Deutschland.
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20
] Düsseldorf, 13. März.
„Mein herrliches Kriegsheer“ flicht täglich neue Lorbeern in den Kranz seines Ruhmes. Nicht genug, daß eine übermüthige Rotte fast jeden
Abend, total besoffen, mit haarscharf geschliffenen Säbeln ruhige Bürger, Kinder und Weiber attaquirt, ist die vielgerühmte preußische Disciplin bereits trotz aller Versicherungen Ehren-Wrangels und
Konsorten in dieser Bande so locker geworden, daß einzelne dieser Gesellen sogar in Reihe und Glied ohne Kommando sich im Todtschlagen üben. Ich sage Ihnen nur die Wahrheit, denn ich war Augenzeuge
des folgenden schauderhaften Mordanfalles, der gestern hier vor dem Lokale des Zuchtpolizeigerichtes von einem Soldaten des 16. Infanterie-Regiments gegen einen wehrlosen Arbeiter verübt wurde. Es
stand nämlich gestern der Bürger Herweg aus Neuß vor den Schranken des Zuchtpolizeigerichts, angeklagt, im November, der Zeit der berüchtigten Steuerverweigerung, zur Rebellion aufgereizt zu haben.
Die Sache wurde vor einem zahlreichen Auditorium verhandelt und ließ sich dies bei mehreren Stellen der Vertheidigung zu lauten Aeußerungen seiner Theilnahme hinreißen. Der Präsident des Hofes befahl
hierauf die Räumung des Saales und da dieses dem anwesenden Polizeibeamten nicht gelingen wollte, wurde sofort zur Ausführung des Befehles eine Kompagnie Vaterlandsvertheidiger requirirt. Als durch
diese der Saal geräumt war, sammelte sich das Volk vor dem Sitzungslokale und brachte Cantador und Lassalle ein Hoch. Diese Demonstration brachte den edlen Faldern erst recht in Harnisch; die
dienstbaren Geister seines unumschränkten Polizeiwillens mußten mit gefälltem Bajonette die Straße räumen und dann absperren. Dies war für einen Korporal eine passende Gelegenheit, seine Bravour zu
zeigen. Ein wehrloser Arbeiter, der dem Unmenschen wahrscheinlich nicht die gehörige Eile beim Gehen entwickelte, erhielt zuerst von diesem Tapfern einen Kolbenschlag in die Seite und hierauf von
einem aus dem Gliede springenden Soldaten 4-5 Kolbenschläge auf den Kopf, so daß er leblos in seinem Blute gebadet, zusammensank. Der Mann liegt hoffnungslos darnieder. Es wird und muß eine Zeit
kommen, wo das Volk solche Heldenthaten seiner „Vertheidiger“ furchtbar rächen wird.
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126
] Trier, 13. März.
Auch hier haben wir „Mein herrliches Kriegsheer,“ das sich wacker keilte mit „Meinem trefflichen Heere.“ Wie in Köln Uhlanen und
34r einen patriotischen Kampf führen, so haben wir hier in Trier die 27r und 26r und Artilleristen, die sich feindlich gegenüberstehen. In Köln sind die 27r und 26r die Bundesgenossen der 34r, und die
Artilleristen die Bundesgenossen der Uhlanen. Hier treten die Bundesgenossen als Hauptkämpfer in den Vordergrund, und es fehlt weiter nichts als ein Kommandant Engels. Die 26r, 27r und 34r sind als
Altpreußen Anhänger des Landrechts; die Uhlanen und Artilleristen, Rheinländer, Anhänger des Code Napoleon. Zwischen dem Landrecht und dem Code Napoleon ist der Kampf auf's Neue entbrannt. Wir
rufen die Hülfe des Wahlmann Engels an, um diesen Kampf zu schlichten.
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15
] Kassel, 11. März.
Die kurfürstlich hessische Zuvielliste, ist ein Gegenstand des Zankes für Regierung und Stände! In einer der letzten Sitzungen unserer Ständeversammlung
begründete der Abgeordnete Bayrhoffer seinen Antrag auf Verminderung der Gehalte der höhern Staatsdiener zu Gunsten einer Besserstellung der Subalternen, und verlangte nebenbei von dem Voranschlage
der Ausgabe die Civilliste mit 300,000 Thalern zu streichen. Eine Berechtigung vindicirte es der Ständeversammlung um so mehr, als der Kurfürst ja nur der oberste Staatsbeamte sei, und wenn man dem
Volke nicht gebe, was ihm gebühre, so werde es sich dasselbe schon nehmen. Ueber diese unschuldige Aeußerung wird Bayrhoffer von dem gemüthlichen Präsidenten zur Ordnung gerufen (!). Die
Ständeversammlung aber beschloß, seinen Antrag, und zwar mit 16 gegen 15 Stimmen, in Erwägung zu ziehen und einem Ausschuß zur Prüfung zu überweisen. — Damit jedoch ist die Sache noch nicht
abgethan und Hr. Oetker, eine echte Kasseler Bourgeois-Seele, stellte einen Antrag dahingehend:
1. Sofort 100,000 Thlr. zu streichen.
2. Die feste Zuversicht auszusprechen, daß Se. Königl. Hoheit hiermit einverstanden sein werde (?!)
3. Von den übrigen 200,000 Thlrn. die eine Hälfte sofort zu bewilligen, unter der Bedingung, daß genaue Rechnungsablage gemacht werde.
4. Die andere Hälfte zu verweigern, wenn nicht nachgewiesen werde, daß eine Verwendung der gleichen Summe im laufenden Jahre behufs Unterhaltung landesherrlicher Gebäude, Schlösser, Parks
(buchstäblich) stattgefunden habe.
Bedenken Sie den energischen Beschluß unserer Bourgeoisie die Civilliste auf 100,000 Thlr. zu verringern, — aber in Fragen, die den Beutel berühren, sind es zähe Gesellen! Von der Begründung
dieses Oetkerschen Antrags läßt sich mit gutem Gewissen sagen, daß sie Epoche gemacht in der Geschichte das konstitutionellen Lebens in Kurhessen.
Der Antragsteller war erbost über das Ausbleiben einer höchsten Antwort auf die unterthänigste Bitte der Stände, von der Civilliste nachzulassen. Er sagte, sie sei nur unter den Schutz der
Verfassung gestellt, keineswegs aber ein integrirender Theil derselben; man brauche Geld, das erheische die Lage des Vaterlandes, und dann seien ja auch Vorbehalte für Kalamitäten (!) gemacht, und
obendrein sollten die herrschaftlichen Gebäude etc. ordnungsmäßig erhalten werden.
Nun sei notorisch die letztere Bedingung nicht eingehalten worden, also könne man auch mit der Zahlung zurückhalten — die Sache ging an einen Ausschuß.
Räthselhaft ist die Geschichte immerhin, aber unsere Bourgeoisie weiß nur zu wohl, wie sehr sie sich mit dem jetzigen Kurfürsten und souveränen Landgrafen blamirt, darum möchte man ihn gern
entfernen und seinen Nachfolger an die Spitze der Regierung berufen, sind ja schon der demokratischen Partei dahin bezügliche Anträge gemacht worden.
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[unleserlicher Text] Gera, 10. März.
In unserm gewaltigen Reichs- und Reußlande fängt die Regierung und ihr biderber Landesadel an, die Märzerrungenschaften nach und nach von den Schultern zu schütteln. Unser
gewaltiges Reichs-Land hatte, wie Sie sich wohl denken können, gleich jedem übrigen der 360 deutschen Pfennings-Vaterländer — zusammen gleich einem verschämten preußischen
„Reichsthaler“ — in Folge der reußischen März-Revolution einen konstituirenden Landtag gewonnen. Seit den gottbegnadeten Segnungen, die Ehren-Wilhelm von Potsdam über seine
„treuen und geliebten“ Unterhanen aus den Schleußen seiner kreuzritterlichen Barmherzigkeit hervorströmen ließ und läßt: bekamen die Ritter des gewaltigen Reichsstaates Reuß ungemein
scharfen Appetit nach der Mitgliedschaft in obgedachter Reußischer „Konstituante.“ Das Ministerium billigte aus treuer Vetter- und Busengenossenschaft die ritterlichen
Konstituirungsgelüste. Fünf Deputirte der ehemaligen Ritter- und Landschaft verlangten, in die „Konstituante“ der reußischen Monarchie aufgenommen zu werden, um so die im April vor.
Jahres für erloschen erklärte ritterschaftliche Feudalverfassung nunmehr bestens wieder herzustellen. Die Reichs-Reußen schickten freilich Petitionen mit Tausenden von Unterschriften an die
Konstituante gegen die ritterschaftlichen Restaurationspläne; freilich beschloß die Konstituante, die Nichtzulassung der sich selbst ihr aufoktroyiren wolle den Ritterschaft. Aber auch die reußische
Nation sollte bald inne werden, woher der Wind im diesjährigen Merzen zu wehen liebt. Da der vorjährige Märzwind über gottbegnadete Landesväter, Raubritter und privilegirte Galgenvögel aller Art blos
kräuselnd und säuselnd dahin blies und sich in einen reinfegenden Märzsturm umzuwandeln vergaß: so kann der diesjährige Märzwind desto schärfer aus Nord über die reußische Reichs-Nation hinwegstürmen.
So ist denn auch die reußische Konstituante, gleich der in Baiern und andern Reichsländern, dem reußlandesväterlichen Zorn und dem seines Ministeriums erlegen und unter der höflichen Form der
„Vertagung“ nach Hause geschickt worden, wogegen die „Konstituante“ pflichtschuldigst protestirte.
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34
] Weimar, 10. März.
Sie werden mit den Urtheilen der hiesigen Assisen gegen unsere Oktobergefangenen schon bekannt sein; im ersten Prozeß, wegen Verführung der Weimar'schen
Truppen zur Widersetzlichkeit gegen die Schmerling'schen Translokationsmaßregeln, wurden sämmtliche Angeklagten, Lafaurie, Rothe und Amelung, freigesprochen; im zweiten Prozeß wurden Lafaurie
und Ottn (als Mnemotechniker unter dem Namen Reventlow bekannt), der Aufforderung zum Aufruhr angeklagt, der Erste zu 1 Jahr, der Andere zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt; im dritten Prozeß wurden
Jaede und Rothe, der Aufforderung zur Steuerverweigerung angeklagt, zu 4 und 3 Monaten verurtheilt; indeß werden jedem der Verurtheilten 2 Monate zu Gute gerechnet, während welcher sie seit Schluß der
Voruntersuchung in Haft waren; endlich vorgestern wurde Jaede wegen aufwiegelnden Reden auf einer Volksversammlung, freigesprochen. — Lafaurie und Otto haben gegen das erste Strafurtheil
Kassation nachgesucht.
Ich theilte Ihnen schon früher mit, wie durch und durch büreaukratisch unsere Geschworenen zusammengesetzt sind. — Dank dem einst vergötterten Oppositionshelden, dem von Bauern und Studenten
im März v. J. zum Minister erhobenen Edlen von Wydenbrugk. Da hatten wir kaum ein freisprechendes Urtheil zu hoffen gewagt; als dennoch im ersten Prozeß ein „Nichtschuldig“ erfolgte,
wurde natürlich das zweite Mal Alles einer freisinnigen Auffassung einigermaßen Fähige um so sorgfältiger vom Staatsanwalte aus der Geschworenenliste herausgebeizt. Dazu kam, daß die Vertheidiger
Anfangs zu hitzig recusirt hatten, und so nachher nichts mehr verhindern konnten, als die Namen zweier oder dreier Geschworenen aus der Stadt Weimar aus der Urne kamen. Bekanntlich ist aber einem
politischen Angeklagten, über den Weimar'sche Pfahlbürger entscheiden sollen, der Stab schon im Voraus gebrochen.
Der thüringische Bauer möchte gern für einen reinen Demokraten gelten, er besucht die Volksversammlungen, gehört seinem demokratischen Verein an, lies't irgend ein demokratisches Lokalblatt,
renommirt mit Fürstenhaß und Freisinn, wählt am Ende auch demokratische Abgeordnete — aber zu einem weiteren Handeln wird er sich schwerlich bestimmen lassen, so lange er nicht bei seinen
materiellen Interessen, bei dem Nächsten und Nothwendigsten angegriffen wird. — Dennoch fürchtete die Weimar'sche Regierung den Losbruch irgend eines Aufstandes bei Beginn der Assisen.
Die Reichstruppen in und um Weimar waren noch vermehrt; die Bürgerwehr war seit 14 Tagen vorher tagtäglich auf Sturmschritt und Bajonettangriffe eingepaukt worden, in Erfurt stand Artillerie bereit,
um jeden Augenblick gegen die Aufrührer in spe geschickt zu werden; die Oeffentlichkeit der Gerichtssitzungen war wohlweislich bis fast auf ein Nichts verkürzt, man hatte das Lokal so klein gewählt,
als irgend mit Anstand möglich war, obgleich sehr geräumige Oertlichkeiten zu Gebote standen; dasselbe bot in 2 Gallerien und Parterre, für circa 250 Mann Platz, davon war in die größere Hälfte, auf
die eine Gallerie für Damen, in's Parterre für Herren, nur gegen Karten, d. h. nur für die Weimar'sche hohe Aristokratie und Büreaukratie, Zutritt zu erlangen; das übrige Publikum mußte
sich in die letzte Gallerie theilen, zu welcher — die Aus- und Eingehenden von der wachthabenden Bürgerwehr wie Stücke Vieh abgezählt und abgemessen — präcis nur 100 Mann zugelassen
wurden.
Der Staatsanwalt von Ederndahl, ein noch junger Mann, machte durch seine Mäßigung, Ruhe und Klarheit einen nicht unangenehmen Eindruck, den selbst seine Gegner gern zugestehen, auch des
Vertheidigers, Dr. jur. Zerbst, besonders aber des Advokaten Pries aus Berka ist lobend zu erwähnen, aber um so trauriger und erbärmlicher ward das Präsidium geführt. Der Präsident des Gerichtshofs,
von Gersdorff, soll, ehe er zu dieser Stelle befördert ward, auf Staatskosten an den Rhein geschickt worden sein, um die dortigen Assisen zu studiren; das Geld, das diese Reise gekostet hat, ist
jedenfalls auf die Straße geworfen. Durch und durch Inquisitionsrichter, konnte er auch als Präsident der Assisen dieses würdige Ziel des Inquisitionsverfahrens den Angeklagten à tout prix
schuldig finden zu müssen, nicht aus den Augen verlieren. Während er den Belastungszeugen durch stete Suggestivfragen sowohl ihre belastenden Aussagen als ihre Ausreden gegen die Fragen der
Vertheidiger in den Mund legte, hielt er mit derselben Parteilichkeit, ohne von dem Staatsanwalt aufgefordert zu sein, nur den Entlastungszeugen Fragen über ihre Persönlichkeiten vor, die nur den
Zweck haben konnten, ihre Aussagen zu verdächtigen. Es kam soweit, daß zuletzt sämmtliche Vertheidiger erklärten, ihre Vertheidigung niederlegen zu wollen, wenn sich diese Parteilichkeiten noch einmal
wiederholen sollten, die Anwälte, die Angeklagten, alles durcheinander, selbst die Gallerie trampelte, dazwischen die Stimme des Präsidenten in seinem familiären Ton, als wenn er im Großvaterstuhl mit
der Schlafmütze säße: Aber, meine Herren, ich bin ja nicht parteiisch, ich versichere Ihnen, ich meine es ganz redlich — bis endlich der Staatsanwalt selbst gegen den Präsidenten aufstand, und
ihn abkanzelte wie einen Schulbuben. Das war zuviel für ihn: der Staatsanwalt, der in Frankreich und England gereis't hat, wußte wie es bei Geschworenengerichten sich ziemt, der Präsident
gestand seine Schuld und gelobte Besserung.
Aber die Blamage kam noch großartiger: als der Präsident den Geschwornen die Fragen vorlegen sollte, suchte er in den inkriminirten Handlungen eventuell noch andere verborgen und legte deshalb
Fragen vor, in Betreff deren der Staatsanwalt kein Wort gesagt, keinen Antrag gestellt hatte. Natürlich, daß er auch dabei sich zurechtweisen lassen und abfahren mußte.
Eine andere Scene, wie sie in den Annalen der Schwurgerichte wohl selten sein mag, brachte uns der zweite Prozeß gegen Lafaurie und Otto. Während Otto die brutale Behandlung, welche er bei seiner
Gefangennahme von dem sächsischen Militär erfahren, schilderte, lachten einige im Parterre stehende sächsische Gardelieutenants dem Angeklagten höhnisch in's Gesicht. Otto macht den Präsidenten
auf diese Ungezogenheit aufmerksam. Da tritt einer der sächsischen Lieutenants, von Brandenstein, aus den Zuschauern hervor; er sagt, er werde sich erlauben, seine Collegen gegen diese Anklage in
Schutz zu nehmen. Der Präsident (Justizamtmann Sachse aus Weimar präsidirte diesmal) sagt kein Wort; er hält eine 10 Minuten lange Rede an die Geschworenen und den Gerichtshof. Der Präsident sagt kein
Wort; er schließt mit den Worten: Mir und meinen Collegen ist es ganz gleichgültig, ob die Angeklagten aus diesem Prozesse mit einer Bürgerkrone oder einer Fußschelle hervorgehen! — Der
Präsident sagt kein Wort; das residenzlerische Parterre klatscht diesen Flegeleien Bravo: der Präsident schweigt auch dazu. — —
Wie brutal übrigens die Angeklagten bei ihrer Gefangennahme behandelt worden, davon nur ein Beispiel. Als Otto am 8. Oct. von dem hier stationirten sächsischen Militär verhaftet wurde, ward er hier
auf's Rathhaus eingesperrt, in eine Kammer, die nur eine schmale hölzerne Bank als einziges Möbel enthält. Einige Sachsen bewachen ihn in der Kammer. Gleich darauf kömmt ein Offizier
hereingestürzt, der, nach den gemeinsten Schimpfreden gegen den Gefangenen, deren Hauptinhalt die Worte: „Du Hund“, bilden, der Wache befiehlt, ihn sogleich niederzustoßen oder vor den
Kopf zu schießen, sobald er sich von der Bank erhebe oder ein Wort zu sprechen wage. Diese Gemeinheiten wiederholen sich den Abend mehrere Mal. Endlich gegen Nacht bittet Otto die Wache, ihm
wenigstens einen Strohsack zu verschaffen. Als die Wache dies rapportirt, kommt wieder der Offizier fluchend und schimpfend hereingestürzt: Er habe ihnen ja befohlen, den Hund bei dem ersten Worte,
das er spreche, zu erschießen; ein Strohsack wäre für so einen Hund viel zu gut; sie sollten ihn jetzt sogleich niederstoßen für sein unberufenes Sprechen u. s. w.
Dieser Offizier war ein Sachse, wenigstens ein Major, wenn nicht höhern Rangs. So erzählte Otto vor den Assisen; seinen Namen wußte er nicht, aber er werde ihn wiederfinden, sobald er frei sei.
Damals standen von den Sachsen das 1. und 2. Schützenbataillon und die Gardereiter hier; ihr Kommandirender war Oberst von der Planitz; die Zahl der übrigen Offiziere, welche wenigstens Majorrang
hatten, wird auch nicht groß gewesen sein.
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Olmütz, 8. März.
Folgendes sind die zum Hohn des Frankfurter Froschteiches vom östreichischen Tamerlan oktroyirten „Grundrechte“:
Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden etc. etc.
Verordnen für die nachbenannten Kronländer des östreichischen Kaiserreiches, nämlich für das Erzherzogthum Oestreich ob und unter der Enns, das Herzogthum Salzburg, das Herzogthum Steiermark, das
Königreich Illirien, bestehend aus den Herzogthümern Kärnthen und Krain, der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska, der Markgrafschaft Istrien und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete — für
die gefürstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg, das Königreich Böhmen, die Markgrafschaft Mähren, das Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien, die Königreiche Galizien und Lodomerien mit den
Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, für das Herzogthum Bukowina; endlich für das Königreich Dalmatien — in Anerkennung und zum Schutze der den Bewohnern dieser
Länder durch die von Uns angenommene konstitutionelle Staatsform gewährleisteten politischen Rechte über Antrag Unseres Ministeriums, wie folgt:
§. 1. Die volle Glaubensfreiheit und das Recht der häuslichen Ausübung des Religionsbekenntnisses ist Jedermann gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem
Religionsbekenntnisse unabhängig, doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntniß kein Abbruch geschehen.
§. 2. Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt im
Besitze und Genusse der für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds, ist aber wie jede Gesellschaft den allgemeinen Staatsgesetzen
unterworfen.
§. 3. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen und an solchen Unterricht zu ertheilen, ist jeder Staatsbürger berechtigt, der seine Befähigung
hierzu in gesetzlicher Weise nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner solchen Beschränkung.
§. 4. Für allgemeine Volksbildung soll durch öffentliche Anstalten, und zwar in den Landestheilen, in denen eine gemischte Bevölkerung wohnt, der Art gesorgt werden, daß auch die Volksstämme,
welche die Minderheit ausmachen, die erforderlichen Mittel zur Pflege ihrer Sprache und zur Ausbildung in derselben erhalten. Der Religions-Unterricht in den Volksschulen wird von der betreffenden
Kirche oder Religionsgesellschaft besorgt. Der Staat führt über das Unterrichts- und Erziehungswesen die Oberaufsicht.
§. 5. Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Presse darf nicht unter Censur gestellt werden. Gegen den Mißbrauch der
Presse wird ein Repressivgesetz erlassen.
§. 6, Das Petitionsrecht steht Jedermann zu. Petitionen unter einem Gesammtnamen dürfen nur von Behörden und gesetzlich anerkannten Körperschaften ausgehen.
§. 7. Die östreichischen Staatsbürger haben das Recht sich zu versammeln und Vereine zu bilden, insofern Zweck, Mittel oder Art und Weise der Versammlung oder Vereinigung weder rechtswidrig noch
staatsgefährlich sind. Die Ausübung dieses Rechtes, so wie die Bedingungen, unter welchen Gesellschaftsrechte erworben, ausgeübt oder verloren werden, bestimmt das Gesetz.
[1376]
§. 8. Die Freiheit der Person ist gewährleistet. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur in Kraft eines mit Gründen versehenen Befehles geschehen,
welcher von dem Richter oder von einer richterliche Funktionen gesetzlich ausübenden Behörde ergangen ist. Jeder solche Verhaftsbefehl ist dem Verhafteten sogleich bei seiner Anhaltung, oder
spätestens vier und zwanzig Stunden nach derselben zuzustellen.
§. 9. Die Sicherheitsbehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, binnen 48 Stunden freilassen, oder dem zuständigen Gerichte überweisen.
§. 10. Das Hausrecht ist unverletzlich. Eine Durchsuchungr der Wohnung und der Papiere oder eine Beschlagnahme de letzteren ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig.
§. 11. Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt, und die Beschlagnahme von Briefen nur in Kriegsfällen oder auf Grund eines richterlichen Befehls vorgenommen werden.
§. 12. Im Falle eines Krieges oder bei Unruhen im Innern können die Bestimmungen der vorstehenden §§ 5 bis einschließlich 11 zeitweilig und örtlich außer Wirksamkeit gesetzt werden.
Ein Gesetz wird das Nähere hierüber bestimmen.
§. 13. Unser Ministerrath wird beauftragt, die zur Durchführung dieser Bestimmungen bis zu dem Zustandekommen organischer Gesetze provisorisch zu erlassenden Verordnungen zu entwerfen und Uns zur
Sanction vorzulegen.
Gegeben in Unserer königl. Hauptstadt Olmütz, den 4. März 1849.
Franz Joseph. (L.S.)
Schwarzenberg. Stadion. Krauß. Bach. Cordon.
Bruck. Thinnfeld. Kulmer.
Französische Republik.
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@facs | 1376 |
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*
] Bourges, 10. März.
(Schluß.) Die Aussage des nächsten Zeugen, Civil-Ingenieur Danduran, über die Manifestation bietet kein hervorragendes Interesse. Er erklärt, daß dieselbe
ursprünglich die Befreiung Polens zum Zweck gehabt habe.
Blanqui. Der Zeuge, welcher Vicepräsident des „Club des Clubs“ war, hat ausgesagt, daß der „Club des Clubs“ allein die Manifestation redigirt, und sich mit den meisten
übrigen Clubs, worunter aber nicht der meinige gewesen, in Verbindung gesetzt habe. Der Einbruch in die Versammlung ist, wie der Zeuge sagt, durch unbekannte Leute in Blousen provocirt worden. Der
Angeklagte Borme aber, der von seiner Eigenschaft als geheimer Polizist kein Geheimniß macht, hat nach seiner Aussage eine Legion von 5000 Mann formirt. Ich möchte wissen, ob die von dem Zeugen
bezeichneten falschen Blousenmänner nicht zu dieser Legion gehörten.
Generalprokurator Baroche. Der Einbruch wäre also von der Polizei ins Werk gesetzt worden?
Blanqui. Ich mache meine Beobachtungen mit demselben Recht, wie Sie die Ihren. Ich frage nur nach der Thätigkeit der geheimnißvollen Borme'schen Legion am 15. Mai. Außerdem bemerke ich noch,
daß Borme, der sich einen Mann der Ordnung nennt, nicht zufrieden mit der Bildung seiner Legion von 5000 Mann, auch noch eine Höllenmaschine, ein griechisches Feuer und eine Frauen-Legion
erfunden hat, der er den vulkanischen Namen der „Vesuvierinnen“ gab.
Borme. Meine Legion hat an der Manifestation vom 15. Mai keinen Theil genommen. Die vesuvische Frauenlegion war eine Maskerade, mit der ich mich amüsirte. Als ich sah, daß der Oberst Rey für nichts
und wieder nichts die Oberst-Epauletten erhielt, wollte ich sie auch haben, und machte mich zum Obersten einer Frauenlegion.
Courtais. Beschimpfen Sie den Obersten Rey nicht! Er ist an den Folgen seiner Verhaftung am 15. Mai gestorben.
Die Zeugen Bertoglio, Polizeikommissar des Palais-National, und Boussot, Polizeikommissar des Quartier St. Denis, geben nur allgemeine Aussagen über den Zug und die bekannten äußern Ereignisse.
Nach ihnen war es Blanqui, welcher die Sprengung der Versammlung provocirte.
Zeuge Saniewski, 48 Jahr alt, polnischer Flüchtling. Mehrere Tage vor dem 15. Mai hörte ich eine Menge von Individuen die Arbeiter zur Theilnahme an der Manifestation zu Gunsten Polens auffordern;
ich sah nicht, daß sie Geld vertheilten, allein sie gaben den Arbeitern an den Batignolles zu essen und zu trinken. Ich war dabei, als man einem Dutzend Arbeiter für 50 Frs. Frühstück bezahlte. Die
Agenten selbst kannte ich nicht; nur sah ich mehrere Menschen darunter, welche ich häufig in der russischen Gesandtschaft bemerkt habe. (Lebhafte Aufregung.) Es sind Russen, welche trefflich
französisch sprechen. Ich weiß ihre Namen nicht, aber ich würde sie wiedererkennen, wenn ich sie sähe.
Am Samstag, wo die erste Manifestation für Polen stattfinden sollte, befand ich mich auf dem Madeleine-Platz, als Hr. Vavin das Volk haranguirte. Ich bemerkte unter den Anwesenden zwei dieser
selben Individuen; sie fragten mich, was Hr. Vavin gesagt habe, und ich antwortete ihnen, daß er für die Befreiung Polens spräche, worauf sie mich verließen.
Acht Tage vor der Manifestation präsentirte sich eine Person bei mir, um mich aufzuforden, die Polen zur Theilnahme an der Manifestation zu bewegen. Ich lehnte dies ab, wie ich auch am 11. Mai in
dem Club des Hrn. von Lasteyrie gegen diese Manifestation sprach, da ich in die Nationalversammlung alles Vertrauen setzte.
Am 15. Mai, 11 Uhr, ging ich nach dem Platz de Bourgogne, der bereits voll von Neugierigen war. Ich fand in der Menge verschiedene der Individuen wieder, welche an den Batignolles die Arbeiter
traktirt hatten; einer derselben näherte sich mir und sagte: „Indem sie mich in einer Blouse sehen, glauben sie vielleicht, daß ich Arbeiter sei? Nein, mein Freund, ich habe meine 40,000 Fr.
Renten.“ (Bewegung.)
Mehrere Personen stürmten die Mauern und drangen in den Hof der Assemblée; die Truppen im Innern versuchten nicht, sich zu widersetzen; einen Augenblick darauf aber ertönte ein Schuß, der
durch das Echo fast wie ein Pelotonfeuer klang, und auf den sich die Leute von den Mauern herunterfallen ließen. Die Menge ließ von allen Seiten das wüthende Geschrei hören: „Zu den Waffen! Man
ermordet uns! Wir sind verrathen!“
Ich drängte mich nach der Brücke zu. In der Mitte begegnete ich den Anführern der Manifestation, welche eben anlangte; die Mobilgarden öffneten die Passage, und ließen die Ladstöcke in die Gewehre
fallen, um zu zeigen, daß sie nicht geladen seien.
Um 4 1/2 Uhr kam ich auf den Bourgogneplatz zurück; ich sah einen Herrn in einer Weste mit weißem Umschlagkragen, welcher in der nach dem Quai führenden Straße den Arbeitern zurief: „Alles
ist vortrefflich ausgegangen; versammelt euch in den elysäischen Feldern.“ Er selbst wendete sich nach der Richtung des Hotel-de-Ville.
Präsident. Haben sie gesehen, daß man den Arbeitern Geld vertheilte?
Zeuge Saniewski. Jawohl, Herr Präsident; es war ein Mann, den ich sehr häufig in der russischen Gesandtschaft gesehen habe. (Aufregung im Publikum.)
Raspail. Und dieser Mann ist gleichwohl nicht verhaftet worden, während doch die Polizei von Allem bestens unterrichtet war.
Präsident. Wissen sie den Namen dieses Russen?
Zeuge Saniewski. Nein; aber ich weiß, daß er Kammerdiener in der Rue Las-Cage ist.
Blanqui. Ich frage, ob das ein Belastungszeuge ist!
Generalprokurator Baroche. Diese Deposition beweis't uns nur, daß die Polen selbst von der Manifestation nichts wissen wollten.
Die Sitzung wird unter der größten Aufregung um 6 Uhr aufgehoben.
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@facs | 1376 |
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*
] Bourges, 11. März.
(Gerichtsverhandlung.)
Zeuge Lehure, 41 Jahr alt, Anwalt am Pariser Appellationshof, gibt eine Erzählung der bekannten Vorfälle des 15. Mai, ohne besonderes Interesse. Nach ihm ist der Schuß, durch welchen das Volk sich
angegriffen glaubte, von einem Nationalgardisten abgefeuert worden.
Zeuge Lagrange, 40 Jahr alt, Advokat, erzählt, daß er am 15. Mai der Sitzung habe beiwohnen wollen, und an der Concordienbrücke der Kolonne begegnet sei. Der Russe Golowine, den er unterwegs
getroffen, habe ihm gesagt: „Diese Manifestation ist werthvoller als sie glauben; ich kenne eine Person, welche allein 10,000 Fr. dafür ausgegeben hat.“ Er habe den Sturm der Gitter mit
angesehen und sei bei Lamartine gewesen, dem er sich zur Verfügung gestellt, als der Repräsentant und jetzige Angeklagte Albert an der Spitze des Volks in den Saal der Pas-Perdus trat und auf die
Vorwürfe Lamartin's mit bruskem Ton geantwortet habe: „die Zeit Ihrer schönen Phrasen ist vorbei, Bürger Lamartine; das Volk hat anderes nöthig und wird jetzt selbst in der Versammlung
sprechen.“ Im Uebrigen sind seine Aussagen hauptsächlich gegen die Angeklagten Blanqui, Barbes und Louis Blanc gerichtet, wogegen ihm Raspail, Larger und Blanqui mehrere Widersprüche
nachweisen.
Blanqui. Ich verlange, daß sich der Angeklagte über die 10,000 Fr. auslasse.
Zeuge Lagrange. Ach, ja wohl. Ich war auf der Concorde-Brücke, als der Russe Golowine mir sagte, er kenne eine Person, die 10,000 Fr. für die polnische Manifestation vertheilt habe.
Raspail. Wir verlangen die Vorforderung dieses Hrn. Golowine.
Präsident. Es wird Auftrag dazu gegeben werden.
Zeuge Gregoire erklärt auf die erste Frage des Präsidenten nach seinem Namen und Vornamen: Ich antworte nicht vor diesem Gerichtshof; der Art. 55 der Constitution enthält eine außerordentliche
Strafe für alle, von der Haute-Cour gerichteten Personen; die Ereignisse des 15. Mai trugen sich aber vor Verkündigung der Constitution zu, und nach meiner Ueberzeugung hatte die Assemblée kein
Recht, die Angeklagten vor die Haute-Cour zu verweisen; vor den ordentlichen Geschworenen würde ich antworten, Ihnen aber antworte ich nicht.
Der Zeuge bleibt trotz mehrfacher Aufforderung bei dieser Erklärung, worauf ihn die Richter nach kurzer Berathung zu 100 Fr. verurtheilen. Der Gressier verlies't sein vor dem
Instructionsrichter abgegebenes Zeugniß. Blanqui erklärt darauf, daß eine solche Verlesung nicht als gesetzliches Zeugniß gelten könne; der [offizielle] Advokat Sobrier's weis't mehrere
Widersprüche in dem Aktenstück nach.
Zeuge Lemansoy-Duprey, 40 Jahre alt, Generalsecretair der Quästur der National-Versammlung, erzählt die Vorfälle im Sitzungssaal. Er will an der Tribüne den Angeklagten Quentin zur Rede gestellt
haben, worauf ihm dieser geantwortet: „Mein Freund, man hätte dich längst füsilliren sollen, es wird heute Abend geschehen.“ Quentin stellt dies in Abrede; Blanqui, Raspail und Sobrier
weisen dem Zeugen die factische Unmöglichkeit mehrerer seiner Aussagen nach.
Zeuge Yon, Polizei-Commissair der National-Versammlung, erzählt, daß er am 15. Mai vom Präsidenten der Assemblée zum Dienst beordert worden sei. Der Polizei-Präfekt Caussidière habe
sich dem Anfangs widersetzt, und ihm dann drohend gesagt: „Gehen Sie, Sie werden den Gewinn davon haben.“ Vor dem Beginn der Sitzung hätten mehrere Leute, darunter zwei mit Hüten der
Montagnard's, ohne Billets und unter Drohungen Einlaß in das Palais verlangt; er habe geglaubt, daß sie mit den Leuten, welche den Sitzungssaal gestürmt, in Verbindung ständen, zumal da beim
Einbruch des Volkes eine Fahne auf den Galerien entfaltet worden sei, und mehrere Personen sich an den Säulen hätten heruntergleiten lassen. Ueber die speziellen Vorfälle wisse er nichts.
Blanqui. Ich benutze diese Gelegenheit, um mich mit der größten Energie gegen die Verläumdungen zu erheben, mit denen man mich seit zehn Monaten überschüttet. Mein Charakter ist auf das
Schurkischste verdächtigt worden; man hat mich unter andern erbärmlichen Insinuationen auch der Hypocrisie beschuldigt, ein Vorwurf, welchem ich eine Anklage wegen Diebstahl vorziehen würde.
Ueber meine Verhaftung, welche der anwesende Zeuge Yon bewerkstelligte, haben die Journale die verächtlichsten Details gebracht. Der Constitutionnel und andere Blätter dieses Gelichters erzählten,
man habe mich bei meiner Verhaftung an einer üppigen, mit feinen Weinen besetzten Tafel gefunden. Nur Hr. Yon konnte die Geschichten in die Welt setzen. Es ist aber gut, wenn diese Thatsachen, welche
einen Verfolgten entehren und bis auf die Theater bringen sollten, hier vor dem Gerichtshof und den Geschwornen aufgeklärt werden.
Zeuge Yon. Ich habe diese Notizen an kein Journal gegeben, und ich muß der Wahrheit gemäß erklären, daß ich bei der Verhaftung Blanqui's nur eine sehr bescheidene Suppe und nichts weiter auf
dem Tisch fand.
Blanqui. Das genügt mir.
(Blanqui, der gleich Barbes seit 15 Jahren, unter Louis Philipp wie unter der honetten Republik, fortwährend von Gefängniß zu Gefängniß wanderte, ist bekanntlich durch seine Kerkerleiden bereits
körperlich so erschöpft, daß er fast nicht mehr verdauen kann, und nur von Vegetabilien, meistens Salat, lebt. Was diesen unermüdlichen Revolutionär noch aufrecht hält, ist allein seine geistige
Energie, der Gedanke, sich vor seinem Ende noch an seinem Todfeinde, der Bourgeoisie, auf blutige Weise zu rächen.)
Zeuge Buchez, 52 Jahre alt, Expräsident der Nationalversammlung, giebt eine weitschweifige, allgemeine, uninteressante Darstellung der Ereignisse, bei denen er im Augenblick der Einstürmung des
Volks den Präsidentenstuhl an den Vizepräsidenten Corbon abtrat. In Betreff des Generals Courtais erklärt er wohlmeinend, daß er an dessen „Verbindung mit den Insurgenten“ geglaubt habe,
indeß der Meinung sei, daß Courtais durch eine, aus „Sucht nach Popularität“ hervorgegangene „Schwäche und Nachgiebigkeit für das Volk“ (Vermeidung von Blutvergießen) die
Erstürmung der Assemblée nicht verhütet habe. Im Uebrigen gesteht Buchez zu, daß er (Buchez) selbst die schriftliche Ordre gegeben habe, keinen Rappel zu schlagen.
Schluß der Sitzung, die des Sonntags wegen erst Nachmittags begonnen hat, um 6 Uhr.
Neueste Nachrichten.
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] Berlin, 13. März.
In der ersten Abtheilung wurden die drei ersten Paragraphen des Clubgesetzes verworfen. Nur Prof. Keller und Abg. v. Seckendorf sprachen sich für die
Beibehaltung der Beschränkungen aus. — In der zweiten Abtheilung konnte sich sogar Hr. v. Bodelschwingh mit diesen draconischen Bestimmungen nicht einverstanden erklären und suchte nur durch
eine Unzahl von Amendements das Durchfallen des Ganzen zu verhindern. — In der fünften Abtheilung will man gar nicht an die Berathung der Entwürfe gehen, weil sie der Würde der Volksvertretung
unangemessen seien. In dieser Abtheilung wird voraussichtlich pure die Aufhebung des Belagerungszustandes verlangt werden. — Der Antrag des Grafen Renard, die Regulirung der bäuerlichen
Verhältnisse betreffend, ist fast in allen Abtheilungen durchgefallen. — Bei der Amnestiefrage stimmten in der fünften Abtheilung Graf Schwerin und D'Ester gegen einen derartigen Antrag.
Beide aus dem Grunde, weil die einzige endliche Entscheidung allein „das Schwerdt“ sein könne. D'Ester fügte noch hinzu, daß er unmöglich von einem hochverrätherischen Ministerium
Amnestie für die politischen Verbrecher erbitten könne.
In der letzten Zeit klagte man vielfach über den Mangel an Disciplin auf der linken Seite des Hauses. Besonders in den Abtheilungen fehlt das richtige Zusammenwirken, es fehlen die nothwendigen
Vorwahlen, durch welche verhindert wird, daß durch Zersplitterung der Stimmen, wie es vorgekommen ist, der Candidat der Rechten für Kommissionen, Berichterstattungen u. s. w. die Majorität erhielt.
Viele Mitglieder dieser Partei bemühen sich deshalb, eine straffere Organisation zu bewirken, was auch nicht ohne günstige Folgen geblieben ist.
Der §. 1. der Adresse, wie er in der Adreßkommission der 2. Kammer angenommen wurde, verhüllt die Rechtsgültigkeit der Verfassung durch einige Phrasen, die aber so gestellt sind, daß selbst Hr.
Rodbertus keine heftige Opposition dagegen machte.
In der vierten Abtheilung, welcher der Oberlandesgerichts-Präsident Wenzel aus Ratibor angehört, hat sich dieser gegen eine Sistirung der Gerichtsorganisation aber für eine solche in Betreff
der Geschwornen ausgesprochen. Der Minister Rintelen scheint trotz seiner Affenliebe für dies Gesetz durch alle diese Widersprüche zu seiner heutigen Bekanntmachung, daß die Organisation der
Geschwornen sistirt werden solle, gezwungen zu sein.
Gestern und heute kamen sämmtliche auswärtige Kourse höher notirt hier an. Besonders war es bemerkenswerth, daß die franz. Rente täglich um 2-3 pCt. höher notirt war. Man durfte also erwarten, daß
an hiesiger Börse die Kourse gleichfalls bedeutend steigen würden. Dies war indessen nicht der Fall; im Gegentheil fielen gestern und heute alle Kourse und Jeder beeilte sich, seine Aktien und Fonds
zu verkaufen. Die Ursache dieser unerwarteten Verkaufslust, war, wir wir mit Bestimmtheit versichern können, folgende:
Trotz der bekannten Phrase in der Thronrede, die Finanzlage des Landes sei beruhigend, läßt sich ein Defizit von etwa 30 Millionen ferner nicht verhehlen. Man wird deshalb schon in einigen Tagen,
der Kammer das Projekt einer Anleihe von 70 Millionen vorlegen. Außer der Deckung des Defizits, will man nämlich für Eventualitäten im Innern gerüstet sein, obgleich man vorgiebt, das Geld bei der
drohenden Gefahr eines europäischen Krieges nöthig zu haben. Wie man sich an der Börse erzählt, sollen schon mit Rothschild in London Unterhandlungen angeknüpft sein. Bei einer solchen Anleihe wird
sich auch Stieglitz in Petersburg, für Rechnung des Kaisers Nikolaus mit einer namhaften Summe betheiligen. Natürlich wird man nur unter der Garantie der Vertretung eine solche Anleihe abschließen
können, und kann deshalb zu einer Auflösung nicht seine Zuflucht nehmen, wenn die zweite Kammer die Genehmigung versagen sollte.
Die Referendarien Stieber und Meyen sind beauftragt worden den Prozeß der 202 Bürger der Stadt Dahme in zweiter Instanz zu führen. Unter diesen Bürgern befinden sich der Magistrat und sämmtliche
Stadtverordnete. Ihr Verbrechen ist, daß sie gleich nach dem 18. März durch ein Plakat ganz mit Recht erklärten, ihr Bürgermeister sei abgesetzt. Sie wurden deshalb in erster Instanz sämmtlich zu
einer Gefängnißstrafe von 2-18 Monaten verurtheilt. Ebenso wird Referendarius Stieber 283 angeklagte Bauern aus der Gegend von Wrietzen, aus fünf Dörfern, vertheidigen. Diese Bauern hatten eine
Urkunde von ihrem Gutsherrn erpreßt, in der er ihnen zusagte, eine bestimmte Abgabe nicht ferner von ihnen erheben zu wollen. Die Angeklagten wurden in erster Instanz zu 2-12 Jahren Zuchthaus
verurtheilt.
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Paris, 13. März.
Aus Bourges empfangen wir eben die Sitzung vom 12. März. Dieselbe dauerte von 10 Uhr Morgens bis 5 1/2 Uhr Abends, bot jedoch außer dem Verhöre des Stenographen-Chefs
Prevost, aus welchem die Fälschung und Erdichtung des Moniteurs vom 15. Mai hervorgeht, nichts Wesentliches dar.
— Der Krieg gegen die Oestreicher scheint dem Ausbruch nahe, wenigstens bestätigen dieß die Berichte, die heute früh aus Genua vom 8. März hier einliefen.
— Aus Turin erfahren wir, daß der den Oestreichern gehässige Baron Ferrari den interimistischen General Colli im Portefeuille des Auswärtigen ersetzte.