Französische Republik.
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] Paris, 2. Jan.
Man muß die erste Zeit nach der Februar-Revolution in Paris gewesen sein, um sich einen Begriff machen zu können von den Tausend und abermal Tausenden von Plänen, die damals in dem Gehirne von
Tausenden von Franzosen auftauchten, zur Beglückung des menschlichen Geschlechtes. Der Staat lag so aufgelößt da, die Verhältnisse waren vermeintlicher Weise so los, so brach geworden, daß jeder
Beglücker des Menschengeschlechtes nur seinen Kreis von Wünschen und frühern Plänen auszusäen brauchte, um sogleich die aufgelöste Gesellschaft zu reguliren. Als Form aller dieser Pläne, wie sie als
Probleme, Postulata u. s. w. an's Tageslicht traten, kann folgendes Formular betrachtet werden: Gegeben ist ein Mensch mit allen seinen „natürlichen Bedürfnissen.“ Es soll eine
gesellschaftliche Ordnung gefunden werden, in welcher alle diese natürlichen menschlichen Bedürfnisse Befriedigung erhalten. Wie diese Bedürfnisse mit der Erzeugung der Bedürfnisse, die Erzeugung mit
der Produktionsweise, die Produktionsweise mit der ganzen bürgerlich-politischen Staatsform zusammenhing, wie zwischen allem diesen die Staatsschuld, die Hypothek u. s. w. durchspielt, und wie alles
dieses Zusammenhängende sowohl wie das Durchspielende wieder mit England, und England wieder mit dem Weltmarkt und der Weltmarkt mit der ganzen Welt zusammenhängt, wie der „gegebene
Mensch“ sammt seinen „natürlichen Bedürfnissen“ von allen diesen Dingen abhängt und aus ihnen geschaffen wird, das sahen die „Reformatoren“ des menschlichen
Geschlechtes nicht. England existirte für sie nicht; ja die Staatsschuld u. s. w. ließen sie auf dem „Menschen“ haften. Also das obenstehende Problem lautet in der richtigen Uebersetzung
folgendermaßen: Gegeben ist ein Franzose mit der Staatsschuld, mit den Hypotheken, und mit den natürlichen resp. französischen Bedürfnissen in den verschiedenen Ständen und Klassen: es soll gefunden
werden ein Mensch, Civilisations-Mensch, der ungeachtet des Fortbestehens der Staatsschuld, der Hypotheken u. s. w. keine Hypotheken zu zahlen, und ungeachtet aller Einflüsse von England und der
Colonieen, aus denen die Gegenstände zur Befriedigung seiner „civilisirten“ Bedürfnisse herkommen, dennoch diese Bedürfnisse ohne England u. s. w. befriedigen kann. Wir sehn das
Unsinnige aller dieser Probleme aus ihrer Fassungsweise. Ueberhaupt sahen die Franzosen nur Frankreich und dachten bei der Arbeits-Frage: jeder Franzose hat so und so viel Kapital in seinen Armen, was
geht uns das Kapital als solches an? Man weiß wie das Kapital als solches die Arme der Franzosen in jeder Hinsicht gelähmt hat; aber das hält sie nicht ab, weiter in ihren Projekten zu gehn. Die
Staatsschuld lähmt die Arme! Tilgen wir die Staatsschuld durch Steuern. 30 Millionen Menschen werden doch die Millionen Schuld bezahlen können? Das Kapital trägt einen Hut und Rock, besteuern wir den
Hut u. Rock und nehmen wir die Mützenträger u. Blusenmänner von den Steuern aus! Jeder, der einen Frack trägt, will der Deputirte Antoine, soll 100 Franken jährlich, der einen Rock 5 Fr. und der einen
Hut 20 Fr. zahlen. Wäre der Hut und Frack wirklich das unterscheidende Merkmal des Kapitalisten, wie es der gute Antoine vermeint, wäre ferner der Rockträger Rock-Inhaber, so wäre das ein leichtes
Mittel, den Kapitalisten zu treffen, und die Staatsschuld auf indirekte Weise zu tilgen, d h. ohne den Banquerut einzugestehen, und ohne geradezu einen Strich durch das „große Buch“, das
Hauptbuch des Staates, zu machen. 100 Millionen in den Hüten, und mit jedem Jahre neue 100 Millionen, die jedes Mal auf's Neue aus den Hüten herausfallen, ohne der Fracks zu gedenken. Das ist
gewiß eine schöne Einnahme. Wer will nicht sein Haupt mit einem Filze zieren, und wer zahlt nicht gerne 20 Fr. für den Filz auf seinem Haupte? Aber hier sind ungeheuer viele Fälle zu berücksichtigen.
Zeigt wirklich der Filz den filzigen Kapitalisten an? Ist der nominelle Inhaber der wahre Besitzer des Filzes? und geht es nicht den Rockträgern, wie den Landbauern, welche Steuern für ein Land
bezahlen, dessen wahrer Besitzer der Kapitalist ist? Weiter, wo hört der Ueberrock auf? wo fängt der Frack an? die langen und breiten Schöße, die man jetzt trägt, verlaufen sich dermaßen in den
Ueberrock, daß man von Rechtswegen die Mode der Schwalbenschwänze wieder einführen müßte. Aber alles das sind nur Nebensachen; nicht zu gedenken der Schlafröcke, die über den Röcken, und der
abgeschabten und durchlöcherten Röcke, die unter der Bluse stehn. Ich spreche ferner nicht von den verschiedenen Rock- und Blusengattungen, die ineinander hinüberspielen. Ich komme auf die Hauptsache.
Es geht den meisten Rockträgern, wie es den Kleinbürgern im Juni erging. Gerade die Krämer und Fabrikanten, deren Kram und Fabrik schon durch Schulden den Wuchern verfallen waren, haben am heftigsten
gegen die Juni-Insurgenten zur vermeintlichen Vertheidigung eines Krames gekämpft, der ihnen nicht mehr gehörte. Diejenigen, welche ihren Rock entweder noch schulden, oder im Leihhaus verzinset haben,
sind diejenigen, die am meisten am Rocke halten, und welche die Steuer des Herrn Antoine doppelt treffen würde. Keiner hat mehr die Illusion des Eigenthums, keiner mehr den Genuß des Rockes, als
derjenige, welcher nur den Nießbrauch davon hat, und für den Nießbrauch zahlen muß. Keiner hängt mehr am Rocke, als derjenige, welcher ihn im Leihhaus hängen hat. Man fühlt seinen Magen erst recht,
wenn er krank ist; man fühlt seinen Rock erst, wenn er irgend eine Wunde erhalten hat. Diejenigen, denen der Rock nie gefehlt hat, sind so zu sagen geboren mit dem Rock; er ist mit ihnen innig
verwachsen. Die Arbeiter dagegen in Paris, die genöthigt sind fast alle Montag den Rock zu versetzen, wissen recht eigentlich, was er bedeutet. Jedesmal, wenn sie ihn anziehen, fühlen sie wie einen
Bindfaden, der ihn ihnen vom Leibe wegzieht. Sie haben das Bewußtsein des Rockes, sie müssen für ihn büßen, wenn sie ihn tragen, und sie tragen ihn die übrigen Tage in der Tasche, auf dem Papiere, dem
Pfandscheine verschrieben. Und da sie ihre Anwartschaft auf den Rock in keinem Falle aufgeben möchten, so müssen sie doppelt zahlen, erstens die Zinsen für den Rock, den sie nicht tragen, blos um
vermeintlicher Besitzer zu bleiben; zweitens die Steuer für den Rock, den sie eines Tages tragen könnten, obschon die Zinsen sich häufen, die Wahrscheinlichkeit des Einlösens sich täglich mindert, bis
sie zuletzt durch den Verfall des Zettels gänzlich verschwindet. Der erste Fall ist das Ansichsein, der zweite das Fürsichsein des Rockes. Die eigentlichen Fashionables und namentlich die Kapitalisten
haben gar keine Röcke; sie haben mit ihrem Schneider einen Contrakt gemacht, gemäß dem sie jährlich so viele Fräcke, Ueberröcke nach der neuesten Mode geliefert erhalten; und da die Moden ungeheuer
schnell wechseln, so werden die zwei oder dreimal getragenen Röcke, wenn sie die erste Frische verloren haben, sogleich dem Schneider abgeliefert, der sie nach Amerika versendet. Daher der ungeheure
Handel der marchands d'habits in Paris. Die eigentlichen Kapitalisten tragen also geliehene Röcke, für welche sie keine Steuer zu zahlen brauchen. Die Fonds, Hypotheken-Ausleiher, Wucherer
haben alle keine Röcke, zahlen alle keine Steuer. Rothschild ist der Schneider aller Kapitalisten, die Kapitalisten sind wiederum die Schneider aller Fabrikanten, die Fabrikanten sind wiederum die
Schneider aller Proletarier; und der Schneider aller Schneider, der Schneider Rothschild's ist England.
Nehmen wir statt der Röcke Matrazen; 160,000 Matrazen lie-
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gen jetzt im Leihhause; die Leute liegen nicht darauf; aber sie zahlen, weil sie darauf gelegen, und sich schmeicheln, eines Tages wieder darauf liegen zu können. Eitle Hoffnung: sie zahlen für die
Illusion des Eigenthums; die Matraze verfällt dem Altkäufer, und der Matrazenlose der
Bahre.
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Paris, 2. Jan.
Die gestrigen Neujahrsfeierlichkeiten haben dem Ansehen des neuen Präsidenten sehr geschadet. Obgleich alle offiziellen Reden verboten waren, konnte es doch nicht fehlen, daß jeder Diplomat, jeder
Behördenchef, jeder Korporationsvorstand etc. Privatgespräche zum Theil mit dem Staatschef selbst, zum Theil mit den Ministern anknüpfte.
Auf diese Weise wurde manches gewichtige Wörtchen fallen gelassen, und man hoffte verstanden zu werden. Allein der nackte, blasse Unverstand starrte allen Andeutungen und Winken entgegen, und man
konnte das allgemeine Erstaunen namentlich auf denjenigen Gesichtern lesen, welche am vorigen Hofe die Beredsamkeit Louis Philipps so sehr zu bewundern Gelegenheit hatten.
Der allgemeine Eindruck, den der neue Präsident machte, ist daher in den höchsten offiziellen Regionen ein sehr schlechter, und die Angst derjenigen, die mit dieser Puppe dem neuen Staatsgebäude
die Krone aufgesetzt und den Revolutionskrater geschlossen zu haben wähnten, steigt daher um so höher.
— Die „Patrie“ (Leibpage des neuen Kabinets) füllt eine lange Spalte mit den gestrigen Empfangsfeierlichkeiten. Ihr Bericht ist natürlich sehr speichelleckerisch und schließt,
nach Beschreibung aller goldgestickten Uniformen, mit den Worten:
„Die Haltung des Herrn Präsidenten bei dieser Empfangsfeier war, wie bei der Parade vom 24. Dez., vortrefflich: Hr. Louis Napoleon fand Gelegenheit, Jedermann einige Worte zu sagen, die
seinen besonderen Verhältnissen entsprachen.“
— Odilon-Barrot fertigte gestern statt des Präsidenten bei Gelegenheit der Neujahrsfeier diejenigen Körperschaften ab, denen man unbedingt etwas sagen mußte. Wir haben keinen Raum, hier die
Antworten an alle Körperschaften wiederzugeben. Wir beschränken uns nur auf folgende zwei, die auf den Revolutionszustand des Landes Beziehung haben:
An dem Kassationshofe erklärte Herr Barrot, daß er künftig nicht mehr zugeben wolle, den Richterstand auf das politische Gebiet hinübergepflanzt zu sehen. „Ich werde, sagte Herr Barrot
wörtlich, den Kultus (Götzendienst) des Rechts und die Achtung vor dem Gesetz zu befestigen wissen.“
Als ob das Recht überhaupt existire?
Den „Gewerbverständigungs-Räthen,“ welche am meisten mit dem Arbeiter zu thun haben, sagte er:
„An Euch ist es vorzüglich, den Arbeitern begreiflich zu machen, daß es nothwendig ist, die Gesetze zu achten und die gesellschaftliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Nur durch die Arbeit
könne man die Besserung seines Schicksals und des öffentlichen Reichthums erlangen. Ihr seid die natürlichen Rathgeber der Arbeiter. Ihr müßt uns helfen, die gefährlichen Lehren zu bekämpfen, welche
ihnen von ihren Feinden gepredigt werden“ (Allgemeiner Beifall bedeckte diese Worte.)
— Gestern Vormittag, meldet La Patrie, begab sich der Präsident Louis Napoleon zu Fuß und ohne Gefolge (aber von einem Polizeichef gefolgt, wohl zu bemerken) aus seinem Palast, Elysée
National, in die Magdalenenkirche, und hörte dort in tiefer Andacht und inmitten der Menge des Volks (!) eine Messe.
— Jetzt zahlt Frankreich für seine Briefe nur 2 und resp. 4 Sous.
— Der Almanach's in Masse. Im Almanach Général de Medecine viele interessante Aufschlüsse. Unter andern weis't er eine Verminderung von 53 Aerzten für 1849 nach. Aus dem
Almanach litteraire ersieht man, daß uns das Jahr 1848 mit 7234 Werken und 1055 Kupfer- u. Stahlstich- und Lithographiebildern segnete.
— Das pariser Leihamt empfing in den vier Tagen (vom 25. bis 29. Dezbr.) 17,658 Pfänder, auf die es 262,898 Frk. lieh. Eingelös't wurden 13,000 mit 242,618 Frk.
— „Die Tante des Präsidenten, verwittwete Großherzogin Stephanie Beauharnais (in Mannheim wohnend) ist dazu auserkoren, die Honneurs des Präsidialhauses zu machen.“
Also nicht Madame Gordon!
— Vorgestern begaben sich mehrere Proletarier des 3ten Arrondissements zu ihrem Maire, Namens Hamelin, um sich zu beklagen daß man sie von den Almosenlisten gestrichen habe. Dabei ereignete
sich folgende Scene:
Proletarier: Wir bitten Sie, Herr Maire, daß man unseren Frauen und Kindern die von der Kammer und dem Stadtrath votirte Unterstützung nicht entziehen möge. Man hat sie von den Listen
gestrichen und manchen Reicheren darauf stehen lassen. Wir können unsere Familien nicht ernähren.
Maire Hamelin: Wenn man Familie hat, so muß man sie auch ernähren.
Proletarier: Das können wir nur, wenn wir verdienen. Wir haben aber keine Arbeit. Wir sind keine Kapitalisten.
Maire (unwillig): In diesem Falle muß man sich enthalten, Kinder zu haben. (Dans ce cas, il faut s'abstenir d'avoir des enfans!)
Das „Peuple“ vom 2. Jan., dem wir diese Worte entnehmen, sagt hierzu, daß Herr Hamelin diese Unglücklichen strich weil sie Kommunisten seien. Wie wir hören, ist der Minister des
Innern aufgefordert, diesen Meinungsterrorismus zu untersuchen. Soviel steht fest das Herr Malthus auch in Paris seine Anhänger täglich mehren sieht.
— Paris war gestern außerordentlich lebhaft. Die gesammte kleine und große Bourgeoisie strömte den Boulevards entlang, wo ihnen das Proletariat, hungrig und halberfroren, für 1, 2, 3, 5 und
mehr Sous allerlei Neujahrsgeschenke zum Kauf anbot. Es hat sich mehr als eine dieser Nomadenkrämerinnen Hände und Füße erfroren, um für einige Tage die spärlichsten Existenzmittel zu gewinnen. Der
Winter hat uns plötzlich heimgesucht.
— Der Moniteur enthält zwei Dekrete aus dem Elysée-National vom 31. Dezember, von denen das eine vierzehn Departementen neue Präfekten gibt; das Andere die Wahlzirkel des Departements
Vienne für den 14. Januar zur Ersetzung der Volksvertreter Drouet und Jeudy zusammenruft.
Die neu ernannten Präfekten gehören größtentheils der monarchischen Zeit an.
— Ricci, bisheriger Gesandter Sardiniens, hat Paris plötzlich verlassen, um nach Turin zurückzukehren, wo ihn ein Portefeuille erwartet.
— Marrast hat die amtliche Erklärung abgegeben, daß er sich nicht mehr zum Präsidenten der Nationalversammlung wählen lassen werde.
— National-Versammlung. Sitzung vom 2. Januar. Präsident Marrast eröffnet die Sitzung um 2 1/2 Uhr.
Der Andrang des Publikums ist trotz der russischen Kälte sehr stark, weil man scharfe Interpellationen wegen des jüngsten Ministerwechsels vermuthete.
Nach Vorlesung des Protokolls wird aber zunächst zur Diskussion eines ziemlich delikaten Antrags geschritten.
Fould hat sich nämlich durch die letzten parlamentarischen Niederlagen des Ministeriums veranlaßt gefühlt, den Dringlichkeitsantrag zu stellen, in Gemäßheit des Artikel 41 der Verfassung den
englischen Gebrauch zu verfolgen, nämlich jeden Gesetzentwurf drei Mal zur Diskussion zu bringen und ihn erst nach dreimaligem Votum Rechtskraft erreichen zu lassen. Zwischen diesen Voten müßten jedes
Mal mindestens fünf Tage verfließen u. s. w.
Boussi bekämpft den Antrag zwar nicht, aber er beantragt dessen Vertagung. Er habe einen ähnlichen Antrag schon früher gestellt und derselbe sei vom Ausschuß verworfen oder wenigstens
begraben worden. Diese ganze Förmlichkeit laufe übrigens auf reinen Zeitverlust hinaus. Er bekämpfe ihn jetzt, weil ihm die Erfahrung seit dem Mai gezeigt, daß man alle Förmlichkeiten umgehen könne,
wenn man die sogenannte Dringlichkeit erwirke. Der ganze Antrag sei zum Sturze der National-Versammlung geschaffen.
Hubert Delisle, Berichterstatter jenes Ausschusses, sagt, der Boussi'sche Antrag sei keineswegs verworfen oder begraben worden, er finde sich vielmehr im Fouldschen Vorschlag, der
alles Gute aus dem Boussi'schen in sich aufgenommen. Er verwahrt sich gegen die Vorwürfe.
St. Gaudens unterstützt aber die Vertagung. Das Ministerium zeige sich jetzt nur so eilig, weil es die Maßregel ausbeuten wolle, um die National-Versammlung aufzulösen. Nein, das soll ihm
nicht gelingen, ruft er begeistert, wir wollen die organischen Gesetze votiren und gehen nicht eher auseinander. (Diese Worte riefen einige Agitatinon hervor).
Düpin (der ältere) definirt den Unterschied, der zwischen Boussi's Antrag und der von Fould beantragten Aenderung der §§ 54 und 55 der Geschäftsordnung herrsche. Er thut dies in
seiner gewöhnlichen Weise und möchte der Versammlung durchaus nicht das Recht absprechen, die organischen Gesetze zu votiren. Doch thut dies schnell und verliert Eure Zeit nicht, ruft er am Schlusse
seines zwanzig Mal unterbrochenen Vortrags.
Fayet, Bischof von Orleans, gesteht zwar ebenfalls der Versammlung das Recht zu, zu thun und zu berathen, was sie wolle; allein sie werde doch, meint er, nicht alle organischen Gesetze
berathen können. (Stürmischer Widerspruch von der Linken und einem Theil des Centrums).
Unter immer steigender Agitation vollendet der Redner, welchem Dupin und der Finanzminister Passy folgen.
Deujony mischt sich auch in die Debatte und erhöht den Scandal.
Endlich schreitet man zu den einzelnen Artikeln.
Die artikelweise Berathung stellt heraus, daß die Regierung die Aenderung der Geschäftsordnung besonders darum hervorgerufen, um sich durch kein zweites Salzvotum überrumpelt zu sehen.
Die Abstimmung selbst geschieht ziemlich verworren.
Artikel 55, 56, 57, 58 und 59 gehen durch, während die Artikel 49, 50, 51, 52, 53 und 54 unerledigt bleiben.
Artikel 60 hat die größte Bedeutung. Er wird vom Ministerium selbst vorgeschlagen und lautet:
„Jedem Antrag auf Dringlichkeit müssen Erläuterungsgründe vorangeschickt werden. Findet
sie die National-Versammlung genügend, dann geht der Antrag an die Abtheilungen und bestimmt die Zeit, in der ihr Bericht über Zu- oder Unzulässigkeit der Dringlichkeit abzustatten. Nach Anhörung
dieses Berichts trifft die Versammlung ihre Entscheidung und bestimmt die Diskussion. Entscheidet sie sich gegen die Dringlichkeit, so verfällt der Antrag dem gewöhnlichen Gange.“
Vorstehender Artikel soll das Bleigewicht sein, das gegen neue Salzvoten schützt.
Er wird dem Ausschusse zur Begutachtung nochmals überwiesen.
Schließlich bewilligt die Versammlung dem Kardinal-Erzbischof von Bourges eine Gehaltszulage von 10,000 Fr. mit 434 gegen 181 Stimmen.
Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.