Deutschland.
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] Köln, 28. Dez.
An dem Tage, an welchem die bekannte Verfassung oktroyirt wurde: verhießen die Brandenburg-Manteuffel den baldigsten Erlaß mehrerer dringlichen Gesetze, namentlich
über die gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in Schlesien und Westphalen. Es war eine der contrerevolutionären Frechheit ganz angemessene Konsequenz, in die Eigenthumsverhältnisse tief eingreifende
Gesetze ohne Befragung wie ohne Zustimmung des Volkes, blos aus gottbegnadeter Machtfülle, zu erlassen. Das Volk hat wieder als gemüthliche Heerde den christlichen Schafstall bezogen und so
versammelten sich denn schleunigst Alle, die sonst zur Schur privilegirt waren, mit freudigem Hallo um die Hürden und schickten sich an, das profitable Geschäft da wieder aufzunehmen, wo es der März
ganz oder zum Theil unterbrochen hatte.
Die im „Staatsanzeiger“ erschienene „Verordnung wegen interimistischer Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in der Provinz Schlesien“ ist eine
Aufforderung an die Herren Fürsten, Standesherren, Grafen, Barone etc., sich zu sputen und „interimistisch“ das Landvolk unter dem Anschein des Gesetzes noch so auszuseckeln und
auszuplündern, daß sie nach dem fetten Jahre die magern desto leichter überdauern können.
Vor dem März war Schlesien das gelobte Land der gnädigen Gutsherren. Durch die Ablösungsgesetze seit dem Jahre 1821 hatte sich das feudale Junkerthum so warm gebettet als nur immer möglich. Seine
Wuth, als es sich im Jahre 1848 in seiner goldenen Ruhe gestört und seine theuersten Vorrechte, die Einkünfte seines Geldbeutels, bedroht sah, überstieg bald alle Gränzen. In Folge der Ablösungen, die
stets und überall zum Vortheil der Privilegirten und zum Ruin des Landvolks betrieben und durchgeführt wurden, hatte das schlesische Junkerthum nicht weniger als circa 80 Milliönchen an baarem Gelde,
an Ackerland und Renten aus den Händen des Landvolks erhalten. Und doch waren die Ablösungen noch lange nicht zu Ende.
Daher die Wuth über die gottlose Revolution des Jahres 1848. Die Landleute weigerten sich, den gnädigen Herren fernerhin wie das liebe Vieh Hofedienste zu thun, und die bisherigen furchtbaren
Lasten, Zinsen und Abgaben aller Art weiter zu entrichten.
In den Geldkästen der Gutsherren trat eine bedenkliche Ebbe ein. Der Zustand dauerte bereits mehrere Monate. Bald hatte ja auch die Nationalversammlung zu Berlin das Gesetz über die
gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse vollendet und dann blieb dem schlesischen Junkerthume nur das Lied übrig:
„O jerum, jerum, jerum“ etc.
Es war Gefahr im Verzuge. Das begriff die Kamarilla zu Potsdam, deren Säckel sich ebenfalls aus dem Schweiß und Blut des Landvolks zu füllen versteht.
Also fort mit der Nationalversammlung! Machen wir selbst die Gesetze, wie sie uns am einträglichsten erscheinen!
Und so geschah's. Die für Schlesien im „Staatsanzeiger“ erschienene Verordnung ist nichts als ein Verhau mit Wolfsgruben und allem Zubehör, in welchem das Landvolk, begibt es
sich einmal hinein, unwiederbringlich verloren ist. Heuchelei und liberaler Schein spielen hier, wie bei allen christlich-germanischen Kunstwerken, die Hauptrolle.
Mit der Aufhebung gewisser Lasten und Leistungen sucht man dem Publikum Sand in die Augen zu streuen. So werden u. A. aufgehoben: der Fleisch- oder Blutzehnt, der Bienenzehnt, Walpurgisschoß,
Bedegeld, Schäfersteuer, Bienenzinns, Wachspacht, Schutzgeld etc. lauter Sachen, die von höchst untergeordneter Bedeutung sind, nur hie und da vorkommen und an den meisten Orten nicht einmal den
Schimmer eines sogenannten Rechtstitelchens für sich aufweisen können.
Alle übrigen Lasten und Dienste, wenn auch eben so wenig begründet, unterliegen der Ablösung. Und welcher Ablösung!
Sind dem schlesischen Landvolk über die Tendenzen des gottbegnadeten Königthums ja noch nicht die Augen aufgegangen: so werden sie ihm bei der praktischen Durchführung des neuen Ablösungsgesetzes
sicherlich übergehn.
Schon die einzige Bestimmung, daß die Generalkommission zu Breslau abermals die Ablösung in die Hände bekommt, ist das Verdammungsurtheil des ganzen Gesetzes. Selbst der phlegmatischste Bauer in
Schlesien erzittert vor Wuth bei dem bloßen Namen dieser Behörde. In ihr verkörpert sich für den Landmann ein großer Theil alles Schlimmen, alles Unheils, das ihn bei der stattgefundenen Ablösung
betroffen oder bei der künftigen betreffen wird.
Wohin das schlesische Landvolk auch blicken, welchen Paragraphen der Verordnung es auch betrachten mag: überall ist es gefangen, verrathen, verkauft.
Die gnädigen Herrn werden in der Verordnung bestens animirt, das jetzige Gesetz recht bald zu benutzen. Damit sie's können, ist bestimmt worden, daß der Berechtigte wie der Verpflichtete auf
interimistische Auseinandersetzung antragen kann. Will der Verpflichtete nicht, so wird in contumaciam gegen ihn verfahren.
Das Schiedsgericht entscheidet. Eine Appellation ist nicht gestattet.
Wie ist das Schiedsgericht zusammengesetzt?
Dieser Punkt ist eben, weil keine Appellation erlaubt ist, von höchster Wichtigkeit.
Nun wohl, §. 4 und ff. der zitirten Verordnung geben uns darüber Aufschluß.
Das Schiedsgericht besteht in der Regel aus 3 Personen, kann aber auch 5 Personen enthalten.
Der gnädige Gutsherr wählt einen Schiedsrichter, der Bauer ebenfalls einen und den dritten ernennt — die Generalkommission zu Breslau.
Die Generalkommission ist ihrer ganzen bisherigen Wirksamkeit und ihrer Zusammensetzung nach nichts anderes, als eine Behörde, in welcher die Interessen, Ansichten etc. der gnädigen Gutsbesitzer
repräsentirt werden. Sie wird natürlich Schiedsrichter wählen, die ihres Sinnes sind.
Das Schiedsgericht faßt seine Beschlüsse nach Stimmenmehrheit. Zwei ist die absolute Majorität. Der vom Gutsherrn und der von der Generalkommission erwählte Schiedrichter halten zusammen und dann
mag der bäuerliche Schiedsrichter sagen was er will, er ist überstimmt und damit Basta! Wird das Schiedsgericht aus 5 Personen zusammengesetzt, so tritt das nämliche Verhältniß ein. Der Gutsherr und
der Landmann wählen je zwei Schiedsrichter, die Generalkommission den fünften. Da letzterer voraussichtlich auf Seiten des Gutsherrn ist, so bleibt der Bauer nach wie vor der Geprellte. Die Kosten
— und welche Kosten! davon weiß das schlesische Landvolk ein herzzerreißendes Lied zu singen — werden zur Hälfte vom gnädigen Herrn, zur andern Hälfte vom Landmann getragen. Um die
gnädigen Herrn vor der Wuth des Volkes sicherer zu stellen, als bisher, müssen die vom Schiedsgericht festgesetzten Ablösungsrenten an die königliche Steuerkasse, nicht mehr direkt an den Gutsherrn,
abgeführt werden. Wer diese neue Steuer weigert, wird vom Staat mit Exekution belegt.
Wir haben nur wenige Paragraphen der Brandenburg-Manteufel'schen Verordnung berührt. Wir bemerken blos, daß in den übrigen Paragraphen nicht weniger Teufeleien und Fallstricke von Gottes
Gnaden enthalten sind.
Allein was hilft's? Die gnädigen Herrn brauchen Geld. Der Winter ist da mit seinen Bällen, Maskeraden, lockenden Spieltischen etc. Die Bauern, die bisher die Vergnügungsmittel geliefert,
müssen sie auch ferner herbeischaffen. Das Junkerthum will sich wenigstens noch einmal einen vergnügten Karneval bereiten und die November-Errungenschaften des Absolutismas möglichst ausbeuten. Es
thut recht daran, sich zu beeilen, zu tanzen und zu jubeln in herausforderndem Uebermuth. Denn bald dürften gallizische Wuthszenen in die gottbegnadete Adels-Orgie hineinspielen. Der Boden, auf
welchem die Contre-Revolution so trotzig einherschreitet, ist durch jene Verordnung noch tiefer unterminirt worden. Die nahe Explosion wird der ganzen mittelalterlichen Sippschaft und ihren
Ablösungsgesetzen für immer ein Ende machen.
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082
] Heidelberg, 26. Dez.
Abermals hat die Reaktion einen neuen Bundesgenossen gewonnen — in der Gestalt des Frankfurter Märzvereins. Wir lesen es, wir haben es
schwarz auf weiß vor uns — in einem Manifeste, welches der „Märzverein“ so eben in lithographirten Exemplaren versendet.
Ja, wir lesen; wir lesen und staunen Wir haben nie ein unbedingtes Vertrauen in Persönlichkeiten gesetzt; wir wissen wohl, wie schnell sich die Charaktere in Revolutionszeiten
„abnutzen“; so schnell aber hatten wir von der Frankfurter Linken nicht erwartet, daß sie sich selbst ihr Todesurtheil schreiben würde. Dies aber ist geschehen.
Greifen wir indessen dem Urtheile unserer Leser nicht vor; lassen wir den Märzverein selbst reden: „Die leitende Idee, die den Märzverein geschaffen hat, ist die des gesetzlichen
Widerstandes zum Schutze der allseitig (!) gefährdeten Errungenschaften (?) der Märzrevolution.“
Also wieder einmal der „gesetzliche Widerstand“, die beliebte Phrase aller derer, welche mit schönen Redensarten und Kammer-Oppositionen eine Revolution umgehen zu können glauben.
Wenn nur einer dieser Herren, welche den „gesetzlichen Widerstand“ bis zum Ueberdruß im Munde führen, einmal das „Gesetz“ angegeben hätte, auf welches er seinen Widerstand
stützen will. Sie scheinen dies aber wohlweislich zu vermeiden; sie wagen nicht von einem „Gesetze“ zu sprechen, weil keins vorhanden ist — weil ihre ganze Redensart nichts als
ein Deckmantel für ihre Halbheit, Unentschlossenheit und Redseligkeit ist. Oder sollten sich die Männer des Märzvereins wirklich noch in der angenehmen vormärzlichen Täuschung befinden, daß man mit
den Gesetzen des Absolutismus eine Konstitution, und mit den Gesetzen der konstitutionellen Monarchie die Republik machen könne, wenn man mit kleinlicher Sophisterei, angeblich auf diese Gesetze
gestützt, sich jeder konsequenten Anwendung derselben durch die Regierung widersetzt? Denn am Ende ist ein solches Kammeropponiren, wo man stets die Rechte des Volkes „in weitester
Ausdehnung“ zu vertheidigen vorgibt, und, so wie dieses verdächtig wird, seine Loyalität feierlich versichert, nichts als eine absichtlich unterhaltene Selbsttäuschung und Unklarheit über seine
Prinzipien. Es hat überhaupt eine solche systematische Opposition nicht den geringsten Werth, da sie die Konsequenzen, die einzelnen „Freiheiten“ verlangt, ohne ihre nothwendige
Prämisse, die Freiheit selbst, d. h. die Abschaffung der Monarchie zu verlangen; da sie faktisch auf einem ganz andern Rechtsboden steht, als auf dem sie zu stehen vorgibt. Dieser Wahrheit ist nur die
Revolution fähig. Aber freilich — die Revolution verlangt Männer, verlangt Charaktere; der gesetzliche Widerstand verlangt nur Redner, und begnügt sich sogar mit
Schwätzern. Die Revolution stützt sich auf die ewigen Rechte des Menschen, auf die Gesetze der Vernunft — der gesetzliche Widerstand stützt sich auf das Gutdünken und Belieben einzelner
Oppositionsmänner. Die Revolution wirft im Namen der Menschenrechte die Fürsten vom Thron; der gesetzliche Widerstand schwört ihnen ausdrücklich Treue und intriguirt nachher gegen sie. Die Revolution
sagt geradezu, was sie will; der gesetzliche Widerstand führt eine diplomatische Sprache. Die Revolution handelt männlich offen; der gesetzliche Widerstand ist auf kleinliche Umtriebe angewiesen. Die
Revolution hebt ein Volk und durchdringt es mit sittlicher Kraft; der gesetzliche Widerstand demoralisirt es. Die Revolution ist Wahrheit, der gesetzliche Widerstand ist Lüge. Die Revolution ist
Kraft, der gesetzliche Widerstand ist Schwäche. Die Revolution ist Muth, der gesetzliche Widerstand ist — Feigheit.
Was die Märzerrungenschaften betrifft, so sind sie jedenfalls für die Herren in der Paulskirche am reichlichsten ausgefallen, und es ist daher nicht zu verwundern, wenn die parlamentarischen
Märzvereinsmänner sie „schützen“ wollen.
Doch kehren wir zu unsrem Aktenstücke zurück.
„Mit diesen Grundsätzen betritt der Verein in gewisser Beziehung ein Feld wieder, das die öffentliche Bewegung seit dem März vollkommen verlassen zu haben schien (!). Die gewaltsamen
Nachschwingungen der Märzrevolution waren ebenso naturgemäß, wie der höhere Wellenschlag noch fortdauert, nachdem der Sturm, der das Meer aufregte, sich bereits wieder gelegt hat. (Wie schön!) Die
revolutionären Bewegungen, die Gewaltbestrebungen (!), die vom März an sich ununterbrochen eine an die andere reihen, waren nicht Folge des Gesammtbewußtseins und des Gesammtgefühls (?) der ganzen
Nation (so!), sondern nur der Versuch einer Minorität, die Majorität mit Gewalt zu ihren Ansichten zu bekehren. Wir sprechen hier kein Urtheil über die Absichten, die Grundsätze und die Hoffnungen der
Aufständischen (!!!) aus, sondern wir handeln nur von dem Mittel, mit dem sie ihr Ziel zu erreichen suchten, dem Mittel des Aufstandes, der offenen Gewalt. In ihm lag der Keim des
Unterganges.“
Jetzt aber aufgepaßt!
„Wäre einer der Versuche gelungen, so würde er das Rechtsbewußtsein der Nation mit der Wurzel ausgerottet haben.“
Rechtsbewußtsein — Rechtsbewußtsein! Ei, ei! Man sieht, das
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deutsche Volk gibt sein Geld doch nicht unnütz aus; die Linke hat wirklich in Frankfurt etwas gelernt; Hr. v. Binke wird sich freuen, daß er so gelehrige Schüler gefunden hut. Rechtsbewußtsein! Als ob
nicht gerade die Revolution nur auf dem Rechtsbewußtsein beruhte! Als ob ein solches nicht gerade durch die Revolution erst geschaffen wurde! Als ob nicht jede Revolution berechtigt wäre, wo die
Mittel einer theoretischen Propaganda, wo volle Preßfreiheit, Associationsrecht und allgemeines Stimmrecht fehlen!
— — „muß ich
„Die Elemente der Monarchenkunst
Mit meinem grauen Schüler überhören?!“
Aber warum hat denn die Märzrevolution nicht „alles Rechtsbewußtsein mit der Wurzel ausgerottet?“ Warum hat denn dieser „Aufstand von unten“ nicht „die Freiheit
in Gefahr gebracht?“ Warum ist eine neue Revolution nicht so gut berechtigt, wie die alte? Warum? Etwa weil schon Alles durch die Märzrevolution errungen ist? Sollte der Märzverein dies
wirklich glauben? In diesem Falle ließe sich von unsrer Seite kaum mit ihm darüber disputiren, weil dann die gemeinsame Grundlage, nämlich gleiche Wahrnehmungsorgane fehlten. Freilich, bei Herrn
Eisenmann gab es schon früher eine Zeit, wo er keine Reaktion sah; dann sah er sie wieder, und es ist sehr möglich, daß er sie jetzt abermals nicht sieht, so daß auf diese Weise seine politische
Thätigkeit von dem jeweiligen Zustande seiner Augen abhängig ist — und vielleicht haben die Herren von der Linken es auch „durch die Zeitumstände für geboten erachtet,“ ihre
scharfen Brillen abzulegen. Oder sollte — wir können fast nichts anderes vermuthen — die Märzrevolution blos deshalb rechtmäßig sein, weil sie die Mitglieder des Märzvereins möglich
gemacht hat? Ist dies nicht dieselbe Sprache, welche Herr Bassermann führte, als er evident nachwies, daß die Märzrevolution eine „edle“ und eine berechtigte war, daß aber jede
Erhebung, jeder Aufstand, nur Schlechtigkeit und Anarchie sein könne, seitdem ein solcher Unterstaatssekretär die Zügel des Staates leitet? Ist dies nicht dieselbe Inkonsequenz, welche die neue
Revolution für gerechtfertigt, die andere aber, welche nur eine natürliche Folge der ersten, eine nothwendige Fortsetzung des einmal betretenen Weges ist, für anarchisch erklärt? Ist dies nicht
dieselbe Umstandspolitik, welche die gelungenen Revolutionen in den Himmel erhebt, und die besiegten verabscheut? Ist dies nicht dieselbe politische Unfähigkeit, die eine große Revolution, welche
nothwendig mehrere Phasen durchlaufen muß, auf einem bestimmten Punkte fixiren will? O geht, geht, ihr Märzmänner! Ihr schlagt Euren eignen, in tausend Reden ausgesprochenen Prinzipien geradezu
in's Gesicht. Wir unsrerseits können keinen andern prinzipiellen Unterschied zwischen der vergangenen und der zu erwartenden Revolution finden, als daß die Revolution von 1849, wie gesagt,
andere Charaktere verlangen wird, als die dermalen auf der Linken in Frankfurt sitzen, und daß es noch sehr zweifelhaft ist, ob die Revolution von 1849 — Diäten zahlen wird.
In der bisher angegebenen geschraubten und doctrinären Weise geht das Manifest weiter. Bürgermuth — Leib und Leben — Rechtsbewußtsein — Gewalt von unten — Aufruhr
— im Sturme zerstören — bilden die Angelpunkte des Räsonnements.
„Meist war es nur eine unbedeutende (?) Minorität, die die willenlose Majorität ins Schlepptau nahm, ihr durch Entschlossenheit mehr Angst als Vertrauen einflößte.“
Wer denkt hier nicht an die „gerechte“ Angst des Herrn Bassermann? „Dies wahre, ächte Mannesbewußtsein erlangt sich aber nur im offenen (?) Kampfe für Freiheit und Recht auf
das (welches?) Gesetz gestützt. — — — Wie enge der Kreis der Gesetze auch sein mag, die Herrschsucht wird ihn immer mehr zu verengern suchen. Die Märzrevolution hat aber diesen
Kreis beträchtlich (??) erweitert (allerdings: durch das Gesetz über die Centralgewalt, zum Schutz der Nationalversammlung, durch den Belagerungszustand etc.); „die Reaktion sucht ihn wieder
auf das alte Maaß, ja (!) auf weniger zurückzuführen.“ (Solche neue Aufschlüsse gibt der Märzverein überhaupt viele). „Der offene freie Kampf (noch einmal!) für die errungenen Rechte
(also die Rechte sind schon „errungen,“ für die man noch kämpfen muß!) wird die Nation würdig (!!) machen, auch andere (!) und viel höhere Rechte zu besitzen, als die, welche ihre
Vertreter, geschwächt durch anarchische Erscheinungen (!) noch mehr aber durch den Mangel an Vertrauen in die eigene Kraft (sehr wahr!) in Anspruch zu nehmen wagten.“
Das heißt also: Liebes deutsches Volk, iß nur das Stück Brod auf, das wir dir gegeben haben, und sei hübsch artig, dann halten wir, deine Vertreter, dich vielleicht auch für würdig, daß wir
Zwieback für dich verlangen; jetzt war das freilich noch nicht möglich. — Man muß würdig werden für seine Rechte! Man muß würdig werden der Freiheit, der Gleichheit, der
Anerkennung, man muß mit einem Worte würdig werden, ein Mensch zu sein! Und nach dem Grade dieser Würdigkeit richtet es sich, wieviel die Vertreter zu verlangen wagen! Und so spricht die
Linke!
Später spricht der Märzverein auch von seinem Ziele, „der vollen Befreiung des deutschen Volkes.“ O die Fülle mag groß sein, deren Maaß diese Herren zu bestimmen haben.
„Der Märzverein will in Beziehung auf die Art und Weise, wie das Recht gewahrt und die Würde der Nation gesichert werde, auch den Regierungen mit einem Beispiele vorangehen.“
Dies ist eine Naivetät, welche neben der breiten demokratischen Basis und dem passiven Widerstande einen Platz im Reichsvaritätenkabinet verdient. Der gesetzliche Weg ist beschwerlich, (der
Tugendpfad ist anfangs steil etc.) aber er allein führt zum Ziele. Der preußischen Regierung war er zu beschwerlich, und deswegen hat sie das Gesetz verlassen, und sich auf den Boden der
Thatsachen gestellt.“
Wir unsrerseits sehen nicht ein, inwiefern der König von Preußen das Gesetz verletzt hat. Im März dieses Jahres beschloß er, eine Vereinbarerversammlung zu berufen; im November beschließt er, sie
wieder aufzulösen. Die Vereinbarerversammlung bestand nur von Königs Gnaden; sie konnte also auch von Königs Ungnaden wieder aufgelöst werden. Er hatte zu dem Einen so gut das Recht, wie zu dem
Anderen; beides sind Ukase, Akte der absoluten Willkür, und das eine ist nicht mehr Gesetz wie das andere, wenn nicht etwa jeder einmal gefaßte Beschluß den Werth eines Gesetzes haben, und jeder
spätere, wenn er dem älteren widerspricht, als Willkür gelten soll. Man sieht hier aber so recht den Standpunkt dieser „Märzmänner“ und den Werth ihres „gesetzlichen
Bodens.“ Ein Gesetz hat für sie keinen Werth, weil es der Ausdruck wirklicher Volksbedürfnisse ist, sondern — weil es einmal besteht, weil es amtlich publizirt ist. Wir
wiederholen es: der König von Preußen hat nur das Gesetz des Absolutismus konsequent durchgeführt; der Märzverein aber hat den gesetzlichen Boden der Volkssouveränität schmählich verlassen.
„Aber sie (die preuß. Regierung) hat dadurch allen Revolutionen, die gegen sie dereinst unternommen werden könnten, dieselbe Berechtigung gegeben, mit der sie selbst die neue Verfassung
erlassen hat.“
Also nur „dieselbe Berechtigung!“ Despotismus und Demokratie haben nur „dieselbe Berechtigung!“
„Die preuß. Regierung wird dieselbe Erfahrung machen, die Andere gemacht haben, die, wie sie, das Gesetz verließen, und es mit Thatsachen allein versuchten. Ein grundsätzlicher Unterschied
zwischen denen, welche eine neue Revolution als Thatsache durch die Emeute aufgehen lassen zu können glaubten (der Styl ist vortrefflich!) und denen, die eine neue Verfassung als Thatsache auf
den Belagerungszustand fußten, ist nicht vorhanden. Die Extreme berühren sich.“
Wir unsrerseits behaupten: Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Kammerliberalen alten Styls und den Parlamentsliberalen neuen Styls ist nicht vorhanden. Welcker und Vogt, Vincke und
Wesendonk berühren sich. Der obige Satz von den Extremen hat in Beziehung auf die frankf. Versammlung allerdings seine Richtigkeit, denn ihre Extreme liegen, wie wir sehen, nicht allzuweit
auseinander. Bassermänner, Biedermänner, Zimmermänner, Eisenmänner — alle diese Männer wirken harmonisch zusammen, um das „Mannesbewußtsein“ und den „männlichen Kampf für
Gesetz und Recht“ aufs Neue zu begründen.
Also Windischgrätz, Wrangel, Radetzky, Friedrich Wilhelm IV., Hecker, Struve, Messenhauser, Rob. Blum — Alle zusammengeworfen, Alle in einen Topf! Sie alle haben den gesetzlichen Weg
verlassen und sich auf den Boden der Thatsachen gestellt. Der Inhalt ihrer Handlungen gilt gleich; nur die Form, die formelle Consequenz ist ihnen verhaßt, den Märzmännern!
O kommt doch her, ihr Freiheitsmärtyrer dieses Jahres, die ihr verbannt seid oder in Ketten schmachtet, kommet her, ihr Geister der Gefallenen; hier sitzen die großen Dulder, Venedey und Eisenmann,
über Euch zu Gericht und sprechen Euch schonungslos das Urtheil: Ihr habt das Gesetz verlassen, Ihr habt „durch Aufstandsversuche von unten die Freiheit in Gefahr gebracht“, Ihr habt die
Märzmänner in ihrer Ruhe gestört — fort mit Euch!
Doch lesen wir weiter:
„Der Märzverein wird eine andere Bahn einschlagen. Die Aufstandsversuche von unten haben die Freiheit in Gefahr gebracht; die Reaktion, die Verfassung ohne gesetzliche Grundlage wird
die Autorität der Staatsregierung an der Wurzel angreifen (welches ein großes Unglück wäre!). Desto nothwendiger ist es, daß wahres, männliches Rechtsgefühl (quousque tandem!) und
Freiheitsbewußtsein erstarke, damit bei dem dereinstigen Zusammenstoße nicht Deutschland in Verwilderung zusammenbreche.“
Also ein „dereinstiger Zusammenstoß“ wird doch stattfinden! Ist das nicht stets die ultima ratio bei den consequenten Herren! Wie oft haben nicht vor dem März Welcker und Mathy auf
der Tribüne mit möglichen Revolutionen gedroht! Sie sehen es deutlich, daß sie mit ihrem gesetzlichen Widerstande doch nicht zu Ende kommen, und stellen darum die Revolution stets als fernen
Popanz hin. Sie sehen die Nothwendigkeit der Revolution ein, haben aber, wie v. Vincke einst Herrn Schoder mit Recht vorwarf, nicht den Muth, sich an die Spitze derselben zu stellen. Sie sehen
ein, daß sie eine Revolution nicht unmöglich machen können, aber durch die Revolution selbst unmöglich werden und suchen das Volk deßhalb an das dünne Zuckerwasser des gesetzlichen Widerstands
zu gewöhnen, um demselben den Geschmack an dem feurigen Weine der Revolution doch wenigstens nach Kräften zu verleiden. Denn dabei könnte ja „Verwilderung“ entstehen; es könnte sogar
— schrecklicher Gedanke — Deutschland bei der Gelegenheit „zusammenbrechen“!! hu, hu! Verwilderung — Anarchie — rothe Republik — Communismus —
allgemeines Zusammenbrechen! mir läuft es kalt über den Rücken!
In derselben trostlosen Weise geht allmählich das Manifest zu Ende — bis zu der noch trostloseren Unterschrift: der Märzverein — allerdings das Trostloseste am Ganzen, wenn wir
bedenken, welche bisher gefeierte Namen er zu seinen Mitgliedern zählt.
Haben wir nun dem Märzverein Unrecht gethan? Ist das nicht Welker und Bassermann in zweiter Auflage? Sind nicht — aus sehr natürlichen Gründen — selbst die Phrasen, mit denen diese
Herren uns bewirthen, genau dieselben wie bei der altliberalen Clique ? Zweifeln unsere Leser noch an der Wahrheit der Behauptung, daß es in Revolutionszeiten wie die unsrige stets nur zwei Parteien gibt, die Revolutions- und
Reaktionspartei; und daß jede Vermittlungspartei vermöge ihrer eigenen sittlichen Schwäche unter dem Namen „conservativer Freiheitsfreunde“, ohne daß sie es weiß, zur Rückschrittspartei
übergeht? — Die Märzmänner sind in gewisser Hinsicht die Girondisten unsrer Revolution; sie haben aber noch keinen König gestürzt!
Der Märzverein hat mit diesem Schreiben die Zahl unsrer Gegner vermehrt, und es ist die Pflicht jedes guten Demokraten, seinem Treiben nach Kräften entgegenzuwirken.
Abermals ein abschreckendes und lehrreiches Beispiel, zu welchen Ansichten man kommt, wenn man sich 8 Monate lang offiziell im gesetzlichen Widerstande übt.
Ein Unterschied bleibt noch zwischen den alten und den neuen Märzmännern. Die Welker etc. schlugen doch erst nach dem Siege ihrer Ansichten um; die frankfurter Linke urplötzlich, schon vor dem
Siege. Oder sollte wirklich der Umstand, daß die bisherige Minorität durch ihre Bastardehe mit den Oesterreichern und den Ultramontanen zur Majorität geworden ist, zur Abfassung dieses Manifestes mit
beigetragen haben?!
Das deutsche Volk aber wird aus dieser neuen bitteren Erfahrung die praktische Lehre ziehen, sich nicht abermals von den Männern des gesetzlichen Widerstands täuschen zu lassen; es wird bei dem
„dereinstigen Zusammenstoße“, selbst auf die Gefahr hin, „in Verwilderung zusammenzubrechen“, sehr wohl wissen, welchen Männern es seine Geschicke nicht anvertrauen
darf.
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121
] Wien, 22. Dezember.
Das österreichische Volk ist so lange ausschließlich von Diplomaten, Pfaffen und Polizeibütteln geboren, erzogen und begraben worden, daß es beim
Fortbestand der sogenannten Gesamtmonarchie, vorausgesetzt, daß die Rückkehr des alten Zustands unmöglich ist, noch der Jahrzehnte bedarf, bevor es in einer andern Atmosphäre athmen wird. Die
Verdorbenheit war unter Metternich zuletzt so arg geworden, daß einer im andern einen Polizeispion vermuthen durfte. Freunde und Geliebte wurden es fast immer, so oft eine Zwistigkeit unter ihnen
entstand, die Rache erheischte. Und in den gewöhnlichen Lebensverhältnissen war es so weit gekommen, daß, wer nicht zu den Schurken gehörte, fast ein in Oesterreich unmöglicher Mensch war. — Am
weitesten hatten es hierin die Czechen gebracht, und noch immer besitzen sie den Ruf der besten Polizeibüttel und heimtückischen Verräther. Mit der Vertreibung Metternichs war hier daher ebensowenig
abgethan, als in Frankreich mit der blosen Vertreibung Ludwig Philipps. Soll Oestereeich sittlich-politisch gedeihen, so müssen ganze metternichische Generationen aus dem Sattel gehoben und Menschen
an ihre Stelle gebracht werden, die das haben, was die Alten virtus. nannten.
Wer Oesterreichs Revolution von ferne angeschaut hat, wie wird der nicht staunen, kommt er nach Wien, wenn er noch immer bei jedem Schritt um Paß und Passirschein, um die Gründe und Dauer seines
Aufenthalts, um die Mittel zur Bestreitung desselben, und über allenfallsige Bekanntschaften befragt wird, bevor man ihm gegen theures Geld den Aufenthalt auf kurze Zeit bewilligt? wie wird er
staunen, wenn er noch allenthalben nichts anderes in der Anrede hört, als „Herr von, Euer Gnaden, Küß' die Hand!“ u. s. w. und letztes wirklich noch thun sieht? wenn er, durch die Stadt
gehend, noch immer nichts anderes sieht, als k. k. privilegirte Schuh- und Stiefelmacher, k. k. privilegirte Zuckerbäcker, k. k. privilegirte Schneider u. s. fort durch alle Gewerbe und
Handthierungen? Er wird bezweifeln, daß wir jemals eine Revolution gehabt, und wird dem dummen Deutschland, welches den Sieg des Windischgrätz, d. h. die Rückkehr der alten scheußlichen Wirthschaft
quasi mit Jubel begrüßte, die bittersten Vorwürfe machen. Denn bei uns handelte es sich immer nur erst um die ersten Fundamente der Freiheit, nicht, wie anderwärts, um ihre spätern Folgen.
Darum theile ich Ihnen Nachstehendes mit. Ihre Leser werden daraus erkennen, wie früher die Staatsmaschine getrieben wurde. Das Fragment ist aus einer jüngst erschienenen Schrift des Freiherrn von
Hormayr entnommen, die den Titel „Metternich“ führt. Hormayr aber hatte nicht den Muth, alles zu erhüllen, was er weiß; er verschont alle noch in Amt und Würde sitzenden Kreaturen
Metternich's absichtlich. Es spricht von Joseph II., wo er von Franz I. und Ferdinand I. reden sollte. Er schont z. B. Stadion, weil ein Stadion jetzt Minister geworden, nachdem er auf
Metternich's Geheiß 1846 die Polen in Galizien hat ermorden lassen, und noch jetzt mit seinem fürstlichen Herrn in London in der engsten brieflichen Verbrüderung steht. Es lassen sich noch ganz
andere Schrecknisse enthüllen, und sie werden hoffentlich enthüllt werden, damit die Welt, wenn auch vergebens, ganz erfahre, daß die Hölle nicht in der Hölle, sondern in Oesterreich zu Hause ist.
Das Chiffrekabinet. Oesterreich gab sein neues Landpostmeisteramt dem neufürstlichen Hause Paar und schloß Thurn und Taxis auf immer davon aus! — Nur hatte dieses in Wien
seinen bevollmächtigten geheimen Rath und sein Centralbureau, das, mit einer gerade jetzt unter Joseph II. von Kaunitz auf die höchste Stufe gebrachter polizeilicher und inquisitorischer Vollendung,
mit der Wiener Polizei und mit des Kaisers eigenem innersten Kabinette eng zusammenhing. Es hieß etwas später „das Chiffrekabinet“ und war in der Kaiserburg selbst in dem auf den
Josephsplatz hinausgehende Viereck, „die Stallburg“ genannt, wo zugleich die Verfassung und die Auflösung aller diplomatischen Chiffren von Pariser und neapolitanischen Adepten auf eine
noch nie erhörte Vervollkommnungstufe begonnen und unaufhörlich getrieben worden, über die freilich manche der größten Kalkulateurs den Verstand verloren, die überhaupt mit ihren Familien ein
sorgenfreies und reichliches, aber das traurigste Leben gleich Staatsgefangenen führten. Sie standen unter schärfster Polizeihut: man wußte genau, was sie depensirten; ob sie Vergnügungen liebten; wer
sie besuchte, ihre Söhne und Töchter? — Am liebsten, wenn Staatskanzlei, Kabinet, Chiffrekabinet unter sich am meisten zusammenkamen und gewissermaßen einen geschlossenen Cirkus bildeten. Einer
fremden diplomatischen Person, die sich einzuschleichen versucht hätte, wäre es schlimmer ergangen, als einem entdeckten Taschendiebe. — Der Polizeibogen mit dem Morgenrapport über die
Stallburg und die Staatskanzlei auf des Kaisers Arbeitstisch zeigte immer auf einen Blick, wo jeder der vertrauten Arbeiter Tags und Abends vorher gewesen war. Die Sache hatte ihre
pythagoräisch-militärische, bewundernswerthe Einrichtung. — Talleyrand, der diese Partie besonders liebte und verstand, schickte öfter Anfragen und verfehlte Auflösungen, und während der zwei
Monden französischer Okkupationen Wien's (13. November 1804 und 13. Januar 1805) hinkte er wie oft von der Gräfin Rombeck, Louis Cobenzl's Schwester, in die Stallburg herüber. —
Leider aber auch an Ehre und Gewissen wurden die Arbeiter mehrfach gekränkt, da sie öfter genöthigt wurden, Korrespondenzen zu „suborniren“ (zu schmieden oder in der Kopie zu
verfälschen), was in Paris sehr früh in Wien unter Kaunitz, Cobenzl ziemlich selten und zumal unter Stadion sehr selten, aber noch sehr spät in demagogischen, in karbonarischen,
Metternichisch-Münchisch-Sedlnitzky'schen Umtrieben häufig geschehen ist, wo von Wahrheit, von Ehre und Gewissen längst keine Rede mehr war.
Das Furchtbare an der ganzen Sache war die altvenetianischstrenge Unterordnung und Verbindung des Chiffrekabinets mit der geheimen Polizei, mit ihren politischen Spürereien und die Verbindung mit
der französischen Polizei in Paris und Lyon, wobei Billèle den eifrigsten Beistand leistete, selbst mit der Fürstin Metternich noch in ihren letzten Lebenswochen konferirte und in den
Freimaurerverbindungen, namentlich in der Loge „vom Orient“ (in der auch die spanischen Logen, den Großmeister Arguelles el Divino an der Spitze), viel Spielwerk alter Kinder getrieben
und wie in Piemont, durch den nichtswürdigen Prinzen von Carignau Hunderte unglücklich gemacht wurden. — Mehrere Offiziere, die Karl Albert als Alter Ego schriftlich zu Dem und Jenem
angewiesen, ließ er in der Folge (sein Papier in den Händen) hinrichten. Das Metternich-Ouvrard'sche Gold konnte ihn nicht weißbrennen, als er den Trokadero von den feigen und feilen Cortes
erkaufte. Erst Spanien und Italien (Mailand, Neapel) haben der Metternich'schen Hofpolizei diese Ausdehnung, diesen Charakter gegeben. — Wahnsinnige Summen flogen dafür hinaus, die
Steuern stiegen fort und fort bis in die Wolken: — Exekutionen, Güterverkäufe, Tumulte, Bauernkrieg, qu'importe? — „Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht:“
— jetzt ist er gebrochen!
Durch ganz Deutschland theilten sich die Taxis'schen Postbureaus in Postlogen und Richtlogen (mit dem Wiener Chiffrekabinet Verbundene und Richtverbundene), Logisten und Richtlogisten.
— Erstere waren zugleich gut besoldete und numerirte Beamte des Wiener Chiffrekabinets, in welchem auch der ganze Reichthum der Chemie, Mechanik und sinnreichsten Kochkunst auf der Retorte
entfaltet war. — Uebrigens wurde Wien's Hauptpost Schlag sieben Uhr geschlossen und ging scheinbar ab: die respektiven Felleisen fuhren aber rasch zum Chiffrekabinet in den geschlossenen
Hof der Stallburg. Hier wurden die verdächtigen Gesandtschafts-, Bankiers- und sonstigen auswärtigen Korrespondenzen blitzesschnell und umsichtig ausgesucht, gemustert, geöffnet und abgeschrieben, was
fast immer bis über eilf Uhr, oft bis ein Uhr dauerte; dann erst fuhr die Post wirklich ab.
Die preußischen Ziffern (deutsche und französische) waren längst aufgelöst, die österreichischen meistens wohl auch; doch gab es noch mehrere, die es nicht waren und es auch gar niemals geworden
sind. — Die preußischen Kabinetskouriere, bis auf zwei, waren schon unter der Oberleitung des hierin Joseph's vollstes Vertrauen (selbst pekuniär) genießenden Hofraths, Polizeidirektors
der Residenz, Joseph von Beer auf Lebenslang versorgt, verführt, bestochen. Auf der Einbruchsstation bei Pirna war ein eigens nach allen möglichen Rücksichten neu erbautes Häuschen, eine nur den
Postbeamten zugängliche Filiale des Wiener Chiffrekabinets, von mehreren Beamten desselben bewohnt, die sogleich den längst mit Ungeduld erwarteten Berliner Kourier und sein Felleisen in Beschlag,
letzteres gleich mit ihm in ihre Postchaise nahmen, im raschesten Fahren, auch sehr kurzen Zwischenräumen von Ruhe, es operirten, lustrirten, kopirten. Diese Künste alle waren auf dem Giebel des
scharfsinnigsten und ruhigsten Raffinements.
So ging es fort bis in ein detto geheimnißvolles sogenanntes Mauthhäuschen außer der letzten Poststation vor Wien — Langenzersdorf — wo das unkenntlich wieder geschlossene Felleisen
dem Kurier rückgegeben wurde, und in der dritten Stunde darauf der preußische Gesandte, Graf Keller, Haugwitz oder Lucchesini seine Depeschen aus den Händen des Kuriers im Gesandtschaftshotel in der
Wollzeile, eben so bona fide und quasi de re optime gesta empfing, wie in gleicher Stunde, lächelnd und hochwiegend, Spielmann und Kaunitz am Ballhausplatz in der Staatskanzlei.
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61
]
Wien, 22. Dezbr.
Die kaiserl. Armee muß seit einigen Tagen auf hartnäckigen noch nicht besiegten Widerstand in Ungarn gestoßen sein, denn alle Standrechtsblätter
schweigen selbst mit lü-
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genhaftem Siegesgeschrei. Dagegen fuhren gestern einige 30 Wagen mit Verwundeten hier ein. Da allerorten, wo die Armee steht, namentlich aber in Preßburg, für Spitäler gesorgt ist, so muß das
magyarische Volk trotz der Uebermacht einen furchtbar verzweifelten Widerstand leisten, wenn uns die kaiserl. Armee die Beweise davon bis nach Wien zurückschickt. Es kann auch nicht wohl anders sein,
weil die Magyaren im Fall der Niederlage ausgerottet werden sollen, wie die Polen in Galizien. Italien und Deutschland haben doch wenigstens Fürsprecher gefunden, während der sogenannte freie Westen
Europa's dem Völkermorde in Ungarn mit der kalkulirenden Schacherruhe des gemeinsten Juden zuschaut. Die Galle läuft mir über, wenn ich an diese Republik und an dieses Volk denke, welche von
Freiheit reden, um die Völker, die auf diese Reden vertrauen, kaufmännisch-schlau in Tod und Verderben zu stürzen.
Das Ministerium regiert mit dem rückschreitenden Fortschritt. Ein Preßgesetz mit Kautionen und den unerhörtesten Repressivmaßregeln soll nächstens erscheinen. Der Czeche Strohbach ist vom Reichstag
wieder zum Präsidenten ernannt worden; er ist also in integrum restituirt. Der demokratische Charakter dieses Reichstags ist dadurch bis zur Ehrlosigkeit herabgesunken. Gleichzeitig hat Stadion diesen
Strohbach, der als Czeche und wie er sich bisher gegeben hat, zu allem fähig ist, was Sedlnitzki und Czapka je gethan, zum Gouverneur von Böhmen, die Metternichsche Kreatur, Graf Gleispach, aber zum
Gouverneur von Steiermark ernannt. Graf Wickenburg ist dort abgesetzt worden, weil das Ministerium ihm vorwirft, er habe sich in letzter Zeit mit der Demokratie eingelassen. Der wirkliche Grund ist,
daß er mit Jellachich intim ist und Kroatien mit Steiermark in engen gefährlichen Verhältnissen steht. Das Ministerium hat ferner auch allen Staatsbeamten den Besuch der Vereine verboten. — In
der am Abend des 20. stattgehabten Wahlmännerversammlung vom 1. Bezirk verlangte der Wortführer Graf Jaafe, Wien solle dem Fürsten Schwarzenberg dadurch ein Kompliment machen, daß es ihn zum
Abgeordneten wähle. Ein Kompliment als Glaubensbekenntniß! Neun Jägerbataillone werden gebildet und sollen vor der Hand durch Freiwillige aufgebracht werden. — Die Sprache der
Standrechtsblätter wird täglich unverschämter absolutistisch; sie übertrifft darin fast die der russischen. Da lauter für Geld arbeitende Juden dabei beschäftigt sind, so ist dies nicht befremdend.
Die heutige Presse sagt, indem sie den Wahlmännern mit standrechtlicher Züchtigung droht, wenn sie den Minister Schwarzenberg nicht wählen, sondern Pillersdorff: „Der französische Thron fiel
nicht, weil man dem Volkswunsche nicht nachgab, sondern weil der Soldat seine Pflicht nicht erfüllte. Hätte Bugeaud so auftreten können, wie Cavaignac mit 100,000 Mann, dann wäre Frankreich nicht
unter das Joch einer Koterie des National gekommen, die Emeute wäre nicht zur Revolution gekommen.“ Verstehst Du, deutscher Michel, diese Sprache, denn Du hast nur eine Emeute gemacht und wirst
bestraft werden? Selbst der Finanzminister Kraus muß austreten; Stadion, dieser galizische Gladiator, wird auch dieses Ministerium übernehmen. — Die „Ost-Deutsche Post,“ ein ganz
unschuldiges Blättchen, wird von den Preßhyänen des Absolutismus heute auf das Wüthendste angegriffen; die Ost-Deutsche Post ist eine Verbündete der Kölnischen Zeitung, gleichzeitig aber auch die
absolutistische Preßhyäne, „Presse.“ Das Standrechtsblatt Lloyd hat die Unverschämtheit, zu behaupten: „Die Franzosen sind das revolutionsmüdeste Volk in diesem Momente, das in
der weiten Welt zu finden ist. Eine gewaltsame Umwälzung, eine furchtbare Ueberraschung gab ihnen an einem schlimmen Tage die Republik, und die Mehrheit des Volkes hat seit jener Stunde darüber
nachgesonnen, auf welche Weise es sich des unverhofften Geschenkes, das ihm das Unglück in den Schooß warf, entledigen sollte. Louis Napoleon kann die Republik stürzen und die Wähler von Frankreich
wollen, daß die Republik sterbe und nicht mehr lebe.“
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24
] Wien, 22. Dez.
Windischgrätz hat Preßburg und das ganze Preßburger Komitat in Belagerungszustand erklärt; demzufolge: Auflösung der Nationalgarde, Ablieferung der Waffen,
Unterdrückung der Preßfreiheit, des Vereinsrechts u. s. w., kurz Alles, wie hier. Ferner ist vom 2. Armee-Kommando folgender Erlaß an den Preßburger Magistrat ergangen:
„Nachdem folgende hier namentlich verzeichnete Individuen sich der Rebellion gegen ihren gesetzmäßigen König theils schuldig, theils verdächtig gemacht haben, als: Baron Bayer, alias
Rupertus. — Fillialkassabeamter Klemm — Der Präses des demokratischen Klubs, Hr. Nikolaus Zerdahely — Zeitungsredakteur Noisser. — Buchhändler Reißbach. —
Evangelischer Prediger Razka, — so wird hiermit der gemessene Auftrag, alles bewegliche und unbewegliche Vermögen obbenannter Inkulpaten, welches sich im Bereiche der Stadt befindet, mit
gerichtlichem Beschlag zu belegen. Hingegen sind alle Individuen, welche wegen vermeinten politischen Verbrechen verhaftet wurden, unverzüglich zu entlassen, und über den Vollzug dieser Anordnung ist
mit Angabe der Namen der Entlassenen und der Ursache, wegen welcher sie verhaftet waren, die schriftliche Anzeige zu erstatten.“
In der gestrigen Reichstagssitzung, wo es sich um Bewilligung der vom Finanzminister geforderten und schließlich auch bewilligten 80 Milliönchen neue Anleihe handelte, sprach sich Borkowski,
wie folgt, aus:
„Als der Minister nach schönen Hoffnungen endlich sagte, man brauche 80 Millionen, um ins Paradies zu gelangen, stellte Zumialkowski einen würdigen Antrag, daß die Kammer es auf später
verweise; er wurde natürlich verworfen. Seit wir zusammen kamen, machen wir Schulden auf Schulden; es wäre besser auseinanderzugehen. Bei solchen Umständen ist der Absolutismus besser. Ob wir es
bewilligen oder nicht, die Staatsmaschine wird nicht in Stockung gerathen, die Regierung wird sich es schon verschaffen. Man werfe nicht ein, daß wir das Ministerium zu einem inkonstitutionellen
Schritte verleiten; wir sind heute statt eines konstituirenden ein schuldenmachender Reichstag. Die Volksvertreter werden diskreditirt. Wir verfügen nicht über Armeen, aber wir können doch die Würde
der National-Versammlung wahren. Unsere Sache ist es, gute Gesetze zu liefern; die Völker sollen sie zur Geltung bringen. Wenn sich Jemand terrorisirt glaubt, taugt er nicht zum Volksvertreter.
Täuschen wir uns nicht, die österreichische Staatsschuld ist größer, als die anderer Staaten; sie beträgt die 10jährigen Einkünfte des Staates, folglich die Hälfte des ganzen Staatseigenthums. Mag der
Staatsbankerott eintreten, wir waschen unsre Hände, wir sind nicht schuld daran; aber anders ist es, wenn wir diese 80 Millionen votiren. — Weder Rothschild noch Sina werden klingende Münze
herlegen, sondern Scheine, welche die Völker aus ihrer Tasche bezahlen müssen. Wenn die Regierung verzinsbare Schuldscheine ausgiebt, so zehrt sie an fremdem Eigenthum, und der Kommunismus ist fertig.
(Lachen.) — Die Banknoten haben schon keine entsprechenden Fonds; die alte Staatsschuld hat keinen Grund, denn der Absolutismus ist verschwunden. Papier ist Papier, wenn es auch Staatspapier
heißt, und eines Tages ist es nicht mehr werth, als überhaupt Papier. Das alte System der Schuldenmacherei sei nicht mehr unser Sündenbock.
Die Schuldverschreibungen dieser 80 Mill. werden mehr Werth haben, weil wir sie bewilligen; aber je mehr sie Glauben einfloßen, desto gefährlicher ist der verkappte Feind. Diese 80 Millionen
wären ein ewiger Blutegel; dann wird es heißen, der Reichstag hat sie bewilligt. Der Staatscredit ist immer ein Gift gewesen, das einen müßigen Schwarm ernährt. Seit 200 Jahren ist dieses System
aufgetaucht, und wie oft wurde dabei Bankerott gemacht! Der Finanzminister verspricht viel, und unterdessen ist eine Anleihe von 80 Millionen nothwendig; aber wissen Sie, was der künftige
Finanzminister sagen wird? Man hätte nichts bewilligen, keine neuen Schulden machen, keine unnützen Kriege führen sollen. (Lärm.) Ich sehe keine Hoffnung, daß Einnahmen und Ausgaben sich ausgleichen.
1846 war die Einnahme 193 Mill., 1847 war sie 144 Mill., 1849 ist sie nur 101 Mill.; also von 1846 bis 1849 haben sich die Einnahmen um 92 Mill. vermindert. Die Ausgaben haben sich vergrößert um 7
Mill.; 1846 war ein Deficit von 22 Mill., im Jahre 1847 ein Ausfall von 31 Mill., 1849 schon von 47 Mill. Die außerordentlichen Ausgaben sind für 1849 auf 59 Mill. angegeben. Sollte die Progression
fortgehen, so ist der Ausgleich ein pium desiderium. Der Muth, den Staatsbankerott auszusprechen, wäre ein kleineres Unglück, als das die Schulden zu vermehren. Man beschließe, die Zinsen der
Staatsschuld sollen auf 3 Jahre vorenthalten werden! — — Auf diese Weise könnte man neue Schulden vermeiden. Die Staatsgläubiger sollen zufrieden sein, daß sie so leicht davon kommen.
(Lachen.) Sie waren die Compagnons des Absolutismus, die Begünstigsten — Ich erlaube mir daher einen Antrag zu stellen, den ich mit meinem Gewissen vereinigen kann: Die hohe Kammer beschließe,
das Ministerium zu ermächtigen: Im Laufe 1849 eine Anleihe von [unleserlicher Text] Million Gulden zu machen, und zur Deckung der Bedürfnisse die Zinsen der Staatsschuld für 1850 und 1851 zurückzubehalten.
(Staunen.) Ich muß erklären, warum ich dennoch die halbe Million beantrage. In der Geschäftsordnung heißt es, daß kein Antrag vorgelegt werden dürfe, der den Hauptantrag annullirt“ (Lachen.
— Sein Antrag wird gehörig unterstützt.)
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24
] Wien, 23. Dez.
Heute ist hier zum Abgeordneten nach Kremsier der Ex-Reichsminister Hr. Schmerling gewählt worden. Er bekam 54 Stimmen, sein Mitbewerber, v. Pillersdorf, 32
Stimmen.
Die heutige „Wiener Zeitung“ publizirt schon wieder ein gestern vollstrecktes Kriegsurtheil. Es betraf den Fr. Stockhammer aus Botzen, Feldwebel bei dem Grenadierbataillon Richter,
das sich am 6. October weigerte nach Preßburg zu marschiren, dann Mitglied der Wiener Mobilgarde, bei der er zum Lieutenant und bald auch zum Hauptmann ernannt wurde, in welcher Eigenschaft er bis zum
30. Oct. ununterbrochen am Kampfe gegen die Truppen des Fürsten Windischgrätz theilnahm. Er wurde zum Strange verurtheilt, zu „Pulver und Blei“ begnadigt und gestern erschossen.
Man spricht heute allgemein davon, daß die Ungarn mit Macht wieder gegen Wieselburg vorgedrungen seien und die Kroaten aus dieser Stadt herausgeworfen haben. Es treffen täglich eine Masse
Verwundete in den hiesigen Lazarethen ein.
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Wien, 21. Dez.
Die Armee-Bülletins vom 17., 18. und 19. d. Mts. haben eine Stimmung in Wien hervorgerufen, welche zur Genüge beweist, wie wenig das Volk überlegt. Windischgrätz ist schon in
Carlburg! hört man aller Orten mit ungestümem Jubel ausrufen. Wir theilen diese Freude und wünschen gleich jedem Rechtlichgesinnten, daß der Kampf bald, und so viel es geht, ohne bedeutenden Verlust
beendet werden möge. Allein so unbedingt und gedankenlos in den Tag hinein zu frohlocken, sind wir außer Stande. Es ist wohl wahr, die Eingangspunkte in das eigentliche Ungarn hat man bereits
genommen. Preßburg und Eperies, Tyrnau und Oedenburg haben den kaiserlichen Truppen die Thore geöffnet, doch ist damit auch schon Alles geschehen? Eine entscheidende Schlacht ist noch nicht
geschlagen. Die Ungesäumtheit, mit welcher die Magyaren bisher den Rückzug genommen haben, ist nicht minder bedenklich, als das Zaudern des Fabius Cunctator. Man hat nicht Grund, anzunehmen, daß
Furcht und Gefühl der Schwäche die Insurgenten zum Weichen nöthige; auch die schleunige Kapitulation der genannten Städte rechtfertigt noch nicht die sanguinischen Hoffnungen der Magyarenfeinde. Es
scheint vielmehr in der Absicht der Insurgenten zu liegen, das kaiserliche Militär in das Innere des Landes zu locken, und daselbst einen Hauptstreich gegen dasselbe auszuführen. Die Privatnachrichten
lauten bereits jetzt schon umfangreicher, als die offiziellen Kriegs-Bülletins. Bei Oedenburg wurde die kaiserliche Heeresmacht von den Aufständischen überfallen und total geschlagen. Die Transporte
von Verwundeten, welche täglich über die Gränze geschickt werden, beweisen zur Genüge, daß die Unsrigen bedeutendere Verluste erleiden, als uns auf amtlichem Wege zu Ohren kömmt. Nicht jede Stadt
kostet so wenig Opfer wie Preßburg, je tiefer die Truppen in's Land eindringen werden, auf desto heftigern Widerstand werden sie stoßen, desto mehr Blut wird fließen. Wieselburg ist ein
deutlicher Beleg hievon. Erst nach einem mehrstündigen heißen Gefechte, erst nach einem anhaltend furchtbaren Bombardement ergab sich diese Stadt. Die Ungarn berechnen sehr wohl, daß Windischgrätz die
bereits genommenen Punkte nicht nur, sondern auch die gesammte Gränzlinie sammt den dieselbe deckenden Ortschaften mit Besatzung versehen müsse, welche einen nicht unbedeutenden Theil seiner
Streitmacht bilde. Sie schonen daher ihre eigenen Kräfte, um desto energischer in Hauptschlachten auftreten zu können. Daß sie sich nicht bloß auf die kleinern Gefechte beschränken werden, zeigt schon
der Schlachtplan, den sie entworfen haben. Bei Raab ist ihre Hauptmacht auf dem rechten Donauufer konzentrirt; sowohl hier als auf der Fläche, welche Egerszeg und Körmend scheidet, und auf der
zwischen Pesth und Waizen sich ausdehnenden Ebene gedenken sie dem Feinde in Schlachtordnung entgegenzutreten, und den Kampf entscheidender anzubieten. So viel ist gewiß, die ungarischen Wirren werden
keinesfalls innerhalb weniger Wochen gelöst sein. Nicht eine kleine Fraktion ist es, welche im Aufruhr sich befindet und den Kampf auf Leben und Tod eingeht. Das Wort „Szabatsag“
(Freiheit) lallt das Kind, ruft die Jungfrau, begeistert den Jüngling, entflammt den Krieger. Man glaube nicht, daß der Bauer minder begeistert sei, als der demokratische Kossuthjünger.
[(Fr.
O.-P.-A.-Z.)]
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*
] Berlin, 26. Dezbr.
Wir haben letzthin über den Zweck der hiesigen Anwesenheit des Anhaltischen Ministers Habicht berichtet und sind nun in den Stand gesetzt, unsern Lesern aus
gleich zuverlässiger Quelle die Mittheilung zu machen, daß der genannte Staatsmann den Zweck seiner Reise an unsern Hof nicht erreicht hat. Der Grund nämlich, weshalb das preußische Kabinet sich
geweigert, zur Vereinigung der beiden Anhaltischen Herzogthümer seine Einwilligung zu geben, ist die Weigerung Habichts alle ausländischen, d. h. nicht-anhaltischen Demokraten aus Anhalt zu verweisen,
— eine Forderung, welche das hiesige Kabinet als conditio sine qua non gestellt hatte. Vergebens drohte das Ministerium Manteuffel dem dessauischen Staatsmann damit, daß es bei der
Centralgewalt auf Mediatisirung der Herzogthümer Anhalt hinarbeiten und somit den in Dessau bedauerlicherweise zur Herrschaft gelangten demokratischen Unwesen (d. h. der dessauer Verfassung) ein Ende
machen werde. Habicht blieb unerschütterlich und berief sich mit größter Kaltblütigkeit auf die in Frankfurt votirten Grundrechte, welche allen Deutschen den Aufenthalt in jedem deutschen Staate als
Recht zugesteht.
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[
037
] Berlin, 25. Dez.
„Kein Stück Papier soll sich zwischen mich und mein Volk drängen“. — Doch dieses Volk wandte sich ab von dem, „der sich nie (außer
dem 18. März) imponiren ließ“. Die Kamarilla witterte Morgenluft — das Stück Papier kam und drängte sich — nicht zwischen Fürst und Volk, nein, zwischen Revolution und
Contre-Revolution! — Ach, es ist eine schöne Sache um die Schauspielkunst!!
„Alles wieder beim Alten!“ — Nur an den in Belagerungszustand erklärten Städten merkt man, daß die Revolution auch unser Vaterland besuchte. Süddeutschland mit Reichstruppen
überschwemmt; statt der Volksbewaffnung die Vermehrung der stehenden Heere; in Preußen die oktroyirte Verfassung statt der aus dem Volkswillen hervorgegangenen Nationalversammlung. Alles andre beim
Alten!
Sie erinnern sich doch der Ausweisung Hecker's und Itzstein's! Das Stück wird jetzt en gros ausgeführt. (Doch alles beim Alten!) Was haben wir überhaupt durch die Revolution
gewonnen?? — Schöne Frage! — Ein Volk, das eine Revolution nicht zu Ende führt, hat gar keine gemacht. — Haben wir aber doch z. B. Religionsfreiheit! — Pah — Luisen
Aston wurde als „Atheistin“ vor einigen Jahren ihr Kind — von der Obervormundschaft (!) aus den Armen gerissen. Justizrath Gerlach bemerkte ihr damals im Gerichtssaale,
indem er ihr die Tochter vom Busen riß: „Sehen Sie, nun lernen Sie an Gott glauben!“ Das Kind wurde von den Beamten des ächt christlich-germanischen Staates der
„frommen“ (!) Stiefmutter — (was sage ich? — nein, der „Schwester“ des Sam. Aston) zur „frommen, gottgefälligen Erziehung gegeben. — Das
konnte vor der Märzrevolution geschehen, das konnten jene Geist- und Körpertödtenden Frömmler thun; das Kind der „nicht frommen“ Mutter nehmen und es der „frommen
Betschwester“ — einer — — — (nun meinetwegen) „Schwester“ (!) des Vaters geben. Alles „zur größeren Ehre Gottes!“ Doch der März
kam und alle hofften auf die schönen Früchte der Revolution! Wie bescheiden war das Hoffen einer unglücklichen Mutter — endlich ihr einziges Kind aus den Heuchlerklauen, aus dem Intriguennetze
befreien zu können! Das Recht schien wieder Geltung zu bekommen; wie sollte Aston, die von der „willkührlichen Gewalt“ oder der „gewaltigen Willkühr“ so viel zu dulden
hatte, nicht hoffen, daß auch bei ihr die „Rache“ vollendet sei. Indessen starb auch Luisens Gatte, Sam. Aston. Sie wollte nun ihr Kind, ihre Tochter wieder haben.
Doch — trotz der „Märzerrungenschaften“, trotz der oktroyirten Verfassung, trotz der Religionsfreiheit bekam Louise Aston ihr Kind nicht! Sie wollte es nur sehen
— das königl. Stadt- und Landgericht in Burg verfügt den 8. November 1848: „Louisen Aston ihre Tochter Jenny durch — — die — „Schwester“ Fanny Aston
zuzuführen, nachdem Herr Dr. Maizier die etwa entgegenstehenden Hindernisse beseitigt habe!“
Kurz — die Mutter durfte das nunmehr vaterlose und durch die „gottesfürchtigen Gerichte“ auch mutterlose Kind nicht einmal sehen! Das geschah 8 Monate nach der Märzrevolution!
— Alles beim Alten!
Nur die „Gläubigen“, die Menschen „für Gott und Vaterland“ haben ein Recht zu existiren. Alle andern sind geächtet.
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Berlin.
Dem geheimen Ober-Revisionsrath Esser ist am 22 Dezember folgendes Schreiben zugegangen:
Ew. Hochwohlgeboren werden bei Ihrem Wiedereintritt in unser Kollegium, an der Begegnung, welche Ihnen von sämmtlichen Mitgliedern desselben zu Theil wurde, wahrgenommen haben, wie wenig dieselben
mit Ihrem Verhalten als Mitglied der National-Versammlung einverstanden sind. Wir hätten uns auf diesen Ausdruck unserer Gesinnung beschränkt und es abgewartet, welchen Erfolg derselbe auf Ihren
Entschluß ausüben würde; da inzwischen ein solcher bis jetzt uns nicht bekannt geworden und die Maßregeln anderer Gerichtshöfe in Beziehung auf ihre sich in ähnlicher Lage befindenden Mitglieder bei
längerem Schweigen uns der Deutung aussetzen könnten, als ob wir Ihre Handlungsweise in jener Eigenschaft nicht mißbilligten, so sehen wir uns genöthigt, Ihnen zu erklären, wie sehr wir es beklagen,
daß ein Mitglied des höchsten Gerichtshofes der Rheinprovinz die von Ihnen befolgte Richtung eingeschlagen hat.
Berlin, den 20. Dezember 1848.
(gez.) Sethe. Jaehnigen. Graun. Liel. v. Oppen.
Brewer. v. Daniels. Frech. Schnaase.
An den königl. geh. Ober-Revisionsrath Herrn Esser Hochwohlgeboren.
Das Antwortschreiben des Herrn geh. Ober-Revisionsraths Esser lautet:
Auf die Zuschrift Ew. Excellenz, der Mitglieder des Revisions- und Kassationshofes und des Generalprokurators vom 20. d. M., welche mir zuerst durch die Zeitung bekannt wurde, habe ich die
Ehre, Folgendes zu erwidern.
Wohl ist mir bei meinem Wiedereintritt in das Kollegium das Benehmen meiner Kollegen auffallend erschienen. Aus Rücksicht auf den Dienst hielt ich mich jedoch für verpflichtet, dies ungerügt zu
lassen.
Jetzt sprechen meine Kollegen es aus, daß sie durch jenes Benehmen einen Entschluß von meiner Seite provociren wollten.
Dies Motiv hatte ich nicht voraussetzen können; ich hatte geglaubt, meine Kollegen würden darin mit mir übereinstimmen, daß eine unparteiische Rechtspflege unabhängig ist von den politischen wie
von den religiösen Ansichten des Richters.
Weil ich schwieg, glauben meine Kollegen deutlicher sprechen zu müssen, sie glauben dem Beispiele anderer Gerichtshöfe folgen zu müssen, um sich vor Mißdeutungen zu bewahren; sie beklagen laut und
öffentlich, daß ich, ein „Mitglied des höchsten Gerichtshofes der Rheinprovinz,“ in meiner Eigenschaft als Abgeordneter „die von mir befolgte Richtung“ eingeschlagen
habe.
Also nicht Thatsachen werfen meine Kollegen mir vor; zum Vorwurfe wird mir gemacht, daß ich eine Richtung eingeschlagen habe, welche von derjenigen abweicht, die meine Kollegen als
Abgeordnete befolgt haben oder befolgt haben würden. Meine Antwort ist kurz; — ich spreche dem Kollegium jede Befugniß ab, die Thätigkeit seiner Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete
zu überwachen; ich spreche dem Kollegium jede Befugniß ab, einen politischen Gewissenszwang gegen seine Mitglieder auszuüben.
Wegen meiner Ansichten und Abstimmungen als Abgeordneter bin ich auf Erden nur meinem Gewissen verantwortlich. In mir lebt die Ueberzeugung, daß ich meine Pflicht treu und gewissenhaft erfüllt
habe. Darum kann selbst die Mißbilligung meiner Kollegen nicht geeignet sein, irgend einen Entschluß auf meiner Seite hervorzurufen.
Ew. Excellenz ersuche ich ganz ergebenst, diese meine Antwort den Unterzeichnern des Schreibens vom 20. d. M. gefälligst mittheilen zu wollen.
Berlin, den 23. Dezember 1848
Esser.
An den wirklichen geheimen Rath Chef-Präsidenten Herrn Sethe Excellenz.
Auch von Seiten der bei dem Hofe fungirenden Anwälte, der Advokaten Reusche, Volkmar und Dorn, ist ein Schreiben an den G. O. R. R. Esser abgesandt worden. Dasselbe lautet:
Geehrter Herr!
Der Präsident und die Mitglieder des Revisions- und Kassationshofes drücken in dem an Sie gerichteten Schreiben vom 20. d. M ihre Mißbilligung über das von Ihnen eingeschlagene Verhalten als
Mitglied der Nationalversammlung aus; sie erklären, daß sie bereits durch die Art der Begegnung bei Ihrem Wiedereintritt in das Collegium ihre abweichende Gesinnung zu erkennen gegeben und durch
diesen Ausdruck ihrer Gesinnung einen Entschluß auf Ihrer Seite herbeizuführen erwartet hätten.
Die unterzeichneten Anwälte des Hofes glauben im Interesse des Recht suchenden Publikums, welches sie repräsentiren, nicht schweigen zu dürfen; sie glauben die Bitte aussprechen zu müssen, daß
selbst die in Worten ausgedrückte Mißbilligung Ihrer Collegen Sie nicht zu einem Entschlusse führen möge, welcher Trauer in der Rheinprovinz verbreiten würde. Das Vertrauen zum Richter wird nicht
bedingt durch die Uebereinstimmung politischer Ansichten. So wenig unser Vertrauen zu einem andern Mitgliede des Hofes wankend geworden ist, welches als Mitglied der Nationalversammlung, unzweifelhaft
gleich Ihnen durch innere Ueberzeugung geleitet, eine entgegengesetzte Richtung eingeschlagen hat; ebenso wenig kann auf Seiten Andersgesinnter das bisherige unbegränzte Vertrauen in Ihre richterliche
Unparteilichkeit geschmälert sein.
Wir bitten, dies bei Fassung desjenigen Beschlusses, zu welchem Sie durch das Schreiben Ihrer Collegen veranlaßt werden könnten, in Erwägung zu nehmen; wir bitten um so mehr dies in Erwägung zu
nehmen, als es sich hier um den wichtigen Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und Unabsetzbarkeit handelt.
Indem wir diese Rücksichten Ihnen an's Herz legen, sprechen wir die zuversichtliche Hoffnung aus, daß Sie keinen Entschluß fassen werden, welcher die Lösung Ihres amtlichen Verhältnisses
bezwecken könnte.
Berlin, den 22. December 1848.
gez. Reusche. Volkmar. Dorn.
An
den Geheimrn Ober-Revisions-Rath
Herrn Esser
hier.
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20
] Aus dem Reich.
In Hamburg „tagt“ die konstituirende Versammlung mächtig fort, nachdem sie sich mit ihren Patriziern vereinbart und einige diplomatische Redensarten
von wegen des Eides dankerfüllt entgegengekommen hat. — In Rheinhessen lassen sich's unsere „Reichstruppen“ wohl sein. Die Herren von und ohne Gottes Gnaden schicken ihre
Söldlinge dorthin, damit letztere sich ausfüttern und die Einwohner ruiniren helfen. In Worms sind die Herren „Reichstruppen“ so gütig, mehr Quartierbillets zu entnehmen, als
„Leute“ da sind. „'s hoat Alls sei gute Grund,“ sagt der Schlossergesell in dem bekannten Liede. Wenn die alten Einquartirungsbillets nicht mehr taugen, so wird das
Datum ausradirt und durch ein neues ersetzt. Das hat in diesen Tagen Worms erfahren, ja viel Schlimmeres! Trotzdem sind die Wormser ruhig, bei einem andern Volk würden die Herren Reichstruppen
mit Mistgabeln etc. hinausgejagt. Wir Deutsche sind froh, daß man unsere Kartoffeln, unsern Most etc. von Seiten der
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
[0976]
@type | jAnnouncements |
@facs | 0976 |
Rheinhöhe.
Am 28. Dezember 1848 4′ 7″
Bekanntmachung.
Die städtische Speiseanstalt in der Kreuzgasse hierselbst wird am 3. Januar k. J. eingehen. Dagegen soll in dem Hause der Armen-Verwaltung (Cäcilienstraße Nro. 28) vom 1. Januar k. J. ab, bis zum
Ablauf der Wintermonate den unbemittelten Bürgern von Morgens 10 bis Nachmittags 6 Uhr Suppe gegen Vergütung von 8 Pfenningen per Quart, verabreicht werden.
Köln, 28. Dezember 1848.
Das kön. Oberbürgermeister-Amt.
Bekanntmachung.
Bezüglich der nach Abfahrt der Schiffbrücke hergestellten Schalden-, Nachen-und Dampfschifffahrt zwischen Köln und Deutz wird hiermit dem betheiligten Publikum in Erinnerung gebracht, daß sowohl
bei Tage als bei Nacht nur das gewöhnliche Brückengeld zu zahlen ist, welches von den betreffenden königl. Steuerbeamten erhoben wird.
Alle sonstigen Arten von Gelderhebungen, sei es durch das Aufsichts-Personal oder durch die Fährleute sind ungesetzlich, und wie in früheren Jahren auf das Strengste verboten. Hoffentlich wird das
geehrte Publikum zur Aufrechthaltung dieses Verbotes sein Möglichstes beitragen.
Die Dampfschifffahrt zwischen beiden Ufern währt von Morgens 7 Uhr bis Abends 10 Uhr.
Köln, den 23. Dezember 1848.
Königl. Brücken-Verwaltung.
Ein Soldat der nach Schleswig-Holstein ausmarschirt gewesenen Badischen Truppenabtheilung soll am 8. Okt. [unleserlicher Text] bei dem Durchmarsche hier in Köln in dem Hause wo er einquartiert war, ein Leintuch
entwendet haben und ist dieserhalb gegen denselben Untersuchung eingeleitet worden, Den bisher unbekannten Bestohlenen ersuche ich Behufs seiner Vernehmung bei dem Unterzeichneten auf Nro. 31 des
Landgerichts an einem der nächsten Wochentage Morgens zwischen 9 bis 12 Uhr sich einfinden zu wollen.
Köln, den 27. Dezember 1848.
Der Untersuchangsrichter, Kratz.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Samstag den dreißigsten Dezember 1848, Morgens 10 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Heumarkte an der ehemaligen Börse zu Köln, Tische, Stühle, Sophas, eine Fournaise, Kleiderschränke,
Bettstellen, Kommoden etc., öffentlich an den Meist- und Letztbietenden gegen gleich baare Zahlung verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Lustig.
Die Unterzeichneten beabsichtigen für die Dauer der Wahlen ein Blatt Den demokratischen Urwähler in zwanglosen Nummern herauszugeben, als Organ der demokratischen Partei bei den Wahlen des ganzen
Landes. Wir werden darin, wie sich von selbst versteht, die Grundsätze der Demokratie verfechten, in diesem Sinne auf die Wahle einzuwirken und durchzusetzen suchen. Ein Erfolg ist jedoch nur dann
möglich, wenn wir von der ganzen Partei in der Verbreitung des Blatteä sowie durch Mittheilungen wichtiger Thatsachen, die auf die Wahlen von Einfluß sind, unterstützt werden.
Der „demokratische Urwähler“ erscheint vorläufig 1-2 mal die Woche, später bei heranrückender Wahlzeit nach Bedürfniß öfter. Die einzelnen Nummern sind zu einem Silbergroschen in
allen Buchhandlungen zu haben, namentlich aber vorräthig in folgenden: Berlin Reuter u. Stargardt; Brandenburg A. Müller; Cottbus C. Meyer; Frankfurt a. O. Koscky u. Comp.; Guben E. Berger; Landsberg
Schäffer u. Comp.; Potsdam Hordatsch; Buchh.; Cöslin C. G. Hendeß; Greifswald L. Bamberg; Stettin Fr. Nagel; Stralsund A. Volkmann; Posen W. Stefanski; Königsberg Th. Theils; Danzig F. A. Weber; Thorn
E. Lambeck; Aachen H. Benrath; Barmen W. Langewiesche; Bonn T. Habicht; Coblenz J. Hölscher; Cöln A. Bädecker; Crefeld Funcke u. Müller; Düsseldorf Buddeusz Elberfeld J. Bädecker; Trier C. Troschel.
Wesel Becker; Erfurt Keyser; Halberstadt R. Franz; Halle G. C. Knapp; Magdeburg E. Bänsch; Mühlhau; sen F. Heinrichshofen; Naumburg W. Cursch; Nordhausen W. Köhme; Quedlinburg H. C. Huch; Breslau Ed.
Trewendt; Brieg J. F. Ziegler; Glogau C. Flemming; Görlitz Heinge u. Comp.; Hirschberg M. Rosenthal; Liegnitz C. E. Reisner; Neisse Th. Hennings; Schweidnitz L. Heege; Arnsberg H. Fr. Grote; Bielefeld
A Helmich; Hamm C. Wickenkamp; Minden Keiser u. Comp.; Paderborn W. Brüwell.
Einzelne, welche sich für die Verbreitung des Blattes intrressiren, sowie politische Vereine, könuen ferner Exemplare, — jedoch nicht unter 20 — direkt von der Expedition in Halle auf
frankirte Bestellunnen franco gegen Postvorschuß erhalten.
Halle, den 20. Dez. 1848.
D'Ester. A. Hexamer. Reichenbach.
VAN EETEN & Cmp. in Antwerpen.
Nachfolger des Herrn JULES VAN EETEN.
Bureau zur Beförderung Auswanderer nach Amerika.
Regelmässige Schifffahrt zwischen Antwerpen und New-York für Passagiere und Güter, durch schöne Kupferbodene u. kupferfeste gut seegelnde Dreimast-Schiffe, deren Namen zur Zeit werden angezeigt
werden.
Die Abfahrten von Antwerpen sind auf den 1., 10. und 20. jeden Monats bestimmt, und nehmen vom 1. März 1849 Anfang
Diese Gesellschaft übernimmt den Transport der Auswanderer nach Amerika mit oder ohne Beköstigung für jede oben erwähnte Abfahrt während 1849, und liefert auch Contrakte für alle Plätze ins innere
der Vereinigten Staaten per Eisenbahn und Dampfschiffe, und expedirt ebenfalls Schiffe nach Baltimore, New-Orleans, Galveston, Rio-Grande, Rio-Janeiro etc.
Nähere Nachricht ertheilen auf frankirte Anfragen die Herren VAN EETEN et Comp. in Antwerpen, und alle Agenten dieser Gesellschaft in Deutschland.
Antwerpen, den 18. December 1848.
VAN EETEN et Comp.
NB. Man wünscht noch einige respektable Agenten, welche im Stande sind eine genügende Caution zu stellen.
Frischer Schellfisch, Kabelgau, geräuchter Salm, bei Veith Lindgasse Nr. 1.
Ein Kleiderschrank, Nachtskomödchen, Stühle, Arbeitstischchen. gepolsterte Fußbänkchen, Kinderbettlädchen, billig zu haben, Mühlengasse Nr. 10.
Einladung zum Abonnement auf die „Freien Blätter.“
Dieselben erscheinen von Neujahr ab mit interessantem Feuilleton, wöchentlich 3 Mal, und zwar: Sonntag, Mittwoch und Freitag. Die Richtung der Blätter ist eine durchaus demokratische und bieten sie
außer raisonirenden Artikeln, das neueste und wichtigste aus der Tagesgeschichte. Der Preis für Köln und nächste Umgebung ist auf 18 Sgr. festgesetzt; — durch die Post bezogen auf 22 Sgr. 6 Pf.
per Quartal (für das Ausland kommt der ermäßigte Postaufschlag hinzu). Insertionen werden zu 6 Pfennige die Zeile aufgenommen, wozu sich die Blätter ihrer ansehnlichen Verbreitung wegen, besonders
eignen. Beiträge nach der Tendenz der Blätter nimmt die Redaktion dankbar entgegen.
Bestellungen beliebe man in Köln unter Hutmacher Nro. 17; auswärts bei der nächsten Postanstalt baldigst zu machen.
Köln, im Dezember 1848.
Die Expedition.
Einladung zum Abonnement uf die Dresdner Zeitung.
(Wahlspruch: „Des Volkes Wille ist Gesetz!“)
Organ der Demokratie, redigirt von Lindeman und Wittig.
Zwar noch nicht drei kurze Monate alt, hat unsere Zeitung dennoch bereits im In- und Auslande eine so zahlreiche Verbreitung gefunden und ist so ehrenvoll von bewährten Blättern unsrer Partei
genannt worden, daß wir wohl der Hoffnung Raum geben dürfen, den Kreis unsrer Leser mit Neujahr noch erweitert zu sehen. Durch Gewinnung tüchtiger Korrespondenten in allen Theilen Deutschlands, so wie
durch rascheste kritische Mittheilung der bevorstehenden Verhandlungen der ersten wahrhaft sächsischen Volksvertretung werden wir das Unsrige dazu beitragen, dem Banner der Demokratie in immer
weiteren Kreisen Anerkennung zu verschaffen. Der Preis des Vierteljahrs ist 1 Thlr., und nehmen alle Postämter Bestellung darauf an. Anzeigen aller Art werden mit 6 Pfg. die gespaltene Zeile oder
deren Raum berechnet. Die Dresdner Abonnenten, so wie die in Leipzig in der Buchhandlung von Mathes abonnirenden erhalten das Blatt unentgeldlich zugeschickt.
Dresden, den 18. Deze. 1840. Die Redaktion der Dresdner Zeitung.
Central-Verein für Auswanderung.
Bei dem für nächstes Frühjahr voraussichtlich großen Andrange der Auswanderer zu den Hafen-Städten dürften sich die Ueberfahrtspreise nach den überseeischen Ländern nicht nur wesentlich steigern,
sondern auch die Schiffsgelegenheiten sehr gesucht werden.
Wir haben uns deßhalb veranlaßt gesehen, uns schon jetzt Schiffe 1. Klasse zur Abfahrt von Bremen am 1. und 15. März k. J. zu sichern und sind dadurch im Stande, feste Kontrakte zu sehr mäßigen
Preisen abzuschließen
Indem wir Auswanderer hierauf aufmerksam machen, bemerken wir, daß die näheren Bedingungen, so wie der Prospektus des Vereins in unseren Geschäfts-Lokalen und auf allen unseren Agenturen
unentgeltlich entgegen genommen werden können.
Köln, Hof Nr. 20, Düsseldorf, Hohestraße Nr. 914, den 29. Nov. 1848.
J. A. Roeder.
Ch. Fremery.
L. Spiegelthal.
Im neuen Laden, Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatz, werden verkauft:
Feinstes Tuch und Buckskin neueste Dessins, die ganze Hose 2 bis 4 1/2 Thlr. Westenstoffe, neueste Muster von 8 Sgr. bis 1 3/4 Thlr. Winterpaletots in Düssel zu 3 Thlr. 20 Sgr. bis 5 1/2 Thlr.
Bournousse in feinem Tuch von 8 bis 14 Thlr. Unterhosen und Unterjacken von 15 Sgr. bis 1 1/2 Thlr. Cravatten in Atlas und Lasting, Herren-Shwals in Atlas, Seide und Wolle, Schlipse in allen Sorten,
viereckige, schwerseidene Tücher zu äußerst billigen Preisen.
Regenschirme in schwerer Seide von 2 Thlr. 10 Sgr. bis 3 Thlr. 15 Sgr. Zeugschirme, 22 Sgr. bis 1 Thlr. 15 Sgr.
Gebrauchte Schirmgestelle werden in Zahlung genommen.
Alle Sorten Handschuhe von 2 Sgr. bis 15 Sgr.
Die Waaren werden wirklich so billig verkauft, wie die Preise angegeben sind.
Joseph Sacks aus Frankfurt a. M., im Hause des Herrn Johann Maria Farina, gegenüber dem Jülichsplatz.
Frischer Honig per Pfund 4 Sgr. in Partieen billiger, zu haben Severinstraße Nr. 156.
Feinster Punschsyrup. Rum, Cognac, Arrak. Holl. Liqueure.
Sternengasse Nr. 9 & 11.
25 jähr. Kornbrantwein.
Sternengasse Nr. 9 & 11.
Aechtes Kitzinger Bier empfiehlt bestens D. Gräser, Zollstraße Nr. 19.
Herrenkleider werden gewaschen und reparirt, Herzogstraße Nr 11
Ein der besten und schönsten Pariser Pianino von Palisanderholz ganz neu; zwei dito die wenig gebraucht sind; ferner 6 Stück der besten Geigen und 2 Altgeigen, zu haben bei J. P. Hosvelt Höhle Nr.
35.
Ostender-Austern-Depot für Deutschland.
Grosse Budengasse Nr. 1 in Cöln.
Fortwährend werden daselbst nebst vielen feinen geräucherten und gesalzenen Fischen, nachstehende Sorten Austern zu den beigesetzten Preisen verabreicht:
Kleine Austern | à | Sgr. 25 | p. | 100 |
Grössere Austern | à | Sgr. 28 | p. | 100 |
Mittlere | à | Thlr. 1 1/4 | p. | 100 |
Gemastete | à | Thlr. 2 | p. | 100 |
Deutscher Privat- und Familien-Gasthof, London, Nr. 38 Finsburysquare, J. F. Klein, beehrt sich, seinen Freunden und Bekannten in Deutschland anzuzeigen, daß er den obigen, schon seit einigen
Jahren auf das vortheilhafteste bekannten, in einem der vorzüglichsten, angenehmsten und gesundesten Theile der Stadt, dicht bei der Bank, der Börse und den Comptoirs der Großhändler und Banquiers
gelegenen Gasthof für alleinige Rechnung übernommen hat, und empfiehlt sich zu fernerem geneigten Zuspruch, unter der Versicherung, daß Zimmer, deutsche und aufmerksame Bedienung, Kost und Billigkeit
der Preise nichts zu wünschen übrig lassen sollen.
Zuverlässige und der fremden Sprachen mächtige Lohnbediente sind stets zur Begleitung der Herren Fremden bereit.
Man bittet, die Hausnummer Nr. 38 besonders genau zu beachten.
Samstag den 30. Dez. Morgens 10 Uhr, zu Friesheim, bei dem Wirth Herrn Wierz, Versteigerung von 31 Loosen Schlagholz und 13 Loosen Stammholz in den freiherrlich von Eltz'schen Büschen.
Nähere Nachricht auf dem Hof zu Kuhlleggen und bei dem Förster Hemmersbach zu Friesheim.
Das erste große Vokal- und Instrumental-Concert (zum wohlthätigen Zwecke) vom Bürger-Musikchore und Singvereine unter Leitung des Lehrers Hrn. Herx findet heute Freitag den 29. Dezember c. auf dem
Theater bei Stollwerck Statt.
Concertant-Vorträge für verschiedene Instrumente und Gesang-Piecen werden durch mündliche Vorträge abwechseln. Karten per Subseription sind à 10 Sgr und an der Kasse à 15 Sgr. bei
Stollwerck zu haben. Anfang 7 Uhr.
Die Direktion.
Demokratische Gesellschaft.
Versammlung heute Freitag den 29. Dezember, Abends 7 Uhr bei Wwe. Eiser, Komödienstraße.
Es wird hierbei bemerkt, daß die Anzeigen für unsere Gesellschaft ferner nur in der N. Rh. Ztg. und im Fremdenblatt gemacht werden.
Der Vorstand.
Täglich frisches Maschinenbrod
Ferd. Freiligraths neuere politischen und socialen Gedichte.
1 Bdchen. 8. eleg. geh.
Preis 15 Sgr. sind so eben erschienen und in allen Buchhandlungen, die Exemplare bestellten, vorräthig.
Fl. Schuster St. Louis.
Dieselben sind auch in Köln auf der Expedition der „Neuen Rhein. Ztg.“ zu haben.
Gasthof-Empfehlung.
Hiermit die ergebene Anzeige, daß ich meine Restauration derartig eingerichtet habe, daß, anstatt der bisher bestandenen table d' hôte. resp. Abonnenten-Tisches, wie in andern großen Städten
täglich von 12 bis 2 Uhr Mittagsessen a la carte, zu billigem Preise verabreicht wird. Gleichzeitig empfehle ich meine Gastwirthschaft, gute und billige Weine, so wie meine Abends-Restauration
auf's beste.
Köln, den 15. Dezember 1848.
Friedrich Knipper, im Pfälzerhof, Appellhofplatz Nro. 17.
Casino-Ball-Gesellschaft.
Der dritte Casino-Ball findet Sonntag den 31. Dezember Statt und beginnt um 7 Uhr
Karten für Fremde zu diesem Balle, sind gegen schriftliches Ersuchen eines Mitgliedes der Gesellschaft, am Tage des Balles, Vormittags von 4-5 Uhr in dem unteren Lokale des Casino (beim Eintritt
rechter Hand) in Empfang zu nehmen.
Köln, den 28. Dezember 1848
Die Casino-Ball-Direktion.
Hermann, der deutsche Volkswächter in Rheinland-Westfalen welcher jüngsthin auch für Köln ein specifisches Interesse erhalten, empfiehlt sich seinen zahlreichen Lesern auch für das Kriegsjahr 1849.
— Erscheint wöchentlich dreimal. 1/4 jährl. Preis auf allen Posten 26 1/4 Sgr. Inserate per Zeile 1 Sgr.
Die Expedition in Hamm.
Holz-Verkauf.
Am Freitag den 29. d. M., Morgens 9 Uhr, sollen bei dem Wirthen Overlöper zu Eppinghoven aus den Waldungen des Rittersitzes Wohnung:
1) 80 Nrn. Eichenbäume von besonderer Schwere und Länge,
2) 43 Nrn. Schlagholz mit Eichenbäumen und Eichen-Heistern vermischt,
3) 39 Nrn. Schlagholz,
öffentlich auf Kredit gegen Bürgschaft verkauft werden. Der Privatförster Boll weist den Kauflustigen das Holz auf Verlangen näher an.
Haus Wohnung bei Dinslaken, 14. Dez. 1848.
Van Koolwyk, Rentmeister.
Tapeten und Borden eigener Fabrik, empfiehlt zu billigen Preisen Pet. Jos. Krebs, Apernstraße Nro. 20-22.
Für Herren neueste französische und englische Kragen sind Obenmarspforten Nro. 42 zu haben.
„Zur deutschen Fahne“ Höhle Nr. 15. wird außer Bairisch und Kölner-Bier ein guter Wein die Flasche zu 3, 6 und 10 Sgr., so wie gutes Mittagessen zu 4 Sgr. eine Treppe hoch im
Speisezimmer Portionen zu 2 1/2 Sgr. verabreicht, sodann können auch noch einige Einsätze für Mittagessen gut und billig bedient werden.
Ein Blasbalg nebst Ambos billig zu verkaufen. Gereonsmühlengasse Nr. 17
Sarg-Magazin.
Die schönsten eichenen zu 10 Thlr., tannenen 1 Thlr. 15 Sgr., Kinder-Lädchen 10 Sgr., Mühlengasse Nr. 10 bei Schmidt
Baudev.-Theater in Köln.
Vom 1. Januar 1849 werden Abonnements à drei Thaler für 12 Vorstellungen nur für den ersten Platz ausgegeben.
Franz Stollwerck.
Baudev.-Theater in Köln.
Jeden Sonn- und Feiertag bis Carneval ist der Anfang des Theaters um 5 Uhr.
In den Wochentagen bleibt der Anfang wie gewöhnlich um 7 Uhr.
Franz Stollwerck.
Theater-Anzeige.
Freitag den 29. Dezember 1848:
Der Barbier von Sevilla.
Komische Oper in 2 Akten von Rossini.
Rosine, Frl. Auguste Marpurg als Gast.