Deutschland.
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068
] Köln, 6. Februar.
Das Resultat unserer gestrigen Wahlen war folgendes: Hr. Kyll ging im ersten Skrutinium mit 226 Stimmen gegen 116 (für Hrn. Wittgenstein) durch. Bei der Wahl des zweiten Abgeordneten
erhielten im ersten Skrutinium die Herren Schneider II. 168 Stimmen, Raveaux 55 Stimmen, Wittgenstein 122 Stimmen, und Pellmann und Thesmar je eine Stimme. Vor dem zweiten Skrutinium erklärte Hr.
Raveaux, er trete zurück, und nun erhielt Schneider 219, Wittgenstein 120, Raveaux 1 Stimme, und Schneider war somit erwählt.
Die Wahl Schneiders hat ihre Bedeutung, insofern Schneider Präsident des rheinischen demokratischen Kreisausschusses ist und sich als solcher bei der Steuerverweigerungsagitation stark betheiligt
hat. Er, Marx und Schapper werden deshalb am 8. d. M., der Aufforderung zur Rebellion angeklagt, vor den Geschwornen erscheinen. Die Wahl Schneiders ist also ein offizieller, direkter Sieg der
Demokratie.
Im Landkreis Köln und Kreis Mülheim ist Gladbach gegen Aldenhoven in der Minorität geblieben und als zweiter Abgeordneter Pfarrer Elkemann gewählt, der zuletzt den Landkreis
Köln in der Vereinbarungskammer vertrat. Die Beseitigung Gladbachs ist möglich geworden durch die monströse Allianz der Partei Elkemann (linkes Centrum) mit der Fraktion der oktroyirten
Verfassung.
Wir hoffen indeß, daß es dieser schmählichen Partei-Combination keineswegs gelingen wird, einen der tüchtigsten, entschiedensten, zuverlässigsten und talentvollsten Abgeordneten der letzten
Versammlung aus der Kammer zu entfernen. Wenn Gladbach nicht an einem andern Ort gewählt wird, so ist es die Pflicht aller entschieden demokratischen Wahlkollegien, die wegen Doppelwahlen
abermals zusammentreten müssen, ihre Stimmen vor allen Dingen auf Gladbach zu lenken.
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4
] Bonn, 6. Februar.
Zu Abgeordneten wurden gestern ernannt: Kinkel, Becker, Schornbaum.
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Koblenz, 5. Febr., 1/2 1 Uhr.
Bei der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer wurden eben die Kandidaten des Vereins für volksthümliche Wahlen, 1) Friedensrichter Grebel in St. Goir, mit 274 gegen 80, also circa 4/5
sämmtlicher Votirenden, sowie 2) der Gutsbesitzer Raffauf in Wolken, ebenfalls mit sehr großer Majorität, gegen die Kandidaten des Schwarzweißthums durchgesetzt. Dieselben Männer, welche schon ihr
Urtheil über die Gewaltstreiche vom November letzthin ausgesprochen haben, sind also berufen, auch jetzt wieder dieselben Kreise zu vertreten.
[(Rh.- u. M.-Z.)]
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104
] Mayen, 5. Febr.
Wir übersenden Ihnen hiermit die für die Demokraten höchst erfreuliche Nachricht, daß bei der eben stattgefundenen Wahl Hr. Dr. D'Ester aus Köln als Abgeordneter aus der Wahlurne
hervorgegangen ist. Ueber das Resultat in Betreff des zweiten Deputirten werden wir Ihnen erst mit nächster Post berichten können.
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301
] Kreis Rheinbach, 5. Februar.
Wir haben heute folgende Deputirte erwählt: Koerffgen, Esser (Ober-Revisions-Rath).
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Aachen, 5. Febr.
Zu den heute stattgefundenen Wahlen für die zweite Kammer hatten sich 510 Wahlmänner eingefunden. Nachdem eine geraume Zeit dazu verbraucht worden, Reklamationen gegen mehre Wahlen von Wahlmännern
zu erledigen, wurde zum Scrutinium über die drei hier zu wählenden Abgeordneten selbst geschritten. Bei der ersten Abstimmung erreichte Niemand die absolute Majorität von 256 Stimmen. Hr.
Regierungspräsident Kühlwetter erhielt 253, Hr. Staatsprokurator Schornbaum aus Koblenz 248. Neun Stimmen zersplitterten sich. Bei der Nachmittags vorgenommenen engeren Wahl erhielt Hr. Schornbaum 252
Stimmen, Hr. Kühlwetter 247. Herr Schornbaum wurde demnach zum Abgeordneten erklärt.
Bei der zweiten Wahl waren 504 Wahlmänner anwesend. Absolute Majorität 253. Bei der ersten Abstimmung erhielt Herr Kaplan v. Berg 271, Hr. the Losen aus Eupen 232 Stimmen, Hr. Dr. Jacobs Eine. Hr.
v. Berg wurde zum Abgeordneten prokamirt.
Die dritte Wahl beginnt bei Schluß des Blattes (7 Uhr Abds).
[(Aachener Ztg.)]
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136
] Düren, 5. Febr.
Ich schreibe Ihnen aus der Wahlmännerversammlung. Der Akt ist beendigt, der Sieg hat sich entschieden auf die Seite der Demokratie geneigt. Kaplan v. Berg, der bekannte Steuerverweigerer, hatte im
ersten Skrutinium eine glänzende Majorität gegen den „Heuler“ Stupp von Köln; die zweite Wahl fiel nach dreimaligem Skrutinium auf einen hiesigen Bürger, Hrn. Jakob Müdersheim, einen
entschiedenen Demokraten. Freund Stupp, der vielgeliebte, hat sich nur bis zu 111 Stimmen emporschwingen können. Der Regierungsrath Ritz hat auch trotz allem Klüngeln, woran sich der Hr. v. Mylius,
Freiherr und Hochwohlgeboren, auf das Unglaublichste betheiligt hat, nicht zu reussiren vermocht. Erbaulich ist es, den Jubel des Volks, aber noch erbaulicher, den Grimm der Heuler mit an zu
sehen.
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15
] Düsseldorf, 5. Februar.
Die Befürchtungen Ihres Korrespondenten in dem Artikel vom 2. Febr. c. sind leider Wahrheit geworden. Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in Elberfeld war es der
demokratischen Partei bis Abgang des letzten Zuges nicht gelungen, auch nur einen ihrer Kandidaten durchzubringen. Mit einer ziemlich bedeutenden Majorität wurden zu Deputirten für die zweite Kammer
gewählt die Kandidaten der konstitutionellen (reaktionären) Partei:
- 1) Joh. Abr. Schmidt, Weber.
- 2) Aug. v. d. Heydt, pro tempore Minister Excellenz.
- 3) Gustav Herrmann, Commis von Langenberg.
- 4) Advokat-Anwalt Scherer von Düsseldorf.
Die Bemühungen der geschlossenen Phalaux unserer Wahlmänner haben den Sieg nicht erringen können. Wie ich Ihnen früher sagte, unsere Demokraten haben sich durch trügerische Vorspiegelungen,
leichtsinnig abgefaßte Berichte etc. täuschen lassen und haben sich als ganz jämmerliche Schlafmützen gezeigt. Hätten unsere Wahlmänner von vorne herein energisch gegen eine so heterogene
Zusammensetzung des Wahlkörpers protestirt und nöthigenfalls gar nicht gewählt, so hätten sie jetzt wenigstens nicht die Blamage erlebt, von der Höhe ihrer so mächtig ausposaunten Ueberlegenheit so
grausam herabgestürzt worden zu sein. Trotz der überall auf das Bestimmteste mitgetheilten Aussage, daß bei den Urwahlen die Demokratie in Elberfeld glänzend gesiegt hätte, erleben wir jetzt den
Beweis von dem Gegentheil. Zu dem Mangel an politischem Bewußtsein unter den Arbeitern des Wupperthales kommt nun noch, daß die Bourgeoisie kein Mittel unbenutzt gelassen hat, die Arbeiter für ihre
Sache zu gewinnen. Bier, Wein, Schnaps sind den Wahlmännern aus dem Arbeiterstande auf's reichlichste sogar noch in dem Wahllokale gespendet worden, wo dies nicht anschlagen wollte, mußte Geld
aushelfen und man spricht von bedeutenden Summen, die zu diesem Zwecke von der Bourgeoisie verwendet sein sollen.
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131
] Gladbach, 5. Febr.
Heute Morgen hatten wir in Rheydt, dem bekannten Sitze des spezifischen Preußenthums, unsere Wahl zweier Abgeordneten der Kreise Gladbach und Grevenbroich. Von den 352 Wahlmännern fehlte kein
Einziger. Ein Stimmzettel wurde zu wenig abgeliefert, deshalb war die absolute Majorität 176. Unser erster Kandidat, Dr. med. C. Bähren, erhielt 232 St. (Landrath v. Gudenau, Wahlkommissar,
113, Broich 5 und ein ungültiger Zettel).
Unser zweiter Kandidat, Friedensrichter Broich von Grevenbroich, schon gut bekannt aus der aufgelösten Nationalversammlung, hatte von 352 Stimmen 228 (Landrath v. Gudenau 122, Lehrer Caspers
1 Stimme.
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20
] Jülich, 4. Febr.
Haben die Berliner ihren Helden Wrangel, die Düsseldorfer ihren Kommunisten Drygalsky und die Kölner ihren Engels, so haben auch wir jetzt unsern Helden. Der Geist des echten chevalier sans peur et
sans reproche hat Gestalt angenommen und sich in die wattirte Uniform eines preuß. Lieutenants gezwängt.
Hören Sie! In unserm Wochenblättchen hatte ein Herr von Rappard, Hochwohlgeborner Freiherr und Landwehr-Adjutant, den bekannten Kaplan v. Berg angegriffen. Hr. Berg hatte in seiner pikanten
lakonischen Weise den Junker in der Antwort recht brav zurechtgewiesen. Darob erzürnte der jugendliche Held, wuthschnäubend zog er sein scharfes Schwert und schwur bei seinen 15 Ahnen, er müsse
Genugthuung haben. Deshalb schickte er einen seiner Freunde, und ließ den Kaplan v. Berg auf Tod und Leben fordern.
Als sich das Gerücht über diesen lieutnantlichen Durst nach Heldenthaten verbreitete, fand sich ein Mann aus dem mittleren Bürgerstande bewogen, den Muth des Junkers auf die Probe zu stellen. Hr.
Br., ein Bierwirth und ganz ruhiger Bürger, ward über die Geschichte so erzürnt, daß er dem Hrn. v. Rappard einen Gang auf Degen anbot. Man wies den Mann jedoch ab, weil ein 15ahniger Lieutenant sich
ja nicht mit einem Bierwirth schlagen könne; ein Junker gegen einen Bürger. Ah! c'était affreux. — Doch hat die Sache noch eine andere Seite, der Bürger und Forderer nämlich hat seiner
Zeit den spanischen Krieg und die afrikanischen Feldzüge mitgemacht und als ehemaliger französischer Prévôtd'armes soll er eine spitze Klinge führen. Ob der muthige Junker dem Bierwirth
oder dem Prévôtd'armes eigentlich das Duell verweigert. Qui sait? die Sache spielt indessen noch fort; es sind noch mehr Forderungen für den Lieutenant eingelaufen, namentlich von Bauern
der Umgegend, die sich zwar nicht auf Pistolen und Degen, desto besser aber auf ihre Fäuste und Stöcke verstehen. Unterdessen erklingen allnächtlich herrliche Katzenmusiken unter den Fenstern unseres
Helden.
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X
] Aus dem Kreise Lennep, 4. Febr.
Auch in unserer kleinen Hauptstadt und Umgebung hat in den letzten Jahren der Druck der Geldherrschaft und das Elend des schutzlos preisgegebenen Arbeiterstandes große Fortschritte gemacht. Zwar
gibt es unter den Lenneper Fabrikherrn auch einige würdige Ausnahmen, die einer volksfreundlichen Richtung zugethan sind; aber sie allein vermögen nicht gegen das herrschende System der
Arbeiter-Ausbeutung mit Erfolg anzukämpfen. Die in neuerer Zeit entstandenen Arbeitervereine zu Lennep, Vogelsmühle, Beimburg, Hückeswagen, wirken zwar sehr erfreulich, um den Arbeiterstand aus dem
Schlamme der Unwissenheit und des Elends zum Bewußtsein seiner Menschenwürde zu erheben, und einer Verbesserung seiner Lage herbeizuführen; aber dafür sind sie auch ein Gegenstand des Hasses und der
Verfolgung der Herren Fabrik-Pascha's geworden. Ich könnte Mancherlei davon berichten, in welcher Weise man das Bestehen und Wachsen der Vereine zu verhindern, und Alles von denselben fern zu
halten sucht, was einer paschafeindlichen Richtung nur irgend Nahrung geben könnte. Ich begnüge mich indeß, für diesmal eine einzelne Thatsache zur Anzeige zu bringen, die auch auf's Ganze
einiges Licht wirft. Sie betrifft die ärztlichen Verhältnisse des den Herrn Schürmann und Schröder zugehörigen Etablissements zu Vogelsmühle. Bekanntlich bestehen für die einzelnen Etablissements
Kranken-Laden, welche aus den wöchentlichen Beiträgen der betheiligten Arbeiter die medizinischen Bedürfnisse der Letztern bestreiten. Die Verwaltung dieser Arbeiter-Fonds wird aber nicht von den
zahlenden Arbeitern, sondern von den Fabrikherren, welche freilich auch mitunter die Kasse mit Allergnädigsten Geschenken unterstützen, mit unumschränkter Souveränetät ausgeübt. Der Fabrikherr stellt
den Laden-Vorsteher an; der Fabrikherr gibt durch denselben den Patienten den Erlaubnißschein zum Gebrauchen eines Arztes. Was aber noch mehr ist, der Fabrikherr erlaubt es diesen Krankenvereinen
nicht, sich selber den Arzt ihres Vertrauens zu wählen und anzustellen, obgleich er mit ihrem Gelde besoldet wird, sondern wieder ist es der souveräne Fabrikherr, der dieses Recht ausübt. An dem
Vogelsmühler Etablissement war nun seither ein sehr wackerer und beliebter Lenneper Arzt zur Behandlung der zur Lade gehörenden Kranken angestellt, mit einem Jahrgehalte von etwa 75 Thlr. Dieser Arzt
aber traf unter Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder mit einem benachbarten Kollegen die Uebereinkunft, das Vogelsmühler Etablissement gemeinschaftlich zu behandeln. Obwohl nun gedachter
Lenneper Arzt im vorigen Jahre an einen andern Ort verzog, so wurden doch von ihm die Verbindlichkeiten dieser Uebereinkunft auf seinen Nachfolger übertragen, und zwar wiederum mit Genehmigung der
Herren Schürmann und Schröder. Das Verhältniß jenes benachbarten Arztes zur Krankenlade von Vogelsmühle gegenüber dem neuen Lenneper Kollegen blieb daher ganz das frühere, und würde auch, da Letzterer
das Fortbestehen desselben aufrichtig wünscht, um so eher ferner bestanden haben, da der benachbarte Arzt bei den Fabrikarbeitern sehr beliebt, und noch nie die mindeste Beschwerde gegen ihn von
irgend einer Seite erhoben worden ist. Aber dieser Arzt hält es nicht unter seiner Würde, auch mit geringen Arbeitern sich über soziale und politische Angelegenheiten zu unterhalten, und genießt
namentlich bei den Arbeitern zu Vogelsmühle ein solches Vertrauen, daß sie ihm die Präsidentschaft in ihrem Vereine antrugen. Solcher Kredit war hinreichend, um ihn bei den als Geldmänner vom reinsten
Wasser bekannten Herren Schürmann und Schröder außer Kredit zu setzen. Sie nahmen es sich heraus, den gedachten Lenneper Arzt dazu anzuhalten, daß er den mit seinem Kollegen eingegangenen Kontrakt
Behufs gemeinschaftlicher Behandlung der Vogelsmühler Lade kündigte. Er soll's mit Widerstreben gethan haben, weil sonst die gestrengen Herren beide Aerzte ihres Dienstes entlassen hätten. Und
die Arbeiter? — Rechts- und schutzlos, wie sie sind, müssen sie auch dieses über sich ergehen lassen. Auch in ihren eigensten Angelegenheiten, auch in der Vorsorge für ihre Gesundheit wird die
Stimme ihres Vertrauens weder erfragt noch gehört.
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@facs | 1179 |
[
X
] Berlin, 4. Febr.
Die letzten Berathungen des Central-Comite haben die Kandidaturen für die morgenden Wahlen festgestellt. Es werden gewählt werden: Waldeck und Jakobi zwei mal, Temme, Berends,
Phillips und Rodbertus viermal. — Als Stadtgerüchte und eben nur als solche, theilen wir folgende Versionen über die Feldzugspläne des Ministeriums für die nächste Zeit mit. Die
Aufhebung des Belagerungszustandes soll nun doch erst nach dem 18. März erfolgen. Die Art und Weise wird jedoch verschieden angegeben. Die Einen erzählen, die Zusammenberufung der Kammern selbst werde
bis zu diesem Termin verschoben werden, und zwar unter dem Vorwande, daß die Sitzungslokale noch nicht vollendet seien. Nach Andern dagegen werden die Kammern zwar am 26. d. zusammentreten, die
Regierung wird ihnen aber sofort erklären, die Aufhebung des Belagerungszustandes könne erst nach Emanirung des Preß- und des Clubgesetzes erfolgen; das Ministerium habe aber so wichtige Gesetze nicht
oktroyiren wollen. Die Kammern sollten daher dieselbe sofort und noch vor der Verfassungsrevision in Berathung nehmen. Auch auf ein Mißtrauensvotum Seitens der zweiten Kammer soll das Ministerium
gefaßt sein; soll aber für diesen Fall die folgende nagelneue Theorie des konstitutionellen Systems ausgesonnen haben. Das Mißtrauensvotum einer Kammer kann für das Kabinet eben sowenig
maßgebend sein, als der Beschluß einer Kammer an und für sich Gesetzeskraft haben kann.
Vorgestern wurde dem hiesigen Büchsenfabrikant
Schubert, dessen Verhaftung wir vor etwa sechs Wochen gemeldet haben,
[1180]
und welcher beschuldigt worden: er habe in den Novembertagen Personen zum Königsmorde aufgefordert, von seinem Gefängnißwärter ohne Weiteres angezeigt, er könne nach Hause gehen. Von irgend einem
richterlichen Auspruch wurde ihm nichts mitgetheilt. Das nennt man Gerechtigkeitspflege in Preußen.
An das Personal der hiesigen Königl. Schauspiele ist von der Generalintendantur folgender keines Commentars bedürfende Erlaß ergangen:
„Nach dem Inhalte eines durch das Ministerium des königl. Hauses mitgetheilten Erlasses des königl. Hofmarschallamts sind seit dem 1. März v. J. vielfach Personen des königl.
Hofdienstes verdächtigt worden, sich in republikanische Umtriebe und Verbindungen eingelassen, auch durch ungebührliche, respektwidrige Aeußerungen über Se. Majestät bekundet zu haben, daß sie
diejenige Treue und pflichtschuldige Hingebung nicht hegen, welche für ihren König und Herrn mit Recht verlangt werden muß. Anonymen Verdächtigungen ist, wie sie es verdienen, nicht Glauben geschenkt
worden. Geschehen aber solche Anzeigen auf zuverlässigem Wege, mit Angabe der Beweismittel, so sollen die betreffenden Individuen sofort, ohne Ansehn der Person und der Verhältnisse, zur Untersuchung
gezogen und einstweilen vom Dienst suspendirt werden, um eventuell ihre Entlassung zu bewirken. Die General-Intendantur ist veranlaßt worden, allen den königlichen Schauspielen angehörigen Personen
dies mit der Verwarnung bekannt zu machen, daß dieselbe vorkommenden Falles gleiches Verfahren eintreten lassen wird.“
Aus diesem Erlaß ersieht man übrigens auch, daß es immer noch ein Ministerium des königl. Hauses gibt, obgleich dessen Verwaltungsgegenstände nach den März andern Ministerien zugetheilt waren.
Der hiesige Handelsverein Teutonia hatte die baroque Idee gehabt, auch Kandidaten für die bevorstehenden Kammerwahlen aufstellen zu wollen. Unter Andern hatte sich auch unsere Elberfelder
Exzellenz v. d. Heydt vorschlagen lassen; er erhielt jedoch nur 6 Stimmen.
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24
] Wien, 2. Februar.
Der k. k Scharfrichterknecht Welden hat wiederum eine „Kundmachung“ erlassen, nach welcher die Entwaffnung in Wien, den Vorstädten und dem 2meiligen Umkreis noch immer nicht
vollständig durchgeführt sein soll.
„Die Langmuth und Milde,“ heißt es darin, „müssen endlich denn doch ihre Gränzen haben, und es muß nunmehr (!) dasjenige durch psychologischen (!! — scharfrichterliche
Psychologie!!) Zwang erreicht werden, was im gütlichen Wege nicht durchgeführt werden konnte.“ Hierauf folgt ein mit Mühe niedergedämpftes Toben, daß alle standrechtlichen und kriegsrechtlichen
Behandlungen noch nicht gnnügt, die „Verirrten“ zur Besinnung zu bringen. Leider ließen sich diese „Verirrten“ noch immer von den Verführern bethören und seien von diesen
der Hand der Gerechtigkeit, während sie selbst sich ihr zu entziehen gewußt, überliefert worden. Diese „Verirrten“ hofften noch immer, „auf dem Wege der Empörung den
niedergedrückten Geist der Anarchie zu entfesseln und — deßhalb suchen sie die in Händen habenden Waffen zu verheimlichen.“ Hierauf wird, als ein, wie-Figura-zeigt, zu „Pulver und
Blei“ begnadigter „befugter“ Schneider (Vinzenz Wilhelm) zitirt, der wegen 24 Stück verheimlichter Waffen erschossen worden.
Und wem giebt der k. k. Bandit, neben den obigen „Führern dieser ruchlosen Parthei des Umsturzes“ die Hauptschuld? Man höre: „dem Gemeinderath, den Grundgerichten in den
Vorstädten und den Hauseigenthümern, die ihre Aufgabe und ihr Interesse nicht kennen, nicht begreifen.“
„Wenn der Gemeinderath,“ heißt es in weiterer Ausführung, „wenn die Grundgerichte in dem ihrer Ueberwachung zugewiesenen Bezirke thätiger gewesen wären, somit unvermuthete
Haus- und Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen hätten, wenn die Hauseigenthümer sich um das, was in ihren Häusern vorgeht, mehr bekümmern würden, wenn alle diese Organe geneigter wären, in und
miteinander zu wirken, um die öffentliche Verwaltung zu unterstützen, hätten die verborgenen Waffen und Munition längst schon an das Tageslicht kommen müssen, und diese Organe hätten durch ihr
vermittelndes Einschreiten die öffentliche Verwaltung nicht in die unangenehme Lage gesetzt, selbst einschreiten, und die unausbleiblichen Folgen gegen jene verhängen zu müssen, bei denen das
Widerstreben gegen die so oft ergangene warnende Stimme sich bethätigt fand. Es kann nur bedauert werden, wenn die durch das Familienband der Gemeinden berufenen Organe derselben, sich um das Wohl
ihrer Mitbürger, aus deren freien Wahl sie hervorgegangen sind, nicht annehmen. Ich kann diese Sorglosigkeit nicht mehr mit demselben Gleichmuthe hinnehmen, ich darf und will sie nicht länger dulden,
da ich mich für gewissenhaft verpflichtet halte, für das Wohl der hiesigen Bewohner, das mit sehr am Herzen liegt, zu sorgen.“
Zu welchem Mittel wird also gegriffen?
Welden erklärt, daß er von nun an die im Belagerungsrayon gelegenen Gemeinden und deren Vorstände für die Nichtablieferung der Waffen und Munition verantwortlich macht: und zwar dergestalt,
„daß ich gegen jene Gemeinden, in deren Bezirke von der durch mich abzuordnenden gemischten Civil- und Militär-Kommission Waffen oder Munition vorgefunden werden sollten, eine Geldbuße von 1000
bis 20,000 Gulden C. M., nach der Lage der Umstände unnachsichtlich verhängen, nebstbei aber auch den an der Verheimlichung der Waffen und Munition Schuldtragenden standrechtlich behandeln lassen
werde.“
Gleichwohl sprudelt noch ein Strahl aus dem Welden'schen Gnadenquell hervor. Es werden nochmals 48 Stunden Frist zur straflosen Ablieferung von Waffen und Munition eingeräumt.
Am Ende der Kundmachung wird das „Wehe“ detaillirt, das dann über die noch immer nicht Gehorchenden hereinbrechen wird.
Diese „Kundmachung“ ist datirt vom 31. Januar.
Gleich hinter diesem trefflichen Aktenstück vom k. k. Schindanger folgen in der offiziellen „Wiener Zeitung“ die Verurtheilungen von
11
Grenadieren des Bataillons
v. Richter, die sich am 6. Oktober nebst vielen andern Soldaten auf Seite des Volkes schlugen. Ihr Urtheil lautet auf Hängen. Die Welden'sche Gnade hat aber das Hängen in respektive 10-, 8-,
3jährige etc. Schanzarbeit in schweren Eisen, bei dem Grenadier Auer auf zehnmaliges, bei Hütter auf viermaliges
Gassenlaufen
auf und ab durch dreihundert Mann, bei
Schüssel und Obermüller auf 7maliges Gassenlaufen
„gemildert!“
Ferner:
Mathias Dehm, 60 Jahre alt, verheirathet, Real-Invaliden-Feldwebel, ist, weil er in einem Gasthause gegen die Staatsverwaltung mißliebige Aeußerungen gethan, die Verfügungen des
Windischgrätz einer frechen Kritik unterzogen und sich auch gegen die Person des Windischgrätz Aeußerungen erlaubt hat: in Rücksicht auf seine körperlichen Gebrechen blos zu 3jähriger Schanzarbeit in
Eisen;
W. Büchler, 42 Jahre alt, verheirathet, wegen Verheimlichung von Waffen zur nämlichen Strafe;
J. Fara und Thürgärtner zu 1jährigem schweren Kerker;
E. Wahler, Kutscher, wegen Lästerungen gegen den östreichischen Dalai-Lama, die er im betrunkenen Zustande sich erlaubt, zu 10monatlichem Stockhaus-Arrest verurtheilt worden.
Ferner:
J. Hant (Gürtler), Goslar (Privatlehrer), F. Szerbowski (Daguerrotypist), Jarosiewicz (Maler), Olay (Studierender), Gürtler (Studierender) wurden wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Ereignissen
zu resp. 5-, 2-, und 1jährigem schwerem Kerker verurtheilt.
Das ist die Ausbeute, welche blos die heutige Nummer der „Wiener Zeitung“ an Verurtheilungen liefert! Doch
„Es wird kommen der Tag, wo schreckliche Rach' Euch ereilet. Den Scharfrichtern in Wien und anderwärts, mögen sie Kronen tragen und von Gott, das heißt vom Teufel, gesalbt oder mögen
sie höhere oder niedrigere Werkzeuge jener gottbegnadeten Höllenbrut sein: es wird ihnen bald ein Tanz aufgespielt werden, daß ganz Europa vor den Tönen solcher Volksfidel erzittern wird.
Nur nicht Guillotine, nicht „Pulver und Blei“ und dergleichen für solche Hyänen! sondern „zehnmaliges Spießruthenlaufen durch 1000 Mann des neuen Proletarierheeres,“ bis
jene Bestien im Angesichte des Volkes auf's Schnödeste verröcheln und bis ihnen mit dem Maaße ausgemessen worden, mit dem sie uns gemessen haben.
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@facs | 1180 |
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068
] Kremsier, 1. Februar.
Die vom Reichstag in seiner Sitzung vom 29. Jan. angenommenen §.§. der „Grundrechte“ lauten: §. 7 (jetzt §. 5):
„Das Hausrecht ist unverletzlich. Eine Durchsuchung der Wohnung und der Papiere, oder eine Beschlagnahme der letztern ist nur über richterliche Verordnung oder über Auftrag des
Gemeindevorstandes in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig. Die Unverletzlichkeit des Hausrechts ist kein Hinderniß der Verhaftung eines auf frischer That Betretenen oder gerichtlich
Verfolgten.“ — Die §.§. 8 und 9 werden eben so beinahe ganz ohne Debatte angenommen. Bei dem ersteren macht Borrosch das zweite Minoritätsvotum zu seinem Antrag und erhält die
Majorität. Der §. 8 lautet nun: „Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen nur auf Grund eines richterlichen Befehls und nach den Bestimmungen des Gesetzes
vorgenommen werden. Das Gesetz bezeichnet die Beamten, welche für die Verletzung des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind.“ — Der §. 9 lautet: „Das
Recht der Petition und der Sammlung von Unterschriften auf Petitionen ist unbeschränkt.“ — Nachdem noch Ullepitsch gegen, Borrosch für den §. 10 gesprochen, wird die Sitzung
geschlossen.
In der gestrigen Sitzung nahm der Reichstag nachstehende Fassung des §. 10 (jetzt §. 8) an:
„Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebiets unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der
Auswanderung nicht beschränkt. Es darf, Fälle der Nothwendigkeit der Reciprocität ausgenommen, kein Abfahrtsgeld gefordert werden.“ Für den 1. d. ist Schuselka's Antrag in Betreff der
sofortigen Abschaffung der Todesstrafe auf der Tagesordnung. — Am Schlusse der gestrigen Reichstagssitzung verbreitete sich das Gerücht von Prorogirung des Reichstags bis 15.
Mai.“
In der heutigen kam Schuselka's Dringlichkeitsantrag vor (demzufolge der Olmützer Dalai-Lama um sofortige Genehmigung zur Abschaffung der Todesstrafe und das Ministerium um Verhinderung
jeder ferneren Hinrichtung angegangen werden sollte). Der Antrag wird abgelehnt.
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@facs | 1180 |
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068
] Kremsier, 30. Jan.
In der gestrigen Reichstagssitzung sprach sich Pitteri, während der §. 6 der „Grundrechte“ fortberathen wurde, folgendermaßen aus:
„Meine Herren! Ich habe bereits die Ehre gehabt von dieser Vo[lk]stribüne zu verkünden, daß ich den Entwurf der Grundrechte für ausgezeichnet halte. Besonders ausgezeichnet sind ganz gewiß
der § 1, der § 3 und der § 6, weil sie die Dogmen der Volkssouveränität, Menschengleichheit und die Unduldbarkeit der Menschenquälerei enthalten, und besonders weil der § 6 alle politischen
Höllen und Calvarienberge abgeschafft wissen will. Ich hätte aber diesen Paragraph mit noch größerem Entzücken gelesen, wenn er noch überdies ausgesprochen hätte, daß nicht nur die Todesstrafe,
sondern auch die Ketten- und die Kerkerstrafe abgeschafft werde. Denn was sind alle Strafen als Rachelust, Schadenfreude, Quälerei? Es haben sich allenthalben Vereine gebildet gegen Thierquälerei
— sollen wir Quälerei an den Menschen dulden, die im Ebenbilde Gottes geschaffen sind? Wer Jemanden aus böser Absicht an Ehre, Freiheit, Vermögen verletzt, muß dafür Genugthuung leisten. Kann
er das nicht, so muß er so lange vom Staate zur Arbeit verhalten werden, bis er seine Schuld getilgt. Das ist das einzige gerechte Strafsystem. Alle andere Strafen sind nicht ihm, nicht andern etwas
nutz, am wenigsten aber die Todesstrafe. In einem wohlgebildeten Staate sei nicht die Furcht Strafgrundlage, sondern die Sorge für das Staatswohl, sowohl das moralische als physische. Ich stelle daher
folgenden Antrag: Der § 6 möge lauten: 1) Die Todesstrafe, die Kerkerstrafe, die Strafe der öffentlichen Arbeiten, Ausstellung, körperliche Züchtigung, Brandmarkung, bürgerlichen Todes und
Vermögenseinziehung sind gänzlich und für immer abgeschafft. — 2) Derjenige, der aus böser Absicht Jemanden Schaden an Körper, Ehre, Freiheit oder Vermögen zufügt, ist verurtheilt zu vollem
Schadenersatz, oder wo dies nicht möglich, dem Verletzten den Schätzungswerth zu vergüten, indem der Beschädiger in einer vom Staate errichteten Arbeitsanstalt so lange zu arbeiten verpflichten ist,
bis er durch die Produkte seiner Arbeit die Schuld abgetragen.“
Seine Anträge werden nicht unterstützt.
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@facs | 1180 |
Posen, 1. Febr.
Die Wahlbewegungen im Großherzogthum haben bis jetzt noch zu keiner Einigung unter den verschiedenen Parteien geführt. Entschieden schroff stehen sich die beiden nationalen Lager, das der Polen und
das der Deutschen und Juden entgegen. Zwischen beiden in der Mitte hält die deutsche demokratische Partei, obgleich gering, aber geschlossen, rührig und zu Unterhandlungen geneigt; sie weiß es
nämlich, daß ihr Hinüberneigen auf diese oder jene Seite, diesem oder jenem Lager das Uebergewicht verschaffen wird.
So stehen die Wahlangelegenheiten, wenigstens in sehr vielen Bezirken der Provinz Posen. Durch geschickte Abzweigung der Wahlbezirke, so wie auch durch Ausübung der empörendsten Einflüsse der
reaktionären Büreaukratie, ist es der letzteren gelungen, eine große Anzahl streng ministerieller und rückwirkender Wahlmänner durchzubringen, so daß zu befürchten steht, daß, wenn die
Deutsch-Demokraten sich nicht mit den Polen vereinigen, wir etwa außer durch 15 linkssitzende polnische Deputirte nur durch eine reaktionäre Mehrzahl von Deutschen vertreten werden. Jedenfalls würde
sich dann der hiesige Verwaltungsmechanismus eines Meisterstücks zu rühmen haben, wenn er bei einer Bevölkerung von 860,000 demokratisch gesinnter Polen und 400,000 momentan in der Spaltung
begriffenen Deutschen eine ministerielle Mehrheit hervorbrächte. Wir hoffen indessen, die deutschen Demokraten im Großherzogthume werden sich nicht mit dem Vorwurfe belasten, um einiger nationaler
Zwecke willen, deren Gefährdung nur ein pfiffiger Nothschrei der hiesigen Reaktionäre ist, die Freiheit verrathen zu haben.
[(Osts.-Z.)]
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Colberg, 1. Febr.
Der hier zum Wahlmann gewählte Lieutenant Steffen reiste dieser Tage, da ihm der Urlaub verweigert wurde, ohne solchen nach Cöslin zu einer Wahlmännerversammlung und erhielt dafür nach seiner
sofortigen Rückkehr sechs Tage Arrest, welcher so über den Wahltag hinausgeht. Der übliche Arrest würde im vorliegenden Falle nur 24 Stunden betragen, und die Vermuthung liegt nicht zu fern, daß man
Hrn. Steffen's Theilnahme an der Wahl verhindern will.
[(Osts.-Z.)]
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Weimar, 29. Januar.
Ein Theil der hier befindlichen Reichstruppen, die fürstlich Reußischen, brennet vor Kampfbegier. In Ermanglung von Dänen, die auf der Insel Alsen in ähnlicher Weise wirthschaften sollen, schlagen
sie auf ihre Wirthe in Stadt und Land. In der großherzogl. Residenz fegen sie ein Bierhaus mit Säbelhieben, weil einige Gäste einen Tischler, Namens Hecker, mit dem „Heckerliede“
neckten. Auf einem benachbarten Dorfe, Süßenborn, siegen sie in einer blutigen Schlägerei am 21. d. über die Bauern, schlagen einige todt, andere zu Krüppeln und demoliren das ganze Wirthshaus auf das
Entsetzlichste.
[(A. Z.)]
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Frankfurt, 2. Februar.
Die gegenwärtig hier erscheinende „deutsche Zeitung“, welche so emphatisch die spezifisch-preußischen Interessen in der deutschen Oberhauptsfrage verficht, ist bekanntlich vor
geraumer Zeit von ihrem Gründer und ersten Verleger Fr. Daniel Bassermann für 18,000 Thlr. an die Weidmann'sche Buchhandlung in Leipzig (Reimer in Berlin) verkauft worden. Jedermann wunderte
sich über diese Speculation eines Buchhändlers, der ein Blatt, das notorisch seinem bisherigen Eigenthümer in der letzten Zeit, weit entfernt ihm irgend Gewinn abzuwerfen, fortwährend bedeutende
Kosten verursachte und dessen Abonnentenzahl von Tag zu Tag mehr zusammenschmolz, für eine namentlich in jetziger Zeit so bedeutende Summe an sich bringen mochte. Personen die in der Regel gut
unterrichtet sind, haben uns neuerdings den Schlüssel zu diesem Räthsel gegeben; oder sollte es etwa unwahr sein, daß der deutsche Reichsunterstaatssekretär Bassermann seine deutsche Zeitung für 18000
Thlr. an die Krone Preußen verkaufte und der Buchhändler Reimer dabei nur den Zwischenhändler und Strohmann abgab? Es wäre interessant, hierüber aus authentischer Quelle Aufschluß zu erhalten.
[(M. Ab. Ztg.)]
Großbritannien.
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068
] London, 3. Februar.
Der mit Californien durch längeren Aufenthalt daselbst wohlbekannte Irländer Roß Cox schreibt an ein Journal Folgendes:
„Ich bin jeder Auswanderung unserer Landsleute nach Californien stark entgegen. Befände sich das Land in einem geregelten Zustande, herrschte Gesetz und Ordnung: so könnten unsere Landsleute
durch ihre Anstelligkeit, Mäßigkeit und Fleiß unzweifelhaft schnell ihre goldenen Träume verwirklichen. Allein grade das Gegentheil ist der Fall. Die Vereinigten Staaten haben erst kürzlich dies
Gebiet erworben und das gibt keinen Schutz weder für Leben noch Eigenthum. Ich kenne den unruhigen, waghalsigen Charakter der amerikanischen „Hinterwäldler“ und viele von ihnen haben
sich nach dem Goldthale des Sakramento aufgemacht. Es sind sämmtlich wahre Teufelsschützen, und geht's nicht mit der Büchse, so greifen sie zu ihren „Bowie“-Messern, die
gewöhnlich den Tod geben. Wer von unsern Inseln gleichwohl Lust tragen sollte, dahin zu gehen, der muß sich mit einer gezogenen Büchse, einem Paar Pistolen, Dolch und ein Paar
„Bowie“-Messern bewaffnen. Sie sollten auch nur in Schaaren von 50-100 vorschreiten, sich einen Hauptmann und Unterhauptleute erwählen, gute Wache und Aufsicht halten, als Arten des
Kampfes, zum Angriff wie zur Abwehr, namentlich aber mit der Büchse gut schießen lernen u. s. w. Solche kleine Gesellschaften können von Erfolg sein; was jedoch einzelne Abenteurer oder kleine
isolirte Häuflein betrifft, die das Land nicht kennen und eben so wenig die dortige Art zu kämpfen und zu bestehlen: so sage ich unverholen, daß sie allermeist wie Hirsche und Prairie-Hühner werden
todtgeschossen werden.“
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*
]
— Im Gegensatz zu den ministeriellen Soirée's vor Eröffnung des Parlaments, hatte der Vollziehungsausschuß der Chartisten-Association auf Seiten des Volks
ebenfalls eine Soirée (am 29. Januar) veranstaltet, nach deren Beendigung ein großes Meeting stattfand, bei welchem Stallwood den Vorsitz führte. Eine Menge Parlamentsmitglieder waren
eingeladen worden, z. B.: J. Hume, Th. Wakley. Sharman Crawford, Ralph Osborne etc., die sich meistens schriftlich entschuldigten. Auch O'Connor war durch dringende Geschäfte an der Theilnahme
verhindert. Duncombe wegen Krankheit abwesend. Der Vorsitzende bemerkte: „da ein Theil der eingeladenen Parlaments-Mitglieder nicht zugegen sein kann, der andere nicht will: nun, so
müssen wir schon ohne sie auskommen (Beifall). Sehen die reicheren Klassen, daß wir kompetent und unsere Arbeit zu thun entschlossen sind, dann werden sie uns schon ihren Beistand leihen. Er bringt
ein Lebehoch aus: „Das Volk, die Quelle aller politischen Macht!“ Inzwischen war Herr Lushington, Parlamentsmitglied für Westminster, kaum erschienen auch schon wieder fortgegangen.
Thomas Clark bemerkt über ihn, wie mehrere andere der Eingeladenen vom Unterhause: „Ihr plötzliches Weggehen oder völliges Nichterscheinen beweist blos ihren schlechten Geschmack und daß
sie unfähig sind, gute Gesellschaft zu würdigen (beifälliges Gelächter) und keine Neigung haben, sich werthvolle Belehrung zu verschaffen, selbst wenn sie ihnen ganz billig dargeboten wird (Beifall
und Lachen)“. Er fährt dann fort: „Ist der Grundsatz: „das Volk ist die Quelle aller politischen Macht“ richtig — und nur ein unvernünftiger oder um seine Vorrechte
besorgter Mensch kann dies bestreiten: so folgt daraus, daß alle politische Macht, die nicht vom Volke ausgegangen und sanktionirt worden, eine illegitime und mithin unser Parlament ein
Bastard-Parlament ist. Denn es ist nicht vom Volke ausgegangen, wie es doch der Fall sein müßte, wofern die von ihm fabrizirten Gesetze als bindend für die Nation zu betrachten sein sollen. Ich halte
dafür, daß die nichtvertretenen Millionen dieses Landes keinerlei moralische Verpflichtung zur Beobachtung von Gesetzen haben, deren Ursprung auf dem gegenwärtigen Parlamente beruht.
Der zweite Trinkspruch lautete: „Auf die Emanzipation des Volkes von politischer Knechtschaft durch jene weisen, gerechten und gleichheitliche Prinzipien, die in der Volkscharter
ausgesprochen sind!“ (Donnernder Beifall).
Julian Harney, den bei seinem Auftreten stürmischer Applaus
[1181]
begrüßte, wies die Nothwendigkeit der Erklärung, Vertheidigung und Ausbreitung der Volkscharter nach. Die Vertheidigung müsse gegenüber den schmählichen Verläumdungen der Bourgeoispresse gegen die
Chartisten kräftig geführt und der Lüge die Wahrheit entgegengesetzt werden. Man habe den Chartisten ihre „heftigen“ Reden vorgeworfen. Solche Reden gereichten nicht dem Chartismus,
sondern dem System der Ungerechtigkeit zur Schande, das zu Worten der Verzweiflung aufreize. Gewaltsamer Widerstand sei bei Engländern im Allgemeinen der letzte Gedanke. Höre man Engländer von
Nachahmung anderer Völker sprechen, so könne man daraus schließen, daß die so Redenden schreiendes Unrecht erdulden, und wenig oder keine Hoffnung auf gesetzliche Abhilfe vor sich sehen. Der Redner
skizzirt nun die voriges Jahr gegen die Chartisten ins Werk gesetzten Verfolgungen, wie die Regierung durch ihre Spione zu Komplotten, zur Anschaffung von Waffen etc. angereizt, und dann diejenigen,
welche in die Falle gegangen, vor die Gerichtshöfe habe schleppen und verurtheilen lassen. Zum Beweise, wie das Ministerium durch seine Spione fortwährend wirkt, liest er einen am nämlichen Abend ihm
zugestellten Brief vor, worin mehrere Mittel zur Vernichtung des Militärs und der Tyrannen angegeben werden (vergiftete Kugeln etc.) und die Aufforderung zur baldigen Anwendung enthalten ist…
Bei der Explosion des von Powell (berüchtigtem Regierungsspion) angezettelten Komplotts habe die „Times“ erklärt, jetzt endlich werde die Volkscharter begriffen. Man habe geglaubt, sie
bestände aus 6 Punkten; jetzt zeige es sich, daß sie nur aus 3 Punkten bestehe: Plündern, Brennen, Morden. Scheußlicheres, als dies, sei nie aus der Presse, selbst nicht aus der Times hervorgegangen.
Selbst angenommen, daß die dem Cuffey und Genossen schuldgegebenen Pläne auf Wahrheit beruhen sollten: so müßten diese doch Spionen, wie Powell und Konsorten gegenüber, noch als Engel dastehen und
weiß wie der Schnee, wenn man ihre angeblichen „Absichten“ mit den wirklich vollführten Schauderthaten solcher Raubmörder und Scharfrichter wie Windischgrätz zusammenstelle — mit
jenem Windischgrütz, den die Times seit 3 Monaten als ihren Lieblingshelden ausposaune. Während dieses Blatt das Morden, Plündern, Nothzüchtigen, Braten, Brennen und Sengen in Wien in den Himmel
erhebe und zur Nachahmung empfehle, sei es schaamlos genug, die Chartisten als Anhänger der Plünderung etc. zu bezeichnen. Harney setzte hierauf die Gerechtigkeit der in der Volkscharter enthaltenen
Punkte in einer durch Klarheit und Energie ausgezeichneten Rede auseinander. Noch viele Trinksprüche und Reden folgten, theils über „Kolonien im Innern und andere soziale Heilmittel,“
theils in Betreff der wenigen, aber kräftigen Vertreter, welche die Volkssache im Unterhause besitze, theils über die große Anzahl der politischen Gefangenen etc. In später Stunde trennte sich das
Meeting, und Thom Clark hatte Recht gehabt zu behaupten, daß eine Menge der eingeladenen, aber ausgebliebenen Parlamentsmitglieder an diesem Abende gar viel hätten lernen können.
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[
*
] London, 3. Febr.
Der Geburtstag des unsterblichen Thomas Paine wurde dieses Jahr feierlicher als je begangen. An 300 Personen hatten sich zu diesem Zweck im großen Saale des „literarischen und
wissenschaftlichen Instituts“ zu einem Thee versammelt. Als dieses Abendmahl beendigt war, öffnete man Saal und Gallerien dem Publikum, das so zahlreich einströmte, daß bald kein Mensch mehr
Platz finden konnte und eine große Zahl wieder umkehren mußte. Hetherington präsidirte. „Ein so zahlreiches Meeting,“ sagte er, „ist ein trefflicher Beweis von der
wachsenden Intelligenz unseres Zeitalters. Wer proklamirte je so unwiderstehbare, überzeugende Grundsätze als Thomas Paine in seinem Werke: „Erste Regierungsgrundsätze?“ Ich frage jeden
Menschen, der diese Schrift gelesen, ob er noch zu behaupten vermag, daß die Menschen auf gleiche politische Rechte keinen Anspruch haben? Aber Paine beschränkte sich sogar schon zu seiner Zeit nicht
auf bloße politische Rechte. Er schrieb seine: „Agrarische Gerechtigkeit“ und stellte den Grundsatz auf, daß jedes Menschenpaar die Mittel zu seiner Existenzgewinnung erhalten müsse; das
Volk sei bisher seiner Rechte beraubt gewesen. Ich freue mich, hier so Viele versammelt zu sehen, da sie zweifelsohne sämmtlich mitwirken wollen, um dem Volke sein Recht zu verschaffen.“
Es folgten hierauf Toaste und Reden. Holyoake gab den Trinkspruch: „Auf das Volk! Möge es muthig Alles wagen, was gewagt werden sollte!“ Miß Dyer: „Der Mann
(sagte sie) kann nicht frei sein, so lange das Weib Sklavin ist. (Lauter Beifall). Sie schlug als Toast vor: „Auf das Weib; möge es in Aufdeckung von Irrthümern fortfahren!“ R.
Buchanan: „Auf die sozial-demokratische Presse!“ Diese sei das Mittel, um die Fortschritts-Maßregeln durchzusetzen. In alter Zeit gab's zwei Klassen: Herren und Sklaven. In
neuester Zeit habe sich eine Mittelklasse aufgethan, deren Interesse es sei, alle von den Proletariern erzeugten Reichthümer in ihre Gewalt zu bekommen, um sie zu eigenem Profit zu vertheilen. Alle
Bewegungen der Neuzeit seien zur Erhebung jene: Klasse gemacht worden, doch die Zukunft gehöre den Proletariern. (Applaus.) Mittelst der Druckerpresse, durch Zeitungen und Broschüren habe die
Mittelklasse ihr Ziel erfolgreich angestrebt. Nun, so müssen auch wir uns der Presse bedienen, und besser als bisher.
W. Cooper: „Auf Paine und die Demokratie!“ Wir sind hier, das Andenken an Paine zu feiern, den unsere Väter in effigie verbrannten, an einen Mann, von dessen Grundsätzen es
hieß, daß sie nur des Abschaums der Erde werth wären und dessen Name als Vogelscheuche zur Einschüchterung der Kinder benutzt wurde. Paine's Schrift: „Gesunder Menschenverstand,“
habe zum Unabhängigkeitskampfe angefeuert, der mit Errichtung einer glorreichen Republik endigte. Die Amerikaner hatten von Uebersteuerung gesprochen. Paine erklärte sofort: „Besteuerung ohne
Vertretung ist Tyrannei und ihr sollte Widerstand geleistet werden!“
Der Vorsitzende: „Auf Robespierre und die übrigen Märtyrer sozialen Fortschritts!“
B. O'Brien motivirte diesen Toast, indem er zeigte, wie auf Veranstaltung der feigen Tyrannen, der gekrönten und ungekrönten, Robespierre auf's Erbärmlichste verläumdet und den
Erwachsenen, wie noch mehr der Jugend, gewöhnlich in einem ganz schauderhaften Zerrbilde dargestellt worden. Es folgten noch einige Reden, worauf das Paine'sche Gedächtnißfest mit Absingung der
Marseillaise geschlossen wurde.
Französische Republik.
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*
] Paris, 4. Febr.
Immer neue Thatsachen kommen zum Vorschein, die auf's Klarste herausstellen, daß sämmtliche monarchische Parteien am vorigen Montag sich zu einem Staatsstreich Rendezvous gegeben hatten.
Vergebens sucht der Moniteur durch allerlei, ihm offen nachgewiesene Lügen, und durch Zusammenstellung harmloser Fakta, den Schein eines demokratisch-sozialen Complotts heraufzuzaubern; kein Mensch
glaubt daran, während das Ministerium, die Napoleonisten, und besonders die Royalisten von der Wucht der unleugbarsten, schlagendsten Thatsachen erliegen.
Wir verweisen vor Allem auf den Contrepolizeibericht in dieser Nummer. Wir fügen noch andere Thatsachen hinzu:
Das royalistische Journal de l'Aisne, anerkanntes Organ Odilon Barrot's, „bietet“ am vorigen Montag, 29. Januar, am Tage des Komplotts, den Rothen
„Krieg an“ — natürlich in der Erwartung, die Republikaner würden dieses Anerbieten an demselben Montag acceptirt haben.
In Caen hatten am 29. Januar notorische Royalisten Attroupements und Prozessionen organisirt, die die Marseillaise singend, durch die Straßen zogen und zu Collisionen provocirten. Die bekanntesten
Royalisten waren theils unter ihnen, theils folgten sie ihnen in einiger Entfernung. Der Plan scheiterte.
In Straßburg entließ die Regierung am 29. plötzlich 300 Arbeiter des Zeughauses. Auch hier gelang es nicht, eine Ruhestörung zu provociren.
Das royalistische Mémorial Bordelais veröffentlichte einen Brief aus Paris vom 28. Januar, dem Tage vor dem Ausbruch des Complotts, worin es heißt:
„Heute, Sonntag, geht die Post früh ab. Das Wetter ist kalt, ein feiner eisiger Regen schlägt die Lust nieder sich auf der öffentlichen Straße zusammenzurotten. Heut morgen ist die Stadt
ruhig; aber morgen, Sturm in der Kammer und vielleicht auch in der Straße. Was und etwas beruhigt, ist, daß eine zahlreiche Armee früh auf den Beinen sein wird; die Kanonen um die Versammlung, die
Dragoner, Ulanen und Kürassiere zu Pferde. Die Regimenter in den Forts und der Umgegend sind in die Stadt gezogen oder haben Befehl erhalten, sich zu nähern.
Wer hatte dies Royalistenblatt 24 Stunden, ehe Marrast selbst davon wissen wollte, von den Rüstungen unterrichtet?
Ein royalistisches Journal von Nevers enthielt einen, Paris, 28. Jan. datirten Artikel, worin die Nationalversammlung, die Constitution, die republikanische Regierungsform und das allgemeine
Stimmrecht in der heftigsten Weise angegriffen und eine neue Art Repräsentation oder National-Delegation in Aussicht gestellt wird.
Das royalistische Journal de Maine u. Loire endlich sagt offen heraus:
„Die guten Bürger mögen sich nicht betrüben… Jeder glaubt in diesen Symptomen die Vorzeichen einer heißerflehten Aenderung zu finden, und man hofft, daß der erwartete große
Akt zu Stande kommen wird ohne Schwertstreich.
„Und so möge denn Frankreich, in seinen Urversammlungen gesetzlich zusammen berufen, sich endlich über die Regierungsform aussprechen, die ihm am meisten zusagt.
„Wenn der Entschluß, den der Präsident und seine Minister gefaßt haben, übertrieben erscheint, wenn ein Staatsstreich von den alten Republikanern für ein Verbrechen
erklärt wird, so kann man ihnen immer sagen, daß es nur der Nation zukommt, diesen souveränen Akt zu qualifiziren.“
Diese Stellen, die in der Nationalversammlung am Samstag von sich reden machten, stehen in einem Artikel, der den versuchten Staatsstreich vom Montag ebenfalls vorhersagt.
Welche Absichten die Royalisten hatten, darüber gibt folgender Brief einer legitimistischen, Dame, datirt 28. Jan., Aufschluß:
„… mit einem Schlage werden wir die Bonapartisten und die Republik vernichten. Man wird alle Truppen nach Paris kommen lassen, deren Generale unsere Freunde sind; Louis Napoleon wird
sich den Truppen zeigen; diese werden rufen: es lebe der Kaiser, und das Volk, im Voraus bezahlt, wird ihn nach den Tuilerien führen wollen. (!) Aber Republikaner, die man davon vorher in Kenntniß
setzen und ebenfalls bezahlen wird, werden den neuen Kaiser tödten. Dann, um diesen Mord zu rächen, werden die Soldaten und die Unsrigen über diese Republikanerkanaille herfallen und wir werden sie
ein für allemal zu Boden schlagen. Man wird diese Ungeheuer von Deputirten anklagen und verurtheilen, und unser Engel, unser Erlöser wird kommen, uns Frieden und Glück zu bringen. Dann
werden unsere erschreckten Bauern etwas resignirter und etwas weniger grob werden.“
Trotz der romanhaften Auffassung der edlen Châtelaine, sieht man deutlich aus diesem Brief, wie die Royalisten nur auf den Kampf zwischen Bonapartisten und Republikanern lauerten, um ihn für
ihre Zwecke auszubeuten.
Der National selbst spricht von einem royalistischen Komplott das im Ministerium ausgeheckt sei, und wonach die Demonstration von Montag nur eine Probe gewesen, und die wirkliche Aufführung des
Stücks erst in einigen Tagen an die Reihe komme. Man wolle ganz Paris in aller Stille während der Nacht militärisch besetzen. Die Departements würde man den Abend schon durch die Nachricht einer in
Paris ausgebrochenen Revolution zum Marsch nach Paris rufen. Zweitausend Verhaftungen, darunter in erster Reihe die Chefs der gemäßigten Republikaner, die Minister und höheren Beamten
Cavaignac's, würden während der Nacht vorgenommen, und am nächsten Morgen der Staatsstreich vollzogen. Einige Minister, und speziell Herr Barrot, sollen indeß nicht in dem Komplott sein.
Kurz, die Absicht des Staatsstreichs vom Montag wird täglich unleugbarer. Wenn aber noch ein Zweifel bestehen könnte, so wird er niedergeschlagen durch das Beharren der Minister in der Regierung
trotz aller Mißtrauensvoten der Kammer.
Gegen die Kammer können die Minister nicht regieren, also müssen sie, wenn sie nicht abtreten wollen, die Kammer stürzen, und das können sie nur durch einen Staatsstreich. Seit Montag sind sie 8
Tage an der Regierung geblieben, und gestern, Samstag, haben sie wieder ein Mißtrauensvotum erhalten: Mit 407 gegen 387 Stimmen hat die Kammer die einfache Tagesordnung in Beziehung auf die
parlamentarische Untersuchung über die Montags-Ereignisse verworfen. Die Minister regieren indeß ruhig fort, (und zwar nach einer ähnlichen Theorie wie Brandenburg-Manteuffel, siehe unten Berlin). Sie
sagen: Allerdings, so lange der Staatschef unverantwortlich war, mußten die Minister abtreten, sobald sie die Majorität verloren; aber jetzt, wo wir einen verantwortlichen Staatschef besitzen, ist
jedes Mißtrauensvotum gegen die Minister zugleich ein Mißtrauensvotum gegen den Präsidenten; und da dieser doch Präsident bleibt, so können die Minister auch Minister bleiben trotz der Kammer.
Aber ebenso wie hinter Brandenburg-Manteuffels Theorie steckt hinter der Odilon-Barrot'schen Phrase nichts als der Staatsstreich, die Sprengung der Kammer. Es ist keinem Zweifel unterworfen,
daß das so arg kompromittirte Kabinet sich nicht mehr halten kann, wenn es nicht, sei es bei der Proposition Rateau, sei es bei der nächsten Gelegenheit, seinen Staatsstreich zur Ausführung
bringt.
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17
] Paris, 4. Febr.
Die föderalistischen Mucker des Girondedepartements sind wieder sehr lebhaft; die „honnetteste aller Städte des Südens,“ das holzköpfige Bordeaux, wo der aus dem Februarexil
heimgekehrte Minister Tanneguy Duchatel vorläufig sich aufhält, erläßt seit einer Woche abermals komplete Proklamationen in ihren beiden kreuzritterlichen Schandorganen: Memorial und Courrier, worin
für den „höchst betrübsamen Fall eines Sieges der Mordbrenner, Gleichmacher, Guillotinirer und Papiergelddrucker zu Paris,“ die Ortschaften der Gironde ermahnt werden, des „alten
Ruhmes Acquitania's“ eingedenk zu bleiben und dem glorreichen Beispiele der Deputirten vom Jahre 1793 zu folgen, d. h. sich gegen Paris zu insurgiren, es aber diesmal
„energischer“ zu betreiben, um nicht wieder „der Riesenschlange Paris“ zu unterliegen. Faktisch ist, daß der Stadtrath von Bordeaux, aus den reichsten und abgefeimtesten
Junkern und Bourgeois bestehend, über eine bedeutende Summe Geldes in den Säcken der Kaufleute, deren Handelskammer ihm sogar Hülfe freiwillig angeboten hat, verfügen kann. Faktisch ist ein lebhafter
Telegraphenwechsel kurz vor, während und nach dem 29. Januar zwischen Paris und Bordeaux, wodurch letzteres ermächtigt ward, mit seiner Bürgerwehr und der aus den Departementalgemeinden der
„bedrängten“ Republik zu Hülfe zu fliegen. Mit andern Worten: das Königthum in Paris herstellen zu helfen. Graf Molé, der greise Spitzbube, von Bordeaux in die Kammer gewählt, hat
die Hauptfäden in der Hand. Mit dem österreichischen Lloyd und der N. Preuß. Ztg. und der Times wetteifernd, schleudert der Courrier de la Gironde den Bannfluch auf die „Handvoll frecher
Ordnungsstörer, die einer Nation von 35 Mill. zu trotzen wagen.“ Und das pariser Organ des Grafen Molé, die „Assemblee Nationale,“ bringt seit einigen Tagen Leitartikel in
Form von Briefen aus London, die selbst bei einem an dererlei gewohnten Beobachter ein gewisses Erstaunen erregen. Diese mit einem Hufeisen unterzeichneten Briefe, nachdem sie den österreichischen,
preußischen, neapolitanischen, französischen und sonstigen Heeren Europa's für ihre „ritterliche“ Bekämpfung der „Freiheitstollwuth vom Jahre 1848“ Lob gespendet, ja
eingestanden, daß nur die Heere Europa's Gesellschaft diesmal gerettet haben, rufen zur „Züchtigung der schon demüthig werdenden Schweizer Radikalen,“ zur „Herstellung des
Berner Patriciats und der Urkantone, der ächten Tellsöhne“ auf. Gegen dieses ist die Opposition der Demokratie immer noch sehr lahm.
Während die Ledru-Rollianer und sonstige Fraktionen der Demokraten Lärm machen, handeln die Feinde. Da ist z. B. die „brüderliche Gesellschaft des Napoleons-Comités.“
„Unser Zweck ist, einen mächtigen Verein zu formiren, der alle intelligenten und lebendigen Kräfte der großen Napoleonspartei verbindet und dem Erkorenen der sechs Millionen Franzosen Beistand
bringt, damit er die erhabene Mission erfülle, die das Land ihm auflegt. Jedesmal, wenn das Volk Vertreter zu ernennen hat, werden die Mitglieder des Napoleons-Comité in die Wahlarena
hinabeilen, und durch Wort und Journal für Kandidaten auftreten, die dem Bürger Louis Bonaparte in der politisch-sozialen Umformung, der er sich gewidmet hat, behülflich sein können. Der Verein
besteht in 28 Stiftern oder organisirenden Kommissarien; in 140 Generalkommissarien; in 1400 Spezialkommissarien; in 14,000 Sektionschefs; in 140,000 Brigadechefs, deren jeder unter seinem Befehl eine
unbeschränkte Menge Theilnehmer hat. Jedes der 14 Seinearrondissements ist durch zwei Organisatoren vertreten. Jedem Organisator sind 10 Generalkommissarien beigegeben. Jeder Generalkommissar hat 10
Spezialkommissarien unter sich.
„Jeder der letzteren hat 10 Sektionschefs, jeder dieser hat 10 Brigadechefs unter sich; jede Brigade darf nicht über 20 Mitglieder anwachsen. Auf dem Gipfel des Ganzen steht das Directorium:
Präsident, Vicepräsident, Generalsekretär, Schatzmeister, zwei Untersekretäre und vier Assessoren. Die Stifter und Generalkommissäre zahlen ein Mal zwei Franken. Monatlich zahlt man zehn Sous, die der
Brigadechef sammelt und an den nächsten Obern abliefert, dieser weiter, bis an das Napoleonscomite oder Direktorium. Jedes Mitglied erhält eine Medaille, verschieden nach den Graden. Sitz des Vereins
ist … Das Sekretariat ist offen von 10 Uhr bis 4, außer Sonntags, wo es um 1 Uhr schließt. Das Comite ist Hülfe den Mitgliedern schuldig.“ Dies erbauliche Aktenstückchen wird von der
„Revolution democratique sociale“ mitgetheilt, die es von einem Arbeiter hat, der fünfzig Sous dafür hatte zahlen müssen; etwas theuer also ist diese kaiserthümliche Machination. Das
Ministerium kapert inzwischen an 800 Demokratenchefs weg; so hoch soll die Summe der seit 8 Tagen Eingesperrten bereits sich belaufen. Aus Marseille und Lille kamen gestern Petitionen gegen Auflösung
der Kammer mit elftausend Unterschriften, aber das ist noch sehr wenig im Vergleich zu den dreihunderttausend für Auflösung. Die Maithusianer sind so eifrig auf schleunigste Auflösung der Kammer
bedacht, weil sie fürchten, die Bergpartei werde noch in aller Eile volksthümliche Vorschläge einreichen, wodurch sie einen antiköniglichen Einfluß auf die Wähler ausüben könnte; in der That hat, nach
Proudhon'schem Vorgange, Brives so eben folgendes proponirt: „In Betracht daß die Februarrevolution Handel und Industrie dergestalt zerrüttete, daß daraus ein Fall von force Majeure
entspringt; folglich Leiher wie Entlehner, Vermiethende wie Miethende, als vor dem Civilgesetze gleiche Personen, auch gleichmäßig den Druck des Falls von force Majeure tragen sollen; in Betracht, daß
noch gar kein Ende der Beschwerden dieser Art, bei dem gegenwärtigen Zustande Europa's, abzusehen; endlich in Betracht, daß die Hypothekengläubiger die faktischen Eigenthümer und Genießer der
vermietheten Grundstücke sind: möge die Nationalversammlung beschließen, daß die Miethe der Häuser und Grundstücke, die vor dem 24. Februar 1848 vermiethet wurden, um 25 pCt. während 1849 und
1850 herabgesetzt wird; beschließen daß die vor dem 24. Februar 1848 stipulirten Hypothekenzinsen um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt werden; beschließen daß wenn der Vermiethende den
Vertrag auflösen will, er den Miethenden 6 Monate vorher in Kenntniß setzen soll, aber die Vertragsauflösung nicht erzwingen darf, sobald der Miethende von Häusern oder Grundstücken auf obige
Preiserniedrigung verzichtet.“
Kein Mensch zweifelt, daß, wenn solcherartige Artikel zu den französischen Bauernohren den Weg sich bahnen könnten, in kürzester Frist die franz. Bauernfäuste den kürzesten Weg an die Gurgeln der
Reichen und Edelleute zu finden wüßten. Das ganze Manöver besteht also darin, daß die Reaktionäre den Revolutionären allen journalistischen Einfluß auf die Landleute bisher abgeschnitten haben.
Die Proposition, das Jesuitenministerium in Anklage zu bringen, ist trotz der ziemlich imposanten 250 Unterschriften von Deputirten durch das Justizkomite, dessen Berichterstatter der triste Hr.
Baze, verworfen worden; in den Bureaus hätte sie wahrscheinlich durchzudringen vermocht.
Die Reaktion schießt in allen Blättern deshalb Viktoria, indeß ist der Rateausche Antrag auf Montag verschoben, und wir rathen ihr noch nicht zu triumphiren.
„Sie werden wohl nicht eher zu Kreuz kriechen, diese Herren Koblentzer und Chouans, (sagt der Republicain de l'Allier) als bis die mittelalterliche Jaquerie in moderner Form
wiederholt ist, mit andern Worten, bis diese Edelleute, die die Guillotinen-Lektion von 1793 längst ausgeschwitzt haben, nochmals von Staatswegen vogelfrei erklärt und den Jagdbüchsen und Aexten ihres
Landproletariats überliefert werden; Gott gebe, daß es nicht soweit kommen muß. Die franz. Großbourgeoisie oder Finanzerie ist verbrüdert mit dem Junkerthum, mit dem großen Bodenbesitz, und
komplotirt bei uns wie überall, mit dem Junkerthum gegen die Menschheitsentwicklung. Unsere Mittel- und Kleinbourgeoisie schwankt, zittert, taumelt hin und her; obschon sie, wenn sie weiter als ihre
Nase sehen könnte, begreifen müßte, daß ihrem Handel, ihrer Industrie jetzt vom grundbeherrschenden Junkerthum der Krieg erklärt worden ist. Und es kann am Ende dahin kommen, daß dieser edle Adel die
infame Stadt der Ladenleute, wie Paris in der Adelssprache unserer Provinzen heißt, mit Bomben begrüßen wird. Das geschieht dem Ladenmanne recht, der das Volk fürchtete.“
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12
] Paris, 4. Februar.
Der 29. Februar wird jeden Tag klarer; die demokratische Presse ihrerseits hat eine enquête eröffnet, und die enquête hat ein Dokument zu Tage gefördert, welches sie mit Recht einen
Kontrepolizei-Bericht nennen kann.
Vor allen Dingen ist es nothwendig, die Männer zu kennen, die an der Spitze der jetzigen Polizeipräfektur stehen, und da finden wir dieselben Namen, die unter Louis Philipp als verrucht dastanden
und sich zu allen polizeilichen Manövers gebrauchen ließen: Carlier, Chef der Munizipalpolizei und in Wirklichkeit Präfekt; Doussi, Direktor der allgemeinen Polizei im Ministerium des Innern;
Froussard, General-Inspektor und Cramette, ehemals bei der Person Louis Philipps attachirter Polizei-Commissar.
[1182]
Auf der Polizei liegen beständig die Listen der Mitglieder von Clubs und sonstigen Personen, die sich mit Politik beschäftigen. Sobald es sich daher von Komplotts und sonstigen Anschlägen handelt,
ist sie im Stande, mehr oder minder zahlreiche Gruppen und Kategorien von „politischen Attentätern“ arretiren zu lassen und sie dem Staatsprokurator zu verschreiben. Schon unter Gervais
hatte Carlier auf Errichtung von sogenannten „Mausefallen“ angetragen, die darin bestanden, daß man gleichzeitig mit den vorzunehmenden Arrestationen die militärische Besetzung von Paris
vornahm: Truppen und Artillerie um die Nationalversammlung, Soldaten versteckt in die Tuillerien, die Faubourg's abgeschnitten durch starke Militärmacht, kurz, der ganze strategische Plan, wie
er von Changarnier ausgeführt ward, fand sich lange vorher von Carlier entworfen. Mit solchen Mitteln, wenn sie von falschen Gerüchten unterstützt wurden, war es ein Leichtes, den Schrecken in Paris
und in den Provinzen zu werfen, zur Erzielung desjenigen Resultates, das man sich jedesmals zu erreichen beabsichtigte. Carlier war als Royalist bekannt, und er konnte daher auch unter dem folgenden
Präfekt Ducoux seinen Lieblingsplan nicht ausführen. Aber Ducoux wußte auch recht gut, daß Carlier in beständiger Verbindung blieb mit Thiers und sogar mit den legitimistischen Repräsentanten. Schon
am 21. September bei der Wahl dreier Deputirten für Paris, hatte Carlier vor, seinen Lieblingsplan spielen zu lassen; aber damals wollte er gegen die Partei Bonaparte's operiren, indem er sie
zu einer Demonstration zu veranlassen suchte. Sein Plan scheiterte, weil Bonaparte und Murat den Herrn Ducoux persönlich von dem geheimen Treiben des Herrn Carlier in Kenntniß setzten.
Barrot behauptet zwar mit olympischer Unschuld, er habe in Folge der Verabschiedung von Mobilgardisten an den bevorstehenden Ausbruch einer Verschwörung geglaubt. Barrot's Glauben mag
gegründet sein, aber nicht weniger steht fest, daß alle Regimenter, die man von der Alpenarmee nach Bourges dirigirte, unter dem Vorwand des Schutzes für den dorthin berufenen hohen Gerichtshof und
der Bewachung der von Vincennes dorthin zu transportirten Gefangenen, keinen andern Zweck hatten, als unter Bugeaud's Kommando nach Paris zu marschiren Man hatte ebenfalls nicht ohne Absicht
der ersten und zehnten Legion, die schon am 28 Januar ihren neuen Oberst anerkennen sollten, den Tagesbefehl zugeschickt, diese Anerkennung erst am 29. vorzunehmen. Aber statt den Rappell am 29. bloß
für diese beiden Legionen zu schlagen, schlug man ihn ebenfalls im Quartier der zweiten Legion. Alles dieses, um möglichst viele und zuverlässige Truppen unter Waffen zu haben. Die obigen 3 Legionen
sind als royalistisch bekannt. Aber die Nationalgardisten erschienen ungemein spärlich, nicht den zehnten Theil des Effektiv-Bestandes brachte man zusammen, und diejenigen, welche erschienen, machten
mit den Truppen gemeinschaftliche Sache und sprachen sich in herben Worten gegen Barrot, Faucher und Changarnier aus. Man kennt die Geschichte von Forestier, der einen Brief sogar an Marrast
geschrieben hatte, um der Versammlung den Schutz seiner Legion anzubieten. Dieser Brief, vom Hauptmann Lamy an seine Adresse abgesandt, blieb ohne Antwort. Die Obersten der andern Legionen, als sie in
den verschiedenen Quartiers den Rappell schlagen hörten, versammelten ihre Kompagnieen mit dem festen Entschlusse, der National-Versammlung zur Hülfe zu eilen.
In der 10. Legion, welche bekanntlich das aristokratische St. Germain Quartier in sich begreift, bemerkte man Gardisten, die man früher nie gesehen, mit Jagdgewehren und Glanzstiefeln, die sich
allenthalben sehen ließen, nur in den Wachtstuben für den gewöhnlichen Dienst nicht. Viele waren von ihren Schlössern herbeigeeilt zu dem großen Legitimistenkongreß, der am 26. Januar unter den Augen
und so zu sagen den Auspizien der Polizei eröffnet ward. Offiziere von der ersten Legion kolportirten Petitionen und sammelten in den Reihen ihrer Gardisten Unterschriften für die sofortige Auflösung
der Kammer.
(Schluß fdlgt).
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@facs | 1182 |
Paris, 4. Feb.
Herr Forestier, der mit [s]oviel Lärm Verhaftete, ist bereits wieder in Freiheit gesetzt. Das angebliche republikanische Komplott löst sich täglich mehr in Dunst auf.
— Die Republique kündigt auf morgen die Wiedereinsetzung des Hrn. Barthe in seine Funktionen als erster Präsident des Rechnungshofes an. Hr. Barthe war unter Louis Philipp ein Hauptverfolger
der Republikaner. Deßgleichen sollen die von der prov. Regierung suspendirten Cassationsräthe Merilhou und Lavielle rehabilitirt, ferner der gleichfalls suspendirte Generaladvokat und Preßverfolger
Bresson zum Appellationsrath ernannt werden. Acht republikanische Parketbeamte sollen abgesetzt und durch Royalisten ersetzt werden. Das sind die neuesten Nachrichten aus dem Palais deo Justice.
— In der Straße Neuve-de-Cluny wirft eine unsichtbare Hand schwerre Steine mit großer Gewalt gegen ein Haus. Die Polizei kann trotz der größten Mühe nicht herausbekommen woher diese
Wurfgeschosse kommen. Wenn sie es nicht herausbekommen kann, so hat das keinen andern Grund als weil sie es nicht will. Die ganze Geschichte ist offenbar ein Polizeipuff.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1182 |
Gerichtlicher Verkauf.
Am Freitag den 9. Februar 1849, Vormittags zehn Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Waidmarkte zu Köln: 400 Stück halbe Häute wild Sohlleder und 24 Stück halbe Häute Zeugleder, dem Meistbietenden
gegen baare Zahlung öffentlich verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Simons.
Schifffahrts-Anzeige.
In Ladung im Sicherheitshafen nach Mannheim Ant. Adams.
Entbindungs-Anzeige.
Die gestern Abend erfolgte glückliche Entbindung meiner Frau, geb. Sophie Froitzheim, von einem gesunden Knaben, zeige ich Verwandten und Freunden, statt besonderer Meldung, ergebenst
an.
Köln, den 6. Febr. 1849.
Carl Schlegel.
Die Heuler-Partei hiesigen Ortes knirscht noch vor Wuth, und läßt täglich Beweise ergehen ihres Unwillens, über das am 24. Januar Abends unserm Wahlmanne Krämer dargebrachte
Vivat, welches unter donnernden Salven abgelegt wurde.
Eschmar bei Sieglar, 3. Febr.
Mehrere demokratische Urwähler.
LA SILHOUETTE, ILLUSTRATION POUR RIRE, 600 vignettes par an, 52 rébus illustrés. Une livraison chaque dimanche, égale à deux numéros du Charivari,
illustrée par les meilleurs artistes et rédigée par les plus spirituels écrivains de la presse parisienne. Voilà ce que la Silhouette donne pour le prix de 6 fr. par
an, 3 fr. 50 c. pour six mois (2 fr. en sus par an pour la provinee.)
Primes rendues gratuitement chez l'abonné: pour six mois: Les Journées de Juin, 1 vol in-32, avec 50 vignettes, portraits, etc., et un album de caricatures, charges et
actualités comiques. — Pour un an, les mêmes ouvrages, plus la Bourse etles Boursiers, 1 vol. in-32, avec 100 caricatures. — On s'abonne à Paris, rue
Feydeau, 22; en province, chez les libraires, aux Messageries; à la poste, par mandat. (Affranchir.)
La Silhouette vient de commencer la biographie de M. Emile de Girardin. Les personnes qui souscriront pour le 1er janvier 1849 recevront gratuitement les premiers chapitres de cette biographie qui
auront paru avant la date de leur abonnement.
COURS COMPLET D'HISTOIRE NATURELLE, médical et pharmaceutique ou resumé des diverses ouvrages concernant l'origine, l'histoire, la description, les
propriétés et l'usage des substances medicamenteuses, tirèes des trois regnes Par Cuvier, Richard. 2 Vol. groß Format und 1 Atlas mit 160 Tafeln, Abbildungen. (Ldpr. 13 1/2
Thlr.) nur 3 1/2 Thlr.
Dasselbe Werk ohne Atlas für 1 1/2 Thlr.
Biographieen berühmter Griechen in genauer Verbindung mit der gleichzeit. Geschichte Griechenlands von T. Homberg. 2 Bände. (Ldpr. 1 1/2 Thlr.) für 17 1/2 Sgr
Bei G. Tonger, Pauluswache.
Die Offiziere, welche gestern die zahlreichen Patrouillen, die die Stadt durchzogen, commandirten, schienen keine 24 Jahre alt zu sein.
Dem Vernehmen nach waren diese militärischen Maßregeln angeordnet, um die zahlreichen militärischen Schlägereien, welche in den letzten Tagen vorgefallen, für die Zukunft zu verhindern.
Wenn dieses der Fall: welche Consequence Herr Stadtcommandant, Ritter etc. Engels!!!
„Neue Rheinische Zeitung.“
Die Herren Aktionäre werden hiermit auf kommenden Samstag den 10. d., Abends 8 Uhr, mit Bezugnahme auf den §. 38 des Statuts zu einer General-Versammlung bei Hamspohn im Freischützen
eingeladen.
Köln, 5. Februar 1849.
Die Geranten.
der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
Großherzoglich Badisches Staats-Anlehen von fl. 14,000,000 Ziehung am 28. Februar in Karlsruhe. Hauptgewinne: fl. 50,000, fl. 15,000, fl. 5000, 4 à fl. 2000, 13 à fl.
1000 etc. etc. Aktien à 1 Preuß. Thlr. empfiehlt das unterzeichnete Handlungshaus, unter Zusicherung der pünklichsten Besorgung so wie der Einsendung der amtlichen Ziehungslisten nach
stattgefundener Ziehung. Verloosungsplan gratis.
Moriz J. Stiebel, Banquier in Frankfurt am Main.
N. S. Der Verloosungsplan liegt auf dem Comptoir dieser Blätter zur Einsicht auf.
Stollwerck'scher Saal.
Heute Mittwoch den 7. Februar Abends 9 Uhr Dritter grosser Masken-Ball unter Leitung des Herrn Franken Sohn.
- Billets für Herren à 15 Sgr.
- Billets für Damen à 7 1/2 Sgr.
sind bei Unterzeichnetem, und bei Herrn Franken
Sohn, Sassenhof, so wie Abends an der Kasse zu
haben.
Franz Stollwerck.
Herr M. HUTTER große Vorstellung des Monster Elephanten täglich von Morgens 10 bis Abends 7 1/2 Uhr.
Die Fütterung wird um 11, 2, 3, 4 und 5 Uhr stattfinden. Um 6 Uhr Haupt-Fütterung, wo man zugleich sehen kann, wie er 6 bis 8 Eimer Wasser verschlingt, und auf welche Weise er sich des Rüssels
bedient um das Wasser zu sich zu nehmen. Um 7 Uhr letzte und große Fütterung.
Ich empfehle mich mit Metzer Strohstühle, so wie alte Stühle in Rohr oder Stroh zu flechten, sowie in Besen und auch zu repariren. Unter Pfannenschläger Nro. 26.
N. Mouth.
10 Thlr. Gold demjenigen, der einem in mehreren Branchen routinirten Commis ein dauerndes Engagement verschafft.
Adressen bittet man unter Chiffer H. H. poste restante Breslau abzugeben
Eine Karnevals-Garderobe ist billig zu kaufen. Die Expedition sagt wo.
Maskenkleider und Dominos sind zu leihen bei Hayn, Altenmarkt Nr. 71.
Coblenzer Fastenbrezel täglich frisch bei J. Haupt, Columbastraße Nr. 3.
Fetter ger. Wintersalm, Bricken und Kabeljau, bei Veith, Lindgasse Nr. 1.
Die rühmlichst bekannten Stollwerck'schen Brustkaramellen haben sich ununterbrochen vermöge ihrer vorzüglichen Wirkung, als ein treffliches Mittel gegen leichte Hals- und
Brustbeschwerden, so wie beruhigend und erleichternd bei schmerzhaftem Auswurf bewährt und hierdurch nicht allein in ganz Deutschland große und allgemeine Anerkennung gefunden, sondern auch über
dessen Gränzen hinaus einen europäischen Ruf erlangt, da mir fortwährend selbst aus den entferntesten Ländern Bestellungen zukommen. So wie für Kranke dieses Fabrikat ein fast unentbehrliches
Hausmittel geworden ist, bietet es zugleich für den Gesunden einen angenehmen Genuß, und darf ich daher mit vollem Rechte dasselbe dem geehrten Publikum wiederholentlich empfehlen, indem ich nochmals
darauf aufmerksam mache, daß jenes Fabrikat mit der größten Vorsicht und Sorgfalt eigenhändig nur von mir bereitet wird, so daß die Art und Weise der Komposition der Brust-Karamellen mir allein
bekannt ist, und daher wohl das geehrte Publikum um die Fortdauer des mir seither geschenkten ehrenvollen Vertrauens bitten darf.
Zur Erleichterung meiner geehrten Abnehmer, habe ich in den meisten Städten Deutschlands Niederlagen errichtet, so auch hier in Köln bei den Herren:
C. J. Högel, Quirinstraße 5.
W. F. Kirchner, Hohestraße 77.
Wilh. Ant. Hospelt, Apostelnstraße 9.
Herm. Gerhartz, Altenmarkt 73.
Jos. Sauset, Unter Seidmacher 11.
G. Tonger, Pauluswache.
Weiler, Gottesgnaden 9.
Franz Strick, Marsplatz 6.
Dieselben sind hier in Köln nur bei mir und bei den obenbezeichneten Herren das Paket à 4 Sgr. oder 14 Kreuzer zu haben.
Franz Stollwerk, Hoflieferant.
Ich wohne von heute an Langgasse, am Appellhof Nr. 19. Köln, den 29. Januar 1849.
Laufenberg, Advokat.
Ein ausgezeichneter, sehr elegant gearbeiteter Daguerreotyp-Apparat von Voigtländer ist zu 40 Thlr. zu verkaufen. Dem Käufer wird auf Verlangen, die Kunst des Daguerreotypirens
unentgeldlich gelernt.
Vorzüglicher 46r. Zeltinger ang estochen.
Oberländ. Küche, Langgasse 1.
Konzessionirtes
Vaudeville- Theater.
Mittwoch den 7. Februar 1849:
Zum Erstenmale wiederholt:
Bei Hofe der Häßlichste.
Lustspiel in 4 Akten v. H. S. v. Scharffenstein.
Entrée 10 Sgr., wofür Getränke verabreicht werden.
Kassa-Eröffnung um 6 Uhr.
Anfang 7 Uhr.
Franz Stollwerck.
250 Thaler gegen sichere Hypothek zu haben. St. Agatha Nr. 3—.