Deutschland
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] Köln, 17. Februar.
Assisenverhandlung wegen Aufreizung zur Rebellion.
Verhandelt zu Köln den 8. Februar.
Die Angeklagten: Karl Marx, Redakteur en chef der „Neuen Rheinischen
Zeitung“, Karl Schapper, Corrector der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Schneider II., Advokat, erscheinen ohne Rechtsbeistände. Staatsprokurator Bölling vertritt
das öffentliche Ministerium.
Der inkriminirte Aufruf lautet:
Aufruf!
Köln, 18. November. Der rheinische Kreisausschuß der Demokraten fordert alle demokratischen Vereine der Rheinprovinz auf, die Beschlußnahme und Durchführung folgender Maßregeln zu
bewerkstelligen:
1. Nachdem die preußische National- Versammlung selbst die Steuerverweigerung beschlussen hat, ist ihre gewaltsame Eintreibung überall durch jede Art des Widerstandes zurückzuweisen.
2. Der
Landsturm zur Abwehr des Feindes ist überall zu organisiren. Für die Unbemittelten sind Waffen und Munition auf Gemeindekosten oder durch freiwillige Beiträge zu beschaffen.
3. Die Behörden sind überall aufzufordern, sich öffentlich darüber zu erklären, ob sie die Beschlüsse der National- Versammlung anerkennen und ausführen wollen. Im Weigerungsfalle sind
Sicherheitsausschüsse zu ernennen und zwar wo möglich im Einverständnisse mit den Gemeinderäthen. Der gesetzgebenden Versammlung widerstrebende Gemeinderäthe sind durch allgemeine Volkswahl zu
erneuern.
Im Namen des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten:
Karl Marx. Karl Schapper. Schneider II.
In dem kurzen Interregatorium erklären die Angeklagten, die Verfasser des inkriminirten Aufrufes zu sein, und unter dem innern Feind die bewaffnete Regierungsgewalt verstanden zu haben.
Staatsprokurator Bölling (zur Rechtfertigung der Anklage): Hr. Bölling stellt den Inhalt des angegriffenen Aufrufs kurz zusammen und sucht nachzuweisen, daß in demselben eine Aufreizung zum
Widerstande mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen die mit der zwangsweisen Betreibung der Steuern beauftragten Beamten enthalten sei. Es kann, sagt er, den Angeklagten nicht zur Entschuldigung
gereichen, daß ein Theil der Mitglieder der Nationalversammlung am 15. November v. J. angeblich einen Beschluß gefaßt hatte, wonach keine Steuern mehr bezahlt werden sollten. Jener Beschluß war
rechtlich nicht erlassen, weil der Sitz der Nationalversammlung verlegt worden war, und diese folglich in Berlin keine Beschlüsse mehr fassen konnte. Man wird entgegnen, die Regierung habe
nicht das Recht gehabt, den Sitz der Nationalversammlung zu verlegen. Es wird indeß nicht schwer halten, dieses Raisonnement zu widerlegen. Die Krone ist bis zum vorigen Jahre im Besitze der absoluten
Gewalt gewesen; sie hat damals auf einen Theil dieser Gewalt zu Gunsten des Volkes verzichtet; sie hat nämlich eine Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung zusammenberufen. Die Krone hat
aber weder ausdrücklich, noch implicite auf das Recht verzichtet, den Ort zu bestimmen, an dem die Nationalversammlung tagen solle; es kann ihr mithin nach den allgemeinen Interpretationsregeln über
Verzichte dieses Recht nicht abgesprochen werden. Wenn man aber auch von den Folgerungen aus der Natur des Verzichtes absehen wollte, so muß man, in Ermangelung eines besonderen Gesetzes darüber, wo
die Nationalversammlung tagen solle, auf die fruhere Gesetzgebung, auf das Gesetz über die Vereinigten Landtage zurückgehen. Dieses Gesetz sagt im § 1 ausdrücklich, daß die Regierung den Ort zu
bestimmen habe, wo der Vereinigte Landtag zusammentreten solle. Das Recht, den Ort zu bezeichnen, an dem die Nationalversammlung tagen solle, ist ohnehin nur ein Ausfluß der Executivgewalt des
Staates, und in allen konstitutionellen Ländern anerkannt.
Nachdem der Staatsprokurator diese Sätze näher auszuführen und zu begründen gesucht, fährt derselbe also fort: Wenn in allen konstitutionellen Staaten der Regierung die Befugniß nicht bestritten
wird, die Nationalversammlung aufzulösen, sobald sie der Ansicht ist, daß dieselbe die Stimme des Landes nicht repräsentire, so kann man im vorliegenden Falle, wo nur von einer konstituirenden
Versammlung die Rede ist, der Krone dieses Recht gewiß nicht absprechen. Hatte aber die Regierung sogar das Recht, die Nationalversammlung aufzulösen, so durfte sie dieselbe auch sicherlich an einen
andern Ort verlegen. Alle Einwendungen, welche gegen dieses Recht der Krone vorgebracht worden sind, beruhen auf einer Begriffsverwirrung, auf einer Verwechselung zwischen legislativer und exekutiver
Gewalt.
Nach diesen Ausführungen bemüht sich der Staatsprokurator, nachzuweisen, daß es nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht der Regierung war, die Nationalversammlung von Berlin zu
verlegen. Mit besonderer Hervorhebung des Verhaltens des Berliner Volkes der Nationalversammlung gegenüber schildert er die Vorfälle, welche sich in dem Zeitraume vom 9. Juni bis 9. November v. J. zu
Berlin in und außerhalb der Vereinbarer- Versammlung zugetragen haben, und sucht daraus zu demonstrirten, daß die Versammlung zu Berlin nicht frei und ihre Verlegung im Interesse des Landes nothwendig
war.
Der angebliche Steuerverweigerungs- Beschluß, so fährt er fort, ist auch zweitens deßhalb ungültig, weil dabei die gesetzlichen Förmlichkeiten nicht beobachtet worden sind. Nach der Geschäfts-
Ordnung kann kein Antrag vor der zweiten Lesung zum Beschluß erhoben werden. Der Antrag zur Steuerverweigerung ist aber in der ersten Sitzung schon angenommen worden. Viele Deputirte, welche sich der
Verlegung nach Brandenburg nicht gefügt und bis dahin in Berlin mit fortgetagt hatten, waren zu jener Sitzung gar nicht eingeladen worden. Die Annahme jenes Beschlusses geschah gleichsam durch eine
Ueberrumpelung.
Der angebliche Beschluß ist aber auch drittens in materieller Hinsicht ungültig, weil die Nationalversammlung über Steuern gar nicht zu beschließen hatte. Der Staatsprokurator bemüht sich,
diesen Satz durch eine Deduction aus dem § 13 des Gesetzes vom 8. April 1848 herzuleiten, und fragt dann: War es angemessen, daß die Nationalversammlung, selbst wenn sie sich in ihrem Rechte
glaubte, der Krone einen solchen Widerstand entgegensetzte und zu dem gefährlichen Mittel der Steuerverweigerung ihre Zuflucht nahm? Wäre es nicht passender gewesen, nach Brandenburg zu gehen, und von
dort aus gegen die Verlegung zu protestiren? Konnte man nicht dort eben so gut die Vereinbarung fortsetzen? Statt eine Vermittelung zu versuchen, griff man sogleich zum gefährlichsten Mittel. Um das
Ministerium Brandenburg zu beseitigen, beschloß man eine Maßregel, die, wenn sie Erfolg gehabt, den Staat zu Grunde richten und einen Bürgerkrieg herbeiführen mußte. Wer sich einem solchen Beschlusse
unterwirft, der hat auch seine Folgen zu tragen. Wenn der Beweis geführt ist, daß jener Beschluß materiel und formel ungültig war, so müssen die Angeklagten verurtheilt werden. Ueberdies war er nicht
vollstreckbar, da er nicht durch die Gesetzsammlung publicirt war. Und doch unternahmen es die Angeklagten, ihn auszuführen, ja, sie gehen sogar noch weiter als jener Beschluß, indem sie zu dessen
gewaltsamer Durchführung auffordern. Das fühlt aber ein Jeder, der Sinn für Gesetz und Ordnung hat, daß ein solcher ungesetzlicher Widerstand gegen die Beamten eine Rebellion ist und nicht
geduldet werden kann. Ich trage deßhalb auf Verurtheilung der sämmtlichen Angeklagten an. (Schluß folgt.)
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Edition: [Friedrich Engels: Die Kroaten und Slovaken in Ungarn, vorgesehen für: MEGA2, I/8.
]
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] Köln, 18. Febr.
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[1246]
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Edition: [Friedrich Engels: Die Kriegskunst, vorgesehen für: MEGA2, I/8.
]
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] Köln, 18. Febr.
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@facs | 1246 |
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X
] Berlin, 16. Februar.
Es ist thatsächlich, daß
die Partei Brandenburg- Ladenberg- Bülow- Rintelen die Vertagung der Kammern gewollt hat und noch heute will. Von ihr gingen die betreffenden Artikel in den Frankfurter Blättern, in der
„Deutschen Reform“ und Parlaments- Correspondenz und zuletzt auch der vorgestrige halboffizielle Artikel der „Spener'schen Ztg.' aus. Dagegen war die Partei
Manteuffel- Kühne- v. d. Heydt- Strotha entschieden für die Einberufung. Da keine der beiden Parteien eine Majorität im Kabinet erlangen konnte, so ließ man es darauf inkommen, wie die öffentliche
Meinung sich über dieses Projekt aussprechen werde. Nachdem nun hier, sowohl an der Börse als an anderen einflußreichen Kreisen der Vertagungsplan keinen Beifall gefunden, ist man in einem gestern
gehaltenen Ministerrath von demselben abgekommen. Eine seit gestern Abend allen hiesigen Blättern zugesandte halboffizielle Note bringt diesen Beschluß zur öffentlichen Kunde und beruhigt zugleich das
Publikum betreffs der früher nicht ohne guten Grund verbreitet gewesenen Nachricht von der Verlegung der Kammern nach Brandenburg. Es ist jedoch hierdurch die Eventualität einer Vertagung der Kammern
sofort nach ihrem Zusammentritt noch nicht ausgeschlossen.
Bekanntlich hat der im Sommer und Herbst v. J. in Frankfurt abgehaltene Handels- Kongreß einen neuen Zolltarif für Deutschland
entworfen und an das Frankfurter Parlament so wie an die einzelnen Regierungen übersandt. Derselbe geht von der Grundansicht aus, es solle kein höherer Zollsatz als 10 pCt. des Werthes angenommen
werden, wie dies auch in dem preußischen Zollgesetze von 1818, das in seinen Hauptbestimmungen noch dem jetzigen Zollvereinstarif zu Grunde liegt, festgestellt war. Da aber jenes Gesetz nicht Werth-
sondern Gewichtszölle angenommen habe, der Werth eines Centners der meisten Waaren aber seit 1818 bedeutend gefallen sei, so repräsentirten die jetzigen Zollsätze nicht mehr 10 pCt., sondern oft 50
bis 100 pCt. Daher sei eine durchgreifende Modifikation aller Zollsätze und eine feststehende Normirung derselben nach dem Werth durchaus nöthig. Diese Vorschläge des Frankfurter Kongresses waren vom
hiesigen Ministerium an unsere Fabrikanten und Kaufleute zur Begutachtung überwiesen worden, und die einzelnen Fabrikationszweige halten nun Berathungen darüber. In einer solchen vorgestern Abend
stattgehabten Berathung der Wollenwaarenfabrikanten wurde von den Meisten der Anwesenden erklärt, daß 25 bis 40 pCt. die Sätze wären, ohne deren Einführung sie nicht bestehen könnten.
Im dritten
Wahlbezirk fand gestern eine Versammlung von Wahlmännern statt, in der die Abgeordneten der aufgelös'ten Nationalversammlung Schramm (Striegau) und Ziegler auftraten. Ersterer,
der in der Nähe von Berlin lebt, war trotz seiner wiederholten Ausweisung zu Fuß hier eingetroffen, hat jedoch die Hauptstadt sofort nach dem Schluß der Versammlung wieder verlassen. Seine Kandidatur
soll nicht ohne Aussichten sein, und findet namentlich von den Provinzen her Unterstützung. So ist namentlich aus Striegau und der Umgegend dem hiesigen Centralcomité ein Schreiben zugegangen, worin
dasselbe dringend ersucht wird, Schramm's Kandidatur hier zu begünstigen, weil die Demokratie des Kreises Striegau und der Umgegend durch die dortigen reaktionär ausgefallenen Wahlen gar nicht
vertreten sei, Schramm aber die meiste Befähigung zur Vertretung der dortigen Lokalinteressen besitze.
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@facs | 1246 |
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] Berlin, 16. Februar.
Schramm (Striegau) sagt in seiner eben erschienenen Broschüre: „der Standpunkt der Demokratie in und zur oktroyirten zweiten
Kammer“ u. A. Folgendes:
„Ich komme aus Schlesien zurück und kann über den Zustand der ländlichen Kreise dieser Provinz einige nützliche Auskunft ertheilen. Dort ist durch Preußen-
und Veteranen- Vereine, durch die Vereine für Gesetz und Ordnung und andere von gleicher Tendenz, die Verleumdung, Einschüchterung, Verfolgung und Bestechung im ausgedehntesten Maßstabe organisirt.
Die politischen Tendenzen dieser Vereine werden durch die höheren und niedern Verwaltungsbeamten, durch die Stadt- und Landgerichte, durch die katholische Geistlichkeit der Provinz auf jede gesetzlich
zulässige und oft auch auf unzulässige Weise gefördert und unterstützt. ‒ Das Landproletariat, die zahlreichen Tagelöhner auf den großen Gütern und Dominien stehen wegen der Noth ihres
täglichen kümmerlichen Brodes unter der Botmäßigkeit der Gutsherren und die Gutsherren haben bei den diesjährigen Wahlen, wo nicht wie im vorigen Jahre die Furcht vor sofortiger Volksjustiz sie in
Schranken hielt, von dieser Gewalt den schamlosesten Gebrauch gemacht, und werden ihn, sofern keine energischen Strafbestimmungen hiergegen erlassen werden, noch fernerhin machen.“
„Auf den Gütern wohnt außer dem eigentlichen Gesinde eine sehr große Anzahl Tagelöhner, welche bei äußerst kärglichem, zum genügenden Lebensunterhalt in den meisten Fällen nicht zureichenden
Lohn, von der Hand in den Mund leben, und namentlich in der Zeit der mangelnden Feldarbeit vom Gutsherrn leihweise Lebensmittel entnehmen müssen, um den Kaufwerth derselben im Frühjahr und Sommer
durch Arbeit abzuverdienen. ‒ Sie vermögen sich aus diesem Abhängigkeits- Verhältnisse ohne staatliche Hülfe nicht zu befreien, weil der ganze Landbesitz seit undenklichen Zeiten in festen
Händen ist, und Niemand parzellenweise Aecker verkauft oder verpachtet. Auch von den weitläuftigen, zu ihrer Aushülfe bei parzellenweiser Verpachtung in sehr vielen Kreisen genügenden Staatsdomainen
sind sie heute noch wie vor 50 Jahren ausgeschlossen. Man scheint ihren Abhängigkeitszustand, nachdem er rechtlich aufgehoben, faktisch erhalten zu wollen, damit das Ansehen der Gutsherren
ungeschmälert bleibe und der Lohn der Feldarbeiten für sie nicht steige.“
„Von diesen gedrückten, aber unter dem Drucke zum Staatsbürgerthum gereiften Leuten haben die Gutsherren
fast ohne Ausnahme, wie auf Grund einer Verschwörung, durch öffentliche, sehr ernstlich gemeinte Drohungen mit sofortiger Verstoßung aus der Arbeit, mit sofortiger exekutivischer Eintreibung der
Lebensmittelschulden die Stimmen zu den Wahlmänner- Wahlen erpreßt, und mancher wird als sanfter Menschenfreund in der Kammer sich erheben, der nur diesen Erpressungen seinen Sitz verdankt. Sie bilden
für diejenigen, welche sie übten, eine böse und gefährliche Saat, welche vielleicht in späteren Zeiten böse Früchte tragen kann und tragen wird; aber einstweilen wuchert sie fort. Einstweilen kann,
bis der Krug bricht, derselbe Gewissenszwang bei jeder neuen Wahl, sowohl für den Staat als die Gemeinde, bei jeder durch die Zahl der Unterschriften zu unterstützenden Adresse oder Bittschrift
wiederholt werden, und er wird wiederholt werden.“
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@facs | 1246 |
Berlin, 16. Februar.
Zur Krautjunker- und Geldsack- Kammer wurden ferner gewählt:
Provinz
Preußen.
Ober- Landesgerichts- Präsident v. Kirchmann; Kommerzienrath Lutterkorth;Gutsbesitzer Baron von Paleske; Deichgräf Friese.
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12
] Magdeburg, 16. Febr.
Aus unsrer Stadt ergeht folgender Aufruf an alle Arbeiter Deutschlands:
Aufruf
an alle Fabrikarbeiter, Handwerkergehülfen,
Tagelöhner und Dienstboten.
Der Gesetzentwurf über die Wahlen zur deutschen Volkskammer ist veröffentlicht und wird in den nächsten Tagen in der Frankfurter Nationalversammlung berathen
werden.
Dieser Entwurf erklärt jeden fünf und zwanzigjährigen, selbstständigen, unbescholtenen Deutschen für berechtigt, zu wählen und gewählt zu werden.
Nur der eigentliche Lebensnerv des
deutschen Volks, die große Klasse der Arbeiter, ob sie ihre Arbeitskraft in den Fabriken eines Industriellen, in den Werkstätten eines Gewerbmeisters, auf dem Hofe oder den Feldern eines
Grundbesitzers oder in einer einzelnen Haushaltung zum Nutzen der Genannten verwenden ‒ sie alle sind unmündig, sind politisch rechtlos, gleich den Bankerotteurs, den Blödsinnigen und
Verbrechern.
Ein solches Machwerk wagt man einer deutschen Nationalversammlung vorzulegen, einer Versammlung, die wir berufen glaubten, die Rechte des deutschen Volks, also auch die unsrigen
festzustellen; die wir gewählt haben, um für die Verbesserung unserer schwer gedrückten Lage etwas Bedeutendes zu leisten ‒ einer Versammlung, die in ihren Grundrechten erklärt hat:
Alle Standesvorrechte sind aufgehoben!!
Ihr seid Alle mit uns auf's Tiefste entrüstet über diese dem ganzen Arbeiterstande angethane Schmach, uns zugefügt von einer Versammlung, die der Revolution ihre Existenz verdankt; um so
tiefer entrüstet; da selbst das contrerevolutionäre Ministerium Brandenburg- Manteuffel den Märzverheißungen nicht so schnöde in's Gesicht zu schlagen wagte und doch wenigstens an dem
allgemeinen Wahlrechte nicht rüttelte.
Die deutsche Nationalversammlung hat uns zwar schon in vielen unsrer gerechten Erwartungen bitter getäuscht, doch hoffen wir zuversichtlich, daß sie einen so schmachvollen Gesetzentwurf, wie er aus
der Kommission hervorgegangen ist, nicht zum Gesetz erheben wird, wenn wir, die ungeheure Mehrzahl der deutschen Nation, durch unzählige Proteste aus allen Theilen Deutschlands ihr zeigen, wie tief
uns die bloße Vorlegung eines solchen Gesetzes empört hat.
Auf, deutsche Arbeiter, sendet Adressen über Adressen an diejenigen Vertreter, von denen ihr wißt, daß sie stets die Rechte des deutschen Volks geschützt haben, um gegen dies schmachvolle Gesetz
mit allen Kräften zu protestiren!
Der deutsche Arbeiter kann und will die Hoffnung nicht aufgeben, auf dem Wege der Reform seine Forderungen durchgesetzt zu sehen; er ist sich bewußt, fähig zu sein, an den Arbeiten für die
Wohlfahrt aller Klassen des Volkes mitzuwirken. Nie und Nimmer läßt er sich die theuerste Errungenschaft der Märzrevolution, das allgemeine Wahlrecht, rauben. Will die Gesellschaft ihm das wichtigste
aller staatsbürgerlichen Rechte entziehen, will sie ihn zur politischen Willenlosigkeit verdammen, so macht sie ihn aus ihrem wärmsten Freunde zu ihrem ergrimmtesten Feinde.
Im Namen des Cigarrenmachergewerks.
Der Vorstand der Cigarrenmacher:
Meier, K. Reiche, F. Lieder, Schaaf, Esche.
Aufforderung
an alle Fabrikarbeiter, Handwerksgehülfen, Dienstboten und Tagelöhner der Stadt und Umgegend!
Im Reichswahlgesetz- Entwurf wird den genannten Ständen das Recht entzogen, zur Volkskammer zu wählen und gewählt zu werden und sie dadurch für politisch rechtlos erklärt. Dagegen soll ein Protest
zur Wahrung dieser Rechte an die Nationalversammlung gerichtet werden. Die Versammlung zur Berathung und Abfassung dieses Protestes findet am Sonntag, 18. Februar, Morgens 10 Uhr, im Friedrichsstädter
Elbpavillon statt, und werden die Betreffenden dazu hiermit eingeladen.
Im Namen des Cigarrenmachergewerks.
Der Vorstand der Cigarrenmacher.
Meier, K. Reiche, F. Lieder, Schaaf, Esche.
Zu gleicher Zeit hat der Lehrer Banse, einer unsrer wackersten Männer und eifrigsten
Demokraten zum Sonntag eine Volksversammlung für Magdeburg und die umliegende Gegend ausgeschrieben. In ihr soll ebenfalls die berüchtigte Vorlage vom Wahlgesetz der Frankfurter Paulsbrüderschaft den
Gegenstand der Besprechung und eines Protestes bilden. Wenn es nur etwas hülfe! Man setzt damit im besten Falle doch nur einen neuen Flicken auf ein altes Kleid, und die Herren am Main werden nicht
aufhören, Schwabenstreiche zu machen bis an ihr seliges Ende. Freilich jagt es 'mal wieder, wie jede Lebensregung, unseren Philistern ein wenig Schreck ein. ‒ Es war gar zu fatal mit den
„gemeinen Kerls,“ den Arbeitern und Hausknechten nun schon zweimal wählen zu müssen. Dabei waren meist die „Kerls“ so unverschämt, trotz der Drohung, aus dem Hause gejagt
zu werden, doch einen andern Namen, als dem Herrn beliebte, aufzuschreiben. Drum horchte man mit gespannter Erwartung, die Hand am schweren Berlok und den Goldknopf des spanischen Rohrs unter die Nase
gequetscht, nach Frankfurt. ‒ Und nun ‒ es ist wahrhaftig zum Verrücktwerden ‒ nun beginnen die Cigarrenmacher da ein Geschrei, als ob ihnen Wunder was gethan würde. Sehen denn
die Leute gar nicht ein, daß der Fabrikant für sie sorgen wird; er hat ja schon so Manchem etwas geschenkt, namentlich den armen Mädchen.
Neulich wackelten sämmtlichen Börsenherrn die Manschetten. Es war auch ein gräuliches Ding! Unser früherer Kommandant nämlich, Christ. von Fischer, hatte, wahrscheinlich durch Drigalsky und
seine Hämorrhoiden angeregt, soziale Gedanken. Natürlich war er weit entfernt von dem Frevel jenes Düsseldorfers, sich einen Kommunisten zu nennen, aber er fühlte sich doch getrieben, seine
zeitgemäßen Ideen zu veröffentlichen. In beinahe lyrischem Schwunge pries er in den geduldigen Spalten der Magdeburgerin das selige Loos der Arbeiter. Diese aber gut kommunistisch ‒
„gefährlich ist's den Leu zu wecken! “ ‒ boten ihm Hacke und Spaten, damit auch er die Seligkeit genieße. In hübschem Humor that dies der Arbeiter Morth. Da kommt grimmig
in einem folgenden Blatte sein Brodherr angeritten und gibt ihm die „wohlmeinende aber ernste Weisung, sich künftig der Zeitungspolemik zu enthalten.“ ‒ Solche Hanswurstiaden
zeigen besser als die gründlichste Abhandlung, wie weit die politische Freiheit Wurzel gefaßt hat. So ist's hier, wie aller Orten. Da thut sich der Dickbauch etwas drauf zu gut, wenn er einmal
einen Pfennig in die Armenbüchse geworfen hat und meint, dafür vom Herrgott die ganze Welt in Erbpacht bekommen zu haben.
Der Philister wird nicht eher gescheut, bis ihm, wie dem Fuchse, das Fell über die Ohren gezogen ist.
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@facs | 1246 |
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24
] Wien, 14. Februar.
Die standrechtliche Polizei versteht ihr Handwerk so gut wie die Louis- Philippistische. Für die enormen Summen, die sie verschlingt, muß sie doch
auch irgend etwas leisten. Und sie leistet sogar Vorzügliches. Längere Zeit hat sie sich hie und da mit Schüssen auf's Militär versucht, um Gründe für die Fortdauer des Belagerungszustandes
herbeizuschaffen, und jetzt, da der Kniff schon sehr, sehr abgenutzt ist, wirft sie sich auf ein anderes Genre. Man kann das am besten aus einer Verordnung des k. k. Scharfrichterknechts Welden
ersehen, die er heut' in der „Wiener Ztg.“ hat abdrucken lassen. Diese Kundmachung besagt:
Am 12. d. 6 1/2 Uhr früh wurde am Glacis eine Rakete abgebrannt, welche bei 2 Klaftern hoch aufstieg und nach der Explosior herabfiel. An derselben Stelle und in einem weiten Umkreise fanden sich
eine größere Anzahl Musketenkugeln vor. Am selben Tage Nachmittags 3 Uhr wurde am Schanzel nächst der Stadtmauen eine gefüllte Granate zur Hälfte eingegraben entdeckt, welche zum Abbrennen mittelst
eines hervorragenden Zunders vorbereitet war. ‒ Indem das Gouvernement diese wiederholten schändlichen Attentate gegen die öffentliche Sicherheit zur allgemeinen Kenntniß bringt, wendet es sich
zugleich an alle Gutgesinnten um ihre Mitwirkung zur Zustandebringung (!) solcher Thäter und sichert insbesondere Jenem, der einen solchen Thäter auf frischer That ergreift, zur Haft und Strafe
bringt, eine Belohnung von Hundert Dukaten zu.
Wer die östreichischen Standrechtsbestien kennt, braucht keinen Fingerzeig, um zu wissen, von wem die „abgebrannten Raketen“,die „gefüllten Granaten“, die
„größere Anzahl Musketenkugeln“, der „hervorragende Zunder“ etc. herrühren. Blos ein deutsches und christlich- germanisches Schafsgemüth kann darüber im Zweifel sein. Nun
wohl, raketet, granatet und brandzundert immerhin noch einige Zeit, aber wißt auch, daß der Augenblick auf Sturmesflügeln herannaht, wo man euch und das ganze gottbegnadete, gesalbte und bestialische
Geschmeiß dergestalt raketen, granaten und brandzundern wird, daß das Volk dieser Höllenbrut von gekrönten, besternten und geldsäckigen Banditen, Nothzüchtern und Raubmördern auf ewig entledigt
ist.
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@facs | 1246 |
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*
]Wien, 13. Febr.
Sehr bezeichnend für den politischen Bildungsstand nach Sprachvarietäten ist die Uebersicht der österreichischen Journalistik laut dem eben erschienenen
Posttarifausweise. Ungeachtet des so sehr hervorgehobenen Uebergewichts der Slaven gegen die Deutschen (15 1/2 gegen 7 Mill.) erscheinen im gesammten Kaiserstaate nur 72 in den verschiedenen
slavischen Idiomen (31 czechische, 20 polnische, 6 kroatische, 8 slovenische und krainerische, 2 slovakische, 2 ruthenische, 2 serbische und 1 illyrische) gegen 224 deutsche Journale.
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@facs | 1246 |
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61
] Wien, 14. Feb.
Der Riesensturm über den östreichischen Völkerocean rückt mit immer größerer Furchtbarkeit heran, und wird zum kolossalsten Ausbruch kommen, noch bevor
die große pariser Hochzeit gefeiert wird. Ich habe mich nicht getäuscht, als ich Ihnen den Oktobersturm prophezeite; ich täusche mich jetzt noch weniger. Alle unheilvollen Vögel flattern schon wieder
über den Wogen des östreich. Völkerknäuels. Die Stadt ist seit einigen Tagen voll Aufregung und selbst das Standrecht ist nicht länger im Stande, sie zu beschwichtigen. Cholera, Gerüchte über ganz
bedeutende Niederlagen der Armee in Ungarn, die Erhebung Italiens, der Einmarsch der Russen, der in Aussicht gestellte Zwangskurs von 25 Mill. Kassenanweisungen, der bestimmteste Bankerott vor der
Thüre, die Unzufriedenheit in Kroatien, Böhmen, Oberöstreich, im ganzen Lande, die Geldverlegenheit überall, die fortwährenden standrechtlichen Hinrichtungen, die Stellung Deutschland gegenüber, das
sind die Sturmvögel, die uns täglich entgegenkrächzen: Oestreich, deine letzte Stunde hat geschlagen, der Tag der Rache naht, deine Völker kennen jetzt ihre Feinde! Halten wir uns zuerst bei Ungarn.
Ein Hauptmann der Armee schreibt mir aus Neuhäusel an der Waag vom 8., daß sie gegen eine Abtheilung Görgey's dort ein blutiges Gefecht bestanden, ohne etwas auszurichten, und jetzt Befehl
erhalten hätten, nach Italien zu marschiren. Ein geheimer Vertrag, schreibt er, ist zwischen Rußland und den beiden deutschen Großmächten abgeschlossen worden, demzufolge diese sich mit allen ihren
Mitteln auf Italien und gegen den Westen werfen, während Rußland Ungarn und ganz Ostdeutschland besetzt und standrechtlich behandelt. Dagegen entwickeln die Magyaren einen immer trotzigern Widerstand
aus Völkerschaften, die früher ihre Feinde gewesen, verbrüdern sich mit ihnen. Daß die Russen in Siebenbürgen eingerückt, ist Thatsache; als Freiwillige befinden sie sich aber schon seit Oktober in
der östreichischen Armee. Die deutsche Bourgeoisie von Hermannstadt und General Puchner haben sie gerufen.
Die ganze längs der galizisch- ungarischen Grenze stationirte russische Armee hat überhaupt den Befehl, auf den ersten Wink Oestreichs von allen Seiten hereinzustürzen. Nikolaus zittert vor den
Polen und Franzosen, die in Ungarn das Kommando führen, Oestreichs olmützer Bestien aber zittern nicht nur davor, sondern noch mehr vor der täglich stärker hervortretenden Gesinnungs- Umwälzung unter
den ungarischen Slaven. ‒ Die Unterwerfung der Szekler Siebenbürgens war nur eine List; sie stürzen sich jetzt wüthender und mächtiger auf die deutschen Bourgeois im dortigen Sachsenlande als
früher; sie werden diese Schläuche diesmal nicht verschonen. Diese Szekler sind keine ausgehungerten Proletarier, es sind die kühnen Kaukasier Ungarns, seine Tscherkessen.
Genug, die Sache sieht in Ungarn schlimm aus, denn man ist genöthigt gewesen, die hiesige Garnison abermals zu vermindern und einen Theil davon nach Ungarn zu entsenden. Wien wird dadurch immer
mehr einer dem Platzen nahen Bombe gleich; die Erhebung kann jeden Augenblick um so mehr erfolgen, als die Bourgeoisie sie gerne sehen würde. Sie sehen, wie weit es gekommen ist, wenn eine wiener
Bourgeoisie so gesinnt wird. Nun vergleichen Sie hiemit das 22. Armeebülletin. Wie nichtssagend ist es, wo es nicht offenbar lügen kann? Danach soll Bem von Puchner vor Hermannstadt zurückgeworfen
worden sein. Wozu dann die Russen? Auch hat das Armeebülletin Komorn fast schon eingenommen, Windischgrätz aber will sich angeblich in Szolnok befinden. Statt zu sagen: „Wir sind bei Neuhäusel
von Görgeys Soldaten geprügelt worden,“ sagt man nur: „Wir haben tapfer angegriffen.“ Was enthält dies Bülletin, mit welchem hier so viel Effekt gemacht werden sollte, weil wir
solange darauf gewartet haben, am Ende anders, als pia desideria, den unangenehmen Görgey, welcher sich nach der Slowakei hinzieht und immerfort Pesth bedroht, zu schlagen?
Auf der andern Seite wird die Stimmung der Slaven immer bedenklicher. Jellachich soll sich darüber beschwert haben, daß er, statt Kroaten, andere Truppen kommandire, und jetzt sieht man ein, was
das Ministerium unter Gleichberechtigung aller Nationalitäten verstanden hat. Ich habe es Ihnen schon früher auseinandergesetzt, das Const. Blatt aus Böhmen begreift jetzt endlich auch diese
Gleichberechtigung zum Belagerungszustande. Man glaubt, Jellachich werde wegen Karlowitz ernstliche Vorstellungen machen; er soll mit Stratimirowich unter einer Decke und im Einverständnisse sein. Wer
weiß! Im Allgemeinen beschweren die Slaven sich über das Uebergewicht, welches die von ihnen besiegten Deutschen und Magyaren wieder am Olmützer Hofe erhalten. Sie sind namentlich darüber unzufrieden,
daß magyarische Kommissarien sowohl nach Kroatien, als nach der Slovakei geschickt worden. Olmütz riecht die Gefahr von allen Seiten, es möchte sich daher versöhnen, aber trop tard.
Die Slavanska lipa von Agram hat beschlossen, zu bewirken, daß der kroatische Landtag berufen werde; an ihn wollen sich die Südslaven anschließen. In Oberöstreich werden die Rekruten nur mit der
äußersten Gewalt zusammengebracht. Stadion hat befohlen, daß die Studenten von der Rekrutirung, welcher sie durch Gesetz vom 5. Dez. 1848 enthoben waren, nicht mehr ausgeschlossen sein sollen.
‒ Die Emission der 25 Millionen Kassenanweisungen bezeigt hinlänglich unsere ganze Finanzohnmacht, die Nähe des Staatsuntergangs. Die 80 Mill. waren trotz aller Anstrengungen nirgend zu
bekommen, der Kredit bei der Bank ist übermäßig erschöpft, Steuern gehen schlecht, in Ungarn und Italien aber fast gar nicht ein, die Armee verschlingt alles, ebenso die Spionage und erkaufte
Lobhudelei. Die Kassenanweisungen werden den Papierkredit vollends annulliren. Dennoch sagt das Abendblatt der Wiener Zeitung: „Es ist dies der erste Gebrauch, den der Finanzminister von dem
mit allerh. Entschließung vom 8. d. Mts. genehmigten Reichstagsbeschlusse vom 3. desselben Mts. gemacht hat.“ ‒ Was war denn das Anlehen bei der Bank? Sodann spricht sie mehr als
bestialisch- naiv vom „unerschütterten Ver-
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trauen des Publikums“ (captatio benevolentiae zur gefäll. Annahme des neuen Papiers), von eventueller Einführung eines „Zwangskurses“, von dem „Reiz“, den das Papier
begreiflich darbiete; sie meint, die Vermehrung der Banknoten sei dadurch unnöthig geworden, der Kredit der Bank brauche nicht in Anspruch genommen zu werden, das Ausland selbst werde die neuen
Scheine mit Freuden nehmen. Endlich gibt sie als Grund der Schöpfung die „starke Nachfrage nach Kassenscheinen“ an. Ist das nicht unsinnig? Zum Schlusse wird „zur Konsolidirung
des Geldmarkts“ (!!) eine neue Anleihe in Aussicht gestellt, für welche man, „um sich nicht Bedingungen gefallen lassen zu müssen, welche dem Staat dauernde Opfer auferlegen würden, den
geeigneten Zeitpunkt abwarten werde.“ Bei Gott, du bist reif, Austria, in eine ägyptische Pyramide gelegt zu werden!
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61
] Wien, 15. Februar.
Was thut die
österreichische Dynastie? Nachdem sie mit ihren thierisch- blödsinnigen Slaven Magyaren, Italiener, Polen und Deutsche zusammengemordet, stellt sie sich nun wieder auf Seite der Deutschen und
Magyaren, um mit ihnen zur belustigenden Abwechselung nunmehr jene Slaven zu vertilgen, welche so dumm gewesen sind, ihr die Kastanien aus den Kohlen zu holen. Schon hat sich die Olmützer Brut mit
magyarischen Magnaten wieder umgeben und allgemein spricht man davon, daß der ganze magyarische Adel sich Sophien nähere, um das ungeschehen zu machen, was Kossuth wider ihn durchgesetzt. Metternich,
den Ihre breiselige Kölnerin mit ihrer geistigen Stierwurfweitte nun endlich auch in der Note vom 4. mit Verwunderung wiedererkennt, hat befohlen, überall alles beim Alten zu lassen und wieder zu ihm
zurückzuführen. Er will nicht, daß noch eine Spur von Veränderung in seinem Reich der Mitte zu entdecken sei, wenn er über den Johannisberg in seinen Bonzenstaat wieder einrückt. Ungarn bleibt daher
Ungarn wie frührr; Kroaten, Serben, Illyrier, Slowaken, Hannacken und sonstiges Gezücht verschwinden wieder ins frühere Nichts. Eben so ergeht es den Czechen. Höchstens Russen erhalten Erlaubniß, als
selbstständiges Volk in Oesterreich einzurücken. Wie wenig Umstände man bei der Ausführung dieses Plans macht, beweist z. B. die Inbelagerungszustandserklärung von Karlowitz. Mit dem k. k.
Banditenfanatismus hat es nie recht ziehen wollen; sie hatten sogar die Verwegenheit, von dem jugendlichen Mord- Tamerlan einen Patriarchen und einen Woiwoden zu ertrotzen. Suplikaz, der erste
Woiwode, soll, wie ich höre, ein demokratischer Serbe gewesen sein.
Kaum war er daher in Karlowitz angelangt, so wurde er auch auf Befehl des jugendlichen Mordkaisers ermordet. Man fürchtete ihn
mit seiner nationalen Serbendemokratie an der Spitze seines Heeres und hatte Recht. Ebenso steht's mit Stratimirowich. Aber Stratimirowich ist ebenso verschlagen, als die Olmützer Schakale. Bei
dem Verrath Jellachich's hat man ihn vorläufig zum Führer der Südslaven ausersehen; er hat einen mächtigen Anhang und könnte mit seinen Serben, denen sich die Kroaten und andere bald
anschließen würden, höchst verderblich wirken, Wie es heißt, soll er an der Spitze eines beträchtlichen Korps stehen und Karlowitz pointiren. Darum ist's in Belagerungszustand versetzt. Agram
und Prag werden bald dasselbe Schicksal theilen, aber dann ist's aus. Die blödsten Slaven- Esel, mit Ausnahme Palacky's kommen zur Besinnung. Selbst die giftige Zigeunerzeitung, genannt
das Constitutionelle Blatt aus Böhmen, ist von einer Art Erleuchtung heimgesucht worden, und sprach am 10. Febr. also: „Unsere staatlichen Verhältnisse schwanken in einem fort, von rechts nach
links, und sie werden dies so lange, als nationale Leidenschaften (wer hatte sie anders, als ihr Czechenhunde!) ihren Lauf bestimmen, und kein fester politischer Anhaltspunkt gewonnen ist. Es kann
sich nur darum handeln, ob ein größeres oder geringeres Maaß der Freiheit dem österreichischen Bürger gegeben werde, ob wir dem absoluten Staate näher stehen, oder einen Staat im Geiste der Neuzeit
bilden sollen. Nach diesem Entwederoder sollen sich die Parteien scheiden, ob Deutsche oder Slaven. (Die pfiffigen Zigeuner merken, daß sich die Deutschen an ihnen rächen könnten für alle Strang- und
Pulver- und Blei- Seligkeit ihrer Banditengenerale!)
Dann wird es nicht geschehen, daß man um Farben und um Sprachen streitet, daß heut ein Volksstamm stolz als Sieger prangt, um morgen
niedergeschmettert zu werden, daß ein Theil Oestreichs nach dem andern benutzt und abgenutzt wird. (Diese Czechen spüren die Angst des bösen Gewissens.)
Um Ihnen den Blödsinn dieses
Zigeunerjournals durch eine andere Stelle anschaulich zu machen, theile ich auch diese mit. Seine Nummer vom 13. sagt: „Das Ministerium des Innern bereitet eine Reihe von Verordnungen und
provisorischen Gesetzentwürfen vor, welche theils die noch so mangelhafte Regelung der bäuerlichen Verhältnisse, theils Gemeinde- und städtische Verhältnisse betreffen. Leider vermissen wir aber noch
immer jene praktische, dem Augenblicke nutzbare Thätigkeit, wie z. B. (hört! hört!) das Ministerium Manteuffel in Berlin entwickelte!
Auf den Glacis fand neulich eine Parade statt und ein Mann
betrat ohne Arges die Stelle, wo die General- Banditen vor der Front ritten, was geschieht? Ein Offizier befiehlt einem Kürassier, dem Manne den Kopf zu spalten ad exemplum populi. Der Kürassier
spaltet ihm nicht etwa den Hut, wie die standrechtlichen Lügner sagen, nein, den Kopf. „Mocht nix! S'is olles ahns! “ ‒ Die Aula ist noch immer ein Viehstall für die
Soldaten, auf die berühmte Sternwarte darf schon seit dem November nicht einmal ein k. k. privilegirter Sterngucker und Kometensucher mehr hin, geschweige Laien. Die Instrumenten versterben.
„Mocht nix! S'is olles ahns!“ Das Kriegsgericht hat vor ein paar Tagen nicht weniger als 7 standrechtliche Verurtheilungen auf einmal vollstrecken lassen. „Mocht nix!
S'is olles ahns!“ Seit einigen Tagen erscheint auch ein standrechtlich- liberales Blatt, „Wiener Bote“ genannt, welches die Wiener mit den Leipziger ebenfalls sehr
standrechtlich- demokratisch geschriebenen Wiener Boten verwechseln lernen sollen. Diese Blätter beweisen, wie die meisten deutschen demokratischen Armuthsblätter, ihre Politik ganz gemüthlich noch
aus Citaten von Jean Paul, Schiller und Göthe. Es sind gute Jungen du reste.
„Hans Jörgel“ von Kremsir ist bei der grundrechtlichen Religionsfrage angekommen und wie ein Ochs am
Berge, um nachzudenken, stehen geblieben. Entsetzliche Menschen, diese Schuselka- Genies, sie denken über Religion nach. Als dies bekannt wurde begaben sich ganze Judenkarawanen auf den Weg nach
Kremsier, um die Herrn Schuselka's um gnädige Emanzipation anzuflehen. Schuselka, der größte der Ochsen am Berge, will nachdenken. „Mocht nix! S' is olles ahns!“‒
Ueberhaupt besteht noch immer eine wahre Wuth zu wallfahrten. Das Ziel ist meistens Olmütz, wo sich fortwährend zahlreiche Karawanen aufhalten, um ihrem im Unterthanen- Blut schwimmenden jugendlichen
Dalai- Lama und seiner liederlichen Frau Mama, welche die Studenten zu heiligen Zwecken benutzt und dann hängen läßt, Adressen zu übergeben. Gegenwärtig ist eine solche Karawane wieder von der
Beamten- Vorstadt Landstraße dahin gezogen, die den Plattenheimer freihaben will.
Neulich hat man einen Offizier erwischt, der von oben instigirt, in der Straße ein Pistol abfeuern wollte. Hätte
ihn Niemand gesehen, so würde er zum Kriegsgerichte gegangen sein, um anzuzeigen, daß auf ihn geschossen worden. Auf diese geniale Weise legitimirt Welden den Fortbestand des Belagerungszustandes; die
deutschen Abtrittsblättchen, die alle standrechtlichen Lügen natürlich immer für baare Münze nehmen, können dann nicht genug des Entsetzens über das gottlose Wiener Volk aussprechen.
Die gottbegnadet- ehrlosen französischen Bourgeois haben nochmals anfragen lassen, ob Oesterreich den Kongreß in Brüssel gnädigst beschicken würde. Es hat ein trotziges Nein! darauf
gegeben.
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*
] Kremsier, 12. Febr.
Der Reichstag beschäftigte sich heute mit den §§ über Glaubens- und Religionsfreiheit. Als erster Redner tritt der Geistliche Bielecki
auf. Er sagt u. A. :
„Man könnte noch fragen: Ist in Oestreich die katholische Religion nicht frei? War sie es nicht? Erfreute sie sich nicht eines besondern Schutzes, war sie nicht
bevorzugt vor allen andern? Was will sie noch mehr? Diese Ansicht von Freiheit scheint mir mit manchen vormärzlichen zusammenzufallen, wo Leute sich frei dünkten, die ihr Einkommen besaßen und die
Wiener Zeitung lesen konnten. Aber eine solche Freiheit heißt nichts, denn die Kirche wurde durch ihre Machthaber zu einer Polizeianstalt. Die Machthaber verfuhren mit dem Christenthume später so, wie
man mit Einem verfährt, der Einem Nutzen zu bringen verspricht, man zeichnet ihn aus, behängt ihn mit Orden und überhauft ihn mit Glanz und Pracht. Das Ansehen der Kirche sank aber von der Zeit, als
eben die Machthaber sie in besonderen Schutz nahmen, um sie als Zweck zum Mittel zu brauchen, als sie Inquisitionen einführten etc. ‒ Man erlaubte sich, ihr oft vorzuschreiben, was, wo und wie
sie lehren soll, es gab Polizeivorschriften in dieser Hinsicht. Im vorigen Jahre wurde noch eine Predigt confiscirt, weil der Prediger von Menschenrechten sprach, die allen gleich zustehen und
dieselbe wurde als [unleserlicher Text] verpönt. Dies geschah in Galizien, dem Eldorado demokratischer Freiheit. In der Ausubung des Gottesdienstes war auch keine Freiheit, denn es war befohlen, dieses Lied zu singen,
Kerzen anzustecken, und noch vor Kurzem wurde es verboten, für Kapuscinski und Wisniewski Messen zu lesen, als waren sie dessen unwürdig, weil der weltliche Richter sie gerichtet.
Einerseits räumte man dem Bischof mehr Recht ein, als ihm kirchlich zustand, andererseits nahm man nach dem Grundsatz: „divide et impera“ den niedern Clerus wieder in Schutz. Ein der
Regierung mißliebiger Priester wurde suspendirt, verläumdet und dann in ein Kloster zum Vermodern gesteckt, eine Appellation war nicht gestattet. So frei war die Kirche. ‒ Man erlaubte oft der
Kirche gar nicht die Einsicht und vieles weiß nur Gott und Metternich, ich und die Kirche wissen es nicht. ‒ Ich werde auch einen besonderen Antrag in diesem Sinne stellen.“
Szabel
spricht sich dagegen in folgender Weise aus:
Es sind in Oestreich 80 Bischofe und 25,000 Geistliche sind ihnen untergeordnet, diese sind uberall verbreitet, Altar, Kanzel und Beichtstuhl stehen
ihnen offen, welchen Einfluß üben sie auf das Volk, und Sie wollten die Hierarchie emancipiren?
Die Büreaukratie ist gefallen als schädlich, trotz dem daß sie dem Staate untergeordnet war, die
Hierarchie stellt sich aber über den Staat, sie empfängt den Säugling, sie wohnt in Pallästen und Sie wollen die Hierarchie emancipiren? Ich ehre die Kirche, ehre den Priester, aber die Hierarchie ist
nicht die Kirche, sie ist Absolutismus, der in Rom seinen Sitz hat und überab seine [unleserlicher Text] ausspannt. Und Sie wollen die Hierarchie emancipiren? Das Kirchenvermögen sammt dem Religionsfond beträgt 20
Millionen. Die Aufsicht des Staates darüber ist ihnen nicht recht, sie wollen sich dem Einflusse des Rechtsstaates entziehen, um es nach dem canonischen Rechte allein zu verwalten. Welche Ungleichheit
im Einkommen. Bischöfe mit ungeheuren Pfründen und Kapläne, die am Hungertuche nagen und ihrer Würde zuwider von Gaben der Gemeinde leben müssen, daß ist christliche Religion. So entwickelte sich ein
geistliches Proletariat. ‒ Die Kirche streckt aber ihre Hände aus schon nach dem Religionsfonds. Erbschleicherei ist nichts Seltenes, und so ist ihr Zweck stets nur Reichthum zu erwerben, und
das Eigenthümliche ihres Berufes geht verloren. Hat die Hierarchie früher aus Selbstsucht die Vormundschaft ertragen, so muß sie es jetzt aus Interesse der Menschheit und des Staates auch ertragen.
Frei soll sie werden die Kirche, aber nicht unbedingt und in so lange nicht, bis sie auf ihrem Gebiete selbst den Absolutismus zu Grabe getragen hat, bis sie nicht eine neue Synodal- Verfassung sich
giebt, wo der niedere Klerus Einfluß hat.
Die weitere Debatte wurde auf morgen verschoben.
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210
] Frankfurt, 15 Febr.
Als einen Beweis, wie der deutsche
Kaiser zu Wasser wird und zugleich, zu welchem Klüngel- Institut die Frankfurter Versammlung herabgesunken ist, geben wir folgenden Bericht aus der Paulskirche:
„Gestern Abend fand die
merkwürdige Versammlung Statt, zu welcher eine in einem gewissen Halbdunkel schwebende, mystische Coalition alle Parlamentsmitglieder, die einen einheitlichen Bundesstaat mit Oestreich anstreben, in
den Saal der Mailust geladen hatte. Die Versammlung bestand aus ungefähr 250 Personen, unter welchen auch solche, die, wie der edle Graf Schwerin, kein einiges, sondern ein zerstücktes Deutschland
wünschen. Der Club im Donnersberg war zahlreich vertreten. Hr. Welker erschien als Vorsitzender und lud die Versammelten, ohne viel Worte zu machen, ein, sich ohne weiteres um ihn und seine Partei zu
coalisiren. In Erläuterungen über das, was eigentlich er und seine Genossen wollten, ließ sich Hr. Welker nicht ein, und zwar aus dem Grunde, weil er und seine Partei hierüber noch nichts definitiv
festgesetzt hätten. Doch gab der erst so kaiserlich gesinnte Vorsitzende die Versicherung, daß ein erbliches Kaiserthum nunmehr nicht möglich sei, daß seine Partei für ein zwischen Oestreich und
Preußen wechselndes Direktorium stimmten, ja selbst geneigt seien, das (erst mit so vieler Innigkeit geherzte) Institut des Reichsraths aufzugeben. Nach dieser fahlen und kahlen Auseinandersetzung,
forderte Hr. Welker, der mit sichtlicher Betroffenheit inne wurde, daß seine Worte mehr Verwunderung als Befriedigung hervorgerufen, die Versammelten auf, Mitglieder ihrer Fraktionen in das schon
bestehende Comitè zu wählen, und sich auszusprechen. Dies geschah, und zwar in ganz anderer Art, als die Coalition erwartet hatte. Die Linke im Deutschen Hofe erwiderte hierauf, sie sei bloß hier,
um zu hören und über das Gehörte zu berathen und zu beschließen. Sie sprach ferner ihre Verwunderung darüber aus, daß eine Coalition jener Fraktionen, die bisher die Linke überall bekämpft, die Linke
hierhergerufen habe. Die Linke habe die Entscheidung in der Oberhauptsfrage in der Tasche; wohin sie sich wende, da werde der Sieg sein. Dies wisse man, daher die Einladung. Nun gut, hieß es, wollen
Sie uns haben, so kaufen Sie uns ‒ Gelegenheit dazu wird zunächst das Wahlgesetz geben. Wollen Sie der Volksfreiheit keine Zugeständnisse machen, dann wird weder das östreichische noch das
preußische Direktorium durchgehen. Die Coalition der Centren drohte nun der Linken mit Oktroyirung einer Verfassung und der Auflösung des Parlaments. Dem entgegnete die Linke vom Donnersberge: sie
glaube nicht an das Schreckgespenst der Oktroyirung. Eine Auflösung des Parlaments besorge sie keineswegs. Wüßten doch die Fürsten, daß dieses Parlament ihre beste Stütze, oder vielmehr die
Brücke sei, mit deren Zusammenbrechen sie sich selbst nur schaden würden. Die Linke fordere Garantieen, daß die Coalition ihr Konzessionen mache. Bevor diese Garantieen nicht gegeben, könne sie auf
das gemachte Ansinnen in keiner Weise eingehen. ‒ Als alle Bemühungen scheiterten, und die verschiedenen Fraktionen der Linken sich nicht bestimmen ließen, Mitglieder aus ihrer Mitte in ein
Comitè der Coalition zu wählen, machte ein Oestreicher für seine Person einen Vermittlungsantrag. Gegen diesen sprach sich der Donnersberg aus und erschreckte die Herren, die mit dem Oktroyiren und
der Auflösung des Parlaments so liebevoll gedroht, seinerseits mit einem möglichen Appell an die Urwähler. Die Versammlung löste sich endlich ohne Resultat auf. Heute und morgen wird in den
verschiedenen Clubs die Sache besprochen. Was das Resultat dieser ganzen Coulissen- Intrigue wegen der Erbschaft des in der Geburt erstickten Kaisers sein wird, werde ich Ihnen seiner Zeit mittheilen.
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@facs | 1247 |
Frankfurt, 16. Febr.
Die östr. Regierung hat die Auslieferung mehrerer östreichischer Flüchtlinge, Fenner v. Fenneberg u. A., welche sich jetzt hier aufhalten,
vom Frankfurter Senat verlangt. Dieselben werden das Gebiet der „freien“ Stadt Frankfurt verlassen müssen. Denn die kroatisch- pommersche Tammerlan- Wirthschaft hat das „einige,
freie“ März- Deutschland mittelst der Swachköpfigkeit Feigheit und Verrätherei seiner sogenannten Vertreter in den Sack zu stecken gewußt.
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34
] Darmstadt, 15.
Febr.
Die Demokratie macht in der Umgebung der Residenz immer bessere Fortschritte. Am Sonntage versammelten sich die demokratischen Vereine der Provinz; Starkenburg in Bensheim zu einem
Kreistage, um einen gemeinschaftlichen Vorort zu wählen. Es waren gegen 12 Vereine vertreten, welche meistentheils erst aus neuerer Zeit datiren. Als die Frage gestellt wurde, ob man sich dem
Centralmärzvereine oder der demokratischen Centralisation anschließen solle, entschieden sich alle bis auf zwei Vereine für den letzteren Anschluß, und Darmstadt ward dann als Vorort gewählt. Sie
könnten sich wundern, daß auf einem demokratischen Kreistage überhaupt eine solche Frage gestellt werden konnte; aber einentheils waren auch von dem Darmstädter Märzverein, der sich ebenfalls
einbildet, demokratisch zu sein, Abgeordnete erschienen, um uns für seine Halbheiten zu gewinnen, anderntheils liegt hier in Kleindeutschland das böse Beispiel vor, daß sich Vereine, die sich
demokratische nennen, an die Märzvereinsorganisation wirklich angeschlossen haben. Im Volke werden die Märzvereine aber niemals einen festen Boden gewinnen; denn das Volk, wenn es einmal
zu politischem Leben erwacht ist, begnügt sich nicht mit Halbheiten, es wird sich stets der entschiedensten Partei anschließen.
Eine Volksversammlung, die am selben Tage auf dem Marktplatze von Bensheim abgehalten wurde, hat die Galle unserer reaktionären Presse in ungewohntem Maße erregt. Sie ergeht sich in den gemeinsten
Schimpfreden gegen die demokratischen Wühlereien ‒ der beste Beweis für ihren Erfolg. Ich finde den Zorn der großherzoglichen Bureaukraten und Livrebedienten sehr erklärlich; wo sollen sie am
Ende einen gesicherten Zufluchtsort finden, wenn das getreue Starkenburg ihnen denselben nicht mehr gewährt.
‒ Herr v. Gagern, der Cincinatus von Monsheim, erhielt auch hier ein
einstimmiges Mißtrauensvotum; die beste Antwort auf eine neulich mit allerlei Listen und Schlichen zu Stande gebrachte Vertrauensadresse von einem Theile seiner Wahlmänner.
Ich habe Ihnen über
unsere zweite Kammer, die immer noch nicht nach Hause gegangen ist, obschon sie eigentlich nur das Wahlgesetz berathen sollte, lange nicht berichtet. Der Grund liegt aber allein darin, daß sie nichts
Berichtenswerthes vollbracht hat. Für das Volk bringt sie es höchstens bis zu einigen frommen Wünschen; gegen dasselbe ist sie stets zur Unterstützung des Ministeriums bei der Hand. Das Höchste, wozu
sie es gebracht, ist ein derartiger Wunsch in Bezug auf die „politischen und Preßverbrechen.“ Das Ministerium möge doch die Verhandlung derjenigen Fälle, über welche noch nicht in erster
Instanz geurtheilt sei, bis zum Zusammentritt der Geschworenen hinausschieben. Sollte sich das Ministerium wirklich dazu entschließen, diesem allerunterthänigsten Ersuchen eine gnädige Gewährung
angedeihen zu lassen, so wären wir dadurch doch noch wenig gebessert. Herr Jaup, der Minister mit dem „liberalsten Sinne“ hat schon dafür Sorge getragen, daß die Geschwornengerichte bei
uns so verhunzt sind, daß sie für die Freiheit keine Garantie gewähren, wohl aber für die Erhaltung des stinkenden Sumpfes, in dem wir beinahe ersticken.
Die Geschworenen werden gewählt aus den
600 Höchstbesteuerten jeder Provinz, den Gewerbsteuerzahlenden erster und zweiter Klasse und angehenden oder bereits gereiften Bureaukraten, d h. denjenigen Leuten, welche eine deutsche Universität
besucht und ein Fakultätsexamen gemacht haben. Ich weiß kaum, wo man schlechter fährt, wenn man von solchen Geschworenen oder von den alten Richtern gerichtet wird. Wäre nicht die Oeffentlichkeit und
Mündlichkeit, ich möchte die letzteren fast vorziehen.
Das treffliche Gesetz hat Herr Jaup gemacht, und die Kammer hat es im Jahre des Heils 1848 in Pausch und Bogen angenommen. Im Jahre 1849
wird hoffentlich das Volk beiden den gebührenden Dank dafür abstatten.
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***
] Hamburg, 15. Febr.
Der norddeutsche Arbeiterkongreß hat gestern seine Sitzungen
beendigt. Die Wirksamkeit desselben ist eine bedeutende zu nennen. Außer daß die Statüten des Centralcomite's über die Organisation der Arbeiter, Gründung von Associationskassen und
Associationswerkstätten durchdebattirt und endlich mit wenigen Modifikationen angenommen wurden, sind auch noch die wichtigen Fragen über Volksbanken, Associationsspeisehäuser und endlich über die
Gründung ländlicher Vereine zur Organisation und Association der Bauern zur Sprache gekommen. Namentlich ist der letztere Punkt auf eine ausführliche Weise behandelt worden. Vertreten waren Hannover,
Oldenburg, Lüneburg, Bremen, Mecklenburg, Leipzig und viele Ortschaften von Holstein. Für den Hamburger Bildungsverein waren Wichers und Hagen deputirt. Schwennige vom Centralcomite präsidirte,
Steegen aus Hannover war Vize- Präsident und Pohlenz aus Schwerin Protokollist.
Gestern Abend hatte der Kongreß sämmtliche Arbeiter und Mitglieder der politischen Vereine zu einer Versammlung im großen Saale der Tonhalle eingeladen. Wohl an 2500 Menschen mochten gegenwärtig
sein. Schwenniger stattete zuerst Bericht über die Thätigkeit des Kongresses ab, sodann kam Pohlenz über Gründung und Thätigkeit der ländlichen Vereine in Mecklenburg. Hierauf Schwenniger über den
Entwicklungsprozeß der Associationen in Deutschland mit spezieller Berücksichtigung der Leipziger Verhältnisse. Hagen gab die Mittel und Wege an, in Hamburg ein Haus der Verbrüderung herzustellen. Er
ging von dem Gesichtspunkte aus, daß kein Kapitalist auch nur das Geringste dazu hergeben würde, daß die Mitglieder Alles aus sich selbst schaffen müßten. Steegen und Eckermann sprachen über die
Mittel zur Bildung der Arbeiter, Schnacke aus Westphalen über die politische und soziale Lage Europa's.
Der Bericht des Verfassungs- Ausschusses hat endlich das Tageslicht erblickt. Das Majoritätsgutachten will einen Senat von 16 Mitgliedern, von denen 7 lebenslänglich (!) und 9 auf 6 Jahre gewählt
werden sollen, außerdem einen Repräsentantenkörper, bestehend aus 300 Mitgliedern, von denen nur 2/3 aus direkten Wahlen hervorzugehen haben. Das übrige Drittel soll durch die Inhaber von bürgerlichen
Aemtern vertreten sein. Was sagen Sie dazu? Mich wundert, daß man nicht einen erblichen Senat vorgeschlagen hat. Unsere Constituante wird darauf eingehen, wie sie auf manches Andere eingegangen ist.
Soviel ist gewiß, der Senat hat nicht nöthig, eine Verfassung zu oktroyiren. Die letzte Sitzung der konstituirenden Versammlung brachte außer Formalitäten, wie Präsidentenwahl, die Niedersetzung einer
Kommission für die zukünftige Wehrverfassung. Der Antragsteller, Mettlerkamp, wies nach, daß der Hamburgische Soldat über 200 Thlr. kostete, während der preußische nur auf 50 Thlr. und der Schweizer
auf nicht mehr als 12 Fr. zu stehen käme. Der Antrag wurde stark bekämpft, ging aber dennoch mit großer Majorität durch.
Der Bildungsverein hat sich in seiner letzten Hauptversammlung fast mit
Einstimmigkeit vom Centralcomite der verbundenen Vereine losgesagt, und in Folge seines Anschlusses an den Leipziger Centralausschuß der demokratischen Vereine drei Deputirte zum Kreis- Kongresse
ernannt. Vom St. Georger Arbeiterverein ist ein Gleiches geschehen. Die Korporation der Maurer und Zimmergesellen hat sich ebenfalls dem Centralausschusse angeschlossen und drei Deputirte zum
Kongresse ernannt. Der Bürgerverein dürfte mit Nächstem folgen, nicht minder die übrigen demokratischen Vereine. Es ist nicht zu läugnen, daß hier in diesem Augenblicke für die Organisation der
demokratischen Partei viel geschieht.
[1248]
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15
] Schleswig-Holstein, 16. Febr.
Das Landesphilisteium hat sich gehorsamst vertagt! Jetzt vertagt, wo die Aufregung des Volkes so groß ist, wo das Volk
dringend nach Waffen ruft, um sich und seinen Heerd zu vertheidigen. Wir müssen offen bekennen, daß wir den Landesphilistern nie vielen Muth und guten Willen zugetraut haben, aber an eine solche
gemeine Feigheit, eine solche erbärmliche Dummheit glaubten wir doch nicht. Sie, die Vertreter des Volkes sind nach Hause gelaufen ‒ verrathen haben sie ihr Volk, verschachert haben sie es an
die Aristokraten. Als der verrätherische Präsident Barzum seine ganzen nichtswürdigen Gesinnungen in seiner Rede offenbarte, als dieser die Frechheit hatte zu sagen: wir können uns beruhigen, da die
zweitgrößte Macht Deutschlands, da Preußens König uns wieder Hülfe versprochen gegen die Dänen und dieser Monarch hat noch stets sein Versprechen gehalten und uns auch schon einmal durch seine Macht
gerettet ‒ auch Lord Palmerston hat die Zusicherung ertheilt, daß er nicht seine Zustimmung zur Lostrennung Schleswigs von Holstein geben werde u. s. w. ‒ da trat auch nicht ein einziges
Mitglied dieser erbärmlichen Gesellschaft auf und protestirte gegen den schmählichen Verrath. Alle die Herren, welche hinterm Theetisch so muthig sind, und so warm für das Wohl des Volkes salbadern,
alle diese Herren saßen stumm da ‒ nicht ein einziger erhob seine Stimme für das ihnen bis jetzt vertrauende Volk. Ihre Feigheit ließ es nicht zu, daß sie sich gegen den Verrath erklärten
‒ ruhig hören sie den perfiden Advokaten Barzum an und laufen nach Hause. Der Ruf und das dringende Verlangen des Volkes nach allgemeiner Bewaffnung und Organisation des Landsturmes wird von
diesen Spießbürgern abgelehnt. Auch Theodor Olshausen hat an der ganzen schmachvollen Komödie sich betheiligt, auch er hat durch Stillschweigen seine Zustimmung zu dem von der Aristokratie
ausgegangenen Verrath gegeben. Schmachvoll ist auch Olshausen nach Hause gelaufen ‒ seine Feigheit war größer als sein Gefühl für Ehre. Aber das Bewußtsein, daß er das Volk feige verrathen,
duldet ihn nicht länger in der Heimath ‒ er ist heute nach Frankfurt gereist, um dort Rath und Hülfe zu erflehen. Bei wem er diese zu finden hofft, ist uns unbegreiflich. Sämmtliche Abgeordnete
Schleswig-Holsteins mit Ausnahme von zweien ‒ sind am 17. Sept. v. J. des Verraths am deutschen Vaterlande angeklagt. Und von diesen, zu denen auch der jämmerliche Advokat Beseler sich gesellt
‒ von diesen will Olshausen sich Rath und Hülfe holen. Wie tief ist dieser Eisenbahndirektor gesunken! Als die Sitzungen der Landesversammlung begannen, hatte es den Anschein, als wolle er sich
warm der Sache des Volkes annehmen ‒ aber es war nur ein Schein, es war Trug! Doch danken wir ihm, daß er so bald die Maske abgeworfen, wir wissen jetzt, was wir von ihm zu halten haben; was er
stets gewesen, wird er auch ferner bleiben, ein liberaler Bourgeois, an dem die ganze Zeitbewegung vorübergegangen, ohne daß er dieselbe entweder hat begreifen können oder begreifen wollen! Ein Schrei
der Entrüstung und der Wuth durchdringt das ganze Land; der Verrath verbunden mit der feigen Flucht sind so unerwartet gekommen, daß das Volk noch nicht weiß, was es thun
soll.
Französische Republik.
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Paris, 16.Februar.
Das Ministerium erlitt am Schluß der gestrigen Nationalversammlung eine neue Niederlage indem der
Faucher'sche Entwurf der Revolutionsfeier verworfen und der des Justizausschusses dagegen mit 490 gegen 99 Stimmen angenommen wurde. Wir werden also am nächsten Sonnabend (heute über acht Tage)
ein großartiges Schauspiel genießen. Die Geldmittel, die das Ministerium dem Proletariat zur Verfügung stellt, werden freilich nicht weit reichen. Es sind im Ganzen 500,000 Franken bestimmt. Das
beträgt für manches Dorf zwei Frk.
‒ Der Moniteur veröffentlicht heute das so heiß erfochtene Rateau-Lanjuinais'sche Dekret, laut welchem sich die Nationalversammlung
auflöst: nachdem sie das Wahlgesetz, Staatsrathsgesetz, Verantwortlichkeitsgesetz des Präsidenten Bonaparte und seiner Minister sowie das heillose 1849ger Büdget votirt hat. Das Wahlgesetz befindet
sich bereits im 2. Stadium, das Staatsrathsgesetz im 3.; nur das Verantwortlichkeitsgesetz ist noch nicht auf der Bühne.
‒ Villermé, Mitglied des Instituts, hielt in der Akademie der
moralischen und politischen Wissenschaft einen interessanten Vortrag über die Arbeiter-Assoziationen vor und nach der Februar-Revolution in Frankreich. Der Moniteur füllt damit fünf lange Spalten.
Villermé schließt mit den Worten: „...Der freien Concurrenz, durch weise Gesetze geleitet, verdankt Frankreich seit 1789 seinen industriellen Fortschritt und die Arbeiterklassen, wenn man sie
in Masse betrachtet, die Besserung ihrer Lage. Was die absolute Assoziation betrifft, so wäre sie für unsere Arbeiter ein blindes Vertilgungssystem und für Alle (Kapitalisten?) eine
unaufhörlichgährende Veranlassung zu Sturz und Verarmung.
‒ Proudhon's Vorladung vor die Gerichte wurde bereits heute abgefertigt. Wie eilig!
‒ Die Volksbank läßt
unsere haute finanee nicht ruhig schlafen. Bis zum 15. Febr. belief sich ihr Zuwachs auf:
817 detachirte Aktionen | 4135 Frs. |
1004 Coupons | 502 Frs. |
2107 Aktionsunterzeichnungen | 10535 Frs. |
Also in zwei Tagen: | 15172 Frs. |
Außerdem wurden 800 kleine Broschüren zu 10 Cent. verkauft, welche die Statuten der Volksbank und ihre Organisation enthalten. Fast alle Gewerbe strömen
in die Bureau's. Selbst Maler, Drucker, Uhrmacher, Gärtner, Huissiers, Kutscher, Aerzte und namentlich viele Näherinnen und weibliche Proletarier, eilen herbei, um sich bei dem Sozialistenbund
zu betheiligen.
‒ Das Gerücht geht, Rateau werde an Buffet's Stelle in das Kabinet treten. Buffet werde das Armee-Lieferungswesen übernehmen.
‒ Skandal! Skandal!
Marrast hat einen städtischen Hospitalkassirer und Sparkassenrendanten, Namens Saint Genez, gerichtlich belangt, weil er ihn des Unterschleifes enormer Summen nach der Februarrevolution als Maire von
Paris verdächtigt. Saint Genez erklärt heute in dem Blatt „Assemblée“ vorläufig, daß er sehr gern bereit sei, dem Herrn Marrast die Ohrfeigen wiederzugeben, die er vom ehemaligen
Studienmeister in St. Sever empfangen habe (Marrast war dort früher Schulmeister). Man verspricht sich von diesem Fall eine Art republikanischen Testeskandal. Das Tuch, das Marrast bei der Clichy
Assoziation bestellte, und zur Einkleidung der Mobilgarde bestimmt war, hinterher aber für einen Spottpreis an Karl Albert verkauft wurde: soll eine Hauptrolle, nächst den Ohrfeigen des Herrn Saint
Genez, spielen.
‒ In einem alten Koffer des Café Manus in der Rue des Prêtres St. Germain lauxerrois (am Louvre) sind ganze Stöße von Handschriften des berühmten Verfassers der
Abentheuer des jungen Faublas (Conventsglied Louvet de Couvray) gefunden worden. Das geschätzte Conventsmitglied (der junge Faublas) heirathete bekanntlich den Gegenstand seiner Liebe, Wittwe
Lodoiska und etablirte sich als Buchhändler. Dies Geschäft ließ ihm viel Zeit übrig, die er durch allerhand literarische Tändeleien zu vertreiben suchte, welche bis heute in seinem Koffer, den ein
Bruder Louvet de Couvray's erbte, sanft schlummerten. Louvets Bruder war früher Wirth des Café Mornas, aus dessen Besitz der Koffer in die Hände des heutigen Wirthes überging, der ihn dieser
Tage zufällig öffnete. Ein Prozeß, der zwischen dem alten und neuen Wirth anheischig gemacht ist, dürfte die Veröffentlichung des literarischen Schatzkästleins den auswärtigen Freunden des jungen
Faublas noch einige Zeit vorenthalten.
Militärische Protestationen.
In Lyon protestiren unsere Offiziere gegen die Verrücktheiten des Marschalls Bugeaud und seiner jüngsten Ordre. Der
„Censeur“ bringt uns heute den Text jener Protestation.
Auch in Paris protestirt die republikanische Garde gegen ihre Auflösung und Einverleibung in die
Gensd'armerie.
Dergleichen Kundgebungen sind im gegenwärtigen Augenblicke sehr wichtig.
‒ Der neueste Bank-Bericht zeigt uns die Lage dieses Kredit Instituts bis zum 15. Febr. Vormittags an. Dieselbe steht keineswegs im Verhältniß zu der Regsamkeit, die sich an der Börse
geltend macht. Das Pariser Portefeuille ist zwar von 54 Mill. auf 55,284,272 Frk. 15 Ct. gestiegen; das Departements Portefeuille dagegen von 96 Mill. auf 94,498,070 Frk. 25 Ct. gefallen. Die
Metallvorräthe in den Kellern der Bank sind leider wieder von 158 Mill. auf 161,012,675 Frk. 73 Ct. gestiegen ‒ ein Beweis daß das baare Geld immer noch den Verkehr fürchtet. Die leidenden
Papiere berechnen noch auf 9,133,697 Frk. 13 Ct.
‒ Aus Marseille wird berichtet: Die letzte englische Post die über hier nach Indien befördert wurde, enthielt eine so große Anzahl
Briefe daß sich die Posttaxe auf den bedeutenden Betrag von 120,000 Fr. belief. Auch nach Algier hat die Briefbeförderung sehr zugenommen ‒ vor der allgemeinen Taxe hatte man vier Felleisen
nöthig ‒ jetzt schon werden eilf Felleisen abgeschickt.
‒ Nationalversammlung. ‒ Sitzung vom 16. Februar. Vizepräsident Lamoriciere eröffnet um 1 1/2 Uhr die
Sitzung.
Demians trägt darauf an, den Vorschlag der berüchtigten Enquête für nächsten Montag auf die Tagesordnung zu setzen. Man habe so großen Lärmen geschlagen wegen des
vermeintlichen Komplots vom 29. Januar und jetzt möchte man es vergessen machen; die ergriffenen Maßregeln seien aber von der höchsten politischen Wichtigkeit (Alton Shee sitzt noch im Gefängniß nebst
hundert andern Sozialisten) und er trage auf Erledigung des Gegenstandes am Montag (dem ersten Fastnachtstage!) an.
Viele Glieder der Linken rufen: Ja! Ja! und die Enquêtedebatte soll
nach Vertheilung des zu druckenden Berichts auf die Tagesordnung kommen.
An der Tagesordnung ist die zweite Deliberation des gestern abgebrochenen Wahlgesetzes.
Art. 1 war dem Ausschusse
zur Begutachtung einer Aenderung überwiesen worden, die Tranchant gestellt hatte, und also lautete:
„10 Tage nach Promulgation des Gesetzes in Paris und 8 Tagen im platten Lande
haben die Maires die Wahllisten in jeder Gemeinde anzulegen etc.“
Der Ausschuß trägt auf Verwerfung dieser Aenderung an. Sie wird nach kurzer Gegenrede verworfen und die ursprüngliche
Fassung bleibt.
Art. 3, von den Personen handelnd, die ihres Wahlrechts verlustig gehen, war ebenfalls an den Ausschuß zurückgeschickt worden und kam in neuer Fassung zum Spruch.
de Vezin
meint, die alte Fassung sei besser. Baleth besteht auf seiner Aenderung.
Billaut, Berichterstatter, beanspruchte Aenderung, widersetzt sich jedoch nicht einigen Ermäßigungen bei Zulassung der
Verurtheilten.
Die Aenderung wird angenommen.
Gent (vom Berge) stellt den Zusatz zu Art. 3.
„Ausgenommen von dieser Einstellung in ihrem Wahlrecht sind ferner die politisch
Verurtheilten.“
De Vezin findet diese Fassung zu allgemein. Unter der Republik sei jede Konspiration allerdings ein Verbrechen, das bestraft werden müsse. (Oh,
oh!)
Degoussée unterstützt den Gent. Man werde doch um's Himmelswillen nicht diejenigen Patrioten zu den Iloten zählen wollen, die dreißig Jahre lang gegen die Monarchie
konspirirten. (Oh, oh.) Präsident Bonaparte und Marrast selbst hätten konspirirt. (Agitation.)
Vezin wiederholt: Unter der Republik sei das ein Verbrechen. (Gelächter vom
Berge.)
Paguerre stellt den Zusatz: Seit dem 24. Februar.“ Er entwickelt ihn in schrecklich fader Weise.
Bourbeau möchte lieber Gent's Fassung angenommen
sehen. Das Wahlrecht müsse allgemein sein und gestatte nicht für Verbrechen gleicher Natur verschiedene Klassen.
Valette bekämpft beide Zusätze als unnütz. Es werde bereits ein
Gesetzentwurf für Amnestie ausgearbeitet. Dies genüge.
Lagrange (zum ersten Male wieder erträglich.) Von Verbrechen kann gar nicht die Rede sein, wenn man das Königthum bekämpft. Alle
Eure Anträge sind unnütz. Ich protestire dagegen: Sie sind eine Injurie für den Präsidenten der Republik und den Präsidenten der Nationalversammlung. Auch ich habe konspirirt und betrachtete mich als
keinen Verbrecher als man mich vor die Gerichtshöfe des Königthums stellte. Stand Ney nicht auch vor solchem Gericht? (Agitation.)
[unleserlicher Text]
Dupin, der Alte, nähert sich dem Redner und spricht mit
ihm. Wir können jedoch nicht hören.
Lagrange geht ab.
Billault, Berichterstatter, der Paragraph soll nachher geprüft werden.
Angenommen.
Die übrigen Paragraphen gehen
mit 363 gegen 342 Stimmen durch.
Faucher, Minister des Innern, legt folgende Gesetzentwürfe vor:
1) 722,000 Franken für den Minister des Aeußern zur Tilgung der griechischen
Schuld;
2) 712,000 Franken für die Kosten der im März von Arago geschaffenen Mobilgarde in Lyon. (Ah! Ah!)
Pelletier: Ich erfahre so eben, daß der Minister des Innern die Nationalgarde in
Lyon aufgelöst hat. (Sensation.) Ich bitte die Versammlung mir einen Tag zu bestimmen, an dem ich den Minister wegen dieser wichtigen Maßregel zur Rede stellen darf.
Die Versammlung bestimmt den
nächsten Montag.
Hierauf nimmt sie das unterbrochene Wahlgesetz wieder auf.
Artikel 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18 (von den Gemeinden und Wahlbezirks-Förmlichkeiten handelnd,
gehen ohne erhebliche Debatte durch.
Ebenso die Artikel 19, 20 und 21 (von der jährlichen Revision der Wahllisten).
Die Debatte wird beim Artikel 22 (Wahlkollegien) abgebrochen und die
Sitzung um 6 Uhr geschlossen.