Deutschland.
@xml:id | #ar163b2_001 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
121
] Wien, 2. Dez.
Die Politik, welche, um den österreichischen Auswurf zusammen zu halten, unter Metternich bestanden hat: Gift, Banditenkünste, allgemeine Kretinisirung und Entmenschung, ist völlig wieder da, wo
nicht übertroffen. Man hat einstweilen nur noch den fremden Namen beibehalten, und spricht von „konstitutionellen Akten“, wenn der Menschenmord hekatombenweise geschieht, und
schleichendes Gift in Eisen und unbeschreibbaren Qualen schmachtende Märtyrer allmählig beseitigt. Glauben Sie ja nicht, daß ich übertreibe. Was in Oesterreich Thatsache ist, mag immerhin die Gränzen
der scheußlichsten Banditen-Phantasie übertreffen; in Oesterreich findet sich die Thatsache. Zu den vergangenen Scheußlichkeiten, mit denen sich das entartete Europa bereits vereinbart hat, gesellen
sich täglich neue, ganz abgesehen von dem non plus ultra aller non plus ultra's, welches fortwährend in Ungarn erreicht wird. — Das Abendblatt zur Wiener Zeitung von gestern brachte uns
drei neue Verurtheilungen beliebiger Schuldlosen, von welchen der eine aus Gründen, die das Kriegsgericht sich von dem Abschaum der menschlichen Niederträchtigkeit hat sagen lassen, und die man
vereidete Zeugen zu nennen keinen Anstand nimmt, zu 14 Jahren Kerker mit Schanzarbeit (nota bene Schanzarbeit in Oesterreich!) verdammt worden ist. Sollte dieser Urtyp aller politisch-sozialer
Verworfenheit noch solange athmen, — ich meine den sogenannten österreichischen Staat —, dann können Sie getrost auf alle Demokratie verzichten. Sie sehen, welchen niederdonnernden
Einfluß der Fall Wien's bereits auf Deutschland gehabt hat. Und dennoch hat noch kein Metternich wieder die Zügel in der Hand. — Lesen Sie das genannte Abendblatt weiter, so werden Sie
finden, daß es gar nicht genug weiß, wie es 10,000 gemeine Teufel, — nicht etwa einen Mephistopheles — , heraufbeschwören soll, um mit einer Unterwürfigkeit, die wir mit Unrecht eine
hündische nennen, weil kein Hund die Niederträchtigkeit des Menschen zu erreichen vermag, selbst die eigene Henkerpartei darüber anzuklagen, daß sie nicht mord- und giftsüchtig genug gewesen, den
Gutgesinnten, d. h. den k. k. Schakalen und Karaiben, ihren Beistand zu leisten. Zwei Blätter drohen diese Wiener Zeitung niederzuschmettern, der „Lloyd“ und die „Presse“.
Beide überbietee sich in geisttger Bestialität; beide haben einen Pakt geschlossen, zufolge dem sie sich gegenseitig befehden; aber beide sind ministerielle Kreaturen. Der Lloyd will nach seiner
gestrigen Nummer, daß die Henkerscenen in Wien noch fortdauern; die „Presse“ widerspricht dem gemäß Uebereinkunft; der vom blöden Publikum daraus gezogene Gewinn aber ist
gemeinschaftlich. Aber die Wiener Zeitung will nicht untergehen, und da die Hölle regiert, so beschwört und bezahlt sie die phantasiereichsten Hallunken dieser Hölle, beide Konkurrenten zu überbieten.
Das Ministerium benutzt diese „gutgesinnte“ öffentliche Meinung, und wird den Belagerungszustand ad Graecas Calendas bestehen lassen. Es benutzt sie, den Reichstag zu purifiziren, d. h.
ganz zu beseitigen. Unter An[unleserlicher Text]hung des Standrechts werden die Wahlmänner gezwungen, freisinnigen Deputirten Mißtrauensvota zu geben, die dann, wie das gegen Goldmark, von der Tigerwuth beseelt sind,
die sie diktirte. Diese Presse malträtirt Deutschland auf die verruchteste Weise, und schlägt heute vor, daß Oesterreich seine Deputirten aus Frankfurt abberufe. Man will diese Abgeordneten, man will
die von Kremsier nur darum ihrer Abgeordnetenqualität entkleiden, um sie nachher bequem meuchelmorden, oder in Festungen begraben zu können. Das sind die alten Gesetze, die nach dem berüchtigten
Reichsminister Schmerling in Oesterreich noch nicht abgeschafft sind. Schon jetzt spielt dieser Schmerling den metternichischen Münch-Bellinghausen.
Der ungarische Krieg wird lange dauern, weil die Ungarn fast alle Festungen inne haben, und von den Karpathen aus einen Guerillakrieg führen können.
Den Windischgrätz sah ich neulich die Mariahilfer-Straße herabfahren; er kam von Schönbrunn und war hinten, vorn und zur Seite von einem dichten Schwarm Kavallerie eskortirt, die mit gespannten
Pistolen einherritten. Alle Fenster öffneten sich, Vivats erschollen und weiße Tücher wehten dem Würgengel zu!! — Am Bauernmarkt soll gestern ein sogenanntes aufrührerisches Plakat zu sehen
gewesen sein, in welchem zum Sturz der Dynastie aufgefordert wird. Aus der Aula hat man Pferdeställe und Soldatenkloaken gemacht. Lassen Sie sich in Ihrem Urtheil nur nicht von den hundsföttischen
Fabrikaten unserer Zeitungen beirren, wonach man hie und da glauben sollte, es sei hier nicht so schlimm, als es scheint. All diese Fabrikate sind abgekartete Schurkereien, mit welchen man das
sogenannte Ausland zu betrügen gedenkt, um unter der Hand hier ruhig fortmorden und fortvergiften zu können. Die deutschen Reichskommissare, wie sie immer heißen mögen, nehmen sich unter solchen
Umständen wie eine höllische Ironie aus. Das Ministerium, gibt es ihnen nicht unumwundene Ohrfeigen, hält sie jedenfalls zum Narren. Eine Reichsarmee gegen Ober-Oestreich und Tyrol, eine gegen Böhmen
und 600,000 Franzosen im Hintergrunde, das würde anders wirken.
Nachschrift. Ihre Zeitung trifft jetzt erst am sechsten Tage hier ein. Daraus sehen Sie unsere schauderhafte Postwirthschaft. Auch muß wieder für jede Nummer Eingangsstempel bezahlt werden,
nämlich 2 Kreuzer (c. 8 Pfg.).
@xml:id | #ar163b2_002 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
*
] Berlin, 4. Decbr.
Wie sich die Regierung an dem Parteitreiben betheiligt, das möge hier durch eine einzelne Thatsache nachzuweisen mir gestattet sein: Nachdem mir angezeigt worden, daß der Magistrat zu Erfurt sich
mit dem Vertriebe politischer Traktätchen, sofern sie in seinem Sinne, befasse, nahm ich aus einem besondern Falle Veranlassung, an den Magistrat von Erfurt nachfolgendes Schreiben zu richten:
„Wie mir angezeigt worden ist, haben die Wohllöblichen Stadtbehörden 800 Exempl. eines Placats derjenigen Abgeordneten, welche die National-Versammlung verlassen haben und noch nicht zu ihr
zurückgekehrt sind, so wie eine anonyme Druckschrift, im Sinne der beabsichtigten Contre-Revolution, vertheilen lassen. Ich bin veranlaßt, die Wohllöblichen Behörden ergebenst zu ersuchen, in
derselben Art wohlgeneigtest vertheilen zu lassen: die hierbei kommenden 800 Exempl. einer offiziellen Denckschrift der hiesigen National-Versammlung vom 13. v. Mts. worin die Thatsachen und Gesetze
nachgewiesen werden, aus welchen die Herren: Graf Brandenburg, v. Ladenberg, v. Strotha und von Manteuffel des Hochverraths schuldig sein sollen. Indem ich mich mit dem bei weitem größten Theile der
dortigen Bürgerschaft auch hierunter einer geneigten Willfährigkeit Seitens der Wohllöblichen Stadtbehörde versehe, bestehe ich“ etc. —
Darauf empfing ich folgende Antwort:
„Euer Wohlgeboren erwiedern wir auf die Zuschrift vom 22. v. Mts., daß wir uns nicht veranlaßt finden können, die uns übersandten 800 Exempl. der fraglichen Druckschrift in hiesiger Stadt
vertheilen zu lassen, da eine solche Verbreitung von dergleichen Schriften von Amtswegen nicht stattfindet und die gemachte Ausnahme hinsichtlich der Verbreitung der von Ihnen bezeichneten 2
Druckschriften lediglich durch eine Anordnung der uns vorgesetzten Behörde veranlaßt war. Die von Ihnen uns zugegangenen Exempl. der fraglichen Denkschrift sind zu Ihrer Disposition auf unsrer
Registratur niedergelegt. Erfurt den 26. Novbr. 1848. Der Magistrat, Polizei-Verwaltung. gez: Dufft;“ —
Indem ich dem öffentlichen Urtheil ein solches Treiben der Behörde zwischen den Parteien überlasse, bemerke ich noch, daß diejenigen beiden Pamphlete, zu deren Vertrieb der Magistrat „durch
eine Anordnung der Regierung zu Erfurt“ veranlaßt war, eine einseitige Darstellung Seitens mehrerer Abgeordneten der Rechten und eine anonyme, von groben Unwahrheiten oder Irrthümern
vollgepfropfte Insinuation enthalten. Der Magistrat hatte diese Pamphlete u. A. auch in der öffentlichen Stadtverordneten-Versammlung auf den Sitzen des Publikums zahlreich auslegen lassen und als das
Publikum die Nachrichten meistens zerriß und ein Stadtverordneter de[s] Magistrats-Vertreter interpellirte: wer eine solche Verbreitung dieser Nachrichten angeordnet, hatte, wie mir angezeigt worden,
der Magistratsvertreter die Schuld auf einen Unterbeamten gewiesen. —
So damals. Jetzt aber ist Erfurt in Belagerungszustand und die Habeas-Corpus-Acta de facto [au]ßer Kraft. — Ich verlange von einer Regierung und einem Magistrat, daß sie in ihrer amtlichen
Wirksamkeit über den Parteien stehen, ich verlange auch in solchen Dingen von ihnen Unparteilichkeit.
Es kann für die Dauer keine ersprießlichen Früchte bringen und das Vertrauen nicht wieder erheben, wenn es den Behörden gelingt die öffentliche Stimme eine Zeitlang irre zu leiten. — Ich
warne bei dieser Gelegenheit vor den Berichten über den fluchwürdigen Straßenkampf vom 24. November, namentlich über die Ursachen desselben. Nur die Regierungspresse, ja selbst nur die Regierungs
Federn sind jetzt in Erfurt frei, die der anderen Partei sind gefesselt.
Krackrügge Abgeordneter für Erfurt.
@xml:id | #ar163b2_003 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
43
] Schleswig, 1. Dezbr.
In einer von der „gemeinsamen Regierung“ der Herzogthümer an die Nordschleswiger erlassenen Ansprache werden letztere gewarnt, den von Kopenhagen ausgehenden offiziellen
Aufforderungen zur Steuerverweigerung Gehör zu schenken. Es werden zugleich „Maßregeln an der Grenze“ angekündigt, um die dänischen Störungsversuche zurückzuweisen. Die Ansprache
ist datirt Gottorp, den 29. Novbr.
@xml:id | #ar163b2_004 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
*
] Trier, 5. Dezember.
Die „Triersche Zeitung“ wird überschwemmt von der amtlichen Belletristik des Herrn Sebaldt. Während von allen Seiten Entrüstung sich kund gibt über die Gewaltmaßregeln dieses Koburger
Autokraten, fährt letzterer fort, in seiner gewöhnlichen Weise zu antworten. Die willkührliche Absetzung des Pastors Gommelshausen von Seiten des Regierungspräsidiums, hatte in allen Klassen der
Gesellschaft eine wahre Erbitterung hervorgerufen. Der Piusverein namentlich fand sich veranlaßt, diese allgemeine Entrüstung dem Präsidenten laut werden zu lassen. Wie antwortet der Präsident dem
„sogenannten“ Verein? „Ich bin in der Regel nicht Willens, sagt er, Privat-Vereinen, wenn sie sich in amtliche Angelegenheiten einmischen, welche sie nichts angehn, Rede zu stehn;
mache aber hier eine Ausnahme, weil ich einige Personen unterzeichnet finde, denen ich persönlich Achtung schuldig bin.“
„Ich,“ von Gottes Gnaden Koburger Präsident ohne Staatsexamen! bin nicht Willens. Er ist nicht Willens! Er, der Koburger Präsident, steht über dem König und über dem Gesetz! Ich bin
in der Regel nicht Willens! Das ist also seine Regel. Der ganze Kreis Trier drückt seine Indignation aus, und der Koburger Fürst spricht von „Angelegenheiten, welche die Bewohner nichts
angehn.“ Und welchen Personen gegenüber hält er diese Sprache? Gegen Personen, „denen er persönlich Achtung schuldig ist.“ Den übrigen Personen, den Unterschriften des ganzen
übrigen Kreises antwortet er nicht: er „ist ihnen keine Achtung schuldig:“ sie sind seine Unterthanen, seine „Untergebenen.“ Der Pastor Gommelshausen ist in den
Bürgerausschuß eingetreten, und der kommiss. Präsident setzt ihn ab.
Von allen Seiten wird dem kommiss. Präsidenten zugerufen: daß er sowohl die staatsbürgerlichen Rechte des Herrn Gommelshausen, als auch das Wohl der ihm anvertrauten Anstalt verletzt habe, daß er
in das kirchliche Gebiet eingeschritten sei. „Die Herren Remonstranten wollen sich bescheiden, daß das gewagte Urtheil einer Gewaltmaßregel ohne allen verständigen Boden ist.“
Wahrhaftig, der unverständige Boden, auf den Herr Sebaldt sich stellt, übersteigt die verständige „Frechheit seiner Sprache:“ „Schließlich wünsche ich, daß der Pius-Verein, wenn
er nochmals zu einer Korrespondenz mit mir Anlaß nimmt, sich einer bescheidenen Sprache befleißige: denn wenn zu einem unberufenen Eifer noch Unbescheidenheit tritt, so kann der Eindruck nur ein
höchst verfehlter sein!“
Wir rathen den Bewohnern des Kreises Trier, wenn sie nochmals zu einer Korrespondenz mit dem Churfürsten von Trier „Anlaß nehmen,“ genau seine eigene Sprache stylisirt zu studiren,
und sich „zu befleißigen,“ diesem Muster getreu zu folgen.
@xml:id | #ar163b2_005 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
14
] Darmstadt, 5. Dez.
Prinz Emil, die Seele unserer Kamarilla, ist auch wieder die Seele unseres Kabinets. Der in den Märztagen gestürzte Minister du Thil kommt wieder täglich zu dem Großherzog; Hr. v.
Linde, sein früherer Kollege, geht mit freudestrahlendem Gesicht in Frankfurt umher, und ins Finanzministerium ist erst neulich wieder ein notorischer Jesuitenfreund aus einer unserer
unvermeidlichen Beamtenfamilien eingeschmuggelt worden. — Hr. Jaup, der „Mann der That“, soll wie einst schon der große „Greifer“ that, Nächte hindurch mit
dem jesuitenfreundlichen Prinzen Emil arbeiten: argwöhnische Gemüther, denen die Reichsgemüthlichkeit abgeht, wollen in allem diesem die Fäden eines von Metternichscher Hand über Süddeutschland
gesponnenen Netzes erkennen.
Der „Mann der That“ that in einer der letzten Kammersitzungen 16 Interpellationen in einem Zuge ab. Man konnte aus dem hochfahrenden verletzenden Benehmen dieses Ministers wieder so
recht erkennen, welch' erbärmliche Schwatzanstalt eine konstitutionelle Monarchie ist, und wie die Verantwortlichkeit der Minister den Fürsten nicht vor unverantwortlichen Handlungen,
sondern wie die Unverantwortlichkeit des Fürsten die Minister vor Verantwortlichkeit bewahrt.
@xml:id | #ar163b2_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
!!!
] Frankfurt, 6. Decbr.
Sitzung der National-Versammlung. Präsident von Gagern.
Auf der Tagesordnung stehen die wohllautenden Worte „Grundrechte des deutschen Volks“. Die Zuhörer-Tribünen leer! Selbst Damen fehlen! Das Protokoll wird unter dem üblichen Tumult
genehmigt. Der Geschäftsordnungsausschuß schlägt eine abkürzende Aenderung bei der Präsidentenwahl vor. Die Wahl wird künftig durch numerirte Stimmzettel vorgenommen werden.
Tagesordnung.
Venedey stellt den präjudiziellen Antrag
„In Erwägung, daß der Verfassungs-Ausschuß die meisten Artikel der Grundrechte in prinzipieller Hinsicht im vorrevolutionären
polizeistaatlichen Sinne willkürlich abgeändert hat — beschließt die Nationalversammlung, die Revision des Verfassungs-Ausschusses zurückzuweisen, und einen neuen Ausschuß zu ernennen, welcher
spätestens in 8 Tagen die Grundrechte aufs neue redigirt, ohne andere als formelle Abänderungen zu machen.“
Venedey verweist auf einen früheren Beschluß der Nationalversammlung, wonach nur eine Redaktion, keine Revision festgesetzt wurde. Er verweist auf die gröbsten Abänderungen.
Der Antrag wird von der Linken unterstützt.
(Die Abänderungen sind allerdings, wie die beifolgende Brochüre Ihnen zeigt, empörend.)
Das rechte Centrum unterbricht häufig Herrn Venedey. Venedey schließt:
„Ich habe nicht die Hoffnung, daß Sie meinen Antrag annehmen werden (rechts: Nein) aber ich wollte Ihnen dies
sagen, damit Sie ja nicht glauben, daß Sie uns düpireu können (rechts: Zur Ordnung!).“
Schoder: Meine Herren, wir sind hiehergeschickt, um die Einheit und Freiheit Deutschlands zu schaffen. — Die Einheit haben wir verloren durch unsere Schuld — die Freiheit
werden wir verlieren durch unsere Schuld. — Aber ich muß gegen Venedey's Antrag sein, weil er eine neue Verzögerung herbeiführt.
Wedekind hofft, die Versammlung wird anders beschließen, als der Verfassungs-Ausschuß begutachtet hat. Er beantragt, die Veränderungen des Ausschusses nicht anders, denn als Amendements zu
betrachten.
Waiz meint, man dürfe über einen Ausschuß keine Rüge aussprechen. (Heftiger Widerspruch.) In der neuen Vorlage sei mehr enthalten, wie in der früheren. (Gelächter,)
Venedey's Antrag wird natürlich verworfen.
Wedekind's Antrag abgelehnt.
Waiz beantragt, bei der 2ten Berathung die modifizirte Fassung zu Grunde zu legen.
(Dies wird angenommen. Man weis also, was zu erwarten steht.)
Golz nimmt alle Paragraphen der früheren Fassung als selbstständige Amendementsauf.
Die zweite Berathung beginnt.
Artikel I
Der einführende Satz wird nach der alten Fassung angenommen.
§ 1.
„Das deutsche Volk besteht aus den Angehörigen der Staaten, welche das deutsche Reich bilden.“
Angenommen. Der §. ist neu.
§. 2. (unverändert).
„Jeder Deutsche hat das deutsche Reichsbürgerrecht. — Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Ueber das Recht
zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, verfügt das Reichswahlgesetz.“
Ohne Diskussion angenommen.
Bei §. 3., welcher die allgemeine Freizügigkeit, Erwerbungsfähigkeit von Liegenschaften, Gewerbetrieb etc. festsetzt, wird der 3te Absatz, lautend:
„Bis zur Erlassung der
betreffenden Reichsgesetze steht die Ausübung der gedachten Rechte jedem Deutschen in jedem Einzelstaate Deutschlands unter denselben Bedingungen, wie den Angehörigen dieses Staates zu.“
von der modifizirten Fassung mit 231 Stimmen gegen 201 gestrichen.
§. 4 wird in veränderter Redaktion angenommen.
Der folgende §., welcher in der früheren Fassung lautete:
„Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf an keine andere Bedingungen geknüpft werden, als welche
sich auf die Unbescholtenheit und den genügenden Unterhalt des Aufzunehmenden für sich und seine Familie beziehen“
wird fast einstimmig gestrichen.
Die §§. 5 und 6 bleiben unverändert.
Artikel II. (§. 7.)
Die modifizirte Fassung hat viele Aenderungen getroffen. Auch sind viele neue Amendements zumal wegen Abschaffung des Adels wiederum eingebracht. Es erhebt sich eine kurze Diskussion. Moritz Mohl
spricht für Aufhebung des Adels, Reichensperger (!) dagegen. Löw von Calbe: der Adel ist ein Symbol der Zeit die hinter uns liegt, — und weil die Zeit hinter uns liegt, wollen wir auch
das Symbol vernichten. Der Adel hat immer noch das Consumiren zum Vorurtheil. Unsere Zeit aber hat die Arbeit auf den Thron erhoben. Deswegen lassen Sie uns den nur konsumirenden Stand
vernichten, (Bravo!) de Baly unter Verwunderung und Mißbilligung für sein de (von). (Bravo und Verhöhnung von der Linken.) Die Debatte wird durch den Berichterstatter Waiz geschlossen, und der
§. 7 folgendermaßen definitiv angenommen:
„Vor dem Gesetz gilt kein Unterschied der Stände.“
„Alle Standesvorrechte sind abgeschafft, der Adel als Stand ist abgeschafft.“
„Die Deutschen sind vor dem Gesetze gleich.“
„Alle Titel, in soweit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben, und dürfen nie wieder eingeführt werden.“
„Kein Staatsangehöriger darf von einem auswärtigen Staate einen Orden annehmen.“
„Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zuganglich.“
„Die Wehrpflicht ist für alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt.“
Ein Antrag von M. Mohl: „Der Adel wird hiermit abgeschafft und darf nicht wieder „eingeführt werden“, mit 236 gegen 191 Stimmen verworfen.
Der Antrag des von Trützschler: „Alle zur Bezeichnung des Adels dienenden Ausdrücke „verlieren ihre Bedeutung und werden vom Staat weder anerkannt noch gebraucht,“
verworfen mit 259 Stimmen gegen 179.
Fürst Waldburg-Zeil stimmte für Abschaffung.
Der 4te Satz (S. o.) alle Titel u. s. w. war in der neuen Fassung gestrichen, wurde aber wieder adoptirt mit 253 Stimmen gegen 170.
Von Trützschler's Antrag: „Orden dürfen von Staatswegen nicht mehr verliehen werden,“ mit 239 Stimmen gegen 194 abgelehnt. (Links oh! —)
„Die bereits verliehenen verlieren ihre Bedeutung,“ ebenfalls verworfen.
Der Antrag von demselben: „Kein Staatsangehöriger darf von einem auswärtigen Staate einen Orden annehmen,“ mit 229 Stimmen gegen 193 angenommen.
Die erste Lesung hat in diesem § dem deutschen Volke auch „das Waffenrecht gewährt; die zweite Lesung hat ihm dasselbe mit 265 Stimmen gegen 167 genommen. — Man ruft
stürmisch: Vertagung! Sie erfolgt um 3/4 3 Uhr.
Französische Republik.
@xml:id | #ar163b2_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0875 |
[
17
] Paris, 5. Dezember.
Proudhon „Le Peuple“ erklärt heute, Cavaignac sei als einfachste, prosaischste, trockenste Erscheinung des Kapitals, als „Soldat des Kapitals,“ für die
Socialisten vorzuziehen, während Bonaparte nicht nur dem Kapital, sondern auch dem Nationalstolz durch allerlei Kriege mit Spanien und Rußland, und dgl. Streiche schmeicheln werde, die Gegensätze
folglich vermenge und verwirre. Was zu der komischen Sache Anlaß gab, Proudhon sei ein Cavaignakist geworden. — Die Delegirten des Luxembourg ließen auf dem letzten Bankett durch ihreu
Präsidenten, Arbeiter Vincard, folgendes sagen:
„Die pariser Arbeiter wenden sich an die Zöglinge der hohen Schulen, und entbieten ihnen Gruß. Bürger, wohl uns daß die Zeit des Umwerfen aller Privilegien da ist, wohl uns daß der Arbeiter
des Armes brüderlich die Hand des Kämpfers der Intelli-
[0876]
genz ergreifen darf. Auf, Studenten! laßt uns zusammen wandeln, unser Ziel ist eins. Verschieden mögen unsre Missionen sein, aber vor Gott sind sie gleich. Der Menschengeist ist ein Bergstrom, er
kehrt niemals zurück zur Vergangenheit. Ihr habt fortan neue Gesetze zu entwerfen, um so ein noch nie dagewesenes Weltalter zu formen, wo gesetzlich jeder Mensch die Früchte seiner Thätigkeit genießt.
Ihr habt fortan jene alten, gehässigen Wissenschaftler zu bekämpfen die noch immer jedem jungen Aufschwung tückisch entgegenstreben. Ihr habt fortan unsere körperlichen Leiden zu untersuchen, und zu
mildern; beweist woher sie entstehen. Ihr sollt die Lehrer der Volksmassen sein, und die Bildung zu einem Erbtheil Aller erheben; heute ist sie nur das erbärmliche Privilegium Einzelner. Ihr Zöglinge
der hohen Schulen! wer euch einreden möchte, das Volk sei undankbar, der hat nie für dasselbe gewirkt; verschließt solchen Verläumdern das Ohr. Wir, die pariser Arbeiter, die Söhne des Volkes, wissen
daß es erkenntlich ist, aber zugleich unerbittlich streng gegen seine Verräther. Es hegt Schätze der herzlichsten Liebe für seine Freunde, dessen seid gewiß ‥‥ Unsere Aufgabe ist weniger
glänzend, aber nicht minder wichtig als die eurige. Wir rollen tagtäglich den Riesenstein des Sisyphus, das industrielle Elend. Wir schaffen ruhelos die Reichthümer der modernen Civilisation, die
einst edel und schön werden wird, heute aber noch abscheulich ist, denn sie stößt von sich diejenigen, welche für sie Sorge tragen. Wir schlagen uns stündlich auf dem Arbeitsgefilde und empfangen für
unsere Wunden einen kärglichen Lohn. Wir ersticken unten in den Bergschachten, uns packt und zerknirscht das Maschinenrad: und die Civilisation weiß dabei bloß die Achseln zu zucken und zu sagen: ein
Werkzeug ist verloren gegangen! — Wir vergießen unser gutes Blut auf den Schlachtfeldern und Barrikaden für Ehrgeizige, die uns bald vergessen. Die Büchse der Pandora hat, scheint es, alle ihre
Leiden auf uns geschüttet; aber wir nehmen auch jetzt das in Beschlag, was auf dem Boden dieser Unglücksbüchse blieb: die Hoffnung, und sie erscheint uns in Gestalt der Association. Ja, Brüder, durch
sie gehen wir ein in das glorreiche Reich der Zukunft; durch sie retten wir uns aus der Hölle unsrer Gegenwart. Studenten, die Frauen und Kinder der Junigefangnen danken euch, um Amnestie nachgesucht
zu haben. Helft uns nun, das hohe Associationswerk fördern. Auf den neuen Evangeliumstempel laßt uns die Worte Intelligenz, Arbeit schreiben. Ihr Bourgeoissöhne! reicht uns, den Volkssöhnen, die Hand
— und die Welt ist gerettet.“ Man kann sich den Jubel denken und auch den tiefen Grimm, den diese Rede hervorrief.
Der Constitutionnel ist über diese „Verführungsversuche der wohlerzogenen Familiensöhne, die ja eben bisher sich durch ordentliches Verhalten ausgezeichnet“, nicht weniger entrüstet
als „La Patrie“, welche sogar seufzt: „Jetzt kann es auf lange aus sein mit der akademischen Jugend, die schon durch das Beispiel der Wiener beklaglich aufgeregt, doch von
direkter Theilnahme an sozialistischem Firlefanz fern blieb, und dies schlechte Geschäft den Ouvriers überließ. Es scheinen deutsche Einflüsse hierbei obzuwalten. Deutschland ist ohnehin atheistisch,
und wir lenken das Auge aller Väter und Mütter auf das ihren Söhnen drohende Verderben.“
Auch Felix Pyat's Rede drang tief in Hirn und Mark: „Ha, wir leben in einer Monarchie, die den Namen nicht mehr hat; wir leben in einer sogenannten Republik, die, ich glaube, aus
einem Winkel Afrika's zu uns herüberkam, eine Feldmütze auf dem Kopf. Und jetzt hat sie ein Mittelding zwischen Polizeikappe und Tschako; wir haben eine Regierungsform des Zufalls und der
wilden Faust, einen Wirrwar ohne Recht und Rechtlichkeit, wo eine Hälfte der Menschheit von der andern aufgefressen wird, ja, ich finde den Ausdruck nicht zu herbe, wenn ich sage: „unser Fürst
ist der Henker und unser Gott ist das goldene Kalb. Wir haben demnach noch nicht Republik; es besteht keine, wo es noch einen Esau giebt, der hungernd sein heiliges Anrecht verschachern muß für eine
elendige Schüssel voll Linsen‥‥ Brüder, ich toaste auf das Arbeitsrecht! Ja, während wir hier uns die Hände drücken, und hehre Gedanken austauschen, irren Leute in Paris umher, die nicht
zu essen haben. Das ist ein herbes, bittres Ding und doch heißt es, wir lebten in einer demokratischen Republik! O entsetzliche Lüge. Republik das ist Solidarität, Republik das ist Volkssouveränetät.
Aber heute trägt dieses souveraine Volk, als Scepter und Krone, einen Bettelsack und Bettelstab‥‥ Heute säet der Arme den Waizen und bekommt nur Kleien zu essen; heute sieht er seine
Söhne für Kerker und Spital, seine Töchter für Selbstmord und Prostitution aufwachsen. Heute ist der Arme viel elender als das Thier; wer also das Republik nennt, der lästert. Als ich hieher
ging, begegnete ich Kutschenrossen mit Kniebändern und gewichsten Hufen — : begegnete ich Menschenkindern, halbnackt, vor Frost erbebend und die Straße kehrend, damit das Pferd des reichen
Mannes sich nicht die Füße beschmutze. Bürger, ist das eine Republik? u. s. w.“
Höchst bedeutsam ist die angstvolle Miene, mit der Professor Blanqui, der reaktionäre Bruder des Revolutionärs, im Journal des Debats eine akademische Pauke über die Arbeitsfrage zum Besten giebt:
„Menschenloos, irdisches Jammerthal, Demagogen, fromme Vätersitte“ u. s. w. figuriren darin; zuweilen klingt der Ton „kreuzritterlich-neupreußisch“, doch vorherrschend ist
die Angst. Er gesteht alles zu, nur leugnet er, daß seit Februar die Misere von den goldversteckenden R[e]ichen ausgegangen; als Bourgeoisphilosoph muß er den Arbeitersozialismus an ihr für allein
schuldig ansehen. Das Journal des Debats freut sich natürlich über diesen Sermon, und empfiehlt ihn zur Nachachtung.
Sehr spaßhaft ist, daß das Ministerium auf's unhöflichste von Papst und John Bull so eben geprellt worden: der Kultusminister Freslon wird mit einigen Jesuitenschülern dem h. Vater
entgegengeschickt, eine Deputation der Versammlung erwählt, Fontainebleau (à la Napoleon) als Residenz des Flüchtlings genannt: und selbiger sitzt statt au sein de sa famille (Frankreich hat die
Marotte, sich noch immer die älteste Tochter der Kirche zu tituliren) bei John Bull auf Malta. Und wie John Bull wieder lächeln wird!
Aegypten.
@xml:id | #ar163b2_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0876 |
[
*
] Alexandria, 20. Nov.
Ibrahim Pascha, Vicekönig von Aegypten, starb am 10. Novbr. und Abbas Pascha, sein Neffe, folgt ihm in der Regierung des Landes laut einem, im Juni 1841, beim Schluß des Syrischen Krieges, vom
Sultan erlassenen Firman, nach welchem die Folge des egyptischen Gouvernements in direkter Linie auf Mehemed Alis männliche Nachkommenschaft geschieht, von dem ältesten zu dem ältesten seiner Söhne
und Enkel.
Ibrahim Pascha, der Sohn Mehemed Alis, wurde in Cavalla in Rumelien im Jahre 1789 geboren. Er war daher bei seinem Tode 59 Jahre alt. In Folge der durch Alterschwäche entstandenen Unfähigkeit
Mehemed Alis, das Land zu regieren, wurde Ibrahim durch den Sultan am 1. Sept. d. J. an seines Vaters Stelle zum Vicekönig ernannt. Er herrschte daher über Egypten nur während der kurzen Zeit von 2
Monaten und 10 Tagen.
Viele Jahre lang litt Ibrahim an allerlei complizirten Uebeln, die namentlich eine Folge seiner jugendlichen Ausschweifungen waren. Im Jahre 1846 reiste er nach Europa, um mehrere der
ausgezeichnetsten Aerzte zu konsultiren. Das Resultat dieser Gesundheitskur war indeß nur ein momentanes Besserwerden. Mehr oder weniger fuhr er fort, krank zu sein und schließlich erlag er den
vereinigten Wirkungen einer Halsentzündung und eines Geschwüres in den Lungen.
Im siebzehnten Jahre trat Ibrahim in die Armee seines Vaters und bekleidete darin bald einen hervorragenden Posten. Im Jahre 1816 wurde er nach Arabien gegen eine ketzerische Sekte der
mohamedanischen Religion, gegen die Wechabiten, gesandt, die er nach einem dreijährigen, mühevollen Kriege unterjochte. Er nahm ihnen die heiligen Städte Mecca und Medina und stellte die regulären
Karawanenzüge wieder her. Am 11. Decbr. 1819 wurde er nach der Rückkehr von seinen Siegen, in großem Triumphe in Cairo empfangen und die hohe Pforte gab ihm bei dieser Gelegenheit den Titel eines
Paschas der heiligen Städte.
Im Jahre 1824, als Mehemed Ali vom Sultan den Befehl erhielt, bei der Unterdrückung der griechischen Insurrektion mitzuwirken, übernahm Ibrahim Pascha das Kommando der Expedition und ging von
Alexandria nach Morea in See. Seine Flotte bestaud aus 163 Segeln, aus 16,000 Mann Infanterie, 700 Pferden und 4 Regimentern Artillerie. In der Schlacht bei Navarino, am 20. Oktbr. 1827, wurden die
türkische und egyptische Flotten total vernichtet und nur eine sehr kleine Anzahl Truppen kehrte nach der Heimath zurück.
Während seines Aufenthaltes in Morea beging Ibrahim die größten Excesse und Grausamkeiten.
Im Jahre 1831 ließ sich Mehemet Ali durch seinen Ehrgeiz zu der Eroberung von Syrien verleiten und sandte Ibrahim mit einer Armee von 24,000 Mann Infanterie, 4 Regimentern Kavallerie und 40 Stück
Geschütz aus, um seinen Plan durchzusetzen. Bei dieser Expedition, in der er durch Soliman Pascha, einen französischen Colonel, Namens Selves, unterstützt wurde, zeigte Ibrahim viel militärisches
Talent. Gaza, Jaffa und Caiffa fielen bald in seine Hände, und Acre, welches Napoleon zu widerstehen wußte, öffnete ihm, nach einer sechsmonatlichen Belagerung, am 27 Mai 1832 die Thore. Der Sultan
sandte große Truppenverstärkungen gegen Ibrahim; der Pascha überwand aber Alles und schlug am 22. Dezbr. 1832 bei Koniah, mit 30,000 Mann eine frische türkische Armee von 60,000, indem er ihren
Befehlshaber, Reschid Pascha, zum Gefangenen machte.
Der Sieg von Koniah eröffnete ihm den Weg nach Konstantinopel, und schon war er bis nach Kutayah, etwa 150 englische Meilen von der Hauptstadt, vorgerückt, als der Sultan eine Armee von 20,000
Russen zu Hülfe rief, die auch sofort auf Konstantinopel losmarschirte. Ibrahim mußte daher seine Eroberungen auf Syrien beschränken. Bis 1839 blieb er im Besitz dieses Landes und beherrschte es nach
den Gesetzen seines Vaters, in wahrhaft bewunderungswürdiger Weise. Im Jahre 1839 machte die Pforte den Versuch, Syrien wieder zu gewinnen und sandte gegen Ibrahim eine starke Armee, die er aber bei
Rezib am 24. Juni desselben Jahres vollständig auf's Haupt schlug.
Ibrahim Pascha hatte zu jener Zeit eine zweite Gelegenheit, um auf Konstantinopel zu marschiren; aufs neue intervenirten aber die europäischen Mächte und geboten Halt. England, Oesterreich, Rußland
und Preußen verbanden sich damals, um der Pforte Syrien wiederzugeben; eine Flotte wurde abgesandt, um die Küstenstädte zu besetzen. Ibrahim leistete Widerstand. Da aber nach einem 4stündigen
Bombardement Acre, am 3. Nov. 1839, genommen wurde, so überzeugte sich Ibrahim wie Mehemet bald genug, daß es am besten sei, sich den vier Mächten zu unterwerfen, und die möglichst guten Bedingungen
vom Sultan durchzusetzen.
Nach der Räumung Syriens führte Ibrahim ein sehr ruhiges und zurückgezogenes Leben; er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Ackerbau und führte viele Verbesserungen in der Kultur des Landes
ein. Für seinen Vater zeigte er stets den größten Respekt. Trotz eines hohen Titels als Vezier und Gouverneur von Mecca und ungeachtet er von militärischem Ruhme bedeckt war, küßte er doch immer
Mehemet Ali's Hand, als Zeichen der Unterwürfigkeit und setzte sich nicht und rauchte nicht in seiner Gegenwart, ohne vorher Erlaubniß dazu erhalten zu haben.
Ibrahim Pascha besaß weder die angenehmen Manieren noch die Höflichkeit, die seinen Vater so sehr auszeichneten; er war ernst und schweigsam. Seine Erziehung bestand in dem Unterricht, den meistens
orientalische Prinzen genießen; er sprach und schrieb türkisch, arabisch und persisch und studirte jeden Tag mehrere Stunden lang Geschichte. Europäische Sprachen kannte er nicht, aber regelmäßig ließ
er sich die fremden Zeitungen übersetzen.
In der Nähe von Cairo wurde Ibrahim begraben. Sein Nachfolger ist Abbas Pascha, Sohn Tousson Pascha's, des zweiten Sohns Mehemet Ali's.
Anzeigen.
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 7. Dezember 1848.
Angekommen: J. Acker von Mainz. G. A. Klee von Heilbronn. L. Bühler von Kannstadt. Wb. Leineweber von Bingen.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. Wb. Jac. Schaaff. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr C. Königsfeld. Nach Andernach und Neuwied B. Schilowski und M. Wiebel. Nach Koblenz, der
Mosel und Saar G. Weidner. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar P. Kohlbecher. Nach Bingen H. Harling Nach Mainz Ant Bender. Nach dem Niedermain Seb. Schulz. Nach Nach Worms und Mannheim Joh.
König. Nach Heilbronn F. Kühnle.
Nach Rotterdam Kapt. Breynks Köln Nr. 21.
Nach Amsterdam Kapt. Berns Köln Nr. 4.
Rheinhöhe am 7. Dez. 10′ 6″.
Herr Ochse-Stern hier wird hiermit aufgefordert endiich einmal Rechnung über die in Händen habenden Gelder zur Bestreitung der Kosten gegen die Gas-Continental-Compagnie baldigst
abzulegen.
Mehrere Betheiligte.
In einem gut rentirten Geschafte wird ein Theilnehmer gesucht, der über 6 bis 800 Thlr verfügen kann.
Gef. Offerten beliebe man unter den Buchstaben M.N Nr. 27 franco der Exp. d. Bl. zu übergeben.
Dampfschifffahrt zwischen Bremen u. New-York.
Das amerikanische Post-Dampfschiff Washington, Capt. Johnston, wird, wenn die Witterung es erlaubt, am 15. Dezember von der Weser nach New-York abgehen.
Passagierpreis nach New-York in 1. Kajüte Ld'or 195 |
Passagierpreis nach New-York in 2. Kajüte Ld'or 100 |
Passagierpreis nach Southampton 1. Kajüte Ld'or 25 |
Für Kinder und Domestiken von Passagieren der ersten Kajüte die Hälfte.
Güterfracht 25 à 35 Dollars mit 5 pCt. Primage für 40 Cub.-Fuß.
C. A. Heineken & Comp.
Anfrage an die städtische Bau-Verwaltung.
Warum werden die Bauten an der Zülpicher Straße, der Frohngasse, des Domklosters und des Cäcilienplatzes nicht sofort in Angriff genommen, da dieselben doch vom Gemeinderathe bestätigt worden sind?
und warum sieht man nicht besonders darauf, daß Familienväter vorzugsweise beschäftigt werden.
Sehr viele hungernde Familienväter.
Heute Freitag Gesellschafts-Kränzchen Cäcilienstraße Nro. 40-42.
Anfang 4 Uhr.
C. A. Gerstel, Lehrer der höhern Tanzkunst.
Demokratische Gesellschaft.
Versammlung heute Freitag den 8. Dezember, Abends 7 Uhr bei Wwe. Eiser, Komödienstraße.
Frankfurter Hof
in Köln.
Unmittelbar am Justizgebäube gelegen, empfiehlt sich bei Gelegenheit der, den 27. c. begonnenen Assisen-Verhandlungen.
E. Leonhard.
No woll ich doch, do kregst de krenk Met dem Niklos Patentgeschenk.
Beachtenswerthe Anzeige.
Heilsame Erfindung.
Das ganz neu erfundene COMPRESSORIUM oder Urinsperrer besitzt die heilsame Eigenschaft, daß es das nächtliche Einnässen in's Bett bei Knaben, so wie auch bei Erwachsenen
durchaus verhütet und macht sich schon nach höchstens monatlichem Gebrauch entbehrlich. Gegen portofreie Einsendung des Betrags und Angabe des Alters erhält man
1 Instrument für Knaben bis zu 10 Jahren zu 1 1/2 Thlr
1 Instrument für ältere und Erwachsene zu 2 Thlr.
nebst Gebrauchs-Anweisung vom Unterzeichneten zugeschickt.
Bleicherode bei Nordhausen. C. Filler.
Die Restauration und baierische Bierwirthschaft Herzogstraße Nr. 4 wird bestens empfohlen.
Daselbst werden Abonnenten zur Mittagstafel gesucht, das Couvert à 6 Thlr. pro Monat Pränumerando.
C. Hackhausen.