[1087]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 200. Köln, Samstag 20. Januar 1849.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Anfrage. — Das königl. Patent an die Bauern. — Militärisches Wahlmanöver). Aus Rheinbach. (Wahlangelegenheit). Hittorf. (Der märzverschwundene Bürgermeister). Berlin. (Ein Stoßseufzer der Kreuzritterin). Posen. (Kongreß der Liga polska in Kurnik). Breslau. (Die Armenpflege der Breslauer Bourgeoisie). Wien. (Die Stimmung in Kremsier. — Einrücken russischer Truppen in die Moldau. — Vermischtes). Schleswig. (Die Insel Alsen).
Polen. Lemberg. (General Bem).
Ungarn. (Mittheilungen über den Krieg in Ungarn). Von der ungarischen Gränze (Siege der Magyaren in Siebenbürgen. — Gerücht von einer völligen Niederlage Jellachichs).
Italien. Rom. (Aufnahme der päbstlichen Bannbulle. — Die Wahlen). Florenz. (Eröffnung der Kammern. — Gerücht von contrerevolutionären Unruhen zu Rom. — Rüstungen zu Rom. — Aus Venedig und Piemont).
Franz. Republik. Paris. (Deutsche und polnische Demokraten. — Bernard. L. Napoleon. — Die Touloner Dampfkriegsschiffe. — Dupin und Guizot. — Vermischtes. — National-Versammlung.)
Belgien. Brüssel. (Neuestes aus dem konst. „Musterstaat.“)
Großbritannien. Dublin. (Das Todesurtheil der Staatsgefangenen bestätigt. — Zunehmender Pauperismus.) Manchester. (Der Markt.) London. (Die britische Erbweisheit.)
Köln. (Die Gefängnißwirthschaft.)
Deutschland.
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[ 068 ] Köln, 19. Januar.
Wohin sind die von Mitgliedern der «Liga polska» uns zugedachten Berichte über den Kongreß zu Kurnik gerathen?
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[ * ] Koln, 19. Januar.
Der letzte und höchste Trumpf, den die volksfeindliche Parthei ausgespielt, ist, wie schon gesagt, ein eigenhändiges vom Minister Hrn. Manteuffel gegengezeichnetes, Schreiben des preußischen Königs.
Es war eine kitzliche Frage, wie sich wohl die Einmischung des letztern am besten bewerkstelligen ließe. Doch den Herren „mit Gott für König und Junkerschaft“ gelang endlich nach langem Nachdenken ihre Lösung.
Ein gewisser Schulze Krengel in Nessin (einem kleinem Dorfe) bei Kolberg mußte nebst mehreren Tagelöhnern eine schriftliche Anfrage an den König unterschreiben, worin sie um Aufklärung nber Zweifel baten, die in ihnen nach Lesung gewisser, angeblich im Namen des Königs verbreiteter Flugschriften aufgestiegen seien.
Je naiver man die Leute fragen ließ, um desto wahrscheinlicher, daß der eigentliche Ursprung dieses saubern Wahlmanöver's verhüllt bleiben würde.
Sie mußten daher fragen, ob es denn wahr sei, daß Se. Maj. wirklich beabsichtigtige, das Grundeigenthum zu theilen und den Besitzlosen zuzuwenden?
Man kann sich den Todesschrecken und die schlaflosen Nächte der Tagelöhner von Nessin vorstellen, als sie von solcher Absicht hörten. Wie? Der König will den Grundbesitz theilen? Wir Tagelöhner, die wir bis jetzt für 5 Sgr. täglich mit solcher Wollust den Acker des gnädigen Herrn bestellten, sollen aufhören zu tagelöhnern, und unser eignes Feld bearbeiten? Der gnädige Majoratsherr, der 80-90 Dominien besitzt und blos einige hunderttausend Morgen Landes, von dem sollen so und so viel Morgen an uns gegeben werden?
Nein, bei dem bloßen Gedanken an so schreckliches Unheil zitterten unsre Tagelöhner an allen Gliedern. Sie hatten keine ruhige Stunde mehr, bis sie die Versicherung hatten, daß man sie wirklich nicht in dieses bodenlose Elend stürzen, die drohenden Morgen Landes fern halten und den gnädigen Herrn nach wie vor belassen wolle.
Ganze Provinzen kann man wohl den Besitzern wegnehmen, aber im Kleinen muß Alles beim Alten bleiben.
Eine zweite Frage lag den guten Leuten auch schwer auf dem Herzen. Ob denn Se. Maj. zur Auflösung der Nationalversammlung durch seine Rathgeber gezwungen worden? Drittens aber mußten sie schönstens um eine „bestimmte Anweisung über die Person des zu Wählenden bitten, indem sie nur zu Allerhöchstdenselben in dieser Beziehung (also in andern Beziehungen, z. B. in Geldsachen und dergleichen kitzlichen Geschichten nicht? O ihr Löwen aus der Nessiner Fabel, ihr seid vielleicht nicht so dumm, als ihr ausseht) volles Vertrauen hätten und das, was ihnen von Sr. Maj. angerathen werde, unbedingt ausführen würden.“
Mit diesen Anfragen denken die Brandenburg-Manteuffel's zwei Fliegen auf einmal zu schlagen. Einerseits wollen sie zeigen, was es noch für Prachtexemplare von urweltlichen Unterthanen giebt oder doch geben könnte, und dann haben sie, was hier die Hauptsache ist, das Mittel gefunden, daß endlich der König selbst als oberster Wahlagitator der preußischen Adels-, Beamten- und Geldsack-Partei auftreten kann.
Sofort wird das Antwortschreiben abgefaßt.
Darin beruhigt der König die noch immer angstvoll bebenden Tagelöhner, daß er sie in ihrer Besitzlosigkeit durchaus nicht stören werde und gar nicht daran denke, sie durch Verleihung von Ackerland auf ewig in's Elend zu stürzen.
Die Tagelöhner athmen freier auf.
Ihre Ungewißheit über Auseinandersprengung der Nationalversammlung wird beseitigt, indem ihnen der preußische König folgendes erklärt:
„Die zur Vereinbarung der Verfassung berufene Versammlung habe ich auf den Rath Meiner Minister, aber in eigner freier Entschließung aufgelöst (woran höchstens p. p. Krengel und Genossen zweifeln konnten). Niemand anders hat mich dazu gezwungen, als jene Versammlung selbst, indem die Mehrzahl ihrer Mitglieder (also keine Fraktion?) Meinem Rufe, in Brandenburg ihre Berathung fortzusetzen, nicht folgte und durch gesetzwidrige Beschlüsse den Staat und Mein königl. Haus in die äußersten Gefahren brachte.“
Die Vereinbarer selbst waren Schuld, daß sie zum Teufel gejagt wurden!
Hätten sie nicht den im christlich-germanischen Staat aufgethürmten Unrath etwas ausmisten und den Verschleuderungen der Staatseinnahmen im Civil- und Militär, den unerträglich gewordenen Schikanen in allen Richtungen des Lebens, den süßen Genüssen der bevorrechteten Adels- und Beamtenkaste zu Leibe gehen wollen, sondern hätten sie hübsch meine königlichen Vorschläge, mittelst deren das Volk nach wie vor geknechtet und ausgebeutelt werden kann, ohne lange Widerrede angenommen: so wären wir gute Freunde geblieben und die Vereinbarer säßen wohl noch bei einander.
Ja, in solchem Falle wäre es auf einige hunderttausend Thaler mehr oder weniger nicht angekommen. Ihr wißt doch, wie Preußens Könige in solchen Dingen, wenn man nur nicht mit den Rechten des Volkes Ernst machen will, mit den Geldern der geliebten Unterthanen durchaus nicht geizen.
Haben nicht die 8 Provinzen seit 1823 ihre Landtage gehabt, die eine Summe gekostet haben, mit der man eine Nationalversammlung über 4 Jahre aushalten kann? Allein, diese Landstände, das waren auch meistens so liebe, so gute Burschen, daß wir königlichen Wohlgefallen an ihnen hatten und wenn uns etwas nicht gefiel an ihnen, so klopften wir sie beim Abschiede tüchtig auf die Finger und so hatten wir zwar einen theuern, aber sehr ergötzlichen Carnevalsspaß.
Die Vereinbarer glaubten aber mehr zu sein und thaten, als hätte sie das Volk nach Berlin geschickt, um seine Forderungen festzustellen, seine Rechte „auf breitester Grundlage“ zu befestigen, ihm Erleichterungen zu verschaffen und die Staatseinrichtungen zu befestigen, die zum Vortheile einer verhältnißmäßig höchst geringen Zahl von Adligen, Beamten und Geldsäcken so lange Jahrzehnte auf ihm lasteten.
Die Vereinbarer gingen in ihrer Frechheit sogar bis zu dem Punkte, daß sie Entfernung der reaktionären Offiziere forderten, die, wie z. B. in Schweidnitz, die bürgerliche Kanaille, schwangere Frauen und Kinder ohne den mindesten Anlaß niederzuschießen befahlen. Damit nicht genug, beschlossen sie Aufhebung des Adels! Wahrlich, schon dieser eine Versuch, diese Stütze „Meines Thrones“, diese Königsmänner, den Liebling, welcher aus den Taschen des Volkes jährlich die prächtigsten Sümmchen unter dem einen oder andern Namen bezieht (wie die vermaledeite Vereinbarungskommission in ihrer Frechheit vor aller Welt ausgeplaudert hat) zu bloßen Menschen zu erniedrigen, wozu einmal „Mein Adel“ nicht erzogen ist: schon dieser Versuch hatte die Geduld erschöpft; aber die Rüstungen waren noch nicht ganz beendigt und so lange die Geschichte in Wien unentschieden war, mußte der Aerger hineingeschluckt werden.
Inzwischen gingen die Kerls immer weiter: sie schafften die Orden ab und alle nicht zu einem bestimmten Amt gehörigen Titel. Mit einem Orden, der etwa ein Paar Thaler kostet, kann man sich Spione kaufen und erhalten, die sonst große Summen kosten würden. Auch ist für die, welche nichts im Herzen haben, irgend ein Bändchen, Sternchen etc. auf dem Herzen unerläßlich, eben so, wie den Charakterlosen mit geringer Mühe zu einem Charakter, z. B. als Hofrath, Kammerherr, Kommerzienrath etc. allerhöchst verholfen werden kann.
Nun, wie die allerhöchste Galle kochte, könnt Ihr Euch denken, geliebter Krengel und Genossen von Nessin (bei Kolberg notabene)!
Leider mußte auch das noch geduldet werden. An den Belagerungszuständen arbeiteten zwar die Getreuen Tag und Nacht; aber es fehlte noch hie und da bald an Diesem bald an Jenem.
Und, geliebte Tagelöhner von Nessin! diese höllischen Buben von Volksvertretern erklärten die Jagd für frei, das heißt, die gnädigen Gutsherren, große und kleine, und die Mitglieder des königl. Hauses als Gutsbesitzer mit darunter, wir waren auf einmal um das schöne Vorrecht geprellt, die Felder der Bauern fernerhin zu zertreten und durch unser gehegtes und geheiligtes Wild verwüsten zu lassen.
Noch Schlimmeres stand bevor. Jene Volksvertreter wollten nun gar die Lasten der Bauern erleichtern, ihre Hofdienste und ihre Abgaben an die Gutsherren, als ein abscheuliches, wenn auch Jahrhunderte lang geduldetes Unrecht, zumeist ohne Entschädigung für aufgehoben erklären.
Schöne Aussicht! So wären für den theuern Adel gerade die allerergiebigsten Vorrechte dahin gewesen.
Dies ist eine kurze Uebersetzung jener königlichen Worte in klares, aufrichtiges Deutsch.
„Ich durfte es nicht dulden“, lautet das königl. Plakat weiter, „daß durch die Verirrungen (die wir eben theilweise bezeichnet) jener Abgeordneten, die von Mir verheißenen Freiheiten länger dem Lande vorenthalten und Ruhe und Ordnung länger gestört und dadurch das Gedeihen der Gewerbe und die Wohlfahrt des Landmannes beeinträchtigt wurden. Ich habe demnach bei Auflösung jener Versammlung ebenfalls aus freier, eigner Bewegung (ja wohl, und aus guten Gründen) Meinem Volke ausgedehnte Rechte und Freiheiten in einer Verfassungsurkunde feierlich verbrieft. Die nochmalige genaue Prüfung und jede mögliche Verbesserung der Verfassung sind vorbehalten und werden unter Mitwirkung der jetzt zu wählenden Abgeordneten ausgeführt werden.“
Dies der königlich-preußische Wortlaut. Sehen wir einen Augenblick näher zu.
Denn „zwischen Uns sei Wahrheit!“
Im April vorigen Jahres (vergleiche die Gesetzsammlung) verordnete der König von Preußen, freilich nur durch die Märzereignisse dazu gezwungen, daß eine Volksvertretung erwählt und mit ihr eine Verfassung („auf breitester Grundlage“) vereinbart werden solle.
Der Nämliche ließ aus den oben angeführten Gründe die Erwählten des Volkes auseinander jagen.
„Ruhe und Ordnung“ wurden nun erst recht gestört, gestört durch Belagerungszustände, durch Soldatengräuel aller Art, durch die täglich wachsende Willkür des Beamtenthums.
Was aber das Gedeihen der Gewerbe und die „Wohlfahrt des Landmannes“ angeht, so wurde für sie durch kostspielige, ununterbrochene Hin- und Hermärsche der Truppen, durch drückende Einquartierung und endlich dadurch gesorgt, daß man die Landwehr ihren Familien und ihrer Beschäftigung beim Landbaue und in den Gewerben entriß, ihre Familien in Noth stürzte und die Landwehr selbst, die doch nur im Fall eines Angriffs von Außen zusammentreten soll, wider ihren Willen nöthigte, mitsammt dem stehenden Heere auf Kosten der Steuerzahlenden zu leben.
Und weshalb? Lediglich um die alte saubere Staatswirthschaft herzustellen und stützen zu helfen, lediglich im Interesse des absoluten Königthums und des mit ihm verschwornen Adels-, Offizier- und Beamtenstandes.
Auf den Staatsstreich gegen die Vereinbarer folgte eine oktroyirte, das heißt, allerhöchst und huldseligst verliehene Verfassung.
„Einem geschenkten Gaul, sieht man nicht ins Maul,“ sagt ein ganz richtiges Sprichwort.
Wir müssen aber „dem geschenkten Gaule“ nothwendig „ins Maul“ sehen, um wenigstens einige Hauptmerkmale kennen zu lernen.
Das Volk hat im März dem Könige die Krone geschenkt. Aus Dankbarkeit schenkt ihm der König eine Verfassung.
Erinnert Euch der Geschichte von dem Bauern, der zum erstenmal in einem englischen Park lustwandelte. Er erblickte ein wunderschönes Häuschen. Wie niedlich! wie elegant! welche Farbenpracht! welch! anziehende modische Form! Der überraschte Bauer, ging näher und öffnete. Entsetzt fuhr er zurück:
Entsetzlich waren die Düfte, o Gott!
Die sich nachher erhuben;
Es war als fegte man den Mist
Aus sechs und dreißig Gruben.
Eine gleiche Bewandtniß hat es mit unserer ziemlich nett aufgeputzten Verfassung.
In der unter Kanonen und Wrangel'schen Bajonetten bescheerten Verfassung sind zwei Kammern, zwei ganz verschiedene Volksvertretungen, beliebt worden: eine erste Kammer, die ganz in der Hand des Königs, seiner Minister, des Adels, der Beamten und Geldsäcke ist; sodann eine zweite, zu welcher alle 24 Jahr alten „selbstständigen“ Staatsbürger wählen.
Die Wahl geschieht nicht geradezu, sondern auf Umwegen, durch Wahlmänner.
Zur ersten Kammrr dürfen nur mitwählen, wer 8 Thlr. jährlich Klassensteuer zahlt, oder 500 Thlr. reines Einkommen, oder einen Grundbesitz von mindestens 5000 Thlr. im Werth nachweisen kann.
Was bei diesen Bestimmungen für Wahlen herauskommen können und werden, begreift Jeder, dessen Kopf nicht ganz vernagelt ist.
Begreiflicher wird's noch, nimmt man die Bedingungen der Wählbarkeit hinzu.
Wählbar ist nur, wer das Schwabenalter erreicht, also 40 Jahr zurückgelegt hat, während ein königlicher Prinz, der 18 Jahr alt, für fähig erklärt wird, über ein ganzes Volk zu herrschen. Das ist die wunderliche Lehre von der menschlichen Früh- und Spätreife im preußischen Klima.
Der mindestens 40jährige Erwählte muß sodann Haus und Hof, Familie und Alles im Stich lassen können, das heißt, ein königl. Beamter oder ein dickwanstiger Banquier, ein reicher Gutsbesitzer u. dergl. sein, um seinen Platz in der ersten Kammer einzunehmen. Denn er muß in Berlin während der ganzen Sitzung vom eigenen Fett zehren, da er keine Diäten erhält. Dazu gehört Geld, viel Geld.
Das ist ganz schlau eingefädelt. Die erste Kammer ist eben als Hemmschuh bestimmt gegen Alles, was die zweite Kammer im Namen des Volkes fordern könnte.
Ein Artikel in der geschenkten Verfassung sagt, daß irgend ein Gesetz dem Könige nur dann zur Bestätigung vorgelegt werden dürfe, wenn's zuvor die Genehmigung beider Kammern erlangt hat.
Da nun die erste Kammer in ihrer Mehrheit an Volksverachtung und am Festhalten der Vorrechte ihrer eigenen Klicke oder Kaste noch die Herrenkurie vom Vereinigten Landtag übertreffen wird: so könnte die zweite Kammer sich auf den Kopf stellen und sie wird mit ihren Forderungen jedesmal schon von der ersten ab- und zur Ruhe verwiesen. Aber selbst ein Wunder zugegeben, daß eine so entstandene erste Kammer je einer Forderung des Volkes nachgeben sollte: so sagt die Verfassung weiter, daß sich der König gar nicht daran zu kehren braucht, falls er nicht will.
Und das eben so große Wunder angenommen, daß ein König irgend einmal ein Gesetz zum Vortheil des Volkes vorlegen sollte: die erste Kammer darf nur dagegen sein: so wird wieder nichts daraus.
Doch vor diesem zweiten Wunder brauchen wir nicht Bange zu haben.
Genug, schon die Wahlart und die Wahl- und Wählbarkeitsbestimmungen für die erste Kammer rufen uns laut in die Ohren, [1088] daß wir die erbärmlichsten Tölpel wären, ließen wir uns in einer solchen Wolfsgrube fangen.
Aber es kommt noch besser.
Ihr wißt, daß der Geldbeutel der Unterthanen dasjenige Ding ist, aus und von dessen Gnaden der König lebt und seine Kammerherren und Lakaien, seine Minister und Marschälle, seine Beamten und Soldaten besoldet, seine Geldgeschenke und Gnadenbezeugungen austheilt u. s. w.
Eben weil wir bisher das preußische Königthum mit unsern Geldern so unverantwortlich haben schalten und walten lassen: deßhalb hatten wir keine Kraft, wir hatten uns ihrer entäußert und wurden verspottet von denen, die unsere Kraft aussaugten und boten das Schauspiel des von der Delila geschwächten Simson.
Ihr könnt Euch wohl denken, daß der preuß. König bei seinem Geschenk sein Bedacht darauf genommen.
Seine Verfassung setzt fest, daß die Steuern so wie bisher fort erhoben werden, so lange die beiden Kammern nicht etwas Anderes bestimmen und — der König es genehmigt hat.
Nun wird schon die erste Kammer sich hüten, für Steuerverminderung zu stimmen. Denn aus den Steuern des Volks ziehen ja gerade die bevorrechteten Stände, die in der ersten Kammer vertreten sind, den besten Theil. Eine gerechtere Steuervertheilung werden sie eben so wenig zugeben, da alsdann die gnädigen Gutsherren und die Reichen überhaupt mehr blechen müßten, als bisher.
Aber dafür ist in einem eigenen Artikel der sogenannten Verfassung gesorgt, daß der König mit seinen Ministern neue Steuern ausschreiben oder alte erhöhen kann, je nach Belieben.
Indeß nicht nur die ganze Steuerangelegenheit hat der preußische König in seiner Verfassung seinem Belieben und seiner Laune vorbehalten, sondern auch das Recht, jeden Artikel der Verfassung und die ganze Verfassung insgesammt für die Zeit, wo die Kammern nicht versammelt sind, außer Kraft zu setzen.
Nun, das ist nur ein kleines Pröbchen von den Schlichen, Kniffen und Fallstricken der neuen Musterverfassung.
Die rheinischen Bauern sind indeß keine Nessiner oder pommersche Taglöhner. Vor allen Dingen mögen sie beherzigen, daß wir zum zweiten Mal wählen, wenn gleich jetzt unter tausenderlei von der Regierung bereiteten Hindernissen.
Das erste Mal — im Mai vorigen Jahres wählten wir Leute, denen wir zutrauten, sie würden unsere Rechte und Forderungen würdig zu vertreten und durchzusetzen wissen.
Wir hatten uns insofern getäuscht, als unsere Vertreter, sei's Feigheit, sei's Dummheit, sei's beides zusammen, die beste Zeit verstreichen ließen, in welcher sie mit Energie und Einsicht die zeitweilig erschrockenen Volksfeinde für immer unschädlich machen und ihnen die Stützen im Militär und Civil wegziehen konnten, an denen sie sich später wieder aufrichteten und nun ihrerseits eine Revolution im entgegengesetzten Sinne zu Stande brachten.
Als es zu spät war, da kam unsern Vertretern erst das nöthige Licht. Da war's eben zu spät und so wurde mit ihnen geendigt, wie sie hätte beginnen sollen.
Drum müssen wir dies Mal von vorn herein ganz entschiedene Männer zu Wahlmännern nehmen und diesen auftragen, nur völlig energische und dem Volk ergebene Deputirte nach Berlin zu senden.
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@facs1088
[ * ] Köln, 19. Jan.
In den Kasernen genügt es nicht, die Wahlen dadurch zu destilliren, daß, wie beim Civil, Wahlmänner, und von diesen die Deputirten ernannt werden. Dieses Verfahren ist den Herren Offizieren viel zu einfach und noch zu unsicher.
Drum ist gestern den Soldaten befohlen worden, in jeder Kompagnie erst
3 Vertrauensmänner
herauszudestilliren. Diese wählen dann — die Wahlmänner! Auf diesem Wege der Destillation müßte es wunderlich zugehen, wenn nicht der gewählte Hr. Lieutenant, Hr. Hauptmann u. s. w. als abdestillirter Wahlmann in Köln zum Vorschein käme.
Gestern sollte in der Dominikaner-Kaserne (Artillerie) diese Operation vorgenommen werden. Die Soldaten protestirten unter Berufung auf das für alle Wähler, Civil wie Militär, gültige Wahlgesetz. Die Debatte wurde lebhaft, allein die Vertrauensmänner-Wahl kam nicht zu Stande! Große „schwarz-weiße“ Wuth!
Es soll nun die „Altenberger Kaserne“ (Pommern etc. enthaltend), obgleich sie der Lage nach gar nicht zum Bezirk der Dominikaner-Kaserne gehört, mit letzterer behufs dieser Wahlen verbunden werden — natürlich aus sehr triftigen Gründen.
Und da nun gestern die „drei gewählten Vertrauensmänner“ wegen Widerstandes unerzeugt geblieben: so sollen sie heute Vormittag 11 Uhr beim Appel erschaffen werden.
Hier sind die Urwähler im Dienste, hier haben sie nicht zu protestiren, nicht zu widersprechen: hier heißt's „Ordre pariren!
Ein anderes militärisches Wahlmanöver ist der Kommandanturbefehl, welcher am 15. Januar den Offizieren bekannt gemacht wurde. Die Offiziere haben sich nämlich aus ihren städtischen Wohnungen zurückzuziehen und in den verschiedenen Kasernen ihr Lokal aufzuschlagen, natürlich nur für die Zeit der Wahlen, da in den respektiven Kasernen keine wohnlichen Räumlichkeiten für Offiziere vorhanden sind.
Endlich haben die Wahllisten des Militärs nicht auf dem Stadthause ausgelegen, während gerade hier die Kontrolle des Publikums um so nothwendiger ist, als die Mehrzahl der Soldaten nicht das gesetzlich zur Urwählerschaft erforderliche Alter besitzt.
Ueber diesen Gegenstand fand folgender Dialog zwischen einem Deputirten der Urwählerversammlung und dem Hrn. Oberbürgermeister Gräff Statt:
Gräff. Das Militär wählt in den Kasernen. Die Listen hat Oberst Engels festgesetzt. Der Oberst Engels verfährt mit der größten Gewissenhaftigkei, er hat selbst die Truppen ausgeschieden, welche in den letzten 6 Monaten ihre Garnison gewechselt, so daß 12-1500 Mann nicht mitwählen.
Der Deputirte. Aber, Hr. Oberbürgermeister, ich sehe nicht ein, wie das Sache des Oberst Engels sein kann. Die politischen Wahlen sind bürgerliche Handlungen und gehören die Vorbereitungen dazu vor die Civilobrigkeit.
Gräff. Es ist das allerdigs übersehen, ich werde es nachträglich rügen und dafür sorgen, daß die Wahllisten des Militärs auch offenliegen.
Uebrigens ist es seiner Zeit Sache der Kammern, die Gesetzlichkeit der Wahlen zu prüfen.
Das ist alles sehr schön. Weil die Kammern die Gesetzlichkeit der Wahlen nachträglich zu prüfen haben, bleiben die Herren Beamten nicht minder verantwortlich für die Ungesetzlichkeiten, die sie aus Connivenz oder Nachläßigkeit vorgehen lassen.
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@facs1088
[ 068 ] Aus dem Kreise Rheinbach, 15. Januar.
Während in dem benachbarten Kreise Euskirchen die aristokratische Propaganda es bis zur Herausgabe eines eigenen Blattes brachte, hat die reaktionäre Armee in unserem Kreise, als einem wenig günstigen Terrain, bisher weder große noch kleine Manöver abgehalten. Die bevorstehende Wahlschlacht hat sie aus ihrem Versteck heraus genöthigt. Am 12. Januar ließ sie durch eigens ausgeschickte Missionäre eine sogenannte Volksversammlung in Rheinbach abhalten. Die gänzliche Erfolglosigkeit dieses Versuchs wird die zähen Schwärmer „mit Gott für König und Vaterland“ nur anfeuern, eine zweite Niederlage zu riskiren.
Wie überall, verstecken auch hier die Herren ihr schwarzweißes Gesicht unter einer trikoloren Maske.
Der Kreis Rheinbach schuldet speziell dem Eingeborenen des Kreises, Herrn Geh. Oberrevisionsrath Esser in Berlin, einen Beweis, daß er die Vertreter zu schützen weiß, welche die Volksrechte mit Gefahr ihrer Person vertreten. Es ist dies zugleich die treffendste Antwort auf das servile Sendschreiben des Herrn Sethe an Esser.
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@facs1088
[ 7 ] Hittorf, 17. Jan.
In den Frühlingsstürmen des vergangenen Jahres verschwand der hiesige Bürgermeister. Leider nicht auf immer! Denn seit gestern ist derselbe durch den Herrn Landrath uns zurückgeführt worden. Eine Warnung vor Rebellion und anderen Sünden hat dabei nicht gefehlt. Wir fühlen uns Alle der „väterlichen“ Regierung in Düsseldorf tief verpflichtet.
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@facs1088
[ * ] Berlin, 17. Januar.
Folgenden Stoßseufzer „aus der Provinz Sachsen“ preßt die brave „Kreuzritterin“ heute aus beklommner Brust hervor:
„Hält es nun schon schwer, den Landmann für eine allgemeine Idee zu gewinnen, so hält es dann noch viel schwerer, sie ihm wieder zu nehmen, und so wird es der demokratischen Presse gelingen, der socialen Umwälzung immer mehr Terrain zu gewinnen, das dann noch lange vorhalten wird, selbst wenn die Revolution sich äußerlich ausgelebt haben sollte. Bei uns wenigstens sieht es auf dem Lande also aus; wir wollen wünschen, daß es anderswo noch einen festeren, und der Verwesung mehr Widerstand leistenden Kern im Bauernstande gebe!“
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@facs1088
Posen, 13. Januar.
Die Generalversammlung der Liga Polska in Kurnik ist beendet, ohne daß die vielfachen Besorgnisse wegen Störung irgendwie in Erfüllung gegangen wären, und ein großer Theil der Deputirten ist hierher gekommen, um ihren Collegen aus Westpreußen (35 an der Zahl) morgen im Bazar ein Ehrenmahl zu geben. Die Verhandlungen haben sich auf die Feststellung der Statuten und die Wahl der Direktoren beschränkt. Zu letzteren sind erwählt worden: Der Exbischof von Przyluski zum Ehrenpräsidenten, Gustav von Potworowski zum Präsidenten und Graf Cieszkowki, Adalbert von Lipski, der Geistliche Janiszewski, Dr. Libelt und Jan Palacz zu Direktoren.
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@facs1088
[ 103 ] Breslau, 16. Jan.
Die Bourgeoisie ist hier in großen Nöthen. Die Cholera rafft täglich neue Opfer und in großer Anzahl dahin. Träfe dies Loos lediglich die Proletarier, so würde sie sich vor Freude nicht kennen. Würde man doch einiges von diesem verhaßten „Pack“ ohne weitere Kosten los und so ginge man ruhig schlafen. Aber die Cholera! Sie kann schließlich auch die Bourgeoisie bei der Kehle packen. Das immer mehr an ihr erkrankende und dahin geraffte Proletariat verpestet die Luft und wir können uns am Ende weder durch Kudraß'schen Cholera-Liqueur, noch weniger aber durch seine abdestillirten Poesien vor dem drohenden Würgengel schützen. Es wird den Bourgeois immer unheimlicher, ängstlicher. Leichenzug über Leichenzug hören und sehen sie an ihren Thüren vorbei passiren und die Todtengräber reichen kaum hin, um zur Einscharrung der „Nasenquetschen“ (wie hier die Särge der Proletarier heißen) Löcher genug fertig zu bringen. Unter solchen Umständen wird die Bourgeoisie aus zärtlicher Sorge für sich selbst auf einige Zeit wieder besorgt für die Armen, wird wohlthätig und giebt einige Thaler mehr an Almosen als sonst.
Um die Kasematten, eine Art englischen Arbeitshauses, hatte man sich lange nicht bekümmert. Die Armendirektion hat natürlich andere Geschäfte, als für die Armen zu sorgen.
In jenen „Kasematten“, eine Zufluchtsstätte für zeitweilig Obdachlose, brach die Cholera aus.
Welches Feld sich ihr in diesen Räumen bot, kann eigentlich nur der Augenzeuge begreifen. Ich habe dieses Gebäude besucht und werde den Anblick nie vergessen.
In den langgewölbten Zimmern, von deren Wänden das Wasser herunterläuft, in der Mitte ein nichtheizender Ofen und in jedem dieser Räume 20-25 Personen. Die noch Gesunden (so weit hier diese Benennung überhaupt zuläßig) mitten unter kranken und todten Kindern in den Winkeln zusammengekauert; Leichen, die nicht begraben wurden, eine Nahrung, die das Vieh verschmähen würde, für die Meisten gar keine vorhanden.
In den Zimmern, die ich durchwanderte, überall derselbe Anblick: Männer und Frauen, Kinder und Greise nackt oder mit wenigen Lumpen bedeckt, durcheinander vom Frost erstarrt, auf faulem Stroh, eine Todesatmosphäre durch's ganze Gebäude.
Jetzt erst, nachdem bereits hier in diesem Fokus der scheußlichsten Miasmen, die Cholera ausgebrochen: erinnerte sich unsere Bourgeoisie, daß es hier „Kasematten“ gibt.
Man sonderte endlich die sogenannten Gesunden von den Kranken, schaffte die letzteren in die Hospitäler, die Leichen ins Loch, sammelte Geld und kaufte Decken, Schuhe etc.
Da wir in einem Polizeistaat leben, und die preuß. Regierung sich immer damit brüstet, daß sie für die ungeheuren Summen, mit denen sie aus unsern Taschen jährlich ihre Beamtenmaschinerie einschmiert, auch ganz prächtig für die „Wohlfahrt“ der geliebten Unterthanen sorge: so frägt sich's, was thut die Behörde?
Am 28. Dezember brach die Cholera in den „Kasematen“ aus, am 4. Jan. fingen einige hiesige Bewohner ihre milden Sammlungen an und am 6. Jan. fuhr der Hr. Brandenburg-Manteuffel'sche Polizeipräsident bei den „Kasematten“ vor, um zu sehen, ob dort Etwas zu thun sei.
Und die Väter der Stadt? Ei, stört sie doch nicht in Abfassung royalistischer Dankadressen, in ihren Bestrebungen „für Gesetz und Ordnung“, in ihrem Freudentaumel über die gottbegnadete Verfassung, in ihren Weihnachtsfreuden und ihren sonstigen dringlichen Angelegenheiten!
Wie die Armenpflege hier beschaffen ist, davon findet man ein hübsches Pröbchen im hiesigen eigentlichen „Armenhause“, das unter spezieller Obhut des sehr löblichen Stadtraths steht.
Bis noch vor wenigen Tagen wurde in dieser stadtväterlichen Anstalt selbst bei der strengsten Kälte nur ein Mal des Tages geheizt. Der beständige Arzt der Anstalt hat zu viel mit Privatpraxis zu thun, wie sollte er sich um die Insassen des Armenhauses kümmern? Kümmert sich doch auch Niemand um sein Nichtkümmern!
Binnen 2 Tagen erkrankten hier unter 260 Insassen 42 Personen an der Cholera. Der Inspektor und der Buchhalter wurden dahin gerafft; aber man dachte nicht daran, daß die schlechte Kost, die verpestete Luft, der Lebensüberdruß der hierhin durch Armuth genöthigten Leute die Krankheit bis zu einer so erschrecklichen Höhe ausbilden würden.
Endlich aber wurde der Bourgeoisie natürlich auch hier Angst, und so errichtete man im Armenhause selbst — weil die Spitäler überfüllt seien — 2 Krankensäle, niedrige und doch kaum erheizbare Zimmer. Dann sollten in der nächsten Sitzung der Stadtverordneten die weitern Einrichtungen beschlossen werden. Der Tag der Sitzung kam, aber nicht — die Stadtverordneten; sie waren nicht beschlußfähig und gingen wieder zu einem Glase „Bairisch“ etc.
Man sieht aus diesem Wenigen, daß sich die hiesige Bourgeoisie in Betreff der Armenanstalten ganz getrost der englischen an die Seite stellen kann. In ihren „Kasematten“ und in ihrem „Armenhause“ hat sie ihr Muster von einem „Breslauer Workhause“ und einer Anstalt für Armenkinder, wie die neulich erwähnte von Tooting (bei London) den Andern zur Nachahmung aufzustellen gewußt!
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@facs1088
[ * ] Wien, 14. Jan.
In Kremsier sieht's fortwährend sehr trübe aus. Das Ministerium ist dem Reichstag nicht gewogen und der Reichstag hat keinen Grund zu einer großen Hinneigung zum Ministerium. Die „Grundrechte“ werden keinenfalls die kaiserliche Genehmigung erhalten. Wie sehr sie auch der Reichstag umändern mag: sie werden der contrerevolutionären Partei immer noch zu freisinnig erscheinen.
Die Stimmung hier in der Hauptstadt wird, wie sich wohl denken läßt, nicht besser, sondern durch die fortwährenden Brutalitäten, Niederträchtigkeiten, Verhaftungen etc. täglich erbitterter.
In der Brauhausschenke, genannt zur Bierlacke, in Gaudenzdorf, war es schon zweimal nahe daran, daß zwischen Militär und Civil ein ernster Konflikt ausgebrochen wäre, da das Militär die Volkshymne verlangte und deren Aufspielung auch durchsetzte, unbesonnene Civillisten aber dagegen das Fuchslied und das deutsche Vaterland sangen. Nur das besonnene Auftreten des Wirthes verhinderte einen Exceß.
In der verflossenen Nacht wurden in einer hiesigen Vorstadt allein 11 Gastwirthe nebst ihren Gästen von Militär-Patrouillen arretirt, da selbe noch nach 11 Uhr in den betreffenden Gasthäusern betreten wurden. — Noch immer finden sich verborgene Waffen vor. So wurde in einem Hause der Stadt vorgestern eine Muskete in einem Kellerloche versteckt gefunden. Sämmtlichen Nürnberger Waarenhändlern ist der Verkauf von Degen- oder Stiletstöcken aufs strengste untersagt worden.
Nachrichten aus Jassy wiederholen, daß 10,000 Russen in die Moldau eingerückt sind.
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@facs1088
[ 24 ] Aus Kurhessen.
Ein Fürst mit wenig Verstand, aller höheren Empfindungen und selbst des Ehrgeizes leer, nur in dem Gedanken der Anhäufung von Schätzen für seine nicht thronberechtigten Kinder schwelgend, voll kindischen Eigensinns, der sich meist in militärischen Spielereien Luft macht, kurz, ein Fürst wie alle Zwetschenfürsten, halb Filz, halb Corporal; ein Ministerium ohne Capacität, ohne Prinzip und sogar ohne Interesse, aber dabei doch jedem fremden Interesse dienend, sobald es mit der gehörigen Barschheit auftritt, ohne Muth und Entschlossenheit weder im guten noch im bösen Sinne, kurz ein gemüthliches Jüstemilieu-Ministerium; eine landständische Versammlung aus antediluvianischer Zeit mit Adel, Bürgern und Bauern, unter denen die Bureaukraten als Wölfe in Schafspelz herumwandeln, um immer die Einen auf die Andern zu hetzen, kurz eine Mischmasch-Versammlung aus Junkern, Oekonomen, Bierbrauern und beliebigen andern Käutzen, die Alles in der Welt, nur nicht das Volk vertreten; eine Bureaukratie die klettenartig zusammenhängt, sich verzweiflungsvoll an ihre Stellen klammert und vor dem Anker der Gehalte liegend die Veränderungen im Staatsleben gleichgültig mit ansieht, indem sie wohl weiß, daß es nicht bloß auf die Form, sondern auch auf die Personen ankommt — das sind die regierenden, die gesetzgebenden und verwaltenden Behörden des Landes, das man Kurhessen nennt, des gelobten Landes der Scheffer, Wongemann, Jordan etc.
Ich komme nun zu Spezialitäten, wobei Sie mir in Betracht ihrer Langweiligkeit und stellenweisen Ekelhaftigkeit gern gestatten werden, kurz zu sein. Zunächst also von den Landtagsverhandlungen. Dieser Landtag hat die Aufgabe der Selbstvernichtung — er soll ein neues Wahlgesetz schaffen. Aber der Gedanke an diesen Selbstmord ist unsern guten, pausbackigen, hausbackenen Philisterseelen (auf dem Landtag hauptsächlich durch die städtischen Deputirten vertreten) ein solcher Gräuel, daß sie im Einverständniß mit dem Ministerium, welches ihre Gefühle theilt, beschlossen haben, sich auf jeden Fall nur scheintodt machen zu lassen, um später wieder aufleben und unter der Herrschaft des neuen Wahlgesetzes wie unter dem alten das theure kurhessische Vaterland beglücken zu können. Also eine Formveränderung; de facto soll es beim Alten bleiben mit der einzigen Modifikation, daß man an die Stelle des Adels die höchstbesteuerten also die potenzirtesten Spießbürger setzen will. Dies Gebräu, welches sich die Herren Spießbürger von den Ministern hatten kochen lassen, wurde aber von der demokratischen Partei des Landtags und dem Adel, der nicht so dumm ist, daß er dümmern Leute als er seine Plätze gutwillig einräumte, für zu schwach befunden und verworfen. Nun sind sie am Brüten, was sie nun anfangen wollen. Sie sitzen wie die Gans auf dem Nest. Sie erwarten, daß sich der Volkswille gegen die Demokraten ausspreche, welche es über sich haben gewinnen können, mit dem Adel zu stimmen und den guten Mann Eberhard durch Verwerfung seiner Proposition so schwer zu kränken, und damit sie in ihren Erwartungen nicht getäuscht werden, schicken sie viel Papier im Lande umher, welches dann mit kärglichen Unterschriften „bedeckt“ als Adressenhagel wieder bei ihnen eintrifft. Dann aber werden wir das erschreckliche Schauspiel eines entschlossenen Vorschreitens kurhessischer Landtagsschildbürger erleben. Gott sei uns gnädig! Wenn Sie vielleicht neulich irgendwo gelesen haben, der kurhessische Landtag habe sich für den König von Preußen als deutscher Kaiser erklärt, so können Sie diesen haarsträubenden Beweis von politischer Entschiedenheit als Vorübung zu Dem betrachten, was noch kommen wird. Schon spricht man von der baldigen Lösung der orientalischen Frage, in der die Ansicht unserer Abgeordneten nicht weniger radikal und ihre Stimme nicht weniger kompetent und entscheidend sein dürfte.
Damit Sie auch vom kurhessischen Rechtsgang eine Vorstellung erhalten, brauche ich Ihnen nur zu sagen, daß die Hochverraths-Untersuchungen (eine gegen Bayrhoffer wegen einer ganz unschuldigen Rede) wieder in Gang kommen. Der Staatsanwalt wüthet gegen die Presse, und besonders gegen die „Hornisse“, ein von H. Heise mit vielem Geschick redigirtes Blatt. Doch kam das erste Schwurgericht, welches am 11. Januar deßhalb zusammenberufen war, nicht zu Stande. Der Unwille des Volkes über die durch das enge Lokal beschränkte Oeffentlichkeit machte sich so laut geltend, daß man die Sitzung verschieben mußte.
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@facs1088
[ * ] Schleswig, 13. Januar.
Bekanntlich stellte in der Reichsversammlung zu Kopenhagen der fanatische Pastor Grundtoig einen Antrag auf sofortige Erhebung der Waffen behufs Unterwerfung Schleswig's. Er wurde, wie schon gemeldet, abgelehnt. Die dänische Nationalversammlung war klug genug, dem diesjährigen Winter nicht ganz zu trauen. Ihre Vorsicht hat sich gerechtfertigt, denn jetzt ist die Insel Alsen durch das Eis landfest geworden, könnte also von der schleswig-holstein'schen Armee täglich betreten werden.
Polen.
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@facs1088
Lemberg, 9. Januar.
General Bem soll nun wirklich in drei Kolonnen bei Skolo, Turka und in der Bukowina aus Ungarn und Siebenbürgen nach Galizien eindringen. Der k. k. Generalmajor Barko wurde zur Organisirung des Landsturmes in die bedrohten Gegenden abgeschickt und 2 Bataillone Infanterie mit Geschütz sind heute von hier an die ungarische Grenze aufgebrochen.
[(Olm. Bl.)]
Ungarn.
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@facs1088
Die „Allg. Od. Zeitung“ enthält folgende Mittheilungen über die Beweggründe des Rückzuges der ungarischen Armee und die Verhältnisse in Ungarn überhaupt:
„Als Ungarn durch die Anmuthungen der österreichischen Dynastie gezwungen wurde, zur Wahrung seiner Rechte die Waffen zu ergreifen, besaß es außer den wenigen regulären Regimentern, besonders den Husaren, nur wenige Truppen, auf welche es, selbst nur theilweise rechnen konnte. — Da [1089] nun bekanntlich die Bevölkerung Ungarns aus verschiedenen Nationen besteht, und nach den teuflischen Plänen der Camarilla Ungarn nicht allein von mehreren Seiten angegriffen, sondern auch die verschiedenen Völker und Racen, auf alle nur erdenkliche Weise aneinander gehetzt wurden, so war es die Aufgabe der ungarischen Regierung, so viel als möglich diese zurückzuhalten; gleichzeitig aber auch aus den oberen Comitaten, welche größtentheils von Slovaken und Deutschen bewohnt sind, so viel an Mannschaften etc. als möglich herauszuziehen. — Daß dieses mit der größten Umsicht, Klugheit und dem besten Erfolge geschehen, ist nicht zu bezweifeln. Die Ungarn haben durch die Befestigung von Preßburg und die Vertheidigung der oberen Grenzen Zeit gewonnen, nicht allein sich im Innern zu organisiren, sondern auch aus den slovakischen Comitaten sämmtliche waffenfähige Mannschaft herauszuziehen, so wie aus den fruchtbaren Gegenden des rechten Donau-Ufers Frucht, Vieh und Fourage, was Alles nur zum vierten Theil, und zwar in ungarischen Banknoten bezahlt wurde, nach Komorn zu transportiren. Hierdurch erhielt der Feind eine doppelte Schlappe; indem ihm die Lebensmittel fast gänzlich entzogen und die nöthigen Geldquellen verstopft wurden. Dies findet in den Proclamationen des Windischgrätz auch seine Bestätigung. Windischgrätz confiscirt kaum unter dem Deckmantel der Fürsorge für die durch den ungarischen Krieg Verarmten die Güter der Kossuth-Anhänger; im Grunde geschieht dies aber nur, um dadurch Mittel und Wege zu finden, sich das ihm durchaus fehlende Geld zu verschaffen. Ob dies gelingen wird und die wiener Kapitalisten leichtsinnig genug sein werden, ihre Gelder hinzugeben, wird die Folge lehren. — Wahrscheinlich wird Windischgrätz — der in Pest und Ofen kein Mailand hat, und nicht à la Radetzky täglich immense Summen erpressen kann — genöthigt sein, in den eroberten Comitaten Steuern und Contributionen einzutreiben und dürfte demnach die in den österreichischen Bülletins so prahlerisch angekündigte Sympathie — welche nebenbei gesagt, sich allenthalben zeigt, wo eine feindliche Armee einrückt; da die Einwohner meist es vorziehen, den Einziehenden ein Hoch zu bringen, als von räuberischen Soldaten geplündert zu werden — sich bald in offenen Aufruhr verwandeln. Unter Kossuth, der in jenen Gegenden keine Kräfte zur Eintreibung der Steuern verwenden konnte, und dies auch politischer Rücksichten halber unterließ, waren die Bauern ungemein zufrieden und glücklich: Rob[unleserlicher Text]t- und Steuerfrei zu sein; sehr bald werden sie sich daher jenes Glück zurückwünschen und auch helfen, es zurückzubringen, wenn Windischgrätz sie auf eine andere Weise glücklich machen wollte; da die Bauern der ganzen Welt sich gleichen, und der Regierung am meisten huldigen, welche die wenigsten Steuern verlangt.
Da es nach dem Gesagten für die ungarische Regierung von Wichtigkeit war, sich die oben angedeuteten Vortheile zu sichern, so durfte sie keine Kosten scheuen, diese zu ermöglichen, und wurde zu dem Zweck: den Feind so lange als möglich außerhalb der Grenzen zu halten, Preßburg befestigt, so wie die oberen Grenzen so viel als thunlich[unleserlicher Text] vertheidigt. — Daß durch die Befestigung Preßburgs der Einmarsch des feindlichen Heeres in die Länge gezogen werden sollte, so wie daß ein ernstliches Behaupten von Preßburg, nach den der ungarischen Regierung zu Gebote stehenden Streitkräften strategisch unrichtig gewesen wäre, wird Jedem, der darüber zu urtheilen vermag, einleuchten. Demzufolge ordnete Görgey, nachdem die österreichische Armee den ernstlichen Angriff begann, den schon früher von Preßburg geordneten Rückzug an, und zog sich in der größten Ordnung mit allem nur Transportablem nach Komorn und Raab zurück. Bei dieser Gelegenheit ist auch die vielseitig angefochtene Tapferkeit der ungarischen Armee gerechtfertigt worden, indem, um eine Störung des Görgey'schen Rückzuges zu verhindern, sich der Brigadier Gyon mit 1700 Mann, zum Theil aus Nationalgarden bestehend, vor dem durchaus nicht zu vertheidigenden Ort Tyrnau gegen Schwarzenberg mit 12,000 Mann auf das Hartnäckigste beinahe einen ganzen Tag vertheidigte und mit einem Verlust von nur 300 Mann nach der Waag zurückzog.“
(Forts. folgt)
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@facs1089
Von der ungarischen Gränze, 13. Januar.
Nicht nur wurde die Hauptstadt von Siebenbürgen, Klausenburg, von den Insurgenten wieder eingenommen, auch erlitten die k. k. Truppen unter dem Befehle des Generalmajors Wardener bei Decs eine vollständige Niederlage und wurden bis Bistritz zurückgeschlagen, wo sich jetzt die gesammte Macht der Kaiserlichen sammelt, die an regulärem Militär kaum 12,000 Mann stark ist. Die Magyaren fechten in Siebenbürgen unter dem Kommando des polnischen Generals Bem, der früher in Wien befehligte und welcher ein Mann von seltener Unerschrockenheit ist. Diese siebenbürgischen Nachrichten, die für die magyarische Sache nichts weniger als trostlos lauten, sind vollkommen authentisch; minder beglaubigt klingt indeß die Kunde von dem Sieg der Magyaren über Jellachich bei Kecskemet, wo eine blutige Schlacht stattgefunden haben soll in der von beiden Seiten an 10,000 Mann gefallen wären und die mit der Flucht des ersten Armeekorps geendet hätte. Wir geben dies Gerücht ohne es verbürgen zu wollen, weil es uns von verschiedenen, sonst glaubwürdigen Personen mitgetheilt wurde und ein ernstlicher Widerstand der Insurgenten auf der 18 Meilen langen, vom Schnee verwehten Kecskemeter Haide bei ihrer anerkannten Ueberlegenheit an leichter Reiterei durchaus nicht unter die Unwahrscheinlichkeiten gehört.
[(Br. Z.)]
Italien.
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@facs1089
[ * ] Rom, 8. Jan.
Der päbstliche Bannstrahl de dato Gaeta 1. Jan. hat eine Wirkung hervorgebracht, die das päbstliche Hoflager gewiß nicht vermuthete. Das Volk riß die Schrift von den Kirchthüren, verbrannte die Papierstücke auf öffentlichem Platze und bemächtigte sich aller Kardinalshüte in den Hutmacherläden. Unter allgemeinem Jubel wälzte sich die halbe Bevölkerung in die Gegend der sixtinischen Brücke, von wo die Kardinalshüte auf Strohmänner gesteckt in den Fluß hinabgeworfen wurden.
Die Wahlen werden im ganzen Kirchenstaat vorbereitet. In Rom ist bereits ein Central-Ausschuß gewählt und in voller Thätigkeit.
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@facs1089
Florenz, 10. Jan.
Heute eröffnete der Großherzog die Kammern. Er versprach in seiner Eröffnungsrede, daß Toskana sich der Unabhängigkeitspolitik aller übrigen italienischen Staaten gänzlich anschließen wolle.
[unleserlicher Text] Nach dem „Nazionale“ von Florenz vom 9. Januar war das Gerücht in Florenz verbreitet, das Gouvernement habe Nachricht von einer zu Rom unter den Trasteverinern und dem Volk zu Gunsten des Pabstes ausgebrochenen Bewegung empfangen. Beim Abgange des Dampfboots nach Civita-Vechia sei der demokratische Theil der Civica mit dem Volke handgemein gewesen. Andere Florentiner Journale schweigen gänzlich von diesem angeblichen Faktum, und es bedarf demnach um so mehr der Bestätigung. Das frühere Gerücht von einer gegen die Römer geschleuderten Exkommunicationsbulle des Pabstes scheint sich nach Livorneser Briefen in der „Alba“ als begründet herauszustellen.
Die Römer rüsten sich zur Vertheidigung gegen die ausländischen Bajonette. Das Kriegsministerium hat Geschütz von Bologna und Ankona kommen lassen, alle festen Plätze werden besetzt, Garibaldi hat Befehl erhalten, mit seiner Colonne nach den Provinzen Fermo und Asoli aufzubrechen.
Nachrichten aus Venedig vom 3. Januar melden, daß die venetianische Kriegsmarine auf Befehl der provisorischen Regierung gleichzeitig mit den vor Venedig stationirten französischen Schiffen die Wahl Louis Napoleons zum Präsidenten der Republik gefeiert hat. Und auf Befehl eben dieses Louis Napoleon rüsten sich jetzt 10,000 Franzosen zum Kampf gegen die italienische Unabhängigkeit!
Die piemontesische Zeitung enthält ein Dekret, welches eine aus fünf Mitgliedern bestehende Commission einsetzt, die sich über die Mittel zur Besserung der Lage Savoyens berathen soll.
Französische Republik.
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@facs1089
[ 17 ] Paris, 17. Jan.
Die Kommission des deutschen Vereins von Paris erklärt: „In Betracht, daß die Reaktion Europa's aufs Aeußerste in Perfidie und Brutalität sich hervorthut, und kein Mittel verschmäht, die Völker gegen einander zu hetzen, um dahinter im Trüben zu fischen; in Betracht, daß die deutsche und polnische Nation, von Natur Nachbaren, auf alle Weise sich unterstützen müssen, und die Stunde herannaht, wo sie brüderlich zum großen Heldenkampf ausziehen gegen den gemeinsamen Erzfeind, das Petersburger Kabinet, unter dessen Schirmvogtei alle deutschen Despoten stehen, sowohl die feudalen als die Bourgeoisdespoten; in Betracht, daß die polnische Demokratenpartei, diese glorreiche Blüthe polnischer Nation, die hohe Bestimmung hat, einen civilisirenden Einfluß auszuüben auf die übrigen slawischen Stämme, welche dermalen, leider, unläugbar in das unlautere Netz der s. g, panslawistischen oder ultraslawischen Fraktion gefallen sind, einer Fraktion, die eine Aehnlichkeit hat mit der pangermanistischen oder ultradeutschen, die von den deutschen Sozialdemokraten wirksam bekämpft und in Schach und Zaum gehalten wird; in Betracht endlich, daß das Bündniß zwischen deutscher und polnischer Demokratie auf alle Weise befestigt werden und gerade in diesem Augenblicke lauter denn je vor aller Welt ausgesprochen und gleichsam als eine Herausforderung der über die Maßen frechen, sich bereits sicher wähnenden Reaktion ins Angesicht geschleudert werden muß: zeigen Unterzeichnete hiermit ihren Beitritt als korrespondirende Mitglieder zu der neulich in Paris gestifteten Sozietät der Freunde des demokratischen Polens an.“ Die polnischen Demokraten sind fortwährenden hämischen Angriffen ausgesetzt, und es ist nöthig, daß sich die deutschen Demokraten, ihre Brüder, ihrer in Deutschland mehr annehmen als bisher. So z. B. sah gestern der Sekretär Chrystowski sich genöthigt zu erwidern: „Die Verläumdung, als hätte das polnische Demokratencomite zu Paris seit Jahren stets doppelte Karte gespielt und die galizische Abschlächterei der Edelleute durch zwei Sorten von Emissären hervorgerufen, sei ebenso infam als lächerlich.“ Die skandalösen Rezeptchen, womit die Metternichsche Schule vor 1848 florirte, verlieren allmälig ihre Geltung, indessen muß doch scharf den Giftmischern auf die Finger geschaut werden; so z. B. behaupten die Redaktoren von La Reforme, La Republique u. s. w. aus bester Quelle zu wissen, daß die Bauern am Rhein von Freiburg bis Wesel seit sechs Wochen systematisch durch Broschürlis und Fluglieder wieder in den Franzosenhaß eingepaukt, geradehin zum Racenkrieg wieder eingeschult werden; man läßt sie, heißt es, wieder das Arndt'sche und Becker'sche Lied singen und theilt gratis oder zu Spottpreis an sie Pamphlete aus, worin gefragt wird: „ob sie die Napoleon'schen Abgaben sich wieder wollen gefallen lassen? Die Franzosen kämen nur, um zu erobern und die deutsche Demokratie wolle das Land an sie verkaufen.“ Ueberhaupt ist die Stimmung der französischen Demokraten und die der deutschen eine und dieselbe; der Franzose Macé bringt „einen Toast über die fremden Franzosen und französischen Fremden,“ worin er schlagend entwickelt, daß die französische Demokratie sich haarscharf absondern musse von Franzosen wie Guizot, Thiers und ihrer hohen Bourgeoisie und Aristokratie; das sind die Français étrangers; und nur mit Ausländern, mit den echten Demokraten Deutschlands, Italiens u. s. w. habe sie sich einzulassen. Das ist also wieder ein merkwürdiger Fortschritt in der französischen Bewegung; ein totales Brechen mit den nationalen Flausen. Derselbe junge Demokrat sprach einen Toast „über die Reichen“ worin es hieß: „das Elend des Nebenmenschen hängt wie das Schwert des Damokles immerdar über dem reichen Manne, und wenn es herabstürzt und den Reichen zerfleischt, dann schreit er über Socialismus und Volksaufhetzung. Thor! warum läßt du das Schwert oben hängen?“ Simon Bernard, dessen unsinnig hohe Strafe von den Assisen auf 100 Fr. und 1 Monat ermäßigt ward, ist wieder aus seinem Klub Valentino, den er inzwischen eröffnet hatte, durch ungesetzliches Eingreifen der Polizei, die mit einer Infanterie-Compagnie vor Beginn der Sitzung erschien und die Thür schloß, vertrieben worden; indessen nahm er sogleich den Polizeikommissär (der nachlässig genug seine Schärpe nicht in der Tasche hatte) in ein nahes Wachthaus und ließ ihn eine schriftliche Erklärung aufsetzen des Inhalts, Bernard habe ihn aufgefordert, mit der Schärpe umgürtet, als Civilgewalt, die Militärgewalt zu entlassen und, wenn er's dann noch wolle, die Thür zu versiegeln. Es regnete in Strömen; die Blousenleute Bernards, an 500, wurden wüthend, die Soldaten wurden trübselig; letztere bekamen schon derbe Püffe und man trat ihnen auf die Zehen; gleichwohl ging alles noch ruhig ab. Bernard hofft Freitag wieder den Klub zu eröffnen. Im Klub Arbalete diskutirt man über Guizot's Broschure; Guizot heißt dort nur Pilatus. — Der Präsident der Republik ist ein lustiger Bruder, er kneipt ganz burschikos an bestimmten Abenden im Eliseumspalast mit seinen vielen Vettern, und die Scene schließt mit solchen Strömen von Madera und Champagner, so daß ein gewisser Grad von Katzenjammer am nächsten Morgen sichtbar wird. Das Gerücht läuft, die touloner Dampfkriegsschiffe seien zwar nach Civita Vecchia zur Hülfe für Pio Nono bestimmt, aber nur im Vorbeistreichen, und Hauptzweck sei Installirung des Lucian Mürat, Sohn König Joachims von Neapel, auf den Thron der Insel Sicilien; dazu habe Pio Nono aus Dankbarkeit seinen Beistand zugesagt. Bei der Abentheurerlust des Präsidenten ist das möglich, zugleich weiß er nicht recht mit seinem Vetter Pierre fertig zu werden, der äußerst terroristisch-republikanische Maximen auskramt und in der Kammer sich sehr grimmig zeigt. Lucian Murat ist ein großer athletischer Bursche, der stets zu Pferd nach der Kammer kommt; wird er nicht König, so wird er vielleicht Oberst der 1sten Nationalgardelegion. „Welch triste Abentheurerfamilie en fait de politique! Diese Bonaparte's werden wahrhaftig zum Skandal werden. Frankreichs Republik hat sich eine famose Ruthe damit auf den Rücken gebunden, und das arme Italien weiß auch schon von ihnen zu erzählen.“ (Citoyen de Dijon).
Die Reaktionäre petitioniren auf den Dörfern um Kammerauflösung ganz summarisch bereits; sie trommeln die Bauern auf die Mairie zusammen, schlagen das Petitionsbuch auf und sagen: wer seinen Namen einschreibt dem wird die Neunsousteuer erlassen. Dieser Perfidie weiß kein Bauer zu widerstehen. Es kommen aber auch Petitionen um Nichtauflösung der Kammer an. Es wäre leicht möglich, daß bei dem unvermutheten Trotz der Königthümler, denen der Kamm gar sehr gewachsen, aufs Februarfest eine Insurrection statt findet, welche eine proletarische Revolution einleitet. Die Amnestiefrage wird immer noch, verrückt genug, vom Präsidenten ungelöst gelassen; schon brachten die weißgekleideten Arbeitermädchen der Vorstadt St. Antoine, unter Vortragen der Solidaritätsfahne, ihm sein gesticktes Bild mit den Worten: „unbeschränkte Amnestie“, aber der Stier ist taub und blind.
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@facs1089
[ 12 ] Paris, 17. Jan.
(Schluß.)
Was bei Guizot die Legitimität ist, das ist bei Dupin die Legalität. Wenn bei Guizot das Recht sich inkorporirt in der Legitimität, und wenn er, um die Legitimität zu retten, eine quasi-Legitimität, eine quasi-Restauration, mit dem fait accompli ausgerüstet, erfinden muß, so ist Dupin genöthigt, die ganze folgende Geschichte der Februarrevolution, die Angriffe auf die Kammer, die Juniinsurrektion, als ebenso viele Phasen darzustellen, durch welche die Konstitution sich durchzuwinden hat, um zu einer quasi-Legalität, zu einer Restauration der Legalität zu gelangen. Nichts macht den Franzosen so viel zu schaffen, als wieder einen Haltpunkt zur Begründung des Rechts zu finden, wenn einmal „das ewige Recht“ einen Schlag erlitten hat. Wie wird das rechte Recht, resp. das „ewige Recht“, wie es in den Gewalten des Staates heraustritt, wieder hergestellt, wenn dieses „ewige Recht“ mit dem Sturze dieser Gewalten durch die revolutionäre Gewalt gestürzt worden? Bekanntlich helfen sich die Deutschen mit den Vereinbarungen und den Rechtsböden. Aber in Deutschland bringen auch alle diese Vereinbarungsversuche, alle verschiedenen Rechtsböden weiter nichts zum Vorschein, als den alten Boden der Feudalität. Die neugebornen Rechte, wenn auch nur Bürgerrechte, bleiben unter dem Boden begraben im Foetuszustande. Als 1830 die Bourgeoisie in Frankreich die letzten Reste der Feudalität beseitigt, bekundete sie ihre neue errungene Herrschaft durch einen Bruch mit der Legitimität, durch die Einsetzung Louis Philipps auf den Thron. Diese revolutionäre Maßregel wurde der Diskussion gleichsam entzogen, indem man sie als ein fait accompli darstellte, als ein Faktum, das in Folge der Nothwendigkeit hat geschehen müssen. Und was war diese Nothwendigkeit, was war die größere Gewalt, das stärkere Recht, welches das alte Recht über den Haufen warf? Das bürgerliche Recht, die bürgerliche Macht, die bürgerliche Produktionsweise, l'avénement de la classe moyenne, d. h. die Macht der Bourgeoisie, die sich als legitime Macht legalisirte. Die Orleansdynastie wurde der Anfangspunkt des neuen „ewigen Rechtes“, und Guizot drückte dieses aus durch seine Doktrine des fait accompli; das fait accompli par excellence ist also in Guizot's Sinne weiter nichts als die quasi-Legitimität der Orleans. Wie verfährt nun Dupin, um zu seiner Legalität wieder zu kommen. Die Legalität im Sinne Dupin's ist, wie wir gesehen, der Code civil. Die Kammer ist in seinen Augen blos ein positiver Kassationshof, d. h. ein Tribunal, welches statt zu kassiren, in unzulänglichen Fällen den Code civil erweitert. Der Code civil ist in Dupins Augen weiter nichts als die Sicherstellung des Eigenthums vor Stehlen und Todtschlag. Nun kann es so weit kommen durch die Entwickelung der bürgerlichen Produktionsweise, daß die ganze Macht, der ganze Reichthum, die ganze Produktion in den Händen einiger Wenigen sich vereinigt findet, denen die ganze Masse der Proletarier feindlich gegenübersteht. Nach dem Code civil dürfen sich die Masse der Proletarier nicht assoziiren. In dem alten Code civil ist das Assoziationsrecht verboten. Aber in Revolutionszeiten ist es gerade der Fall, daß die Proletariermasse einer Schiffsmannschaft gleicht, der die Lebensmittel ausgegangen sind, mit Ausnahme eines Einzigen, der Besitzer von so vielen Viktualien noch ist, daß er die ganze Mannschaft retten könnte.
Dupin will das Eigenthum dieses Einzigen vor Diebstahl und den Einzigen vor der Gefahr des Todtschlagens retten. Auf der andern Seite kann er auch nicht den durch gemeinsame Stellung Associirten das Recht untersagen, associirt zu bleiben. Er sieht diese Associationen immer mit rother Fahne Demonstrationen machen; er sieht, wie sie das ganze Volk durch Kommissäre und Cirkuläre und Manifeste aufreizen, sich immer mehr zu associiren und Stellvertreter durch das allgemeine Stimmrecht zu wählen. Dupin zitterte für seinen Code civil. Als er aber sah, daß aus dem allgemeinen Stimmrecht eine Bourgeoiskammer, d. h. eine Kammer mit allen Bourgeoisinteressen zusammenkam, daß die Associationen nicht so gefährlich waren für das Eigenthum, als er im Februar vermuthete, da ließ er sich ruhig in die Kommission zur neuen Konstitution wählen, ließ das Associationsrecht mit der Republik gelten, und sah durch die neue Konstitution mit dem Code civil einen quasi-Legalitätszustand hervorbrechen, der, in Betracht der revolutionären Zeitumstände, immerhin dem Hrn. Dupin als einen „ausreichenden Rechtsboden“ erscheint. Die Konstitution ist also die Rekonstituirung einer quasi-Legalität im bürgerlichen Sinne, unbeschadet des Associationsrechtes, und in Folge des allgemeinen Stimmrechtes. Nur so können wir in Dupin's Sinne die Konstitution mit ihren Commentarien „definiren“, wenn es sich nun einmal darum handelt, eine Definition zu geben.
Bei der genaueren Erwägung dieser „Konstitution“ kommt fünferlei in Betracht.
1) Ihr politischer Charakter: „Es gibt Dinge, sagt Dupin, die sich in die Welt einführen, nicht weil alle Welt sie will, sondern weil sich Niemand ihrer Einführung widersetzt. Die Republik ist aufgekommen, weil Niemand so zu sagen ihr entgegentrat, „nullo adversante.“ Die Republik sagt Dupin heißt democratique, weil in der Republik das ganze Volk allgemeines Stimmrecht hat; sie heißt aber nicht soziale, weil mit dem Worte sozial für Dupin sich der Begriff einer revolutionären Association verbindet, gegen einen Theil der Besitzer gerichtet, welchen sie „bestehlen und todtschlagen“ will. Aber die Eigenthumsverhältnisse, wie sie in der Rente, den Hypotheken, der Staatsschuld sich herausstellen, und wie sie auf die beständige, legale Unterdrückung einer andern Klasse sich herausstellen, fallen dem Herrn Dupin nicht auf; er sieht nur das Eigenthum, dem Gefahr droht von einer Räuberbande, und dieses freut er sich gerettet zu haben.
Der zweite Punkt, der in Betracht kömmt, ist die famose préambule, die Einleitung zur Konstitution. In ihrer ursprünglichen Redaktion war diese Einleitung eine Kopie der Menschenrechte, in ihrer jetzigen Fassung sieht diese Einleitung einem moralischen Kapitel über Recht und Pflicht ähnlich. Im ersten Falle war die Gefahr des „Sozialismus“ wieder da; im zweiten Falle die Gefahr „der Lächerlichkeit.“ Der Jurist hat das Lächerliche dem Gefährlichen vorgezogen, und mit aller Kraft darauf hingearbeitet, nach Ausmerzung des droit au travail, dem „Sozialismus“ einen moralischen Damm entgegenzusetzen. Er ist stolz auf sein Werk und glaubt, daß man bei ernsterer Lektüre sogar die Moral nicht lächerlich finden würde. Freilich ist sie nicht so stichhaltend, wie der Code pénal.
Was drittens die Organisation der Gewalten anbetrifft, so besteht Dupin, der als Jurist und Prokurator an verschiedene Instanzen gewöhnt ist, dennoch auf dem einstweiligen Beibehalten einer einzigen Kammer. Auch dieses scheinbar revolutionäre Auftreten Dupin's hat einen ganz reaktionären Charakter. Die Interessen Dupin's sind ganz entgegengesetzt den Interessen des Proletariats. Die Proletarier hatten Interesse, etwas Neues an die Stelle des Alten zu setzen. Dupin wollte das bestehende Gesetz retten. Für ihn handelt es sich nicht darum, den Code civil zu erweitern durch neue Gesetze, die im juristischen und bürgerlichen Sinne einer Revision in einer andern Kammer bedurft hätten, sondern er wollte nur den Code civil vor der revolutionären Gewalt neuer Gesetze schützen, und dazu genügte ihm die Bourgeois-Kammer. Die Zusammenberufung einer zweiten Kammer hätte das revolutionäre Prinzip grade wieder aufbringen können, zumal da sie wieder mit dem allgemeinen Stimmrechte hätte gewählt werden müssen. Hierin sah Dupin richtiger als alle übrigen reaktionäre Deputirten. Dann aber auch ist diese einzige Kammer für Dupin nicht sein letztes Wort, so wenig als das allgemeine Stimmrecht. Beides sind nur Konzessionen für den gegenwärtigen Augenblick, um den revolutionären Drang zu dämmen. Die ganze Konstitution, bemerkt Dupin zu wiederholten Malen, ist nicht vom Berge Sinai in voller Seelenruhe ausgearbeitet. Solon wird oft hierbei citirt. Solon war, wenn nicht weiser, doch ruhiger als Dupin, im Momente, wo er mit an der Konstitution arbeitete.
Der vierte Punkt ist die exekutive Gewalt. Nach der Berufung der Kammer bestand sie aus einer „Hydra mit 5 Köpfen:“ ein wahres Gräuel für den monarchischgesinnten Dupin. Die Juni-Insurrektion war der beste Prozeß, den Dupin für „seine Prinzipien der Einheit“ gewann. Die Gesetze über den Staatsrath sind bisheran noch mit keinen Noten von Herrn Dupin versehen. Dagegen verweilt er mit desto größerer Ausführlichkeit auf die „pouvoir judiciaire,“ die gerichtliche Macht, und gesteht mit Stolz ein, daß er auf dem Gesetz der Unabsetzbarkeit der Richter mit aller Festigkeit bestanden habe. Der Standpunkt Dupin's ist aber auch hier wieder der des alten Testamentes, die Furcht vor stehlen und todtschlagen. In einem Augenblicke, wo man das Eigenthum und die Familie angreift, kann man diese Interessen, welche die Grundfesten der Gesellschaft sind, unter keinen bessern Schutz stellen, als unter den Schutz der Magistratur. Also auch die [1090] Familie, also auch die Ehe steht unter diesem Schutze. Aber welche Ehe? Die bürgerliche Ehe, insofern sie mit dem Eigenthum in Widerspruch geräth, insofern solche Störungen in der Ehe eintreffen, daß eine séparaton de biens eine Güterscheidung nothwendig wird. Um diese herbeizuführen, um dies Eigenthum in der Ehe zu schützen, ist es in den meisten Fällen nothwendig, eine separation de corps nachzusuchen: eine Trennung vom Bette. Also diese Trennung vom Bette, das heißt der Bruch der bürgerlichen Ehe hat zum Zweck den Schutz des Eigenthums.
Hier steht Dupin nicht mehr auf testamentarischem, sondern auf ächt bürgerlichem Boden. Im Testamente heißt es: „Du sollst dir nicht gelüsten lassen nach deines Nächsten Weib, Ochs u. s. w.“ Dem Gelüste nach dem Ochs ist trefflich vorgebeugt durch das bürgerliche Gesetz: und bürgerliches und testamentarisches Gesetz fallen zusammen in dem Spruche: non furaberis. Dem Gelüste nach dem Weibe aber hat das bürgerliche Gesetz nur dann vorgebeugt, wenn das Weib mit dem Ochsen zusammenfällt, wenn das Weib eben so gut Eigenthum, eben so gut Rente ist, wie der Ochs. Nichts ist häufiger in Paris als die wilde Ehe, als die Ehe außerhalb der bürgerlichen Mairien: nichts ist häufiger selbst als der Ehebruch unter den Bürgern, als die Illusionen über die Familie. Indem nun Dupin zum Schutze der Familie auf der Unabsetzbarkeit der Richter besteht, trotz der abgenutzten Politik, hat dieser unabsetzbare Richter im bürgerlichen Sinne dieselbe Bedeutung, wie der unabsetzbare Vater im juristischen: pater est quem nuptiae demonstrant. Mögen nun auch in Folge von Revolutionen andere politischen Väter, andere Monarchen oder Parteien in die Ehe sich eingeschlichen haben, so ist dies gleichgültig, wenn nur das bürgerliche Gesetz unabsetzbar, und mit dem unabsetzbaren bürgerlichen Gesetze der unabsetzbare Richter und mit dem unabsetzbaren Richter der gesetzliche Vater bleibt: pater est quem nuptiae demonstrant.
Nichts ist unmoralischer geworden in jetziger Zeit als die Moral: ob sie Dupin juristisch, ob sie Guizot philosophisch begründen will, ihre Unterlage, das bürgerliche Eigenthum, die bürgerliche Produktionsweise, mit einem Worte, die ökonomischen Verhältnisse kommen immer zum Vorschein. Nichts ist looser, nichts unhaltbarer in jetziger Zeit, als eine Constitution: ob Dupin sie mit den „ewigen“ Civil-Gesetzen, ob Guizot sie mit den „ewigen“ göttlichen Gesetzen des Eigenthums in Zusammenhang bringen will: das, was man fest konstituiren will, sind die bürgerlichen Eigenthumsverhältnisse, die mit der bürgerlichen Produktionsweise enge verbunden sind, und daher im steten Wechsel begriffen. Es handelt sich nicht mehr von dem „schönsten, besten Eigenthum“, von dem Kapitale der Erde, welches nach Guizot den Menschen an Gott bindet, noch von dem Eigenthum, welches Dupin nicht stehlen lassen will: es handelt sich von dem modernen Eigenthumsverhältnisse, wie sie in der modernen Bourgeoisie im Gegensatze mit dem Proletariate hervortreten und die Bourgeoisie kann sich durch keine Constitution sicher stellen vor der Auflösung, welche sowohl innerhalb der Bourgeoisie vorgeht, als ihr von Außen bereitet wird durch die immer mächtiger werdenden Associationen der Arbeiter.
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@typejArticle
@facs1090
Paris, 17. Jan.
Der Moniteur promulgirt die von der Nationalversammlung neulich festgestellten Salz-Schutzzölle, welche am 1. Februar 1849 in Kraft treten. Außerdem enthält er mehrere Autorisationen für Handels- und Industrie-Associationen, Assekuranzen u. dergl. Aber keine Sylbe über Italien und die Rüstungen in Toulon.
— Die philippistische „Assemblée“ ist das einzige Blatt, das sich über die Touloner Rüstungen folgendermaßen ausspricht:
„Zu den gestern gegebenen Explikationen über die Expedition, die in Toulon vorbereitet wird, können wir folgende neue Details hinzufügen: Die französische Regierung befindet sich hinsichtlich ihrer Verhältnisse nach Innen und Außen in einer sehr delikaten Lage. Sie möchte gern auf einem Punkte Italien's landen; aber Rußland hat ihr erklärt, daß eine französische Intervention das Einschreiten eines russischen Armee-Korps nach sich zöge. Nach Innen ist ihre Lage höchst peinlich, weil die rothen Republikaner zu gewaltig schreien würden, wenn man zu Gunsten des Pabstes intervenirte. Man kann mit ihnen noch nicht brechen; man braucht sie noch in der Nationalversammlung. Würde man sich mit einer Mediation begnügen, so zeigt sich Oestreich hartnäckig, das die unbedingte Wiederherstellung der päbstlichen Macht will. Neapel, Spanien und Portugal wollen einen katholischen Bund schließen, und auch dieses Incident verwickelt die Sache. Bis jetzt steht darum noch nichts fest als die Rüstungen. Es sind 12 bis 14 Kriegsdämpfer, 4 Linienregimenter zu 3 Bataillonen, 1 leichtes Infanterieregiment und 2 Batterien; im Ganzen 10- bis 12,000 Mann unter dem Befehl eines Divisionsgenerals beschlossen.“
— Die Behauptung der „Alba“: Die Expedition sei zur Installation des neuen Königs von Sizilien, Lucian Murat, bestimmt, findet gar keinen Glauben.
— Die stupide „Liberté“ sagt:
„Wir erfahren aus guter Quelle, daß vor fünf bis sechs Tagen ein Befehl aus Petersburg eingetroffen ist, der dem hiesigen russischen Gesandten vorschreibt, seine Pässe zu verlangen. Die Gründe zu dieser seltsamen Maßregel sollen in einer Protestation gegen die Gelüste Bonaparte's liegen, sich trotz der Dekrete von 1815 bei der nächsten Gelegenheit zum Kaiser zu proklamiren. Es werden dieserhalb Negoziationen gepflogen.“
— Das Londoner Blatt „Morning Herald“ behauptet: die Touloner Expedition sei nach den La Plata-Staaten bestimmt, um den dortigen Händeln ein Ende zu machen.
— De Persigny, der Vertraute Bonaparte's, ist mit geheimen diplomatischen Aufträgen nach Deutschland abgereist.
— Das „Univers“ veröffentlicht heute den Bannfluch des Pabstes gegen seine lieben Unterthanen. Er scheint aber wenig zu fruchten, denn laut der neuesten Berichte aus Rom riß ihn das Volk von den Kirchthüren und warf die Kardinäle in effigie in die Tiber.
— Die Pariser Anklagekammern haben endlich gegen die Maigefangenen im Donjon von Vincennes ihre Beschlüsse gefaßt. Alle Angeklagten, auf welche gefahndet wurde, sind vor die Seine-Assisen (also nicht vor die Haute Cour) zu stellen. Blanqui, Flotte, Martin genannt Albert, Barbès, Sobrier, Raspail, Quentin, Dégré, Larger, Borme, Thomas, Louis Blanc, Seigneuret, Houneau, Huber, Laviron und Napoléon Chancel sind angeklagt, im Mai 1848 ein Attentat verübt zu haben, dessen Zweck Umsturz der Regierung, Bürgerkrieg etc. gewesen.
Die Bürger Courtais, Caussidière und Villain sind des Einverständnisses und der Begünstigung dieses Attentats beschuldigt.
Acht dieser Angeklagten konnten nicht erfahndet werden. Es sind die Bürger Louis Blanc, Seigneuret, Houneau, Huber, Caussidière, Laviron, Chancel und Villain.
— Die Bäckerrevolte ist noch nicht zu Ende. Da sich die Gesellen den harten Bedingungen der Meister nicht fügen wollten, so treibt man sie wie tolle Hunde aus der Stadt und eventuell über die Landesgränzen Dieses Verfahren rief neue Gräueln hervor, und wie man hört, will das Ministerium erst jetzt eine neue Bäckerzunfteinrichtung treffen lassen, die den Rechten der Gesellen besser entspreche.
— Es sind neue Interpellationen zu erwarten: 1) wegen Suspendirung der Verwaltungsschule durch den Jesuiten Falloux; 2) wegen Sperrung des Bernard'schen Klubs bei Valentino.
— Der Finanzausschuß hat sich mit Bodin's tückischem Antrage auf Wiedereinführung des Zeitungsstempels beschäftigt. Er beschloß: ihn in Betracht zu ziehen (!) und eine Kommission niederzusetzen, die darüber zu berichten habe. Indessen wird Hr. Bodin mit Glanz durchfallen.
— Ein Cirkular des Bankhauses Baudon und Komp., das im März fallirte, benachrichtigt alle seine Gläubiger, daß sie am 29. Januar c. bei Heller und Pfennig ausgezahlt werden sollen.
— Die Rateaukommission unter Lichtenberger und Peter Bonaparte hält lange Sitzungen. Sie hat, hört man, die Zahl der ursprünglich auf zehn bestimmten organischen Gesetze auf 3 oder 4 herabgesetzt und die Neuwahlen für die Mitte des April anberaumt.
— Präfektursekretär Edmund Adam erklärt die Angabe der „Patrie“, wonach 3 Millionen aus dem Pariser Stadtbüdget verschwunden, als einfältige Fabel.
— Der Staatsanwalt von Nimes hat auf gerichtliche Verfolgung zweier Deputirten (Bourbousson und Reynaud-Lagardette) angetragen, weil sie sich wegen eines Zeitungsartikels im Républicain du Var geschossen.
— In einem Kabinetsrathe, der heute Vormittags stattfand, soll die Liste der drei Kandidaten für die Vizepräsidentschaft der Republik abgeschlossen worden sein. Dufaure stehe an der Spitze. Barrot, noch über den Lärmen ergrimmt, der ihn bei der Rateaudebatte empfing, soll erklärt haben, daß er auf diese Ehre verzichte.
— Die Regierung will die Maigefangenen den Assisen entziehen und von einem Hochgericht verurtheilen lassen.
Nationalversammlung. Sitzung vom 17. Jan. Alle Repräsentanten sind in den Büreausälen, um den Antrag des Nimes'schen Prokurators auf Verfolgung der Duellanten Bourbousson und Reynaud de la Gardette zu prüfen. Jedes Büreau hatte einen Commissarius zu wählen, um eine Commission zu bilden. Fast alle Wahlen sind im verneinenden Sinne ausgefallen, da sich Felix Pyat, Proudhon, Goudchaux, Baraguay, d'Hillier, Gent u. A. ebenfalls schossen, ohne verfolgt zu werden.
Diese Berathung hielt noch fast alle Abgeordnete zurück, als Marrast um 2 1/2 Uhr den Präsidentenstuhl bestieg und die Sitzung eröffnete.
Das Protokoll wird vorgelesen.
An der Tagesordnung sind eine Menge Lokalgesetzentwürfe. Das Loiredepartement, Reims etc. bitten um die Erlaubniß, sich behufs der Beschäftigung des Proletariats übersteuern zu dürfen.
Marrast läßt durch Zettel darüber abstimmen, damit der Saal beschlußfähig werde.
648 gegen 3 Glieder (es eilen 651 auf ihre Plätze) bewilligen die nöthige Erlaubniß.
Abbe Fayet stattet Bericht über Ornano's Wahl im Indre-Loire-Departement ab. Ornano, ein Verwandter Bonaparte's, wird zugelassen.
Pascal Duprat berichtet über Napoleon Darn's Wahl in der Manche. Darn wird zugelassen.
Nun schreitet die Versammlung zu einer ersten Debatte über die den Pflanzern in den Kolonien für ihre angeblichen Verluste zu bewilligenden Entschädigungen.
Tranchant, Centrier, möchte das Coloniebefreiungsprincip noch einmal diskutiren (Oh, Oh!) und trägt auf Vertheilung des Rapports an. Es handele sich um 100 bis 120 Millionen.
Cremieux: Vom Befreiungsprinzip selbst kann keine Rede sein! Das liegt in der Februar-Revolution! —
Deseimeris möchte auch das Prinzip nochmals diskutiren. (Oh, Oh!) Man versprach früher, über viele Fragen, z. B. Märien etc. die Grundsätze noch einmal zu diskutiren. Diese Versprechungen scheinen vergessen. (Genug! Genug! von der Linken.) Der Redner geht ab.
Marrast: Der Einwand, daß der Rapport vertheilt werden müsse, ehe die Debatte beginnen könne, ist hinreichend, um sie zu verschieben. Ich schlage den Freitag vor. (Einstimmig angenommen.)
Die Versammlung diskutirt hierauf eine Unterstützung der Wagenbauerindustrie. Sie verwirft die diesfälligen Anträge.
Ebenso erledigt sie mehrere andere rein lokale Gesetzentwürfe.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Odilon Barrot, Conseilpräsident, stellt im Namen der Regierung den Antrag: die Maigefangenen von dem Haute Cour richten zu lassen. (Ah! Ah!)
Die Versammlung überweist den Antrag ihren Büreau's.
Der Ort, in welchem sich der „Hohe Gerichtshof“ für die Maigefangenen versammeln soll, ist Bourges, etwa sechzig Stunden von Paris entfernt. So groß ist die Furcht der Bourgeoisie vor dem Eindruck, den dieser Prozeß auf die Gemüther machen könnte!
Da nach Barrot's Vorlesung die Tagesordnung erschöpft war, so hört die Versammlung noch einige Petitionsberichte an.
Germain Sarrut berichtet über den Antrag des Fraternitätsklubs in Blesle (Ober-Loire) auf sofortige Austreibung der Jesuiten aus Frankreich.
Der Ausschuß schlägt Tagesordnung vor.
Wird ausgesprochen.
Nach Beseitigung der Petitionsberichte nimmt Dahirel das Wort.
Dahirel will wissen, wie weit denn die Commissionsarbeiten wegen des Wahlgesetzes gediehen seien?
Charton, Sekretair der betreffenden Commission, antwortet, Güyot sei zum Berichterstatter gewählt und werde sein Gutachten im Laufe der nächsten Woche vorlegen. (Sehr gut!)
Da Niemand mehr das Wort verlangt, so wurde die Sitzung geschlossen.
Morgen wird das Kabinet im Namen des Präsidenten der Republik seine Kandidaten für die Vizepräsidentschaft vorschlagen. Man nennt darunter auch Abatucci, Vivien und den wohlbeleibten Boulay aus dem Meurthedepartement.
Die Versammlung geht schon um 5 1/2 Uhr auseinander.
Belgien.
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[ * ] Brüssel, 19. Jan.
Seit 1830 betrugen die Ausgaben für den öffentlichen Dienst ungefähr 2,240,000,000 Fr. Der Unterhalt der Land- und Seearmee betrug allein über 800,000,000 Fr., d. h. über ein Drittheil der Gesammtausgaben. Es ist dies um so enormer, als außer dem Kampf mit Holland im Jahre 1831 Belgien sowohl nach außen als nach innen sich eines tiefen Friedens erfreut hat. Allerdings beruht die ganze gesellschaftliche „Ordnung“ auf einer starken bewaffneten Macht, wie in Warschau, Mailand, Neapel, Messina, Irland, Wien und Berlin. Nur durch eine ungeheure Schaar bewaffneter Söldlinge kann die Minorität die Majorität beherrschen.
Gleichzeitig mit den Ausgaben für die Armee wachsen natürlich die Ausgaben für die Zinsen der Staatsschuld. Sie erhoben sich am 31. Dezbr. 1848 schon zum Belange von 46,610,510 Fr. Der Fortschritt der öffentlichen Schuld hält nur gleichen Schritt mit dem Fortschritte des flandrischen Pauperismus.
1833 betrugen die Ausgaben für die Verwaltung, Zinsen, Amortissement und im großen Buche eingeschriebenen Pensionen nur 1,155,394 Fr.; 1848 beinahe das Dreifache und 1849 ist sie von vornherein vermehrt durch die Zinsen der Zwangsanleihen etc.
Seit 1830 ist also die Hälfte der durch Steuern der Nationalarbeit abgezwackten Summe den unproduktiven Ausgaben auf die Armee und der größtentheils zum Unterhalt der Armee geschaffenen Staatsschuld zugewandt worden.
Gleichzeitig mit der Armee wuchs so die Armee der Staatsgläubiger und der Finanzbarone.
Unter solchen Umständen muß die „Independance,“ das ministerielle Journal, natürlich für die Beibehaltung der hohen Ministerpensionen predigen.
„Giebt es,“ fragt sie, „einen einzigen Mann in der Kammer, der läugnen könnte, daß die Perspektive einer durch ein Staatsgesetz zugesicherten Pension, selbst, ohne daß sie es selbst anerkenne, einen ungeheuren Einfluß auf die Männer ausüben muß, die dem Lande enorme Opfer bringen, indem sie Minister werden ?“
Bravo gebrüllt Rogier! 6000 Fr. Pension, d. h. lebenslängliche Nutznießung eines Kapitals von 100,000 Fr. durch noch junge Männer. Da verlohnt es sich zwei Jahre für gute Bezahlung Minister zu sein.
Man muß gestehen, daß die Guizot's, Thiers', Duchatels des konstitutionellen Frankreichs niemals so offen das Geheimniß des doktrinären Patriotismus bloslegten, wie die Herren des flämischen „Musterstaats.“
Großbritannien.
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[ * ] Dublin, 16. Januar.
Der Gerichtshof der Queen's Bench hat in seiner heutigen Sitzung die sämmtlichen Writs of Error in den schwebenden Staatsprozessen als nicht begründet verworfen, und somit das von der Jury zu Clomnel über Smith O'Brien, Meagher, M'Manus und O'Donohoe ausgesprochene Todesurtheil bestätigt. Die Gefangenen wurden unter starker berittener Polizeibedeckung nach dem Gerichtshof gefahren, und vernahmen den richterlichen Spruch mit der Fassung, die man von ihnen erwarten konnte. Ihr Aussehen war gut, nur etwas blasser, als früher. Das Publikum, Damen vom höchsten Range nicht ausgenommen, hatte sich zahlreich eingefunden.
Die Noth des Proletariats dauert an, die Verarmung des Mittelstandes und der Aristokratie nimmt zu. Das „Freeman's Journal“ von heute morgen äußert sich darüber wie folgt: „Von allen Seiten hören wir das Krachen zusammenbrechender Familien- und Vermögenszustände. Mitglieder der alten patricischen Häuser, einige zu den ahnenreichsten und aristokratischsten des Landes gehörend, sind jetzt Bettler und Verbannte. Ein Mann, den man für den reichsten und sichersten im südlichen Theile der Insel hielt, mußte kürzlich verkleidet aus seinem Schlosse entfliehen, um nicht in's Schuldgefängniß zu wandern. Ein anderer, mit einer nominellen Rente von jährlich 10,000 Pfund Sterling, Repräsentant einer der geachtetsten protestantischen Familien Irland's und noch vor Kurzem Ober-Sheriff in einer der ersten Counties, bewirbt sich jetzt um eine Vice-Guardianship beim Poor-Law-Board! Und dies sind nicht etwa vereinzelte Fälle!“
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[ * ] Manchester, 16. Jan.
Unser heutiger Markt war nicht ganz so lebhaft, als der am vorigen Dienstag, und fanden deswegen auch weniger Umsätze statt. Preise jedoch waren fest, und weder Spinner noch Fabrikanten zeigten sich geneigt, weniger abzugeben oder sich zu den laufenden Preisen auf künftige Lieferung einzulassen. Unsre Mühlen sind fortwährend in vollem Gange.
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[ * ] London, 16. Jan.
Im „Punch“ befindet sich eine kurze Anweisung, wie Parlamentskandidaten der Tory-Partei auf den Hustings zu antworten haben.
Frage: Wie definiren Sie unsere glorreiche Konstitution der Kirche und des Staates?
Antwort: Sie ist derjenige Zustand der Dinge, den unsere Vorfahren zu unserm eigenen Vortheil und zum Anstaunen für die Nachwelt proklamirt haben.
Fr. Sind Sie entschlossen, fest auf den alten Pfaden einherzuwandeln?
A. Ja, und fest entschlossen, alle Eindringlinge fern zu halten.
Fr. Welches sind die alten Pfade?
A. Die, welche gleich der Wohlthätigkeit, im eigenen Hause beginnen, und wie die Offiziere der Armee, zum Ruhme hinführen. Sie stehen unter Obhut des hohen und niedern Adels und der höhern Geistlichkeit und sind mit guten Vorsätzen gepflastert. Zoll muß entrichtet werden, deshalb können auch nur die, welche Geld aufzuweisen haben, darauf wandeln.
Fr. Wer bezahlt die Instandhaltung?
A. Das Publikum.
Fr. Wer verwaltet jene Straßengelder?
A. Die Aristokratie.
Fr. Wollen Sie die Kirche aufrecht erhalten?
A. Ja, und ganz komfortabel soll's ihr ergehen.
Fr. Was verstehen Sie unter „meum“ und „tuum“?
A. „Meum“ ist Alles, was ich kriegen kann. „Tuum“ alles Uebrige, an dessen Habhaftwerdung mich Andere zu verhindern im Stande sind.
Fr. Worin würden Sie die Armen unterweisen?
A. In ihren Pflichten.
Fr. Und die Reichen?
A. In ihren Rechten.
Fr. Welches ist Ihr Ziel bei Bewerbung um einen Parlamentssitz?
A. Um als Advokat Eurer Interessen meine eigenen in Flor zu bringen.
Fr. Werden Sie jeder Erweiterung des Stimmrechtes sich widersetzen?
A. Jeder. Das Stimmrecht, auf Alle ausgedehnt, würde ganz aus dem Preis-Courant verschwinden.
Wir empfehlen diese Anweisung allen preußischen Wahlkandidaten „mit Gott für König und Junkerschaft“, wie denjenigen, die von dem Geschenk des neuen „Rechtsbodens“ täglich entzückter werden.
[Deutschland]
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[ 068 ] Köln im Januar.
Der christlich germanische Staat weiß seine Schafe zu scheeren, das muß man ihm lassen! — Ein christliches Sprüchwort sagt zwar: „geben ist seliger als nehmen!“ — Was aber das Geben und Nehmen anbetrifft, da bekennt sich der christlich germanische Staat zum Judenthum, zu Rothschild und Co. und denkt: geben ist unangenehm, aber nehmen, viel nehmen ist angenehm, macht selig. — Er weiß höchst geschickt seine frommen Finger in die Taschen aller derjenigen zu schieben, die noch welche besitzen, selbst in die der Gefangenen, um aus denselben etwas herauszufischen. Wie er die Gefangenen ausbeutet, verpachtet, davon ein Pröbchen.
Wir wollen hier die Ausbeutung der schon verurtheilten Gefangenen ganz bei Seite lassen und nur über die der in Untersuchungshaft sich befindenden einige Thatsachen anführen. — Nach dem Code Napoleon ist jeder in Untersuchungshaft sich befindende Gefangene als unschuldig zu betrachten und mit der möglichsten Schonung und Rücksicht zu behandeln.
In dem christlich germanischen Staate jedoch werden die Untersuchungsgefangenen noch schlechter behandelt, als die schon verurtheilten, besonders wenn sie eines sogenannten politischen Verbrechens angeklagt sind.
Während des Tages werden sie, mit Ausnahme einer Stunde, wo man sie in einem Hof spazieren leitet, zu 40 und 50 in einem Zimmer eingesperrt gehalten, in dessen Dunstkreis selbst die Gefangenwärter nicht eintreten können, ohne sich die Nase zuzuhalten. — Bei Anbruch der Nacht führt man sie in die mit 8 bis 10 Betten versehenen Schlafstätten, wo sie bis Morgens 6 Uhr verweilen. — Die Kost ist ekelerregend und wird in ganz unzureichender Quantität verabreicht, so daß die Gefangenen den schrecklichsten Hunger leiden.
Wir selbst haben Gefangene gesehen, die ganz ausgetrocknete, verschimmelte Brodkrusten, welche aus den Zellen der sich selbst Beköstigenden herausgebracht wurden, mit wahrem Heißhunger verschlangen. — Geistige Beschäftigung ist untersagt, höchstens werden Bibel, Gesangbuch und pietistische Traktätlein zum Genuß verabreicht. — Pfeifen, Singen, Sprechen und Tabakrauchen ist streng verboten.
Es ist ganz natürlich, daß jeder Untersuchungs-Gefangene, der nur noch irgend Mittel aufzutreiben vermag, sich selbst beköstigt, um dieser körperlichen und geistigen Marter zu entrinnen. — Auf diese Leute nun spekulirt der christlich-germanische Staat — er hat sie verpachtet.
Hierzu eine Beilage.