Deutschland.
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068
] Köln, 12. Februar.
Die Herren Gladbach, Körffgen und Borchardt werden im Laufe dieser Woche vor dem hiesigen Instruktionsgerichte erscheinen, um wegen ihres Votums über die Steuerverweigerung und wegen ihrer
Betheiligung bei dem Steuerverweigerungsbeschlusse constituirt zu werden. Wir beschränken uns auf einfache Mittheilung dieser sprechenden Thatsache.
Die „Neue Rheinische Zeitung“ kann sich glückwünschen, daß am 7. Februar das Attentat Zweiffel an dem steinernen Herzen der Geschwornen zerschellte. Herr Prokurator Bölling
beabsichtigte nämlich, im Falle der Schuldigkeitserklärung uns eine Caution von 4000 Thalern zu octroyiren. Hat die octroyirte Verfassung nicht alle Cautionen abgeschafft?
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Koblenz, 11. Febr.
Auf den Wunsch der Kreise Koblenz und St. Goar hat Hr. Grebel auf die hiesige Wahl nunmehr definitiv verzichtet und jene der Kreise Neuß, Kempen und Crefeld angenommen. Hr. Grebel brachte deshalb
dieses Opfer, weil eine Neuwahl in demokratischem Sinne hier gesichert ist, während in Neuß etc. voraussichtlich eine neue Wahl reactionär ausfallen würde.
[(Rh.- u. M.-Z.)]
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142
] Barmen, 11. Febr.
Heute habe ich Ihnen ein allerliebstes Pröbchen von Wupperthaler Pietismus und unübertrefflicher Heuchelei mitzutheilen, ein Pröbchen von ächt kopfhängerisch-scheinheiligem Jesuitismus. Eine
Adresse zirkulirte unter den „gutgesinnten“ hiesigen Bürgern und gelangte „unglücklicher Weise“ auch an mich, einen erklärten Republikaner, — eine Adresse, ich sage
Ihnen, einzig in ihrer Art! Es werden darin die künftig zusammentretenden Kammern allerunterthänigst und vertrauensvoll gebeten: „jede zu haltende Sitzung mit einem andächtigen Gebete und einem
religiösen (ohrenzerreißenden) Gesang zu beginnen,“ auf daß denselben der Segen des Herrn nicht fehle, vielmehr in vollem Maaße zu Theil werde!!!
Man kann darauf rechnen, daß alle Diejenigen, die obigen Antrag unterschrieben, (und diese Zahl war nicht gering) nächstens darauf antragen werden, die unverantwortliche Potsdamer Majestät in alle
ihre frühere absolutistische Gewalt wieder einzusetzen (ist gar nicht nöthig: die gattbegnadete Majestät hat sich durch die gewrangelte Verfassung vom 5. Dez. bereits selber in diese Gewalt wieder
eingesetzt und sie fleißig ausgeübt), um unter diesem christlich-germanischen Regime ungestört wie früher wirthschaften zu können, ohne befürchten zu müssen, der Oeffentlichkeit denunzirt zu
werden.
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X
] Berlin, 10. Febr.
Obgleich das Ministerium dem Handwerkerparlament das positive Versprechen gegeben hat, die von ihm berathenen Gesetze über gewerbliche Verhältnisse sofort zu oktroyiren, scheint es nun doch andern
Sinnes geworden zu sein, wahrscheinlich, weil es gesehen, daß das Wahlmanöver doch ohne Erfolg geblieben. Die Gesetze werden nun erst noch einer Begutachtung der hiesigen Kaufmannschaft unterworfen
werden, die zu diesem Behuf schon heute Abend eine Konferenz halten wird.
Einige hiesige Zeitungen brachten gestern die Notiz, daß der vom „Verein zur Wahrung der Interesse der Provinzen“ als verantwortlicher Verfasser der famosen
„Enthüllungen“ vorgeschobene Strohmann Privatsekretär Piersing schon mehreremals kriminalgerichtlich bestraft worden sei. Heute nun tritt der Verein selbst, in einem Inserat der
„Vossischen Ztg.“, für seinen Schützling in die Schranken. Er gesteht freilich die Thatsache zu und anerkennt auch, daß Herr Piersig nur die Verantwortung übernommen, d. h.
daß ganz andere Leute die wirklichen Verfasser sind; er hütet sich aber wohl, diese letztere zu nennen und prahlt nur damit, daß derselbe im Stande sein werde, für die in den Enthüllungen angeführten
Thatsachen den Beweis zu führen. Der Verein erlaubt sich bei dieser Gelegenheit die gemeinsten Schmähungen gegen die Demokratie und absichtliche Begriffsverwirrung, womit Zuchthausstrafen für Betrug
und Festungsstrafe für politische Vergehen, in diesem Inserat, auf gleiche Stufe gestellt werden. Dagegen müssen wir den Umstand erwähnen, daß dieses Inserat, wovon uns der Zufall das Manuscript in
die Hände geführt, von Herrn Gödsche, dem berüchtigten Feuilletonisten der „Neuen Preuß. Zeit.“ geschriebrn ist, wodurch sich also bestätigt, daß derselbe Sekretär dieses Vereins
ist.
Die Wahlen zur zweiten Kammer sind uns bis auf wenige bekannt und wir finden unsere vorgestrige Mittheilung bestätigt, daß das gegenwärtige Ministerium auf höchstens 152 Stimmen zählen kann Indeß
können nur die ersten Verhandlungen der Kammer selbst zeigen, ob die demokratische Partei wirklich auf die ganzen 198 anderen Mitglieder zählen kann, und da dies nicht wahrscheinlich, wie stark diese
Partei vertreten sein wird.
Man versichert allgemein, die „deutsche Reform“ werde trotz der 40 000 Thlr. Staatszuschuß zum nächsten Vierteljahr eingehen.
Die auf morgen angesetzt gewesene Kriminalverhandlung gegen den am Abend des 31. October, als Emmissär der Reaktion und bezahlten Aufwiegler gefangen genommenen Lehrer Erdtmann, ist auf
unbestimmte Zeit ausgesetzt worden, weil ein wichtiger Zeuge noch fehlt. Man hofft durch diesen Prozeß wenigstens einiges Licht über die wahren Anstifter der Scenen vom 31. October zu erhalten.
Mehr als je wiederholen sich die Gerüchte, daß die Regierung, unter irgend einem Vorwande, die Einberufung der Kammern zu verschieben gedenkt.
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068
] Berlin, 10. Febr.
Schon wieder eine Oktroyirung. Die Gesetze fliegen jetzt herum, wie die Bettfedern beim Schütten. Diesmal wird das Gewerbewesen mit den Früchten der allerhöchst-schöpferischen Gesetzgebungskraft
überrascht und beglückt. Die gottbegnadete Manteufel-Brandenburg-Friedrich-Wilhelm'sche Verordnung Nro. 1 besteht aus 77 Paragraphen und 8 Abschnitten. Ihr Titel ist: „Verordnung,
betreffend die Einrichtung von Gewerberäthen und verschiedenen Abänderungen der allgemeinen Gewerbe-Ordnung.“
Die Verordnung Nro. 2 betrifft „die Errichtung von Gewerbegerichten“ und hat bloß 59 Paragraphen in 6 Abschnitten.
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068
] Berlin, 10. Febr.
Je näher der März rückt, desto toller wird das Schimpfen der „Galgenzeitung“ auf die im vorigen März gefallenen Barrikadenkämpfer. In ihrer heutigen Nummer sagt sie u. A.: „Den
heldenmüthigen Rittern, welche beim ersten Lanzenbrechen für die erlauchte Dame „Freiheit“ von den „blutdürstigen“ Söldnern der Garaus gemacht worden war, wodurch mancher
Galgen um seine wohlerworbenen Rechte kam, wurde nicht allein ein ehrliches, sondern sogar das ehrenvollste Begräbniß zu Theil.“
Nach der „Galgenzeitung“ und ihrer ganzen gottbegnadeten Klicke, deren Organ sie ist, hätten die im vorigen März auf Seiten des Volks gefallenen Kämpfer auf dem Schindanger verscharrt
werden müssen. Denn die Ruhe der hohen Herren so plötzlich gestört, ihnen solche Angst eingejagt und ihre Vorrechte bedroht zu haben: ist ein so niederträchtiges Verbrechen, daß dafür eigentlich noch
gar nicht die rechte Strafe ausgefunden. Schon um des Beispiels willen hätten die Leichname der Märzkämpfer geviertheilt und zur Warnung für Jedermann auf den Zinnen des königlichen Schlosses und auf
den Häusern in „Meiner Straße“ aufgepflanzt werden sollen. Denn (sagt die brave Kreuzritterin) „wenn das Volk einmal das Recht hatte, seiner Obrigkeit unter Waffen entgegen
zu treten: dann ist es schwer begreiflich zu machen, daß es dies nicht immer hat.“ Das Blättchen wüthet deshalb auch heute gegen die traurige Schwäche, welche sich verleiten ließ, der
Revolution des März (höchstnothgedrungen!) die Sanktion zu ertheilen.
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Berlin, 9. Febr.
Zu Abgeordneten sind ferner gewählt worden:
Provinz Preußen.
Regbz. Marienwerder.
Pfefferküchler Weese in Thorn, Pfarrer von Bartußkewitz in Kulm.
Schulrath Kellner (Marienwerder), Gutsbesitzer v. Raabe (Leßniau), General-Landschaftsrath v. Auerswald (Plauthen), Landschaftsrath Kerber auf Körberode, Gutsbesitzer Salerßyczki, Kaufmann Weese,
Probst Bortußkewicz.
Reg.-Bez. Königsberg.
Dr. med. Kosch zu Königsberg, Prediger Dr. Rupp zu Königsberg, Pfarrer C. Ludw. Wessel in Paris, Gutsbesitzer Dr. R. Motherby auf Arnsberg (rastenburger Kreis), Landschafts-Direkt. Graf zu Dohna
auf Wesselshöfen, Gutsbesitzer Lieut. Krause auf Lauxnikau.
Gutsbesitzer Barthels (Banners), Bürgermeister Fritsch (Mühlhausen), Landrath v. Regalien (Labiau), Bank-Direkt. Mac-Lean (Königsberg), Stadtrichter Urban aus Nordenburg, Rektor Großjohann auf
Gardauen, Erzpriester Blockhagen in Allenstein, Kaufmann u. Rittergutsbesitzer Karl Pruß in Bischoffsburg.
Reg-Bez. Danzig.
Buchdruckereibesitzer Agathon Wernich in Elbing, Deichgraf Böthke, Gutsbesitzer v. Klinezki-Rautenberg, Pfarrer Skiba, Kanonikus Richter, Gutsbesitzer von Jaczkowsky auf Jablowo, Gutsbesitzer
Jatzkowski.
Reg.-Bez. Gumbinnen.
Land- u. Stadtgerichtsrath Sperling a. Gumbinnen, Justizkommissar Schwarz a. Insterburg, O.-L.-G.-Direktor Temme zu Münster, St.-G.-Direkt. Reuter in Königsberg.
Gutsbesitzer Zachow, Gutsbesitzer Meyhöffer (Scharkammen), Gutsbesitzer Zechling, Gutsbesitzer Ebhard.
Provinz Schlesien.
Reg.-Bez. Breslau.
Stadtgerichtsrath Müller, Lehrer Zimbal, Justizkommissarius Dierschke, Schulze Marke a. Hassitz, Stadtrath Wenzel a. Mittelwalde, Garnison-Insp. Neumann, Redakteur Möcke a. Breslau,
Bauergutsbesitzer Langer, Dr. Behnsch, Kaufmann Andretzky aus Langenbielau.
Reg.-Bez. Liegnitz.
Justiz-Kommiss. Haak, Justiz-Kommiss Heitemeier.
Reg.-Bez. Oppeln.
Gymnasiallehrer Troska, Assessor Schmiedecke, Graf Renard, Gutspächter Schwarz zu Lubschau, Gutsbesitzer Schwidler, Schneeweiß (Neiße), Stadtrath Ludwig (Breslau), Schulrath Bogedain, Müllermeister
Riedel, Dr. Haber, Bauer Hawlitzki, Pfarrer Schaffraneck, Bauer Gorzolka aus Boreck, Landrath Sack in Rosenberg.
Provinz Posen.
Reg.-Bez. Posen.
Prof. Cybulsky, v. Cießkowsky, Wirth M. Palacz, Gutsbesitzer Lipski auf Lewkow, Lisiecki a. Pleschen, Prof. Olawski, Landrath Bauer.
Reg.-Bez. Bromberg.
Oberlehrer Dr. Piegsa a. Trzemezno, Kath. Pfarrer Dr. Kaliski auf Jacice, Pfarrer Janiszewski, Direktor Liebelt.
[(Pr. St.-A.)]
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Stettin.
Als ein würdiges Seitenstück zu der gestern von uns mitgetheilten Willkür von Beamten gegen Beamte, kann füglich die schon mehrfach erwähnte Versetzungsgeschichte des Ober-Zoll-Inspektor Tülff
gelten. Der klägliche Ausgang dieses ministeriellen Wahlmanövres ist bereits bekannt, auch beabsichtigen wir nicht, alle dabei in Bewegung gesetzten Hebel an's Tageslicht zu ziehen. Daß ein
Ministerium sich zu halten versucht, finden wir verzeihlich, aber es muß als durchaus unverzeihlich erscheinen, wenn das ganze Land solcherlei Versuche bezahlen muß. Es ist der Kostenpunkt, den wir
für diesmal in Anregung bringen. Die Versetzung des Herrn Tülff konnte keine isolirte sein; 4 Oberzoll-Inspektoren mußten deshalb ihre Stellen wechseln, und wenn wir die Umzugskosten derselben mit 500
Thalern veranschlagen, wird die Regierungs-Hauptkasse schwerlich dabei zu kurz kommen. Es kommt hinzu, daß dem Beamten, den Hr. Tülff zu ersetzen gezwungen wurde, eine jährliche Zulage von 100 Thalern
bewilligt werden mußte, um ihm die Versetzung annehmbar zu machen. Ein Kommissarius mußte aus Stettin nach Stralsund gehen, um Herren Tülff von dort nach seinem neuen Bestimmungsorte einzuführen; ein
zweiter Kommissarius ging nach Colberg, um die Versetzung des dortigen Beamten nach Stralsund persönlich zu bewerkstelligen. Diese Kommissarien mit den sie begleitenden Kalkulatoren werden ca. 400
Thaler zu liquidiren haben und es stellt sich in ohngefährer Rechnung also eine Summe von 1000 Thalern heraus, welche das Land bezahlen muß für den Versuch, Hrn. Tülffs Wahl zu hintertreiben. Diese
Betrachtung wird noch peinlicher, wenn man die ungemein lebhafte persönliche Agitation gegen den nun dennoch zum Deputirten Erwählten in ihrem ganzen Umfange kennt.
[(Osts. Ztg.)]
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@facs | 1207 |
Posen, 6. Februar.
Ueber die Wahlen im Großherzogthum Posen für die zweite Kammer giebt die Gazeta polska noch nachstehende Notizen: Außer den drei gestern bekannt gewordenen Deputirten des Posener Bezirks sind
gewählt: Im Samterer Kreise Dr. Woyciech Cybulski, Docent der Slavischen Literatur an der Berliner Universität und der Graf Cieszkowski.
Im Gnefener Kreise: Dr. C. Liebelt und der Geistliche J. Janiszewski. Beide waren Deputirte in der Frankfurter Nationalversammlung.
Im Szrodaer Kreise: Der Bauer M. Palacz und Graf Eduard Poninski.
Sämmtliche hier genannte Männer gehören der demokratischen Partei an.
[(Ostsee-Z.)]
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@facs | 1207 |
Krotoschin, 7. Februar.
Unter diesem Datum berichtet die „Br. Ztg.“ Folgendes über die Wahlen:
Die erste Wahl der vereinigten fünf Kreise wurde heute Nacht ein Uhr erst zu Ende geführt. Professor Olawski trug über den Bauer Palacz mit 333 gegen 317 Stimmen den Sieg davon.
— Um 8 Uhr früh standen die Wahlmänner wieder in der Synagoge Mann an Mann. Es galt diesmal die Wahl zwischen Probst Jarosz und Landrath Bauer. Fast sämmtliche Einwohner hiesiger
Stadt lebten in banger Erwartung nicht ohne Beimischung von Besorgniß, da man so Manchem von der konservativen Partei nicht so recht Glauben schenken mochte. — Um ein Uhr Nachmittag war diese
Wahl beendet und Bauer trug mit 329 gegen 317 Stimmen den Sieg davon. Nur zwei von der Reaktion haben ihre Stimmen einem Dritten gegeben. Der größere Theil der Einwohner hiesiger Stadt ist über
diesen Sieg hocherfreut und über das neue Leben, das dem tiefgebeugten Bauer wahrlich zu gönnen war. Die dritte Wahl zwischen Landrath v. Röder und v. Lipski fiel wieder alles Vermuthen
zu Gunsten des Letzteren aus. Die Schuld hiervon ist einigen Demokraten, besonders aber dem Indifferentismus zweier auswärtigen deutschen Wahlmänner, die gleich nach beendigter zweiten Wahl davon
fuhren, zuzuschreiben.
Den 8. Februar. Trotzdem daß gestern Abend v. Lipski über Landrath v. Röder den Sieg davon trug, wurde dieser dennoch heute wiederum von der deutschen Partei als ihr vierter Kandidat
[a]ufgestellt. Die Polen ihrerseits brachten den Dr. Góra aus Kempen in die Wahl. Von 651 Stimmen erhielt Góra 310, und v. Röder errang mit 338 Stimmen die Majorität.
— In der fünften Wahl wurde die deutsche Einigkeit sehr locker. Die deutsche Fraktion stellte Friedmann aus Breslau und die polnische den Grafen Henrik Wodzicki als Kandidaten
auf. Von 640 Stimmen fielen Friedmann nur 218 und Wodzicki 405 Stimmen zu, der demnach mit einer glänzenden Majorität gewählt wurde. — Die fünf Deputirten für die fünf vereinigten Kreise
Adelnau, Schildberg, Krotoschin, Kröben und Fraustadt sind sonach Folgende: Prof. Olawski aus Lissa, Landrath Bauer, v. Lipski, Landrath v. Röder und Graf Henrik Wodzicki.
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@facs | 1207 |
Danzig, 6. Jan.
Ueber die Wahlen im Neustädter Kreise (Westpreußen) geht uns so eben folgende Nachricht zu: Der Gutsbesitzer v. Klinczki-Rautenberg und der Pfarrer Skiba, der Letztere mit einer Majorität
von 60 Stimmen, sind gewählt worden. Die beiden Erwählten sind Mitglieder der Liga Polska. Das Deutsche Element ist nach hartem Wahlkampf (bis 7 Uhr Abends) dem Polnischen unterlegen.
[1208]
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@facs | 1208 |
[
126
] Hamburg, 9. Febr.
Der Senat opponirt gegen die pure Einführung der Grundrechte, gegen Aufhebung des Stellvertreterwesens und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gegen allgemeines Heimathsrecht und das
Bürgerwerden der Juden oder mindestens gegen die Aufhebung der Selbstständigkeit der Judengemeinde, dadurch sind die Gegner des Senats bedeutend erstarkt und mit einer Anzahl Leute aus dem
Mittelstande vermehrt worden, zu denen sich der Bürgermilitair-Verein gesellt hat, welcher etwa 3000 Mitglieder des Bürgermilitärs zählt, dadurch ist eine große Spaltung im Bürgermilitär entstanden
und die Spannung sehr bedeutend. Das Central-Comite der verbundenen Vereine hat, um Hamburg in den Besitz der Grundrechte zu bringen, eine große Feier derselben angeordnet und ein Festcomite u. s. w.
ernannt, welches dafür zu sorgen hat, daß im Laufe von 8 Tagen diese Feier vorgenommen werde und somit die ersten Schritte zur Besitzergreifung geschehen. Morgen beginnt der große
„norddeutsche Arbeiter-Congreß“, der wahrscheinlich stark besucht werden wird, da schon viele Anmeldungen hieher gelangt sind.
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@facs | 1208 |
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*
] Dresden, 8. Febr.
In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde Bericht über die Blum'sche Angelegenheit erstattet. Nach Verlesung desselben bemerkte der Berichterstatter Tschirner:
Eine solche Passivität, wie sie der Gesandte in Wien in der Blum'schen Angelegenheit gezeigt, könne nur aus Pflichtvergessenheit hervorgegangen sein. Ein solcher Mann könne länger nicht das
Vertrauen des Volks haben, er könne sein Amt nicht länger verwalten und müsse abberufen werden. Obgleich die Deputation ihn strafbar erachtet, so habe sie hierauf keinen Antrag gestellt, weil hierüber
die Dienstbehörde, das Ministerium, zu entscheiden habe, eine Untersuchung dürfe man nicht anbefehlen. Es dürfe eine Kabinetsjustiz weder von oben noch von unten geübt werden, ein Grundsatz, der
freilich zu Zeiten von der Aristokratie, z. B. bei den waldenburger Ereignissen, nicht befolgt worden sei. Eine Pflichtverletzung habe der Gesandte sich zu Schulden kommen lassen, das könne das
Gesandtenrecht nicht widerlegen. Schreibe dasselbe vor, in Zeiten der höchsten Gefahr blos Noten zu wechseln, dann möge man ein heiliges Feuer anzünden und diese Bücher, welche das Gesandtenrecht
enthalten, verbrennen, und für solche Leute, welche nach diesem Rechte handeln, könne man keinen Pfennig mehr bezahlen. (Bravo auf der Tribune). — Abgeordneter Auerswald wünscht, die
Deputation wäre weiter gegangen, und verbreitet sich über das Verhalten des Gesandten. — Abg. Kell aus Leipzig: Es sei Pflicht, diese Angelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne
einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen. Jene an Blum verübte That möge einen recht gründlichen Abscheu vor Belagerungszustand und Standrecht einflößen. Die Deutschen müßten darauf hinwirken, daß
künftig nicht mehr Belagerungszustand und Standrecht verfügt werden könnten, das würde die beste Sühne für Blum's Tod sein. — Sekeetär Jäkel spricht sich über das Verfahren des
Gesandten aus und nennt die in dessen Bericht enthaltene angebliche Aeußerung Blum's vor seiner Tödtung, als ob er sein Verfahren bereue, eine Verläumdung und Lüge. — Abgeordneter
Tauerschmidt geht ebenfalls näher auf die Handlungsweise des Gesandten ein und sucht ferner darzuthun, daß sowohl die sächsische Regierung als auch die Centralgewalt sich schwach bewiesen
hätten. Beide hätten energisch gegen Oestreich auftreten sollen. Oestreich verlangt von uns die Auslieferung der Deserteure, warum verlangen wir nicht von ihm die Auslieferung der Mörder
Blum's?! — Abg. Reimann: Die Deputation habe ihren Antrag vielleicht mit einer solchen Ruhe und Mäßigung abgefaßt, um eine einstimmige Genehmigung zu erzielen. Er sei entsetzt,
als er die Berichte des Gesandten gelesen, entsetzt darüber, daß er unverhohlen sagen konnte, daß er für Blum nichts thun wolle! Es sei eine Dreistigkeit des Gesandten, mit welcher er sage, daß er
seine Note an einen nichtssagenden Ort geschickt, denn dort sei weder Hülfe noch Auskunft zu erlangen gewesen. Niemand, selbst Gott im Himmel werde ihn nicht freisprechen können! — Abgeordneter
Lincke macht es dem Ministerium des Auswärtigen zum Vorwurf, daß es den Gesandten nicht unverweilt abberufen habe, und zieht auch gegen die Centralgewalt zu Felde, die stets nur da handle, wo
es gelte die Demokratie niederzuhalten. Es gäbe aber noch eine andere Centralgewalt, welche den Tod Blum's sühnen werde, das sei die Centralgewalt im Reiche des deutschen Volksgeistes. —
Der Minister v. d. Pforten vertheidigt das Benehmen in höchst lahmer, jämmerlicher Weise, wie denn diese sächsischen Minister, die ehemals so gewaltige, aber immer höchst gemüthliche Opposition
zu machen wußten, jetzt immer mehr in die Fußtapfen ihrer Vorgänger treten. — Tschirner spricht noch ein Mal. Es gehe aus allen Dokumenten klar hervor, daß man Blum absichtlich
um's Leben bringen wollte, seien doch Blum's letzte Proteste unterschlagen worden. „Das Andenken Blum's wird aber nicht aus unsern Herzen gerissen werden, wir wollen uns um
seinen Namen wie um ein Panier schaaren, und der Sieg wird uns nicht fehlen!“ (Stürmisches Bravo!) Der Antrag auf unverweilte Abberufung des Gesandten wird hierauf mit Namensauf einstimmig, der
zweite Antrag: die Regierung möge bei der Centralgewalt die weitere Ausführung bes Beschlusses der Nationalversammlung vom 19. Nov. beantragen, gegen eine Stimme angenommen.
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@facs | 1208 |
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106
] München, 8. Febr.
Der Minister Beisler erklärte in der heutigen Kammersitzung, daß in Folge der Tags zuvor erfolgten Abstimmung der 2. Kammer (welche die Unterordnung unter die Frankfurter Beschlüsse fordert)
das gesammte Ministerium seine Entlassung eingereicht habe. Man spricht bereits von einem Ministerium Hermann-Giech-Rotenhahn, mit einer Beimischung aus dem linken Centrum.
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@facs | 1208 |
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61
] Wien, 8. Febr.
Die Gährung nimmt in Wien überhand; Pesth, Prag und Mailand gehen Hand in Hand mit ihr. Ebenso die kleineren Städte; selbst Olmütz ist trotz des Hofes in freisinniger Aufregung. Auch die Bauern
werden ob der vielen Rekruten, die sie stellen, und ob der Roboten, die sie wieder leisten müssen, stutzig. Ganz Oesterreich nimmt täglich mehr die Physionomien eines Vulkans an, der einem
entsetzlichen Ausbruche nahe ist. Sie können versichert sein, daß wir keiner Franzosen mehr bedürfen werden, die 100 Nationen des Gesammtscheusals Oesterreich werden in ihrer höchsten Ueberzeugung
jetzt eine werden, und diese Umwandlung stürzt die Regierung, stürzt das Scheusal. Das Donnerwetter wird furchtbar werden; in drei Wochen muß es losbrechen. — Ungarn hält sich, und
beschleunigt den Ausbruch des Furchtbaren, wenn es siegt. Das Ministerium begreift etwas von der Situation und befindet sich in der ärgsten Besorgniß, allein die Generale trotzen ihm. So wird der
Zusammensturz Oesterreich's unvermeidlich, sein Accompagnement aber das furchtbarste werden.
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@facs | 1208 |
[
*
] Wien, 8. Febr.
Berichte aus Temeswar vom 3. dieses melden, daß sich die aus Beschkerek, St. Thomas, Werschetz und Weißkirchen flüchtigen Magyaren ungefähr 12,000 Mann mit 40 Kanonen neuerdings gegen Arad
gewendet, und die Festung beschießen. Nach Eingang dieser Nachricht marschirte Oberst Mayerhofer mit allen verfügbaren kaiserlichen Truppen und den Serbiern und Raitzen gegen Arad, um diese Festung zu
entsetzen.
Ein Gerücht besagt sogar, daß die Magyaren Arad erstürmt, geplündert und den Kommandanten Berger ermordet hätten.
Die „Schwarzgelben“ behaupten, Schlick habe nach der Vereinigung mit Schulzig die Offensive gegen Tokai ergriffen und die Magyaren zurückgeworfen. Görgey treibe sich bei Gonyös
herum.
Neuere Privatnachrichten bestätigen, daß in Kroatien große Unzufriedenheit herrsche und eine eigene Deputation an den Banus abgesendet werden soll, um hierüber zu remonstriren.
Das Amtsblatt der Wiener Zeitung fordert nebst mehreren andern am Aufruhr Betheiligten auch den General Bem auf, sich vor Gericht zu stellen, widrigenfalls gegen ihn in contumaciam vorgegangen
werden würde.
Nach dem gestrigen Abend-Lloyd hat man in Asien bei Brusse auf dem Berge Olymp eine Pflanze aufgefunden, welche als zauberhaft wirkendes Spezificum gegen die Cholera sich bewähren soll. Diese
Pflanze hat den Namen Zohrabik erhalten.
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@facs | 1208 |
[
068
] Wien, 7. Febr.
Wieder 2 kriegsrechtliche Verurtheilungen, 1) des Plattensteiner, vormaligen Lieutenants des k. k. Kürassier-Regiments Nr. 3; 2) des L. Wittenberger, Bürger und Handelsmann. Jener zu 6 jährigem
schweren Kerker (zu 4jährigem begnadigt), dieser zu 8 jährigem schweren Kerker (begnadigt zu 5 jährigem) verurtheilt, beide wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Vorfällen.
In Pesth wurde der Benediktiner-Priester Gregor Czuczor, weil er in einem Gedichte unter dem Titel „Riado“ (zum Aufbruch) die Magyaren zum Widerstande gegen den König und die k. k.
Truppen aufgereizt hatte, zu 6 jährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt.
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@facs | 1208 |
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*
] Wien, 6. Febr.
Es ist allerdings sehr auffallend, daß man bei den vielen Geschichten von Wachtpostangriffen auch noch nicht einen der Uebelthäter ergriffen hat, die sich diese zu Schulden kommen ließen. Dadurch
wächst der Verdacht, daß man auf alle ersinnliche Weise die Sympathien dem Soldatenstande zuwenden möchte. Ging es doch so weit, daß man für die „herzigen“ Kroaten, die die Weiber
geschändet, Kinder gemordet, und so Viele in ihrer Plünderungs- und Zerstörungswuth zu Bettlern gemacht, Wohlthätigkeitsakademien veranstaltete, während Feuer und Wasser, Krieg und Seuche über die
armen Wiener Bürger mit vereinter Wuth hereingebrochen waren. Allein es waltet noch immer in gewissen Kreisen der Glaube, daß man mit dem Militärdespotismus auf die Länge auslangen könne, und die
freisinnigen Ideen, nur von einigen Illuminaten ausgehegt, auch nur bei dem leiblichen und geistigen Proletariat Eingang und Nahrung fänden, der übrige Theil des Volks aber aus Fanatikern für die Ruhe
bestände.
[(D. A. Z.)]
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@facs | 1208 |
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61
] Neutitschein, 6. Feb.
Vielleicht interessirt es Sie, über und aus diesem Winkel etwas zu erfahren.
Wer sich mit seiner Phantasie einmal in eine fabelhafte von der europäischen Kroaten-Civilisation noch nicht beleckte Urwildniß versetzen will, der pflegt z. B. an die Oasen der Sahara, oder an das
Urinnere der nordamerikanischen Wälder zu denken.
Ich begreife indessen kaum, warum solche exotische Phantasien nicht hübsch in Europa bleiben, wo sie im gelobten Lande von Habsburg-Tamerlan, in dem von kroatisirten Genies des Standrechts und der
absoluten Verthierung zusammengehaltenen Gesammtviehstall, Oestreich, doch mehr antidiluvianische Romantik antreffen würden, als bei den Kabylen Afrikas oder unter den Karaiben und Troglodyten
Amerikas.
Die königl. preußische Langeweile Ratibors wenigstens möchte sich schwerlich auf pikantere Weise würzen lassen, als durch eine Ausflucht über die nahen Grenzen des Reichs der Mitte nach Troppau,
Teschen, Bielitz, Neutitschein und vorzüglich übers Land.
Die königl. preuß. Hofdemokraten Ratibors rühmen sich, die Ungarn gegen Comptantzahlung mit lahmen Kleppern, unbrauchbaren Waffen, sogar mit Speise und Trank unterstützt zu haben; doch es sind
immerhin, wenn auch langweilige, Demokraten. Sobald man dagegen die chinesische Mauer überstiegen hat, welche das Reich der Mitte von dem deutschen Cochin-China trennt, hört vor lauter
standrechtlichem Herzbeben alle königl. preuß. Langweile auf. Die preuß. Bureaukraten, Soldaten und Krautjunker wissen sich über Pferde, Hunde, Kerls u. s. w. mit Gott für König und Vaterland doch
wenigstens anständig-langweilig zu unterhalten, wohingegen über die Lippen eines Bewohners des Reichs der Mitte niemals ein anderer Laut fährt, als: „Mocht nix! S'is olles ahn's!
Ai frailich! und Worom nit gahr!“ Solche Kraftgedanken lassen neben dem standrechtlichen Herzbeben eines bösen Gewissens keine Langweile aufkommen; der Geist des östreichischen Chinesen ist
daher diesem interessanten Wesen einer königl. preuß. Existenz ganz unzugänglich.
Troppau liegt nur 10 Minuten von Preußen, hat man aber einmal die chinesische Grenzmauer überschritten, so glaubt man 100 Jahre weit davon entfernt zu sein. Umsonst wies ich in dieser [unleserlicher Text]
schwarzgelben Stadt einen preuß. Friedrichsd'or vor, kein Mensch mußte, geschweige wechseln zu können, was er bedeute. „S'is kah Fronzel unn kah Ferdnand, s'is nix!“
Damit mußte ich abziehen. In Troppau gibt's viele Tausende, die gar nicht wissen, daß das Land 10 Minuten jenseits kein östreichisches mehr ist. Sagt man: „Ich bin ein Preuße!“ so
glotzt einen der Troppauer fast mit ebendenselben Augen an, wie der Spanier und Türke es thun. Der Preuße ist für ihn noch ein apokalyptisches Fabelthier, man betrachtet ihn, wie die Unterthanen
Montezumas die gelandeten Spanier betrachteten, mit einem unbeschreibbaren Ausdruck des Blödsinns. Armer verkannter Preuße!
Zwischen Troppau und Teschen begleitete uns unter andern ein Lieutenant der kais. mit Pulver und Blei glorreichen Armee. Derselbe bemühte sich, ein gegenüber sitzendes „Madel“ mit dem
den abgerichteten Thieren jener glorreichen Armee eigenthümlichen Kretinenanstand zu unterhalten, indem er von seinen in Wien verübten Heldenthaten berichtete. Dieselben bestanden unter andern darin,
daß er im November einem wehrlosen Studenten vor dem Café Français in Wien den Kopf gespalten, nachdem er, nach dem Einzug des glorreichen russisch-begnadeten Windischgrätz, im Vertrauen
auf die verheißene Rückgabe, abgelegte Privatwaffen der akademischen Legion gestohlen. Statt sich zu schämen, rühmte der kais. Mordgeselle sich beider Thaten vor mir und vor dem Madel, indem er mit
der elegant-brutalen Bestialität des Landes „Ob der Ems“ die Klinge herauszog und uns unter die Nase hielt. Auf der Klinge standen der Name eines bekannten Akademikers und die
Erinnerungsdaten des 13. und 18. März, wie 26. Mai. Das Standrecht und meine königl. preuß. Erziehung verhinderten mich, dem Kumpan etwas anderes entgegenzusetzen, als Schweigen.
Bald fesselte uns ein anderes Schauspiel. In einem ansehnlichen Orte war Rekrutentag gewesen, es mußten 80 Rekruten gestellt werden. Unter denen, die das Loos getroffen hatte, befanden sich
Familienväter mit 8 Kindern, die man hinwegschleppte. Einer derselben hatte sich bedeutend widersetzt und mußte zur Strafe „Gassenlaufen“. Der Lieutenant konnte sich nicht enthalten, dem
„interessanten“ Schauspiel beizuwohnen, und befahl daher dem Postillon, ohne Rücksicht auf mich, zu halten. Es geschah, und ich genoß auf diese Weise zum erstenmale den Anblick dieser
österreichischen Kannibalen-Scheußlichkeit. Ich will Ihnen den Vorgang nicht beschreiben. Die kommandirten Bestien hieben unter freudigem Wiehern auf den Leib des Rekruten, bis die Fetzen Fleisch
davon herabfielen. Hernach wurde der ganz wunde Körper des leblos daliegenden Menschen en plein air in mit Essig geweichte Tücher gehüllt, und davon getragen. Das dadurch wieder hervorgerufene
ungeheure Schmerzgeschrei des Gemarterten wurde gänzlich überhört; die Offiziere rauchten ihre Pfeifen dabei und ließen mehrmal die genialen Worte vernehmen: „Mocht nix, S'is alles
ahns!“ — Soldaten, welche bei solchen Exekutionen nicht tüchtig aufhauen, oder etwa ohnmächtig werden, müssen zur Strafe selber Gassenlaufen. Vielleicht mögen Sie's trotz meiner
Versicherung bezweifeln, daß die Verthierung in diesem Lande so wohl gelungen ist, daß viele Militärs eine Bravour darin suchen, recht oft und recht viele Hiebe zu erhalten. Ein Soldat, der in dieser
Beziehung Jungfer geblieben, wird von seinen Kameraden verachtet und als ein gemeiner Kerl ohne Ehre verschrien. Der österreichische Soldat ist bei Gott nichts, als ein abgerichtetes Thier, eine
bestialische Maschine zur Aufrechthaltung des kroatisch-europäischen Mord- uud Banditenregiments der gekrönten Tamerlans und ihrer gottbegnadeten Spießgesellen.
In Teschen glaubte ich im Volke einigen Freiheitssinn zu finden, irrte mich aber gar zu sehr. Wie früher die Höllenbrüder Metternich-Sedlnitzky, so betet das Reich der Mitte, dies
Bleigewicht am Fortschritt Europa's, jetzt Windischgrätz-Radetzky an. Die große Menge sieht in der ganzen Märzbewegung nur eine That, für welche ganz Wien den Strang, und die Begnadigung
mittelst Pulver und Blei verdient hätte. Sie sprechen von der Revolution, wie von einer Mordgeschichte, und die Kannibalen, welche als Ministerium oder als Banditen-Generale die Zügel der Regierung in
Händen haben, wissen diesen Kretinismus trefflich zu exploitiren. So sah ich in Teschen, wo Katholiken und Protestanten noch immer in von einander abgeschiedenen Stadttheilen wohnen müssen,
Orgelmänner mit Tableaux einherziehen, in welchen die Lombarden, Magyaren und Wiener als Mörder dargestellt waren, welche die edlen Kroaten zurecht machten. — Die einzige Stadt Schlesiens,
welche ich ziemlich frei fand von dem furchtbaren Kerkerdienst des östreichischen Standrechts- und Kretinen-Despotismus war Bielitz an der galizischen Grenze. Bielitz liegt 1 1/2 Stunde von Pleß,
woher einige preußische d. h. aufgeklärtere Luft weht. Horribile dictu, aber wahr.
Wollen Sie jedoch das wirkliche, noch unverfälschte Mittelalter, die Urzeiten der Vergangenheit sehen, so kommen Sie hieher nach Neutitschein. Die gewöhnliche Civilisation Ihrer Sackträger und
preußischen Kroaten wird hier zum Unsinn. Menschen und Vieh leben in vertrautester Harmonie, und stehen sich materiell gar nicht schlecht. — Die einzige Aufklärung, welche gegenwärtig hier
herrscht, ist das Theater, worin Kramer'sche, Spieß'sche und Kotzebu'sche Ritter-, Räuber- und Standrechts-Stücke fortwährend ein glänzendes Furore machen und die Kassen
füllen.
Wagt es der Direktor einmal, ein Stück von Belang zur Aufführung zu bringen, so beginnt der Neutitscheiner Bourgeois über die Geistlosigkeit desselben zu brüllen.
Als die ungarischen Husaren desertirt waren und sich hier in der Nähe herumtrieben, wurde die ganze Stadt — sie ist ansehnlich, — wider sie verbarrikadirt; halb Neutitschein zog gegen
dieselben auf die Jagd, ohne eben sehr glücklich zu sein.
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Triest, 1. Febr.
So eben zeigt sich die aus 26 Schiffen bestehende sardinische Flotte Albini, in den Gewässern Triest's (vor Pirano!). Der Hafen von Triest wird mit Ketten, Hölzern u. s. w. abgesperrt.
Oesterreich muß sich vor einer solchen Macht dritten Ranges retir[unleserlicher Text]é halten! — Albini soll Paixhans haben und die Stadt beschießen wollen. Unsere Batterien sind mit Kanonen
wohlgespickt.
[(Oesterr. Bl.)]
Ungarn.
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Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA2, I/8.
]
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068
]
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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068
] Wien, 8. Februar.
Die Standrechtsbehörden wissen nur von Siegen in Ungarn zu erzählen. Den Contrerevolutionären aller Länder machen sie damit allerdings seit langem große Freude. So bringt heute die „Wiener
Zeitung“ folgenden 5ten Bericht des in Oberungarn operirenden galizischen Armeekorps. Es lautet:
Hauptquartier Boldogkö-Varalja den 25. Januar 1849.
Nach dem entscheidenden Siege, welchen das unter dem Commando des Hrn. F.-M.-L. Grafen Schlick stehende galizische Armeecorps am 4 Jan. d. J. über das zahlreiche Rebellenheer unter dem Commando des
gewesenen Kriegsministers Messaros bei Barcza erfocht, und welcher die Auflösung des größten Theiles der geschlagenen Armee zur Folge hatte, wurde das Zipser Comitae von mobilen Colonnen durchzogen,
durch den Herrn Corpscommandanten in Leutschau die revolutionäre Regierung verjagt und abgesetzt, die Bevölkerung entwaffnet, neue Regierungsorgane eingesetzt und alles weitere veranlaßt, was zur
Herstellung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit nothwendig ist.
Den 14 d M. von Leutschau in Kaschau zurückgekehrt, traf der Herr Corpscommandant die nöthigen Vorbereitungen, um auch in dem Zempliner Comitate, wohin sich nach den frühern Ereignissen mehrere
Insurgentenhorden zurückgezogen hatten, wieder einen gesetzlichen Zustand einzuführen.
Den 18. und 19. d. M. gingen von Kaschau 3 Colonnen auf Forro, Szanto und Dargo.
Die Vorhut der auf Szanto detaschirten, aus den Brigaden Fiedler und Graf Pergen bestehenden Hauptcolonnen stieß am 20. vor Szanto auf eine in einer starken Position aufgestellte feindliche
Abtheilung von 2—3000 Mann mit einigen Geschützen.
Der Major Piatoli vom Hartmann'schen Infanterieregimente, welcher die aus dem 3. Bataillone desselben Regiments, einer halben Escadron Chevauxlegers und zwei dem Feinde bei Kaschau
abgenommenen Kavalleriegeschützen gebildete Avantgarde commandirte, ließ sogleich angreifen, warf den Feind nach einem kurzen Gef[e]cht durch Szanto bis Talya und besetzte Szanto.
Den 21. Januar gingen die Brigaden Fiedler und Pergen bis Ker und Visoly; — den 22. trat diese Colonne den Marsch über Szanto, Talya und Maad gegen Tarczal an
Ein dichter Nebel, welcher die ganze Gegend bedeckte und kaum auf 100 Schritte einen Ueberblick gewährte, ließ die Nähe des Feindes nicht wahrnehmen.
Eine Viertelmeile von Tarczal stieß die Spitze der Vorhut auf feindliche Husaren, die sich plänkelnd auf eine Infanterie-Plänklerkette zurückzogen.
Die Ausdehnung des Feuers der Letzteren ließ erkennen, daß ein feindliches Corps vorhanden sei, welches Stand halten wolle.
Es wurden demnach Plänkler vorgeschoben und die Abtheilungen der verschiedenen Waffengattungen zum Angriffe und zur gegenseitigen Unterstützung aufgestellt.
Eine links an der Straße gegen Tokay befindliche Anhöhe wurde als der Schlüssel der feindlichen Position erkannt, durch die vorgeschobenen Plänkler erstiegen, diese wurden aber von einigen jenseits
aufgestellten Bataillonen aller regulären Truppen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückweichen mußten.
Das im Centrum zur Bedeckung der Geschütze in drei Divisionsmassen aufgestellte dritte Bataillon Hartmann unter dem Commando des Majors
[1209]
Piatoli hielt männlich Stand und erwiederte durch seine Plänkler das feindliche Feuer, während rechts von demselben die Raketenbatterie den Feind zu delogiren versuchte, was jedoch wegen der
vortheilhaften Stellung des letzteren und wegen der Undeutlichkeit der Objekte nicht gelang!
Nun brachte der Feind auch gegenüber der Massen des Bataillons Hartmann und der Raketenbatterie sieben Geschütze ins Gefecht, welche jedoch keinen Schaden anrichteten, und durch einige Schüsse der
auf der Straße vorgefahrenen Zwölfpfünder-Batterie bald zum Schweigen gebracht wurden.
Auf dem rechten Flügel wurde ein Angriff auf die feindlichen Plänkler, die größtentheils aus Scharfschützen mit Kammerbüchsen bestanden, durch eine Escadron Kaiser-Chevauxlegers gemacht, welcher
auch gelang. Die fliehenden Feinde erhielten aber von einigen Husaren-Escadronen Unterstützung, welche ihrerseits durch einige gut gerichtete Raketen in die Flucht getrieben wurden.
Bei dieser Gelegenheit fiel zum Bedauern des ganzen Corps der ritterliche Rittmeister Baron Böhm. Er und sein Pferd wurden von Kugeln durchbohrt, er starb als Held.
Die Wichtigkeit des Hügels links von der Straße erkennend, führte der Corps-Commandant ein Bataillon Infanterie selbst zum Sturme, welcher gelang.
Die gedrängten Feinde, größtentheils aus Polen und Ueberläufern aus den alten Ungarischen Regimentern bestehend, gebrauchten in diesem Momente die List, Signale zu machen, daß sie sich ergeben
wollen, und näherten sich der Sturm-Colonne, die sie zu umzingeln versuchten und zur Niederlegung der Waffen aufforderten.
Flintenschüsse erwiderten diese schändliche Zumuthung. — Der Kampf begann von Neuem, die Sturm-Colonne mußte sich aber wieder vor der Uebermacht zurückziehen.
Nun ließ der Hr. Corps-Commandant die Kürassiere unter der Anführung des Majors Gorizzutti und des Rittmeisters Baron Hornstein vorgehen, welche diese Aufgabe ritterlich lösten, zwei feindliche
Infanterie-Massen sprengten, und Alles, was sich nicht in die Weingärten flüchtete, niederhieben, worauf die Brigade Pergen diese Position besetzte.
Hierauf trat der Feind den Rückzug an — der dichte Nebel gestattete jedoch nicht ihm zu folgen. — Das Armee-Corps hielt die genommene Stellung bis zum Eintreten der Nacht und ging
hierauf nach Maad zurück, ohne von dem Feinde mehr etwas zu sehen.
Den 23. Jänner kam die über Dargo gegangene Colonne nach Kereßtur, vertrieb den Feind, wurde aber dort auf gleiche Weise durch eine schändliche List unter dem Vorwande einer beabsichtigten
Niederlegung der Waffen getäuscht, umrungen, und das dritte Bataillon E. H. Stephan mußte, unterstützt durch 4 Geschütze der 36sten Fuß-Batterie unter dem Commando des Ober-Lieutenants Bartelmus, mit
dem Bajonette einen unendlich überlegenen Feind werfen und sich Bahn machen, wobei ein Stabs-Officier und mehrere Officiere der Ungarischen Infanterie durchbohrt wurden, und worauf die Colonne mit
vielen Gefangenen, erbeuteten Waffen und Fahnen sich in Maad mit der Haupt-Colonne vereinigte.
Bei diesem furchtbaren Kampfe starb der Oberlieutenant Herping von E. H. Stephan den Tod der Braven.
Nach erlangter Ueberzeugung, daß der Feind über 15,000 Mann meistens reguläre Truppen besitze, beschloß der Herr Corps-Commandant nach Szanto, Ker und Boldogkö-Varalja zurückzugehen, auch die über
Forro bis nach Szikszo vorgegangene Colonne an sich zu ziehen, und in dieser Stellung das von Pesth gegen Miskolcz anrückende, zu seiner Verstärkung bestimmte Corps des Generals Schulzig zu erwarten,
was auch den 24. d. M. ausgeführt wurde, ohne daß es der Feind gewagt hätte, sich wieder zu nähern; wozu außer den bereits erlittenen Verlusten und Demüthigungen die erhaltene Kunde von dem Anrücken
der bedeutenden Verstärkung wesentlich beigetragen haben mag.
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Hermannstadt, 25. Jan.
Der Insurgenten-Anführer Bem hat sich auf seiner Flucht in dem 2 Stunden von hier entfernten sächsischen Dorfe Stolzenburg festgesetzt, wo er die alte Burg und die die Straße und Umgebung
beherrschenden Anhöhen mit Geschützen besetzt hält. Unsere Truppen, welche durch das am Tage nach der Schlacht einrückende Corps des Feldmarschall-Lieutenants Gedeon eine ansehnliche Verstärkung
erhalten haben, ergriffen wiederholt die Offensive, die aber bis jetzt noch ohne Erfolg geblieben ist, da das Höhenterrain den Angriff außerordentlich schwierig macht.
[(S. B.)]
Französische Republik.
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17
] Paris, 9. Februar.
Allen Ernstes, die Bartholomäusmordfeste gegen Republikaner, ja selbst gegen Protestanten, können im Süden wieder so großartig werden wie 1815 und 1796. Was damals die „Kompagnieen der
Sonne“ und die „Jesus- oder Jehu-Vereine,“ das sind seit der Februarrevolution die „Gesellschaften der Ordnung und Moral.“ Die wohlbekannte Brutalität und höhnend
herausfordernde Impertinenz, wodurch der Gaskogner, Languedoker und Provenzale sich auszeichnen und wodurch sie sich von jeher bei dem echten Franzosen der Mitte und des Nordens unbeliebt, ja verhaßt
machten, lauert nur auf den Augenblick wo der Oberpfaff sie von der Kette läßt.
Am Rhone-Ufer, in dem halb protestantischen halb katholischen Neste Uzes, unfern Avignon, Nimes und Montpellier, exploitiren die Volksbetrüger wieder die trübseligen Erinnerungen an die
kalvinistischen Cevennenkriege und an den „lilienweißen“ Terrorismus der Thermidorier nach Robespierre's und nach Kaiser Napoleon's Sturz. Mit Ekel und Grauen, oder mit
Jubel und Stolz, erzählen die Leute dort noch von dem „sicher tödtenden Greise mit weißen Locken“ der in feinster Kleidung, mit Manschetten und Ringen, parfümirt, graziös einherschritt,
einen langen Stab mit faustgroßem vergoldetem Knopfe in der Hand, und damit schlug er lächelnd und tänzelnd, nach schwacher Berechnung, 370 Demokratenschädel in den Gefängnißen nach
Robespierre's Sturze ein. Das war der „weiße“ Schrecken, der „parfümirte, goldene.“ In diesem Städtchen Uzes schreibt die „Liberté“
(welch' Name!): „nieder, nieder, nieder die ruchlosesten aller Sterblichen; nieder, nieder, nieder diese Gottesfrevler, diese Eigenthumsschänder, diese Tugendverhöhner die sich den Namen
Demokraten oder gar Socialdemokraten beilegten. Auf, o liebes, tapfres, biedres Arbeitsvolk in Stadt und Dorf! auf und rühre deinen starken Arm, schlage diese demokratische böse Brut und erlöse 33
Mill. Franzosen von der Tyrannei dieser 300,000 Spießgesellen. Schlage sie zu Boden und pflanze deine Ferse ihnen in den Nacken, laß sie verröcheln in ihrem verfluchten Blute. Wir wollen die
Sturmglocken ziehen, das Spiel muß endlich gewonnen werden, es währt schon zu lange.“ — Und man sollte bei dieser Glut der Leidenschaften noch an eine friedliche Lösung glauben?
nimmermehr; aber der Kampf kaun verschoben werden.
Was die fünf wegen Ermordung des General Brea vom Kriegsgericht zur Hinrichtung „an derselben Barriere Fontainebleau, wo sie das Verbrechen verübt,“ verurtheilten Männer betrifft, so
unterzeichnet die sozial-demokratische Partei unter den Studenten eine Petition zu ihren Gunsten an die Kammer; man sagt, die Verwandten Brea's wollen auch einschreiten. Die honette Partei
erklärt sich aber mit fünf Köpfen nicht im mindesten befriedigt; es kursirt immer häufiger das dem Orleanisten Changarnier, ehemal. Gouverneur Algeriens und jetzt Kommandirender der Pariser Bürgerwehr
zugeschriebene, freilich sehr unkluge Wort: „ich brauche eintausend Sozialistenköpfe für die Manen eines jeden im Juni gefallenen Generals.“ Würde mithin sechstausend Summa summarum
machen; „ist nicht zu viel…!“ Lächerlich ist das gimpelhafte Bestreben der deutschen Volksfeinde, Brea's Person mit der des heil. Lichnowski zusammenzustellen; Brea war ein
ernster, schwurgetreuer, gestrenger Waffenmann; der h. Lichnowski ein Lumpacius. Herr Alex. Weill, der jetzt für Erblichkeit der Exekutive und deren „gediegene“ Gründe schwärmt, fühlt
sich durch unwiderstehliche Wahlverwandtschaft zu dem Heiligen hingezogen und verherrlicht ihn von Zeit zu Zeit in „La Presse“ und „Corsaire.“
Das Gerücht vom Einrücken Dufaure's und Tocqueville's in's Ministerium, und Austritt des Jesuitenschülers Falloux konsolidirt sich. Gewonnen wäre nichts dabei. Barrot fährt mit
Absetzung demokratischer Beamten fort und mit sonstigen wahnwitzigen Handlungen; Bonaparte, der versoffene Präsident, stets in Bürgerwehrgeneralsuniform, die ihm durchaus nicht gebührt, und im großen
Ehrenlegionsbande herumstolzirend, fängt jetzt an, Orden zu verleihen; und zwar zuerst an die drei Militärs, die ihm in Straßburg beim Krawall nützen wollten, und an den Arzt, der ihn aus dem
Gefängniß als Maurergesellen durchbrennen ließ. Tags vorher hatte Bonaparte in einer bombastischen Stylübung erklärt: „fortan werde ich das Ehrenkreuz nur an das wahre, gediegene, dem
Vaterlande nützliche Verdienst austheilen.“ Der gute Junge sollte es auch an die liebenswürdige Sängerin geben, welche damals in Straßburg für ihn viel intriguirte und Anreden an's Volk
aus dem Fenster hielt.
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Paris, 10. Februar.
Der Moniteur enthält folgende telegraphische Depesche:
„Cette, 5. Febr. (Der Präfekt des Heraultdepartements an den Minister des Innern). Sehr ernste Unruhen sind in Cette ausgebrochen, bei Gelegenheit der Suppression einer rothen
Jakobinermütze, die auf einem Freiheitsbaume angebracht war. Die Mairie ist geplündert worden. Das Handelskasino wurde abgebrannt und drei andere Häuser zerstört. Der Präfekt, der Generalprokurator
und kommandirende General des Departements haben sich in Begleitung von 50 Mann des Geniekorps unverzüglich an Ort und Stelle begeben. Die Ruhe der Stadt ist wieder hergestellt; zahlreiche
Verhaftungen wurden ohne Widerstand ausgeführt; der Maire ist vom Präfekten seines Amtes entsetzt worden; außerdem hat er einen provisorischen Gemeinderath organisirt. Die Gerichte sind mit
Untersuchung der Ereignisse beschäftigt, auch sind Maßregeln so energischer Natur getroffen, daß eine Wiederholung dieser Scenen nicht zu befürchten.“
Und da sagt man noch, daß die Departements nichts von der republikanischen Regierungsform wissen wollen! Das bloße Verbot einer rothen Mütze ruft solche Scenen hervor!
— Der Revisionshof unserer Juni-Standgerichte beschäftigt sich heute mit den Rekursgesuchen der Brea-Verurtheilten. Die Blätter bringen eine Menge Details über den Eindruck, den die
Fesselung auf sie machte. Es ist nämlich Sitte, daß den Verurtheilten nach Anhörung des Urtheils Ketten angelegt werden. Doch Choppart (Buchhändler-Commis) rief: Brüder! Das soll uns nicht abhalten,
auszurufen: Es lebe die Republik! und Alle riefen: Es lebe die Republik! Es war Nachts 1 Uhr.
— Raspail und Quentin haben laut Art. 294 und 289 der Criminalgerichtsordnung gegen den Beschluß des Appellhofs protestirt, der sie als Urheber oder Theilnehmer der Mai-Ereignisse in
Anklagestand setzt und nach Bourges schicken will. Alle Maigefangene sind noch in Vincennes.
— Heute haben wieder 3 Bataillone der Mobilgarde Paris verlassen, um in fernen Garnisonplätzen untergebracht zu werden.
— Die gestrige Abend-Nummer der Gazette de France ist gestern wegen ihres Lamartine-Artikels confiszirt worden.
— Lanjuinais, der durch die Rateaudebatte bekannt wurde, hat seinen Bericht über die 10 Mill. Frs. abgestattet, welche von mehreren Deputirten zu Gunsten der Ackerwirthschaft als
Staatsvorschuß verlangt wurden. Dieser Bericht, im Namen des Ackerbau-Ausschusses ist abschläglicher Natur. Der Staat dürfe nicht Bankgeschäfte treiben (!!)
— In den Faubourgs beutet die legitimistisch-katholische Partei das Elend schlauer als je aus. Der „Reform“ zufolge, hat sie unter dem unschuldigen Titel:
„l'Association des Faubougs“ ein weites Netz über alle Proletarierviertel geworfen, mittels welchem sie alle Unglücklichen einfängt, die früher der Hunger und die Verzweiflung zum
Barrikadenbau trieb.
— Aus Lyon meldet der Courrier de Lyon vom 9. Februar: „Marschall Bugeaud ist hier eingetroffen und hat im Hotel de Provence sein Hauptquartier aufgeschlagen. Der ganze Generalstab
der Alpenarmee ist daselbst installirt. General Gémeau, der Präfekt, der Maire, der Kardinal Bonald und alle Civil- und Militärbehörden haben ihm aufgewartet. Der Marschall zeigte sich wie
gewöhnlich sehr gesprächig; er hielt sowohl an die Civil- als Militärbehörden lange Reden. Den Ersteren sagte er: „Vor allen Dingen müsse der innere Frieden gesichert sein; Frankreich habe eine
schöne Armee, aber es könne sie nicht nach Außen gebrauchen, und die Regierung dürfe so lange nicht daran denken, die Alpen zu überschreiten, als sie hinter ihrem Rücken den Bürgerkrieg nicht
überwältigt. Es könne leicht ein Augenblick kommen, Perturbatoren mit den Waffen in der Hand bekämpfen müssen. Und Sie, meine Herren Richter und Geschwornen, Sie müssen vorzüglich Festigkeit im Amt
zeigen; sorgen Sie dafür, daß man den Mißbrauch der mildernden Umstände abschaffe; er schwächt den Arm der Justiz und schont die Verächter der Gesetze zum Nachtheile der guten Bürger. Man hat in
Frankreich die üble Gewohnheit, politische Verbrechen zu leicht zu nehmen. Triumphirt der politische Verbrecher, so ist er ein Held, unterliegt er, so ist er ein Unschuldiger, ein Märtyrer. Und doch
verletzt ein Privatverbrecher nur den Einzelnen, während sich der politische Verbrecher gegen die ganze Gesellschaft richtet.“
Zu den Offizieren sagte er: „‥… Ich weiß nicht, ob wir dazu berufen werden, gemeinschaftlich jenseits der Alpen zu kämpfen. In diesem Falle rechne ich, daß Sie zur
Verherrlichung unserer glorreichen Fahnen beitragen. Doch dieser Punkt ist nicht die einzige Bestimmung der Alpenarmee. (Ah, ah!) Die innere Lage des Landes erheischt vielmehr ihre ganze Mitwirkung;
ihr Zweck ist, die Gesellschaft gegen die bösen Leidenschaften zu schützen und einen unübersteiglichen Damm gegen alle Pläne zu bilden, welche die Desorganisation des Staates herbeiführen
würden… Im Innern müsse das Land erstarken: diese Aufgabe (die Regierung nach Innen zu stärken) scheint die Aufgabe aller großen europäischen Armeen im jetzigen Augenblicke zu sein. Daß die
östreichische Monarchie ihrer Auflösung entrann, die Allen unvermeidlich erschien, hat sie lediglich der starken Organisation, der exakten Disciplin und dem militärischen Geiste ihrer Armee zu
danken‥‥ Kein Zweifel, daß die treffliche französische Armee einen ähnlichen hohen Beruf zu erfüllen nicht ermangeln würde, wenn der Bürgerkrieg ausbräche.“
— National-Versammlung. Sitzung vom 10. Febr.
Vizepräsident Havin eröffnet um 1 1/4 Uhr die Sitzung.
Während der Protokollverlesung werden zwei neue Abhängsel zur Rateau-Debatte vertheilt:
1) Paul Duplan beantragt:
„Die Büdgetkommission solle ihren Bericht spätestens Einen Monat nach Promulgirung des Auflösungsdekrets vorlegen; zwei Tage darauf die Debatte beginnen. Die Wahlen dürfen nicht eher als
nach Beginn die Büdgetdiskussion ausgeschrieben werden.
2) Emile Pean beantragt:
„Nach Anfertigung des Wahlgesetzes und vor seiner Veröffentlichung ist das Büdget zu diskutiren und zu votiren.“
Die Antragsteller suchen die Dauer der Nationalversammlung soviel als möglich auszudehnen.
Dalbis de Sales reicht seine Demission wegen der „verzögernden Entkräftigung“ ein, mit der die Versammlung ihr Mandat zu verlängern strebe. (Oh! Oh!)
Die Demission wird angenommen.
An der Tagesordnung steht zunächst die dritte Berathung über einen Nachkredit von 2,720,000 Franken für die berüchtigten Nationalwerkstätten.
Der Kredit wird mit 650 gegen 9 Stimmen genehmigt.
Dann genehmigt die Versammlung einen Nachkredit von 584,257 Frk. für Ausgaben im Ministerium des Innern aus der Zeit Ledru-Rollins, Recurts, Senards etc. Da sie jeden Skandal fürchtet, so geschah
diese Genehmigung ebenfalls fast einstimmig (mit 745 gegen 22 Stimmen).
Mehrere Departemens (namentlich Charente, Ardennes etc.) bitten um die Erlaubniß, sich Behufs der Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen.
Genehmigt.
Die Versammlung fährt hierauf in der Berathung über die Reorganisation des Gerichtswesens fort.
Sie war gestern bis Artikel 2 gekommen, der von der Zusammensetzung des Cassationshofs handelt.
Dupin, Rouher, Odilon-Barrot, Baroche und Isambert debattiren sich unter allgemeinem Gemurmel ziemlich lange über den Artikel. Derselbe geht endlich durch.
Artikel 3 wird nach Annahme oder Verwerfung mehrerer Amendements derselben Redner ebenfalls angenommen.
Artikel 4 ändert die Fristen für Rekursgesuche in Civilsachen.
Hiermit wäre der Cassationshof erledigt.
Die Versammlung geht zu den Appellhöfen über.
Titel 2 Artikel 5.
„Die Ressorts der Appellhöfe bleiben dieselben, wie sie eben bestehen.“ Angenommen.
Artikel 6.
„In jedem Appelhofe ist, mit Ausnahme von Paris, die Anklagekammer zu unterdrücken. Ihre Verrichtungen gehen an die C[i]vilkammer über u. s. w. Die betreffende Civilkammer hat sich
wöchentlich mindestens ein Mal zu versammeln, in welcher Sitzung sie über die Anklagen zu richten etc. etc.“
Wird nach geisttödtender Diskussion angenommen.
Artikel 7.
„Die Glieder des Appelhofes, welche an der Sitzung über eine Anklage Theil nehmen, ohne sich an der Untersuchung weiter zu betheiligen, können als Assisenglieder sitzen etc.“
Nach einigen Widersprüchen des Provinzial-Advokaten Meaulle angenommen.
Artikel 8.
„Die Urtel der Appelhöfe müssen nach wie vor von mindestens 7 Gliedern gefaßt werden.“
Angenommen.
Hier wird die Debatte abgebrochen und die Redaktoren auf der Journalistengallerie erwachen aus ihrem Schlummer.
Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen.
Deutsche National-Versammlung.
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[
!!!
] Frankfurt, 9. Febr.
Simson präsidirt.
Werner aus Overkirchen interpellirt den Justizminister wegen Einleitung einer Criminaluntersuchung und Amtssuspension, welche die östreichische Regierung, ohne die National-Versammlung
(natürlich!) erst zu befragen, gegen den am Wiener Oktoberaufstand betheiligten Abgeordneten Gritzner verhängt hat?
v. Mohl wird den 12. d. M. antworten.
Culmann interpellirt wegen der Hindernisse, welche Baierns Ministerium der Einführung der Grundrechte entgegensetzt?
Gagern wird in 8 Tagen antworten.
Siemens interpellirt den Handelsminister wegen des Zolltarifs.
v. Duckwitz ist nicht im Hause.
Martiny und Rösler von Oels sollen Interpellationen verlesen. — Sind nicht da.
Nach einer nichtssagenden Beantwortung von Gagern's auf eine Nauwerk'sche Interpellation wegen Anhalt-Bernburg und einer preußischen Prinzessin (complicirte aber sehr unwichtige
Affaire), frägt Pfeiffer den sogenannten Biedermann'schen Ausschuß, wo der Bericht über einen Antrag „auf Aufhebung des Berliner Belagerungszustandes“ bleibt?
v. Saucken (diesem Ausschuß angehörig) antwortet, der Bericht sei fertig und es sei beantragt, an die preußische Regierung die Frage zu stellen, welche Veranlassung vorliege, um den
Belagerungszustand, zum Bedauern der National-Versammlung, annoch bestehen zu lassen?
Hierauf Tagesordnung.
Schütz von Mainz (im Verfolg der gestern abgebrochenen Diskussion über § 30 der Grundrechte): Während wir hier am Verfassungswerk arbeiten, stürzt das sociale Gebäude in unserem Vaterlande
immer mehr zusammen. — Vor dem Wort: „Garantie auf Arbeit!“ schrecken die meisten Mitglieder dieses Hauses schaudernd zurück. Der Grund davon sind die Wirkungen der Anregung
dieser Frage in Frankreich. Aber alle neuen Theorien sind nur mit Blut zur Wirklichkeit geworden. So in den Religionsumwälzungen — so im Kampf gegen Adel — Dynasten — Absolutismus
— Militärgewalt! — Der Hunger des Proletariats ist das Todesurtheil unserer Gesellschaft. Woher die Legion von Petitionen die Ihnen zugekommen, seitdem Sie hier berathen? Woher anders
als aus der Faulheit der socialen Verhältnisse? — Deshalb verlange ich, daß den unfreiwillig Arbeitslosen von den Gemeinden und beziehungsweise vom Staat Arbeit verschafft werde! Das ist das
ganze berüchtigte „Recht auf Arbeit!“ — Der Staat soll sein eine Gesellschaft von Arbeitern! — Keine Unterstützung der Faulheit! — Die Idee des „Rechts auf
Arbeit“ läßt sich nicht niederdonnern mit Kanonen! Es handelt sich nur darum, ob Sie dieser Idee Eingang verschaffen wollen auf dem Wege der Gesetzgebung, wozu Sie jetzt Gelegenheit haben, oder
ob Sie es vorziehen, daß sie sich erhebe, wie von jeher aus Feuer und Blut! (Die Rede von Schutz wurde durch systematische Unruhe von Rechts fast unverständlich gemacht!)
Schluß der Debatte wird beantragt und verworfen.
Lette für den Ausschuß-Paragraphen.
Neue Anträge werden eingegeben.
Simon von Trier: Trotz allem was wir hier schon negirt haben, haben wir eins zu läugnen noch nicht gewagt, nehmlich „daß wir alle das Wohl des Volkes wollen!“ — Und um
diese Frage handelt es sich hier. — In der Besteuerungsfrage genügt mir keiner der vorliegenden Anträge. — Ihre Beschlüsse in dieser Steuerfrage werden am ersten durchgeführt werden in
Deutschland. — Zuerst muß das Prinzip der Einkommensteuer festgestellt werden, als der allein gerechten. — Folgt der Nachweis der Verwerflichkeit aller bestehenden Steuern, sofern sie
nicht Einkommensteuern. — Es ist aber nicht genug, daß der Staat, wo nichts ist, nichts nimmt, — er soll vielmehr wo nichts ist, etwas hinzuthun; und dies ist die auch von mir beantragte
„Gewähr und Recht auf Arbeit.“ — Die unfreiwillig Arbeitslosen sind nicht tiefer zu stellen als die Arbeitsunfähigen; und wenn, was zweifellos, letztere Anspruch auf Staatshülfe
haben, so kann diese auch den ersteren nicht verweigert werden. — Solche Verweigerung giebt dem Besitzlosen das Recht auf Revolution, entweder im Ganzen, wenn er Genossen findet, oder im
Einzelnen, indem er die Gesetze des Eigenthums willkürlich übertritt!! (Sensation! Rechts heilige Schauer!) Ich meinerseits beklage vielweniger das Geld, was für französische National-Werkstätten und
andere Arbeiter-Unterstützungen verwendet worden, als die Schlesischen Weber und die Irländer, welche im Zustand der „Ordnung“ verhungerten! — (Beifall der Linken und Gallerien!)
— Der volkswirthschaftliche Ausschuß hat den Anträgen „auf Garantie der Arbeit“ den Vorwurf der Faulheitsbegünstigung gemacht. — Diesen Vorwurf schleudere ich zurück von
jener Pariaklasse nach „Oben“ — ich frage, wo will jener Ausschuß seinen Sporen einsetzen: in des Arbeiters abgemagerte Rippen, oder in die fettgeschwollenen Hüften des
priviligirten Faullenzers? — (Sehr lebhafter Beifall der Linken und Gallerien.)
Der Schluß der Debatte wird genehmigt und es sprechen noch Merk (der Hamburger Geldsack) als Berichterstatter der Minorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses unter dem häufigen
Gelächter des Hauses, und als Berichterstatter der Majorität desselben Ausschusses Degenkolb, welcher die Leere der Merkschen Behauptungen und Zahlenaufstellungen nachweist.
Beseler spricht noch für den Verfassungsausschuß. Er hält unter freudiger Aufregung der Rechten Hrn. Moritz Mohl eine Lobrede, dessen Phrasen gegen die Nothwendigkeit des Schutzes der Arbeit
ich Ihnen gestern gab. Dies fehlte M. Mohl noch, von Beseler gelobt zu werden.
Abstimmungen.
Rheinwald beantragt namentliche Abstimmung für alle Anträge, wird aber nicht genügend unterstützt.
Interessant ist es, daß bei diesen für das Volk immerhin noch anregendsten Fragen, die Gallerien ganz leer sind, so weit ist es mit der Theilnahme für dies Parlament gekommen.
Ein Antrag von Kirchgessner und Genossen:
„Von allen Amendements und Minoritätsanträgen zu § 30 Nichts in die Grundrechte aufzunehmen,“
wird in namentlicher Abstimmung mit 317 Stimmen gegen 114 angenommen.
Hierauf wird § 30 (Majoritätsantrag), wie ich ihn gestern gab, angenommen.
Ein Zusatz von Pfeiffer:
„Die Steuerfreiheit der Geistlichen sei aufzuheben, wird verworfen!!
Endlich wird noch angenommen folgender Antrag der Majorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses:
„Die hohe National-Versammlung wolle einen die Arbeit verbürgenden Paragraphen in die Grundrechte nicht aufnehmen. In Betracht aber der hohen Wichtigkeit der dahin gehenden Anträge
beschließen: die auf Schutz der Arbeit und der Arbeiter eingereichten Petitionen:
1. der Centralstelle für Handel und Gewerbe in Stuttgart,
2. des Congresses deutscher Handwerker in Berlin,
3. des Abgeordneten Heubner in Sachsen,
dem Reichshandelsministerium zu dem Ende zu überreichen, bei Entwerfung des Tarifs den Schutz der Arbeit in Berücksichtigung zu ziehen.
Hierauf vertagt man sich bis Montag und setzt auf die Tagesordnung den Rest der Grundrechte.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1210 |
Bekanntmachung.
Alle diejenigen jungen Leute, welche in dem Jahre 1829 in hiesiger Stadt oder anderwärts geboren sind und hier ihren Wohnsitz haben, desgleichen alle Inländer, welche in dem Alter von 21 und 22
Jahren sich befinden, also in den Jahren 1828 und 1827 geboren sind und in dem Bereiche der Stadt Köln, sei es als Comptoiristen, Künstler, Schüler, Lehrlinge, Handwerker oder in irgend einem
Gesindedienste sich aufhalten und ihrer Militärpflicht noch nicht genügt haben, oder über die von der königl. Ersatz-Commission noch nicht definitiv entschieden worden ist, werden hierdurch
aufgefordert, sich von heute ab und spätestens bis zu Ende dieses Monats in dem Geschäfts-Lokale der königl. Polizei-Direktion, Glockengasse Nr. 30, Behufs der Aufnahme in die Aushebungs-Liste des
laufenden Jahres, persönlich oder bei attestirter Krankheit oder legaler Verhinderung durch ihre Eltern, Vormünder, Verwandten oder Dienst-Herrschaften zu melden. Die unterlassene Anmeldung zieht
gegen die nicht entschuldigten Militärpflichtigen den Verlust ihrer etwaigen Reklamations-Ansprüche nach sich und werden dieselben, in so fern sie zum Militärdienste späterhin tauglich befunden, vor
allen übrigen Militärpflichtigen zum Dienste eingestellt werden.
Köln, 6. Februar 1849.
Der Polizei-Direktor, Geiger.
Bekanntmachung.
Der Transport von circa 33 Schachtruthen auf dem Bankett des Sicherheitshafens lagernden Basaltschrott zum Ausbau der Strecke des Mühlheimer Weges zwischen dem Bischofswege und der Frohngasse bis
auf die Baustelle soll unter den auf dem Stadtbauamte, Rathhausplatz Nr. 9, offen liegenden Bedingungen auf dem Wege der Submission an hiesige Unternehmer verdungen werden.
Schriftliche und versiegelte, mit der Aufschrift:„Submission in Betreff des Basalt-Transportes auf den Mühlheimer Weg“, versehene Offerten werden bis Donnerstag den 15. d. M.,
Vormittags 10 Uhr, auf dem Stadt-Secretariate angenommen und findet die Eröffnung derselben am nämlichen Tage zu der besagten Stunde, im Beisein der etwa anwesenden Submittenten im Rathhaussaale
Statt.
Der Preis ist pro Schachtruthe, incl. Auf- und Abladen, zu stellen.
Köln, 5. Februar 1849.
Der komm. Ober-Bürgermeister, Graeff.
Geburts-Anzeige.
Verwandten, Freunden und Bekannten hiermit zur Nachricht, dass meine Frau gestern Abend von einem gesunden Töchterchen (dem 16. Kinde) glücklich entbunden worden ist.
Cöln, den 12. Februar 1849.
J. W. DIETZ, Buchdrucker.
Einige Schüler können noch Unterricht in der Rechenkunst, (Mathematik), Geschichte, Geographie, höhern deutschen Sprache (Prosa und Poesie) französischen Sprache und in den
Elementar-Lehrfächern erhalten bei Dr. Sabel, Severinstraße Nr. 137.
Bitte.
Herr Schmitz wird hiermit gebeten, doch seine Wohnung anzugeben, weil mehrere Auswanderer Rath von ihm ertheilt haben wollen (kennen zwar mahrere Schmitz und Flitz), indem der Schmitz so viel
Zeitungsgeschrei macht, sogar was Ihm nicht kümmert, wenn Er keine Interesse davon hat.
Mehrere Auswanderungslustige in und bei Köln.
Herr Schmitz wird höflichst ersucht, zuvor mir sein Geschäft und Wohnung anzugeben, daß ich wissen kann womit ich die Ehre habe zu sprechen.
André Stahl.
Die rühmlichst bekannten Stollwerk'schen Brustkaramellen haben sich ununterbrochen vermöge ihrer vorzüglichen Wirkung, als ein treffliches Mittel gegen leichte Hals- und
Brustbeschwerden, so wie beruhigend und erleichternd bei schmerzhaftem Auswurf bewährt und hierdurch nicht allein in ganz Deutschland große und allgemeine Anerkennung gefunden, sondern auch über
dessen Gränzen hinaus einen europäischen Ruf erlangt, da mir fortwährend selbst aus den entferntesten Ländern Bestellungen zukommen. So wie für Kranke dieses Fabrikat ein fast unentbehrliches
Hausmittel geworden ist, bietet es zugleich für den Gesunden einen angenehmen Genuß, und darf ich daher mit vollem Rechte dasselbe dem geehrten Publikum wiederholentlich empfehlen, indem ich nochmals
darauf aufmerksam mache, daß jenes Fabrikat mit der größten Vorsicht und Sorgfalt eigenhändig nur von mir bereitet wird, so daß die Art und Weise der Komposition der Brust-Karamellen mir allein
bekannt ist, und daher wohl das geehrte Publikum um die Fortdauer des mir seither geschenkten ehrenvollen Vertrauens bitten darf.
Zur Erleichterung meiner geehrten Abnehmer, habe ich in den meisten Städten Deutschlands Niederlagen errichtet, so auch hier in Köln bei den Herren:
C. J. Högel, Quirinstraße 5.
W. F. Kirchner, Hohestraße 77.
Wilh. Ant. Hospelt, Apostelnstraße 9.
Herm. Gerhartz, Altenmarkt 73.
Jos. Sauset, Unter Seidmacher 11.
G. Tonger, Pauluswache.
Weiler, Gottesgnaden 9.
Franz Strick, Marsplatz 6.
Dieselben sind hier in Köln nur bei mir und bei den obenbezeichneten Herren das Paket à 4 Sgr. oder 14 Kreuzer zu haben.
Franz Stollwerk, Hoflieferant.
Das Unterhaus Trankgasse Nr. 33 zu vermiethen.
Das Haus Telegraphenstraße Nr. 45, mit Einfahrt Garten etc., billig zu vermiethen. Näheres Trankgasse 35.
Sechs Stück der besten Pianino von 300, 250, 200, 185, 160 145 Thlr, vier Stück Piano von 110, 130, 140, 160 Thlr. bei J. P. Hospelt, Höhle Nr. 35.
Ein Haus oder Unterhaus wird zu miethen gesucht, unter Hutmacher Nr. 18.
Für Auswanderer nach New-York und nach New-Orleans.
Von Antwerpen werden an folgenden Tagen expedirt
Nach New-York
das schnellsegelnde, gekupferte Dreimaster-Schiff Floridan, Capt. Whytmorc, 20 Februar 1849. |
das schnellsegelnde, gekupferte Dreimaster-Schiff Post, Capt. Westel, den 5. März 1849. |
das schnellsegelnde, gekupferte Dreimaster-Schiff Am 15. bis 20. März 1849. |
Nach New-Orleans
das schnellsegelnde, gekupferte Dreimaster-Schiff Georg Steven, Capt. Cuschmy.
Nähere Auskunft hierüber ertheilt André Stahl in Cöln, große Neugasse Nr. 39.
Feuerfeste Kassa-Schränke.
Heinrich Bilger, Fahrgasse, Lit. L. Nr. 19-20, in Frankfurt a. M., empfiehlt seine von ihm eigenthümlicher Weise konstruirten und öffentlich geprüften Kassa-Schränke, Geld-Kassen, kleine Kistchen
zum Aufbewahren von Staatspapieren, gebrauchte Geldkisten aller Art, und unterzieht sich derselbe jedmöglicher Angabe unter Garantie vollkommen gediegener Arbeit, und der Versicherung, binnen wenigen
Wochen den strengsten Anforderungen zu genügen.
Frankfurt a. M., 6. Februar 1849.
Hauptverein für Auswanderung in Koblenz.
Um den Auswanderern stets die wohlfeilsten und sichersten Reisegelegenheiten zu bieten, hat sich der Verein nach eingeholter Genehmigung der Behörden mit Antwerpen, Bremen, Hamburg und Havre in
Verbindung gesetzt und expedirt monatlich mehrere Dreimastschiffe aus diesen Häfen nach New-York und New-Orleans. Auch nach St. Francisco in Californien geht im Laufe März von Bremen ein Schiff in
See, für welches noch Reisende angenommen werden können.
Joh. Ant. Leroy und Eckstein u. Müller in Koblenz.
Nach KINGSTON (Jamaica) wird Statt des Flot[unleserlicher Text] prompt expedirt: die schöne, schnellsegelnde, kupferfeste und gekupferte, AI stehende, englische Brigg Conqueror, Capt. Burns, welche zum
Beiladen von Frachtgütern, so wie zur Ueberfahrt von Passagieren besonders empfohlen halte.
Bremen. Fr. Wm. Bödeker jun., H. Aug. Heineken Nachfolger, Schiffsmakler.
Der theoretisch-praktische Unterricht in der Brennerei, Bierbrauerei und Agrikultur-Chemie wird unter starker Berücksichtigung der neuesten Fortschritte fortgesetzt, auch kann ich den
Herren Gutsbesitzern mehrere in allen Zweigen der Landwirthschaft erfahrene und in der Brennerei ausgebildete Männer bestens empfehlen Dr. W. Keller in Berlin, Adlerstr. Nr. 9.
Trockene viertelöhmige Faßdauben sind zu haben bei P. Schnitzins, Severinstraße 138.
Ein Frauenzimmer welches im Manufakturwaaren-Geschäft erfahren, findet Engagement. Die Expedition sagt wo.
Wasser-, Molken- und Traubenkur-Anstalt.
Gleisweiler, bei Landau in Rheinbaiern (Drei Fahrstunden von Mannheim entfernt).
Zum Gebrauche der Wasserkur ist die Anstalt des Unterzeichneten das ganze Jahr über geöffnet und wird begünstigt durch ein mildes Klima und bequeme innere Einrichtungen; auch den Winter über stets
von Kranken besucht. — Betreffenden Prospektus ertheilt die Expedition dieses Blattes; jede nähere Auskunft der unterzeichnete Arzt, welcher im Kurhause beständig wohnt, unter der Adresse:
Dr. L. Schneider, zu Landau in Rheinbaiern.
J. P. Hospelt, Höhle 35 nimmt alle solide Gegenstände in Niederlage zum Verkauf an; kauft solche sowie Gold und Silbergegenstände.
Ein Billard mit allem Zubehör in einem sehr guten Zustande, so wie eine Brüsseler Bierpumpe mit 3 Zügen, stehen zu verkaufen. Näheres im Mainzerhof zu Düsseldorf.
Theater in Köln.
Indem wir nochmals die Vorstellung unserer ersten Tänzerin, der Frau Martin Zimmann, ankündigen, über deren außerordentliches Talent nur eine Stimme ist, forderen wir die Abonnenten und
Theaterliebhaber auf, daß sie durch ihre Gegenwart die Künstlerin ehren, und ihr hiedurch einen Beweis ihres Beifalls geben möchten. Die Komposition ist auch der Art die Neugierde zu erregen, sowohl
durch ihre Vielseitigkeit, als durch ihre gute Wahl, also bis diesen Abend.
Mehrere Abonnenten.
Theater-Anzeige.
Dienstag den 13. Februar:
Ein Stündchen in der Schule.
Vaudeville-Posse in 1 Akt v. Friedrich.
Hierauf:
Concert Polonaise von Schönau für die Trompete, vorgetragen von Herrn Schreiber.
Zweiter Akt aus der Oper „Die Puritaner“ von Bellini.