für allemal ins Feuilleton zurück. Das Corpus des Blättchens wurde gewiegten, zuverlässigen christlich-germanischen Männern überantwortet, einem V. A. Huber (Ex-Janus), einem Stahl u. s. w., namentlich aber einem oder mehreren Consistorialräthen der evangelischen preußischen Ex-Landeskirche.
Diese Consistorialräthe haben sich mit einem wahrhaft gottseligen Eifer ans Werk gesetzt. Die würdigen Männer trugen schon lange so Manches auf dem Herzen, was sie in dieser schweren Trübsal, wo die Proletarier und andere Kinder der Finsterniß ihr Wesen trieben, in sich verschließen mußten. Sie waren stille und klein geworden und es schien fast als sei Zion zerstöret, und die Burg des Allerhöchsten von der Erde verschwunden. Da aber kam der Erzengel Michael im goldenen Helm und frisirten Schnurrbart, der Löwe Wrangel, und befreite die gedrückten Ex-Landeskirchner. Jetzt, als die Kinder der Finsterniß in ihre Höhlen zurückverjagt, die „Gnade Gottes“ aus der Bedrängniß gerettet und der theure Mann Gottes Ladenberg, Kultusminister und Pabst der evangelischen Landeskirche geworden war, jetzt traten die großen Prediger des Wortes aus ihren Schlupfwinkeln wieder hervor und predigten, daß den Gottlosen die Ohren gellten.
Noch mehr. Wo ist der Kandidat der Theologie, der nicht bei der Lektüre des alten Testaments die alten Propheten beneidet hat, wenn sie kühn vor die Könige in Juda hintraten und ihnen im Namen des Allerhöchsten ihre Sünden vorhielten! Welch ein Abstand von dem gedrückten, pauvren, seit acht Jahren verlobten, und noch immer nicht angestellten Kandidaten der pauvren preußischen Landeskirche bis zu dem stolzen Propheten Jesaiah, der einen König Hiskiah mit dem Untergange bedroht, wenn er sich nicht bessert! Welch ein Unterschied zwischen dem Predigtamtskandidaten, der kaum bei seinen Jungen in der Kinderlehre Respekt hat, und dem Propheten, der über die himmlischen Heerschaaren kommandiren kann!
Die preußischen Theologen hatten immer das Unglück, unter so gottesfürchtigen Landesvätern zu stehen, daß sie nie Gelegenheit fanden, ihnen als bußepredigende Propheten mit dem Strafgericht des göttlichen Zorns zu drohen, und dadurch ihren Muth als Repräsentanten des Himmels gegenüber den Gewaltigen der Erde zu beweisen. Jetzt aber, als den Berliner Consistorialräthen die leitenden Artikel der Neuen Preußischen Zeitung überwiesen wurden, jetzt bot sich ihnen die langersehnte Gelegenheit, an dem Könige je nach Belieben zum Jesaias, Ezechiel oder Habakuk zu
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@facs1412
[Fortsetzung] müssen wir bei der nächsten Gelegenheit zurückhaben:“ das ist der nunmehr im schlesischen Landvolke umherwandelnde Gedanke, das ist die Forderung, die bereits in Tausenden von Dörfern laut ausgesprochen wird.
Das mehr und mehr sich ausbreitende Bewußtsein, daß wenn überhaupt von Entschädigung wegen der Feudallasten die Rede sein soll, die Bauern für den an ihnen begangenen ritterschaftlichen Raub entschädigt werden müssen: das ist eine „Errungenschaft,“ die bald ihre Früchte tragen wird. Sie läßt sich durch keinerlei Octroyirungskünste umstoßen. Die nächste Revolution wird ihr zur praktischen Geltung verhelfen, und die schlesischen Bauern werden dann wahrscheinlich ein Entschädigungsgesetz auszuarbeiten wissen, durch das nicht blos das geraubte Kapital, sondern auch die „landesüblichen“ Interessen den Rückweg in die Taschen des Volkes finden.
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@facs1412
Edition: [Karl Marx: Der Hohenzollersche Preßgesetzentwurf, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
[ * ] Köln, 21. März.
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@facs1412
[ 102 ] Trier, 19. März.
Gestern feierten die hiesigen Demokraten die Erinnerung an den 18. und 19. März vorigen Jahres durch ein Bankett im Kufs'schen Saale, der die herbeigeströmte Menge nicht zu fassen vermochte; auch Damen betheiligten sich beim Feste.
Heute fand für die Berliner Gefallenen ein großes Oratorium Statt. Ein unübersehbarer Zug mit Trauerfahnen, Gesang u. s. w. bewegte sich nach der Mathiaskirche; die Glocken läuteten das Grabgeläute — für die schon ungeboren begrabene Freiheit. — Der 19. März ist übrigens auch ein Erinnerungstag für die Trierer. An ihm protestirten voriges Jahr die Bürger gegen den Abmarsch eines Bataillons vom 30. Regimente (Leute aus hiesiger Gegend), an dessen Stelle man uns mit einer Anzahl 26r beglücken wollte. Da vollbrachte denn „Mein herrliches Kriegsheer“ die glänzende Waffenthat, einen wehrlosen Menschen ohne alle Veranlassung zu erschießen. Der in Folge der Untersuchung ermittelte Mörder, ein Unteroffizier aus Pommern, ward zur Strafe — einfach — versetzt und soll, wie man erzählt, kurz nachher zum Königl. Preuß. Feldwebel avancirt sein.
Unsere Heulerclique bot alles Mögliche auf, heute einen Krawall zu provociren, um Herrn Manteuffel einen neuen Beleg für die Nothwendigkeit seiner schmählichen Gesetzesvorlagen, bezüglich des Versammlungsrechtes, an die Hand zu liefern.
Die Kreaturen dieser Sippschaft verbreiteten seit einigen Tagen das Gerücht von einem neuen siegreichen Aufstande des Volkes in Berlin. Allein das Volk hier merkte die plumpe Falle und Alles verlief ohne Störung zum größten Aerger „der Gutgesinnten.“ Zur Entschädigung werden sie, wie bei Gelegenheit der Oktroyirten eine Dank-, so diesmal eine Zustimmungsadresse für die neuesten berüchtigten Gesetzesvorlagen an Manteuffel vom Stapel laufen lassen.
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@facs1412
[ 068 ] Berlin, 19. März.
Der von der Regierung gefürchtete Tag, ist ruhig vorübergegangen.
Um 4 Uhr gestern Nachmittags, wurde das Landsberger Thor nach dem Friedrichshain geschlossen. Eine Maßregel ganz geeignet den Unwillen zum offenen Widerstande aufzureigen. Nicht ohne Zusammenhang mit dieser Intention der Regierung steht das Benehmen eines Mannes von sehr zweifelhaftem politischen Rufe, des Stallmeisters Thomson, desselben Mannes, der am 16. Oktbr. darauf antrug, das Militär in die Stadt zu rufen, weil die Bürgerwehr die Barrikaden nicht nehmen könne oder nicht nehmen wolle. Dieserselbe erregte auf dem Alexanderplatz durch seinen eigenthümlichen Habitus mit einem grünen Lorbeerkranz um den Hut, zu Pferde, die Aufmerksamkeit der Menge. Er setzte sich nun an die Spitze derselben und wie eine Lawine schwoll der Zug an, der sich unter seiner Anführung bis zum Döhnhofsplatz bewegte, wo Thomson durch Konstabler vom Pferde gerissen und nebst seinem Pferde festgenommen wurde.
Im ganzen Laufe des Spätnachmittags und des Abends zeigte sich die Erbitterung des Volkes gegen die Konstabler. An vielen Stellen der Stadt wurden sie angegriffen, mehrere von ihnen ernstlich verwundet und zwei sogar getödtet. Dagegen sind aus dem Volke nur wenige und leicht verwundet. Es wurden aber 130 ungefähr verhaftet und in die Stadtvoigtei gebracht. In der Landesbergerstraße, welche mit Militär angefüllt war, machte man sogar den Versuch sich durch eine Barrikade gegen weitere Angriffe zu schützen.So wogte das Volk bis in die Nacht aufgeregt in den Straßen. Um Mitternacht etwa wurde noch in der Weberstraße die Konstablerwache gestürmt, sämmtliche darin befindlichen Mäntel zerrissen und unter die Anwesenden als Andenken vertheilt.
Während nun das Volk auf den Straßen durch diese verschiedenen sog. Excesse seinen Gefühlen Luft zu machen sucht, wurde der Jahrestag der Erhebung in vielen Localen durch Festmale und Reden gefeiert. Abg. Waldeck sprach im Maschinenbauerverein; im Handwerkerverein war ebenfalls eine festliche Gedenkfeier für ihre gefallenen Brüder.
Schon am Vormittag waren etwa hundert Studenten in feierlichem Zuge mit Trauerfloren und breiten schwarz-roth-goldnen Bändern geschmückt, hinaus gezogen nach dem Friedrichshain um auch ihren Commilitonen, welche vorm Jahr fielen, trotz Belagerungszustand und Konstablerherrschaft ein Zeichen der Erinnerung und Achtung zu geben. Selbst die rohe Gewalt Hinkeldeys und Konsorten scheuete sich dem entgegen zu treten.
Im Kafé de l'Europe fand großes Festmal statt. Von einem Abgeordneten wurde der Rache für diese Feier ein Hoch gebracht.
Bei Jaroschewitz versammelten sich die demokratischen jungen Kaufleute.
Nach Frankfurt a/O. waren von hier aus mehrere Abgeordnete abgereist. Ein feierlicher Gottesdienst wurde unter freiem Himmel abgehalten, bei dem der deutsch-katholische Prediger die Festrede hielt, die Innungen der Fleischer und Schneider waren bei dem Zuge mit rothen umflorten Binden erschienen.
Der Abg. Bodelschwingh giebt alle Morgen von 6 bis 8 Uhr Audienz. Trotz dieser frühen Stunde wird er von Client-Bittstellern so überlaufen, daß es ihm nie möglich ist alle anzuhören. So neigt man sich der aufgehenden Sonne zu.
Der „Publicist“ erzählt, daß der Feuilletonist der Neuen Preußischen Zeitung, H. Gödsche, sich vor dem Untersuchungsrichter als Verfasser der „Enthüllungen“ des Vereins zur Wahrung der Interessen in den Provinzen, erklärt habe. Die „Enthüllungen“ sind, weil sie verbrecherische Handlungen behaupten, in Beziehung auf die darin namhaft gemachten Personen, zum Gegenstande gerichtlicher Verfolgungen gemacht worden. Hr. Gödsche soll Beweismittel beibringen wollen, um die Wahrheit seiner Behauptungen darzulegen.
Der Staatsanwalt hat vor acht Tagen, nach beendeter Voruntersuchung gegen die Mitglieder der aufgelösten Nat. Vers., welche den Steuerverweigerungsbeschluß auszuführen versucht haben, die Versetzung von neun Abgeordneten in den Anklagezustand wegen Hochverraths durch Anmaßung eines Hoheitsrechts beantragt, ist aber, wie der „Publiicst“ meldet, von der Anklagekammer des Kammergerichts, bestehend aus den R. G. Räthen Striethorst, Heine und dem K. G. Assessor Oppenheim, zurückgewiesen worden. Die Gründe dieses Beschlusses sollen aussprechen, daß die Mitglieder der Nat. Vers., in dem guten Glauben gehandelt hätten, sie seien im Rechte, und daß sie für ihre Handlungen nur ihrem
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werden. Hatte Friedrich Wilhelm nicht am 19. März die Truppen zurückziehen lassen? Hatte er nicht die gottlose schwarzrothgoldene Kokarde aufgesteckt? Hatte er nicht die Amalekiter Camphausen und Hausemann zu Ministern gemacht? Und war nicht die ihm zu Theil gewordene Demüthigung nur ein kleiner Theil der gerechten Strafe des Himmels für solche Sünden eines Königs, der einen Augenblick gethan, das dem Herrn übel gefiel? Und endlich konnte man der irdischen Majestät von Sanssouci einen größeren Gefallen thun, als indem man sie vom christlich-germanisch-preußischen Standpunkt aus als zu lau und zu unentschieden herabkanzelte?
Gesagt, gethan. Das ganze Handwerkszeug der Evangelischen Kirchenzeitung wurde ins Lokal des Neuen Preußischen Blättchens hinübertransportirt und die Bußpredigt begann.
(Schluß folgt.)
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Seit längerer Zeit unterhielten die Pariser Klatschblätter ihre Leser mit einer schrecklichen Geschichte. Ein Individuum, hieß es, klettere nächtlich über die Kirchhofmauern, öffne die Särge der Frauen und wühle in ihren Eingeweiden — ohne indessen etwas daraus zu stehlen. Alle frommen Herzen geriethen in die gräßlichste Bestürzung; die Männer hielten die ganze Geschichte für eine Erfindung Wie uns aber die Gerichtszeitungen seit gestern erzählen, ist das Gerücht keine Fabel, sondern reine Wahrheit. Mittelst einer Art Höllenmaschine, die man eigends dafür erfunden, ist es am vorigen Sonnabend gelungen, diesen nächtlichen Vampyr einzufangen. Er ist ein Mensch von Fleisch und Bein, heißt Bertrand, und steht als Unteroffizier im 74. Infanterieregiment, das im Luxembourg liegt. Demselben hatten kabalistische Schriften das Gehirn verrückt und er stahl sich nächtlich aus der Kaserne des Luxembourg, um obige Verrücktheit zu verüben. Von der Höllenmaschine verwundet, liegt er nun im Lazareth Val de Grâce.
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Gewissen und Wählern verantwortlich seien, welche ihre Zustimmung oder ihr Mißfallen durch erneuerte Wahl zu erkennen geben könnten. Es läge somit eine strafbare Absicht nicht vor, und könne eine solche auch denjenigen nicht unterbereitet werden, welche in Folge des Steuerverweigerungsbeschlusses zur Ausführung geschritten wären, da auch diese der Meinung gewesen seien, die gesetzgebende Macht — also die Obrigkeit — habe den Befehl erlassen.— Dem Staatsanwalt steht gegen diesen Beschluß noch der Recurs an den Oberappellationssenat des Kammergerichts zu. —
Unser Oberconstabler Herr Hinkeldey ist so weit gegangen, daß er die betreffenden Polizei-Anwalte angewiesen, gegen die Uebertreter seiner Vorschriften die höchste Strafe von 50 Thlr. zu beantragen. So hat der Polizei-Anwalt gegen einen armen Weber, der Gesellen bei sich aufnimmt, und sie innerhalb der bestimmten 4 Stunden nicht immer angemeldet hatte, beantragt für neun solcher Fälle 450 Thlr. Strafe zu zahlen. Der Polizeirichter geht jedoch nie darauf ein, sondern setzt stets nur die geringe Strafe von 1 oder 2 Thaler gegen die Contravenienten fest. —
Die Abg. v. Vinke und Bodelschwingh sind fast alle Mittage bei Ministern und sonstigen Machthabern eingeladen. Dem Verdienste seine Kronen. —
Die Deputationen aus allen Provinzen, welche gegen die octroyirte Gerichtsorganisation protestiren, nehmen täglich zu. Als eine Deputation aus Schlesien am Sonnabend Nachmittags zu Herrn Rintelen kam, fand es sich, daß der Herr Minister des süßen Weins voll war. Se. Exzell. waren soeben aus dem Königl. Schloß gekommen, wo man aus Freude über die Adresse der ersten Kammer sehr tapfer poculirt hatte.
Sitzung der zweiten Kammer.
Es wird der Eintritt mehrerer neuen Mitglieder angezeigt, unter ihnen Voigts-Rheetz. — Der Minister des Innern legt zwei Gesetzentwürfe vor. Der erste betrifft die Diäten und Reisekosten der Abg., der andere die Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse in Schlesien.
Berends macht den Antrag, denen welche im März vorigen Jahres für die Freiheit des Volkes gekämpft hätten den Dank abzustatten Es erhebt sich natürlich nur die Linke unter dem höhnischen Lachen der Rechten.
Die Interpellation von Bergs über die Maßregeln des Ministeriums wird zurückgewiesen, da der Minister eine Antwort auf die so allgemein gehaltene Frage verweigert.
Vinke als Referent für die Adreß-Commission spricht einige Worte und es werden alsdann die verschiedenen Amendements zu der Commissionsadresse vorgelesen, aus denen sich ergibt, daß die Vereinbarungs- und Vermittlungskünstler Kosch und Consorten wieder ihren alten Ruf bewährt haben. Fast alle drehen sich um Rechtsgültigkeit oder Gültigkeit und dgl. Worte.
Berg, gegen den Adreßentwurf. Ich befürchte, daß bei der Stellung, welche das Ministerium zu den verschiedenen Fraktionen dieser Kammer einnimmt unsere Debatte eine andere Natur annehmen wird, als ihr in andern constitutionellen Staaten eigen ist, wo sie nur eine Ministerfrage ist. Unsere Versammlung ist in einer Zeit zusammengetreten, wo der Riß geheilt werden soll, den nicht die Revolution des vorigen Jahres hervorgebracht, sondern eine lange Reihe von Mißgriffen. Der National-Versammlung ist die Heilung nicht gelungen, ich will nicht untersuchen durch wessen Schuld. Die gegenwärtige Versammlung ist berufen, einen revolutionären Schritt, der diesmal von der Regierung ausgegangen, zu Ende zu bringen.
Jacobi, Waldeck, D'Ester und mehrere Andere sprechen mit großem Beifall gegen den Adreßentwurf, Bodelschwing und Vinke dafür.
Nachdem die allgemeine Debatte beendigt ist, kommen die beiden ersten Sätze der Adresse zur Debatte.
Schluß der Sitzung 3 Uhr.
Sitzung der ersten Kammer.
Auf der Tagesordnung stehen folgende Anträge:
a. Hansemann: Die Kammer wolle beschließen, daß eine aus 10 Mitgliedern bestehende, aus der Wahl der Abtheilungen hervorgehende Commission gebildet werde, mit dem Auftrage:
1) die von der deutschen Nat.-Vers. beschlossenen Grundrechte und organischen Verfassungs-Bestimmungen, in Beziehung auf die Wirkungen zu prüfen, welche daraus für die Rechte und die Stellung der Preußischen Staatsverwaltung und der Preußischen Kammern, so wie für die Finanzen unseres Staates entstehen;
2) darüber einen Bericht an die Kammer zu erstatten und daran die etwa geeignet erscheinenden Anträge zu knüpfen.
Motive. Nach §. 111 der Verfassungs-Urkunde ist die Regierung befugt, jede durch die deutsche Verf. veranlaßte Aenderung an der Preuß. Verf. vorzunehmen, da den Kammern nur über die Frage ein Beschluß zustehen soll, ob die angeordneten Aenderungen in Uebereinstimmung mit der deutschen Verf. sind. Da über die Annahme der letztern vielleicht in kurzer Zeit von der Regierung ein Entschluß zu fassen, und hiermit von selbst die Aenderung der Preuß. Verf. verbunden ist, so erscheint es mir eine unabweisbare Pflicht der Kammer zu sein, nach der vorliegenden deutschen Verf. den ganzen Umfang der daraus für die Preuß. Verf. und Staatsverwaltung hervorgehenden Aenderung oder Umgestaltung zu ermessen, damit nach Umständen noch zeitig die etwaigen Wünsche der Kammer über die Bestimmungen der deutschen Verf. vor den Thron gebracht werden können. — Die baldige Ernennung einer Commission dürfte das einzige Mittel sein, um die erforderliche Vorprüfung dieser Angelegenheit schnell und doch gründlich vorzunehmen. —
b. v. Schleinitz. Schmückert. Saegert. Liebach. Gustedt. Goebel.
Die hohe Kammer wolle beschließen: dem §. 2 des Gesetzes über die Errichtung der Bürgerwehr vom 17. Oktober 1848, welcher bestimmt: „Die Bürgerwehr soll in allen Gemeinden des Königreichs bestehen“ die nachfolgenden ergänzenden Vorschriften beizufügen:
1) von der Gemeindevertretung kann jedoch der Beschluß gefaßt werden, die Errichtung der Bürgerwehr zu beanstanden;
2) dieser Beschluß bedarf der Bestätigung des Verwaltungschefs des Regierungsbezirks und kann zu jeder Zeit von der Gemeindevertretung, so wie von dem Verwaltungschef des Regierungsbezirks aufgehoben werden;
3) in der Provinz Posen wird die Errichtung der Bürgerwehr vorläufig ausgesetzt, in denjenigen Gemeinden, in welchen die Errichtung der Bürgerwehr jedoch schon bei Publikation des Gesetzes vom 17. Oktober erfolgt war, hat es dabei sein Bewenden.
Nach 10 Uhr wird die Sitzung eröffnet. — Präsident Auerswald macht der Kammer Mittheilung über die am Sonnabend dem Könige überreichten Adresse, als Antwort auf die Thronrede. — Nachdem mehrere neue Wahlen genehmigt sind erhält
Hansemann das Wort, um seinen oben mitgetheilten Antrag näher zu motiviren. Er spricht von dem in Frankfurt beabsichtigten Bundesstaat, von den Souveränetätsrechten welche die Einzelstaaten zu Gunsten der Centralgewalt abtreten müßten und führt die nordamerikanischen Staaten und die Schweiz als Muster an. In Deutschland wäre es aber anders als in jenen Staaten, und deshalb könnten die Pläne, die man in Frankfurt hegt nicht zur Ausführung kommen. Auch enthalte die deutsche Verfassung, wie sie jetzt vorliege, Bestimmungen, die man keinesfalls annehmen könne. So müsse z. B. in Kriegszeiten die Presse jederzeit von dem kommandirenden General unterdrückt werden können, damit die Operationspläne desselben nicht veröffentlicht werden könnten. — In diesem Tone ergeht sich David noch eine Zeit lang, zur Freude und zum Vergnügen des ganzen Hauses.
Nachdem Leue,Kisker und Maurach theils formell, theils materiell gegen den Hansemann'schen Antrag gesprochen, wird er fast einstimmig verworfen. (Allgemeine Heiterkeit.)
Auf die Anfrage des Präsidenten erklärt v. Schleinitz als Hauptantragsteller des andern auf der Tagesordnung befindlichen Antrages, daß er denselben erst nächste Woche motiviren wolle. — Hierauf wird die Sitzung schon um 11 1/2 Uhr geschlossen. Nächste Sitzung Mittwoch.
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@facs1413
[ 103 ] Berlin, 19. März.
Ich beeile mich Ihnen mitzutheilen, daß hier aus sonst gut unterrichteter Quelle behauptet wird, Dänemark habe in einen weitern 3 monatlichen Waffenstillstand gewilligt und die Verordnung wegen Blokirung der schleswig-holstein'schen Häfen zurückgenommen.
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@facs1413
[ * ] Breslau, 18. März.
Zur Märzfeier hatten die verschiedenen demokratischen Vereine einen Fest-Aufzug beabsichtigt, den der Polizei-Präsident durch sein Verbot der rothen Fahne bei diesem Aufzug mittelbar zu vereiteln wußte. Die Festkommission machte nämlich nach Erscheinen jenes polizeilichen Befehls durch rothe Anschlagzettel bekannt, sie habe erfahren, daß von Seiten der volksfeindlichen Partei beabsichtigt werde, einen Zusammenstoß mit der bewaffneten Macht herbeizuführen, und deßhalb im richtig verstandenen Interesse der Volksfreiheit und in Berücksichtigung der Würde des Tages, beschlossen, von dem Aufzuge zu Ehren der Revolution gänzlich abzustehen.
Eine Abtheilung der Bürgerwehr hat bereits gestern den Beschluß gefaßt, der Parade zwar aus disciplinarischen Gründen beizuwohnen, aber zugleich einen energischen Protest an das Wehramt zur Kenntnißnahme des Magistrats und in allen öffentlichen Blättern zu veranlassen, des Inhalts, daß sie die Parade „nicht zur Feier eines königlichen Patents, sondern zur Feier der stattgehabten März-Revolution“ mitgemacht habe.
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@facs1413
Posen, 16. März.
Eine außerordentliche Bewegung herrscht heute in unserer Stadt, nachdem gestern plötzlich und ganz unerwartet der Befehl hier eingegangen ist, daß unsere Landwehr, 18. und 19. Infanterieregiment, sofort nach der Unterelbe aufbrechen soll. Die Einberufungsordres sind sofort ausgefertigt und die Mannschaften müssen schon übermorgen hier beisammen und eingekleidet sein, um am 20. März den Marsch antreten zu können. Daß diese Maßregel hier doppeltes Aufsehen erregen muß, ist begreiflich, theils weil sie tief in die Verhältnisse des bürgerlichen Lebens eingreift, theils aber auch, weil sie einige Tausend junge Polen zu einer Zeit aus der Provinz entfernt, wo man nicht ohne Besorgniß vor einer neuen Schilderhebung der Polen ist. Außer der genannten Landwehr geht auch das 14. Linienregiment von hier zur schleswig-holsteinschen Armee ab und wird, wie es heißt, durch ein Regiment aus Königsberg ersetzt. Angeblich begeben unsere Landwehren sich zunächst nur nach Perleberg in der Priegnitz, um dort hart an der mecklenburgischen Grenze als Reservecorps vorläufig stehen zu bleiben.
Die kriegerischen Aussichten mehren sich, da immer mehr russische Truppen an der Grenze anlangen, so daß den gestern hier eingegangenen Nachrichten aus Kalisch zufolge in dieser Stadt und deren nächster Umgegend gegenwärtig 25,000 Mann versammelt sind. Man kann unter diesen Umständen sich der Besorgniß nicht erwehren, daß es unserer Provinz doch an der nöthigen Besatzung mangele, um den Russen erfolgreich die Spitze bieten zu können, zumal es letztern jetzt ein Leichtes sein dürfte, unsere Provinz binnen kurzer Zeit mit einer Heeresmacht von 100,000 M zu überschwemmen.
[(D. A. Z)]
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@facs1413
Danzig.
Einer der hier gewählten drei Deputirten für die erste Kammer hatte das Mandat für Danzig nicht angenommen. Für denselben wurde nun der jüdische Banquier Magnus aus Berlin, ein Reactionär, gewählt. Es ist diese Wahl ein interessanter Beitrag zur Geschichte von Danzigs socialen Zuständen. Dieselbe Ressource Concordia, die bis vor einigen Wochen keine Juden unter sich duldete, dieselben Vaterländer, die alle Juden als Demokraten Königsmördern gleich verfolgen, haben die Wahl dieses Juden Magnus bewirkt, weil er gut reaetionär ist. Ich wette, diese guten Christen im Danziger Preußenvereine wählen den Teufel selbst zum Depurtirten, wenn sie nur wüßten, daß er zur äußersten Rechten gehöre.
[(Fr. J.)]
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@facs1413
[ * ] Wien, 17. März.
Zu Ehren der Märzrevolution wiederum Verurtheilungen. Polievka, 46 J. alt, Patental-Juvalide, wegen Betheiligung an den October-Ereignissen ist zu 10jährigem „schweren Kerker“ verurtheilt und dieses Urtheil durch Welden pure bestätigt worden. Sodann Haselrieder, 36 J. alt, von Profession Tischler, aus gleichem Grunde zu 5jährigem schweren Kerker verurtheilt.
Die Hinrichtung der „Mörder“ Latours soll nun demnächst vor sich gehen. Fünf derselben haben bereits ihre unmittelbare, thätliche Betheiligung an dem Morde vor Gericht bekannt. Sie heißen: Wangler, Fischer, Brambosch, Jurkowitsch, Kohl. Schwer gravirt durch Zeugenaussagen sind noch drei andere: Wilhelm, Nemetz und Neumeyer; letzterer wird beschuldigt, mit einem entwendeten Pioniersäbel dem Grafen einen Hieb in den Kopf versetzt zu haben. Als merkwürdig in mancher Beziehung steht der Zimmermaler Brambosch da. Seine noch lebende bejahrte Mutter diente, ihr Geschlecht verhehlend, als Soldat unter Napoleon und fand Gelegenheit, sich um die Person des Kaisers dergestalt verdient zu machen, daß er ihr das Kreuz der Ehrenlegion verlieh. Zwölf Söhne entsprossen dem Schoße dieses tapfern Weibes, von denen eilf vor dem Feinde blieben.
Am 13. d. M. war ein großer Ministerrath, der über 3 Stunden dauerte. Es soll im selben die Intervention in Italien dahin beschlossen worden sein, daß sie im Römischen zu beginnen habe. — Man spricht von zahlreichen Verstärkungen, die die k. k. Armee in Ungarn an sich ziehen soll. Gegen 10,000 M. sollen bereits nach Pesth detachirt sein.
Das Haus Nr. 28 in der Jägerzeile wurde vorgestern Nachmittags vom Militär umzingelt. Es hatte sich daselbst eine Versammlung in strafbarer Absicht eingefunden. Als die Mitglieder gerade beisammen saßen, trat ein Kommissär unter sie mit den Worten: „Meine Herren! die Sitzung ist aufgehoben.“ — Sämmtliche Anwesende wurden sofort verhaftet.
Nach dem „Soldatenfreund“ sollen die 10 jungen Leute, die bei der beabsichtigten Trauermesse in der St. Stephanskirche verhaftet wurden, unter das Militär gesteckt werden.
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@facs1413
Prag, 14.März.
In einer der letzten Sitzungen des Stadtverordneten-Collegiums wurde der Beschluß gefaßt, dem bekannten czechischen Führer Peter Faster, der zuerst am 11. März den Muth hatte, offen aufzutreten, eine Nationalbelohnung durch eine bedeutende jährliche Rente bis zu seinem Tode, und im Falle seines Ablebens für seine Kinder bis zu ihrer Großjährigkeit zu verleihen. Allein eine Anzahl kleinseitner Bürger protestirten dagegen, da die Stadtrenten sich ohnehin in einem sehr bedrängten Zustande befänden, und das Landespräsidium sistirte augenblicklich die Ausführung dieses Beschlusses.
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@facs1413
Prag.
Laut einem Berichte in den Národni Nowiny ist vorigen Herbst im Chrudimer Kreise die Secte der Adamiten oder Marokaner von Neuem aufgetaucht. Schon zur Zeit der Hussitenkriege von Zizka mit Feuer und Schwert unterdrückt, war diese Secte unter Kaiser Josoph II. nach dessen Toleranz-Patent von Neuem hervorgetreten aber bald wieder durch Gewaltmaßregeln unterdrückt worden. Als nun im vorigen Jahre in ganz Europa der Ruf der Freiheit erscholl, als die Glaubensfreiheit überall ausgerufen wurde, da ermannten auch sie sich, traten offen als Bekenner ihrer Lehre auf, ließen sich aus den Kirchen Matriken streichen, und schrieben im Nov. vorigen Jahres an den Kaiser eine Adresse, worin sie um Bewilligung von fünf Punkten baten. Sie wollen weder Katholiken noch Akatholiken sein, sondern ohne alle Religion leben. Alle Katholiken werden nach ihrer Meinung durch einen Feind, der aus Maroko kommen werde, vertilgt werden, dann würden sie, die Adamiten allein bleiben, und alle Güter unter sich vertheilen. Gott lebt in ihnen, aber die Unsterblichkeit erkennen sie nicht an.
Diese Secte hatte bereits in 5 Dorfschaften des Chrudimer Kreises starken Anhang und als sie Anlaß zu den größten Streitigkeiten mit ihren Nachbarn gaben, sahen sich die dortigen Aemter veranlaßt, sie durch Militär-Exekution zur Ordnung (!) zu bringen
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@facs1413
Bremen, den 14. März.
Die Zahl der während der letzten Tagen hier eingetroffenen Auswanderer, die sich Mitte dieses Monats einzuschiffen beabsichtigen, ist überaus groß; so sehr, daß seit nehreren Tagen die stets von zwei Maschinen geschleppten Bahnzüge, des Aufenthalts bei der großen Anzahl Passagiere wegen, um mehrere Stunden verspätet ankamen.
[(Z. f. N.)]
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@facs1413
[ 15 ] Schleswig-Holstein, 19. März.
Seit dem 16. d. M. sind die Mitglieder der Landesversammlung in Schleswig versammelt, um das Wohl des so oft betrogenen Volkes zu berathen. Diesesmal hat das Bureau der Landesversammlung einen ungewöhnlichen Muth gezeigt, denn obwohl der Reichstodtenvogel Stedtmannn verlangte, daß die letztere nicht zusammenberufen würde, hat das Bureau es dennoch gethan. Was werden nun aber die Volksrepräsentanten thun? Für's Erste wahrscheinlich nach dem Vorbild ihrer muthigen Gefährten die Nasen um einen halben Zoll höher tragen, und den komischen Stedtmann mit ihrer üblichen hündischen Philisterdevotion umwedeln. Eine neue Regierungsbehörde soll erwählt werden. Biedermann Olshausen und Genossen hätten hier wieder Gelegenheit, ihre Gesinnungswüthigkeit spielen zu setzen; das Volk weiß aber bereits, was es von diesen Liberalen zu erwarten hat. Es ist eine blühende Wirthschaft. Wir haben eine Armee von wenigstens 20,000 Mann, welche nach der enormen Summe, die dafür verausgabt, ganz vortrefflich ausgerüstet sein müßte, im Grunde aber einer übernächtigen Bande Nachtwächter gleicht. Die Reichstruppen haben die Hauptaufgabe, als Gensd'armen zu siguriren und die Einsetzung der allerhöchst angeordneten Regierung zu schützen. Die Kriegsdrohungen gegen die Dänen sind nur der Vorwand, das Land mit der Reichspolizei zu besetzen.
Gestern war in Neumünster eine Versammlung der Abgeordneten von den Vereinen Schleswig-Holsteins, die den verwegenen Entschluß gefaßt, dem Landesphilisterium den Eisenbahndirektor Olshausen statt des Prinzen Noer vorzuschlagen und zugleich im Lande zu wirken, daß von allen Seiten dieses Verlangen unterstützt werde. Das Volk wird sich um den Einen so wenig wie den Andern kümmern.
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@facs1413
[ * ] Frankfurt, 19. März.
Wegen des Ausfalls, den Raveaux in der heutigen Sitzung der Paulskirchner auf die Berliner zweite Kammer und namentlich auf die dortige „Linke“ seiner Rede gegen den Erbkaiser einflocht, haben Temme und H. Simon nachstehende Erklärung veröffentlicht:
Eine thatsächliche Aeußerung des Abgeordneten Hrn. Raveaux in seiner heutigen Rede, bezüglich des Verhältnisses der linken Seite der zweiten Kammer der preuß. Nationalversammlung zu den deutschen Grundrechten, berichtigen wir auf diesem Wege der Oeffentlichkeit, da eseinem der Unterzeichneten auf den Grund der Geschäftsordnung nicht gestattet wurde, den Irrthum auf der Tribüne zu berichtigen. — Die Linke der gedachten zweiten Kammer hat deßhalb den Antrag eines ihrer Mitglieder, der auf die sofortige Einführung der deutschen Grundrechte in Preußen gerichtet war, nicht einbringen wollen, weil
1) zur Zeit keine Aussicht da sei, diesen Antrag — unter dem jetzigen preußischen Ministerium — durchzubringen; dann und
2) aber deßhalb, weil man dadurch principienmäßig die Gültigkeit der Beschlüsse der Paulskirche anerkeuen würde, und hierin, zumal vor der zweiten Lesung des Wahlgesetzes, eine Gefahr für die Freiheit hege, da die deutsche Nationalversammlung in dieser Richtung keine Sicherheit biete.
Frankfurt am Main, den 19. März 1849.
Temme. H. Simon:
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@facs1413
[ !!! ] Frankfurt, 19. März.
National-Versammlung.
Fortsetzung der Welkerschen „Kaiser-Anträge.“
Die ganze Kirche ist gedrängt voll.
Moritz Hartmann interpellirt das Ministerium, ob es wahr, daß auf Wunsch des Reichsministeriums die Preßprozesse, welche bis zur Feststellung eines Geschwornengerichts zurückgestellt waren, nun doch im heimlichen Gerichtsverfahren abgeurtelt werden sollen?
Bezieht sich vermuthlich auf die Prozesse der Reichstagszeitung. Das Ministerium wird in der nächsten Sitzung antworten.
Hierauf geht man alsbald zur Tagesordnung über und in der Reihe der Redner folgt Wydenbrugk, der auch um Friedrich Wilhelm die Linke verlassen hat, dafür erringt auch seine Rede den Beifall der Herren Plathner, Schneer, Wichmann und Consorten.
Wydenbrugk: Wenn man die gegenwärtige Lage ins Auge faßt, würde es offenbar fruchtlos sein, wie Hr. Vogt wünscht, einen Diktator zu ernennen. Wenn man die Welt aus ihren Angeln heben will, muß man erst einen festen Punkt haben, soll heißen einen preußischen Erbkaiser. (Rechts: Sehr gut!) Gegenüber dem was sich jetzt in Deutschland begiebt, zumal in den Kammern, z. B. in der sächsischen, ist nur eine Rettung, schnell die Verfassung zu beenden. (Rechts: Sehr richtig!) Wenn wir länger zögern, könnte es allerdings kommen, daß wir entweder (wie Radowitz sagte) kosakisch oder republikanisch würden. (Welch schreckliches Unglück für den Republikaner Wydenbrugk.) (Rechts: Bravo! Bravo!) Auf Oestreich sei gar keine Rücksicht zu nehmen. Darüber, daß Preußen an die Spitze treten solle, sei wohl in diesem Haus beinah eine Stimme, es frägt sich nur, unter welcher Form. In seinen (Wydenbrugks) Wünschen wäre es eigentlich gewesen, daß der Staat Preußen als eine Art „Vorort“ (Turner-Ausdruck) an die Spitze der Leitung der Dinge trete. Da aber diese (Wydenbrugksche) Theorie nicht gut die Majorität erlangen, sondern nur zersplitternd auf die Stimmen wirken würde, so schließe ich mich den Erbkaiserlingen an. (Das ist des Pudels Kern! Von Hrn. Wydenbrugk kann man sagen: Ende schlecht, alles schlecht!) Woher sei es gekommen, daß in Deutschland nie etwas Großes zu Stande gekommen — daher daß jeder seinen eigenen Weg gehen wolle. (Wie z. B. die hirnverbrannten Frankfurter Professoren!) Wir müssen diesmal dem deutschen Volke mit gutem Beispiel vorangehen. (Hohngelächter links).
Raveaux (aus Köln): Heute wird es jährig, daß die Residenz Berlin das Königthum Preußen in Gefahr brachte, heute vor einem Jahr um dieselbe Stunde sprengte ein Adjudant an die Berliner Barrikaden und verkündete den Rückzug des Heeres und die gebrochene Absolutistengewalt, und heute, ein einziges Jahr später, wagt man es den Antrag zu stellen, dem König von Preußen die deutsche Erbkaiserwürde anzutragen, einen Antrag, [1414] der einst von dieser selben Stelle mit Hohngelächter zurückgewiesen wurde. (Widerspruch rechts. Links und Gallerien: Bravo!) Was ist denn geschehen, was die Meinungen dieses Hauses so gewaltig ändern konnte? Nur die Angst könnte uns zu diesem Beschluß führen. Was giebt uns denn Preußen für Garantien? Der Belagerungszustand ist mir eine schlechte Garantie. Ebenso das Ministerium Manteuffel. Und die Kammern? Die erste hat sich diesmal des Beispiels würdig, die zweite dagegen völlig unpatriotisch gezeigt Sie hat einen Antrag auf Anerkennung unserer Grundrechte fast einstimmig zurückgewiesen. Wenn das die Berliner Linke thut, was soll die Rechte thun? Preußen hat (wie Hr. v. Griesheim eingestand) jenen schmählichen Waffenstillstand geschlossen, um seine Truppen zu strategischen Zwecken in Berlin zu verwenden. Dies der deutsche Patriotismus Preußens. Wir werden hier morgen Stimmen für Friedrich Wilhelm den Erbkaiser hören, die bei der Reichsverweserwahl für Adam v. Itzstein oder Gagern stimmten. (Links Sensation.) Der einzige Ausweg für uns, ist einen sechsjährigen Statthalter, oder wenn Sie wollen Kaiser, zu ernennen. Dann ist kein Vorwand zu Feindseligkeiten für Oestreich. In diesen sechs Jahren kann der Kaiser seinen deutschen Sinn bewähren. Die Gährung im Vaterlande wird durch einen Erbkaiser nicht beruhigt werden. Stopfen Sie einen Spunt auf ein Faß gährenden Weines, und habe der Spunt die Form einer Kaiserkrone, die Gährung wird Ihnen Faß, Krone und Reich zersprengen. (Langer Beifall links und Gallerien.) Wollen Sie Preußen, um über mehr Bajonette zu verfügen? Alle Bajonette Deutschlands standen Ihnen zu Gebot und dennoch haben Sie Oestreich verloren und Dänemark nicht gebändigt. Sie, die mit Dänemark nicht fertig wurden, Sie wollen (durch ihr preußisches Erbkaiserthum) Krieg mit Oestreich, Rußland, Frankreich — Europa beginnen? Meine Herren, es sitzen ja so viel tüchtige Strategiker auf Ihrer Seite. (Gelächter.) Deutschland kann nicht Krieg führen mit Europa ohne seiner Völker Beistand — und den hat es in diesem Falle nicht! (Beifall.) Ist es schon einmal in der Welt da gewesen, über 38 Erbregenten noch einen Erbkaiser zu pflanzen? Doch Sie wollen es ermöglichen! Und dieser Möglichkeit gegenüber will Herr Wydenbrugk nicht einen Diktator für möglich halten. Ich stimme für einen 6jährigen Statthalter oder wenn Sie wollen Kaiser, als für die einzige Möglichkeit Unter dieser Bedingung würden wir Republikaner unser Prinzip verlassen und Preußen könnte auf sechs Jahre einstimmig gewählt werden. Dann könnte es doch wohl eher annehmen als mit Ihrer erbkaiserlichen Majorität von von vielleicht 10 Stimmen, herbeigeführt mit Hülfe des Telegraphen. (Gelächter und Beifall.) Und wenn es der König von Preußen ehrlich meint, wenn er ein wahrhaft deutscher Regent ist, dann wird er die sechsjährige Statthalterschaft annehmen. (Anhaltender Beifall links und Gallerien).
Neue Anträge gehen ein.
Einer von Schulz aus Darmstadt, der die grausamste Verhöhnung für Preußen enthält. Er lautet etwa:
„Wenn die Tagesordnung nicht angenommen würde, so soll die Vermessenheit, Preußen gegen den Willen des deutschen Volkes zum Erbkaiser zu machen, unter der Bedingung zugelassen werden, daß der König von Preußen Krieg mit Rußland sofort beginnt, und das Schwert nicht eher in die Scheide steckt, bis Ruhe, Friede und Freiheit im Vaterlande leben, bis Oestreich staatlich mit Deutschland innig vereint, bis Ungarn frei, bis Polen unabhängig, bis die Russen nicht mehr Alleinherrn des schwarzen Meeres.“
Dieser bittere Hohn bringt heftige Bewegung hervor. Gelächter und Beifall.
Werner von St. Pölten beantragt u. a.:
„Preußen wird unter der Bedingung an die Spitze gestellt, daß Preußen als solches aufhört.“
Waiz (einer aus dem Kaisertriumvirat) hält eine lange, rührende, unter tiefer Andacht angehörte Rede für die Anträge des Verfassungsausschusses und Friedrich Wilhelm den IV. (Beifall der Preußen, die Hrn. Waiz beim Herabsteigen von der Tribüne zärtlich umarmen.
Moritz Mohl: M. H.! der preußische Erbkaiser ist ein todtgeborenes Kind, (Beifall) und ich möchte gerne diesem Hause die Ehre dieses Wochenbettes ersparen. — Ich halte es nicht für großmüthig, den 3.Theil Deutschlands auszuschließen, in der Hoffnung, daß der Staat, dem er angehört, zerfallen wird. — Man habe mit Verachtung von den Baumwollballen, von den materiellen Vortheilen gesprochen, welche das Volk erleiden wird, wenn Oestreich verloren geht, man verrathe das deutsche Volk und füge zur Schmach noch den Hohn (Donnernder Beifall der Gallerien und links!) Oestreichs Völker haben auf Deutschlands Schlachtfeldern mitgeschlagen. Oestreich wird Ihnen einen glühenden Haß bewahren, wenn Sie es ausschließen und den Hohenzollern nachsetzen. Oestreich sei ein Volk von 38 Millionen, eine europäische Großmacht, werde sich nicht von Hohenzollern mediatisiren lassen. — Ich bin, sagt Mohl, auch gegen den Wahlkaiser, denn sollten Sie den Preußen auf 6 Jahr wählen, so müßten Oestreichs Abgeordnete austreten, und dann hätten hier die Preußen die große Majorität und würden in wenig Wochen den Erbkaiser machen. (Sehr richtig!) Man hat sich nicht vergegenwärtigt, daß die Annahme der Welker'schen Anträge hervorrufen wird einen Kampf zwischen Norden und Süden, zwischen Protestantismus und Katholicismus, zwischen einem Volksstamm und allen Uebrigen. (Bravo links und Gallerien.)
Reh aus Darmstadt (der Apostat), bringt in der Einleitung seiner Rede eine Entschuldigung für seine Ansicht, die in dieser Angelegenheit mit der seiner politischen Freunde und eines Theils seiner Wähler in Widerspruch steht — Im Verfolg spricht Herr Reh für den preußischen Erbkaiser.
Eisenmann: Oestreich sei allerdings für uns verloren, denn es mache uns Zumuthungen, die kein Volk, ohne sich aufzugeben, erfüllen könne, denn es wolle uns zusammenkoppeln mit Croaten, Sereschanern u. s. w. Sie, m. H., von rechts, rühmen sich, die Zustände, wie sie jetzt liegen, vorausgesehen zu haben; dann wird das Volk Sie zuerst zur Rechenschaft ziehen, daß Sie sie nicht geändert haben O hätten Sie nur für Deutschlands Wohl die Hälfte der Verwegenheit entwickelt, wie für den preußischen Erbkaiser. (Beifall.) Unter andern erzählt uns E, auf welche Weise das Reichsministerium die Stimmung für den Erbkaiser habe günstiger zu machen suchen, durch Lügen und Machinationen. Ein Zeitungsredakteur habe ihm erklärt, er könne wegen gewisser Machinationen von Bassermann und Konsorten seine Zeitung zu keinem Artikel gegen den Erbkaiser hergeben. — Sie haben die Fideikommisse aufgehoben und jetzt wollen Sie ganz Deutschland zu einem Fideikommiß der Familie Hohenzollern machen? — Wie es mit der Freiheit in Preußen jetzt steht, ist klar. Die Freiheit ist dort in Gefahr, der König ist von einer absolutistischen Kamarilla umgeben. Die Kammern sind konservativ. Das Ministerium absolutistisch. (Murren der Preußen. Im Ganzen verläuft die Debatte leidenschaftsloser, als ich dachte. Diesen Froschteich kann einmal nichts mehs lebendig machen.) Nur mit einem Wortbruch kann Hohenzollern den deutschen Thron betreten, denn er hat erklärt, dies nur mit Zustimmung aller Regierungen thun zu wollen, und dies wird nimmer geschehen. (Widerspruch der Preußen) Baiern's König z. B. wird nimmermehr einwilligen. (Gelächter.) Was werden Sie also mit ihrem papiernen Erbkaiser (langes Gelächter und Beifall) anders herbeiführen, als Bürgerkrieg und eine oktroyirte Verfassung à la östreichische, ohne Volkshaus. — So wie Welker mit Posaunentönen an's Volk appellirt zu Gunsten des deutschen Erbkaisers und in ihm die Rettung der Einheit und Freiheit sieht, so appellire auch ich an's Volk, indem ich es ausspreche, das Erbkaiserthum bringt Deutschland Absolutismus und Zerrissenheit. — (Beifall links und Tribünen.)
Beseler aus Schleswig (der Fundirte) für Preußens Erbkaiserthum.
Ahrens aus Salzgitter gegen den preußischen Erbkaiser und gegen die Theilung Deutschlands. Frankreich würde in diesem Akt nur eine Vergrößerung Preußens sehen. Sie werden überhaupt keinen europäischen Bundesgenossen haben bei Ausführung Ihres Planes. — Sie werden das Volk nicht als Rückhalt haben, und Sie werden Krieg mit Oestreich, Rußland und Frankreich haben. Kleindeutschland ohne Oestreich bietet nun ein für allemal weder Sicherheit noch Macht. — Schließlich erlaube ich mir die ganz einfache Frage, ob Sie denn glauben, daß der preußische König die Kaiserwürde annehmen könne? (Zuruf einiger begeisterter Preußen: Ja! Ja!) Folgen die Gründe, weshalb Preußen nicht annehmen kann. — Ahrens führt das Beispiel Belgiens an, als die Kammer mit 2 Stimmen Majorität beschlossen hatte, dem Herzog von Nemours die Krone Belgiens anzutragen. Louis Philipp wies dies entschieden zurück, aber er hatte seinen Zweck erreicht, die Welt staunte seine Uneigennützigkeit an. — Dasselbe Spiel scheint Preußen zu spielen! — (Beifall.)
Er nennt die Bildung Kleindeutschland's einen ebenso undeutschen als feigen Plan zur Bildung eines politischen Zollvereins. — Ahrens erklärt sich für Raveaux's Antrag, und um das Unglück seines Vaterlandes zu verhüten, gegen den preußischen Erbkaiser. (Großer Beifall.)
Bauer von Bamberg für den Preußen. Daß immer noch von der andern Partei die banale Phrase gebraucht würde: „man wolle Oestreich ausstoßen!“ sei eine Meinungsverhärtung, gegen die man mit Argumentationen nicht ankomme. Wer noch nicht an den ernstlichen bösen Willen Oestreich's glauben wolle, käme ihm vor wie einer, der einen Faustschlag in's Gesicht bekäme und noch fragen wolle, ob es Ernst wäre — Die materiellen Vortheile, die man nach Herrn Herrmann für Baiern durch die Verbindung mit Oestreich alle habe, seien großentheils nur scheinbar, und in Wahrheit der Speck, mit dem man die baierschen Mäuse fangen wolle
Nach diesem Redner beschloß man um 3 Uhr die Vertagung.
Joseph von Würth (Wien) zeigt seinen Austritt aus politischen Rücksichten. (Großer Beifall der Preußen.) Ebenso tritt Arneth aus Oestreich aus. (Links ruft man: Stellvertreter!)
Würth und Arneth, beide sind von Einfluß in der östreichischen Regierung. Ihr Austritt und die Schwächung ihrer Partei vor der Krise zeigt am besten, wie einig die Regierungen sind und daß dieser letzte Akt des Parlaments freventliche Komödie ist, gespielt mit dem Volk. — Das Parlament existirte nur durch die Uneinigkeit der Regierung über es (das Parlament), selbst. Die Regierungen sind darüber einig geworden — nämlich es auseinanderzujagen und zu be-oktroyiren
Nächste Sitzung Morgen.
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@facs1414
[ 082 ] Heidelberg, 19. März.
Also wieder der neunzehnte März! der Tag an welchem wir vor einem Jahre in hellen Haufen nach Offenburg zogen, um im romantischen Märztaumel zum ersten Male das imposante Schauspiel einer Volksversammlung zu genießen! Ich sage, das Schauspiel, denn die Wichtigkeit des Momentes war den Wenigsten klar; der Reiz der Neuheit berauschte uns, es ging uns im März v. J. wie einem Proletarier, der zum ersten Mal an eine reichbesetzte Tafel kommt und über dem Anschauen all der herrlichen Dinge das Essen vergißt. Struve präsidirte — derselbe Struve, welcher morgen zuerst vor den Assisen stehen wird; Fr. v. Hecker, Fickler und alle nur irgend bekannte Volksmänner des Landes waren anwesend, und unter den 10,000 Versammelten waren die Oberländer Bauern fast alle mit Flinten und Sensen bewaffnet erschienen.
Herr v. Soiron erzählte uns, daß die Begeisterung ihn hinrisse (was uns sehr komisch vorkam) und ließ uns schwören, für die Freiheit zu sterben (!!!); Minister Bekk entschuldigte sich in Plakaten, daß er kein Militär nach Offenburg geschickt habe, er erwarte die Sache werde ganz ruhig abgehen; und in Karlsruhe — standen die gepackten Reisewagen vor der Hinterthür! Welker, der tollgewordene alte Knabe, der 16,000 Gulden „begeisterte Reichspolterer,“ hatte sich, wie Bekk, entschuldigen lassen, schickte aber ein Manifest nach Offenburg, in welchem er uns im Interesse der deutschen Einheit vor der Proklamirung der Republik warnte (heute wird sein „vaterlandsgefährlicher“ Einheits-Antrag in Frankfurt diskutirt!). Und Hecker, — er sprach in demselben Sinne, wie Welker, nur etwas schöner; er bot die ganze Kraft und Fülle seiner Beredsamkeit auf, um uns zu beweisen, daß die Proklamirung der Republik — in Deutschland den Bürgerkrieg hervorrufen würde! Mit dieser Hecker'schen Rede war der einzige günstige Moment zu einer süddeutschen Revolution verdorben; die revolutionären Oberländer Bauern gingen verstimmt und mißmuthig fort, sie waren halb an sich selbst, halb an Hecker irre geworden — und es war dies nicht der geringste Grund zu dem Mißlingen des späteren, im ungünstigsten Zeitpunkte unternommenen Aufstandes. — Wir aber stießen noch im Wirthshause mit unserm dicken Freunde Sancho-Soiron auf die deutsche Republik an, gingen dann nach Hause und freuten uns über die schöne Volksversammlung. —
Eine (von Hecker entworfene) revolutionäre Vereinsorganisation für Baden war ebenfalls auf dieser Versammlung beschlossen worden, wie aber nannte Hecker diese Vereine? „Vaterländische Vereine“ nannte er sie! Und welch' eine scharfe Ironie der Geschichte, welch eine Ohrfeige für Hecker und sämmtliche Märznationalen ist es, daß jetzt der Name „vaterländische Vereine“ das Aushängeschild für unsre Bourgeois-Bureaukraten-Erzheulervereine, für die „Vertraulichkeits“-Vereine des Ministers Bekk ist! Er war gar zu deutsch-national, der deutsche 1848er Märzwein, fast so arg, als der Frankfurter Märzverein! (Herr Raveaux hat sich bekanntlich noch neulich über das Singen der Marseillaise entsetzt.) Lamartine in Frankreich, und unsere Nationalsimpel in Deutschland — das paßte so gut zusammen, das ließ so schön in jedem Lande und Ländchen der Reaktion Zeit und Macht, die eben aufgetauchte Bewegung wieder zu ersticken! Wir haben uns so recht „von innen heraus“ entwickelt; wir haben uns nicht „die Freiheit von außen bringen lassen“, und haben dadurch die Knechtschaft von innen erlangt!
Man sieht aber, das Volksbewußtsein ist fortgeschritten; heutzutage ist schon vaterländisch=reaktionär. Unsere politischen Nationalisten vom Schlage des Märzvereins werden freilich sagen: Diese Menschen mißbrauchen den heiligen Namen des Vaterlandes — gerade wie ihre religiösen Gesinnungsgenossen früher zu den Pfaffen sagten: Ihr mißbraucht das heilige Wort Glauben! Aber wie man hier allmählig so gescheut wurde, mit den Pfaffen auch den Glauben wegzunehmen, so wird allmählig auch die Einsicht allgemein werden, daß in Zeiten der Bewegung, der Revolution, die „vaterländischen Interessen“ nichts als ein Popanz der Reaktion sind, um die Ausbreitung der Revolution, die revolutionäre Propaganda zu unterdrücken, und die Revolution dem hektischen Fieber der „inneren Entwicklung“ zu überliefern. — Noch wollen die Leute das nationale Element „poetischer“ finden. Nun, die Geschmäcke sind verschieden; mir wenigstens kommt ein propagandistischer Krieg der Revolution, eine Allianz aller Demokraten poetischer vor, als das deutsch-philiströse: „Jeder fege vor seiner Thür“.
Ungarn.
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Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
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Großbritannien.
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[ 068 ] London, 19. März.
Am vorigen Samstag gab man dem zum Oberbefehlshaber der indischen Armeen ernannten General Sir Charles Napier ein großes Diner, an welchem viele der Celebritäten des Gouvernemens, des Parlamentes und der englischen Gesellschaft Theil nahmen. Sir Charles dankte für einen ihm ausgebrachten Toast und bemerkte, daß er deswegen mit Vertrauen seiner neuen Stellung entgegen gehe, weil ihn der erste Soldat der Welt, der Herzog von Wellington, dazu empfohlen habe. Der alte Herzog erwiederte darauf, daß er allerdings von seinem tapfern Freunde die glänzendsten Erfolge erwarte, daß er indeß die jetzigen Zustände Indiens nicht als solche ansehe, welche mit besonderem Mißtrauen und mit einiger Angst zu betrachten seien. Die letzten Feldzüge hätten zwar große Verluste mit sich gebracht, sie seien aber durch die großen Unternehmungen, welche man gewagt habe, gerechtfertigt und jedenfalls sei der Zweck des Feldzuges, die Einnahme der wichtigsten Festung des Feindes, durchgesetzt worden.
Lord John Russell entschuldigte sich wegen seines Nichterscheinens bei dem Bankett in einem Schreiben an den Vorsitzenden, indem er seine Zufriedenheit mit der Ernennung Sir Charles Napier's aussprach, und den Direktoren der indischen Kompagnie wegen der Geschicklichkeit, mit der sie die großen, ihrer Sorge überlassenen Territorien verwalteten, seine ungetheilte Achtung zu erkennen gab. Aehnliche Toaste wurden von Sir G. Grey, Sir J. Hobhouse u. s. w. ausgebracht.
Von den Scenen der scheußlichsten Armuth, welche sich in England stets wiederholen, hatte man dieser Tage wieder ein Beispiel bei dem Abbruch eines alten Hauses, in dessen Zimmern man die Leiche einer Frau, umringt von drei Kindern, ohne Kleider, ohne Betten und ohne Möbeln auf dem nackten Boden antraf. Die Frau schien vor Hunger umgekommen zu sein, und die Kinder waren bereits in einem solchen Zustande, daß sie nicht mehr sprechen konnten. Die ganze Familie schien sich, obdachlos, in das leer stehende Haus geflüchtet zu haben, um elend darin unterzugehen.
An der Börse erregte die Ungewißheit in Betreff des Ausgangs der Schleswig-Holstein'schen Angelegenheiten und die Nachricht der bevorstehenden Feindseligkeiten in Italien, ziemliche Besorgniß und das Geschäft blieb daher von gemäßigtem Umfange. Konsols 90 5/8 u. 3/4.
Französische Republik.
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[ 17 ] Paris, 19. März.
Heute Abend findet ein social-demokratisches deutsches Bankett zum Gedächtniß der Berliner Revolution statt.
Die demokratische Propoganda geht rüstig vorwärts; Proudhon's „Peuple“ ist unstreitig am mächtigsten in diesem Augenblicke und es wird täglich in 80 Exemplaren gratis in die Kasernen getragen. Das Militär demokratisirt sich trotz Denunciation und Disciplinarstrafen. Ein aus Bourges zurückgekehrter Stenograph versichert, die dortige Garnison, angeblich eine „ganz erprobte“, sei durch und durch vom Gifte des Prozesses angefressen, so daß die Offiziere ohne Hehl in den Kaffeehäusern die demokratisch-sociale Republik hochleben lassen. Changarnier und Rulhières wollen sie in einen andern Ort verlegen; so weit ist es bereits gekommen, daß alles Umziehen und Ausziehen der Garnisonen den Schaden nur verschlimmern kann. — Man spricht wieder lebhaft von einem Staatsstreich auf den 25. März nach dem Zuschnitt des 29. Januar; das Ministerium schmeichelt sich diesmal sicher der rothen Partei den Hals umzudrehen.
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[ 12 ] Paris, 18. März.
Nun lache Einer noch über Napoleon und sein Ministerium. Barrot, Fallour und Faucher waren müde täglich zum Gespötte zu dienen; sie wollten zeigen, daß sie auch Staatsstreiche ausführen zu lassen im Stande sind. Sie haben dem blödsinnigen Napoleon die Hand geführt zur Unterschreibung zweier politischer Todesurtheile. Von heute an ist es nicht mehr erlaubt, Napoleon von der lächerlichen Seite aufzufassen; er hat das Lächerliche mit dem Blute abgestreift. Nach der Junischlacht gab es Sieger und Besiegte. Die Besiegten wurden vor ein Kriegsgericht gestellt. Das Kriegsgericht erkannte für mehrere Angeklagten, welche in die Brea'sche Geschichte verwickelt waren, die Todesstrafe. Nun hat aber die Februar-Revolution die Todesstrafe für politische Verbrechen abgeschafft. Daß aber der Prozeß der Juni-Insurgenten ein politischer Prozeß war, ist ausdrücklich von Cavaignac zur Rechtfertigung der Einsetzung der Kriegsgerichte hervorgehoben worden. Was thut Barrot? Er läßt den Napoleon sagen, daß die vom Kriegsgerichte zum Tode verurtheilten Lahr und Daix keine politische Verbrecher seien, läßt Napoleon die Strafe bestätigen und läßt sie kraft Napoleons Unterschrift hinrichten. Als Napoleon, des abentheuerlichen Lebens in den engl. Gasthöfen müde, den Louis Philipp um die stillen Vergnügen in den Tuilerien beneidend, herüber nach der französischen Küste kam, und den ersten besten Douanier über den Haufen schoß, da war er vollkommen in seinem Rechte, da handelte er sehr verständig — er war damals ein Juni-Insurgent im königlich-kaiserlichen Sinne, und insurgirte sich gegen alle die Douaniers und Minister und Valets Louis Philipp's. So weit hatte es Barrot noch nicht gebracht: der schurkigen Themis fehlte die Blutweihe; es fehlte ihr das Buzançais von Guizot, und sie bediente sich des blödsinnig gewordenen Napoleons, um diese Blutweihe festlich zu begehen. 5 Regimenter waren zum Feste eingeladen; alle die alten Minister und Pairs, für welche das Volk die Todesstrafe abgeschafft, kamen mit ihren geschenkten Köpfen auf den Schultern zu der Guillotine, und freuten sich ihres Lebens und ihrer Renten und Aktien!
Auf Louis Philipp ist wenigstens 10 Mal geschossen worden; Louis Philipps Kopf war eine würdige Zielscheibe; aber Louis Philipp war ein schlauer Kopf, einer von den Köpfen, die man nicht so leicht treffen kann. Und wirklich schreiben es die Leute dem Glücke zu, daß er 10 Mal dem Tode glücklich entwichen ist. Aber wie kann Napoleon hoffen, ein gleiches Glück zu haben? Dem Napoleon ein Haar auf dem Kopf zu krümmen, wäre keinem Proletarier eingefallen; alle die Vorsichtsmaßregeln, mit welchen der Polizeipräfekt ihn bei seinem Ausgehn umgab, waren völlig überflüssig. Napoleons Feinde waren in seinem Pallaste, unter seinen Ministern; Legitimisten und Jesuiten, wie Falloux, sind zu Allem fähig. Wie diese Leute aus dem damals verwegenen Ochsen ein scheues, blödsinniges Kalb gemacht haben, das seine Freunde eine Viertelstunde anstiert, ehe es sie wiedererkennt, das liegt im Schooße der ewigen Götter. Aber jetzt, wo sie dieses Kalb ein politisches Todesurtheil unterzeichnen ließen, der Konstitution und der französischen Großmuth zu Trotz, haben sie offenbar Napoleon dem öffentlichen Haß Preis gegeben.
Napoleon und Barrot haben das Lächerliche abgestreift; von heute an gehören sie der ernsten Geschichte an. Der olympische Barrot hat gezeigt, daß er „grausam“ sein kann. Es wird ihm nicht vergessen werden.
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Paris, 19. März.
Der Moniteur zeigt sich sehr aufgebracht gegen die Reforme, weil sie gestern behauptet hatte, daß die beiden Brea-Verurtheilten gegen den ausdrücklichen Willen des Staatsrathes hingerichtet worden seien und die Härte dieser Urtheilsvollstreckung — als Wiedererrichtung des politischen Schaffots wichtig — lediglich den Präsidenten der Republik treffe u. s. w. Der Moniteur erklärt diese Behauptung als falsch und nennt sie eine der schändlichsten Allegationen, die jeder Parteigeist erfunden.
Man weiß übrigens, was man von diesen amtlichen Dementis zu halten habe. Wahr ist, daß Cormenin im Namen der Minorität des Staatsrathes gegen die Hinrichtung energisch protestirte
Hierzu eine Beilage.