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Wesel.
Im Namen des Königs hat in der Untersuchungssache, gegen den Kaufmann Otto Custodis zu Emmerich, das Königl. Land- und Stadtgericht zu Wesel in seiner Sitzung vom 3. Februar 1849, an
welcher der Gerichtsdirektor v. Hausen, der Gerichtsrath Jagemann und die Oberlandsgerichtsassessoren Feriée und Windhorst als Richter Theil nahmen, vermöge Auftrags des Senats für Strafsachen
des Königl. Oberlandesgerichts zu Hamm den Verhandlungen gemäß erkannt:
Daß der Kaufmann Otto Custodis wegen wörtlicher Beleidigung des Prinzen von Preußen außerordentlich zu einer Festungsstrafe von 6 Monaten zu verurtheilen und schuldig sei, die Kosten dieser
Untersuchung zu tragen, welche im Unvermögensfalle bis auf die baaren dem Criminalfond zur Last fallenden Auslagen, niederzuschlagen.
Von Gerichtswegen.
Gründe.
Nach einer Anzeige mehrerer Emmericher Bürger bei dem dortigen Gerichte, daß sich der Kaufmann Otto Custodis nach der Ankunft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen daselbst mehrere Male
herausgenommen habe, die Aeußerung zu thun: „man hätte den Prinzen, rstatt ihm ein Hurrah zu bringen, todt schießen sollen“
wurde gegen ihn die Untersuchung eingeleitet.
Die Zeugen deponiren
1) Der Posthalter Gerh. Baumann:
Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen geäußert habe, man hätte den Prinzen, statt ihm ein Hurray zu bringen, todt
schießen sollen. Ich weiß nicht, daß er solches selbst gesagt, noch auch habe ich Derartiges durch andere vernommen, namentlich, daß eine solche Aeußerung von ihm geschehen.
2) Der Wirth Hermann Terdnitz:
Ich weiß nicht, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit den Prinzen von Preußen sich verächtlich ausgesprochen, namentlich nicht, daß er gesagt: man hätte, statt ihm ein Hurrah zu
bringen, ihn todtschießen sollen, und habe auch nicht von Andern gehört, daß er eine solche Aeußerung gethan. Nach der Zeit, als der gedachte Prinz durch hiesige Stadt gekommen, stand Custodis mit dem
Grenzaufseher Kind zusammen. Beide sprachen über den Prinzen, ich kann aber nicht sagen, was. Sie waren an dem hiesigen Steinthore und unterhielten sich. Mein Gedächtniß ist schwach und kann ich mich
gar nicht mehr darauf besinnen, was gesprochen ist, namentlich, daß der Prinz von Preußen in der gepflogenen Unterredung beschimpft, verhöhnt oder bedrohet sei, auch nicht, daß der Wunsch vorgekommen,
daß man ihn hätte todt schießen sollen. Es schwebt mir darüber auch nicht einmal dunkel etwas vor.
Vor der Unterschrift, und als die Beeidigungsformel bis zu den Worten und „daran genommen habe“ von dem Zeugen nachgesprochen, erklärt der Zeuge weiter:
Ich erinnere mich allerdings, daß bei der gepflogenen Unterredung zwischen Custodis und Kind, der Erstere von „todtschießen“ sprach und vom Prinzen von Preußen die Rede war; ich kann
mich aber des Zusammenhanges des Gesprächs nicht mehr entsinnen.
Ich muß meine vorstehende Aussagen dahin berichtigen, daß die Rede von schießen, wie mir vorsteht, war; möglich ist es auch, daß von Todtschießen gesprochen wurde, ich kann mich aber darauf nicht
genau mehr besinnen; ferner ist es auch möglich, daß von Hurrah etwas vorkam, ich kann dies nicht behaupten.
3) Der Grenzaufseher Friedrich Kind:
Als im Anfang des Monats Juni v. J. Sr. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen durch Emmerich gekommen war, es war dies am Sonntag, traf ich am Morgen des darauf folgenden Montags mit Otto Custodis
auf der hiesigen Straße am Steinthor zusammen. Es begegnete uns dort der Wirth Terdnitz, welcher die Frage an uns richtete: Meine Herren, was gibts Neues? Otto Custodis gab darauf zur Antwort:
„Nichts besonderes, man sollte nur gestern den Prinzen von Preußen hier gleich todt geschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kommt doch in Zeit von vierzehn Tagen die Welt noch auf
den Kopf zu stehen.“ Derselbe setzte noch hinzu, „es wäre wohl anzunehmen gewesen, daß hier nichts hätte vorfallen können, indem Beamte in der Nähe vom Posthause wären aufgestellt
gewesen.“ Ich machte dem Otto Custodis dann bemerklich, daß es viel sei, was er da sage, worauf er in sein Haus ging, nachdem sich Terdnitz schon entfernt hatte. Ich habe von dem Vorfalle
Villaret, Revisions-Inspektor, und dem Steuerrath Holzheimer Anzeige gemacht, und bin auf Veranlassung des Letztern zum Terdnitz gegangen, um ihn zu fragen, ob er das, was Otto Custodis gesagt, auch
bezeugen könne? Terdnitz gab auf meine Frage zur Antwort: „Ich kann nicht gut hören, und wenn Deutsch gesprochen wird und mich die Sache angeht, muß ich erst einige Male darnach fragen, um es
recht zu verstehen;“ daß er die Worte des Custodis wirklich, wie ich sie bekundet, gehört, sagte er mir nicht; ich vermuthe es aber, weil er sogleich nach deren Ausspruch fortging.
Die Zeugen, Gymnasiallehrer van Weel und der Postsekretär Herm Dewidt, sagen aus, der Erstere, daß ihm jene Aeußerung von dem Grenzaufseher Kind erzählt sei, der Letztere, er habe gehört, daß Otto
Custodis sich geäußert haben solle, wenn das Gesetz es erlaubt, hätte man den Prinzen todt schießen sollen. Er weiß nicht, ob Custodis dieses oder ähnliches in Beziehung auf den Prinzen von Preußen
gesagt hat, da er es weder von ihm selbst, noch durch Andere, die es von ihm vernommen, gehört habe.
Inculpat, 33 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landwehrmann 2. Aufgebots, vermögend, noch nicht in Untersuchung gewesen, sagt aus:
Es ist mir zu Ohren gekommen, daß ich um die Zeit, als der Prinz von Preußen Emmerich passirte, um nach Berlin zurückzukehren, in Beziehung auf ihn auch beleidigender Ausdrücke bedient haben soll;
ich muß aber eine solche Anschuldigung durchaus bestreiten. Es muß schon unwahrscheinlich erscheinen, daß ich den gedachten Prinzen in Gegenwart eines Steuerbeamten beschimpft, da anzunehmen, daß ich
mich wohl gehütet haben würde, solches zu thun. Wenn ich auf die Aussage des Kindt aufmerksam gemacht werde, daß ich am Montag im Monat Juni nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen durch Emmerich,
in Gegenwart des Wirths Terdnitz und in seiner Anwesenheit geäußert, „man hätte am Tage vorher den Prinzen gleich todt schießen sollen, dann wäre die Sache am Ende, sonst komme doch in Zeit von
14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen,“ so bemerke ich darauf: Es ist durchaus unwahr, daß ich die mir vorgehaltenen oder ähnliche Worte in Beziehung auf den Prinzen von Preußen
gesprochen. Ich wohne nahe am Steinthore und unterhalte mich wohl mit vorübergehenden Leuten. Ich habe auch wohl mit Terdnitz und Kindt gesprochen; ich erinnere mich aber nicht mehr, daß solches am
Tage nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen gewesen; die Deposition des Terdnitz erscheint nach ihrem Inhalte und weil der Mann ja geständlich taub ist, ohne Gewicht.
Auf die Eröffnung, daß zufolge gerichtlichen Beschlusses wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen gegen mich die Untersuchung eingeleitet worden, habe ich, nachdem mir der Inhalt der Akten bekannt
gemacht, folgendes anzuführen:
Ich bin unschuldig und bin auch in dieser Sache nicht für überführt zu betrachten, da es an zureichenden Beweisen fehlt, weshalb ich um meine Freisprechung bitten muß. In Emmerich bestehen 2
politische Vereine und meine Gegner, namentlich die Hauptzollamts-Beamten suchen Alles auf, um mich zu verdächtigen, darum kann die Aussage des Kindt keinen Glauben verdienen.
Durch diese Beweisaufnahme ist das Verbrechen so weit erwiesen, daß die Verhängung einer außerordentlichen Strafe keinem Bedenken unterliegen kann.
Der Zeuge, Gränzaufsehen Kindt, hat die That vollständig deponirt. Die von dem Angeschuldigten gemachte Ausstellung gegen denselben, daß in Emmerich zwei politische Vereine bestehen und seine
Gegner namentlich die Zollamtsbeamten Alles aufsuchen, ihn zu verdächtigen, kann die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen durchaus nicht schwächen, dieselbe wird durch die Aussage des Terdnitz noch
unterstützt.
Dieser Zeuge hat zwar durch sein Benehmen bei seiner Vernehmung den Verdacht des versuchten Meineides begründet, welcher indeß dem kompetenten Gerücht nicht fur genügend erschien, die förmliche
Untersuchung einzuleiten, hierdurch wird seine ganze eidliche Deposition erheblich geschwächt.
Da der Zeuge indeß bei der Confrontation mit dem Zeugen Kindt seine schwankende Aussage damit schließt, „möglich ist es, daß Custodis sich in der bemerkten Weise geäußert, ich kann aber nur
bekunden, was oben niedergeschrieben ist,“ so unterstützt, wie gesagt, diese Deposition die des Zeugen Kindt.
Das Verbrechen selbst erscheint als eine wörtliche Beleidigung des Prinzen von Preußen, der als unmittelbarer Thronfolger, im gesetzlichen Sinne als Kronprinz zu betrachten ist. Die bekundete
Aeußerung, „man sollte den Prinzen von Preußen hier gleich todtgeschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kann doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen
kommen,“ erscheint unzweifelhaft als eine Beleidigung. Sie enthält nämlich den Vorwurf, daß der Prinz von Preußen dazu beitragen würde, die damalige politische Stellung des Landes umzustoßen
(auf den Kopf zu stellen) und enthält zugleich das Urtheil, daß derselbe deshalb verdiene todtgeschossen zu werden. Die hiebei obwaltende boshafte Absicht des Angeschuldigten wird noch dadurch
unterstützt, daß er in seiner Vertheidigung erklärt: „es bestehen zwei politische Parteien in Emmerich, und die Beamten seien seine Gegner.“
Nach dem allgemeinen Landrechte II Tit. 20 § 205 sollen wörtliche Injurien gegen den Kronprinzen oder andern Mitglieder der königl. Familie mit ein- bis zweijähriger Zuchthaus- oder
Festungsstrafe geahndet werden.
Die verhängte sechsmonatliche Festungsstrafe erscheint deshalb dem Grade des geführten Beweises und der Stellung des Angeschuldigten im bürgerlichen Leben durchaus angemessen. (Krim-Ord. Nr. 398.)
Die gesetzliche Folge dieser Verurtheilung ist auch, daß demselben die Kosten der Untersuchung zur Last gesetzt werden müsten.
Aus diesen Gründen mußte wie geschehen erkannt werden.
(gez.) v. Hansen. Jagemann. Faricé. Windhorn.
Herr Kaufmann Custodis erhält vorstehend die verlangte Abschrift.
Emmerich, den 5. März 1849.
Königl. Land- und Stadtgericht.
An
den Herrn Kaufmann Otto Custodis hier.
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@facs | 1373 |
In Nro. 239 Ihrer Zeitung wird in einer Correspondenz aus Leipzig Eins der „Häupter der Demokratie“, der „kühne Bayard“ Hexamer angegriffen und von ihm Allerlei
gefabelt, daß er sich hier aufhalte, wie „ein versteckter chinesischer Kaiser“, daß er 200,000 Thlr. heirathe, so vorsichtig sei, wie preußische Geheimräthe und sich doch —
fürchte“, daß er „das Tageslicht nicht sehe und nur einzelne Vertraute die Ehre genießen, in's verschlossene Zimmer vor den bebenden Herren gerufen zu werden“. Außerdem
beehrt ihn der Corr. mit dem Titel „demokratischer Pfuscher“.
Wir wissen nichts von diesen Fabeln, haben vielmehr den Bürger Hexamer sehr häufig im Tageslicht spazieren gehend gesehen, haben sehr oft mit ihm gesprochen, in seiner Wohnung, in Wirthshäusern,
auf der Straße u. s. w. Der Corr. hat sich diese Fabeln à la „Neue Preußische Zeitung“ aufbinden lassen, oder hat sie in seinem Zorne darüber niedergeschrieben, daß er vielleicht
einmal das Zimmer des Bürgers Hexamer verschlossen gefunden hat. So viel wir wissen, hat Hexamer sein Zimmer zuweilen verschlossen, um in seinen Arbeiten nicht gestört zu werden. Jeder von hier würde
unter ähnlichen Umständen dasselbe thun.
Ein Neu Preußisches Zeitungsmährchen ist auch die Erzählung von 200,000 Thlrn. welche der glückliche Bürger Hexamer „heirathen“ soll.
Hexaemer hält sich gegenwärtig nicht mehr in Leipzig auf, er könnte von dem Angriffe des Correspondenten vielleicht nichts erfahren. Wir halten uns deßhalb für verpflichtet, zu erklären, daß der
Angriff gegen Hexamer nur Unwahrheiten enthält und können dafür noch mehrere Gewährsmänner bringen. Dem Angegriffenen stellen wir anheim, wie er gegen die Behauptung, daß er „sich
fürchte“ und ein „demokratischer Pfuscher“ sei, selbst auftreten und sich Genugthuung verschaffen will.
Zugleich mit dieser Erklärung haben wir ähnliche den Redaktionen der demokratischen Blätter zugehen lassen, um so viel wir vermögen, einen Mann vor ungerechten Verläumdungen in Schutz zu nehmen,
der die Achtung Aller genießt, die ihn kennen.
Leipzig 10. März.
Ludwig Schneck. Buchhändler. C. H. Hassenstein. Professor.
C. H. Hoßfeld. Buchdruckereibesitzer. B. Ottendorfer.