Deutschland.
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Edition: [Karl Marx: Die preußische Kontrerevolution und der preußische Richterstand, vorgesehen für: MEGA2, I/8.
]
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*
] Köln.
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106
] Heinsberg, 20. Dez.
Wenn die hiesige Stadt und der Kreis noch nicht in Belagerungszustand gesetzt sind, so rührt das vielleicht daher, daß unsere Herren Konstitutionellen und
Reaktionäre ohne ihn noch besser gegen die verhaßten Demokraten operiren können, als mit ihm. Zwar haben sie nicht den Muth, mit ihrer Person aufzutreten; dafür aber sind sie desto eifriger in der
Anwerbung von Leuten, durch welche sie Leben und Gesundheit ihrer Gegner bedrohen lassen. So geschieht es namentlich gegen den Verein „zum deutschen Hause.“ Freilich wird auch in diesem
Verein ein wenig Politik getrieben, aber doch nur in der „allergesetzlichsten“ Weise, nach offenen Statuten, bei offener Thüre, und eben nicht demokratischer als nöthig ist, um den
ultraroyalistischen „konstitutionellen Bürgerverein von Heinsberg“ zum Gegner zu behalten. Letzterer ist nun aber die schwindsüchtigste Kreatur von der Welt, die nach langem Hinsiechen
erst heute ein zweites Werk zu Stande gebracht hat, eine Dankadresse an den König, während ihr erstes Werk ein Fackelzug war, den sie dem Deputirten Endepohls dafür brachte, daß dieser Herr unter
zwölf Malen, wo er in Berlin mitstimmte, eilf Male es mit den jedesmaligen Ministern gehalten hatte. Vom „deutschen Hause“ aus sieht dagegen die Bevölkerung des ganzen Kreises ihre
Interessen vertheidigt und wahrgenommen, es ist zum Rettungsanker geworden, daran sich Unterdrückte aller Art klammern, die an der Schlendriansklippe des amtlichen Weges zu scheitern fürchten. Darum
wachsende Zahl der Mitglieder, Briefwechsel mit Deputirten und Behörden, kurz ein lebensfrisches Wirken und Schaffen in diesem Verein, aber eben darum auch eine steigende Erbitterung gegen denselben
von allen denen im Kreise, die keine reine Wäsche haben. Gemeinde-, Kirchen- und Armenverwaltung zittern und beben vor Wuth, daß ein solcher Verein sich um die Lüftung der Schleier bemüht, die sie
weisheitsvoll über ihre Geschäfte geworfen haben. „Drum soll und muß der Verein gesprengt werden!“ Dies das geheime Losungswort aller „gutgesinnten“ Beamten und andern
Bevormundungsmaschinen seit Wochen schon. Was ist aber geschehen? Der Verein hat am vorigen Montag seine dritte Feuerprobe, den Angriffen besoldeter, durch Trunk aufgehetzter, auch vielleicht in
bloßer Dummheit benutzter Menschen gegenüber, bestanden. Die wohllöbliche Polizei pflegt sich an den Tagen, die zu solchen Angriffen auf eine friedliche Versammlung bestimmt sind, außer Schußweite zu
halten, und hat bisheran noch keine Miene gemacht, die Angegriffenen zu beschützen; die Behörde hat noch kein Protokoll über diese unsaubere Verfolgung redlicher Bürger aufnehmen lassen; und dem
Verein bleibt so lange die eigene bewaffnete Faust zur einzigen Stütze seines guten Rechts, bis es etwa dem Hrn. Oberprokurator gefallen wird, einer heute an ihn abgegangenen Petition Folge zu geben,
und eine Untersuchung anzubefehlen. Dann wird man auch hoffentlich die wahren Urheber dieser Exzesse an's Licht zu ziehen wissen.
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] Berlin, 21. Dezember.
Unsere heutigen Morgenblätter bringen uns zugleich einen positiven und negativen Beweis von ihrer eigenen Erbärmlichkeit so wie von der taktlosen Gemeinheit
gewisser anderer Leute. Einerseits nämlich veröffentlicht die deutsche Reform einen Brief des Präsidenten und sämmtlicher Mitglieder des Rheinischen Revisions- und Cassationshofes an den frühern
Abgeordneten Geh. Ober-Revisionsrath Esser, während dieser selbst bis heute Mittag weder von der Existenz noch von dem Inhalt dieses Schreibens eine direkte Kunde hat. Der Brief selbst bekundet nur
jene hündische Gesinnung, welche sich in dem bekannten Briefe des Ober-Tribunals Präsidenten Mühler ausspricht und wird wahrscheinlich bei den Gerichtshöfen der Rheinlande einen Sturm von Aeußerungen
der gerechtesten Empörung hervorrufen. Ueber die Antwort des würdigen Esser kann bei unsern Lesern schon im voraus kein Zweifel sein und können wir aus bester Quelle im Voraus versichern, daß Esser
seinen unwürdigen Kollegen ganz einfach die Competenz zu jedem Urtheil über seine politische Thätigkeit absprechen wird. — Andererseits haben Tante Voß und Onkel Spener die Gemeinheit begangen,
obgleich sie den Mühlerschen Brief gegen Waldeck abgedruckt hatten, die von Waldeck ihnen ebenfalls zugesandte und in der heutigen National-Zeitung abgedruckte Erwiderung nicht aufzunehmen. —
Wir knüpfen hieran die Mittheilung, daß heute Morgen eine Deputation des hiesigen zweiten größern Wahlbezirks Waldeck im Namen seiner Wähler ihre vollste Zustimmung zu erkennen gab. Auch wird die
Ueberreichung eines Ehrenbechers an Waldeck zugleich mit der Darbringung einer Mißtrauensadresse an das Geheime Ober-Tribunal vorbereitet. —
Mehrere auswärtige Blätter bringen übereinstimmend die Mittheilung, das Erscheinen der Zeitungshalle in Bernau sei dadurch verhindert worden, daß der dort kommandirende Offizier für diesen Fall mit
Verhängung des Belagerungs-Zustandes gedroht habe. Dies ist faktisch unrichtig; der Sachverhalt ist vielmehr folgender: Der Bürgermeister von Bernau verweigerte die Erlaubniß zum Druck der
Zeitungshalle an diesem Orte, weil ein so ungewohntes Ereigniß in dem kleinen Städtchen nothwendig eine große Aufregung und in Folge davon Excesse hervorrufen müsse, der die Truppen in Bernau
kommandirende Offizier den schriftlichen Befehl Wrangels besitze bei abermals vorkommenden Excessen, da deren schon früher einige sich ereignet hätten, das Oertchen in Belagerungs-Zustand zu erklären.
Die Zeitungshalle wird trotz aller dieser Hindernisse, dennoch binnen Kurzem erscheinen.
Wir erfahren, daß die Gemeinde-Ordnung, welche das Anhaltische Ministerium Habicht der dortigen Landesvertretung binnen Kurzem vorlegen wird, auf dem von unserm Abgeordneten D'Ester
ausgearbeiteten Entwurf, welcher auch schon in den Abtheilungen unserer National-Versammlung berathen war und einer beifälligen Aufnahme in den meisten derselben sich zu erfreuen hatte, basirt ist.
—
Die geheimen Wahl-Agitationen gehen hier von beiden Seiten ihren Gang und es läßt sich schon jetzt mit Bestimmtheit voraussagen, daß die beiden Kandidaten, welche die meisten Stimmen hier
vereinigen werden, Waldeck und Wrangel heißen dürften. Dieses gesinnungslose gleichzeitige Hervorheben zweier Extreme, charakterisirt eben das Berlinerthum, das in bekannten Gegensätzen sich gefallend
mit einem Witz Alles abgemacht zu haben glaubt. Für Wrangel wird übrigens bei den untern Schichten der Bourgeosie mit der unverschämtesten Corruption geworben. Sehr häufig kömmt seit einiger Zeit der
Fall vor, daß bei Handwerkern und kleinen Krämern Einkäufe und Bestellungen mit den Worten gemacht werden: „Bedenken Sie nur, wem Sie den jetzigen bessern Geschäftsbetrieb zu verdanken haben,
nur dem General Wrangel; erinnern Sie sich dessen im rechten Augenblick.“
Jede neue Nummer des Staats-Anzeigers bringt einen neuen Beweis der Perfidie und Lügenhaftigkeit unsers Ministeriums. Dasselbe ist aber zugleich so ungeschickt, daß Jedermann seine Hinterlisten
sofort erkennt und denselben entweder aus dem Wege geht oder doch wenigstens über den wahren Charakter des Kabinets keine Täuschung mehr möglich bleibt.
Dieses Loos theilt mit andern Erklärungen des Ministeriums auch die im Staatsanzeiger vom gestr. Datum befindliche Interpretation oder vielmehr Nicht-Interpretation des Wortes
„selbstständig.“ Beim ersten Lesen täuschten sich freilich viele und hielten die Erklärung für eine freisinnige aber wie gewöhnlich herzlich schlecht stylisirte. Ein abermaliges Lesen
aber zeigte bald die Absichtlichkeit der auf Schrauben gestellten Wendungen der Unklarheit der Bestimmungen. Als des Pudels Kern erkannte man bald, daß sie vielmehr Alles der Willkür der mit
Ausführung des Wahlgeschäfts beauftragten Behörden, d. h. der Bürgermeister und Landräthe anheimgestellt lasse.
Jedenfalls ist es ein schlechtes Lob für die Ehrlichkeit oder Tüchtigkeit eines Ministeriums, wenn es Erklärungen über „das wichtigste politische Recht eines großen Theils der
Bevölkerung“ in einer so ungeschickten und zugleich perfiden Weise abfaßt.
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X
] Berlin, 21. Dez.
Ueber den Schritt den das hiesige geheime Obertribunal gegen Waldeck gethan hat, herrscht hier nur eine Stimme, der allgemeine Unwille giebt sich überall auf das
lebhafteste kund, sowohl in dem bekannten Zimmer bei Stehely als in den bairischen Bierstuben, den einzigen Lokalitäten wo mit hoher obrigkeitlicher Erlaubniß Politik getrieben werden, darf da Herr
Wrangel alle Vereine streng inhibirt, und sogar das Tragen von rothen Mützen, Federn, Kocarden, überhaupt alle diejenigen Sinnbilder, welche die rothe Republik bezeichnen, bei sofortiger Strafe der
Arrestation verboten hat. — Nichts desto weniger enthält die gestrige „Deutsche Reform“ eine ähnliche Erklärung des Rh. Cassationshofs gegen den Geheimen Rath Esser. Man sieht die
Unverschämtheit ist in den sogenannten höhern Zirkeln zu Hause. — Die Demokraten müssen bei Ihren Wahloperationen sehr geheim zu Werke gehen, denn Brandenburg-Manteuffel bezahlt täglich an 600
Spione, d. h. Constabler, welche unter der Firma „zum Civildienst commandirt“ zum spioniren gebraucht werden. Ein Kammergerichtsassessor und Gehülfe des Staatsanwalts, „Herr
Behrend“ welcher sich der Wahlangelegenheit im demokratischen Interesse etwas warm annahm, wurde gestern plötzlich durch Nachweiß des Herrn Justizministers als Hülfsarbeiter nach Posen versetzt
mit der Bemerkung, daß zu seiner Wiederanstellung bei der Staatsanwaltschaft in Berlin keine Aussicht vorhanden sei, dagegen genießen die Herren Reusebach und Consorten, welche eine
Central-Wahlcommission hier organisirt haben, alle möglichen Begünstigungen, die so weit gehen, daß Ihnen sogar die Portofreiheit bewilligt sein soll. —
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14
] Wien, 19. Dez.
Während in den obersten Sphären die Intrigue der Habsucht und Völkerknechtung mehr als jemals eine Rolle spielt, fährt man den Massen gegenüber fort, nach unten
alles platt zu schlagen, was aufrichtig, ehrlich und ernstlich, wenn auch die bescheidenste Freiheit verräth. Ein deutscher Kaiser in Frankfurt, ein deutscher Kaiser in Wien, in Paris der Bajazzo
seines Onkels, rundum die tiefste Verworfenheit und im Rücken die heimtückisch-lauernde Barbarei Asiens, welcher hier, wie überall am Ende niemand ernstlich widerstehen wird, als das Volk der
Proletarier, hält, wenn auch die günstigsten Berichte aus Ungarn einlaufen, alle Welt indessen in größter Spannung. Was thut der Prinz von Preußen, was macht schon wieder ein sächsischer Prinz in
Ollmütz, fragt man sich? was bedeutet die preußische Verfassung, wenn ganz wie früher gewirthschaftet, alles Freisinnige verfolgt, Standrecht und Belagerungszustand normal werden? — Ich schrieb
Ihnen gleich anfangs, diese Verfassung solle der Schemel zum Kaiserthrone werden, und davon ist jetzt hier jeder überzeugt, den sie anfänglich verblüffte. Das ist auch der Grund zu den Besuchen in
Olmütz. Frau Sophie will aber durchaus, daß Oestreich an der Spitze Deutschlands bleibe. Sie sagt in ihrem Olmützer Blättchen: „Die Ansicht der meisten (in Frankfurt) geht noch ganz
unbestimmt dahin, daß Preußen an die Spitze gestellt werden müsse; — alle Schwierigkeiten, namentlich aber die Eventualität, daß Oestreich nicht ausscheiden will, stehen dabei
unbeseitigt im Hintergrunde. Das Schlimmste, was wir besorgen können, ist, daß man einer Idee, deren Unausführbarkeit jeder fühlt (Oestreichs Veto!), aber keiner offen einzugestehen wagt,
entgegengeht, weil man eben nicht Besseres weiß (o ja!), oder weil das Bessere, was man wissen könnte (Sophiechen mit ihrem Bübchen an der Spitze Deutschlands und Oestreichs?) als eine verbesserte (?)
Auflage des alten Bundes verschrien werden würde.“ An einer andern Stelle gibt Frau Sophie darauf zu verstehen, wie sich die Sache vielleicht machen könnte: „Man sollte sich eingestehen,
(in Frankfurt nämlich) daß man mit Volkssouveränetät der Versammlung den Mund anfangs etwas zu voll genommen hatte (!) und mit Oestreich ganz allmälig auf dem Boden des Vertrags anlangen. Jetzt schon
Oestreich entgegenkommen und ihm Gesandte senden (!) um zu unterhandeln, wäre ein zu offenes Aufgeben des souveränen Standpunktes, und überdies wäre nicht einmal Aussicht auf Erfolg vorhanden, da
Oestreich in seinem Beharren bei den Verträgen von 1815 (!!! da habt ihr's!) einwenden würde, daß die Nationalversammlung nicht der richtige (!), wenigstens auf keine Weise der alleinige
Mitpaziszent sei.“ Versteht ihr das, demokratische Tölpel von Frankreich und Deutschland! Deutschland soll wieder der Hintere des Habsburgischen Absolutismus werden; und ich glaube, je mehr
Tritte derselbe ihm gibt, um so gewissere Aussicht kann er gewinnen; das preußische Komödienspiel ist für die ewige mens sana der deutschen Bierbrauer ohnehin zu
dynastisch-protestantisch-demokratisch-diplomatisch. — Wenn die Franzosen keine Nation geworden sind, die werth ist, daß sie zu Grunde geht, wenn die Demokratie überhaupt kein leerer Traum ist,
so können beide bald Gelegenheit bekommen, eine neue Drei- vielleicht Vier-Kaiserschlacht zu schlagen. — Und damit Ihre Leser recht sehr merken, mit welcher Dampfkraftschnelligkeit wir wieder
in unsere Urzustände zurückfallen sollen, theile ich Ihnen noch mit, was ein anderes offizielles Organ sich angeblich aus Frankfurt schreiben läßt:
„Ueber die Bedingungen der Einigung ist aus der Mitte (!) der östreichischen Deputirten ein Programm erschienen, welches angeblich den Beifall des Wiener Ministeriums und des Hofes
zu Olmütz gefunden hat. Die Schwierigkeit bildet Oestreich wie Preußen (!?) gegenüber das Verhältniß der Frankfurter Nationalversammlung zu den Reichstagen jener Staaten. (Wie patriarchalisch die
Schurken reden!) Man wird, um sich zu einigen, wohl alle Erinnerung an die traurige Vergangenheit festhalten müssen! (An welche, an die Metternichsche?) Das Programm lautet:
1) Der östreichische Kaiser empfängt die deutsche Kaiserkrone wieder; (wie schön das „wieder“ klingt! in diesem Falle gibt's also keine Verträge von 1815 mehr!).
2) Der Ort des Reichstags wird Wien (später Kremsier).
3) Oestreich tritt mit seinen Gesammtlanden in den Zollverband.
4) Die östreichische (also nicht deutsche) Marine schützt (!?) u. s. w.
5) Die deutschen Truppen Oestrechs werden deutsche Reichstruppen u. s. w.“
Auf diesen Wahnsinn gesteht die Presse sehr naiv: „die Linke (! was heißt das jetzt?) scheint sehr entschieden, und wird unter allen Umständen an den §§. 2 und 3 unbedingt
festhalten.“
O herrliche deutsche Zukunft!
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121
] Wien, 19. Dez.
Windischgrätz hatte unter angeblich wider die Magyaren errungenen Vortheilen vorgestern auch den bekannt machen lassen, daß Oberstlieutenant Frischeisen ein
glänzendes Gefecht bei Sillein bestanden. Nach heute aus Teschen hier eingetroffenen Briefen scheint der Glanz dieses Treffens darin zu bestehen, daß Frischeisen mit seiner Kolonne bis über die
Grenze zurückgetrieben worden ist, und viel Geschütz verloren hat. Man hatte in Teschen eine solche Furcht vor dem Einrücken der Magyaren, daß die Hälfte der Stadt nach Troppau und Preußen entflohen
ist. Nationalgarde und Landsturm mußten aufgeboten werden. Preßburg ist dem Gerüchte nach schon 6 Mal erobert worden, es ist aber nichts wahres daran. Möge Gott das arme Volk in Schutz nehmen,
welches, rundum von Bestien umringt, erwürgt werden soll! — Die Geldfrage hat im Ministerium selbst einen Zwiespalt hervorgerufen; die einen wollen Bank und Bourgeoisie ohne weiters
brandschatzen, die andern suchen noch nach andern Auswegen. Die haute bourgeoisie nimmt sich, insoweit möglich, der Bank mit allen Kräften wider den Staat an — Die in Lloyd enthaltenen
Korrespondenzen aus Berlin enthüllen fortwährend eine Nichtswürdigkeit, die ihres Gleichen sucht. So heißt es heute: „Man sieht wieder Menschen, menschliche Gesichter auf den Straßen. Die
Gesichtszüge, denen man in den Tagen des 14. Juni, des 7. Sept., des 25. Sept., bis in den Oktbr. hinein bei jedem Schritte begegnete, waren das eigentlich Deprimirende. Man glaubte, daß alle
Zuchthäuser und Galeeren sich geöffnet. u. s. w. Eben so wenig kümmert uns der Widerspruch einzelner deutscher Staaten, der schon mehr als gewiß scheint, (östreichischer Pferdefuß?) gegen eine
Hegemonie Preußens. Man ist hier so vollauf, wie wahrscheinlich auch bei Ihnen, mit sich selbst beschäftigt, mit seiner eigenen Zukunft u. s. w.“ Und von den s. g. Anarchisten sprechen sie:
„Diese ganze Race ist wie von der Erde verschwunden.“ Gleich darauf aber. „Die im Dunkel wühlenden Anarchisten sind jedenfalls eine Macht u. s. w.“ Zu diesen gehören denn
auch die Stadtverordneten.
Daß Cavaignac nicht ermordet, wird von den Standrechtsblättern fast laut bedauert. Die „Presse“ sagt, daß die Gerüchte sich nicht bestätigen, ruft dabei aber mit Jauchzen aus:
„Louis Napoleon Bonaparte wird Präsident der Republik! —“ Was solche Reden im Munde absolutistischer Blätter bedeuten, bedarf keiner Bemerkung. — Der Lloyd fordert noch in
einer Prager Korrespondenz die Pfaffen auf, populär geschriebene, möglichst wohlfeile Blätter herauszugeben, um die Wirkungen der kleinen aufreizenden Blätter zu paralisiren. Bekanntlich
steht der östreichische Klerus auf der allertiefsten Stufe der Bildung, und haßt schon den Geruch des Fortschritts mehr wie die Hölle. Die Absichten unseres Ministeriums, das sehen Sie, sind alle
superbe.
Seit gestern sind unsere Standrechtsblätter durch ein neues vermehrt worden, nämlich durch das Wiedererscheinen der „Ost-Deutschen Post.“ Kuranda, der sah, welch herrliche Geschäfte
die standrechtlich monpolisirten Blätter machten, wollte vor Neid vergehen. Er reiste nach Ollmütz, nach Kremsier u. s. w., und wußte sich endlich Erlaubniß zum Wiedererscheinen seines Bourgeoisblatts
zu erwirken. Er verspricht dem Publikum über alles zu schweigen, was zu berühren kitzlich sei und beruft sich dabei auf die Geschicklichkeit, die er dadurch erlangt, daß er sich unter
Metternich-Sedlnitzki ins Belgische und Sächsische übersetzt habe, mithin eine Art politischer Dulder geworden sei. Spekulationsgeist ist einem solchen Kuranda nie abzustreiten, und die guten
Oestreicher werden sein Blatt für ein radikales nehmen. Seit dem 18. darf niemand mehr nach Kremsier fahren, damit der Reichstag in der Votirung der 80 Mill. nicht gestört werde. Die Nordbahn hat
darüber einen ausdrücklichen Befehl erhalten. Sollte der Reichstag trotz dem Kanonenterrorismus, mit dem man ihn in seiner Oase umzingelt hält, die 80 Millionen nicht votiren, so wird das starke
Ministerium sie als dennoch votirt annehmen; es wird sich aller rekalcitranten Deputirten dabei bemächtigen, und sie auf Festungen unschädlich machen. Die standrechtlich erwirkten Mißtrauensvota,
deren Zustellung das Ministerium übernommen hat, werden dann par force exequirt.
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102
] Wien, 19. Dez.
Vor einigen Tagen soll wiederum ein grünes Plakat mit der Aufschrift: „Lebt wohl ihr Brüder, im März sehen wir uns wieder. Ein Mediziner von der
Legion.“ afsischirt, sofort von Offizieren aber wieder abgerissen worden sein. Neben dieser Neckerei zirkulirt als Kalembourg: „Nach 9monatlicher Hoffnung hat uns die Freiheit endlich
einen Buben gebracht!“ — Auch die Bourgeoisie kommt, besonders seit der Bankgeschichte, immer mehr zu der Ueberzeugung, daß der gegenwärtige Zustand schlimmer ist, als der unter
Metternich-Sedlnitzky, und beginnt mit den Ungarn und Studenten zu sympathisiren. Dies veranlaßte das gestrige Abendblatt zur Wienerin zu folgender Aeußerung: „Noch immer äußern sich hie und da
Sympathien (also trotz des Niederschießens!) für den Verräther Kossuth und die von ihm geleitete oder richtiger verleitete Partei der Ultra-Magyaren. Diese Sympathien dringen bis ins innerste
Familienleben.
Man hat sich daran gewöhnt, jeden für einen Freund des Volkes zu halten, der ein Feind der Regierung ist. Welcher Franzose hätte wohl seine Kinder zur Liebe Abd-el-Kaders angefeuert,
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welcher echte Britte würde sich haben einfallen lassen, für O'Connell zu schwärmen? u. s. w.“
Wie gefällt Ihnen das, Abd-el-Kader, Kossuth und O'Connell?
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121
] Wien, 18. Dez.
Die Bank ist durch das drohende Auftreten des Ministeriums, ihr alle Baarfonds umstandlos wegnehmen zu lassen, so eingeschüchtert worden, daß sie dem Staate
neuerdings einen unverzinslichen Zwangskredit von 20 Millionen bewilligt hat. Das Ministerium läßt sich öffentlich dahin verlauten, das es im Lande Geld nehmen würde, wo und wie es ihm beliebe,
bevor es an der Finanzfrage umkommen wolle. Was dem Kremsierer Reichstag bevorsteht, sagt der gestrige Lloyd: „Die Vertreter eines Theils der österreichischen Völker werden, nachdem sie der
Regierung einen Kredit bewilligt haben, einen längern Rezeß nehmen. (!!) Während der Zeit aber wird nicht gefeiert werden. Das Ministerium wird keine Feiertage genießen.“ Das heißt, es werden
dann die letzten Reste der Freiheit zusammengehauen werden. — Auch die Berliner Vereinbarer bekommen von diesem Lloyd noch einen Hieb: „Die preußische Versammlung,“
heißt's, „starb an einer innern Ursache und an einer äußern, der Verachtung des Landes.“ — Was man über das sich immer vermehrende Proletariat denkt, möge Ihnen
folgende Stelle des Korrespondenten beweisen: „Wohin übrigens die fabel- und nebelhaften Ansichten des frühern Ministers der Arbeiten führen, haben wir erfahren; der Gedanke, das Ministerium
der öffentlichen Arbeiten in ein Ministerium der öffentlichen Bauten umzuwandeln, ist ein entschieden glücklicher. Auch der Gemeinderath wird in dieser Beziehung seine Aufgabe anders
fassen müssen; es besteht allerdings eine Art Verpflichtung (!), den Armen zu helfen und die Bedrängten zu unterstützen, durchaus aber keine Verpflichtung, Arbeit zu geben. Die
Anerkennung der letztern hat in Wien das Proletariat ins Leben gerufen, es ist dringend nothwendig, dieses Uebel zu heben, und das frühere naturgemäße (!) Verhältniß wieder
herzustellen.“ Darum ist das Arbeitsministerium auch abgeschafft worden, und darum verweigert Bruck, der Minister der Bauten, den 30,000 hungernden Proletariern, trotz der Vorstellung des
Gemeinderathes, jede Beschäftigung von Seite des Staats.
Durch dasselbe Blatt läßt Frau Sophie uns sagen, daß wir an eine Aufhebung des Belagerungszustandes noch keineswegs denken sollen. „Die Aufhebung des allerdings bedauerlichen
Ausnahmezustandes für Wien ist von der Entfernung aufregender äußerer Einflüsse unzertrennlich: ehe die ungarische Sache eine entschiedene Wendung genommen, ist an Auflassung der Vorsichtsmaßregeln
wohl nicht zu denken.“ Auch wundert sich die Camarilla, „daß das Mißtrauen der Kapitalisten noch immer nicht gehoben sei.“
Jellachich ist, wie gesagt, beseitigt worden. Er war der Abgott der Kroaten; man hat ihn deshalb zum Gouverneur von Dalmatien gemacht, und sendet nun den Minister Kulmer nach Kroatien, um das Land
zu organisiren. Jellachich selbst ist unter Windischgrätz fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; man verwendet ihn aber vorläufig noch wider die Magyaren.
So eben höre ich, daß ein Herr Raveaux, Bruder Ihres Raveaux, der hier ansäßig ist, gefänglich eingezogen wurde. Er soll den Spiritus zur Anzündung der Sophienbrücke geliefert haben. Dann
ist er um so gewisser schon darum verloren, weil er ein Bruder des bekannten Abgeordneten ist.
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102
] Wien, 17. Dez.
So eben findet im Stephansdom ein Te Deum wegen der Thronbesteigung unseres Standrechtskaisers statt. Der Reichstag wird wohl die geforderten 80 Millionen
bewilligen; es kommt jetzt nur darauf an, woher sie nehmen. Die Geldleute halten den Säckel zu, die Bauern zahlen ungern Steuern. Die drohenden Artikel wider die Bank haben dieselbe eingeschüchtert;
man glaubt, der Staat wolle sich ihrer ganzen Silberbaarschaft ohne Weiteres bemächtigen, vielleicht geschieht's auch. Der Staat schuldet der Bank zu 2 1/2 pCt. 188 Millionen an Vorschüssen,
wofür die Bank nun Rückzahlung verlangt und neue Vorschüsse natürlich verweigern muß. Darin besteht der Konflikt. Regierung und Standrechtspresse fahren fort, den Reichstag durch Mißtrauensvota u. s.
w. nicht nur de facto zu vernichten und stummgehorsam zu machen, sondern ihn auch in der demokratischen Meinung des Volks zu diskreditiren. Man hat es in den Abtheilungen zur Berathung der Grundrechte
dahin gebracht, daß dieselben die Gleichheit der Staatsbürger nur unter der Bedingung ausgesprochen haben, daß diese Staatsbürger Christen sind. Die „Presse,“ eins der
schmählichsten Reaktionsorgane, schreit nun: „Das ist Reaktion!“ Sie weiß, daß die Sache nur ein Manöver des Ministeriums ist, den Reichstag zu diskreditiren und sich hernach als
freisinniger hervorzuthun. Es ist überhaupt eine List unserer Standrechtsblätter, sich immer auf die freiesten Länder zu berufen, um alle Freiheit hier todt zu schlagen. — Die Soldaten werden
wieder geprügelt, wie früher. Ein Wochentag wird ganz dazu benutzt, eine Abprügelung für die ganze Woche zu halten. Das Geschrei der Geprügelten ist oft furchtbar, und oft gibt es Todte. Noch neulich
starb in einer kleinen Provinzialstadt ein Soldat in Folge erhaltener Prügel. Die Gräuel, welche in den Zucht- und Arbeitshäusern verübt werden, sind nicht zu beschreiben. Die Noth nimmt immer mehr
überhand; der Gemeinderath berücksichtigt sie aber nicht, das Ministerium ebensowenig. Bettler sind Aufrührer, haben sie Hunger, so wird man sie zusammenschießen. Auf der Börse nichts; die Emigration
aller, die fortkönnen, nimmt zu. Die abgebrannten und beraubten Menschen wollen Entschädigung; man achtet ihrer nicht; aber die geforderte Militärentschädigung wird bewilligt. Täglich werden die
Menschen noch schaarenweise eingefangen, und hundertweise bringt man sog. Emissäre nach Brünn und Olmütz. Von russischen Kuriren gibt einer dem andern die Hand.
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@facs | 0955 |
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X
] Breslau, 18. Dez.
(Weiterer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Bald am Anfange der Nachmittagssitzung wurde folgender Antrag gestellt: „Der Civilbehörde steht es zu, die
Bürgerwehr zu requiriren, dem Kommando bleibt es jedoch vorbehalten, ob und wie dieser Requisition genügt werde.“
Es folgten dann einige unbedeutende Anträge über Dienstkleidung und das Fortbestehen der fliegenden Korps. Die Versammlung dachte — o Schrecken! Die fliegenden Korps, die jungen rüstigsten
Männer könnten ja vielleicht gegen die Bourgeois auftreten. Sie dachte an die pariser republikanischen Garden und Zittern überfiel sie bei der Vorstellung, daß auch die Arbeiter am Ende bewaffnete
fliegende Korps bilden könnten! „Arbeiterthum“ die „schrecklichste Anarchie?“
Zur Redaktion der Beschlüsse dieses Kongresses wurden gewählt: Rewicz, Guhrauer, Pflünker, Engelmann und Linderes; nachträglich wurde Pfeiffer aus Berlin noch hinzu votirt.
Angenommen wurde noch folgender §.: „Zum Eintritt in die Bürgerwehr eines Ortes ist jeder Deutsche berechtigt, auch wenn er nicht ein Jahr dort gewohnt hat.“
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@facs | 0955 |
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X
] Breslau, 20. Dez.
Gestern ist Dr. Borchard vom hiesigen Inquisitoriat nach Neisse zur Antretung seiner Strafe abgeschickt worden. Bei seiner Ankunft erklärte ihm aber der dortige
Kommandant Werder, daß in Neisse keine Staatsgefangenen angenommen werden. So mußte Borchardt wieder nach Breslau zurück.
Der Polizeipräsident v. Kehler hat sich veranlaßt gefunden, „unter obwaltenden Umständen“ (beliebte schwarz-weiß-polizeiliche Redewendung!) den Fackelzug zu Ehren der
Deputirten von der Linken zu verbieten.
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@facs | 0955 |
Strehlen, 17. Dez.
Am Donnerstage wurde der Postschreiber Thiem in Strehlen verhaftet und nach Breslau abgeführt. Als Vicepräsident des dasigen demokratischen Vereins hatte er sich schon
längst die Feindschaft aller Reaktionärs in einem hohen Grade zugezogen, welche nun in seiner Verhaftung Genugthuung finden. Wie wir hören, haben sie bereits eine Proscriptionsliste entworfen, und
hoffen, daß in nächster Zukunft noch mehrere Verhaftungen vor sich gehen werden.
[(A. Od.-Z.)]
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@facs | 0955 |
Von der polnischen Gränze, 12. Dez.
Kaum sind die Klagen über die Cholera verschwunden, und schon erhebt sich drüben eine neue asiatische Krankheit, unter dem Namen Dzumy. Diese
Seuche, welche, von Rußland kommend, jetzt sich auch schon in Warschau gezeigt, tritt in weißen Blattern auf dem Körper auf und rafft ihre Opfer mit weit größerer Schnelligkeit, als die Cholera
weg.
[(Pos. Ztg.)]
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@facs | 0955 |
Altona, 20. Dez.
Gestern Abend wurde Herr Bracklow, als er sich in die Versammlung des väterländischen Vereins begeben wollte, dessen Vorstand er ist, verhaftet. Das Volk machte den
Versuch, ihn zu befreien, aber Linie und Bürgermilitär verhinderten es. Vor Mitternacht schon herrschte wieder Ruhe.
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@facs | 0955 |
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] Kassel, 19. Dez.
Endlich ist das Urtheil gegen die Ex-Garde-du-Korps verkündet worden. Man erinnert sich der von diesen Garde-du-Korps gegen waffenlose Bürger verübten
Gräuelthaten. Die Reaktion hatte diese saubere Heldenthaten hervorgerufen; adlige Offiziere waren die Lenker. Wenn aber Soldaten Verbrechen begehen gegen Bürger, so muß es schon zum Aeußersten kommen,
wenn mehr als eine Scheinstrafe ausgesprochen wird. Im vorliegenden Falle ging eine wirkliche Strafe nicht ganz zu vermeiden, sie wurde aber so gelind eingerichtet, als nur möglich, damit die
Soldateska ja nicht den Muth verliere, sich auch fernerhin in solchen Heldenthaten gegen waffenlose Menschen zu erproben und über ruhig ihres Weges gehende Bürger in kannibalischer Wuth mit gezogenem
Säbel herzufallen. Einer der Anstifter, Lieutn. v. Verschuer I., erhielt — nun wie viel? — 1 Monat Festung; Lieutn. v. Verschuer II. — 14 Tage Arrest! Rittmeister v. Baumbach 3
Wochen Arrest, Wachtmeister Stiegel 7 und Gärtner 3 Wochen Arrest. Gegen die Gemeinen ist ebenfalls auf Arrest erkannt. Man sieht, wie billig es ist, als Soldat die Leute niederzuhauen, besonders wenn
man Wachtmeister, Lieutenant etc. ist.
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@facs | 0955 |
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] Frankfurt, 21. Dezember.
Sitzung der National-Versammlung.
Vicepräsident Beseler präsidirt.
Auf der Tagesordnung sehen wir:
1. Berathung über das „Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes“
2. Berathung des vom Finanzausschuß erstatteten Berichts, über das Büdget der Reichsversammlung und der provisorischen Centralgewalt für die Periode vom 1. September bis zum 31 Dezember 1848.
3. Fortsetzung der Berathung über den „Reichstag.“ (Art 6. § 20 ff.)
Roßmäßler befrägt den Reichsminister des Innern wegen einer Verletzung des Briefgeheimnisses, welche ihm widerfahren ist.
Der Minister ist nicht da. Diese Verletzung des Briefgeheimnisses gehört vermuthlich zu den Märzerrungenschaften und den eben vollendeten Grundrechten!
Würth aus Sigmaringen (der Hochverräther) frägt den Kriegsminister, wie lange die lästige und ganz überflüssige Einquartirung im Kreise Siegmaringen dauern wird?
Der Minister ist nicht anwesend.
Man geht zur Tagesordnung.
Die Berathung des Einführungsgesetzes führt zu einer eben so heftigen als charakteristischen Debatte.
Gombard aus München (eine Säule der Fürsten) stellt in Verbindung mit den Herren v. Radowitz, v. Linde, v. Vinke und einigen andern Reaktionären folgenden erbaulichen Antrag:
„In Folge des Beschlusses vom 7. April d. J., wonach die Nationalvertreter gewählt werden sollen für das zwischen den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringende Verfassungswerk,
beschließt die National-Versammlung: die Grundrechte den Regierungen der Einzelstaaten zur alsbaldigen Erklärung über die Annahme vorzulegen, damit sie im Falle der Annahme als
Bestandtheile der Verfassung gesondert verkündet werden können.“
Die Erläuterung dieses Antrags, welche Hr. Gombard mit der erstaunlichsten Naivität und Freimüthigkeit zu Tage bringt, wird von der Versammlung mit dem herzzerreißendsten Konzert, mit einer
wahrhaft grauenerregenden Katzenmusik begleitet.
Zell und Schoder ermüßigen sich, Hrn. Gompard kurz aber energisch und unter vielem Beifall zurechtzuweisen.
Hierauf stimmt man über den vorstehenden Antrag namentlich ab und verwirft denselben mit 334 Stimmen gegen 69. Dafür stimmten außer jenen Koriphäen der Reaktion ganz unbekannte Namen.
Hierauf geht man nach einigem neuen Lärm zur Abstimmung, und nimmt das Gesetz in folgender Gestalt an:
Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes.
Die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt:
I.
Mit diesem Reichsgesetz treten in Kraft die Bestimmungen: der §§ 1, 2, 3 (jedoch in Bezug auf Aufenthalt Wohnsitz und Gewerbebetrieb unter Vorbehalt der in Aussicht gestellten Reichsgesetze),
4, 5, 6, 7 (vorbehaltlich der in III. und VIII. dieses Gesetzes enthaltenen Beschränkungen), 8 (unter Verweisung auf III. und VII. enthaltenen Bestimmungen), 11, 12, 13 (mit der Maßgabe, daß, wo
Schwurgerichte noch nicht eingeführt sind, bis (!) zu deren Einführung über Preßvergehen, die bestehenden Gerichte entscheiden), 14, 15, 16, 17 (blos 2. und 3. Absatz), 18, 22, 24, 25, 28, 29, 30, 31,
32, 33 (2. Absatz), 34, 35 (mit Ausnahme des ersten Absatzes), 36 (2. Absatz), 37 (vorbehaltlich der über die Ablösung der Jagdgerechtigkeiten und über die Ausübung des Jagdrechts zu erlassenden
Gesetze), 42 und 44 (erster Absatz).
Alle Bestimmungen einzelner Landesrechte, welche hieemit in Widerspruch stehen, treten außer Kraft.
II.
In Beziehung auf den im § 17 ausgesprochenen Grundsatz der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften sollen die organischen Einrichtungen und Gesetze, welche für die bestehenden Kirchen zur
Durchführung dieses Prinzips erforderlich sind, in den Einzelstaaten möglichst bald getroffen und erlassen werden.
III.
Abänderungen oder Ergänzungen der Landesgesetzgebungen, so weit dieselben durch die folgenden Bestimmungen der Grundrechte geboten sind, sollen ungesäumt auf verfassungsmäßigem Wege getroffen
werden und zwar:
1. statt der im § 9 und § 40 abgeschafften Strafen des Todes, des Prangers, der Brandmarkung, der körperlichen Züchtigung und der Vermögenseinziehung durch gesetzliche Feststellung einer
anderweiten Bestrafung der betreffenden Verbrechen;
2. durch Ausfüllung der Lücken, welche in Folge der im § 7 ausgesprochenen Aufhebung der Standesunterschiede im Privatrechte eintreten;
3. durch Regelung der Wehrpflicht auf Grund der im § 7 enthaltenen Vorschrift;
4. durch Feststellung der beim Heer und Seewesen vorbehaltenen Modifikationen des § 8;
5. durch Erlassung der Gesetze, welche den dritten im § 10 erwähnten Fall der Haussuchung ordnen;
6. durch Erlassung der nach §§ 19, 20 und 21 erforderlichen Vorschriften über Eid, Ehe und Standesbücher;
7. durch Einrichtung des Schulwesens auf Grund der §§. 23, 26 u. 27;
8. durch Aenderungen im Gerichts- und Verwaltungswesen gemäß den Bestimmungen des §. 35 im ersten Absatz, der §§. 41, 43, 44 im zweiten und dritten Absatze, sowie der §§. 45-49 incl.
IV.
Ebenso ist ungesäumt die weitere Feststellung der in den §§. 33, 36 bis einschließlich 39 geordneten Eigenthumsverhältnisse in den einzelnen Staaten vorzunehmen.
V.
Die Erlassung und Ausführung der vorstehend gedachten neuen Gesetze sollen von Reichs wegen überwacht werden.
VI.
Bis zur Erlassung der in den §§. 3, 13, 32 u. 50 erwähnten Reichsgesetze sind die betreffenden Verhältnisse der Landesgesetzgebung unterworfen.
VII.
In den Fällen, in welchen nach dem Vorstehenden neue Gesetze erforderlich oder in Aussicht gestellt sind, bleiben bis zur Erlassung derselben für die betreffenden Verhältnisse die bisherigen
Gesetze in Kraft. Rücksichtlich der Haussuchung bleibt denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, vorläufig diese
Befugniß.
Einige Minoritätserachten, die zu Art. I. gestellt waren, wurden zurückgezogen. Einige Amendements verworfen. Diskutirt wurde über die vorstehenden VII Artikel nicht. Dagegen erhob sich eine
Diskussion über den vielfach amendirten Art. VIII., den Schlußartikel dieses Einführungsgesetzes, welcher also lautet:
VIII
Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standesvorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der
Landesgesetzgebung nach folgenden Bestimmungen herbeigeführt werden:
1. die durch die Verfassungsurkunden für den Fall der Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Erschwerungen der Beschlußnahme finden keine Anwendung, vielmehr ist in den Formen der gewöhnlichen
Gesetzgebung zu verfahren;
2. wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereinigung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in einer Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit die
erforderlichen Beschlüsse zu fassen.
Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt nach Lage (!) der Sache (!) die Maßregeln zu treffen, welche die Ausführung sichern.
Gegen diesen Artikel spricht Schober und für folgenden von ihm und Tafel gestellten Antrag:
„Zum Zweck derjenigen Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche nach vorstehenden Bestimmungen der Grundrechte vorzunehmen sind, sollen Landesversammlungen nach
den Wahlvorschriften des Vorparlaments gewählt und einberufen werden und ist sofort der Vollzug jener Abänderungen binnen der nächsten drei Monate anzuordnen.“
Eventuell beantragt Schoder, statt der in Art. VIII angesetzten 6 Monate, nur 3 Monate setzen zu wollen. — Der Schlußsatz des Art. VIII. sei in einer Sprache abgefaßt, welche er wirklich
seit den Märztagen für unmöglich gehalten hätte. (Man lese diesen Schlußsatz. Er ist eine Camphausen'sche Stylübung!)
An seiner Stelle hat die Minorität des Ausschusses (Mittermaier, Wigard etc.) beantragt:
„Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzufordern, ungesäumt auf Grundlage des
Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zu berufen“
Mittermaier empfiehlt dies Minoritäts-Erachten.
Buß aus Freiburg (Ultramontan, eine äußerst komische Erscheinung, hohe weiße Halsbinde, weiße Weste, sehr durchdringende und scharfe Stimme von immerwährendem Kopfschütteln und
Handbewegungen begleitet), befindet sich diesmal mit Schoder auf einem und demselben revolutionären Boden und — einer Meinung (Heiterkeit und Bravo links, rechts Vergnüglichkeit). Seine Rede
ist von Unsinn und Sinn ein lieblich Gemisch
Zum Schluß der Debatte empfiehlt der Berichterstatter Deiters die Fassung des Art. VIII. nach der Majorität des Verfassungs-Ausschusses. Bei der Abstimmung wurde das Amendement von Tafel und
Schoder verworfen. (Das Wort Vorparlament kommt ja darin vor!).
Ebenso ein ähnlicher Antrag von Moritz Mohl.
Ebenso das Amendement von Schoder in Satz 1, Art. VIII., statt 6, 3 Monate zu setzen.
Ein Antrag von Drexler: im Satz 1, Art VIII. statt gegenwärtige Organe, einfach Organe zu setzen, wird mit 230 Stimmen gegen 198 verworfen.
Hierauf wird Art. VIII. und zwar der einleitende Satz und Punkt 1. und 2 angenommen.
Alsdann als Punkt 3 ein Antrag von Schoder:
3. Uebrigens bleibt es den Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß jene Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche
Vereinbarung alsdann die Bestimmungen unter 1 und 2 maßgebend sind.“
Endlich statt des im diplomatischen Styl abgefaßten Schlußsatzes von Art. VIII. das oben angeführte Minoritäts-Erachten von Wigard, Mittermaier etc. mit 215 Stimmen gegen 198 angenommen.
Somit sind Grundrechte und Einführungsgesetz zu Stande gebracht.
Wie ich eben höre, wird das Reichsministerium das vorstehende Einführungsgesetz und die Grundrechte bereits den 23. durch das Reichsgesetzblatt publiziren.
Um halb 3 Uhr vertagt man sich, und setzt auf die Tagesordnung von Morgen den Rest der heutigen.
Endlich beschließt man noch morgen und Sonnabend Sitzung zu halten, und sich dann bis zum 28. d. Mts. zu vertagen
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] Frankfurt, 21. Dez.
Nachrichten aus Berlin sprachen kürzlich davon, daß der Dr. Stieber, durch sein Auftreten im schlesischen Gebirge als königl. preußischer Polizeispion unter
dem Namen eines Maler Schmidt bekannt, eine Reise nach unserer Stadt antreten werde Ich kann Ihnen heute melden, daß der etc. Stieber sich wirklich in der hiesigen Gegend eingefunden hat, um, wie man
sagt, unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen den hiesigen September-Ereignissen auf den Grund zu kommen.
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@facs | 0955 |
Karlsruhe, 19. Dez.
Heute wurde Dr. K. Steinmetz, der wegen einer von ihm bei der ersten Volksversammlung zu Achern gehaltenen Rede hier am 12. April verhaftet worden war, nach einer
„Untersuchungshaft“ von 252 Tagen gegen Kaution aus dem Gefängnisse entlassen.
[(M. Abdz.)]
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@facs | 0956 |
Brodpreis der Stadt Köln.
Vom 24. bis 30. Dez. 1848.[unleserlicher Text]
Ein Schwarzbrod von 8 Pfd. soll kosten 4 Sgr. 7 Pf.
Köln, 24 Dez. 1848.
Der interimistische Polizei-Direktor, Geiger.
Civilstand der Stadt Köln.
Vom 19. Dezember 1848.
Geburten.
Wilh. Karl Adolph, S. v. Edmund Wellmann, Lieut. n der 7. Art.-Brig., Schwalbeng. — Christ. Paul., T. v. Ant. Greg Clement, Conditor, Goldschmid. — Martin, S. v. Joh. Peter Timons,
Tagl., Severinskl. — Clara, T. v. Adam Jos. Ulrich, Schreinerges., Ruhr. — Anton Aloys Hub. Apoll. Maria, S. v. Karl Andr. Wirz, Kaufm., kl. Budeng. — Clara, T. v. Wilh. Broch,
Bäcker, unter Kalenh. — Cathar. Hubert., T. v. Ant. Jos. Hub. Peiffer, Bäcker, Breitstr.
Sterbefälle.
Louise Obitz, 29 J. alt, unverheir., Schilderg. — Wilh. Reusch, königl. Notar, 48 J. alt, verheir., Drususg.
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 23. Dezember 1848.
Abgefahren: J. Budberg nach Duisburg. Wb. Jacob Schaaff nach Wesel.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe Wb. Jac. Schaaff. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr A. Meyer. Nach Andernach und Neuwied Pet. Gies u. M. Pera. Nach Koblenz, der Mosel und Saar G.
Weidner. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar. Nach Bingen H. Harling. Nach Mainz Val. Pfaff. Nach dem Niedermain. Nach Worms und Mannheim A. Rauth. Nach Heilbronn H. Staab.
Nach Rotterdam Kapt. Breynks Köln Nr. 21.
Nach Amsterdam Kapt. Berns Köln Nr. 4.
Rheinhöhe am 23. Dez. 6′ 3″.
Bekanntmachung.
Dem Werkmeister Julius Springborn bei der Bonn-Kölner Eisenbahn zu Bonn ist unter dem 17. Dezember 1848 ein Patent auf eine Schmier-Vorrichtung für Achsenschenkel an Eisenbahn-Wagen in der durch
Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Ausführung auf fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Umfang des preußischen Staats ertheilt worden.
Amtliche Bekanntmachung.
Nach dem interimistischen Wahlgesetz für die erste Kammer vom 6. Dezember 1848 ist jeder Preuße, welcher das dreißigste Lebensjahr vollendet hat, und einen jährlichen Klassensteuersatz von
mindestens acht Thalern zahlt, oder einen Grundbesitz im Werthe von 5000 Thlrn. oder ein reines Einkommen von 500 Thlrn. nachweiset, stimmberechtigter Urwähler für die erste Kammer in derjenigen
Gemeinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
Zur Anfertigung des Verzeichnisses der diesemnach stimmberechtigten hiesigen Einwohner werden, in Folge des Reglements zur Ausführung des Wahlgesetzes vom 8. d. Mts., dieselbe hiermit aufgefordert
binnen 8 Tagen, vom 27. d. Mts. angerechnet, bei mir auf dem hiesigen Rathhause, in den Morgenstunden von 9 bis 1 Uhr, und in den Nachmittagsstunden von 3 bis 7 Uhr Abends, ein Grundvermögen im Werthe
von mindestens 5000 Thlr. oder ein reines Einkommen von mindestens 500 Thlr. glaubhaft nachzuweisen.
Köln, am 20. Dezember 1848.
Der kommissarische Oberbürgermeister, Gräff.
Bekanntmachung.
Wegen der heute früh erfolgten Abfahrt der hiesigen Rheinbrücke treten bei Abfertigung der Posten folgende Veränderungen ein:
- 1) zu den Lokal-Posten nach Bensberg und nach Siegburg werden in Köln keine Reisenden eingeschrieben, die Einschreibung erfolgt in Deuz.
- Die Brief-Annahme in Köln findet bis 3 Uhr Nachmittags Statt.
- Die Schlußzeiten für Auslieferung der Pakete und Gelder sind festgesetzt:
- 2) zur Personenpost nach Frankfurt a. M. auf 9 Uhr Vormittags.
- 3) zu dem Dampfwagenzuge nach Hamm auf 12 Uhr Mittags.
- 4) zu den Dampfwagenzügen nach Minden und Berlin auf 1 Uhr Nachmittags — weil nach Dunkelwerden beladene Postwagen nicht mehr über den Rhein zu schaffen sind.
- 5) zu dem Dampfwagenzuge nach Düsseldorf auf 8 Uhr Abends Tages vorher.
Für die übrigen Posten wird die jetzige Schlußzeit beibehalten.
Dem resp. Publikum wird in seinem Interesse die möglichst frühzeitige Einlieferung aller nach dem rechten Rheinufer bestimmten Fahrpost-Gegenstände anempfohlen, da bei unerwartet eintretendem
starken Eistreiben, Sturm u. s. w. zuweilen eine frühere Abfertigung der Postgüter nothwendig wird.
Köln, den 23. Dezember 1848.
Der Ober-Post-Direktor, Rehfeldt.
Bekanntmachung.
In dem hiesigen Garnison-Lazareth, Carthäuserstraße Nro. 3, ist eine Abtrittsgrube zu reinigen. Das Nähere darüber ist in der Anstalt zu erfahren.
Köln, 18. Dezember 1848.
Die Lazareth-Kommission.
Kölner Viehmarkt.
Der Viehhändler Ahrweiler aus Koblenz wird den nächsten Kölner Markt, Mittwoch den 27. Dezbr. 1848, mit einer Anzahl fetter oberländischer Ochsen beziehen.
Die Säbelherrschaft der neuen oktroyirten Verfassung konnte man am Apellhof mit eigenen Augen wahrnehmen. Der Platz wo die Zeugen ihre Stellung einzunehmen pflegen, war sehr mit Zuhörern gefüllt,
und es sollte Niemand mehr Zutritt haben Kamen aber Offiziere so konnten sie ohne Weiteres passiren, wogegen andere Leute mit der größten Brutalität zurückgewiesen, und sogar vom Militär, welches doch
die Ordnung aufrecht erhalten sollte thätlich mißhandelt wurden.
Herrenkleider werden gewaschen und reparirt, Herzogstraße Nr. 11.
Auf dem gestern Abend 5 1/2 Uhr von Koblenz nach Köln gekommenen Dampfboote „Schiller“ ist von einem Passagiere irrthümlich ein fremdes hölzernes Kistchen anstatt des seinigen, in
Empfang genommen. Um Austausch desselben wird gebeten, und nähere Auskunft beim Brükkenmeister Kuhl ertheilt.
Am verflossenen Montage war ein Mann und eine Frau damit beschäftigt, in der Nähe des Forts Nr. 11 den darin hausenden Soldaten Branntwein, Cafe und Weißbrod zu verkaufen. Sei es nun, daß der
Kapitain diesen beiden Leuten ihr kleines Verdienst oder seinen Soldaten die Erfrischung nicht gönnen wollte, oder daß er sich vielleicht auch einen Orden verdienen wollte, kurz er sandte erst einen
Feldwebel und sechs Mann, dann zwölf Mann und zuletzt sogar auf einmal einen ganzen Zug mit Wehr und Waffen um die zwei Leute zu verhaften. Die beiden Personen befanden sich nicht im Festungs-Rayon,
sondern auf dem Gebiete der Longericher Burgermeisterei, und mußten sich trotzdem endlich vor der rohen Gewalt zurückziehen.
Erinnert diese Geschichte nicht ungeheuer an die von den sieben Schwaben und deren Hasen.
Ein Augenzeuge.
Dem Verdienste seinen Lohn!!
Das in der dritten Beilage der Kölnischen Zeitung Nro 335 „Zur Beachtung“ eingerückte Inserat, scheint wohl nicht das Bedauren von mehreren, die Eisenbahnstation Horrem besuchenden
Reisenden, sondern eines Spekulanten zu sein, der bei einer Anstellung und Pension, auch noch zum Ueberfluß Begründer einer „zur Bequemlichkeit und Erfrischung des echauffirten und reisenden
Publikums“ neu zu errichtenden Restauration zu werden wünscht.
Die Restaurateure der an der Einsteigebühne der Station Horrem belegenen und auf Vorschlag der rheinischen Elsenbahn-Direktion erbauten Restauration Belvedere, so wie auch jener in deren Nähe
befindlichen und Zur neuen Welt genannt, sind sowohl wegen verabreichten Erfrischungen, als wie höflicher und zuvorkommender Bedienung nie der Zufriedenheit des Publikums verlustig gewesen, und werden
fortwährend, wie dieß bis jetzt auch immer geschehen, gerne bereit sein, für dessen bestmöglichste Pflege und Bequemlichkeit, als Einlösung der Fahrkarten etc., bis Zeit der Abfahrt, Sorge zu
tragen.
Mehrere immer vollkommen zufrieden gestellte Reisende.
Für Kaufleute und Fabrikanten.
Ein junger Kaufmann, in Königsberg in Preußen ansässig, welcher jährlich drei Mal die Provinzen Ost- und Westpreußen bereist, wünscht noch ein renommirtes Haus zu vertreten. Er kann sich auf die
besten Firmen hier und auswärts berufen, und erbittet sich Adressen von hierauf Reflektirenden unter M. L. Königsberg in Pr. poste restante franco.
Aufforderung zum Abonnement auf die Neue Königsberger Zeitung.
Die Neue Königsberger Zeitung beginnt mit dem Jahre 1849 ihren zweiten Jahrgang. Durch die Märzrevolution ins Leben gerufen, hatte sie es sich zur Aufgabe gestellt, der neuen Zeit, die angebrochen
war, zu dienen, die Kräfte, die unsere Provinz, und insbesondere unsere Stadt zählt, um sich zu sammeln, um einerseits selbstthätig für die Entwickelung unseres Vaterlandes wirksam zu sein, und
andererseits das geistige und politische Leben Deutschlands mit unserer Provinz vermitteln zu helfen.
Wie weit es der Zeitung gelungen ist, diese Aufgabe zu erfüllen, bekundet die immer wachsende Theilnahme, die der Zeitung gezollt wird. Sie ist uns dafür Bürge, daß unsere Anstrengungen nicht
vergebens waren, sie entschädigt uns für die vielen Anfeindungen, die wir unausgesetzt zu ertragen haben.
Wir werden fortfahren, im Geiste der neuen Zeit zu wirken, wir werden unausgesetzt thätig sein, den Anforderungen zu genügen, die in der Jetztzeit an eine Zeitung ersten Ranges gemacht werden, und
dahin streben, daß unserm Blatte eine ehrenvolle Stellung unter den politischen Zeitschriften Deutschlands zuerkannt wird.
So entschieden auch die Zeitung die Prinzipien der Demokratie vertreten, und für sie Partei ergreifen wird, so wird die Mittheilung der politischen Thatsachen durchaus unparteiisch und so
ausführlich als nöthig erfolgen. Wir werden bemüht sein, auch so viel als möglich Nachrichten aus Rußland zu bringen.
Unserer Provinz soll nach wie vor besondere Beachtung gezollt werden, so daß Deutschland ein reichhaltiges Bild von derselben erhalten wird.
In Ermangelung eines belletristischen und wissenschaftlichen Organs in unserer Provinz, ist der Zeitung ein Feuilleton beigefügt.
Das Abonnement beträgt für Hiesige 1 Thlr. 5 Sgr., mit Zusenden 1 Thlr. 10 Sgr.
Expedition: Brodbänkenstraße Nr. 35. Für Auswärtige 1 Thlr. 12 Sgr.
Alle Postämter nehmen Bestellungen an.
Adolph Samter.
Einladung zum Abonnement.
Auf die in Basel mit Ausnahme des Sonntag täglich in Folio Format erscheinende freisinnige Schweizerische Nat.-Zeitung welche mit dem 1. Januar 1849 ihren achten Jahrgang antritt.
Wie bisher werden wir die Tagesereignisse (mit besonderer Rücksicht auf die Verhandlungen der schweizerischen Bundesversammlung etc.), möglichst schnell und umfassend mittheilen, zahlreiche
Korrespondenzen im In- und Auslande setzen uns dazu in Stand.
Um unseren verehrl. Abonnenten wichtige Neuigkeiten schnell mitzutheilen, werden wir die Zeitung, wenn nöthig, wie bisher auch Sonntags erscheinen lassen und durch Extra-Bülletins ergänzen, was
besonders jetzt, wo jeden Tag wichtige Neuigkeiten aus unsern Nachbarländern eintreffen können, wohl zu beachten ist.
Zeitgemäßer Fortschritt ist das stete Streben der Redaktion, die alle Freunde desselben zur thätigen Unterstützung einladet.
Man abonnirt für Deutschland und der Schweiz bei den verehrl. zunächstgelegenen Postämtern und Zeitungs-Expeditionen; für Frankreich, England und die überseeischen Länder Hr. G. A. Alexandre,
Brandgasse, Straßburg, und Rue Notre-Dame de Nazareth Nro. 23 in Paris. — Sechs Monate kosten ohne Postaufschlag fl. 3 20 kr. oder 1 Thlr. 25 Sgr.
Inserate finden zweckmäßige Verbreitung und kosten die Petitzeile 3 kr. oder 1 Ngr.
Alle Buchhandlungen nehmen ebenfalls Bestellungen an.
Basel, im Dezember 1848
J. C. Schabelitz'sche Buchhdlg.
P. S. Vom Januar k. J. an erscheint als monatliche Beilage zur Schweizerischen National-Zeitung, ein Monatsblatt für die schweizerischen National-Vereine und zwar in gleichem Formate, wie erstere,
je nach vorhandenem Stoff, einstweilen vier zweispaltige Folioseiten umfassend. Wer für sechs Monate auf die „Schweiz. Nat.-Zeitung“ abonnirt, erhält dieses Monatsblatt gratis; allein,
und durch Buchhandlungen bezogen kostet es hingegen 1 fl. oder 20 Ngr. per Jahr. Die erste Nummer erscheint Anfangs Januar 1849. Alle resp. Zeitungs-Expeditionen, Postämtern und Buchhandlungen nehmen
Bestellungen an.
Da dieses Monatsblatt auch für die in Deutschland bestehenden Turnvereine, Schützengilden etc., so wie auch für alle Vereine, welche sich die Beförderung des Volkswohles zur Aufgabe machen, von
großem Interesse ist, so machen wir dieselben besonders darauf aufmerksam, und laden zu zahlreicher Theilnahme ein.
D. Obige.
Die Neue Kölnische Zeitung für Bürger, Bauern und Soldaten.
Herausgegeben von F. Anneke und F. Beust wird im nächsten Vierteljahre mit dem bisherigen Eifer und mit vermehrten Kräften sich bestreben, ihre Aufgabe: — thätigste Mitwirkung zur Befreiung
aller unterdrückten Klassen des Volkes von jedem Drucke zur Verwirklichung des Wahlspruchs: Freiheit, Wohlstand und Bildung für Alle! — zu erfüllen. Der Eine ihrer Herausgeber, F. Beust hat
sich zwar nach Paris entfernt, um den Klauen der preußischen Justiz zu entgehen, dagegen wird der Andere, F. Anneke, wenn derselbe, woran wir nicht zweifeln, am 23. d. M. vor den Geschwornen
freigesprochen wird, seine Kräfte dem Blatte ganz widmen, woran ihn bisher Schloß, Riegel und doppelte Censur hinderten. Die Neue Kölnische Zeitung bekommt alle Nachrichten von Berlin und Paris so
schnell als die größern Blätter, außerdem aber aus vielen Orten der Rheinprovinz und Westfalen über wichtige Vorfälle, Privat-Mittheilungen. Das Format des Blattes wird im nächsten Vierteljahr
vergrößert werden. Der Preis bleibt der bisherige von 22 Sgr. 6 Pf. für's Vierteljahr. Alle Postämter nehmen Bestelleungen an.
Unsere Gesinnungsgenossen laden wir zur Unterstützung und Verbreitung des Blattes durch zahlreiches Abonnement ein.
Die Redaktion der „Neuen Kölnischen Zeitung.“
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Abfahrten von Köln vom 1. Nov. ab.
Um 5 Uhr Morgens über NYMEGEN nach Rotterdam, jeden Sonntag, Montag, Mittwoch und Freitag.
Um 1 Uhr nach Mitternacht nach MANNHEIM, jeden Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
Von ROTTERDAM nach LONDON fährt der „Batavier“ jeden Dienstag (in direktem Anschluss an das Sonntags von Köln fahrende Dampfboot).
Die Personenfahrgelder für alle Stationen sind um Bedeutendes ermässigt.
Nähere Auskunft für Passagiere und Güter ertheilt die Haupt-Agentur Friedrich-Wilhelmstrasse Nr. 4.
Köln, 1. November 1848.
Die Eröffnung meiner Gastwirthschaft zeige ich hiermit ergebenst an, und bitte zugleich um geneigten Zuspruch. Die mich mit ihrem Besuche beehrenden Gäste können einer guten und prompten Aufwartung
gewiß sein, da ich die Einrichtung getroffen habe, daß ich außer gutem Bier, Branntwein und Liqueuren, auch eine gute Portion Essen verabreichen kann.
Heinrich Schmitz, Lintgasse Nro. 2 in Köln.
Gasthof zum Telegraphen, dem Bonn-Kölner Bahnhofe gegenüber, Weidenbach 11-13.
Einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum die ergebene Anzeige, daß ich meine Gastwirthschaft und Restauration eröffnet habe.
Durch vortreffliche, äußerst billige Weine, so wie gut zubereitete Speisen werde ich mich meinen Freunden und Gönnern besonders zu empfehlen suchen.
H. Hermans.
Dem geehrten reisenden Publikum, so wie meinen geschätzten Bekannten die ergebene Anzeige, daß ich vom 1. Januar 1849 ab den „Schweizer Hof“, Charlottenstraße Nr. 43 nahe den Linden
übernehmen, und unter der Firma Zernickow's Hotel fortführen werde.
Berlin, Dezember 1848.
H. F. Zernickow.
Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gas-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
Hôtel Royal 26 New-Bridge-Street Blackfriars London bei C. de Keyser.
Das einzige Hotel in London, wo sämmtliche Bedienung in deutscher und französischer Sprache Statt findet.
SEYD'S Deutscher Gasthof in London.
39 FINSBURY SQUARE, empfiehlt sich dem reisenden Publikum.
ENGLISCHER HOF in Cöln.
Casinostrasse Nr. 1.
Empfiehlt einem reisenden Publikum auf's Angelegentlichste.
Herm. Jos. Thibus.
Eine große Auswahl in gesteppten und wollenen Bettdecken empfiehlt bestens D. Kothes, Altenmarkt 69.
So eben erhielt ich wieder eine neue Sendung wollener Bettdecken von 1 Thlr. 5 Sgr. bis 5 Thlr. die ich hiermit bestens empfehle.
D. Kothes, Altenmarkt 69.
Koaks so wie fette und magere Kohlen sind vorräthig auf dem Lager der Eschweiler-Pannesheider Bergwerks-Vereine am Thürmchen.
U. Keiffenheim, Salzmagazinstraße Nro. 7.
Frischer Honig per Pfund 4 Sgr. in Partieen billiger, zu haben Severinstraße Nr. 156.
Musik.
Unterricht in Violin und Guitarre. Näheres bei B. Mayr, Instrumentenmacher, St. Apernstr. Nr. 57.
Berlin: Oekonomie-Administratoren — Wirth schafts-Inspektoren — Forst- und Domainen-Beamte — Rentmeister — Secretaire — Oberkellner — Braumeister —
Fabrik-Aufseher — Pharmaceuten — Buchhalter- und Handlungs-Commis (für Banquier-, Comptoir-, Fabrik-, Manufactur-, Schnitt-, Material-, Reise- und sonstige Geschäfte) können sehr gute
und dauernde, mit hohem Gehalt verbundene Stellen erhalten, und wollen sich baldigst wenden an die Agentur des Apothekers Schulz in Berlin, Alexanderstrasse Nr. 63.
Wein-Verkauf außer dem Hause.
Reingehaltener Moselwein per Quart 2 und 2 1/2 Sgr.
Johannisstraße Nr. 48.
Ein junger in schriftlichen Arbeiten gewandter Mann sucht Beschäftigung als Schreiber. Näheres Johannesstraße Nr. 26.
Bürger- u. Handwerker-Gesang-Verein.
Versammlung heute Nachmittags 2 Uhr, Mühlengasse Nr. 1.
pr. Direktion:
W. Herx, Lehrer.
Punsch-Stube.
Von heute an wird zu jeder Zeit des Tages warmer Punsch verabreicht. Rum-Punsch 2 Sgr. Arrac-Punsch 3 Sgr. Ananas-Marasquin-Punsch 6 Sgr. das Glas, in der Liqueur-Fabrik von Hub. Cron, unter
Gottesgnaden Nr. 13-15.
Oberländische Küche Langgasse 1.
Gastwirthschaft und Restauration.
Zu jeder Tageszeit alle der Saison angemessene Speisen, vorzügliche Weine, Liqueure, Punsch etc.
Ein solider gewandter junger Mann der gute Atteste beizubringen im Stande ist, wünscht baldigst eine Comptoir- oder Reisestelle. Die Exp. sagt wer.
Börse bei Halin.
Heute und während der Feiertage Mittags Harmonie und Abends karnevalistische National-Produktion der Gesellschaft Concordia.
Für ein benachbartes Engros-Geschäft wird ein gewandter, gutempfohlener Reisender gesucht. Franco Offerten sub A. L. wolle man in der Exped. abgeben.