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061
] Wien, 20. Dez.
Die Verurtheilungen wegen „Zusammentreffen von Umständen“ dauern fort, werden aber von unsern Standrechtsblättern ignorirt, nachdem sie offiziell
in der Wienerin erschienen. Der Sohn eines Hofraths, den der Vater selbst denunzirt haben soll, ist zuletzt zu 12 Jahren Festung mit Eisen begnadigt, der Tischlergeselle Schwind aus Baiern aber
zu 6 Monaten Robstockhaus mit Eisen aus dem Grunde verurtheilt worden, weil er unterlassen hatte, anzuzeigen, daß ein gewisser Dewald auf dem Boden ein Gewehr versteckt gehalten. — Um
die Bourgeoisie über die standrechtlichen Zustände hinaus zu unterhalten, hat das Ministerium Handelskammern errichtet, die Wünsche aussprechen dürfen; es hat damit zugleich im Prinzipe das maximum
des zukünftigen Vereinsrechts ausgesprochen. Der Reichstag muß noch immer Geschäftsordnung berathen, und nebenbei den Hans Jörgel spielen; die Feiertage werden ihn vollends beseitigen.
Der „jugendliche“ Kaiser (offizieller Titel), hat den Serben einen Patriarchen und Woiwoden bewilligt, damit sie besser losschlagen; der erstere heißt Joseph Razacsich, ein
geistlicher Bandit, der andere Suplikatz de Vitrz desgleichen ein weltlicher; die geforderten Rechte sollen, wie immer, nachfolgen. — Die Büreaukratie wird durch neue aristokratische
Ernennungen, wie der Lloyd sagt, der Neuzeit entgegengeführt, die Bourgeoisie wird eine Korn- und Mehlbörse erhalten; der Belagerungszustand, wie ich ganz sicher erfahre, wird niemals aufgehoben
werden, obgleich vielleicht das militärische Unwesen mit dem Civilunwesen nach und nach wieder vertauscht werden dürfte. Wer sich noch von Ertheilung einer Verfassung etwas träumen läßt, der träumt in
der That; unter dem Vorwande der Vorbereitung für's Neue soll Alles beim Alten gelassen, ja wieder hineingetrieben werden. Zur Köderung der Bourgeoisie und des dummen Deutschlands wird es aber
an schönen Redensarten à la preußische Verfassung vielleicht nicht fehlen. Man gibt eine solche auf dem Papier, steckt unter dem Vorwande, es seien Anarchisten, alle Freiheitskämpfer ein, oder
verfolgt sie, und hält mittlerweile alle Städte unter dem Belagerungszustande. Am 18. hatte eine Wahlbesprechung des ersten Bezirks statt; nur Grafen durften das Wort nehmen; Herr Schmerling wird
vielleicht die Ehre haben, gewählt zu werden. Der Abgeordnete Violand bestreitet in einem Schreiben vom 17. Dez. den Wahlmännern das Recht, ihm ein Mißtrauensvotum mit dem Befehl der
Resignation zuzusenden, weil er keins seiner Versprechen unerfüllt gelassen. Die Wiener Zeitung bringt außer dem gewöhnlichen Standrechtsgeheul fast nur drei Worte: Wehmuth aus allen Orten
wegen der Abdikation, Jauchzen aus allen Orten wegen der Thronbesteigung, und Truppen; die Truppen müssen ex officio beide haben, weil sie sonst schwerlich aufzufinden wären. Unter dem
Aushängschilde: „Wiener Gedanken eines von Frankfurt Heimgekehrten“, enthält das bekannte Abendblatt, welches sich besser Uhu- oder Eulenblatt nennen sollte, einen über alle Maßen
niederträchtigen Aufsatz über Blum. Der standrechtliche Verfasser hat zwar nur Wiener Gedanken, wie er selbst sagt, was einen völlig beruhigen könnte, weil die Gedanken des alten Wiens
mit den Vapeurs der Moräste und Misthaufen bekanntlich in gleichem Rang stehen, ich muß Ihnen aber dennoch einige herausheben. Zuerst wird Blum's Persönlichkeit schlecht gemacht:
„Lampenanzünder, unansehnlich von Figur, klein, dick, wohlgenährt, gut gefärbte Wangen, Stülpnase, dicke Lippen, epikuräischer Klosterbruder“ sind hier des Wiener's glänzendste
Gedanken. Dann wird gesagt, Blum habe von seinen Wählern ein mit 10,000 Unterschriften versehenes Mißtrauensvotum erhalten; er sei für die rothe Republik, für die Sache des Mordes aus dem Parlamente
geschieden und hieher geeilt; Fröbel habe bei seiner Begnadigung die Thränen eines schwachen Weibes geweint, und das sonderbare Versprechen gegeben,
ein ehrlicher Mann zu werden;
Blum's letztes Wort: Er sterbe für die Freiheit! sei ein Irrthum gewesen, weil nicht die Knechtung über ihn gesiegt habe, sondern die staatliche Ordnung eines konstitutionellen Monarchen in ihm
die Lehren der rothen Republik aus dem Felde geschlagen.
Darauf wird Blum's Ermordung mit dem völkerrechtlichen Bund von 1815, an dem auch das jetzige Ministerium noch festhalte, gerechtfertigt und somit das Gesetz vom 30. Sept. 1848, ja die ganze
deutsche Revolution geleugnet. Schließlich heißt es: „Blums Tod ist eine sehr geringe Sühne für die Opfer, die die Demokratie hingeschlachtet. Doch weg mit diesem ehrwürdigen Namen! Washington
und Franklin würden sich feierlichst verwahren gegen die Gleichstellung mit einer Partei, die den Verrath übt und den Mord u. s. w. “ Mit solchen Sudeleien will man Blums Andenken hier im Volke
schänden, aber es gelingt nicht.
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!!!
] Frankfurt, 22. Dezember.
Sitzung der Nationalversammlung.
Hr. Simson ist von Berlin zurückgekommen und sitzt auf dem 2000-Guldenstuhle.
Mit etwa folgenden ewig denkwürdigen Worten eröffnet derselbe die heutige Sitzung: „Die Fortentwickelung der Geschicke Deutschlands, untrennbar (!) an diese hohe Versammlung gebunden, hat
einen unersetzlichen Mann (damit ist Gagern gemeint) von dieser Stelle gezogen, und die verödete Stätte ist nach lange schwankender Wahl auf meine Person gefallen. Mit dem freudigen Muth (!!!), den
ich von meiner Mission zurückbringe, will ich das mir geschenkte Vertrauen zu rechtfertigen suchen. Möchte, wenn wir den 1. Januar 1849 zu einer neuen Wahl schreiten, unsere Aufgabe —
Deutschland Freizeit, Ordnung und Einigung zu bringen, vorangeschritten sein u. s. w. (Dünner Beifall des sehr dünn besetzten Hauses).
Moritz Arndt zeigt mit sehr vielen Worten einen Bericht über einen Rauwerkschen Antrag in den lombardischen Angelegenheiten an. Von den vielen Worten verstehe ich nur das letzte, es lautet:
Tagesordnung!
Der Kriegsminister Peucker läßt melden, daß er auf die an ihn gerichteten Interpellationen nach den Feiertagen antworten wird.
Die Tagesordnung führt zum Büdget. Die Ministerbank ist ganz besetzt.
Der Finanzausschuß in seiner Majorität beantragt bezüglich dieses Büdgets, die National-Versammlung wolle
1. das Büreau beauftragen, sich sofort mit einer umfassenden Revision des Ausgabebudgets für die National-Versammlung zu beschäftigen und jede irgend thunliche Ersparniß vorzusehen;
2. folgende Ausgabeposten nicht genehmigen:
a. die unter Nro. III., § 18 vorgesehenen 1400 fl.,
b. die unter Nro. VII, § 8 vorgesehenen 10,000 fl.;
3. sämmliche übrige Ausgabeposten und zwar in den vorstehend unter B-L. bezeichneten Summen, den Nachweis der wirklichen Verwendung und des Bedarfs hinsichtlich aller einzelnen Posten vorbehalten,
genehmigen;
4. die Besoldungen der Reichsminister für die Periode bis zum 31. Dezember 1. J. auf monatlich 1000 fl., die der Unterstaatssekretäre für dieselbe Periode auf monatlich 500 fl. und das Fouragegeld
des Reichskriegsministeriums auf monatlich 83 fl. 20 kr. festsetzen.
5. diejenigen Kosten, welche der Stadt Frankfurt durch die von dem Reichsminister der Justiz veranlaßte Beiziehung von Hilfsbeamten in der die Verbrechen und Vergehen des 16. und 18. September I.
J. betreffenden Untersuchung entstanden sind, auf die Reichskasse übernehmen und das Reichsjustizministerium ermächtigen, den Betrag dieser Kosten in dem nächsten Budget in Einnahme und Ausgabe
vorzusehen.
Insofern die National-Versammlung diesen Anträgen beipflichtet, stellt sich der Abschluß des Büdgets wie folgt:
Die Ausgaben betragen [unleserlicher Text] 10,518,622 fl. 32 kr.
Die Einnahmen sind be-
reits vorgesehen [unleserlicher Text]nch Nro.
XIII. des Budgets [unleserlicher Text] 8,551,166 fl. — kr.
Weiter kommen nach Be-
schluß der National-Ver-
sammlung v. 27. Novbr.
zur Erhebung [unleserlicher Text] 175,000 fl. — kr.
Zusammen 10,301,166 fl. — kr.
Weiter vorzusehen blei-
ben daher [unleserlicher Text] 217,456 fl. 32 kr.
Er schließt seinen Bericht mit dem Antrag:
„Die National-Versammlung wolle die Erhebung obiger 217,456 fl. 32 kr. durch Matrikularbeiträge der einzelnen Bundesstaaten genehmigen.“
Der Referent der Majorität des Ausschusses von Salzwedel vertheidigt diese Anträge, welche in der darauf folgenden Debatte auch noch von Baty anempfohlen werden. Die Minorität des Ausschusses (Löwe
von Calbe, Schoder, Wichmann) hat ein Gutachten mit folgenden Worten gestellt:
„Bei Nro. VII. Tit. II. § 8 für Untersuchung und Bestrafung der am 16. bis 18. September in Frankfurt begangenen Verbrechen und Vergehen.
„In Erwägung, daß die in Frage stehenden Verbrechen auf dem Gebiete des Staates Frankfurt begangen wurden;
„In Erwägung, daß auch die Gerichte des Staates Frankfurt die Untersuchung über diese Verbrechen führen und zu diesen verpflichtet sind;
„daß es aber allgemein anerkannter Grundsatz ist, daß derjenige Staat die Lasten einer Untersuchung trägt, welcher seiner Verpflichtung gemäß gegen Verbrecher ex officio und nicht rogatischer
Weise einschreitet;
„daß auch der Umstand, daß etwa die in der Regel angestellten Gerichtsbeamten zur Führung der fraglichen Untersuchung nicht ausreichten und weitere Beamte zugezogen werden mußten, an der Lage
der Sache nichts zu änderen vermag, indem der zur Arbeit Verpflichtete natürlich auch für die gehörige Zahl der Arbeiter zu sorgen hat;
„In Erwägung, daß eben so wenig die Natur des in Frage stehenden Verbrechens die angegebene Verpflichtung alterirt, da im Grunde jedes Verbrechen ohne Ausnahme mehr oder minder gegen die ganze
Staatsgesellschaft direkt oder indirekt gerichtet ist.
„Aus diesen Gründen beantragen die Unterzeichneten den bezeichneten Posten ganz zu streichen.“
Wichmann spricht für dasselbe, indem er mit treffenden Worten der sehr reichen Stadt Frankfurt vorwirft von dem Reich 25,000 ff. Gulden für eine Untersuchung zu erbetteln, die durch die
unzureichenden Maßregeln des löblichen Senats, durch die Unselbstständigkeit dieser freien Stadt hervorgerufen worden sind.
Grävell, der nie verstandene Greis, spricht unverständliche Worte.
Eisenstuck spricht nach ihm in scharfer und überzeugender Weise gegen das Büdget im Allgemeinen und eventuell gegen viele Positionen desselben. Er meint, es sei ihm unheimlich zu Muthe bei
dieser Berathung eines Reichsbüdgets ohne Reich. (Heiterkeit). Gegen den Vorwurf von 2813 fl. monatlich für ein Kabinet erklärt er sich deshalb, weil ein Kabinet überhaupt ein inkonstitutionelles
Institut sei. Vorzüglich aber donnert Eisenstuck (und zwar mit in die Augen springendem Recht) gegen die 4000 fl. monatlich für Reichskommissäre, macht 16,000 fl. in 4 Monaten. Ueber dieses Institut
der Reichskommissäre würde er vorschlagen zur einfachen Tagesordnung überzugehen, wenn nicht bereits verbrauchte Gelder zu bezahlen wären. (Heiterkeit). Wenigstens so viel solle man festsetzen, daß
künftig nur den von der National-Versammlung gebilligten Reichskommissären Diäten, und nie über 12 fl. täglich, bewilligt werden sollen. Ferner erklärt sich Eisenstuck noch gegen einen Posten von 2000
fl. monatlich für verschiedene Einrichtungen (!) Eisenstuck frägt den Finanzausschuß, was das für Einrichtungen sind. Endlich stellt er noch Anträge auf Verminderung der für das Handelsministerim
ausgeworfenen Positionen, und schließt, er sei zwar kein Politiker, fühle sich aber berufen, zu sprechen, sobald es sich um Lasten oder Erleichterungen des Volkes handelt. (Links langer Beifall).
Brutus Bassermann rechtfertigt im Namen des Ministeriums des Innern die Ausgaben für die Reichskommissäre, und erweist die Nothwendigkeit und Tugendhaftigkeit dieser Ehrenmänner so
sonnenklar, daß jeder Zweifel ein Frevel wäre. (Von links her unterbricht man ihn häufig höhnend. Auch spricht Bassermann sehr schwach und fast unhörbar. Er ist sehr angegriffen, hier sagt man:
„schwach auf der Brust.“)
Ziegert spricht ganz kurz für die Ausschußanträge; worauf der Finanzminister von Beckerath beweist, daß das Budget aufs Billigste, ja mit einer wahren Knauserei redigirt ist. Zum
vergleichenden Exempel führt er das große Büdget Frankreichs an. (Welcher Vergleich! Frankreich und die deutsche provis. Centralgewalt!!!) Zum Schluß deklamirt er einige Zeilen von der Einheit; soviel
ich verstehe, will er unter keiner Bedingung aus Frankfurt fortgehen, ehe diese Einheit nicht gegründet ist. — (Was will Deutschland mehr?)
Mohl (Justizminister): Er sei in der schlimmen Lage, zuvörderst seine Existenz, die Existenz eines Justizministeriums, die man angegriffen habe, vertheidigen zu müssen. Seinen Collegen habe
man doch mindestens die Existenz gestattet. Man habe gesagt, das Justiz-Ministerium habe Nichts zu thun. Er sucht das Gegentheil zu beweisen, und schleppt seinen Berg von Geschäften herbei, wobei:
Beantwortung von Interpellationen u. s. w. (Große Heiterkeit.) Das Leben des Justizministers sei also noehwendig. Hierauf spricht er noch für die Nothwendigkeit, die 25,000 fl. für die
September-Unterstützungen nicht der Stadt Frankfurt, sondern dem Reich aufzubürden!!
Der Handelsminister von Duckwitz beweist, daß das Handelsministerium die meisten Geschäfte habe, und sein Personal sehr schwierig zu beschaffen sei. Deshalb könne nicht ein Pfifferling von
den Positionen für's Handelsministerium geschmälert werden. (Gehandelt wird nicht!) Es seien im Personal noch bedeutende Aenderungen zu treffen. Der Handelsminister schließt: seine zukünftige
Thätigkeit werde alle Partheien befriedigen! (Alle: Das ist doch ein braver Mann!)
Der Ministerpräsident von Gagern: er sei noch zu neu, und könne Alles seinen Kollegen überlassen, nur zwei Einwände wolle er beseitigen, erstens einen von Eisenstuck gegen die 2000 fl. für
das Cabinet des Reichsverwesers. Dies Cabinet sei eigentlich gar kein Cabinet, am allerwenigsten ein gefährliches Institut, wo inkonstitutionelle Dinge geschmiedet würden. Einen zweiten Einwand von
Grävell, betreffend die „Unterstaatssekretär-Charge“ Auf den Titel käme nichts an, aber die Unterstaatssekretäre seien faktisch die ersten Räthe des Ministeriums mit Sitz und Stimme,
berufen, die Geschäfte zumal dann ganz in die Hand zu nehmen. wenn die Minister in der Versammlung beschäftigt seien.
Jucho von Frankfurt (Schluß! Schluß!) Das Büreau sei angegriffen, er müsse das Büreau und die für dasselbe ausgeworfenen Positionen im Büdget vertheidigen. (Heiterkeit. Er vertheidigt unter
vollkommener Theilnahmlosigkeit.) Nachdem er mit dem Büreau fertig ist — tritt er für die „gute“ Stadt Frankfurt als Generaladvokat auf. — Frankfurt sei gar nicht so reich,
sondern habe viele Schulden, wohl gar 12 Millionen Gulden! Uebrigens sei es allerdings eine große Ehre für Frankfurt, daß das Parlament hier tage, aber die Bürgerschaft und die Behörden Frankfurts
haben alles für Ruhe und Ordnung und Parlament gethan. Aber endlich sei es zu schwach geworden, und deshalb solle es etwa die 25000 Gulden für die Untersuchung zahlen? — Die Frankfurter seien
gar nicht in die Untersuchung verwickelt, seien gar keine Rebellen (wer zweifelt?) sondern nur als Zeugen vorgeladen. — Die Frankfurter Bürgerwehr habe übrigens in jenen Tagen (18. Septbr.)
sich just weder schlechter noch besser benommen als andere Burgerwehren.
Die Debatte wird nach ihm geschlossen.
Roßmäßler, Titus und sehr viele Mitglieder legen eine Verwahrung gegen den wahrscheinlich von der Mehrheit zu fassenden Beschluß ein, da sie durchaus nicht Gelegenheit gehabt hätten,
hinlänglich zu diskutiren.
Es sind viele Anträge gestellt; unter andern einer von Wiesner und Genossen (präjudiziell):
„Die hohe National-Versammlung möge erst nach definitiver Lösung der Lebensfrage, ob der gemachte Voranschlag einem einigen oder in sich zerrissenen Deutschland gelten solle, über die
Vorlagen des Finanzministeriums einen Beschluß fassen“.
Von Rühl, Schlössel, Titus, Günther, Schaffrath unterstützt.
Hierauf geht man zur Abstimmung über's Büdget selbst. Die Majorität (von ehedem) will Abstimmung in Bausch und Bogen, die Linke verlangt mit Recht sehr energisch Abstimmung der einzelnen
Posten nach dem Exempel jeder andern Kammer. Nach verschiedenen heftigen Auftritten beschließt man das Letztere.
Gagern (der Konseilpräsident): Man solle nur über die einzelnen Titel abstimmen, nicht über die einzelnen §§. der Titel. So müsse es geschehen im constitutionellen Sinne.
Abstimmung.
Tit. I. Kabinet des Reichsverwesers mit 703 Fl. monatlich wird verwilligt.
Tit. II. Wohnung desselben Herrn 1466 Fl. monatlich wird bewilligt.
Außerdem 15,000 Fl. nachträglich vom Finanz-Minister requirirt für Möblirung und Einrichtung der Wohnung des Reichsverwesers. Gehalt des Präsidenten der National-Versammlung 2000 Fl. monatlich.
Paulskirche: Aufsicht und Bedienung 914 Fl. monatlich.
Stenographisches Büreau 4788 Fl. monatlich.
[unleserlicher Text]
verwilligt.
Sekretariat und Kanzlei 4029 Fl. monatlich verwilligt. (Nauwerk hatte Verminderungen vorgeschlagen, nimmt aber seine Anträge mit den Worten zurück: „Da man den Großen nichts abziehen will,
will ich meine Anträge betreffs der Kleinen zurückziehen. Hierauf wird der Antrag des Ausschusses die Kosten für's Büreau betreffend, angenommen.
Miethzinse und Einrichtungen 3461 Fl. monatlich,
Materieller Büreauaufwand 8777 Fl. monatlich,
Für unvorhergesehene Ausgaben 850 Fl. monatlich,
werden genehmigt, dagegen 350 Fl. monatlich für Deputationen und Feierlichkeiten etc. nicht genehmigt.
Die Gehaltsätze für Minister und Unterstaatssekretäre werden wie oben sub 4 bewilligt.
Ebenso alle übrigen Positionen des Tit. I
Ebenso die Voranschläge VII. (S. 13) und zwar Tit. I. Bei Tit. II. wird der Antrag des Finanzausschusses sub 2. b. und sub 5 angenommen. Außer diesen Aenderungen wird alles Uebrige verwilligt und
schließlich der Antrag: „Die Erhebung der 217,456 Fl. 32 Kr. durch Matrikularbeiträge der einzelnen Bundesstaaten zu genehmigen;“ angenommen.
Der Finanzminister verliest das behufs dieses Budgets zu erlassende Finanzgesetz, welches alsbald genehmigt wird.
Die Tagesordnung führt zur Fortsetzung der Berathung über „den Reichstag.“
Artikel VI. § 20: „Der Reichstag versammelt sich jedes Jahr am Sitz der Reichsregierung. Die Zeit der Zusammenkunft wird vom Reichsoberhaupte bei der Einberufung angegeben, insofern nicht
ein Reichsgesetz dieselbe festsetzt. Außerdem kann der Reichstag zu außerordentlichen Sitzungen jeder Zeit vom Reichsoberhaupt einberufen werden“, ohne Diskussion angenommen. Ebenso
§ 21. „Das Volkshaus kann durch das Reichsoberhaupt aufgelöst werden. — In dem Falle der Auflösung ist der Reichstag binnen 3 Monaten wieder einzuberufen“
Ein Minor-Erachten: „Nur mit Zustimmung des Reichstages können die Sitzungen an einem anderen Ort als demjenigen, an welchem der Sitz der Reichsregierung ist, verlegt oder eine Vertagung
ausgesprochen werden; wurde (obschon mit schwacher Majorität) verworfen. (Es ist kaum glaublich!)
§. 22. Die Auflösung des Volkshauses hat die gleichzeitige Vertagung des Staatenhauses bis zur Wiederberufung des Reichstages zur Folge. — Die Sitzungsperioden beider Häuser sind dieselben
(Angenommen.)
Ein Amendement von Claussen: statt Vertagung, Auflösung zu setzen — wurde verworfen.
§. 23 ohne Diskussion angenommen: Das Reichsoberhaupt bestimmt das Ende der Sitzungsperiode des Reichstags.
Hierauf beschließt man um halb 3 Uhr Vertagung bis morgen. — Ziegert nebst etwa 40 Mitgliedern der Linken übergibt dem Gesetzgebungs-Ausschuß einen Antrag auf Abfassung eines Gesetzes
für politische Verbrecher; in den Motiven dazu wird angeführt, daß sich die politischen Prozesse in ungeheurer Anzahl häufen und willkürlich gehandhabt werden.
Tagesordnung für morgen: Schluß der Berathung über den Entwurf vom Reichstage.