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Beilage zu Nr. 204 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Donnerstag 25. Januar 1849.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Wie man die Wahlfreiheit versteht.) Siegburg Cleve, Dortmund, Werl, Münster, Paderborn, (demokratische Wahlen.) Frankfurt. (Was aus dem deutschen Kaiser geworden ist.)
Französsische Republik. Paris (Fortschritte der Contrerevolution. — Der 21. Januar. — National-Versammlung (Schluß)
Italien. Rom. Die Wahlen.) Livorno. (Attentats-Gerüchte aus Neapel. — Bannstrahl gegen Bamstrahl.) Aus der Lombardei. (Protest der Emigrirten.)
Ungarn. Preßburg (Oestreichische Beruhigungsmittel.)
Großbritannien. London. (Die ministeriellen Parlaments-Diners.)
Amerika. Liverpool. (Die Sclavenfrage. — Postkonvention mit England ratifizirt — Kalifornien. — Landweg dahin. — Räuberbanden in Mexiko. — Cholera zu New-Orleans) Rio de Janeiro. (Fortdauer der Insurrection in Pernambuco.)
Deutschland.
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[ * ] Köln, 25. Januar.
Bei Gebrüder v. Rath hat der Fabrikmeister seine Stelle verloren, „weil, wie es heißt, die Wahl gezeigt, daß derselbe einen zu großen Anhang unter den Arbeitern besitzt!“ So heißt es. Wir fragen die Herren von Rath: ist dies wahr oder nicht?
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[ ** ] Siegburg, 24. Jan.
Bei den hiesigen Wahlen haben die Demokraten in drei Wahlbezirken, die Konstitutionellen im vierten gesiegt und zwar dadurch, daß in der Liste etliche zwanzig demokratische stimmberechtigte Urwähler ausgelassen und dadurch ihres Stimmrechts beraubt wurden, wogegen die Liste mehrere Konstitutionelle enthielt, die auch wirklich mitstimmten und doch keine 24 Jahre alt waren.
Die demokratische Partei hat sofort einen Protest an den Oberpräsidenten abgeschickt.
(Wir fordern die demokratischen Urwähler des betreffenden Bezirks auf, einen Protest an die zweite Kammer selbst vorzubereiten, da von einer Beschwerde an Manteuffel'sche Behörden in solchen Sachen nichts zu erwarten steht, und da die Kammer in letzter Instanz allein kompetent ist zu entscheiden, ob dergleichen Manöver die Wahl des Abgeordneten ungültig machen. Die Red.)
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[ 102 ] Cleve, 22. Jan.
Die konstitutionell-preußen-vereinlichen Wühler, sie müssen wieder Heuler werden. Ach und Weh! Was hat es geholfen, daß der Landrath von Haeften auf stolzem Roß von schnellem Huf, durch die Dörfer sprengte, überall hin guten Rath und Harkort'sche Fabrikate austheilend? Was hat es geholfen, daß der Herr Justizrath von Göckingh, Hochwohlgeboren, eigenfüßig über's Land ging und prinzlich-preußisch-konstitutionelle Drucksachen den Landleuten in die Hände drückte? Was hat es geholfen, daß Bürgermeister, Polizeidiener, Barone, angestellte Nachtwächter und dergleichen Leute beständig auf den Beinen waren, und das Alles für ihr liebes Manteufelchen? Nichts, gar Nichts! Mühe und Geld, schweres Geld! Alles, aber auch Alles vergebens! Gewiß, wir fühlen Mitleid. Wir beklagen auch den armen Mann, der die grausigen Geschichten nach Berlin berichten muß, die heute in der alten guten Stadt Cleve passirt sind. —
Der konstitutionelle Preußenverein hat auch nicht einen einzigen seiner vorgeschlagenen Wahlmänner durchgesetzt, wahrend die drei und dreißig vom Wahlverein Aufgestellten mit Glanz durchgekommen sind. Ebenso hat auch die Umgegend Cleve's, die ganze Niederung, entschieden volksfreundliche Wahlmänner gewählt. Möge die Demokratie überall so siegen, wie hier am Orte.
Der Papa des konstitutionellen Vereins war Herr Oberprokuraten Wewer und der Präsident: Herr Advokat-Anwalt Dr. Weinhagen. Der Neid muß es ihnen lassen; die Herren haben sich ungeheuer angestrengt. Sie haben, als Männer des Rechts, gegen das klare Recht des Volkes gewirkt, so viel sie konnten.
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[ 24 ] Dortmund, 23. Januar.
Seit jener Zeit, wo das reichsstädtische Knüppelregiment dahier sein Auferstehungsfest feierte und wo zwei Demokraten nach Münster geschleppt wurden, hat sich eben Nichts Großes im Eidotter der Mark gezeigt. Jetzt aber ist ein wahres Wunder geschehen.
In der gestrigen Wahlschlacht nämlich haben — hören und staunen Sie! — die Demokraten einen vollständigen Sieg errungen. Das sind die traurigen Folgen dieser Neuen Rhein. Zeitung, von welcher hier 21 Exemplare gehalten werden, die mindestens 1000 gierige Leser zählen!
Siebzehn Wahlbezirke wählten 24 Demokraten von reinem Wasser und der Jubel darauf war so groß, daß Abends 7 Uhr gegen 200 Demokraten einen Festzug durch die Stadt hielten, der geordnet und ohne jede Störung verlief. Tausend Hochs auf die Gefangenen zu Münster und den vollkommenen Sieg der Demokratie wurden ausgebracht und ergötzlich war es, die langen Gesichter der schwarz-weißen Beamten und Kornsäcke zu schauen!
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[ XX ] Werl, 22. Januar.
Ich beeile mich Ihnen anzuzeigen, daß bei uns die Demokratie einen entschiedenen Sieg in den Wahlen davongetragen hat. Außer einigen „Salzjunkern“, denen es gelang, durch Anwendung der äußersten Mittel bei ihren Taglöhnern und Salinen-Arbeitern sich die Majorität zu sichern, ist die Masse der Gewählten demokratisch.
Die Schwarz-weißen hatten Alles aufgewandt, um sich Erfolge zu sichern. Selbst auf den Wahlplätzen noch lagen ganze Haufen von Traktätlein, namentlich das Harkort'sche und das herrliche Köster'sche Wahlbüchlein, worin so viel Schönes von unserm König steht. Aber umsonst. Das Volk erklärte, es wolle Demokraten wählen, diese allein verträten wirklich seine Interessen. Auch die „Neue Preuß. Zeitung“ und ihr nobles „Sonntagsblatt“ fällt hier auf unfruchtbaren Boden. Sogar unsere Bauern sind erbittert darüber, daß man sie für unkultivirt genug hält, um an einer solchen Lektüre Geschmack zu finden. Und bedenken Sie, wir sind hier im Herzen der Mark!
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[ X ] Münster, den 23. Jan.
Wir hatten 14 Wahlbezirke; in jedem Bezirk wurden 6 Wahlmänner gewählt, macht 84. Unter diesen 84 genau gerechnet 68 Demokraten, welche gesichtet wieder 38 von der allerbreitesten Grundlage und 30 Republikaner geben. Die andern 16 gehören theils der Rechten an, theils befinden sie sich noch im Zustande des Schwankens zwischen der Linken und Rechten. Wenige höhere Beamte, wenige Patrizier und nur ein freisinniger Geistlicher wurden gewählt. Im vorigen Jahr gab es 10 Geistliche unter 42 Wahlmännern, diesmal einen unter 84!
Unter den liberalen Beamten, welche gewählt wurden, nenne ich Ihnen den Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, der einzige, welcher gegen das Verfahren des Oberlandesgerichts wider Temme stimmte. Die mageren Triumpfe der Contrerevolution beschränken sich auf den von der Husarenkaserne gewählten Davonläufer Wiedhorst, und auf den am 18. Jan. mit dem Unvermeidlichen gezierten Bankier Niedick, welcher im fettesten Bourgeoisbezirk gegen einen Demokraten nur mit einer Stimme Majorität durchkam.
So weit hat es also das nicht allein mit Adler-, sondern auch mit Bodelschwingen ausgerüstete Schwarzweißthum bei uns gebracht. Man glaubte die Demokratie wohl verwahrt hinter den Schlössern und Riegeln des Zuchthauses, und siehe da! die Demokratie ist in allen Gassen, in allen Häusern. Und es ist gar nicht einmal viel gewühlt worden. Zwar haben einige Plakate und die im Zuchthause geborene Volkshalle nach Kräften gewirkt, aber was war das im Vergleich mit dem Schmutzregen manteuffelscher und harkortscher Liebesbriefe. Was war das im Vergleich von Geld und Gut von Seiten unseres hohen Adels und hoher Bourgeoisie an viele Urwähler? Ludwig Philipp hatte nur die Corruption, die Manteuffel haben aber die Säbelherrschaft, die Corruption, die preußischen Pfiffe und das Zuchthaus! Die Manteuffel haben das System Ludwig Philipps unstreitig vervollkommnet. Sehen wir zu, ob sie auch so weit damit kommen werden, als Ludwig Philipp.
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[ 068 ] Frankfurt a. M., 23. Jan.
(Nat.-Vers.) Die „Erblichkeit“ wird mit 263 gegen 21 Stimmen, der „lebenslängliche“ Kaiser mit 413 gegen 39; der Kaiser auf „zwölf“ Jahre mit 442 gegen 14, der auf „sechs“ Jahre mit 264 gegen 196, der auf „drei“ Jahre mit 305 gegen 120 verworfen.
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[ * ] Paderborn, 22. Jan.
So eben ziehen die Urwähler jubelnd durch die Straßen, die schwarz-roth-goldene Fahne voran. Vor dem Hause des im Zuchthause zu Münster befiadlichen Referendar Loeher werden den „December-Verhafteten“ unzählige Hochs gebracht. Die Demokratie hat glänzend gesiegt. Von den 36 Wahlmännern Paderborns gehören 32 der entschiedenen Demokratie an, Mittelbürger und Referendarien. Die Wahl der 4 von der Rechten, gegen die hart gekämpft wurde, war nur dadurch möglich, daß in ihren Bezirken die Seminaristen, Franziskaner und geistlichen Professoren, zusammen eine starke Schaar, mitwählten. Es sind 3 Geistliche und ein anderer Reaktionär. In der Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In der Stadt Salzkotten sind von 10 Wahlmännern 9 Demokraten und 1 Geistlicher. Im Dorfe Elsen sind sämmtliche 4 Wahlmänner Demokraten. Westfalen wetzt diesmal die Schmach aus, die ihm seine zahlreich ausgerissenen Abgeordneten voriges Jahr angethan.
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[ !!! ] Frankfurt, 23. Januar.
Als Curiosum muß ich Ihnen melden, daß Johann mit sammt seinem Central-Reichsministerium nächstens in Schuldarrest gesperrt werden wird. Die auf Preußen, Baiern etc. gezogene Wechsel werden mit Protest zurückgeschickt. Kein Mensch zahlt mehr. Die gute provis. Reichsgewalt ist so arm, daß sie nicht einmal das Geld für Heitzungs- und Beleuchtungsapparat bezahlen kann. — Diese Nat.-Ver.-Angelegenheit wird ein äußerst klägliches Ende nehmen, wie sie es durch ihren 100fachen Verrath am deutschen Volke, durch ihre den Fürsten gegenüber bewiesene Feigheit, durch ihre Nichtbenutzung der schönen Frühlings- und Sommer-Monate verdient.
Französische Republik.
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[ 17 ] Paris, 21. Januar.
Die Frechheit der Ordnungsfreunde steigt; nach Behinderung des Bernard'schen Valentinoklubs ist die Reihe an den Club der Straße Arbalète gekommen, der im echten Proletarierquartier der Weber und Lumpensammler, Kaninchenfellhändler und kaminfegenden Savoyardenknaben gelegen, ein gar zu bedenklicher Kern des Aufruhrs für das 12. Arondissement, dessen Nationalgardenoberst Barbes, ist. Man wollte, wie gewöhnlich, die kindisch pedantische Broschüre des grundgelehrten Vaterlandsverräthers Guizot (unter dem Spottnamen „Pilatus“ in jenem Klub bekannt, während Adolf Thiers „der unbegnadigte Schächer am Kreuz“, Dupin „Judas Ischarioth“ titulirt wird) discutiren, als die Gardes Mobiles, diese dem einstigen Volksgericht nimmer entrinnenden Metzger Cavaignac's, das Lokal besetzten; die Straße wimmelte von Polizeiagenten. Unweit des Klubhauses liegt das Gefängniß St. Peleagie, wo so viele Schlachtopfer der Bourgeoisrachsucht und Bourgeoisjustiz als „Juniräuber“ auf den nach den Galeeren und Centralfestungen abgehenden Karren warten. Auch ist zu beachten, daß in der Nähe das berüchtigte Jesuitenhaus, dessen Grundstück und Bäulichkeiten neulich auf 2 1/4 Mill. Fr. taxirt wurden, sich befindet, und es ist klar, daß der Unterrichtsminister Falloux, dieser mit Fug vielgehaßte Jesuitenzögling und fanatischer Anbeter des Königthums, speziell von den heiligen Vätern auf den unheiligen Arbaléteklub gehetzt wurde. Falloux ist eine durch und durch verächtliche Kreatur, ohne Herz, ohne Geist, aber gegen religiöse, politische und sociale Ketzer zu jeder Perfidie, zu jeder Rohheit fähig. Der Präsident der Republik hat einige sechzig Frauen und Mädchen, die als Juniinsurgentinnen im Kerker St. Lazare saßen, begnadigt. So erbärmlich wenig dies den prahlenden Verheißungen einer Generalamnestie, womit er sich viele Vota erschlich, entspricht, so soll er doch schon dabei einen heftigen Krakehl mit dem Biedermann und Rechtsbodentreter Odilon Barrot und dem „guten Christen“ Falloux gehabt haben, die selbst eine theilweise Amnestie für zeitungemäß erklären. Barrot wird am besten als Portier dargestellt, der urplötzlich aus seiner düstern Loge zu ebner Erde, auf den hellen Gipfel des Staatsgebäudes emporgeschnellt, dort oben in schwindliger Höhe unerschütterlich an seinen alten Conciergemanieren hängt, wie Eugen Sue in den Pariser Mysterien sie uns im „Père Pipelet“ darstellt. Mit letzterm hat Père Barrot noch die riesige Glatze gemein, auch den, bald totalen, Mangel an Zähnen, wodurch die von Natur sehr laute, bullernde Stimme des alternden Konseilpräsidenten zu einem völlig unartikulirten Knurren und Heulen — der Charivari sagt gar: „Bulldoggenorgan“ — entartet. Man kann jedoch füglich nicht behaupten, daß dies Aeußere im Kontrast stehe mit dem Inhalte; es zeigt sich im Gegentheil eine erfreuliche Harmonie zwischen Père Barrot's Aussprache und Gedankengang; bulldoggisch ist dieser wie jene. Und dazu noch ist er ein ehrenwerther Mann, der auf Recht und Gerechtigkeit hält, er hat mit großer Emphase das Amnestiren bekämpft und in einer Privatunterredung gesagt: „Dem Gesetz muß und wird Kraft verbleiben.“ Fragt sich bloß, ob dem Portier Barrot noch lange Kraft verbleiben wird, die Amnestie zu verhindern. Im Total werden nur 1063 Junileute begnadigt, das ist das Maximum, wohin es dies s. g. Gnadenkomité zu bringen weiß; ohne dies Gnadenkomité waren längst, auf abermalige Durchsicht der Akten, 995 zur Amnestie notirt; es lohnte sich also um diese kleine Zulage von 68 Individuen wahrlich die Mühe nicht, drei Kommissarien mit Geschrei und Geldkosten nach den Küsten auf die Pontons zu senden. Diese Kommissäre waren bekanntlich drei verstockte Königsanhänger, folglich schon von vornherein wider alles Amnestiren von Leuten, die ihnen den vielgeliebten Louis Philipp zum Teufel gejagt hatten. Es bleiben noch etwa 2000 auf den Pontons, die energischesten, kompromittirtesten. Daß die Zurückkehrenden keine zärtliche Dankbarkeit für die Volksmarkverprasser, von denen sie sechs Monate gemartert, verleumdet und auf alle Weise in ihrer miserabeln Lage festgehalten wurden, hegen, wundert das allzeit naive „Siècle“; die Amnestirten kommen in Zügen von 10 à 15 Mann zurück, und die Arbeiter aller Ortschaften gehen ihnen entgegen, bewirthen sie und geben ihnen das Geleit. Bei dieser Gelegenheit, behauptet das Siècle, fallen sehr bedenkliche Reden, wodurch man eben nicht zum weitern Amnestiren aufgemuntert wird. — Ein blödsinniges Heulen über republikanische Finanzverschleuderung findet seine beste Widerlegung in folgenden Worten des bekannten, vom Schlagfluß getödteten, getrügerischen königlichen Finanzministers Hümann im Jahre 1841: „Die vermuthlichen Ausgaben von 1840 betragen 1402 Mill. 237,220 Fr. und die Einnahmen nur 1239 Mill. 735,540 Fr.; mithin ist in diesem unsern Büdget ein Plus der Ausgaben von 162,501,680 Fr.“ So steht es zu lesen im Bericht an den König (1841 März). Man merke sich dieses Defizit des ordnungsliebenden, friedlichen, erwerbschützenden, tugendpflegenden Königthumes. Und jetzt sind diese Königthümler, denen die Republik vergaß den Hals umzudrehen, oder wenigstens ein revolutionäres Purgir- oder Vomirmittelchen einzutrichtern, um ihnen die seit Robespierre's Fall verschluckten Volksarbeitsschätze wieder auszuquetschen, impertinent genug über die 15 Mill. der, notabene durch royalistische Kniffe, mißglückten Nationalwerkstätten und sonstige Ausgaben zu heulen. Madame France, wie die Republik jetzt heißt, wird sehr passend im Charivari als ein schönes Weib abgebildet, die auf dem Bette liegt als Patientin und von riesenhaften Blutigeln, deren das ganze blutige Zimmer voll, bereits zur Ohnmacht ausgesogen ist. Es wäre endlich Zeit, das revolutionäre Salz diesen Anneliden auf den Schwanz zu streuen. Heute vor 56 Jahren, Mittags, fiel der Kopf Louis XVI. auf dem Fleck, wo jetzt der ägyptische Obelisk steht; zur Feier dieses leider noch isolirten erfreulichen Ereignisses finden heute mehrere Bankette statt. „Die echten Demokraten“ sagt Constituant de Toulouse „hoffen, daß in Jahr und Tag es nicht bei Banketten zum Andenken jener Tyrannentödtung bleiben werde. Brüder aller Zungen! Demokraten der Karpathen und Theis, des Mains und Rheins, der Spree und Donau, der Tiber und Themse, wir beschwören euch angesichts des Tages, an dem unsre wackern Väter in der Revolution ein Königshaupt — und wahrlich keines der schlechtesten — vom Rumpf trennten: einigt euch; wir bieten euch die Hand. Laßt uns in Jahr und Tag eine Pyramide von Königsköpfen aufstapeln. Laßt uns austilgen mit der Wurzel dies dem Zeitgeist unangemessen gewordene Schmarotzergewächs, Königthum geheißen; seht, der würdige Nachkömmling des Bluthunds Wallenstein, der moderne Tilly, Fürst Windischgrätz, der stupide, brutale Mordbrenner Prag's und Wien's, der Bombardirer tschechischer und deutscher Freiheit, zeigt er euch und uns nicht den einzig richtigen Pfad? was eine unheilige Schurkenwaffe ist in der Hand dieses k. k. habsburgischen unreinen Thieres (bète immonde), das wird eine heilige Ehrenwaffe sein in der strafenden Hand des gerechten Volksmanns. Brüder! gelobt am 21. Januar, dem großen Feiertage der Volksjustiz, nicht zu zaudern, wo auch immer der Sieg euch lächelt, das Belagerungsgesetz mit Pulver und Blei zu proklamiren gegen die Feinde der Menschheit, und sollte eine ganze Kaste, eine ganze Klasse, wie z. B. die, welche die Wiener verrieth, darunter begriffen werden müssen. Gelobt, die alte siegreiche Energie unserer Revolutionsmänner von 1794 wieder zu bewahrheiten mit der schlagenden, unabwendbaren, scharfen That, und nicht nur auf dem geduldigen Papiere. Die Puritaner köpften einen verrätherischen Stuart. Die Jakobiner köpften einen verrätherischen Bourbon. Unmöglich darf es bleiben bei diesen zwei Exempeln; uns sind hunderte solcher Art nöthig, denn, wisset es, wir dürfen fortan nicht mehr mit Standrechtung, oder gar langweiliger Verurtheilung und Hinrichtung dieses oder jenes vereinzelten regierenden Familienchefs uns begnügen, sondern endlich ganz einfach zur Standrechtung (application militaire de la loi martiale) der gesammten Mitglieder der respektiven Familie, weß Alters sie seien, übergehen. Bedenkt, Brüder, Schwestern in der Demokratie, bedenkt die Millionen von Metternich's und Talleyrand's und Pozzo die Borgo's Schule an Leib und Seele geschändeter und geschädigter Europäer; bedenkt die durch pluto- und aristokratisches Gift befleckten Unschuldigen, bedeckt die durch Grausamkeit der Herrscherklasse verhungernden Arbeit suchenden Proletarier und Proletarierinnen. Bedenkt die tückisch und barbarenhaft zu Boden geschlagenen Nationalitäten; bedenkt die in Spanien, Oestreich, Italien, Polen gemordeten Demokraten.“
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(Schluß.) Marrast (nach einer Pause): Der Minister des Auswärtigen verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. (Aufmerksamkeit.
Drouyn de Lhuys, Minister des Aeußern, besteigt die Bühne. Ich überreiche Ihnen, sagt er, einen Vertrag, welchen die diesseitige Regierung mit der Regierung von Baiern rücksichtlich der Anlage einer Eisenbahn von Straßburg nach Rheinbaiern abgeschlossen hat. (Ah! Ah! Man schien etwas Anderes zu erwarten).
Die Maidebatte wird wieder aufgenommen.
Jules Favre erhebt sich gegen den Gesetzentwurf. Er bestreitet der Regierung das Recht, die Angeklagten vor einen außerordentlichen Gerichtshof zu stellen und tritt in lange, höchst spezielle, juridische Deduktionen; er erinnert an das Erschießen Rey's und die Attentatsprozesse vor dem monarchischen Pairshofe.
Aber die Versammlung zeigt mehr Appetit für ihr Diner als für die Favreschen Deduktionen und politischen Considerationen; sie unterbricht ihn daher haüfig mit dem Rufe: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!
Favre schließt mit der Erklärung, daß die Nationalversammlung nichts an Stärke und Festigkeit verlieren würde, wenn sie die Maigefangenen durch die Assisen richten lasse. (Die Debatte wird geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Die Versammlung entscheidet mit 466 gegen 288 Stimmen, daß die Maigefangenen dem ersten Artikel des Entwurfs gemäß, vor die haute Cour zu stellen sind.
Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Odilon-Barrot verspricht statt binnen 40 in 30 Tagen die haute Cour zusammen zurufen
Italien.
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@facs1115
[ 068 ] Rom, 12. Jan.
Die vollkommenste Ruhe herrscht in Rom. Der Bann des Pabstes hat nicht die geringste Wirkung gethan. Die Römer meinen, der Pabst sei doch ein anderer Mann als Radetzki, und wünschen nur, daß alle ihre Feinde zu ähnlichen Bannstrahlen ihre Zuflucht nehmen möchten. — Die Wahl-Listen werden allenthalben angefertigt. — Pius IX sitzt in einer doppelten Festung zu Gaeta: Von Diplomaten und Kardinälen umlagert, hat er sogar nicht mehr die Freiheit des „guten Willens.“
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[ 068 ] Livorno, 12. Jan.
In Rom lacht man zu der Excommunications-Bulle des Pabes; sie liefert reichlichen Stoff zu guten und schlechten Witzen. Dem Bannfluche des Pabstes werden die Bannflüche des Volkes entgegengesetzt. Eben so ist's in Toskana. Heute fand sich an allen Straßenecken nachstehende Bulle angeheftet:
„Wir, das souveräne Volk, von Gottes Gnaden haben beschlossen und beschließen, wie folgt:
Alle Päbste, von Pius IX an, sind ihrer weltlichen Macht entsetzt und namentlich Alle, die sich der italischen Union feindlich zeigen. Wir, das Volk, geben in Folge der Macht, welche Gott und dem Volke stets gehört hat und gehören wird, dem Pabst Pius IX unsern Fluch und erklären ihn unter dem feierlichsten Anathem für abgesetzt.
„Im Namen Gottes und des Volks, die Macht der Excommunication ist für alle Zukunft verloren und ferner kann auch das Kardinal-Kollegium nur den Titel: Höllen-Kollegium führen.“
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@facs1116
[ * ] Livorno, 14. Jan.
Reisende melden: daß ein Unteroffizier gegen den in Gaeta anwesenden König Ferdinand von Neapel geschossen, ihn aber gefehlt habe. Nur das Pferd stürzte todt nieder. Der Schuß geschah aus einer Büchse. Die Leibgarden ergriffen den Thäter.
Uebrigens soll Ferdinand selbst Intervention fürchten, denn er möchte jede Berührung seiner Truppen mit den Römern vermeiden. Aus Spanien werden zwei Kriegsdämpfer erwartet.
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@facs1116
[ 068 ] Aus der Lombardei, 14. Jan
Die Emigrirten der venetianischen Lombardei protestiren mit aller Energie gegen die Wahlen der lombardischen Deputirten zum Kremsierer Reichstage. Alle Deputirten, welche das durch Gewalt und Bestechung aufgedrungene Mandat annehmen, werden für Vaterlandsverräther erklärt.
Ungarn.
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@facs1116
Preßburg, 14. Jan.
Militärkommissionen, Standrecht und Belagerungszustand sind nicht die rechten Mittel, um Ungarn innig an Oestreich zu knüpfen. Kanonen und Pallasche vermögen nicht Alles so nivelliren. Völker können mit einander verbunden, aber nicht an einander geschmiedet werden. Wer von des Krieges Gnaden herrscht, ist auch dem Zufalle des Kriegsglückes Preis gegeben.
Seit dem August ist Radetzky in Mailand, es geht dort gerade nicht milde her, sind die Italiener dem Doppeladler dadurch mehr gewogen worden?! Man klagt, daß in Wien, der allzeit getreuen Stadt, der widerspenstige Geist nicht überwältigt werden kann, trotz dem, daß alle Fremden, die ihn eingeschmuggelt haben sollen, ausgewiesen wurden; aber der Geist läßt sich nicht bewältigen, wenn auch Patrouillen mit Kanonen die Straßen durchstreifen, noch läßt er sich wegschrecken, wenn auch Lloyd und Presse und Geißel gegen ihn aufgeboten werden.
Der Geist ist ein gar elastisch Ding, elastischer als Federharz und Damascener Stahl; er kennt gar keine Elastizitätsgränze; er ballt sich in eine Nußschale zusammen, und dehnt sich plötzlich zur Riesengröße aus. Metternich und Sedlnitzky glaubten ihn bewältigt, da sprang er hervor und blies sie weg; — was diesen Professoren in der Kunst, den Geist zu morden, nicht gelungen, wird schwerlich Einem ihrer Schüler glücken. Wären an der Stelle der Füs[unleserlicher Text]laden, der Kriegsgerichte, des Belagerungszustandes und Preßsuspension — Amnestie, strenge Jury, geregelte und scharfe Handhabung der Ordnung und des Gesetzes getreten: der Geist der Widerspenstigkeit wäre nicht bewältigt, aber gemildert und gelähmt worden. Alle, die jetzt den Stachel der Bitterkeit im Herzen tragen, weil ihr Bruder, Verwandter und Freund durch Pulver und Blei hingerichtet, oder in die Kasematten der Festungen gesperrt wurde, die wären der Regierung zum Danke verpflichtet gewesen, und das Volk ist in der Regel nicht undankbar.
Wenn man in Wien, wo die Freiheit so kurze Zeit dauerte, wenn man in Italien, wo sie noch gar nicht begonnen, den Geist des Volkes nicht mit Basteien und Dragonern niederhalten kann, wie will man in Ungarn, wo dieser Geist 1000 Jahre alt ist, ihn bannen?! Man beginne dort das Spiel mit den Kriegsgerichten, Füs[unleserlicher Text]laden und Sequestrationen und in kurzer Zeit hat man wieder die magyarische Bevölkerung und nicht diese allein gegen sich. Der Ungar genoß von jeher einen ziemlich großen Theil individueller Freiheit. Die politischen Rechte waren wohl Eigenthum eines Theils; aber die Schnürleiber der freien Bewegung, wie sie im gesegneten Polizeiregime Oestreichs statt fanden, waren ihm unbekannt. Legt ihm diese Hemmschuhe an, und er wird es bald überdrüssig werden, zum einigen starken Oestreich zu gehören, und die, welche jetzt zuerst das schwarz-gelbe Banner erhoben, werden sich nach der roth-weiß-grünen Flagge sehnen. Tausendjährige Institutionen, die ins Mark und Blut des Volkes übergegangen sind, lassen sich nicht wie Staub wegblasen, insbesondere, wenn es freie Institutionen sind.
Nach der Verschwörung des Wesselenyi wagte es Oestreich ebenfalls, dort mit seinen Ausnahmsgerichten und Spezialkommissionen Ungarn nach deutschem Fuße, so nannte man das in den übrigen Ländern herrschende System, zu behandeln; die Folge davon war Bürgerkrieg und die Gefahr, daß Ungarn sich unabhängig machen würde. Man deutet darauf hin, den östreichischen Reichstag aufzulösen oder zu prorogiren und die Vertreter Ungarns für später dazu einzuberufen; wir können diesen Vorschlag nicht billigen, nicht im eigenen Interesse Oestreichs, nicht im Interesse Ungarns. Ein konstituirender Reichstag ist unauflöslich, und kann nur durch sich selbst vertagt werden. Wäre dies nicht der Fall, könnte ihn die Regierung vertagen oder auflösen, so könnte sie das Werk der Constituirung für immer hindern und einstweilen durch provisorische Erläße unverantwortlich regieren; sie könnte bei jedem ihr mißliebigen Punkte der Constitution die Kammer auflösen, und so nach und nach eine oktroyirte mittelst fortgesetzter konstituirender Reichstage hervorbringen.
[(C. Bl. a. B.)]
Großbritannien.
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[ 068 ] London, 22 Januar.
Lord J. Russell gibt am 31. dieses Monats sein großes Parlaments-Diner bei welcher die Thronrede vorgelesen und berathen wird. Lord Lansdowne, der ministerielle Leiter im Oberhause wird am nämlichen Abende und zu gleichem Zweck die whiggischen Oberhausmitglieder bewirthen.
Seit dem Jahre 1827 werden in der Druckerei der „Tiemes“ keine andern Schnellpressen angewandt, als nach dem System derjenigen, welche August Applegath von Dartford damals zuerst konstruirte. Die Papierbögen werden nämlich in einer Maschine mit vier Druckcylindern auf einer Seite bedruckt, und dann in einer zweiten solchen Maschine auf der andern Seite. Bei dem Format der Times von drei engl. Fuß Breite auf vier Fuß Höhe, wiegt die Typenform mit ihrem eisernen Fundament nebst dem Zugehör zur Mittheilung der Bewegung im Ganzen 15 Centner: wenn die Maschine 5000 Abdrücke in einer Stunde macht, durchlauft diese schwere Masse einen Weg von sechs Fuß vierzigmal in jeder Minute. Die Leistung einer solchen Schnellpresse nach dem bisherigen System ist hauptsächlich durch zwei Umstände begränzt: 1) durch die Gefahr, die mit einer größeren Geschwindigkeit der flachen Typenform verbunden wäre, denn letztere erleidet bei ihrer hin- und hergehenden Bewegung jedesmal, nachdem sie den Weg von sechs Fuß auf ihrer Bahn zurückgelegt hat, einen heftigen Stoß, und mehr als vierzig solche Stöße in der Minute kann eine so zarte Maschinerie nicht wohl aushalten; 2) dadurch daß man auf die Letternform während ihres in jeder Richtung sehr kurzen Laufs nur zwei Cylinder einen Druck ausüben lassen kann, und selbst diese mussen, wie auch die Schwarzwalzen, von so kleinem Durchmesser gewahlt und so eng zusammengestellt werden als möglich. Abgesehen von anderen Uebelständen ist nämlich jeder Zoll, welchen die Typenform bei gegebener Geschwindigkeit ohne ein Aufdrücken der Cylinder durchläuft, ein ebenso großer Zeitverlust; wollte man also bei Schnellpressen nach diesem Prinzip eine größere Anzahl von Druckcylindern anwenden, so könnte man in derselben Zeit doch nicht viel mehr Abdrücke erzielen, so daß lediglich die Maschinerie dadurch complicirter würde.
Die große Verbesserung welche nun von Hrn. Applegath bewerkstelligt worden ist, besteht darin daß er statt der gewöhnlichen flachen Druckform eine Kreisförmige Typenfläche anwandte, folglich die horizontale Hin- und Herbewegung der bisherigen Maschinen durch eine gleichförmige rotirende Bewegung ersetzte. Während die Typen bisher auf einer ebenen Tafel zusammengesetzt waren welche eine Eisenbahn durchlief, befinden sie sich jetzt auf der Peripheriefläche eines Cylinders, welcher sich um eine senkrechte Achse dreht. Dieser Cylinder ist eine gußeiserne Trommel von 5 Fuß 6 Zoll Durchmesser, auf deren Mantelfläche die Typenformen oder Columnen Segmente bilden. Acht Druckcylinder von 40 Zoll im Umpfang sind um die Trommel herum angeordnet, daher bei jeder Umdrehung der Maschine acht Bogen gedruckt werden, während die bisherigen Pressen bei jeder Hin- und Herbewegung des Karrens nur vier Abdrücke lieferten. Das Festhalten der Letternauf einem Cylinder, welcher sich um seine senkrechte Achse dreht, bot keine besonderen Schwierigkeiten dar, denn da in diesem Fall die Centrifugalkraft nicht in der Richtung der Schwere wirkt, so läßt sie sich leicht neutralisiren, was hauptsächlich mittelst der messingnen Spaltlinien und der Columnenstege geschieht welche an die Seiten des eisernen Formrahmens festgeschraubt werden; da der Querschnitt der Spaltlinien keilförmig ist, sie also gegen die Aussenseite der Typen dicker sind, so erhalten sie letztere an ihrer Stelle ähnlich dem Schlußstein eines Bogens.
Wenn wir in die große Zeitungsdruckerei der „Times“ eintreten, fällt uns zuerst eine kreisformige Gallerie von etwa 25 Fuß im Durchmesser auf, die 6 Fuß vom Boden entfernt über acht complicirten Mechanismen steht, welche die große Typenform radienförmig umgeben. Jeder dieser acht Mechanismen ist der Einlaßapparat für einen der acht Druckcylinder. Auf der Gallerie sieht man acht Männer an ebenso vielen Auflegtischen, welche in Zwischenräumen von beiläufig vier Secunden jedesmal sorgfältig einen Bogen in eine der acht Oeffnungen der Maschine stecken. Direct unter diesen acht Männern stehen acht andere auf dem Boden des Lokals, welche die aus der Maschine hervorgehenden bedruckten Bogen abzunehmen und auf einen Stoß zu schichten haben. Das Auge entdeckt bald die vier auf der Mantelfläche der Trommel aufgepaßten Formen, und sucht vergebens zahlreiche Papierbögen wahrend ihrer raschen Bewegung zu verfolgen. Das Gestell der großen Typentrommel enthält auch die Lager der acht Druckcylinder, welche alle in vollkommener Uebereinstimmung rotiren und von Zeit zu Zeit mit der Trommel in Berührung kommen. Die Typen bedecken nur einen kleinen Theil des Umfangs der Trommel, und im Zwischenraum ist auf ihrer bogenförmigen Mantelfläche eine große Forbetafel gerade so wie die Formen aufgepaßt und befestigt; letztere theilt die Schwärze den verticalen Farbewalzen mit, welche zwischen den einzelnen Druckcylindern angebracht sind, und diese theilen sie wieder den Typen mit. So weit war die Construction der Maschine ziemlich leicht, weil die vertical rotirende Circularpresse aus denselben Theilen besteht wie die gewöhnlichen Schnellpressen. Die Hauptschwierigkeit für den Erfinder war den Druckcylindern in ihrer neuen Stellung die Papierbögen zuzubringen, da ein Bogen von so großem Format in weniger als vier Secunden die horizontale Lage mit der verticalen vertauschen und wieder in erstere zurückkehren muß. Das bisherige Auflegen des Papiers blieb unverändert; die Bögen werden wie gewöhnlich von einer ebenen Tafel aus schnell zwischen zwei Reihen endloser Bänder hinabgeführt. Wenn der Bogen aber bis zu einem gewissen Punkt hinabgezogen ist, wird er plötzlich durch dünne hölzerne Greifer aufgehalten, welche mit dem Rande des Papiers an dessen beiden Seiten gleichzeitig in Berührung kommen; in demselben Moment verlassen die Bänder den Bogen; derselbe hängt nun in verticaler Stellung zwischen jenen Aufhältern; letztere werden dann weggezogen, und der Bogen hängt einen Augenblick zwischen zwei kleinen Rollen oder Greifwalzen; nun wird eine Reihe zwischen den Aufhältern befindlicher verticaler Walzen, welche schnell rotiren, unmittelbar mit dem Bogen in Berührung gebracht und treibt ihn horizontal zwischen zwei neue Reihen endloser Bänder, welche ihn um die Druckcylinder herumführen. Hier trifft er auf die Typen, empfängt den Abdruck und wird, dann unter der Einlaßgallerie in die Hände des Abnehmers herausgelassen welcher ihn niederzieht und auf einen vor ihm befindlichen Tisch legt.
Es bleibt uns jetzt noch zu erklären wie man mit der auf einer Cylinderfläche zusammengesetzten Typenform einen ebenen und deutlichen Abdruck bekommt. Die Druckcylinder haben 40 Zoll im Umfang, und jeder Cylinder berührt die Typen immer an denselben correspondirenden Punkten, weil sich die Peripherieflächen mit gleicher Geschwindigkeit bewegen. Das Wollentuch, womit die Druckcylinder umgeben sind, ist mit Papierstreifen unterlegt: durch dieses einfache Mittel und die Anwendung eines Typencylinders von großem Durchmesser erhält man einen Abdruck, welcher von demjenigen einer gewöhnlichen flachen Typenform nicht zu unterscheiden ist. Die Geschwindigkeit dieser Circularpresse, in welcher seit dem 3. October v. J. das Hauptblatt der Times gedruckt wird, betrug bisher tausend Umdrehungen in der Stunde, wobei sie 8000 Bogen liefert; man wird diese Geschwindigkeit allmählig steigern, soweit es ohne Benachtheiligung der Abdrücke und ohne Gefahr für die complicirten Mechanismen geschehen kann. Die Leistung der horizontalen Schnellpressen mit vier Cylindern hat man bis auf 6000 Bogen getrieben; es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Circularpresse mit acht Cylindern bis 12,000 Abdrücke in der Stunde wird liefern können.
[(A. Z.)]
Amerika.
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[ 068 ] Rio de Janiro, 17 Dezember. 48.
An politischen Neuigkeiten wären wir ganz arm, wenn uns nicht Pernambuco in dieser Hinsicht Stoff lieferte. Die dort ausgebrochene Insurrektion hat bedeutend an Stärke gewonnen und ein Regierungsdämpfer ist, wegen der dortigen Vorfälle, mit eiligen Depeschen hier angelangt.
[Redakteur en chef: Karl Marx. ]
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Ew. Hochwohlgeboren
beehre ich mich, Folgendes ganz ergebenst vorzutragen:
Vor etwa acht Tagen wurden in der Rheinprovinz viele Tausend Exemplare eines Blattes mit dem Titel: „Enthüllung der Wohloperationen der Demokraten“ und mit der Unterschrift: „Verein zur Wahrung der Interessen der Provinzen,“ verbreitet, worin ich als Hauptagent eines demokratischen Wahlcomite's für die Rheinprovinz angeführt werde. Obschon ich nun bis zu dieser Stunde von der ganzen Sache auch nicht die entfernteste Wissenschaft habe und weder Mitglied noch Mitarbeiter irgend eines Wahlcomite's oder Vereines bin und obschon jenes Blatt die gehässigsten Verdächtigungen enthält, so übersah ich diese Niederträchtigkeiten dennoch mit Verachtung.
Seit einigen Tagen wird indessen ein zweites ähnliches Schandblatt mit der Ueberschrift: „Enthüllungen II., Berlin, den 12. Januar 1849,“ und der Unterschrift: „Der Verein zur Wahrung der Interessen der Provinzen,“ gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin, verbreitet, worin ich als Mitglied einer Commission, welche am 12. November v. J in Berlin einen Aufstand zu veranlassen beabsichtigt habe, angeführt werde.
Der Zweck dieses Schurkenstreiches, nämlich auf die Wahlen zu wirken, liegt klar zu Tage, und liefert derselbe einen neuen betrübenden Beleg für die ttefe moralische Gesunkenheit einer Partei, welche zu solchen Mitteln ihre Zuflucht nehmen muß.
Indem ich mich beehre, Ew Hochwohlgeboren ein Exemplar dieses Blattes anliegend einzureichen, trage ich zugleich darauf an, gegen die Verfasser, respective Drucker und Verbreiter dieser elenden Verleumdungen die gerichtliche Untersuchung gefälligst veranlassen zu wollen.
St. Goar, den 18. Januar 1849.
Grebel, Friedensrichter.
An den Staatsanwalt Hrn. Sethe, Hochwohlgeboren zu Berlin.
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[ 068 ] Köln, 23. Januar.
M. Esser in Fürth hat uns unterm 21. d. M. einen Schmutz-Artikel als Entgegnung auf die Korrespondenz „aus dem Kreise Grevenbroich“ in Nr. 199, der Redaktion der „N. Rh Ztg.“ eingesandt.
Er hat sich aber in kluger Voraussicht, daß wir dergleichen „schwarz-weiße“ Lucubrationen weder unentgeldlich noch gegen Insertionsgebühren aufnehmen würden, zugleich an die noble „Kölnische“ gewandt, welche heute seine ganze Gespreitzt- und Gereitztheit produzirt. Der Artikel widerlegt auch nicht eine eizige der von unserm Korrespondenten berührten Thatsachen. Arme Seele! Sit tibi terra levis!
Eben so interressant, wie Hr. M. Esser in Fürth, präsentirt sich heute in dem Dumont'schen Annoncenblatte ein Herr „aus dem Kreise Bonn“, der als anonymer Schildknappe des in Nr. 189 d. Ztg. geschilderten Hrn. Kammerherrn und „Reichsbaron“ v. Carnap muthig einherreitet, aber nichts weiter vorzubringen weiß, als daß der „gnädige“ Herr Baron statt „fünf Silbergroschen“, wie unser, übrigens in jeder Hinsicht höchst glauwürdiger, Korrespondent mittheilte, sechs Silbergroschen Tagelohn zahlt.
Wir bitten unsern Korrespondenten, sich über die Art der kammerherrlichen Lohnzahlung genaue Auskunft zu verschaffen, bemerken aber schon jetzt, daß Hr. etc. Carnap nach seinem eigenen oder seines Einsenders Geständniß den Taglöhnern im Winter, wo sie am Meisten nöthig haben, sechs und im Sommer, wo sie weniger bedürfen, sieben Silbergroschen an Tagelohn auszahlen läßt.
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[ * ] Prenzlau, 20. Januar.
Die Unregeimäßigkeit, mit welcher Ihre Zeitung hier eintrifft, oft 3 Nummern auf ein Mal, oft gar keine, ist wirklich unglaublich.
Daß es nicht allein an Ihrer Expedition liegen kann, entnehme ich aus einem kürzlich hier beobachteten Falle.
Erst vor einigen Tagen nämlich ging ein nach Danzig bestimmtes Paket Ihrer Zeitung hier (!) durch, machte also einen Umweg von 48 Stunden.
In Berlin werden die Zeitungspakete fortirt. Dort ist die Ursache zu suchen, weshalb jenes Paket über den hiesigen Ort befördert wurde und weshalb fast täglich falsch spedirte Pakete Ihrer Zeitung hier durchgehen. Und der hiesige Fall wird, wie sich voraussehen läßt, leider nicht vereinzelt dastehen, sondern sich an andern Orten wiederholen.
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Civilstand der Stadt Köln.
18. und 19. Jan. 1849.
Geburten.
Maria Cathar. Hubert., T. v. Leon. Heinr. Claasen, Specereihändl., Severinstr. — Joh. Math. Wilh. Jul. Maria, T. v. Gerh. Jos. Korschillgen, Küster, Rinkelpf. — Elisab. Ludow. Alwine, T. v. Aug. Wilh. Riemer, Kaufm., Hunnenrücken. — Joh. Pet. Hub., S. v. Gottfr. Zündorf, Kleiderm., Kämmerg. — Anna Margar., T. v. Gottfr. Remagen, Gasarb. Lintg. — Helena Carol., T. v. Max Jul. Friedr. Bruch, Doktor der Medicin, Brüderstr. — Heinr. Joh., S. v. Joh. Peter Keller, Barb., kl. Griechenm. — Anna Gertr., T. v. Clemens Engelans, Tischlerm., Breitstr. — Aloys Clem., S. v. Joh. Jos. Kouth, Musiker, Josephstr. — Christ., S. v. Wern. Wirtz, Steinh., gr. Spitzeng.
Maria Agnes, T. v. Joh. Math. Abelen, Schreinerm., Follerstr. — Maria Agnes Walb. Joseph., T. v. Math. Rheindorff, Kaufm., oben Marspforten. — Peter Jos., S. v. Peter Jos. Klein, Tagl., kl. Spitzeng. — Joh. Jos., S. v. Jos. Ravenstein, Kleiderm., Stolkg. — Anna Maria Rosina, T. v. Joh. Ferd. Hub. Oehlers, Faßb., Mühlenb. — Anna Maria Sophia, T. v. Edm. Radmacher, Goldarb., Sterneng. — Juliana, T. v. Heinr. Wessel, Blaufarb., Eulengarteng. — Agnes, T. v. Math. Dollhausen, Müller, Glockenring. — Jos., S. v. Mich. Kerschgen, Maurer, gr. Griechenm. Maria Joh. Anton., T. v. Engelb. Kamper Glaser und Anstr., Mariengartenkl. — Maria Cäcilia, T. v. Jacob Breuer, Tischlerm., Herzogstr. — Ein unehel. Knabe.
Sterbefälle.
Karl Hub. Anton Feith, 2 J. 8 M. alt, Follerstr. — Theod. Rethwisch, 5 W. alt, Maximinenstr. — Doroth. Albring, 8 T. alt, Schafenstr. — Anna Esser, 35 J. alt, unrerh., kl. Brinkg. — Carol Franc. Elise Norrenberg, 1 M. 4 T. alt, Perlenpf. — Ein unehel. Mädchen.
Joh. Heinr. Dähne, 3 1/4 J. alt, Schilderg. — Anna Margar. Rolshofen, Wittwe Müller, 38 J. alt, Kämmerg. — Casp. von Hees, Buchdrucker, 43 J. alt, verh., Römerg. — Margar. Müller, 3 T. alt, Waiseng[unleserlicher Text] — Friedr. Heinr. Auer, Branntweinbr., 61 J. alt, Wittwer, Ehrenstr. — Joh. Meyer, ohne Gew., 65 J. alt, Wittwer, kr. Büchel. — Cathar. Pfeiffer, Wittwe Sitt, 70 J. alt, Cäciliensp.
Heirathen.
(18.) Friedr. Wilh. Struth, Handelsm., v. Ketzberg, und Anna Maria Brosy, v. Aachen.
Heiraths-Ankündigungen.
(21.) Joh. Jos. Kaltenheuser, Maurer und Anstr., und Cathar. Jünger, beide Tbieboldsg. — Vinc. Henr. Haverländer, Metzger, und Maria Anna Zerres. beide Butterm. — Bern. Jos. Gronewald, Maurerm., Wittwer. Schafenstr., und Sophia Cäcilie Hubert. Müller, unter Hutmacher. — Roder. Asbach, Schlosser, Antonitern, und Elisab. Heidler, gr. Neug. — Joh. Heß, Schneider, Antonitern, und Maria Anna Christmann, gr. Neug. — Heinr. Dumm, Schuster, Nächelsg., und Wilhelm. Knops, Ankerstr. — Mich. Hammermann, Gärtner, Buschgasse, und Helena Broelsch, zu Niederkassel. — Jacob Prior, Faßbinder, Glockenring, und Maria Cthar. Gercum, v. Meckenheim. — Wilh. Jos. Osländer, Kupferschlägerges., Cunibertskl., urd Gertr. Biesenbach, zu Mülheim. — Joh. Heinr. Jordans, Musiklehrer, zu Odenkirchen, und Maria Sophia Christ. Stapper, zu Köln. — Franz Wipperfürth, Seilerges., und Christ. Bodde, beide Huhnsg. — Joh. Jos. Gitschthaler, Klempner, Wittwer, und Maria Sophia Schweinem, beide Severinstr. — Theod. Hilden, Tagel., Wittwer, Severinstr., und Maria Cathar. Kribbeler, Wittwe Hamacher, Seyeng. — Heinr. Rosemann, Schneider, Wittwer, Apostelnstr., und Bernard. Temme, St. Apernstr. — Christ. Trost, Schuster, Wittwer, Ursulapl., und Anna Maria Margar. Wingen, Eigelst. — Karl Friedr. Marschall, Unteroff., und Henr. Elisab. Weide, Wittwe Müller, beide Rinkenpf. — Christ. Friedr. Benz, Unieroff., Pion.-Cas., und Carol Aug. Clement. Grasse, Wittwe Schmidt, Friedrichstr. — Georg Schmaltz, Steinh., am Hof, und Helena Bommer, gr. Neug. — Peter Knautz, Schreiner, Johannstr., und Magdal. Heuterkes, Maximinstr. — Paul Lieb, ohne Gew., Sterneng., und Anna Margar. Lützenkirchen, Schilderg. — Jacob Müller, Gärtner, unter Kranenb., und Sophia Bolder, Eigelst. — Mich Erven, Zuckerarb., Thürmchensw., und Margar. Sürth, unter Kalenh. — Adolph Nettesheim, Gärtner, Bobg., und Cathar. Liessem, Martinsfeld.
20. Jan. 1849.
Geburten.
(19.) Cathar. Maria Ernest., T. v. Joh. Gottfr. Seibelbach, Musiker, Johannstr. — Cathar. Joseph., T. v. Martin Lindart, Schlosserm., Eulengarteng.
Joh. Benj. Aug., S. v. Eberh. Cuntze, Kfm., Rechtschule. — Maria Agnes, T. v. Casp. Anton Deimann, Schreinerm., Löweng. — Wilh., S. v. Gerh. Esser, Tagl., Spulmannsg. — Joh., S. v. Conr. Crefeld, Faßb., gr. Telegraphenstr. — Franc., T. v. Herm. Strauß, Hof-Optikus, Hochstr., — Anton, Jos., S. v. Peter Hartzheim, Tagl., Catharinengr.
Sterbefälle.
Joh. Stutten, ohne Gew., früher Metzger, 80 J. alt, Wittwer, gr. Griechenm. — Jodoc. Jos. Lanio, Steinhauer, 74 J. alt, verheir., Poststr. — Anna Eathar. Fontaine, geb. Stolten, 48 J. alt, Elisenstr. — Anna Schwartz, 23 J. alt unverh., Mühlenbach. — Heinr. Theisen, 7 M. alt, Sterneng — Margar. Feilners, 86 J. alt, unverh., Stolkg. — Cathar. Louise Carol. Schneider, 4 J. 10 M. alt, Bürgerstr.
Heirathen.
Jos. Karl Theod. Leopold, Eisenbahn-Bureau-Assistent, v. Aachen, und Elisab. Frank, v. hier. — Theod. Schildgen, Schreinerm., Wittwer, v. Keldenich, und Agnes Mohr, v. hier.
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Joseph Sacks aus Frankfurt a. M., im Hause des Herrn Johann Maria Farina, gegenüber dem Jülichsplatz.
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Der Gerant Korff.
Druck von J. W. Dietz, Unter Hutmacher 17.