Deutschland.
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@facs | 1139 |
Köln, 29. Jan.
Ueber den Ausfall der Wahlen im Osten gehen uns folgende hervorzuhebende Mittheilungen zu:
Pommern: In den Städten hat die Opposition unzweifelhaft gesiegt. Am entschiedensten hat sich Colberg erklärt, da es unter 38 Wahlmännern 34 Demokraten durchgesetzt und zwar mit
immensen Majoritäten und meist bei der ersten Abstimmung. In Graudenz sind unter 35 Wahlmännern 21 entschiedene Demokraten.
Schlesien: Ungeachtet der Belagerungszustände, die theils wirklich proklamirt, theils thatsächlich (wie im Liegnitzer, Löwenberger etc. etc. Kreise) vorhanden sind: haben die Landkreise
überwiegend, eine Menge derselben fast ausschließlich im demokratischen Sinne gewählt.
Preußen: Königsberg hat 76 Konstitutionelle (Reaktionärs) und 165 Demokraten gewählt, Insterburg unter 39 Wahlmännern 34 Demokraten; Pillau lauter Demokraten, mit Ausnahme
eines Konstitutionellen oder Preußenvereinlers, Tilsit eine bedeutende demokratische Mehrheit.
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15
] Düsseldorf, 28. Jan.
Schon sahen wir im Geiste wieder unsere freundlichen Straßen gesperrt von jenen messingbehelmten Engeln, schon hörten wir die barsche schnarrende Stimme der „Zaruckers“: „Hier
ist keine Passage nicht!“ und manchem jugendlichen Lieutenant mochte das Herz unruhig in der wattegewölbten Brust schlagen bei dem Gedanken an die Heldenthaten, die ihm durch Verhängung des
gesegneten Belagerungszustandes auszuführen möglich gemacht würden. Doch diesesmal hat uns ein gütiges Schicksal vor jenem Wrangel-Drigalski'schen Himmel bewahrt, der durch Kartätschen,
Shrapnells Ruhe und Ordnung sichert. Die Konsequenz und die Würde unserer Wahlmänner fungirten als jenes Schicksals.
Trotz der Drohung des Hrn. v. Faldern, die Versammlung der Wahlmänner wieder mit seiner Gegenwart zu beehren, trotz der von dem Edlen „getroffenen Maßregeln“ versammelten sich gestern
Nachmittag 5 Uhr die Wahlmänner wiederum sehr zahlreich in dem bekannten Lokale. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines Schreibens des Hrn. stellvertretenden Oberprokurators v.
Ammon als Antwort auf die gegen v. Faldern bei ihm erhobene Anklage. Der würdige Wächter des Gesetzes, stets bereit Gesetzesverletzungen Seitens der Staatsbürger unnachsichtlich zu verfolgen, erklärt,
daß der v. Faldern ganz in seinem Rechte sei und motivirt dieses (hört! hört!) durch eine antediluvianische bergische Verordnung aus dem glorreichen Jahre 1807, wonach es der Polizei freisteht,
Märkte, Seiltänzer, Zigeuner und öffentliche Häuser unter ihre hohe Obhut zu nehmen. In welche dieser Kategorieen mag der Herr Prokurator nun wohl die Versammlungen unserer Wahlmänner stellen.
Gleich bei Empfang dieses liebenswürdigen Schreibens hatte sich eine Deputation von Wahlmännern auf die Königl. Regierung begeben und dem Dringen derselben, sowie der entschiedenen Mißbilligung der
ganzen Angelegenheit sogar seitens unserer Heuler, haben wir es zu verdanken, daß endlich die Regierung in einer deshalb außerordentlich abgehaltenen Sitzung den Entschluß faßte, den v. Faldern an
seinem Vorhaben, als etwas Ungesetzlichem, zu hindern. Die Wahlmänner durften endlich ungestört ihre Versammlung abhalten.
Herr v. Faldern durch den angeführten Regierungsbeschluß aufs Tiefste verletzt, erklärt, daß er unmöglich in einer Stellung verbleiben könne, in der ihm trotz seinem guten (!) Rechte (!) doch der
Beistand und der Schutz der Regierung versagt sei und — dankt ab! Armer v. Faldern! So jung und glücklich schon auf dem ersten Staffel zum Tempel des Ruhmes angelangt, in der Ferne als
Ziel des muthigen Strebens wohl gar Polizeiminister und jetzt? höchstens wieder Bürgermeister von Wald und Merscheid!
Sic transit gloria mundi.
Unser Abgeordneter von Frankfurt, Herr Wesendonk, der anfangs hier als Kandidat für die zweite Kammer auftrat, hat gestern in der Versammlung der Wahlmänner erklärt, daß er auf diese Candidatur
verzichte. Herr Wesendonck hat diesen Schritt wohl nur deshalb gethan, um bei der hiesigen Wohl die Stimmen nicht zu zersplittern.
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@facs | 1139 |
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134
] Jüchen, 25. Jan.
Auch in unserm Orte sind die Wahlen ganz im ächten demokratischen Sinne ausgefallen, da die „Schwarzweißen“ oder Konstitutionellen auch nicht einen einzigen Kandidaten
durchgebracht haben.
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@facs | 1139 |
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103
] Vierssen, 25. Januar.
Unsere am 22. dieses gehaltenen Wahlen sind ganz nach Wunsch ausgefallen. — Unsere Opposition (schwarz und weiß und Muckerthum) setzte keinen einzigen Kandidaten durch, im Gegentheil wurde
sie in jedem Wahlbezirk, wo sie sich nur blicken ließen, mit Glanz geschlagen.
Der Geh. Commerzienrath Diergardt unterlag im ersten Wahlbezirk in sämmtlichen 10 Wahlen, und kam beim 10. Kandidaten in eine 3te engere Wahl mit einem Juden, (Lehrer, ein junger Mann nur
hinsichtlich seiner demokratischen Ansichten bekannt) und unterlag mit einer großen Majorität an 50 Stimmen.
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@facs | 1139 |
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119
] Latum, 27. Jan.
Das Resultat der Wahlen der Bürgermeisterei Lank im Kreise Crefeld ist folgendes: Von den 12 Wahlmännern der Gesammtbürgermeisterei Lank wurden 11 Demokraten und 1 Constitutioneller gewählt. Dieser
Constitutionelle, obwohl er an der Wahl im Sommer vorigen Jahres durch einen saubern Hrn. Vetter mehrere Urwähler mit süßem Branntwein, Bier etc. hatte regaliren lassen, war dennoch damals mit Glanz
durchgefallen. Jetzt, nachdem er den Urwählern, welche vorhatten einen echten Demokraten zu wählen, von einer belgischen Konstitution und andern unverständlichen Dingen viel vorgeplappert hatte, und
auch nebenbei noch Gänse versprochen haben soll, kam er mühsam mit ein paar Stimmen Mehrheit durch.
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30
] Hückeswagen, 27. Jan.
Auch in unsern Bergen ist das Resultat der Wahlen keineswegs ein ungünstiges zu nennen. Von den hier zu wählenden 12 Wahlmännern wurden trotz aller angewandten Intriguen 8 Kandidaten des hier
bestehenden (an 500 Mann starken) Arbeitervereins erwählt. Ein gleiches Verhältniß hat sich in Wipperfürth und Lennep ergeben. Die Heuler haben überall unterlegen und wenn, was nicht zu
bezweifeln ist, in den übrigen Provinzen dasselbe Resultat herauskommt, so werden auch wohl dem Allergottbegnadetsten die Augen aufgehen, über die wahre Stimmung des Landes, trotz aller
Schreibereien der Manteuffelischen Harkorte und ähnlichem Gelichter.
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098
] Olpe, 26. Jan.
In Olpe, Attendorn und Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In Olpe brachten die Pius-Männer und die „schwarzweiße Partei“ von sieben Kandidaten
keinen durch.
Im Siegenschen dagegen haben sämmtliche Wahlmänner keine politische sondern nur die Geldfarbe.
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@facs | 1139 |
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X
] Uerdingen, 26. Januar.
So weit bis jetzt die Resultate der Wahlen bekannt, hat im Allgemeinen die Opposition gesiegt. Daß das Häuflein wühlender und heulender Geld-Sackträger die erlittene Schlappe nicht ruhig ansehen
kann, und rachebrütend umhergeht, versteht sich von selbst. Den getriebenen Klüngel bei den Wahlen legen sie sich selbst als Interesse am Volkswohl aus, während sie die ruhige und besonnene Haltung
unserer Demokraten zu verdächtigen suchen. Der arme Tagelöhner, der Handwerksmann etc. etc. müssen nun entgelten und fühlen, daß der gesunde Volkswille sich nicht verfälschen ließ.
Einer dieser saubern Sorte äußerte sich offen und frei am Wahltage: man muß es den Menschen am materiellen Wohl fühlen lassen, daß es noch welche giebt, die etwas thun und verdienen lassen können!!
O du armer unerquicklicher Süßigkeitsfabrikant bedenke dein Wohl!! woran es hängt und hing??
Ein anderer, der hier ebenfalls zu denen gehört, die die erste Violine spielten (ein schnörgelnder Bassist) durfte, trotz seines Heiligkeitsgeruchs, einen armen Fuhrmann und Familienvater, einen
unbescholtenen braven Mann, als er bei einer Abrechnung seine Dienste empfahl, mit den Worten abzuspeisen es wagen? Ihr seid ein Demokrate, laßt Euch von Euren Demokraten Arbeit und Verdienst
geben!!!
Sollte man nicht die Namen dieser rachsüchtigen Biedermänner der Oeffentlichkeit preißgeben?
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@facs | 1139 |
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120
] Burgsteinfurt, 23. Januar.
In unserm kleinen Städtchen hat leider die constitutionelle Parthei gesiegt, außer in einem unsrer drei Wahlbezirke.
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@facs | 1139 |
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X
] Neuwied, Ende Januar.
In dem hier seit Neujahr erscheinenden „Volksblatt für Stadt und Land,“ das aber seinem Namen wenig Ehre macht, ist mehrmals die Behauptung aufgestellt worden, es wäre in Neuwied der
allgemeine Wunsch, den früheren Minister, Freiherrn v. Arnim zum Deputirten in die 1. Kammer zu wählen, und derselbe sei auch gar nicht abgeneigt, diesen Wunsch zu berücksichtigen.
Vor Allem muß dies dahin berichtigt werden, daß Hr. v. A. lediglich zu dem Zwecke seiner Kandidatur seit einigen Monaten sich hier aufhält, und unendlich viele Mühe anwendet, sich einen Anhang zu
schaffen. Wie wir aber auf das Bestimmteste versichern können, wird der Wunsch des Hrn. v. Arnim nur von einer sehr kleinen Partei getheilt, die in dem großen Irrthume befangen ist, sie repräsentire
die Mehrheit der hiesigen Einwohner.
Gerade in Bezug auf die materiellen Interessen unserer industriereichen Gegend wäre die Wahl des Hrn. v. Arnim eine höchst unglückliche und gefahrdrohende, da derselbe sich zu dem chimärischen
Freihandelssystem hinneigt, wie er seiner Zeit durch den Separatvertrag mit Belgien sattsam bewiesen hat.
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@facs | 1139 |
[
X
] Bergheim, 28. Januar.
Auf Requisition des Ober-Land- und Kammergerichts zu Berlin hatten sich heute der Herr Ober-Prokurator in Begleitung des Herrn Instruktionsrichters und Herrn Gerichtsschreibers hierher verfügt, um
4 Zeugen die Herren Dr. Schaffrath, Gastwirth Hons und Ehefrau Posthalter Oeppen in Untersuchungssachen gegen den Abgeordneten des Kreises Bergheim eidlich zu vernehmen. Es handelte sich darum ob der
Abgeordnete Herr Friedensrichter Körfgen Pakete, enthaltend lithographirte Berichte über die letzten Sitzungen in Berlin so wie namentlich gedruckte Beschlüsse über die Steuerverweigerung, zur
Verbreitung hierhin geschickt habe. Die Zeugen haben diese Fragen bejaht mit dem Bemerken jedoch, daß Herr Körfgen die Verbreitung derselben nicht ausdrücklich begehrt, vielmehr nur einzelne Exemplare
seinen Freunden zugeschickt habe.
Das Volk sieht sehr gut ein, daß solche Untersuchungen gegen seine Vertrauensmänner dahin führen sollen, diese von der Kandidatur für die jetzigen Wahlen abzubringen.
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@facs | 1139 |
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*
] Elberfeld, 28. Jan.
Wir erhalten von hier aus weitere Nachrichten über Hrn. Diergardt, Commerzienrath und Kandidat zur ersten Kammer, und fügen unsern ersten beiden Interpellationen folgende zwei neuen hinzu:
1) Indem Hr. Diergardt nicht selbst direkt die Herren Schleicher denunzirt hat, sollte er nicht einen ihm geschäftlich verpflichteten Freund, Hrn. Leopold Schmölder, mehr oder weniger veranlaßt
haben, die fragliche Denunziation an den rechten Mann zu bringen?
2) Ist es wahr, daß Hr. Diergardt Ende vorigen Jahrs zweien seiner Commis kündigte, weil sie eine Adresse an die Berliner Nationalversammlung unterschrieben, und daß er ihnen erst dann
provisorische Amnestie widerfahren ließ, als sein Sohn darum einkam bei Gelegenheit eines Familienfestes, das neue Bande zwischen Hrn. D. und einem Minister gottbegnadeten knüpfte?
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@facs | 1139 |
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#
] Dortmund, 27. Januar.
Als jüngst in hiesiger Stadt das Wahlresultat bekannt wurde, ärgerten sich die Reaktionärs blutroth. Jetzt werden sie vor Freude roth werden, nachdem sich die hiesige Demokratie in einer
Versammlung der Wahlmänner von ihnen recht hübsch hat übertölpeln lassen. Wahrhaftig, wenn die Demokraten anderer Orte nicht mehr Einsicht und Festigkeit besäßen als hier, so hätten die Volksfeinde
gewonnenes Spiel!
Obgleich die demokratischen Wahlmänner zwei Drittel der Gesammtheit bilden, ließen sie sich doch von den Konstitutionellen- oder Preußenvereinern ein Programm aufhalsen, wie es der Reaktion nur
erwünscht sein kann. War's schon ein Mißgriff, in der Vorversammlung einen ganz „Schwarzweißen“ zum Präsidenten zu ernennen, so setzte sich die Demokratie mit Annahme besagten
Programms die Krone auf.
Zur Charakterisirung desselben genügt zu bemerken, daß es die octroyirte Verfassung und die Verordnung (soll heißen: Gesetz) vom 8 April 1848 anerkennt, also den offensten Widerspruch sich zu
Schulden kommen läßt.
Ferner heißt es darin: „Aus- und Durchbildung der gegebenen Verfassung im Wege der Revision durch die verfassungsgemäße Gesetzgebung.“
Dies ist das Kleinod der „Schwarzweißen.“ Dies haben sie erringen wollen und die Demokraten gaben es ihnen hin!
Daß dann auch von „starkem Königthum“ etc. darin die Rede ist, läßt sich nach Obigem wohl denken.
Ganz andere Resultate haben die Vereinbarungssitzung der Wahlmänner des Kreises erzielt. Unter Andern trat hier ein Redner auf der in scharfen Worten, als Hauptpunkt für das Programm empfahl und
motivirte; daß die erste Kammer, als eine nicht vom Volke ausgehende sondern eine dem Volke feindliche und berechtigte Kaste, von der zweiten Kammer völlig ignorirt werden müsse. Dieser Antrag wurde
mit bedeutender Mehrheit angenommen.
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@facs | 1139 |
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105
] Münster, 27. Jan.
In diesem Augenblicke heißt es, daß Temme auf Verfügung Rintelen's noch heute aus dem Zuchthause entlassen werden soll. Man sagt: daß Temme's Kränklichkeit die die Blamage
einhüllen soll, die dieser in Freilassung liegt. Der zweite Grund, daß Temme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter der Nationalversammlung freigelassen werden müsse, scheint unrichtig. Die
Freilassung Temme's wäre dann gewiß nur auf „gehorsame Bitte“ der Frankfurter Versammlung geschehen.
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@facs | 1139 |
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105
] Münster, 25. Januar.
Was vor einigen Tagen gerüchtweise von Berlin hierher gemeldet wurde, und woran Niemand glauben wollte, hat sich heute als schmachvolle Wahrheit bestätigt. Rintelen hat die Sache
Temme's wiederum nach Paderborn verwiesen.
„Auf Ihr heute hier eingegangenes Gesuch vom 20. d. M. eröffne ich Ihnen, daß ich Ihr Schreiben vom 12. mittelst Rescript vom 16. an das
Königl. Ober-Landesgericht Paderborn, als die kompetente Instanz, zur schleunigen Beschließung und Bescheidung abgegeben, und auch das erneute Gesuch dorthin habe abgehen
lassen.“
Berlin den 23. Januar 1849.
Rintelen.
An den Königl. Oberlandesgerichts-Direktor Herrn Temme in Münster.
Das Ober-Landesgericht Paderborn muß nun natürlich konsequent sich abermals inkompetent erklären, und dann reisen die Akten hoffentlich noch recht lange zwischen Paderborn und Berlin. Hierbei wird
der herrliche Zweck erreicht, daß wenn von Frankfurt aus die Akten verlangt werden, um Temme als Abgeordneten für Neuß einzuberufen, Berlin, Münster und Paderborn berichten können: die Akten befänden
sich nicht am Orte. Doch wälzt Euch in Eurem Kothe. Das Volk hat am 22sten zu Gericht gesessen. Der vor einigen Tagen entlassene
evangelische December-Gefangene Lieutenant
Stricker ist
zum Wahlmann gewählt dem Bischof
[1140]
Dr. Müller gegenüber, der am Tage vor der Wahlschlacht aus Dankbarkeit für den Orden, den ihm der 18. Januar gebracht, eine famose Wahlpredigt hielt. Auch der fromme General Groeben mit dem
Demosthenes Schimmel ist trotz prinzlicher Dienerschaft und Adjudantur unterlegen. Mit Bezug auf das herrliche Wahlprogramm Rittmeister Schimmel's, sagt die eigene Partei in Wuth:
„unsere Sache ist
verschimmelt.“ Herr Banquier
Olfers hat Arbeitern gesagt: Sie möchten bei denen Arbeit holen, die sie gewählt hätten. Armer Olfers! Nicht einmal zum
Wahlmann wollen sie dich! Herr Ferdinand Theising, Reaktionär vom reinsten Wasser und Aspirant auf die Oberbürgermeister-Stelle, aber rief wuthschnaubend: „Die Kerls verdienen wegen der Wahl
die Knute!“
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@facs | 1140 |
[
105
] Münster, 26. Jan.
Königlich preußische Rintelen-Manteufel'sche octroyirte Gleichheit vor dem Gesetze.
Während Rintelen seinem lieben Freunde (??) Temme an demselben Tage antwortet, wo er dessen Schreiben zu Händen bekommt, macht Rintelen mit den übrigen December-Verhafteten kein Federlesen. Das
Lumpenvolk ist ja im Zuchthause gut verwahrt. Folgendes Schreiben an die December-Verhafteten als Beweis:
„Auf Ihre Eingabe vom 27. v. M. um Entlassung aus der Untersuchungshaft wird Ihnen eröffnet, daß der Justiz-Minister zwar Veranlassung genommen hat, dasselbe dem Königlichen
Ober-Landesgericht zu Münster zur Prüfung und Berichterstattung zuzufertigen. Da indessen nach dem erstatteten Berichte von dem Land- und Stadtgerichte zu Münster, als dem kompetenten
Untersuchungsgerichte, die Fortdauer der Untersuchungshaft nach den Gesetzen (?!?) für gerechtfertigt und resp. nach Lage der Sache für nothwendig erachtet, und das Ober-Landesgericht zu Münster
dieser Ansicht beigetreten ist, so kann der Justiz-Minister sich gesetzlich nicht veranlaßt finden, in einer Angelegenheit seinerseits einzuschreiten, die wesentlich zur richterlichen
Beurtheilung gehört und dieser überlassen bleiben muß.
Was die in der Vorstellung vom 5. d. M. vorgetragenen Perhorrescenzgründe gegen das Ober-Landesgericht zu Münster betrifft, so wird die Bescheidung darüber erfolgen, sobald eine noch erforderte
Auskunft eingegangen sein wird.“
Berlin den 21. Januar 1849. Der Justiz-Minister.
In dessen Vertretung Müller.
Ein donnerndes Hoch der Königl. preußischen Verfassung inclus. Habeas-Corpus-Acte. Also 14 Personen ungesetzlich in's Zuchthaus einsperren, ist erlaubt. Diese aber zu entlassen, oder Ihnen
nur dasselbe zu gewähren, wie Temme, ist gesetzlich verboten.
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@type | jArticle |
@facs | 1140 |
[
X
] Berlin, 27. Jan.
Aus guter Quelle wird uns versichert, die Regierung habe, nach Empfang der Nachrichten über den Ausfall der Urwahlen im ganzen Staate, beschlossen, die Kammern von vornherein in Brandenburg
zusammentreten zu lassen. Man bringt hiermit den Umstand in Verbindung, daß die eisernen Säulen und Fensterrahmen, welche für den neuen Sitzungssaal der zweiten Kammer bei Borsig bestellt gewesen,
dieser Tage wieder abbestellt worden sind. Die Stadtverordneten scheinen der Ansicht, der Belagerungszustand werde etwa kurz vor oder kurz nach Vollendung der Wahlen für die erste Kammer aufhören,
weil der Termin des 12. Februar ungefähr mit dem zusammenfällt, an welchem laut dem Bürgerwehrgesetz die hiesige Bürgerwehr reorganisirt werden muß. Wir glauben, daß das Ministerium heut selbst noch
nicht weiß, wann es den Belagerungszustand aufheben wird.
Die kleinen Bürger fangen hier an, sich nachträglich sehr zahlreich in die Listen der Urwähler für die erste Kammer eintragen zu lassen; der Ausgang der Wahlen vom 22. hat sie ermuthigt, und es
steht somit zu hoffen, das wenigstens hier selbst die Kandidaten zur ersten Kammer nicht ganz so antidemokratisch sein werden, als man bisher zu fürchten Grund hatte.
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@type | jArticle |
@facs | 1140 |
[
X
] Ratibor, 24 Januar.
Unter den 32 Wahlmännern hiesiger Stadt sind nur 12 demokratische, 20 sogenannte konstitutionelle. Man hofft jedoch, Kirchmann als Abgeordneten durchzubringen. Das hiesige Militär mußte
heute, den Grund und das Wohin weiß man nicht, abmaschiren. In Biala (Galizien) ist das Militär vom Volke entwaffnet worden; ganz Galizien, sagt man, wird aufstehen. Von Troppau und andern Städten
aus, sind Eiltruppen nach den bedrohten Punkten bestellt worden.
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@type | jArticle |
@facs | 1140 |
Schabenau, Kreis Guhrau.
Am Freitag fand hier eine Sitzung des Guhrauer demokratischen Zweigvereins statt. Nachdem einige Redner gesprochen, trat ein fremder Herr auf, den Niemand kannte, sagte: er sei Republikaner und
würde der Erste sein, der den König wegjagte, wenn er nichts taugt u. s. w. Die Landleute merkten aber gleich, daß dies ein verkappter Denunziant sein könnte, welcher blos Andere zu ähnlichen
Aeußerungen verführen und nachher denunziren wollte. Sie nahmen ihn fest und fanden bei ihm eine Legitimationskarte als: Aktuarius N. N., Agent des konstitutionellen Centralvereins. Er wurde als
Aufruhrprediger arretirt und nach Guhrau aufs landräthliche Amt transportirt, wo man ihn aber gleich frei ließ.
[(Schl. Kreisbl.)]
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@type | jArticle |
@facs | 1140 |
[
24
] Wien, 25. Januar.
Die kriegsrechtlichen Verurtheilungen gehen ihren gewohnten Gang fort. Das offizielle Blatt, die „Wiener Zeitung,“ theilt deren heute wieder drei ihren Lesern mit. Das ist das
gewöhnliche Tages-Kontingent; — insoweit nämlich die Urtheile veröffentlicht werden.
Die Besorgniß vor weiterem Wasserunglück ist nun ganz geschwunden, obschon der Eisstoß im Donaukanal noch immer festsitzt. Eine Kundmachung des Gouverneurs Welden meldet die nächtliche Ermordung
einer Schildwache am Hetzendorfer Schlosse. Den Thäter hat man bis jetzt noch nicht ermittelt. Hierbei werden die rechtlichen Bürger zur Rede gestellt, daß sie sich noch nicht verbanden, um derlei
Schandthaten auf die Spur zu kommen, so daß immer nur die Waffengewalt selber entgegentreten müsse. Es scheint dieser Passus mit der verbreiteten Nachricht zusammenzuhängen, daß den Bürgern Bewaffnung
und theilweises Versehen der Wachtposten angetragen worden sei, sie es jedoch abgelehnt hätten, sich hierbei der Zumuthung zu fügen, nach jedesmaligem Gebrauch die Waffen zurückzulegen.
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@facs | 1140 |
[
*
] Dresden, 26. Jan.
Die Minister haben heute sämmtlich ihre Entlassung gegeben. v. der Pfordten erklärte dies heute in der 2. Kammer im Namen des ganzen Kabinets. Als Grund gab er an: die
„Schwierigkeiten, welche sich einer erfolgreichen Wirksamkeit von ihrer Seite für das Wohl des Landes entgegenstellen.“ Sogleich nach dieser Erklärung verließen sämmtliche Minister den
Saal; blos Regierungskommissär Todt blieb am Ministertische. Vizepräsident Tzschirner erklärte, daß die ministerielle Erklärung nicht sage, ob es den Ministern unmögliich erscheine, mit den
gegenwärtigen Kammern zu regieren, oder ob das Kabinet gewissen Einflüssen von außen nicht zu widerstehen vermöge. Der wahre Grund sei wohl jedenfalls in den Hindernissen zu suchen, welche der
Einführung der Grundrechte unerwartet erwachsen seien. Jedenfalls würden die Minister morgen nähere Auskunft zu geben haben. Er rathe, sich in der Abmachung der laufenden Geschäfte nicht stören zu
lassen. Es wird also in Berathung der Tagesordnung fortgefahren. Die nämliche Erklärung von der Demission der Minister gab von der Pfordten auch in der ersten Kammer. Die Hofpartei hat gegen das
Ministerium so lange intriguirt, bis sie endlich im Stande ist, es zum Rückzuge zu zwingen. Die radikale Zusammensetzung der beiden Kammern bietet ihr zugleich einen Vorwand, hinter em sie [unleserlicher Text]re
eigentlichen Pläne versteckt.
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@facs | 1140 |
[
*
] Dresden, 25. Jan.
Dir 2. Kammer ernannte heut die Deputation zur Prüfung des Rechenschaftberichts über die Ermordung Robert Blum's.
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@facs | 1140 |
[
068
] Weimar, 25. Jan.
Die Wahlen für den bald zusammentretenden Landtag lassen sich jetzt in ihrem Resultat überblicken; die Majorität ist entschieden radikal ausgefallen.
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@facs | 1140 |
[
082
] Heidelberg, 23. Jan.
Zur Geschichte der nachmärzlichen Polizei muß ich Ihnen aus unserm Lande ein eklatantes Beispiel erzählen. In Konstanz, welches als Ausgangspunkt der Hecker-Revolution noch bis auf
diese Zeit reichlich mit „Deutschen Brüdern“ bedacht worden ist, ließen am 6. Dez. v. J. Würtembergische Soldaten im Wirthshause den Hecker hochleben. Einige freiheitsbegeisterte
Philister setzten sich zu ihnen, man sang zusammen das Heckerlied, und Alles umarmte sich brüderlich. Aber solch frevelndes Beginnen rächt sich bald. Am folgenden Morgen tritt beim Appell der Offizier
vor einen Soldaten hin, dem man die Heldenthaten des vorigen Abends am meisten ansehen mochte, und fragt ihn mit wuthschnaubender Standrechtsmiene: „Seid Ihr nicht gestern Abend von schlechten
Kerls verführt worden, das Heckerlied zu singen?!“ Aus der Tiefe seines Katzenjammers heraus erwiedert der arme Schwab: „Ja, wir sind verführt worden.“ „„Wer hat
Euch verführt?““ donnert es zum zweitenmale; die Antwort lautet: „Es werden so Gesellen gewesen sein:“ Nun war's gut. Im Nu wußte es die Polizei; der Ausspruch eines
katzenjämmerlichen schwäbischen Soldaten ist ihr natürlich Autorität. Aber sie schließt noch mehr daraus. Gesellen, so folgert sie, können nur Gesellen qua solche sein, also nur der Arbeiterverein. O
herrliche Logik eines Polizeikommissars! — Diese Logik ward übrigens bald praktisch; denn bei der nächsten Sitzung des Konstanzer Arbeiter-Bildungsvereins stürzt die heilige Hermandad herein,
und unter dem Vorwande, daß der Verein verborgene Waffen besitze, wird das ganze Lokal durchsucht. Man fand zwar in keiner Ritze die kleinste Spur von Säbeln oder Pistolen; aber auf dem Tische lagen
doch gefährliche Dinge, z. B. Bücher, Schriften, und namentlich die Kasse des Vereins, in welcher man wahrscheinlich Pulver verborgen glaubte. Alle diese Dinge wurden mit Beschlag belegt, und der
Vorstand zur Haft gebracht. Nachdem diese, sowie die übrigen Mitglieder des Vereins, eine Unzahl von stundenlangen Verhören bestanden hatten, kamen sie nach drei Wochen frei; die Schriften aber und
das Geld sind bis auf den heutigen Tag noch nicht zurückgegeben. Sie sehen, die Badische Polizei ist kommunistisch gesinnt, wie Ihr Freund Drigalsky.
Wegen einer ähnlichen „Verführung des Militärs“ besteht auch der Lieutenant Siegel auf der Festung Kißlau seit April d. J. Festungsarrest, und zwar im schwersten Grade. Er
hatte nämlich gegen seine vom Hecker'schen Zuge zurückkehrende Kompagnie die gefährliche Aeußerung gethan: „Wäre es nicht besser gewesen, Eure Kugeln hätten, statt Eure Mitbürger, die
Russen getroffen?! Als nun kürzlich in der Kammer Brentano eine Petition desselben um Strafmilderung bevorwortete, und bei einer unschuldigen Anspielung auf Windischgrätz sich stürmischer Beifall der
Gallerieen erhob, ließ der Präsident die Gallerieen räumen, und gab dem Brentano durch den höflichen Zuruf: „Schweigen Sie,“ zu erkennen, wie sehr ihn seine Erwählung zum Bürgermeister
von Mannheim ärgere. Diese Wahl hat überhaupt unter unseren Altliberalen furchtbar böses Blut gesetzt. Die Regierung hat ihre Bestätigung versagt: was leicht erklärlich. Denn da Baden sich freiwillig
für die preußische Kaiserschaft ausgesprochen hat, so muß jetzt der verbrüderte deutsche Volksstamm (sonst Prinz v. Preußen) genannt, an Brentano gerächt werden.
Französische Republik.
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@facs | 1140 |
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17
] Paris, 26. Jan.
„L'Union medicale“ bestätigt die von uns früher gelieferte Bilanz Frankreichs, indem sie sagt:
„450,000 Familien Reicher bewohnen unsere Städte und besitzen Landgüter; 660,000 Familien stehen unter der Botmäßigkeit der Staatsobergewalt, indem sie in deren Namen und Solde Aemter im
Militär und Civil verwalten; davon sind manche auch Besitzende. Aber 900,000 Familien sind besitzlos, d. h. leben in den Städten von Tagelohn oder Industrie aller Art und 800,000 Familien sind
in unsichrer Existenz, d. h. leben als kleine Rentner, kleine Pensionsverzehrer, oder sind ohne festen Erwerbszweig. Diese Bevölkerung von 2,810,000 Familien bewohnt eine Fläche von 52,768,610
Hektaren, dessen Fruchtbarkeit sich also klassifiziren läßt: beste Qualität (Norddepartement, die Limagne in der Auvergne, das Thal der Isere, die Ebene von Meaux, einige Partieen im Elsas), zweite
Qualität (Normandie, Picardie, französisch Flandern und einzelne Partieen in andern Provinzen). Die erste ist etwa gleich 4 Departements, die zweite gleich 13, die dritte gleich 16, die vierte gleich
35, die fünfte ganz schlechte Qualität gleich 18 Departementen in Flächenraum durchschnittlich. Ein Fünftel des Bodens ist bewohnt von Leuten, die ohne Geld zu besitzen produciren, Nahrungsstoffe
fabriciren ohne sie verkaufen zu können, und mit Mühe sich am Leben erhalten; sie sind im wilden Zustande mitten in der Civilisation des Jahrhunderts, und müssen stündlich und meist ohne Sieg, gegen
das Wetter, Hungern und andere Feindseligkeiten der Naturelemente anringen.“
Die Bauern verdummen und verdorren geistig auf diese Weise; Hrn. Thiers ist das freilich noch nicht genügend, er will mit seinem Freunde Falloux die Primärschulen in die Klauen des Ultramontanismus
geben; der alte liederliche Voltärianer hat sich alliirt mit dem jungen Jesuitenschüler. Und Marrast, der Präsident der Nationalversammlung, der Perikles von Paris, der bedeutend dick wird und weißes
Haar kriegt, auch dieser alte Voltärianer ist einer Allianz mit dem heil. Loyola selbst und mit Metternich und Nikolaus fähig, sobald es auf Bekämpfung der social-demokratischen Republik ankommt.
Die Handschuhmacher, die Juweliere u. s. w. sind jetzt fanatische Königthümler, und demonstriren wie folgt: „König hin König her, es ist uns im Grunde nicht zu thun um Krone und Thron, wohl
aber um einen bei uns Bestellungen machenden Hof, wir möchten drei, vier, zehn Höfe von Königen und Kaisern im Lande haben um Arbeit für jeden zu liefern; zu dem zieht der Hof fremde reiche Leute
beides Geschlechts nach Paris. Marrast und Cavaignac versuchen uns zu nützen, aber die paar Bestellungen für ihre paar Hotels und Soireen halfen uns nicht viel, auch kommen keine reichen Fremdlinge
nach Paris, so interessant ist ihnen weder Hr. Marrast noch Cavaignac. Folglich wollen wir keine Republik, weder rothe noch Marrastsche blaue, sondern einen Hof, und da kein Hof ohne König sein zu
können scheint, wollen wir baldigst einen König oder Kaiser, denn wir haben nicht Lust mit Weib und Kind zu verarmen.“
„Wir haben meistens nichts gegen die Republik als solche einzuwenden,“ setzte einer dieser biedern Mittelbourgeois hinzu; „die wenigsten von uns haben Zeit und Lust mit der
theoretischen Politik uns abzugeben. Wir sind praktisch erzogen, und bleiben praktisch bis an unsern Tod; wir gehen nie in Klubs, wir mögen kein Theoretisiren über Staatsformen hören, das scheint uns
ganz nutzlos, und zudem haben wir ja unsere von uns salarirte Journalisten die mit Ideen und Theorieen umzugehen wissen.“ (Wörtlich.)
Der Spießbürger ist wesentlich ein Antiklubist und so ist nicht zu verwundern, wenn „seine bezahlten Schreiberknechte“ in Journalen und Journälchen die Schließung aller Klubs
verlangen: „Klubs zu — heult der Corsaire — oder Läden zu. In die Klubs strömen die Faulenzer, die Brüllaffen, die hirnverbrannten Weltbesserer voll Schulden und Sünden, die
Giftmischer, die Mordbrenner. Schließt die Klubs und eure Magazine, Bazare, Läden, Fabriken werden sich freudig aufthun und füllen; das Volk wird Arbeit finden, der reiche Mann wird noch reicher
werden und gern Arbeitsbestellungen machen. Die Klubs nicht schließen, heißt: schließt die Boutiken, verarmt mit Frau und Kindern. O liebes Arbeitsvolk! geh nicht in die Klubs; das Evènnement (daran
schreibt Alex. Dumas und Victor Hugo, der königl. romanhafte Hanswurst und der expoetische Pair de France) hat richtig die Klubs Mordspelunken betitelt. Volk! ergieb dich nicht dem Socialismus, du
könntest dabei vielleicht durch Ermordung und Plünderung der Reichen, auch einen Tag Gold in der Tasche haben, allein das würde dir am Ende wenig nützen.“
In den Provinzen geht es entsprechend zu; z. B. ward „La Voix du Peuple“ auf der Straße verboten, die Ausschreier vom Maire mit Entziehung des Rechts bedroht; der Redakteur en chef
machte hierauf einen Besuch und setzte durch sein bloßes Erscheinen diesen Philister so in Schrecken, daß er zu stammeln anfing und rückwärts, wie ein Krebs, in ein Kabinet schlich, welches er hinter
sich schloß. Später fand eine zweite Audienz statt, wobei der Adjunkt dieses p. p. Maire schrie: „wir wollen, daß nichts in Marseille mehr erscheine, bevor wir es nicht gelesen, und um es kurz
zu machen, eröffnen wir Ihnen, daß Ihr Blatt viel zu brandstifterisch ist; wir werden es auf alle Weise behindern.“ In derselben Stadt wird die sanftmüthige, aber durch ihr meist
wissenschaftliches Räsonniren den reaktionären Heulern verhaßte, fourieristische „Democratie pacifique“, wenn sie mit der pariser Post anlangt, zuerst von obigem Bürgermeister
durchstudirt und ein Exemplar jedesmal ad acta gefügt; das Schlagwort ist dort „brandstifterisch.“
So äußert sich die Furcht der Landaussauger.
„Die Democratie pacifique wird auch wohl endlich einsehen, daß Friedfertigkeit nichts ausrichtet gegen ein Gesindel, das im Privilegium gezeugt und geboren und aufgewachsen ist, mit
eiskaltem Hohn die Unprivilegirten von sich stößt, und wie eine Bestie, die keine Menschensprache versteht, sondern nur die der Peitsche und des Knüppels, kreischt, sobald die rothe Republik Recht und
Ehre aus Worten zu Thaten machen will. Nun so möge denn der Sozialismus diesem Otterngezüchte thun, wie es selber schon durch sein Gekreische zu prophezeien scheint.“ (Citoyen von Dijon.)
Die Democratie pacifique selbst sagt: „Am 24. dieses schleppte der Marschall Bugeaud, der Besieger des Kaisers von Marocko, ein s. g. monarchischer Republikaner, wieder eine Petition um
Auflösung der Nationalversammlung in die Kammer. Die echten Republikaner hätten diesen Mummenschanz des allgemeinen Stimmrechts mit schweigender Verachtung aufnehmen sollen. Aber sie begingen die
Thorheit, aufzubrausen, und schadeten der Republik mehr als die Petition. Wer unterzeichnet? Bauern. Wer bringt sie dazu? Legitimisten, Orleanisten, Feinde der Republik. Zweck dieser Petitionen ist
Sturz der Republik, Wiederaufstellung des Thrones unter den Ungewittern eines Bürgerkriegs. Wer hat Wohlgefallen an Bürgerkrieg und Königthum? Nur die Klasse der Edel-
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leute und großen Grundbesitzer in Frankreich. Nach den Februartagen sagte sich die Bourgeoisie (ob aus Furcht oder Vernunft oder Beidem, bleibe dahin gestellt) wir wollen mal es mit der Republik
probiren, da sie aufgekommen ist. Aber die Junkerschaft auf den großen Gütern, die immerdar am Throne klebt, beschloß diese Bewegung, welche viel zu urplötzlich war, um streng systematisch zu fahren,
durch jedwede Mittel in Unordnung zu bringen, zu aller Art von Ueberschwänglichkeit zu treiben, Frankreich einen neuen Ekel vor der Republik einzuflößen und ihm dann zu guter Stunde ein Königlein
wieder auf den Nacken zu pflanzen. Das Provisorium beging täglich Mißgriffe, die Bürgerschaft schrie Jammer und verwünschte die republikanische Staatsform. Ein Bund entstand zwischen legitimistischer
Junkerschaft und unadliger Bourgeoisie; man nannte das den Bruderbund des Handels mit dem Boden. Die französische Bourgeoisie war und ist blind, sie sieht nicht, daß ihr Handel und ihre Industrie weit
schneller, tiefer erschüttert werden können als der Bodenbesitz der Junkerschaft. Selbst der riesenhafte Weltsturm von 1789 hat unserm Adel nur einen Theil seiner Grundstücke abzwingen können, und es
blieb in seinen Händen noch genug, um jetzt das politische Uebergewicht zu haben. Diese unsere Junker befehden nicht mit offenem Helm die Republik, bewahre; sie gehen den Gaunerweg, von hintenher
schleichen sie, halten Handel und Wandel auf, vermehren die Anzahl der Armen, ermüden die Nation durch Aufregungen, und dies Alles um dem ruinirten Frankreich Henri V., das Wunderkind, zu präsentiren.
Während dieses Manövers verliert der Adel einige Pächter aber den Boden nicht. Die Bourgeoisie aber verliert bei diesem schlechten Spaß Zinsen und Kapital, Kredit und Hülfsquellen; sie bankerottirt
und muß heraus aus ihren Fabriken, Komptoiren und Läden. Wer darüber ins Fäustchen lacht, ist der Adel, denn glaubt nur nicht, daß er unsern Bourgeois das Jahr 1789 verziehen hat. In einigen
Ortschaften geht ihnen ein Licht auf; sie weigern sich hie und dort, die Kammerauflösungsadresse zu signiren, denn es ärgert sie, daß die Geschäfte wieder stocken, seit diese Auflösung auf's
Tapet gebracht worden. Aber wenn dann die Republikaner kommen und zur Unterzeichnung einer Adresse für das Bleiben der National-Assemblée aufrufen, bebt die Bourgeoisie auch zurück und schreit: ich
will gar nichts unterzeichnen, ich bin nicht republikanisch. Die Bourgeoisie weiß nichts und will nichts thun; das ist wenig ehrenhaft für sie. Desto mehr thun Legitimisten und Republikaner. Aber der
Bauer, der heute noch gegen die Nationalversammlung petitionirt, was will dieser Mann? Wir wissen es nicht; aber wir glauben, im Fall eines Bürgerkrieges, zumal wenn selbiger sich verlängert, daß
alsdann unser Bauer als Nationalgüter die Grundstücke der Junker kaufen wird, die heute seine Unwissenheit mißbrauchend, ihm anarchische Unterschriften ablocken; im Bürgerkriege dürften sehr füglich
die Gütereinziehungen einen Augenblick wieder auf die Bühne treten.“ Dasselbe Blatt sagt, da Professor Lerminier, der berüchtigte Volksfeind am Collège de France, durch den Jesuitenminister
Falloux wieder eingesetzt, ja ihm in einem rührenden Handbillet tiefstes Bedauern über seine frühere Absetzung ausgedrückt wurde, Folgendes: „Die Zeitung Assemblée Nationale beklagt, daß
dieser Professor so eben wieder durch Studenten, die von den Februar-Ideen verführt seien, ausgepfiffen worden.
Dies ist doch stark; also soll die Februar-Revolution sich malträtiren lassen von denen die sie besiegt hat? soll sich auf dem Lehrstuhl ruhig und fromm verspotten lassen? und das obenein indem die
Reaktion alle Klubs, d. h- volksbelehrende Versammlungen sperrt? selbst volksthümliche Vorträge über Kunst und Wissenschaft verbietet (wie z. B im Redoutensaal die Fourieristischen, die in der Straße
Arbalete über Physik und Geschichte) also der Denk-, Rede-, Schreib- und Lehrfreiheit auf's impertinenteste Hohn lächelt?“ Der Jesuitenknecht Minister Falloux hat die Frechheit gehabt,
die seit Februar bestehende Administrativschule aufzuheben, worin ein mehrjähriger Lehrkursus die jungen Männer zu Verwaltungszweigen vorbereiten sollte, um dadurch nach und nach dem Nepotismus und
der administrativen Vernageltheit vorzubeugen — wofür ihn „Le Pays“ und „L'Opinion publique“ in drei Nummern hinter einander belobt haben. — Die Dünste
mehren sich, von allen Seiten ziehen sie sich schwül und grau zusammen. Wohl möglich daß ein Wolkenbruch, eine Sündfluth sonder Gleichen daraus entsteht; die Nationalpartei ist ohnmächtig gegenüber
den Legitimisten, die auf dem 100 Mann und darüber starken Kongreß sich hier zusammen finden. Bonaparte heißt in ihrer Sprache nur noch „das Brett, welches allmälig durchgetreten und abgenutzt
werden muß“, um nämlich zum Henri Bourbon, Gottes Sohn, zu gelangen. Die „Vérité“ eins der Lieblings-Blätter französischer Kreuzritterschaft, würdige Schwester der neuen
preußischen Zeitung sagt: „Die Socialisten begnügen sich nicht mit den offiziellen Methoden des Unterrichts, sondern schreien nach größerer Beachtung der Landessprache, der lebenden Sprachen,
der Special- und Professionsstudien, und zu diesem Umsturze (sic) — bouleversement — suchen sie durch jedes Mittel, bei jeder Gelegenheit, unter den imponirenden Vorwänden socialen
Interesses und Privatwohlergehens, zu gelangen.“
Die 6000 Mobilgardisten die das Ministerium dieser Tage verabschiedet, d. h. aufs Pflaster wirft, die vielen tausend Büreaubeamten die, unter dem Vorwande einer Staatsersparniß, außer Brod versetzt
werden, die Verweigerung der Amnestie, die Verpackung und Versendung der Vincenner Gefangnen nach Bourges vor einen höchst bösartigen Ultrabourgeoisgerichtshof der eigens dazu formirt wird, (Barbes,
Raspail und Albert werden wahrscheinlich jede Antwort verweigern, aber trotzdem wohl in die Karre verurtheilt werden), endlich die Klubschließungen: das Alles hat vier Wochen vor dem Februarfest
Bedeutsamkeit.
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17
] Paris, 27. Jan.
Die Glorie des Pascha petit père Armand Marrast, wie der Charivari beweiset, ist soweit herunter, daß er in der großen Oper, als er mit Glacé und golkdnöpfiger weißer Weste und
Perlmutterbinocle unter Vorschreiten zweier Kammerhuissiers in der weiland kgl. Loge erschien, mit großem Geräusch und weitaufgerissenen Flügelthüren, vom Parterre erbärmlichst verhöhnt ward. Alle
Welt schrie: ah, Marrast, aha, aha, aha. Und p. p. Marrast, einst Redakteur der Tribüne und Lobredner St. Just's und Robespierre's dann Perikles erröthete, was ihm noch nie in seinem
Leben passirt war. — Das Auszischen des Renegaten, Professor L;Herminier, hat die Jesuitenschüler so erbittert, daß sie mit Knütteln und einem Hundert handfester Schlingels aus der sogenannten
Kongregation des h. Paulus nächstes Mal in die Vorlesung rücken wollen; auch haben sie, heißt es, zu ihrem Schutze Bajonette requirirt. L'Herminier war einst Redakteur von dem Demokratenblatt
„Bon Sens“, erklärte einst selbst, Armand Carrel sei ihm auch Arristokrat, und hinter den Barrikaden der Straße Saint Mery sei unter Louis Philipp's Kartätschen das edelste Blut
unserer Republikaner geflossen; später abor trat er zu Montalivet's Hofpartei über und ward Maitre des Requetes mit hohem Gehalte. — Professor Lenormand ist vom Jesuitenminister Faloux
zum Lehrstuhl des ägyptischen Alterthums ernannt worden, weil er früher in dem ultrajesuitischen „Correspondant“ schrieb und von den Sorbonnestudenten unter Louis Philipp als Päbstling
ausgepfiffen und fortgejagt worden; einen ausgezeichneten Archiologen, Prisse, der nebenher 18 Jahre in Aegypten reiste und ein guter Republikaner vor 48 schon war, hat der Ministerjesuit übergangen.
Es versteht sich, daß Lenormand nichts von dem Objekt versteht, das er vortragen soll. — Der geistbeschränkte Constitutionel hat übrigens ein dunkles Bewußtsein des nahenden Ungewitters und mit
dem einem in seinen theuersten Privilegien bedrohten Tyrannen, eigenen Instink schreit er heute: „Die Situation wird schwärzer denn je seit den Junitagen, das Ungethüm der Demagogie erhebt sich
auf's Neue mit verjüngten Kräften und ohne Zaudern rückt es auf sein Ziel los. Vor Kurzem schalten die Demagogen diese Versammlung, und jetzt erklären sie sie für das letzte Bollwerk ihrer
Republik. Proudhon's Le Peuple bringt gestern einen Aufsatz: Krieg überschrieben. Es kündigt den Bürgerkrieg an und attakirt nicht etwa das Ministerium, nein, sogar die Person des Präsidenten
der Republik (so eben höre ich, daß gegen Mittag die Wegnahme dieser Nummer in dem Redaktionsbureau vollzogen worden) und mit demagogischer Wuth treibt dies Blatt auf jenen ihm so theuren Zeitpunkt
hin, wo die Liquidirung der gesammten bestehenden alten Gesellschaft eintreten soll. Wohlgethan hat also unser Ministerium, daß es heute der Kammer ein Gesetz vorlegt, welches alle Klubs in der ganzen
Republik ein für allemal verbietet: Unter Klub verstehen wir eine öffentliche periodische oder nicht periodische Zusammenkunft, worin Politik diskutirt wird. Das Wort ist englisch, aber die
Sache ist echt französischen Ursprungs und ist dennoch nicht zur französischen Gewohnheit bisher geworden. In England bestehen keine, der National irrt, wenn er den dortigen Dubliner und den
Reformclub als Beispiele anführt; hat denn nicht Lord Clarendon den ersten, hat nicht die londoner Konstablerschaft den zweiten. als er in chartistischen Versammlungen unter freiem Himmel und in den
Tavernen die sogenannte Volkscharte besprechen wollte, auseinandergetrieben? Nordamerika ist gleichfalls verschont mit diesem Unheil, denn als der französische Nationalconvent einen diplomatischen
Agenten hinsandte, um dort Klubs zu formiren, die gegen England aufhetzen sollten, trieb Washington diesen Kluborganisator aus dem Lande.“ Die sozial-demokratischen Blätter erlassen heute eine
feierliche Protestation gegen diese impertinente Verstummelung der eben erst votirten Konstitution nach der Franzosen jederzeit und überall das Recht haben, sich „friedlich und ohne
Waffen“ zur Diskussion zu versammeln:
„In Betracht, daß das Ministerium somit in unerhörter Weise die Konstitution der französ. demokratischen Republik verletzt und zugleich die natürlichen Menschenrechte, in Betracht, daß das
Vereinsrecht älter ist und zugleich länger währt, als jedes positive Gesetz, wie solches ja auch im Text unsrer Konstitution gesagt ist; in Betracht, daß dieser neue ministerielle Gesetzvorschlag
nicht etwa Reglementirung der Ausübung dieses Rechts beabsichtigt, sondern es geradezu unterdrückt ohne Weiteres: so protestiren Unterzeichnete energisch und fordern die Versammlung zur
Inanklagesetzung der Minister auf, die diesen Staatsstreich zu wagen sich erfrechten. La Reforme: Charles Ribeyrolles, R. en chef, Layla, Loy, Lagarde, Leoutre, Dirigeant und Gerant. La
Republique: Eugen Barreste, R. en chef, Hervé. Le Peuple: Darimon, Sekretär, Langlois, Vasbenter, Madier de Montjau, Advokat des Peuple. Le Travail affranchi: Toussenel.
Revolution democratique-sociale: Delescluze, R. en chef, Lemaitre, Pilette, Martin, Carré, Biy, der Corrector den Blattes. Die Clubs-Präsidenten: Tessier, Simon Bernard aus
Carcassonne, Gamet, Bocquet, Madier de Montjau junior.“
Unter den Bonaparteblättern ist die „Liberté“, der komplette Gegensatz zum „Evenement.“ „Liberté“ fordert, als Organ des Pierre Bonaparte, sofortige
Entlassung des Ministeriums Barrot-Thiers-Falloux und Kriegserklärung zu Gunsten Italiens und Polens; auf republikanische Formen gibt sie nicht viel, aber sie verabschut den Lgitimismus und
Cavaignacismus. Sie wird stark gelesen auf den Ortschaften des pariser Weichbilds, dessen Bauern sich durch alle bisherigen Schritte ihres frühren Lieblings Louis Bonaparte wenig erbaut fühlen; diese
Leute werden unwillig über der Verleugnung des Programms, das Se. Hoheit als Kandidat ihnen demüthiglich überreicht hatte. Er hat jetzt nur einen Kummer: von Nikolaus noch nicht ganz comme il faut
anerkannt zu sein; der Romanoff hat dem Bonaparte so eben geschrieben, sein Name sei gefährlich und ehe er weiter mit ihm verhandle, müsse er Garantieen haben, besonders Beschränkung der
Associationsfreiheit. Ein französischer Diplomat ist deshalb nach Berlin gereist. Wie die Demokraten diesen Louis Bonaparte beurtheilen, erhellt z. B. aus dem „Citoyen“ von Dijon, dem
aus Paris von Charles Payn geschrieben wird: „Seltsame Dinge passiren hier. Der Präsident ist das Objekt der dubiösesten Hypothesen. Dieser Mann speist bei dem Unterrichtsminister Falloux, und
dort findet er alle legitimistischen Honoratioren, Notabilitäten und Celebritäten, die dermalen in Paris; auch der Erzieher des Herzogs von Bordeaux (Henri V), ein sozusagen offizieller Reprasentant
der Henrianer seit 1830. Volksvertreter, die in der Nähe all diesen Unfug ansahen, sagten mir, sie seien darüber noch ganz anders erschrocken, als die Journalisten, die von fern stehen. Ich will
übrigens Sie genau von allen solchen Umständen in Kenntniß halten; das Land muß bereit sein für nahe Ereignisse. So heißt es Bonaparte wolle abdanken (natürlich zu Gunsten des lieben Heinrich), weil
er sich zu schwach fühle und nicht auf die echten Republikaner stützen möge. Mag das Exil seine vielgerühmten Geistes- und Charakterkräfte untergraben, oder ein nur ganz leise in die Ohren geraunter
Umstand sie geschwächt haben, kurz Bonaparte weiß nicht einen festen Entschluß zu ergreifen. Er läßt lieber sich fortschleppen vom Strom, und man dürfte Voltäre's Vers auf ihn anwenden:
Die bleiche Schwäche sitzt auf dieser Stirn,
Die bleiche Schwäche liegt in diesem Aug,
So blickt ein Tugendstörer, ein Despot,
Ein Missethäter …
Zerstört hat dieser Präsident der Republik in der That schon eine Menge Bürgertugenden, und wenn er den Schritt thut, von dem das Publikum hie und da zischelt, nun so ist die Missethat auch da.
Verführer gibt es genug; die Herren von der Regentschaft, Molé, Guizot, Duchatel, die Politiker, nebst den Kriegsleuten Marschall Bugeaud und dem Kommandirenden der pariser Bürgerwehr, Changarnier.
Auf der andern Seite zerrt die legitimistische Klike, die eine Regentschaft zu langweilig findet und geradewegs den Henri auf den Thron heben will. Diese Herrschaften waren die Gäste, mit denen
Bonaparte dort zu Tische saß. Beide Parteien machen dem Herrn Thiers ihre Aufwartung. Ich versichere Ihnen, in den Vorsälen der Nationalversammlung läuft seit 8 Tagen das Gerücht, Bonaparte wolle als
großmüthigster aller Sterblichen abdanken und den Thron herstellen, wodurch seine Eitelkeit sich geschmeichelt fühlt; er wolle thun, was der Kaiser nicht that, als Louis XVIII aus dem Exil ihm
schrieb, er möge abdanken und den Titel eines Oberfeldherrn, eines Konnetable davontragen. Odilon Barrot ist jedenfalls schlecht gewillt, Opposition gegen dererlei Manöverchen zu machen; als er die
guten Präfekten ab- und lauter louis-philippistische längst dem Volke verhaßt gewordene, wieder einsetzte, da tadelte ihn einer seiner ältesten Bekannten, dessen Illusionen eine nach der andern
schwinden, und Hr. Barrot rrief: „„ich bereue bitter meine 18jährige Opposition gegen die Julidynastie; ich thue jetzt Buße!““ —
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12
] Paris, 27. Januar.
Die Klubs sind untersagt. In dieser frechen Manier beginnt Leon Faucher sein Dekret, trotz der Konstitution, die das Vereinigungsrecht gestattet. Den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen zu
wollen, nach der Februar-Revolution, und bei der Herannahung des Jahresfestes der Revolution, das heißt gerade zur Erneuerung der Revolution provoziren. Leon Faucher will den Franzosen das
Vereinigungsrecht untersagen, und die Franzosen vereinigen sich zu Tausenden, zu Hunderttausenden, um zu protestiren in unabsehbaren Zügen gegen wen? Gegen Leon Faucher! Armer Leon Faucher! Nein, sie
rücken heran, um zu protestiren gegen die Gewalt, welche den Gedanken dieses Verbotes faßte, sowohl als gegen die Gewalt, welche über das Verbot dekretiren soll. Eine furchtbare, vereinigte Masse ist
bereit, über Louis Napoleon, Faucher und Barrot hinwegzuschreiten, bis zu den Pontons hin, wo die Juni-Insurgenten noch immer auf die versprochene Amnestie harren.
Die Journale der Opposition haben alle protestirt gegen Leon Faucher's unerhörten Antrag; der National, obgleich er in seinem Leitartikel sehr heftig auftritt, hat den Protest nicht
mitunterschrieben.
Die Revolution kündigt sich mit allen sie begleitenden Symptomen an. Die Revolution in Paris ist kontagiös. Es handelt sich nicht mehr von Banquets, wie im Februar, wo man schmauste und trank, um
bei dem Schmausen und Trinken einige Toaste durchzubringen; es handelt sich nicht mehr vom gemeinschaftlichen Leben, wie es errungen worden durch die Februar-Revolution; es handelt sich von
Coalitionen und Assoziationen, die ihren Ausdruck in den Klubs gewonnen hatten, und diese Klubs, als den Heerd des Contagiums will man vernichten. Da verläßt das Contagium seinen Sitz; es geht heraus
aus den Sälen, aus den Häusern; es rafft sich zusammen in einer furchtbar schwarzen Masse und lagert sich in den Straßen von Paris.
Napoleon und seine 5 Millionen Stimmen? Aber diese 5 Millionen, haben wir immer gesagt, galten nicht Napoleon dem Kaiserlichen, nicht Napoleon dem Konstabler, sie galten jenem andern
Assoziationsrechte, das nach Außen seinen Boden hatte, sie galten jenen Coalitionen der Franzosen, die sich dem coalisirten Europa entgegenstellen; und da Barrot und Napoleon und die ganze
Rothschild'sche Clique dieses Assoziations-Recht zu ihren Gunsten deuten wollen, zu Gunsten der Ruhe und Ordnung, so steht auf einmal die Ruhe und Ordnung auf und erhebt ihr Haupt drohend gegen
die Ruhe- und Ordnungsführer. Eine Regierung, gesteht das Journal des Débats ein, ist unvereinbar mit den Clubs; die öffentliche Sicherheit kann nicht bestehn mit dem Fortbestehn der Clubs; die
Clubs stehn der öffentlichen Sicherheit feindlich gegenüben. — Die Freiheit der Clubs ist die Freiheit der Anarchie; wir achten alle Freiheiten, wir lassen sie alle gelten, diejenigen
ausgenommen, welche einen Staat in dem Staate konstituiren, 20 Regierungen der regelmäßigen Regierung entgegensetzen will.“
Das ist die Sprache des Rothschild'schen Staates, desjenigen kleinen Staates, welcher den ungeheuren Proletarier-Staat durch Renten, Eisenbahn-Aktien und Bankscheine in seiner Tasche
behalten will. „Die Nothwendigkeit der Gesellschaft, sagt der Constitutionnel, hat dem Ministerium die Nothwendigkeit geboten, die Clubs zu schließen.“ Das Vereinigungsrecht, ob es sich
in den Clubs oder den Assoziationen kund gibt, steht also der Gesellschaft feindlich gegenüber. Es gibt also eine andere Gesellschaft, die ihren Untergang vor Augen sieht mit dem Fortbestehn der
Assoziationen, der einzigen Errungenschaft der Februar-Revolution, und diese andere Gesellschaft, welche bereits im Februar unterlegen, welche aber, weil sie die Bedingungen ihrer Existenz, die
Staatsschuld, die Hypotheken, die Eisenbahnen, mit einem Worte das Kapital gerettet, wiederum zur Herrschaft gelangt ist, kann nur ihre Herrschaft behaupten, indem sie die Assoziationen zersprengt,
welche sich dem Drucke dieser Herrschaft entgegensetzten. Wenn also der Constitutionnel sagt, daß die Gesellschaft bedroht ist durch die Assoziationen, so heißt dies anders nichts, als daß das
Kapital, welches die Gesellschaft exploitirt, sich im Widerspruch befindet mit der andern Gesellschaft, welche exploitirt wird. Und diese andere Gesellschaft, welche exploitirt wird, das sind nicht
mehr die Proletarier allein; es ist der ganze kleine Mittelstand, der, nachdem er geholfen hat die Juni-Insurgenten zu bekämpfen, selbst bekämpft und in's Proletariat geschleudert wurde nach
der Junischlacht durch die Verweigerung der Concordats à l'amiable von Seiten der großen Bourgeoisie. Die „Assemblé Nationale“ und der „Siécle“, treten für die
bedrohte Gesellschaft auf. Wie nun die Frage gelöst werden mag, ob durch die Kammer, ob durch die Assoziationen, ob auf „gesetzlichem Wege“, oder durch die alleinige Kraft der
Assoziationen, die durch ihr Auftreten, durch ihre massenhafte Erscheinung dem zu bildenden Gesetze Gesetzeskraft verleihen, die offizielle Gesellschaft Napoleon's und Barrot's ist
vernichtet. Wenn nämlich die Kammer, als Ausdruck der offiziellen Gewalt, noch Zeit übrig haben sollte die Frage zu entscheiden, so setzt sie sich entweder in offene Feindschaft mit dem ganzen
Proletariat, und dann ist der Kampf unvermeidlich, oder mit der hohen Bourgeoisie, und damit ist sie genöthigt, gemeinsame Sache zu machen mit den „Clubs, mit der Anarchie“ — dann
stellt sie sich auf revolutionären Boden.
Der National, der für die Freiheit der Associationen auftritt und bereits durch eine sogenannte Regulirung der Klubs einen Mittelweg eingeschlagen hat, möchte auch dieses Mal diesen Ausweg
einschlagen. Aber dieses Mittelding ist unmöglich. Die Regulirung der Klubs, wie sie damals unter Dufaure durchging, hat zur Regulirung der Associationen geführt; hinter den Klubs stehen jetzt die
organisirten Associationen, die der Reaktion geradezu den Entschluß zur Schließung der Clubs eingegeben haben. Der Mittelweg ist daher jetzt unmöglich: und die Revolution steht vor der Thüre. Die
Clubs haben in der letzten Zeit die Nationalversammlung unterstützt; sollte daher die National-Versammlung auch nur im geringsten Lust bezeugen, die Clubs zu schließen, so bleibt den Clubs nichts
übrig, als ihrerseits die Nationalversammlung zu schließen.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 27. Januar.
Eröffnung der Sitzung um 2 1/2 Uhr. Fortsetzung der Diskussion über den Staatsrath. Ein Amendement des Herrn Rivot zu § 50 und 51 des Gesetzvorschlags wird angenommen.
Die Diskussion über den Staatsrath bietet für die auswärtigen Leser kein näheres Interesse.
Der Präsident (Marrast). Ich muß der Versammlung K[e]nntniß geben von einem Requisitorium des Generalprokurators bei dem Appelhof zu Paris, worin er um Autorisation zur gerichtlichen
Verfolgung gegen den Bürger Proudhon bei der National-Versammlung ansucht.
Das Requisitorium lautet wie folgt:
„In Erwägung, daß Proudhon unterzeichnet hat und sich als Verfasser der beiden in das Journal „le Peuple“ eingerückten Artikel bekennt, die mit folgenden u. s. w. Worten
beginnen: in Erwägung, daß diese Artikel die durch die Constitution dem Präsidenten der Republik übertragenen Rechte angreifen; in Erwägung, daß sie zum Hasse gegen die Regierung und zum Bürgerkriege
aufreizen; in Erwägung, daß das durch das Journal „le Peuple“ verübte Vergehen durch Duchène, den verantwortlichen Geranten dieses Blatts, und durch den Herrn Proudhon begangen ist u.
s. w. ersucht der Generalprokurator die National-Versammlung ihn zur gerichtlichen Verfolgung gegen Proudhon zu autorisiren.“
Der Präsident erklärt, daß das Requisitorium den Abtheilungen übergeben werden würde.
Proudhon: Ich protestire von vorn herein gegen diese Beschuldigung. Ich habe nur Eins bezweckt, vor diese Versammlung, vor die Gerichte die Frage von der Verantwortlichkeit des Präsidenten
der Republik zu ziehen. Der Minister antwortet auf eine constitutionelle Frage durch Beschlagnahme von Journalen, durch Verfolgungen. Nun wohl, ich werde mich vor der Kommission aussprechen und auf
der Tribüne, wenn es nöthig ist. (Bewegung.)
Nach Erledigung dieses Zwischenvorfalles kommt die Clubfrage auf die Tagesordnung.
Die zur Prüfung des vom Minister Faucher gestellten
Dringlichkeitsantrags wegen Schließung des Klubs erwählte Kommis-
[1142]
ion ist zusammengesetzt aus den Bürgern: Bovoux, Germain Sarut, Th. Bac, Pegeorges, Th. Gaudens, Emmery, Baune, E. Pean, Ducoux, Bechard, Senard, Laurent, Liechtemberger, de Charencay und
Cremieux.
Senard:(Als Berichterstatter im Namen der Kommission).
Die Kommission hat geglaubt, daß der so wichtige durch die Regierung vorgelegte Gesetzentwurf eine Verletzung des Art. 8 der Konstitution enthält. Wir haben den Minister des Innern ersucht, uns die
überwiegenden Gründe anzugeben, welche die Dringlichkeit eines solchen Antrags motiviren könnten. Diese Gründe schienen uns unzureichend. Die Kommission hat daher die Dringlichkeit nicht anerkannt und
beantragt die Verweisung des Vorschlags in die Abtheilungen.
Odilon-Barrot. Ich hielt dafür, daß die Frage, die euch vorliegt, eine der Fragen ist, die einmal gestellt, im kürzesten Zwischenraum gelöst werden muß. Der Sinn der Konstitution ist klar;
sie unterordnet das Recht der Klubs dem Bedürfnisse der öffentlichen Sicherheit. Die Kommission hat ein schlechtes Mittel gewählt; wir haben unsere Schuldigkeit gethan.
Ledru-Rollin. Nicht wir, die Regierung hat die Frage gestellt, und wenn sie es ohne irgend eine neue Veranlassung gethan, so wird die Versammlung diese Taktik richtig würdigen. Man hat nicht
einmal untersucht, ob es nicht genüge, die Klubs gewissen Regeln zu unterwerfen oder zu suspendiren. Es gibt eine Sache, die schlimmer ist als die Klubs. Es ist dies die Verletzung der Verfassung.
Senard besteigt noch einmal die Tribüne und führt noch einmal aus, daß eine so wichtige Materie der Gegenstand besonderer Studien in den Abtheilungen sein muß.
Auf den Antrag von mehr als 40 Mitgliedern wird zum Scrutinium geschritten.
Das Resultat der Abstimmug ist folgendes:
Zahl der Stimmenden 760.
Absolute Majorität 381.
Für den Antrag des Berichterstatters gegen die Dringlichkeit: 418.
Gegen den Antrag des Berichterstatters für die Dringlichkeit: 342.
Der Dringlichkeitsantrag des Ministers Faucher ist also verworfen. Montag wird eine Kommission von 15 Mitgliedern zur Prüfung des Gesetzesvorschlags über die Clubs ernannt worden.
Ledru Rollin deponirt einen Antrag auf Versetzung des Ministeriums in Anklagezustand.
Unter dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ wird die Sitzung um 7 1/4 Uhr geschlossen.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1142 |
Bekanntmachung.
Die diesjährige Heberolle der Beiträge für die bei der Rheinischen Provinzial-Feuer-Societät versicherten Gebäude der Stadt Köln, ist heute dem Steuer-Einnehmer Herrn de Berghes zugestellt worden.
Die betreffenden Hausbesitzer werden demnach hiermit veranlaßt, ihre resp. Beiträge innerhalb der im §. 29 des Reglements vom 5. Januar 1836 festgesetzten Frist von 8 Wochen an den genannten
Empfänger einzuzahlen.
Köln, den 24. Januar 1849.
Das kön. Oberbürgermeister-Amt, Justizrath Schenk.
Das neu hergestellte und auf's Eleganteste, im ersten Stock mit einem Divan und 3 Billards versehene Café Suisse, dem Theater de la Monnaie gegenüber, empfiehlt der Eigenthümer
desselben um so mehr allen resp. deutschen Reisenden, da in demselben außer den französischen, englischen, belgischen und holländischen Journalen, auch noch folgende deutsche Blatter, in keinem
sonstigen hiesigen Kaffehause vorräthig, zu finden sind:
Die Neue Rheinische Zeitung.
Weser Zeitung.
Zeitungs-Halle.
Frankfurter Journal und
Kladderadatsch.
Brüssel, 23. Januar 1849.
Anfrage.
Wie geht das zu, wenn man neue, feine wollene Unterröcke aus dem Pfandhause zurückerhält, daß sie denn gewaschen, und die Bänder abgerissen sind.
Versteigerung.
Am Samstag den 3. Februar 1849, Vormittags 10 Uhr, sollen auf dem Markte St. Aposteln zu Köln, verschiedene Hausmobilien, als: Tische, Stühle, Kommode, Spiegel, Sopha, Schränke, ein Schreibpult,
eine Theke etc, gegen gleich baare Zahlung versteigert werden.
Der Gerichtsvollzieher, Clören.
Versteigerung.
Am Dienstag, den 30. Januar 1849, Vormittags 10 Uhr, sollen auf dem Waidmarkte zu Köln, mehrere Stücke Buckskin gegen gleich baare Zahlung versteigert werden.
Der Gerichtsvollzieher Clören.
Versteigerung.
Am Dienstag, den 30. Januar 1849, Vormittags 10 Uhr, sollen auf dem Markte St. Aposteln in Köln, verschiedene Hausmobilien, als: ein Kleiderschrank, Ofen mit Trommel und Pfeife, ein Küchenschrank
und Tisch gegen gleich baare Zahlung versteigert werden.
Der Gerichtsvullzieher Clören.
In der Ausgabe von Nro. 24 der Kölnischen Zeitung macht Hr. G. Heuser bekannt, daß die Neue Rheinische Zeitung seine „Antwort“ nicht aufgenommen habe, trotzdem er dieselbe
schon am Sonnabend um 9 1/2 Uhr Morgens zur Expedition der N. Rh. Ztg. geschickt habe. — Herr G. Heuser hatte jedenfalls die N. Rh. Ztg. gelesen, als er der Köln. Ztg. die
„Antwort“ mit der voreiligen Bemerkung darunter zuschickte; er mußte also gesehen haben, daß am folgenden Morgen eine zweite Ausgabe erscheinen und hiernach erwarten, daß seine
„Antwort“ in dieselbe aufgenommen werden würde. Oder bildet sich vielleicht Herr Heuser ein, daß seiner „Antwort“ vor anderen Inseraten ein Vorrang zukomme?
Die Expedition der N. Rh. Ztg.
Ein Lehrling wird gesucht für Dekorationen und Anstreichen, wo sagt die Expedition.
J. van Binsbergen, D. Boers J. Hzn., J. Duuring Jr., J. Witkamp, A. C. Dalen, A. van Binsbergen, J. Kolff, J. F. Sauerbier, L. L. Jacobson, J. Sinderam, L. J. Plemp van Duiveland, C.
Suermondt Jr., J. Boon, J. B. Breukelman, P. J. van Houten, M. Breukelman, J. F. Wisscherhoff, C. J. de Lange, H. Montauban van Swyndregt, F. R. Montauban van Swyndregt und W. H Montauban von
Swyndregt, Mäkler zu Rotterdam, werden am Mittwoch, den 28. Februar 1849, des Vormittags um 11 Uhr, im Hause der Notarien daselbst, verkaufen:
- 344 Ceronen süße Mandeln,
- 182 Ceronen bittere Mandeln,
- 36 Ceronen Abrikosenkerne,
- 126 Ballen Wolle,
- 28 Fässer Gummi-Arabicum,
- 18 Fässer Gummi-Sandarac,
- 8 Ceronen Gummi-Amoniac,
- 4 Ceronen Orris-Wurzel,
- 2 Ceronen Wachs,
- 1 Faß Koloquinten,
- 14 Ceronen Kümmel (Semen carvi),
- 1 Cerone Anissamen,
- 3 Ceronen Kümmel (Semen cumini),
- 19 Fässer Gingelensamen,
- 1 Fässer Kanariensamen,
- 17 Fässer Olivenöl, und
- 1 Partie Straußfedern,
angebracht durch das Schiff Newa, Capitän L. J Doekes, von
Mogador (Marokko);
66 Stück Elephantenzähne,
3 Ballen Guincakörner, und circa
100 Stück schwarze Affenfelle,
angebracht durch das Schiff „Gouverneur van der Eb,“ Capitän J. van der Eb, von der
Küste von Guinea;
45 Fässer Tamarinde (in Entrepot),
angebracht durch das Schiff „Ternate,“ von
Batavia;
88 Fässer Tamarinde (in Consumo),
angebracht durch das Schiff „J. C. J. van Speyk,“ von
Batavia;.
40 Fäßchen Curacaoschalen (in Entrepot),
angebracht durch das Schiff „Raphael,“ Capitän Visser, von
Cura[unleserlicher Text]ao;
23 Fäßchen Curacaoschalen (in Entrepot),
angebracht durch das Schiff „Cornelius,“ Capitän Fokkes, von
Curacao;
75 Fäßchen Curacaoschalen (in Entrepot),
angebracht durch das Schiff „Jan Visser,“ Capitän Driest, von
Curacao.
Die Mandeln, Abrikosenkerne, der Gummi-Sandarac, das Wachs und der Kümmel lagern im Entrepot, Wyk A Nro. 97, an den Boompjes.
Die 45 Fässer Tamarinde, angebracht durch das Schiff „Ternate,“ und die Curacaoschalen lagern im Entrepot, Wyck A Nro, 138, an den Boompjes.
Die übrigen Waaren lagern in Consumo in den Packhäusern hinter dem Comptoir des Herrn H van Ryckevorsel.
Der Verkauf geschieht in Partien, welche durch die Notizen näher bezeichnet werden.
Nähere Auskunft ertheilen die oben genannten Mäkler.
Interpellation an den komm. Oberbürgermeister Gräff!
Nach der öffentlichen Bekanntmachung des komm. Oberbürgermeisters muß der zur ersten Kammer berechtigte Urwähler entweder für 5000 Thlr. Grundbesitz, oder 500 Thlr. reines Einkommen haben, oder
endlich nachweisen, daß er 8 Thlr. Klassensteuer zahlt. Da nun aber hier in Köln keine Klassensteuer besteht, so hätte der komm. Oberbürgermeister angeben sollen, welcher Gewerbesteuersatz jener
Klassensteuer von 8 Thlr. gleich steht.
Man hat hier theilweise angenommen, daß 24 Thlr. Gewerbesteuer so gut zur Urwahl qualifiziren, als 8 Thlr. Klassensteuer. Auch scheint dies amtlich hier angenommen worden zu sein, da Vi[e]le, die
24-30 Thlr. Gewerbesteuer zahlen, in die Listen aufgenommen, sehr viele aber ausgelassen worden sind.
Wir fragen nun den komm. Oberbürgermeister Gräff: Warum ist dies geschehen? Und warum hatte man nicht von Amtswegen alle diejenigen ohne Ausnahme aus der Steuerrolle in die Wählerlisten
eingetragen, die wegen ihres Steuersatzes dazu berechtigt sind?
Hierauf möge der komm. Oberbürgermeister antworten!
Anfrage an den komis. Ober-Bürgermeister Herrn Graeff hier.
Bei der Wahl der Stadträthe erhielt jeder Wähler der drei Klassen eine schriftliche Einladung von Amtswegen. Bei der heutigen Wahl der Wahlmänner zur 1. Kammer, ist dieses nicht geschehen, es kann
also nicht jeder hierzu Berechtigter wissen, ob er aufgenommen ist und mit wählen kann, da eine Masse ausgelassen sein sollen. Weshalb unterblieb eine derartige Einladung. Vielleicht schützt man vor,
die Zeit hierzu sei zu kurz gewesen, oder stecken vielleicht andere Motive dahinter? Wir erwarten eine offene Antwort.
Mehrere Wahlberechtigte
Friedrichshaller Bitterwasser frische Füllung wieder angekommen bei Aug Itschert, Friedrich-Wilhelmstraße Nr. 3.
Alle diejenigen, welche durch ihren Steuersatz, ihr Einkommen oder Vermögen zur Urwahl für die erste Kammer berechtigt, aber in die Liste der Urwähler nicht eingezeichnet sind, werden
hiemit zur Berathung eines Protestes gegen das Verfahren des Oberbürgemeisters auf Dinstag den 30., Nachmittags 4 Uhr bei Obladen, Streitzeuggasse eingeladen.
Mehrer Urwähler für die erste Kammer deren Namen nicht in die Listen verzeichnet sind.
Steinfeldergasse —1, ganze Haus 14 Piecen, gute Keller, Speicher, Gärtchen, Bleichplatz, Brunen- u. Regenwasser, oder auch theilweise zu vermiethen.
Packetschiffahrt HEYDORN & Comp. Rheder in Bremen.
Die mir zugegangenen Berichte lauten: SAN FRANCISCO, den 31. Oktober 1848.
Man findet täglich neue Minen und dieselben sind buchstäblich unerschöpflich; die sanguinischen Erwartungen werden übertroffen, das Gold ist fast ganz rein, man findet täglich für circa
100,000 Dollars im Durchschnitt; bei den Gruben lässt sich Niemand Zeit zur Erholung, und da sich jeder mit dem Goldsuchen beschäftigt, so ist Proviant sehr theuer.
NEW-YORK, den 14. Januar 1840.
Die letzten Berichte aus Californien übertreffen alle frühern, indessen hofft man, dass durch die enorme Ausbeute, der Werth des Goldes doch nicht gedrückt werde und merkt man dies schon bei
der lebhaften Frage nach Staatspapieren. Man macht in der Stille die grossartigsten Unternehmungen nach Californien.
WASHINGTOM, den 5. Januar 1848.
Im Congress macht man durchaus keine Anstalten um bei Ausbeutung der Goldminen in Californien einzuschreiten.
Das dreimastige gekupferte schnellsegelnde Packetschiff I. Klasse: TALISMANN von 550 Tons, Capt. A. HORSTMANN segelt jedenfalls im März von Bremen nach San Francisco
Diesem werden schnell nacheinander folgen die Packetschiffe I, Klasse: „REFORM“, „HERZOG ELIMAR“, „MATADOR“, „EXPRESS“ u. s. w.
Genauere Berichte zur Ueberfahrt, so wie Passagepreise, Güterfrachten, Assecuranzen u. s. w. werden auf franco Anfragen mitgetheilt von C. H. van Zütphen, Spediteur in Cöln
NB. Für Einschreibung der Güter und Lösung der Passagierbillets sind durchaus keine Provisionen zu vergüten.
Stollwerck'scher Saal.
Mittwoch den 31. Januar 1849 findet der zweite Große
Masken-Ball
unter Leitung des Herrn Franken Sohn Statt.
- Billets für Herren à 15 Sgr:
- Billets für Damen à 7 1/2 Sgr:
sind bei Unterzeichnetem und bei Hrn Franken
Sohn, Sassenhof, so wie Abends an der Kasse
zu haben.
Franz Stollwerck