Deutschland.
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*
] Köln, 1. Nov.
Der Redaktion der „N. Rhein. Ztg.“ ist ein höchst naiver Brief von einem Gardereservisten zugegangen. Wir wollen auch diesen Beitrag zur Zeitgeschichte auszugsweise unsern
Lesern mittheilen.
„Vor fünf Monaten zum Regimente zurückgerufen, mußten wir einen befreundeten Feind bekämpfen, der weiter nichts zu thun hatte, als Deutschland durch den König von Preußen an der Nase
herumzuziehen. Es war kein Krieg, denn der Soldat erhielt keine Kriegszulage.“
„Aber vor Berlin, da sollte es Krieg geben. Zuerst Kriegszulage. Dann die Bauernsöhne von ihren Vorgesetzten angefeuert, ihrer Brüder in Berlin nicht zu schonen. Wir
marschirten in einem besoffenen Zustande in Berlin hinein. Aber welch' Wunder! Unser Oberst war kalt wie Stein, bleich wie Schnee, da er glaubte, nur auf Barrikaden zu
stoßen.“
„Wir mußten bivouakiren. Den Tag waren wir bei den Bürger einquartirt. Der Bürger gab sehr gute Kost. Als Wrangel dies hörte, wurden wir ausquartirt und in königliche Häuser gelegt, —
kein Bett, wenig Stroh, aber viele Worte von der Güte des Königs und der Bürgercanaille.“
„Wie viele Eltern werden sich wundern, nichts von ihren Söhnen zu hören. Zu Hunderten kommen sie nach Spandau, nach Magdeburg auf Festung, weil sie in den paar Tagen in Berlin von Bürgern
aufgeklärt worden sind.“
„Seit einigen Tagen habe ich erst ein andres Blatt gelesen als ein königliches.“
„Nun noch ein Zwiegespräch von zwei hohen Generalen, dem ich mit Anstand gelauscht habe. Es war folgendes:
Auf einen Barrikadenkampf würde man sich nicht einlassen, indem man sonst dem Soldaten Gelegenheit gebe, überzulaufen. Aber vor der Stadt, da würde man besser fertig werden, nämlich so,
daß der Name Berlin verschwände, indem Se. Majestät wünsche, keine große Stadt in zu großer Nähe zu besitzen.
Der Plan ist nicht übel, sagte der Andere, wenn Sie selbst die Kanonen laden.
Der erste fügte hinzu: Wenn der König siegt, wird das Militär bis zum Obersten doppeltes Gehalt empfangen.“
Soweit die Mittheilungen unseres braven Gardereservisten.
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*
] Köln, 1. Dezember.
Unter den unsrer Provinz angehörigen Mitgliedern des Klub Brünneck bemerken wir:
Berghaus (früher Generalprokurator), Brüninghaus (Gutsbesitzer), v. Daniels (Geh. Oberrevisionsrath), Franken (Regierungsrath), Hansemann, Hermann (Commis),
Hesse (Geh. Finanzrath), v. d. Heydt, Kühlwetter, Lensing (Kanonikus), v. Mylius, Müller (Unterstaatssekretär), Peltzer (Friedensrichter), Reichensperger
(Landgerichtsrath), Scheidt (Commis), Simmons (Geh. Justizrath), Stupp, Walter (Professor), v. Wittgenstein.
Curiositatis causa fügen wir hinzu, daß auch der Exminister Milde allen Malicen dee „Neuen Preuß. Ztg.“ zum Trotze sich in Brandenburg eingefunden hat.
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43
] Trier, 30. Nov.
Der Coburger Sebaldt ist unermüdlich im Erlasse literarischer Cirkuläre. Er gefällt sich dermaßen in dieser Thätigkeit, daß er, die Sphäre seiner Befugnisse überschreitend, mit einer autokratischen
Willkühr auftritt, die den Coburger fast zum Preußen stempeln könnte, wenn er nur das Staatsexamen gemacht hätte. Ungeachtet aller stylistischen Anstrengungen. macht sich jedoch der Mangel dieses
Examens jeden Augenblick fühlbar. Der Coburger Sebaldt macht „die Truppentheile“ aufmerksam, „daß es demüthigend für die königlichen Truppen ist, wenn vor ihren Augen
aufrührerische Flugschriften und Plakate vertheilt resp. öffentlich angeheftet werden.“ Es bedurfte also der sittlichen Entrüstung des Coburgers, um die Aufmerksamkeit der Truppen auf das
„Demüthigende“ der Plakate aufmerksam zu machen. Der point d'honneur des Schnurbartes darf dieses nicht dulden. Um „dem Unwesen“ der freien Presse zu steuern, macht
der Coburger alle Soldaten zu Censoren. Er fordert sie auf, alle Plakate, welche nicht aus der belletristischen Feder des Herrn Sebaldt geflossen, sofort abzureißen, und „Personen, welche sich
aus Vertheilung, Verleitung oder Anheftung solcher Plakate ein Geschäft machen, festzunehmen“. Was die „Verleitung solcher Plakate“ betrifft, so ist dieses ein Ausdruck,
der von der mangelhaften Schulbildung des Sebaldt zeugt. Seine Eingriffe in die Freiheit der Presse, zeugen von seinem Mangel an juristischer Ausbildung. Das Staatsexamen! Das Staatsexamen!
Wir lassen nun das stylistische Meisterwerk des Sebaldt folgen, das in lithographirten Exemplaren an die Soldaten vertheilt worden ist:
Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, alle Commando's der resp. Truppentheile im hiesigen Departement darauf gefälligst aufmerksam zu machen, daß es demüthigend für die Königlichen
Truppen ist, wenn vor ihren Augen aufrührerische Flugschriften und Plakate vertheilt, resp. öffentlich angeheftet werden. Dieses Unwesen ist zugleich polizeiwidrig, und es kann der guten Sache nur
förderlich sein, wenn das Militär aller Orten angewiesen wird, Plakate, welche nicht von einer obrigkeitlichen Autorität ausgehen, abzureißen, und Personen, welche sich aus Vertheilung, Verleitung
oder Anheftung solcher Plakate ein Geschäft machen und an öffentlichen Orten in dieser Beschäftigung betroffen werden — festzunehmen und der nächsten Polizeibehörde zu überliefern.
Trier, den 27. November 2848.
Regierungs-Präsidium.
An den k. General-Major u. Brigade-Commandeur
Herrn v. Brune Hochwohlgeb. hierselbst.
Der Advokat Bolz empfing am Abende des 28. Novbr. eine solenne Katzenmusik. — Der katholische Priester Gomelshausen ist von der Regierung seiner Stelle am Armenhause wegen
mißliebiger politischer Tendenzen entkleidet worden.
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*
] Berncastel, 30. Novbr.
Die Wrangel'sche „Ruhe und Ordnung“ ist auch hier mittelst Infanterie, Kavallerie und Kanonen hergestellt, nachdem die bürgerliche Ruhe und Ordnung durch die Gewaltmaßregeln
der Reaktion gestört worden. Coblenz und Kneisel, zu deren Verhaftung man diese gewaltige Kriegsmacht aufgeboten, haben keine Lust verspürt, „gewrangelt“ zu werden und haben sich
anderswohin begeben. Daß Entwaffnung der Bürgerwehr folgt, versteht sich von selbst.
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X
] Koblenz, 30. Nov.
Heute lesen wir an den Straßenecken unserer Stadt ein Pakat, datirt Neuwied, 27. Nov., das „mit Gott für König und Vaterland“ den schwarzweißen Geist der Landwehr lobpreis't
und wüthend gegen alle Andersgesinnten loszieht. Es ist jedoch in Betreff der darin behaupteten Bereitwilligkeit der Landwehr zu bemerken, daß nur die 2te Compagnie des 29. Landwehrregiments, die aus
„gesinnungstüchtigen“, d. h. muckerischen Neuwiedern besteht, sich eingefunden hat. Der Verfertiger dieses Traktätleins hat aber vergessen, zu sagen, wo und wie denn die Mannschaften der
1sten, 3ten und 4ten Compagnie sich bis heute eingefunden haben. Die Gesinnung des ganzen Kreises Neuwied ist nicht die der Stadt gleiches Namens. Der Steuereinnehmer und Landwehrlieutenant
Reinhard aus Neuwied ist, als er vorgestern zur Eintreibung der Steuern eine Tour in die Umgegend machte, meuchlings durch die Brust geschossen worden; nähere Fakta's über dieses
Attentat sind uns noch nicht zugekommen.
Nachdem gestern in hiesiger Stadt eine Menge Gewehre der Bürgerwehr abgenommen worden, fühlte sich auch unsere Garnison, von patriotischem Muthe beseelt, einen Hauptschlag zu vollführen. Abends
kurz nach 8 Uhr füllten sich plötzlich alle Plätze und Straßen mit Truppen, die damit begannen, ruhige Bürger durch Bajonettstiche und Kolbenstöße zu maltraitiren und auf die niederträchtigste Weise
zu mißhandeln. Die Ulanen überritten im strengsten Galopp Alles, was sich auf den Straßen befand und sich nicht mehr durch schleunige Flucht retten konnte. Viele Verwundungen haben stattgefunden,
obgleich von Seiten der Bürger auch nicht die allergeringste Veranlassung dazu gegeben wurde. Besonders zeichneten sich die Füseliere des 26. Inf.-Regiments löblich aus, diese Burschen sind famose
Helden wehrlosen Frauen und Kindern gegenüber.
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] Dierdorf, 28. Nov.
Unter diesem Datum wird der Rh.-u. M.-Z. Folgendes mitgetheilt, wonach der an Reinhard begangene Mord mit der Politik gar nichts zu thun hat. Es wird nämlich berichtet:
„Der hiesige fürstlich-wiedische Rentmeister Reinhardt, welcher heute Morgen mit einer bedeutenden Summe Geldes (Gold und Kassen-Anweisungen) nach Neuwied ritt, ist nicht weit von hier im
Walde von drei Räubern überfallen worden, als er zufällig vom Pferde gestiegen war, um den Sattelgurt fester anzuziehen. Die Räuber haben ihn von hinten gepackt, in's Gebüsch gezogen und ihn
dann mit seiner eigenen Pistole, die er bei sich führte, durch 2 Schüsse tödtlich verwundet, worauf sie ihm das Geld und die Uhr abnahmen und ihn liegen ließen. Bald darauf wurde er von einem
vorbeifahrenden Wagen aufgenommen und hierhergebracht.“
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X
] Düsseldorf, 30. Novbr.
Gestern Abend tagten die frommen Männer des neblichen Wupperthals am Stationsgebäude zu Vohwinkel. Was denken Sie, daß diese himmlischen Kriegsknechte der irdischen Potentaten berathen und
beschlossen haben? Nun die Pfaffen haben sich über die Mittel besprochen, wie man die Landwehr begeistern müsse, sich für Gott und König einkleiden zu lassen, um den himmelschreienden Aufruhr der
Bösgesinnten schnell zu dämpfen.
Wie die fein gebildete k. preuß. Soldateska hier in die Häuser dringt, um den Leuten „Brandenburger“ Bildung beizubringen, werden Sie bereits gehört haben.
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062
] Düsseldorf, 30. Nov.
Die Früchte des Belagerungszustandes sind zur Reife gekommen, sie sind bereits abgefallen. Gestern Abend ist unsere Stadt der Schauplatz der scheußlichsten Exzesse von Seiten des Militärs
gewesen. Auf welche Veranlassung? Ohne alle, aus reinen Uebermuth, aus reiner Belagerungszustandsbefugniß. Seitdem „die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen“ (Wort des
Kommunisten Drigalski) halten seine „Untergebenen“ sich zu allem befugt. Auf ein Gerücht hin, daß ein Bierwierth dem Militär kein Getränk mehr verabreichen wolle, versammelten sich gegen
7 Uhr viele Soldaten in dessen Hause. Keinem Soldaten wurde das Bier verweigert; gleichwohl erschienen gegen 8 Uhr Patrouillen vor dem Hause, sperrten den Gästen den Ausgang und hielten sie ungefähr
eine Stunde lang gefangen. Gleichzeitig wurde durch Bewaffnete die Straße abgesperrt und durch dreimaliges Trommelwirbeln eine bevorstehende Decharge angekündigt; es kam zwar nicht zum Gebrauch der
Schußwaffe, aber die eingeklemmten, auf der Straße befindlichen Bürger wurden attaquirt und mißhandelt. Andere Patrouillen durchzogen die Straßen, um sich den ärgsten Angriffen auf das Eigenthum und
Leben der Bürger zu überlassen. Mit bloßen Mißhandlungen durch Kolbenstöße, Schläge, Fußtritte begnügten sie sich nicht mehr; eine alte 74jährige Frau wurde auf der Schwelle ihrer Hausthüre förmlich
mit Kolben todtgeschlagen; ein Mann erhielt zwei Bajonettstiche in Kopf und Hals. Auf der Flingerstraße wurde ein Haus erstürmt, unter dem Vorwande, daß Steinwürfe von dort auf die
vorbeiziehende Mannschaft gefallen seien. Die Hausthüre wurde erbrochen und zertrümmert, die Fenster eingeschlagen, das Haus bis auf den Speicher durchsucht, Billardballen, Lampen und sonstige
Geräthschaften gestohlen, sämmtliche Hausbewohner und anwesende Gäste (das Erdgeschoß bewohnt ein Bierwirth) mehr oder minder mißhandelt; ein junger Mann, in dem man den Thäter vermuthete,
wurde verhaftet, nach der Kaserne geschleppt und auf dem Wege dahin mit Kolbenstößen mißhandelt. Durch den Auditeur vernommen, wurde er in der Nacht gegen 1 Uhr ins Arresthaus geführt, heute durch den
Instruktionsrichter vernommen und sofort in Freiheit gesetzt. Ich kann Ihnen im Augenblicke nur dieses Wenige mittheilen; die Polizeiinspektion ist den ganzen Morgen von Leuten belagert, die
über Mißhandlungen von Seiten des Militärs Klage zu führen haben. Der Gemeinderath tritt in diesem Augenblicke zusammen, um über einen Antrag hiesiger Bürger, auf Grund der gestrigen Vorfälle sofort
die Aufhebung des Belagerungszustandes und die Entfernung des Militärs aus der Stadt zu verlangen, Berathung zu pflegen. Der Berlagerungszustand, dieses „außerordentliche“ Mittel zum
Schutz der gesetzlichen Ordnung, des Eigenthums und Lebens der Bürger, wie es das Komplott Spiegel-Drigalski darstellte, hat sich in seiner wahren Gestalt gezeigt. Kroatische Ordnung,
Zerstörungswuth und Mordlust! So recht, ihr Herren, nur immer fortgefahren, nur immer weitergegangen, es wird endlich doch seine Wirkung thun! Hr. v. Spiegel wird sich hüten, auf den Antrag des
Gemeinderaths, wenn dieser den Muth hat ihn zu stellen, einzugehen. Und das feige Düsseldorfer Parquet? Es hat zu viel mit der Untersuchung Lassalle zu thun und wird sich inkompetent erklären, da es
sich von Militärpersonen handelt.
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34
] Düsseldorf, 30. Novbr.
L'ordre règne à Dusseldorf Wir sind überglücklich in unsern Zuständen. Jetzt erlebt man doch wirklich etwas. Früher als die Demokraten noch herrschten, ging alles viel zu ruhig seinen
Weg, da wurden keine Thüren und Fenster zertrümmert, da wurden keine nächtlichen Schläfer aus dem Schlafe gerissen und ins Gefängniß geschleppt, da wurde nicht gemordet. Das alles haben wir nun aus
der segenbringenden Hand der vielgeliebten Soldaten. Gestern Abend haben sie uns ein wahrhaft infernalisches Amusement bereitet mit obligaten Gewehrkolben und Bajonetten. Noch heute ist die Stadt in
der erfreutesten Stimmung, daß endlich das Gesetz à la Brandenburg herrscht. Cur, quomodo, quando. Wann? gestern Abend um 9 Uhr ging die Komödie los. Warum? das weiß eigentlich kein Mensch. Man sagt
indeß, daß ein Steinwurf in ein Piket Soldaten geschehen sei und daß ein Wirth sich weigerte, den edlen Kriegern zu kredenzen, was sich übrigens als Unwahrheit herausstellt. Grund genug, um ein
Lustspiel aufzuführen! Unsere Bürgerwehr hat auch früher wohl einmal Steinwürfe genossen. Aber sie hat, trotzdem sie bewaffnet war, nicht gleich in die Gassenjungen gestoßen und gestochen. Freilich
heldenmüthige Soldaten haben eine andere Aufgabe. Sie haben einer unbewaffneten Stadt gegenüber die Verpflichtung, ihren Muth zu zeigen. Quomodo? Auf der Flingerstraße ist ein Haus an Fenster und
Thüren stark demolirt worden, die Ratingerstraße hat es erlebt, daß Leute, die dort wohnen, fortgeschleppt worden sind, um die Nacht umsonst einquartirt zu werden. Sogar Mitglieder der Gesellschaft
„Verein“, eine Hochschule der Reaktion, treue konstitutionelle Seelen, wären beinahe um ihr patriotisches Blut gekommen. Und endlich: auf dem Hundsrücken haben die edeln Untergebenen des
Communisten Drigalski ein altes Mütterchen von 74 Jahren, das eben von ihren Enkelkindern kam, in einem Hausgange vom Leben zum Tode befördert, und zwar vermittelst eines Kolbenstoßes auf die Brust
ganz gelinde, daß es eine halbe Stunde später unter Blutstürzen starb. So wird der gute Dreizehner, der im August hier fiel, doch endlich gerächt von seinen treuen Kameraden, wie sie oft geschworen
haben. Aber es ist kein Mann als Sühnopfer gefallen, nein vorläufig nur eine Frau, eine greise Hekuba! Das ist der Humor davon! Wovon? Ei, daß die patriotischen Damen die lieben Vaterlandsvertheidiger
besoffen machen und daß die gesinnungstüchtigen Wupperthaler, die jeden Augenblick bei der hiesigen Regierung große Summen zur Hebung der Industrie betteln,
[0838]
der hiesigen Soldatenherrschaft angeblich 6000 Thlr. zur Disposition gestellt haben. Es wird besser gehn, die Welt ist rund und muß sich drehn. L'ordre règne à Dusseldorf.
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067
] Aachen, 30. Nov.
Unsere gute Stadt Aachen befindet sich in einem ähnlichen Konflikte gegenüber ihrem Abgeordneten Kühlwetter, wie die Nationalversammlung gegenüber der Krone. Bekanntlich hat der hiesige
Gemeinderath einstimmig die Schritte der mannhaften Vertreter in Berlin nicht allein vollkommen gebilligt, sondern auch eine Dankadresse an die Nationalversammlung votirt und abgeschickt. Der
Vertreter des Stadtkreises Aachen, Herr Kühlwetter, scheint dieses entweder nicht zu wissen, oder aber er hat es für gut befunden, sich aus eigner Machtvollkommenheit auf den
Brandenburg-Manteuffel'schen Standpunkt zu stellen. Wenigstens hat er sich nicht nach Berlin begeben, wohin ihn seine Wähler geschickt haben, sondern er tagt mit dem Klub Brüneck in Brandenburg
an der Havel. Mit Recht fragt man sich, wie ein Abgeordneter die Unverschämtheit so weit treiben kann, die Gesinnungen einer ganzen Stadt außer Acht zu lassen, einer Stadt, die sich deutlich und klar
durch ihr Organ, den Gemeinderath, vor aller Welt ausgesprochen hat. Besäße Herr Kühlwetter nur ein Fünkchen von Anstand und parlamentarischem Takte, so würde er, die Rechte der Nationalversammlung
nicht anerkennend, auf der Stelle sein Mandat niedergelegt haben. Aber nein! Herr Kühlwetter, der ehemalige Minister, der Schöpfer des Konstablerstocks, denn
Alles Weltregiment, müßt ihr wissen,
Von dem Stock hat ausgehen müssen;
Und der Scepter in Königs Hand
Ist ein Stock nur, das ist bekannt!
hält dies für höchst überflüssig. Ja, bei seiner neulichen Anwesenheit in Aachen hat er es nicht einmal der Mühe werth gehalten, seine Wahlmänner zusammen zu berufen, um sich wenigstens mit ihnen über
sein zukünftiges Verhalten zu besprechen. Bei einem so offenbaren Hohne ist es leider zu beklagen, daß die Wahlmänner und Urwähler nicht zusammentreten, um entweder die Adresse des Gemeinderathes zu
desavouiren, oder dem Abgeordneten Kühlwetter zu bedeuten, daß man ihn nach Berlin, und nicht nach Brandenburg geschickt habe. Doch die Person geht dem guten Deutschen über Alles, die Sache ist
Nebensache. Glück zu!
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@facs | 0838 |
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066
] Heinsberg, 27. Novbr.
Nachfolgender, am 24. d. von hier abgesandten Adresse hat die Kölnische Zeitung, welche nur reaktionäre Waare zu führen scheint, die Ehre erzeigt, sie nicht abzudrucken:
An eine hohe National-Versammlung in Frankfurt!
Mit einer Bestürzung, die nicht größer sein kann, haben wir Ihren Beschluß vernommen, welcher die Steuerverweigerungsmaßregel unserer durch Bajonette aufs Aeußerste getriebenen National-Versammlung
in Berlin für ungesetzlich erklärt. Woran sollen wir schlichte Bürger und Landleute noch Glauben behalten, wenn uns die Gesetzmäßigkeit der Majoritätsbeschlüsse unserer preußischen Nationalvertretung
von Frankfurt aus vernichtet werden darf? Hat Frankfurt denn jetzt schon ein Recht, in die Privatrechte Preußens einzugreifen, ehe es noch seine eigene Aufgabe gelöst hat? Oder wo ist die Freiheit und
Einheit Deutschlands zu finden, die zu schaffen, der Beruf Ihrer hohen Versammlung ist? Ihre bisherigen Thaten haben uns allerdings das Schwert gezeigt, welches in Ihre Hand gelegt ist, um die
Anarchie zu bekämpfen, nicht aber auch zugleich den Schild, der unsere Freiheit beschützen soll! Und jetzt, nachdem Sie das Ungeheuere an Freveln aller Art gegen die Freiheit und Unabhängigkeit der
Nationen haben geschehen lassen: den unnatürlichen Krieg in Italien, den gewissenlosen Vernichtungskrieg gegen Wien, während Sie dagegen in dem ehrenvollen Kriege mit dem fremden Dänemark eine
schwächliche Barmherzigkeit gezeigt haben, wollen Sie uns auch noch den letzten Anker der Freiheit, die Preußenstadt Berlin, von der Reaktion zerschmettern lassen? Nein, das können Sie von unserem
schlichten Verstande nicht einmal ohne Erröthen verlangen, daß wir bei solchen Vorkommnissen den Glauben an Ihre Weisheit und Ihren Freiheitssinn aufrecht erhalten sollen!
Die Geschichte Ihrer Reichskommissarien hat den Leuten in unserem fernen Winkel sogar das Blut der Schaam auf die Wangen getrieben, und wir sollen heute nicht erzittern, vor dem Tausche, der
ähnliche Leute jetzt an die Stelle unserer zu erhabener Handlungsgröße auferweckten National-Versammlung in Berlin setzt? Möge der Himmel sorgen, daß die Zukunft unsere Befürchtungen Lügen strafe! Wir
können und wollen aber keinen Augenblick zögern, den tief empörten Angstschrei auszustoßen, den die augenblickliche Lage Preußens, das bald in Blut schwimmen wird, unserer für das Vaterland
geschwellten Brust entpreßt!
Der Bürgerverein zum „Deutschen Hause“ in Heinsberg in seinem eigenen, 70 Mitglieder vertretenden, und im Namen von circa 2000 Kreis-Insassen, welche
an seinr heutigen Sitzung Theil genommen und die vorstehende Adresse mit Jubel begrüßt haben.
Ferner wurde in dieser Volksversammlung, unter Bezugnahme auf die bekannte Zustimmungsadresse, welche der Verein „zum deutschen Hause“ bereits am 13. d. M. beschlossen und an die
Nationalversammlung in Berlin abgeschickt hatte, in Betreff der Steuerverweigerung beschlossen:
„Freiwillig keine Steuern mehr zu bezahlen, jedoch keine Gewalt der Gewalt
entgegenzusetzen, vielmehr noch den Erfolg der Frankfurter Beschlüsse abzuwarten.“
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@facs | 0838 |
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*
] Königswinter, 30. November.
Auf den Beschluß der National-Versammlung zu Berlin vom 15. d. Mts. „daß das hochverrätherische Ministerum Brandenburg nicht befugt sei, Steuern zu empfangen und über Staatsgelder zu
verfügen,“ fanden sich die Zettel genanntes Beschlusses an unsern Straßenecken angeheftet. Dieselben wurde von den Polizei-Agenten des Bürgermeisters Mirbach abgerissen und folgende
Proklamation des Bürgermeisters Mirbach und Steuer- und Kommunal-Empfängers Veit aufgeklebt:
„Es lassen sich Gerüchte und Aufforderungen vernehmen, keine Steuern mehr zu bezahlen. Jeder vernünftige Unterthan der es mit Gesetz und Ordnung ehrlich meint, sieht es ein,
daß kein Staat und keine Gemeindi ohne Steuern bestehen kann, und daß diese, im gesetzlichen Wege ausgeschrieben — auch bezahlt werden müssen, so wie daß aus dem Widerstreben der Umsturz aller
Ordnung und Gerechtigkeit folgt; daher ich vor den gefährlichen Folgen ernstlich warne.
Königswinter, 17. November.
Der Bürgermeister, Mirbach.“
Publikandum.
„Zur möglichen Vermeidung der, Zufolge höhern Befehls — gegen alle Steuer-Restanten unverzüglich anzuwendenden Exekutions-Maßregeln — setze ich den Steuerpflichtigen hierdurch
noch einen letzten Termin bis Donnerstag, Freitag und Samstag den 23. 24. 25. d. Mts. bis wohin alle rückständigen und fälligen Steuern etc. etc. bezahlt sein müssen; — wiedrigenfalls ich in
die unangenehme Nothwendigkeit versetzt bin, sofort durch Hülfe der äußersten Zwangsmaaßregeln meine Pflicht zu erfüllen.
„Das böswillig ausgestreute Gerücht“ als sollten keine Steuern mehr bezahlt werden etc. etc. kann höchstens nur bei Feinden der Ordnung und des Friedens Glauben finden.
Königswinter, 17. November.
Königl. Steuer- und Kommunal-Empfänger, Veit.“
Die Herren Bürgermeister Mirbach und Steuer-Empfänger Veit scheinen mit dem Ministerium Brandenburg-Manteuffel auch wieder als Despoten ihrer Gemeinde aus ihrem Versteck hervorzukriechen, worauf
namentlich die Worte des Bürgermeisters Mirbach „jeder vernünftige Unterthan“ klar hindeuten; und finden wir uns ferner veranlaßt diesen Dienern des absoluten Ministeriums Brandenburg
folgende Fragen vorzulegen:
1. Haben die Herren Bürgerm. Mirbach und Steuerempfänger Veit nicht an der Wahl der in Berlin tagenden preuß. Volksvertreter Theil genommen? und erkennen Sie dieselbe nicht als rechtlich
bestehend?
2. Ist es jenen Herren unbekannt, daß dieselbe in Gemeinschaft mit der Krone eine volksthümliche Verfassung festzustellen berufen sind?
3. Wißen die Herren Mirbach und Veit nicht, daß das Ministerium Brandenburg-Manteuffel in Folge des Attentats auf die geheiligten Vertreter des preuß. Volkes als Hochverräther erklärt worden?
4. Ist es jenen Herren unbekannt, daß dieses hochverrätherische Ministerium laut Beschluß der National-Versammlung vom 15. dieses Mts. nicht befügt ist, über Steuern und Staatsgelder zu
verfügen?
5. Erkennen die genannten Herren in dem Beschluß der National-Versammlung „böswillig ausgestreute Gerüchte?“
Es sind dies, Herr Bürgermeister Mirbach und Steuerempfänger Veit, Beschlüße den in Berlin tagenden Vertreter des ganzen preußischen Volks; diese Beschlüße nicht anerkennen, und dagegen ein
hochverrätherisches Ministerium mit Steuern unterstützen, ist Hochverrath gegen die preußische Nation, weßhalb wir Sie dem Ministerium Brandenburg-Manteuffel angelegentlichst empfehlen.
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@facs | 0838 |
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*
] Münster, 29. Nov.
Der gestrige und heutige Tag ist ruhig verlaufen, weil sich kein Mann vom 15. Regiment sehen ließ, und auch sonst die Soldaten keine Exzesse begingen.
Ein 8jähriger Knabe ist an den Mißhandlungen der Barbaren gestorben.
Es ist eine Kommission niedergesetzt, um alle Gemeinheiten zu untersuchen. Dabei sind bereits die zuverläßigsten Beweismittel darüber angegeben:
1) daß die Soldaten und Unteroffiziere des 15. Regiments schon auf dem Marsche hierher die gefährlichsten Drohungen gegen die hiesigen Demokraten ausgestoßen haben;
2) daß bereits am Samstag Nachmittag Soldaten des 15. Regiments erklärt haben, am Abend werde es losgehen, die Offiziere hätten es gesagt u. s. w.;
3) daß unmittelbar vor dem ganz planmäßig geleiteten Ueberfalle ein Offizier mit zwei Unteroffizieren in der Nähe der Reitbahn ganz geheimnißvoll gesprochen und erklärt hat: Nun ist's
Zeit.
Zuverlässige Menschen sind es, die diese Thatsachen eidlich erhärten wollen.
Der Oberlandesgerichts-Referendar H. ist leider noch immer verhaftet — blos wegen eines Plakats beim Beginn unserer Berliner Unruhen. Warum, fragen wir, beschließt das Kriminalgericht die
Verhaftung erst 14 Tage nachher, unter so bedrohlichen Anzeigen?
Man spricht noch von andern Verfolgungen — ganz das bekannte Schreckenssystem.
Wir werden Akt nehmen, können aber nicht umhin, einen fanatischen Beamten, der dem Volke schmeichelt, wenn es sich um Wahlen handelt, jetzt aber Plakate im Sinne des Preußenvereins austheilt,
dringend zu warnen, die „Geschichte von der Hundepeitsche“ nicht herauf zu beschwören.
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@facs | 0838 |
[
30
] Bocholt, 29. Novbr.
Vom hiesigen Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung ist ebenfalls eine Zustimmungsadresse an die hohe Nationalversammlung mit vielen Unterschriften abgesandt worden. Eine andere energisch
abgefaßte und mit vielen Unterschriften bedeckt, ist dahin abgegangen. Dieselbe lautet:
Hohe Nationl-Versammlung!
Die unterzeichneten Bürger- und Einwohner der Stadt Bocholt fühlen sich gedrungen, Einer hohen National-Versammlung unsern tief gefühlten Dank für die muthvolle Haltung, die dieselbe in so
bedauerlicher Zeit, einer fluchwürdigen Camarilla gegenüber angenommen, hiermit ehrerbietigst auszusprechen.
Fahret fort, edle Männer, in dem betretenen Pfade, und der Dank unseres ganzen lieben Vaterlandes ist Euch gewiß.
Wir stehen indeß mit tausenden uns gleich gesinnten Brüdern, gerüstet, und werden uns auf Euren Ruf wie ein Mann erheben, wenn man es wagen sollte, die Rechte unserer Vertreter, unsere Rechte, auf
irgend eine Weise anzutasten und niederzudrücken.
Bocholt, den 19. November 1848.
(Folgen die Unterschriften).
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[
*
] Warendorf, 23. Nov.
Nachdem am 11. November der Nationalversammlung in Berlin für ihre musterhafte Haltung in den Tagen der Gefahr eine Dankadresse, welche, (da die Sache eilig) in einer Stunde über 100 Unterschriften
zählte, zugesandt worden, hat vor einigen Tagen hier auch eine Loyalitätsadresse unter großen Wehen das Licht der Welt erblickt. Wenngleich die Unterschriften nicht so rasch zunehmen wollen, so wird
dieselbe doch wohl einige Bedeutung erhalten, da der evangelische Pastor B. als Geburtshelfer dieses Kindleins bekannt ist, dessen Unterschrift auch obenan prangt; dann einige Beamte, und zuletzt
sogar sämmtliche Knechte des hiesigen kgl. Landgestüts, nebst den Stamm-Mannschaften des hiesigen Landwehr-Bataillons. Daß diese beiden letzteren Kategorien freiwillig unterschrieben haben,
bedarf wohl kaum einer Erwähnung, und so ist man heute zu der sehr enormen Zahl von 37 Unterschriften gelangt. — Der hier vor Kurzem ins Leben gerufene „Volks-Verein für deutsche
Freiheit und Einheit,“ erfreut sich eines sehr gedeihlichen Fortgangs; die Versammlungen werden zahlreich von allen Ständen besucht; auch die Soldaten des hiesigen Landwehr-Stammes nehmen
thätigen Antheil. Leider wird der Besuch der Soldaten für die Folge aufhören; es ist denselben zwar nicht verboten, die Versammlung zu besuchen, aber ihnen am vergangenen Sonntag beim Appell ein
Befehl vorgelesen worden, jeden Abend, wenn Versammlung sei, sich 1/2 9 Uhr (um 8 Uhr ist Anfang der Versammlung) am Landwehr-Zeughause zu versammeln, damit dasselbe — nicht gestohlen werde. So
eben höre ich, daß noch heute 20 Mann Soldaten einrücken werden, um die Zeughauswache zu verstärken.
Die Reaktion von Seiten der hiesigen Militärbehörde ist überhaupt sehr thätig, und möchte hierfür wohl der beste Beweis sein, daß man den Redakteur des hiesigen Wochenblattes veranlaßte, gegen
Bezahlung die „Ansprache der Potsdamer Soldaten an die Demokraten, ihre Feinde, in Berlin,“ im hiesigen Wochenblatte aufzunehen. Diese Herren waren gewiß besorgt, daß dieses saubere
Machwerk in den 300,000 verbreiteten Exemplaren nicht bis zum äußersten Winkel Westphalens gedrungen wäre.
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103
] Attendorn, den 23. Nov.
In der am vorigen Donnerstage hier abgehaltenen Volksversammlung wurde eine Zustimmungsadresse an die Berliner Nationalversammlung abgefaßt und mit 300 Unterschriften bedeckt, dem Abgeordneten Hrn.
Gladbach zugeschickt. Dieselbe enthielt zugleich ein Mißtrauens- und Abberufungsvotum für den weggelaufenen Deputirten unseres Kreises Olpe, den Amtmann Stachelscheid aus Drolshagen.
—
Zu unserm Bedauern hat sein Stellvertreter, der hiesige Gymnasial-Rector Hr. Wiedmann, der vorgestern von dem Präsidenten der Nationalversammlung einen schleunigen Ruf nach Berlin erhielt,
aus Gesundheitsrücksichten sein Mandat niedergelegt. Es setzt uns dies in nicht geringe Verlegenheit, da wir jetzt nicht neu wählen dürfen und auch keinen Vertreter zu Berlin haben.
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27
] Berlin, 24. Nov.
Morgen wird dem hiesigen Central-Bezirksverein, der von Vertrauensmännern aus fast allen Urwähler-Bezirken Berlins beschickt ist, in seiner ordentlichen Sitzung folgende Adresse an die preußische
Nationalversammlung zur Annahme vorgelegt werden.
„Hohe Nationalversammlung!
In einem Augenblicke, wo die verantwortlichen Rathgeber der Krone noch immer darauf beharren, durch eine Reihe von Ungesetzlichkeiten die Rechte und Freiheiten des Volks zu mißachten, fühlt der
unterzeichnete Centralverein von Berlin sich um so mehr gedrungen, einer hohen Nationalversammlung wiederholt für die Mäßigung und Festigkeit zu danken, womit dieselbe diese so schwer verletzten
Rechte bisher zu schützen übernahm, als Beschuldigungen des Gegentheils anfangen laut zu werden.
Eine Regierung, die solche Wege eingeschlagen, hätte es sich zwar lediglich selber zuzuschreiben, wenn ihr auf gleiche Weise entgegengetreten würde. Der unterzeichnete Verein kann aber auch in dem
letzten Beschlusse der hohen Nationalversammlung keine Ungesetzlichkeit erkennen. Denn sie hat gar nicht Steuern, welche gesetzlich ausgeschrieben sind, verweigert, sondern nur angeordnet, daß ein von
ihr in Anklagezustand gesetztes Ministerium nicht berechtigt sein soll, die Steuern zu erheben und Staatsgelder zu verausgaben, was sich eigentlich von selbst versteht.
Der Central-Bezirksverein bittet daher eine hohe Nationalversammlung, zum Schutz der verbürgten Rechte des preußischen Volks auf dem Pfade der Besonnenheit und Rechts, den sie eingeschlagen, weiter
vorzuschreiten, und dabei seiner Zustimmung gewiß zu sein.“
Berlin, 25. Nov. 1848
Ein Mitglied des Vereins, (das seinen Namen nennen wird, sobald der Belagerungszustand aufgehoben sein wird).
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X
] Brandenburg, 29. Nov.
Der Klub Brünneck hielt heute im Dom zu Brandenburg seine dritte Versammlung. Nach 11 Uhr wurde die Sitzung eröffnet. Brünneck verlies't die von 22 Abgeordneten
eingegangenen Entschuldigungsanzeigen, daß sie der heutigen Sitzung nicht beiwohnen können. Der Namensaufruf ergiebt, daß nur 151 Mitglieder anwesend sind. — Am Ministertische ist nur
Manteuffel zu sehen. — Nach 12 1/2 Uhr wird die Sitzung bis morgen Vormittag 11 Uhr vertagt.
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*
] Liegnitz, den 22. Nov.
Gestern versammelten sich die Wahlmänner des hiesigen Wahlbezirks, 90 an der Zahl und beschlossen sofort eine Adresse an die National-Versammlung in Berlin, worin sie ihre volle Zustimmung zu allen
vom 9-17 d. von ihr gefaßten Beschlüssen aussprechen. Zugleich erließen die Wähler ein Manifest an ihre Committenten, worin es am Schluße heißt:
„Mögen die Landbewohner nach dem Beispiel vieler Städte nicht eher einen Heller steuern zahlen, bis ein Ministerium wieder ernannt sein wird, welches das Vertrauen des Landes besitzt und bis
die Nationalversammlung wieder frei und unbehindert in Berlin tagen könne! Wer jetzt Steuern zahlt, zahlt sie den Verräthern des Volkes reicht sein Geld nicht zu des Volkes Wohle, sondern zu des
Volkes Wehe!“
So sprechen die ländlichen Wahlmänner des hiesigen Bezirks und so werden sie und die Angeredeten auch handeln.
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24
] Wien, 26. Nov.
Erläßt der Berliner Magistrat Ansprachen an seine „lieben“ Mitbürger, in welchen er sich ganz auf Seite der Contrerevolution stellt und der Nationalversammlung in's Gesicht
schlägt: so kommt doch sein Verfahren noch lange nicht in Vergleich gegen das, welches der Gemeinderath Wiens in Betreff des Durchlauchtigen Banditen Windischgrätz befolgt. Denn gestern hat er durch
eine Deputation eine Adresse nach Schönbrunn gesandt, die von Ausdrücken knechtischer Gesinnung, ja hündischer Speichelleckerei selbst in Deutschland wenige ihres Gleichen finden wird. Der
Gemeinderath hat danach die „Milde und Humanität“ der „böhmischen Hyäne“ dankbar verehren „gelernt.“ „Eure Durchlaucht,“ heißt es weiter,
„haben den strengen Befehl eines milden (!) Herrschers mit Milde (!!!) vollzogen und sich dadurch alle Gutgesinnten zu unverzüglichem Danke verpflichtet.“ — Die zweite Sitzung des
Reichstags in Kremsier ist weiter auf den 27. vertagt worden.
Gestern fielen eine Anzahl Grenadiere in einem Gasthofe über einen hiesigen Tischlermeister her und verhafteten ihn, angeblich, weil er auf's östseichische Militär geschimpft habe. An der
offiziellen Belobung und Belohnung dieser tapfern, wiewohl starb besoffenen Grenadiere ist nicht zu zweifeln.
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33
] Brünn, 26. Nov.
Es heißt, der Reichstag würde wenigstens 6 Monate und bis zur Vollendung der Verfassung in Kremsier tagen. Seine erste Arbeit soll nach der Präsidentenwahl — Smolka mit seinem Zopfthum
neuerer Phase ist geblieben — darin bestehen, die Geschäftsordnung mit einem neuen § zu vermehren, in welchem die Reichstagsabgeordneten sich gegenseitig das Hutabnehmen erlassen. Die Hüte
werden durch das unvermeidliche 100malige Begegnen per Tag nämlich so strappezirt, daß die Herren Abgeordneten, da 10 Meilen in der Runde jeder Hutmacher fehlt, bald baarhäuptig gehen müßten. Ein
Hutnichtabnehmungsverein bildete sich deshalb und bewirkte die Annahme des §, der nur noch der Allerh. Sanktion bedarf. Die Bauern küssen den Grafen und Hofräthen die Hand, und die andere Kanaille
bückt sich tief vor der haute volée. In Wien war's anders!
Die Zigeuner, vulgo Czechen, haben all ihre nationalen Unverschämtheiten wieder mitgebracht, allein ihr Strohbach fiel gleichwohl durch- Die neuen Minister saßen dabei auf den s. g. Galerien und
lach.ten; was liegt ihnen denn jetzt daran, wie der Präsident heißt. — Gleichwohl sind die Czechen doch sehr erbost über die Kamarilla. Trotz aller national-leidenschaftlichen Bornirtheit,
trotz allem Palackythum, beginnt es doch in ihren Hirnschädel einzudringen, daß die Kamarilla ihnen, wie dem ganzen Slaventhum ein Schnippchen geschlagen, ein Schnippchen schlägt. Hr. Jelachich, wenn
er anders mit seinem Volke es aufrichtig hält, muß sich dessen auch bald versehen. Damit nun aber das Slaventhum niemals en masse der Kamarilla über den Hals komme, zaubert dieselbe tagtäglich neue
Natiönchen aus ihm hervor und verspricht jedem Natiönchen Gott und den Teufel. So hat sie Galizien bereits von einander getrennt und die Ruthenen zum Haß gegen die Polen entflammt; so theilt sie in
diesem Augenblick Kroatien ab, damit Jelachichs Königreich, pocht er nach Besiegung der Ungarn darauf, unmöglich werde. Man sagt, die Slaven seien so schlau, wie die Schotten; ich muß sie meinen
Erfahrungen nach jedoch einstweilen noch für dümmer halten, als die Lerchenfelder, wie sie spottweise alle Deutschen nennen. Wären sie es nicht, sie würden nicht in die plumpen Fallen gehen, die ihnen
die Kamarilla legt, indem sie ihre Pfoten benützt, die gebratenen Kastanien aus dem Feuer zu nehmen. — Ein wohlunterrichteter Herr versichert mich eben noch, es habe von Anfang an viel Blödsinn
dazu gehört, zu glauben, die Habsburger würden jemals ihren deutschen Ursprung verläugnen wollen, um zu den Slaven überzugehen; sie wüßten nur zu wohl, daß sie damit ihr eigenes Nest
zerstörten. Darum ging der Hof nach Insbruck und Olmütz, nicht nach Prag. Werden die Czechen darob diesmal nun trotzig, wie es den Anschein hat, so wird die Kamarilla nicht verfehlen, sie in eine
Menge von Unternatiönchen abzutheilen und nebenbei wieder das böhmische Deutschthum heraufzubeschwören. Die Gutmüthigkeit der Herrn Deutschen ist ja in solchen Fällen infallibel, wie Sie auch am
Rheine erfahren.
Die größte Stütze der Kamarilla sind unter allen 99 Nationen und Natiönchen Oestreichs in diesem Augenblicke die Juden. Sie sind de facto radikal emanzipirt, und zwei ihrer Leute — Bach und
Thienfeld — sogar ins neue Ministerium aufgenommen worden. Man weiß sehr wohl, wer die Zwanziger besitzt und gedenkt es mit diesen zu halten. Die Juden sind indessen noch klüger, als die
Kamarilla und suchen die entsetzlichen Geldverhältnisse benutzend, sich in den Besitz des Grund und Bodens, den sie früher nicht erwerben durften, zu sitzen.
[0839]
Den zur Politik verfeinerten Schachergeist repräsentirt in diesem Augenblicke unter den Wiener Blättern keines hitziger, als die „Presse“. Es ist ferner komisch, die standrechtliche
Polemik dieses Blattes und des Lloyd gegenüber Frankfurt und Berlin zu verfolgen. Wenn die Frankfurter die Steuerverweigerung der Berlinerin für null und nichtig erklären, so sind sie süperbe;
bestehen sie aber auf einer Untersuchung wegen der Hinrichtung Blum's, so erhalten sie Fußtritte. Noch komischer ist der Hohn, mit welchem diese standrechtlichen Blätter Deutschland begeifern,
wenn es östreichische Lande als deutsche in Anspruch nimmt. Wenn ich ihnen die den Frankfurtern und der Frankfurter Centralmacht gegebenen Fußtritte nicht verübeln kann, so möchte ich sie doch gerne
wegen ihres Antideutschthums züchtigen, weil nur gesinnungslose Schacherwuth dahintersteckt, die sie einen Absolutismus exploitiren läßt, der ihre Polemik bezahlt und mit standrechtlichen Prinzipien
ausstattet.
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@facs | 0839 |
[
!!!
] Frankfurt a. M. den 29. November.
Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser.
Tagesordnung:
Bericht über die östreichischen Angelegenheiten, erstattet vom östreichischen Ausschuß; noch mehrere andere Berichte, die kaum dran kommen werden.
Vor der Tagesordnung:
Präsident theilt ein Schreiben der Handelsstände von einer sehr großen Anzahl Ost-Westpreußischer und pommerscher Städte mit, die einen allgemeinen deutschen Zolltarif vorlegen, den sie mit
großer Mühe ausgearbeitet haben, begründet auf die Praxis.
Bauer von Hechingen frägt das Reichskriegsministerium über die unmäßige Besetzung des Kreises Sigmaringen mit Reichstruppen Aus welchem Grunde dies geschieht? — Der Kriegsminister ist
nicht anwesend.
Der Finanzausschuß beantragt die Vergütung der Reisekosten für die Einholung des Erzherzog Johann nach Frankfurt.
Tagesordnung.
1., Oestreichischer Bericht.
Die Anträge des Ausschusses lauten, 1., die der Majorität: Die Centralgewalt und das Reichsministerium werden nochmals aufgefordert
1) mit allem Nachdrucke dahin zu wirken, daß jener Beschluß vom 3. November l. J zum Vollzuge komme, und daß die über Wien verhängten Ausnahmsmaaßregeln nach wiederhergestellter Ordnung und Ruhe
alsbald aufgehoben werden;
2) durch den neuerlich nach Oesterreich bestimmten Reichscommissär ohne ferneren Aufschub die offene und unumwundene Anerkennung der deutschen Centralgewalt, wie die Durchführung der Beschlüsse der
constituirenden deutschen Reichsversammlung in den deutschen Provinzen Oesterreichs zu erwirken.
v. Beisler. — Schubert. — Schrenk. — Francke. — Arneth. —
Sommaruga. — Weiß. — v. Zenetti. — H. Löw. — Neumayr.
Die Anträge der Minorität des Ausschusses:
In Erwägung, daß die Reichscommissäre Welcker und Mosle gegenüber den österreichischen Autoritäten nicht jene Achtung sich zu
verschaffen vermochten, welche der Centralgewalt und ihren Commissären gebührt, in fernerer Erwägung, daß abgesehen von den eingeschlagenen Mitteln und Wegen der Reichscommissäre (denen die
constituirende Reichsversammlung ihre Billigung nicht ertheilen kann), sich aber jedenfalls ergeben hat, daß bisher das Reichsministerium Oesterreich gegenüber nicht jene Stellung der Centralgewalt zu
erwirken wußte, die sie jedem deutschen Einzelstaate gegenüber einzunehmen hat:
„Fordert die constituirende Reichsversammlung die Centralgewalt auf, endlich zu erwirken, daß die von der Reichsversammlung erlassenen Gesetze und Beschlüsse mit dem der Würde und der Ehre
Deutschland's angemessenen Nachdrucke in Deutsch-Oesterreich in Vollzug gesetzt werden.“
Venedey. Pattay. Reitter. Kirchgeßner.
Eine Menge Amendements sind gestellt, die ich Ihnen gebe, wenn sie etwa angenommen werden sollten.
Die Diskussion beginnt mit
Giskra aus Mähren (gegen den Ausschuß). Das Gefühl des tiefen Schmerzes über das namenlose Unglück meines Wohnortes bestimmt mich zu reden. Die Stimmen jener sind vereinzelt, die den
Eroberer von Wien billigen, die den Belagerungszustand für eine glückliche Erfindung halten. — Die Centralgewalt und diese Versammlung hätten die Catastrophe verhindern können. — Der
Redner geht das Wirken und Treiben der Reichskommissäre mit Genauigkeit durch und verweist dabei, daß sie sowohl überall zu spät gekommen, als auch nirgends am rechten Orte wirksam gewesen. Sie
stellten Kreuz- und Querzüge an, um das entflohene Haupt der ostreichischen Dynastie zu suchen. — Sie gingen nicht nach Wien, um den Verdacht zu vermeiden, daß sie Partei fürs
Volk nehmen. (Zischen rechts — Bravo links.) Die Quellen, woher die Reichskommissäre ihre Nachrichten über Wien in Ollmütz erhielten, würden selbst jeden halbliberalen Oestreicher in Erstaunen
setzen.
Sie gingen nicht nach Wien nach dem Schmerlingschen Prinzip: „wer sich in Gefahr begiebt, kommt darin um.“ (Heiterkeit links.)
Dem Wunsche des Reichsverwesers gemäß gingen sie nach Ollmütz. (Links: Hört!) (Im Centrum ruft einer Schluß! Tumult links. Der Präsident erklärt den Schlußruf für ganz unziemlich und unangemessen)
Die klägliche Audienz der Commissäre bei Windischgrätz malt Giskra mit treffenden Farben. Mit den Personen des Hofes z. B. mit dem Fürsten Felix Schwarzenberg hatten die Commissare Conferenzen statt
mit den konstitutionellen Ministern Sie sonnten sich in der höchsten Huld des Hofes. (Bravo links.) Mit der Zusicherung: „man werde solche Maaßregeln treffen, welche die Zuneigung der Völker
sichern“ hielten die Reichskommissäre ihre Aufgabe vollendet. (Links: Schmach!) Hieraus folgt: Die Reichskommissäre hatten entweder andere Instruktionen als sie darlegten, oder sie verfolgten
andere Tendenzen, als sie in ihren Briefen aussprachen. Jellachich hat die Commissare für Gratulatoren zu seinem Verfahren, nicht für Hinderer desselben gehalten.
Der Redner geht hierauf das Benehmen der Centralgewalt, die Wirksamkeit der National-Versammlung gegenüber Oesterreich durch, und erweist das Widersprechende der Reden und Thaten.
Ueber die Greuel, in Wien verübt von der Soldateka, will er hier weggehen. Die Soldaten wurden besoffen gemacht vor dem Sturm auf Wien, es wurde ihnen gesagt, jemehr Studenten ihr schlachtet, desto
lieber seid ihr eurem Kaiser. Dies habe ich von einem Augenzeugen. (Tumult im rechten Centrum). Den Fall Blums aber und die standrechtliche Behandlung der übrigen Hingemordeten erweist Giskra als
gegen die Gesetze Oesterreichs. Alle Gesetze Oesterreichs hat Windisch-Grätz durch einen Federzug vernichtet, was ja selbst dem Vollmachtgeber, dem Kaiser, nicht zusteht. Wir haben einen
Rechtskundigen im Reichsministerium, der Ober-Appellationgerichtsrath in Oesterreich gewesen — er wird mich widerlegen. (Heiterkeit.) Wie human und mäßig die Herren Generäle gewesen, das
beweisen die Orden und die Handschreiben des Czaaren an dieselben für ihre Mäßigung. (Sensation). Die Mäßigung ging so weit, daß ein Journalist erschossen worden (Jellinek), weil er Artikel gegen die
Dynastie geschrieben. Druckereien, welche die Beschlüsse der Frankfurter Versammlung über Oesterreich drucken, werden demolirt. Gegen Petitionssteller werden Kriminaluntersuchungen eingeleitet. Briefe
werden nach Belieben unterschlagen. Die Censur übt das Militär. Die Wirkungen des Geldausfuhrverbots schildert Giskra. Er zeigt Papiergeld von 5 Kreuzer Werth, was in Ermangelung von Silbergeld
gebraucht wird.
Das Reichsministerium hat die Folgen der Wiener Ereignisse, des Sieges der Soldaten vorausgesehen — es hat den Sieg der Soldateska nicht verhindert — also gewünscht. (Stürmischer
Applaus links) Die Geschichte wird das erste Reichsministerium richten. Die Reichskommissäre haben nichts gewirkt, aber sie haben absichtlich nichts gewirkt. (Tumult) Giskra begründet diese Ansicht.
(Bravo!) Das Reichsministerium hat den Karakter der absichtlichen Thatlosigkeit, der faits accomplis, deswegen hat es kein Programm aufgestellt. Es hätte darin Worte machen müssen, die seine Thaten
verhöhnt hätten. (Bravo links. Sehr wahr!) Die Folgen dieses Ministeriums treten bereits ein in Deutschland. Ueberall Stimmen gegen die Centralgewalt. (Aufregung im Centrum) Wo ist die Anerkennung der
Centralgewalt? Etwa in den 360,000 Mann Reichstruppen? Ueberall sind die Gesandten der Einzelstaaten an den fremden Höfen! In Worten besteht die Anerkennung der Centralgewalt.
Nirgends werden die Reichsgesetze publicirt, noch vielweniger befolgt. — (Centrum Schluß! links Ruhe!). — Schwarzgelb ist allwärts in Oesterreich an die Stelle des schwarz-roth-gold
getreten Man spottet dort des deutschen Parlamentes und der Centralgewalt. Windischgrätz und Jellachich sagen: lassen wir doch den Redeverein in Frankfurt, was kümmern uns Gagern und Schmerling, die
uns ja vor Wien gerufen haben?
Parlament und Centralgewalt werden überall als die Todtengräber von Deutschland betrachtet. (Donnernder und langer Beifall. Der Präsident weist Jemand von der Gallerie, der sich des Beifalls nicht
enthalten kann). Die Versammlung ist die Dienerin der Krone und der Fürsten.
Riesser unterbricht den Redner wegen dieses Ausdrucks. Er fährt fort:
Die deutschen Abgeordneten aus Oesterreich, wenn sie nach ihrem Vaterland einst zurückkehren, werden eingekerkert und erschossen werden. Und wer soll sie schützen? Etwa Deutschland? — Daß
man nichts thut, daß man nur die Thatsachen geschehen läßt, das rechtfertigt man durch das Gespensterbild der rothen Republik. — Noch hoffe ich Rettung! — Aber nicht solange diese
Verwaltung an der Spitze Deutschlands steht. Man wird die Revolution niederschlagen, aber sie wird sich immer blutrother wieder erheben! (Langer stürmischer Beifall.)
Beda Weber (ultramontan mit schwarzgelbem Anstrich) für den Ausschuß. Seine Rede klingt nach Giskra's spurlos vorüber.
Fröbel: Nach Giskra's Rede brauche er nur noch einige Worte über die Stellung der Parteien in Wien hinzuzufügen, um klar zu machen, daß die Bewegung in Wien eine deutsche war.
Die gefährdete deutsche Sache hat in Wien zur Revolution greifen müssen. Fröbel fuhrt diese Ansicht weitläufig aus, durch viele Data auseignem Wirken und eigner Anschauung in Wien. Der Zweck der
Wiener Revolution sei übrigens nicht die Republik gewesen. Aber jedenfalls ein deutscher, nationaler, diesen hätten die Reichskommissäre verfolgen müssen.
Welker: Die Reichskommissäre thaten alles, was in ihren Kräften stand, um ihre schwierige Aufgabe so zu lösen, wie sie irgend ein billig denkender verlangen kann.
Daß die Greuel, die der bekannte dringliche Antrag von Zimmermann aus Spandau in 16 Punkten schildert, in Wien wirklich vorgekommen, könne er nicht glauben. (Links: Ja wohl.) Diese Punkte scheinen
bloß an die Ecken der Straßen angeschlagen zu sein, um das Volk gegen ihn einzunehmen. — Das Reichsministerium hat übrigens sämmtliche Depeschen dem Hause vorgelegt. — Windischgrätz habe
sie keineswegs schimpflich, sondern äußerst zuvorkommend behandelt.
Entweder lügt Welcker hier auf der Tribüne, oder er log in seinem Briefe an den Reichsminister, worin er sagt, daß sie von Windischgrätz mit einer „gewissen Schroffheit“ empfangen
worden.
Wer das Gegentheil sprache — sei unwahr. (Tumult links). Im Kreise der Generale seien sie bewirthet worden (Heiterkeit). Er habe bloß eine Rechtsablehnung erfahren.
Welker spricht noch sehr lange und durch häufigen Tumult unterbrochen fort. Nebenbei erfahren wir, daß auf seiner Reise Herr Welker 1 1/2 Nächte durchgefahren und daß er im Wagen nicht schlafen
kann. — Den Vorwurf der Feigheit, als Beweggrund, nicht nach Wien gegangen zu sein, weist er für seinen bewährten Reisegefährten entschieden zurück. Von seinem Muth will er nicht viel sprechen,
denn wer viel davon spricht, hat nicht viel davor. Er beweist, daß er zu Windischgrätz und nicht nach Wien gehen mußte, um den Conflikt zu verhuten. — Denn Windischgrätz hatte sich zum Kampf
entschlossen, da war also die Gefahr zu verhuten, aber Wien war zu nichts recht entschlossen, weder zu Kampf noch zu Frieden.
„Gottlob, wir sind im Belagerungszustand.“
Abgesetzt haben wir den Fürsten Windischgrätz freilich nicht, (fährt Hr. Welker fort) aber unsere Möglichkeit haben wir gethan soweit es ging, ohne uns lächerlich zu machen; wenn Sie den Fürsten
abgesetzt haben wollen, so setzen sie ihn doch noch ab! (Gelächter.) Windischgrätz, der Kaiser und Wessenberg kommen ihm mit einem Rechtssatz entgegen. (Hört!) Sie sagten ihm nehmlich: „wir
konnen unsere Angelegenheiten selbst ordnen, wir können Ruhe und Ordnung selbst herstellen, wir haben so und so viel 1000 Mann.“ Glauben Sie, daß drei Mitglieder des Reichstages in Wien an der
Spitze des Aufruhrs standen, hätte dem Reichstag in den Augen der osterreichischen Regierung genutzt? (Tumult links.) An der Härte des Windischgrätz sei nur der Bruch der Capitulation seitens der
Wiener schuld. Zuletzt kramt er uns seine Staatsweisheit in Bezug auf das Verhältniß zwischen Oesterreich und Deutschland aus. (Linkes Centrum: Zur Sache!) Zum Schluß seiner Rede, die uber 2 volle
Stunden dauerte, bravo und Beifall rechts und rechtes Centrum. Schluß! und Vertagen! läßt sich vernehmen.
Es ist 1/2 3 Uhr.
Schmerling, (Reichsminister): Bedauert in hohem Grade, daß der Sieg des österreichischen Heeres in Wien nicht mit größerer Mäßigkeit benutzt wurde, er hat sich entschieden gegen die
Ausnahmemaaßregeln ausgesprochen, und alles gethan, was geschehen („werden“) konnte. Der erste Redner (Giskra) hat das Ministerium entschieden angegriffen, und verantwortlich gemacht fur
Alles was in Oesterreich geschehen.
Er rechtfertigt nun die Schritte des Ministeriums. Wo ist nun in Deutschland ein Ort, welcher bedauert, daß wir den Krieg in Dänemark nicht fortgefuhrt haben? Wir haben jetzt auch die Nachricht,
daß Dänemark ernstlich auf einen Frieden denkt (Bravo in rechten Centrum.)
Sie glauben, wir würden ein Bundniß eingehen mit Rußland dem Lande der Despotie, der Knute. Nein, wir verbünden uns mit den Ländern, deren Panier die Freiheit. (Die Metternich'sche Schule
hat gefruchtet.)
Meine Herren, man hat uns angegriffen, aber kein Wort der Belehrung hat man uns gesagt. Wir warten auf ein einziges Wort der Belehrung! (Bravo auf der Rechten und rechten Centrum.)
Giskra erhält zu einer persönlichen Bemerkung das Wort: Er erklärt in seinem und Fröbel's Namen, daß es ihnen nicht eingefallen ist, die österreichischen Farben haben beschimpfen oder
Jemand persönlich beleidigen zu wollen.
Schluß und Vertagung werden verworfen.
Vogt. (Das Haus leert sich bedeutend.) Das Ministerium habe seiner Partei vorgeworfen, daß sie nur angreife, nicht das Ministerium belehre. Er, seinerseits glaube, es genüge für die
Opposition, ein Ministerium anzugreifen, er würde sich aber wohl hüten, das Ministerium bekannt zu machen mit den Maaßregeln, die sie anwenden würden, wenn sie zur Regierung kämen. (Heiterkeit.
Bravo.) Der Minister hat gesagt, er hält die Anarchie für mehr als ein Gespenst; er wüßte ein Anderes, was nur das Ministerium für ein Gespenst hielt, was aber seine Partei sehr konkret mit Bomben und
Kanonen kennen lernte, nehmlich — die Reaktion. Früher habe das Ministerium gegen Anarchie und Reaktion zu kämpfen vorgegeben, jetzt sei es auf dem Punkte angelangt, wo es keine Reaktion sieht.
Den Reichsverweser und die Centralgewalt habe man wenig angegriffen, aber das Ministerium, und unter diesem Ministerium werde allerdings die Centralgewalt keine Achtung nach Außen erlangen. (Links
Bravo.) Vogt fährt fort, Schmerling, Welker und Beda Weber höchst witzig anzugreifen. Welker habe von Drohbriefen gesprochen, die ihm geschrieben worden, er (Vogt) habe deren eine Unzahl bekommen, es
aber für ungehörig gehalten, von dergleichen Dingen diese Versammlung zu unterhalten. Schließlich wird die Debatte und Abstimmung auf die nächste Sitzung vertagt.
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Frankfurt, 22. Nov.
Seitdem ich hieher zurückgekehrt bin, enthalten einige Zeitungen über die Gründe, welche den Feldmarschall Windischgrätz bestimmt haben mögen, unter so vielen andern Opfern mich zu verschonen, die
Vermuthung oder das Gerücht, daß ich mein Leben wichtigen Enthüllungen über die Demokratie verdanke. Wer einen Funken von Gefühl hat, wird sich sagen, daß es nach Allem, was ich in den letzten Wochen
erlebt, etwas schwer ist, auch noch diese Mißhandlung zu ertragen. Ich kann mich aber durch zweierlei trösten: erstens dadurch, daß es keinen Menschen gibt, der durch die erwähnten verläumderischen
Gerüchte in Besorgniß versetzt werden kann, weil es keinen gibt, von dem ich etwas zu verrathen hatte; und zweitens dadurch, daß mir, wenn man durchaus gehängt oder erschossen werden muß, um sich vom
Verdachte der Verrätherei rein zu halten, unsre noch lange nicht beendigte Revolution muthmaßlich noch Gelegenheit zu dieser Art von Ehrenrettung geben wird. Einstweilen wird das deutsche Volk sich
bald überzeugen, daß mich weder Verurtheilung noch Begnadigung von meinen demokratischen, oder, um bestimmter zu reden, republikanischen Ansichten und Bestrebungen bekehrt hat. Vorläufig berufe ich
mich außerdem auf meinen, der Nationalversammlung in ihrer Sitzung vom 18. d. M. erstatteten Bericht, und füge hinzu, daß ich eine ausführlichere Darstellung meiner Wiener Erlebnisse unter der Feder
habe, von der ich hoffen darf, daß man ihr das Gepräge der unverkürzten Wahrheit zuerkennen wird.
Ich fordere alle öffentlichen Blätter, welche es nicht für ihre Aufgabe halten, die Unterlassung eines physischen Mordes durch einen moralischen zu verbessern, hiermit auf, diese Erklärung
abzudrucken.
Julius Fröbel.
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@facs | 0839 |
[
*
] Mannheim, 28. Nov.
In der hiesigen Abendzeitung findet sich folgende Mittheilung:
Die Untersuchung gegen G. Struve ist soweit vorgerückt, daß er nächster Tage die Anklage Seitens der Staatsbehörde erwartet. Nach dem Gange der Untersuchung sieht Struve in seiner Person
zugleich die Sache der republikanischen Parthei vor Gericht gezogen und er hat sich darum besonders noch den republikanischgesinnten Abgeordneten O.-G.-Advokat Brentano zur Vertheidigung
berufen, welche dieser sofort übernehmen wird. G. Struve ist zur Zeit in Rastatt in Haft, seine Gattin schmachtet zu Freiburg im Kerker.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0840 |
Civilstand der Stadt Köln.
Den 26. November 1848.
Geburten.
(25.) Johanna Maria, T. v. Jos. Zündorff, Faßb., Buttermarkt.
Franz Gottfr., S. v. Math. Schmitz, Schuhm. gr. Telegraphenstr. — Jakob, S. v. Joh. Wilh. Beu, Tagl., Josephspl. — Math, S. v. Andr. Lehmacher, Viehtreiber, Thurnm. — Sib., T.
v. Adolph Miebach, Steinh., Friesenw. — Christ., S. v. Karl Graf, Tagl., Entenpf. — Herm. Jos., S v. Anton Heinen, Schuhm., Streitzeugg. — Anna Maria Hubert. Ther., T. v. Theod.
Otten, Tischlerm, Weideng. — Kathar., T. v. Rein. Renard, Bedienter, Salomonsg.
Sterbefälle.
Pet. Jos. Heinr. Hirschberg, 2. J 11 M. alt, Eigelstein. — Heinr. Bayer, 7 T. alt, Thieboldsgasse. — Kasp. Püz, Hauskn., 54 J. alt, verheir., Ankerstr. — Ottilia Feller, 9 M.
alt, Telegraphenstr. — Anna Margar. Pfeiffer, 8 M. alt, Thurnm. — Friedr. Lehmann, 9 J. alt, Schilderg. — Elisab. Münch, geb. Hermanns, 35 J. alt, Catharinengr.
Den 27. November 1848.
Geburten.
Pet. Jos., S. v. Joh. Wilh. Weiler, Schriftsetzer, Glockenring. — Gertr., T. v. Wilh. Marretsch, Schuhm., Carthäuserw. — Joh., S. v. Herm. Wallraff, Gärtner,. Zugasse. —
Heinr., S. v. Hrinr. Döring, Tagl., Altengr. — Balthas, S. v. Theod. Orten, Seilerges., Carthäuserw. Bern, S. v. Joh. Frings, Tagl., Hämerg. — Math., S. v. Jakob Bausch, Anstr., Altengr.
— Christ. Wilh, Hubertine, T v. Joh. Odenthal, Bleiröhrenfabrikant, Burgm., — Agnes, T. v. Heinr. Weißenberg, Rothgerbergesell, kl. Griechenm. — Theod., S. v. Adolph Franosch,
Karrenbinder, gr. Spitzeng. — Maria Elisabeth, T. v. J. Kirschbaum, Tischlerges., Peterstr.
Sterbefälle.
Karl Ludw. Wieg. Smidt, städtischer Calkulator, 26 J. alt, unverh., Plankg. — Anna Maria Katharina Brüggen, 8 M. alt, Streizeugg. — Anna Karol. Klein, geb. Beyer, 51 J. alt,
Stephanstr — Wilhelm. Agnes Hubert. Schlösser, 1 J. 10 M. alt, Follerstr.
Heirathen.
Heinrich Jos. Anton Claessen, Doktor der Medicin, Wittwer, von Eikelenz, und Ida Th[unleserlicher Text]egarten, von Solingen.
Bekanntmachung.
Mittelst Allerhöchster Verordnung vom 24. Mai d. J. (G.-S. Nr. 29 pr. 1848) ist vorgeschrieben worden, daß die preuß. Post-Anstalten bei Aufgabe von Briefen oder Brief-Adressen auf Verlangen baare
Zahlung in Beträgen bis zu fünfundzwanzig Thalern aufwärts einschließlich zur Wiederauszahlung an einen bestimmten Empfänger im Bereiche des preuß. Post-Verwaltungs-Bezirkes anzunehmen verpflichtet
sein sollen. Durch diese Allerhöchste Bestimmung wird dem Geldverkehr in kleinen Beträgen eine wesentliche Erleichterung gewährt, indem danach die Uebermittelung mäßiger Summen mit weniger Mühe,
größerer Sicherheit und größtentheils für geringere Kosten wird erfolgen können, als bei der baaren Versendung. — Diese neue Einrichtung soll, nachdem die desfalls erforderlichen Vorbereitungen
beendigt worden sind, mit dem 1. Dez d. J. zur Ausführung kommen. Dabei ist folgendes Verfahren zu beobachten: Jede preuß Post-Anstalt ist verpflichtet, Einzahlungen von den kleinsten Beträgen bis zu
fünfundzwanzig Thalern einschließlich, in kassenmäßigem Gelde auf Briefe oder Brief-Adressen zur Wiederauszahlung an einen bestimmten Adressaten nach Orten innerhalb des preuß.
Post-Verwaltungs-Bezirks anzunehmen. Für die richtige Auszahlung solcher Beträge haftet die Post-Verwaltung in derselben Weise, wie bei der Versendung von Geldern. Die für dergleichen
Zahlungsleistungen zu entrichtende Gebühr beträgt einen halben Silbergroschen für jeden Thaler und für jeden Theil eines Thalers. Auf dem Briefe oder der Brief-Adresse muß der Vermerk: „Hierauf
eingezahlt ‥‥ Thlr. ‥‥ Sgr. ‥‥ Pf.“ enthalten sein. Die Thalersumme muß in Buchstaben, der Betrag an Groschen und Pfennigen in Zahlen ausgedrückt sein.
Seinen Namen braucht der Absender diesem Vermerke nicht beizufügen. Ueber die geleistete Einzahlung wird dem Absender ein Schein ertheilt. Auf Briefe, welche deklarirtes Geld oder Geldeswerth
enthalten, ferner auf rekommandirte Briefe und auf Packet-Adressen, es mögen zu denselben ordinäre oder geldwerthe Packete gehören, werden vorläufig baare Einzahlungen nicht angenommen. Vorerst können
Briefe oder Brief-Adressen, worauf baare Einzahlungen Statt gefunden haben, nur mit den Fahrposten und den denselben gleichzuachtenden Postengattungen versandt werden. Am Bestimmungsorte wird dem
Adressaten ein Formular zum Auslieferungsschein und zugleich der Brief oder die Brief-Adresse behändigt. Gegen den vollzogenen und untersiegelten Schein wird dem Adressaten der Betrag der Statt
gefundenen Einzahlung ausgezahlt. Erfolgt die Bestellung des Scheines und Briefes durch den Briefträger, so wird dabei in gleicher Weise verfahren, wie bei der Bestellung des Auslieferungsscheines zu
einem Geldbriefe. Die Mitsendung des baaren Geldes durch den Briefträger findet, wenn der Adressat am Orte der Post-Anstalt wohnt, nicht Statt. Wohnt der Adressat im Umkreise der Post-Anstalt, so
können mäßige Beträge dem Land-Briefträger zur Auszahlung an die Adressaten mitgegeben werden. Wenn ein Brief, auf welchem eine Einzahlung Statt gefunden hat, nach dem Abgangsorte zurückkommt, so wird
derselbe dem Absender gegen Quittung und Aushändigung des Einlieferungsscheines zurückgegeben. Ist der Absender äußerlich nicht zu erkennen, so geht der Brief an die Retour-Oeffnungs-Kommission. Kann
auch auf diesem Wege der Absender nicht ermittelt werden, so wird derselbe, wie bei zurückgesandten Geldbriefen zur Empfangnahme öffentlich aufgefordert. Meldet sich der unbekannte Absender nicht, so
wird der Brief dem General-Postamte eingereicht und der eingezahlte Betrag zur Post-Armen-Kasse abgeliefert. Die Porto-Taxe für dergleichen Uebermittelungen setzt sich zusammen: 1) aus dem Porto für
den Brief oder die Brief-Adresse nach den gewöhnlichen Sätzen und 2) aus der Einzahlungs-Gebühr. Die Einzahlungs-Gebühr beträgt als Minimum, nämlich für eine Einzahlung unter und bis zu einem Thaler
incl. 1/2 Sgr. und so fort für jeden Thaler oder Theil eines Thalers 1/2 Sgr. Es steht dem Absender frei, die Sendungen frankirt oder unfrankirt aufzugeben; doch kann die Bezahlung des Porto und der
Einzahlungs-Gebühr nicht von einander getrennt werden. Bei nachzusendenden Briefen mit Einzahlungen wird das Porto für den Brief nach den für solche Fälle bestehenden allgemeinen Vorschriften erhoben.
Die Einzahlungs-Gebühr bleibt sich für alle Entfernungen gleich. Bei zurückzusendenden Briefen mit Einzahlungen wird das Porto und die Gebühr nur für den Hinweg, nicht aber für den Rückweg erhoben.
Wenn Behörden, Corporationen oder Personen eine portofreie Rubrik gebrauchen, so kann dieselbe nur auf den Brief Anwendung finden. Die Gebühr für die Einzahlung muß auch in solchen Fällen von dem
Absender oder Empfänger entrichtet werden. Das Bestellgeld ist dem für gewöhnliche Briefe gleich. Für Beträge, welche durch die Landbriefträger überbracht werden, ist das Bestellgeld für den Brief und
das Geld 2 Sgr. Sobald die Erfahrung das Bedürfniß der einzelnen Post-Anstalten an Zahlungsmitteln für solche Geldzahlungen festgestellt hat, wird das General-Postamt Anordnungen treffen, damit
überall die erforderlichen Summen zur prompten Berichtigung der Zahlungen bereit gehalten werden. Auch für den Fall eines, bis dahin etwa hervortretenden ungewöhnlichen Bedürfnisses an Zahlungsmitteln
sind die Post-Anstalten mit der nöthigen Instruktion versehen worden. Es kann indeß in der ersten Zeit des Bestehens der neuen Einrichtung dennoch der Fall eintreten, daß einzelne Auszahlungen um
kurze Zeit verzögert werden. Wenn gleich solche Fälle thunlichst vermieden werden sollen, so wird doch dieserhalb ein Entschadigungs-Anspruch gegen die Post-Verwaltung nicht erhoben werden können.
Berlin, 23. November 1848.
General-Postamt.
Verkaufs-Anzeige.
Am Samstag den 2. Dezember 1848, Vormittags 10 Uhr, sollen durch den Unterzeichneten auf dem Markte in der Apostelnstraße zu Köln, mehrere Mobilar-Effekten, als: 1 Tisch, 3 Bänke, 1 Ofen mit Rohr,
1 Küchenschrank, 2 Kesseln etc. öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher, Hey
Möblirte Zimmer auf der ersten Etage zu vermiethen. Altenmarkt 46, Zollstraßen-Ecke.
Casino-Ball-Gesellschaft.
Der 2. Casino-Ball findet heute Samstag den 2. Dezember Statt, und beginnt um 7 Uhr.
Köln, den 2. Dezember 1848.
Die Casino-Ball-Direktion.
Annonce.
Vivat hoch!
Dreimal Hoch! unserm zweiten Bürgermeister Schenk wegen der guten Abfertigung von Hölterhof und Heuser.
Mehrere Bürger.
Inserat.
Gestern befand sich der preußische Hauptmann Hr. v. S. im Spezereiladen des Hrn. C. zu Thal-Ehrenbreitstein und äußerte, indem er sich zum Abmarsch nach Kochem vorbereitete, in folgender höchst
lieblicher und preußisch-patriotischer Weise:
„Alle Kanaillen (die Kochemer Bürger etc. ?) soll schon noch der Teufel holen, sie sollen schon noch gespießt werden die Hunde, die nichtswürdigen Spitzbuben.“ In diesem Tone
gings noch eine ganze Weile fort. Sollte denn der Hr. Hauptmann nicht wenigstens das Sprichwort kennen: „Wer zuletzt spießt, spießt am besten?“
Rheinische Eisenbahn.
Die Inhaber von Erlaubnißkarten zum Begehen der Eisenbahn machen wir darauf aufmerksam, daß diese Karten ihre Gültigkeit verlieren, nachdem die verschiedenen Doppelbahnstrecken dem Betriebe
übergeben sind und Begehen dieser Strecken durch fremde Personen mit Gefahr für letztere verbunden ist
Es wird daher von jetzt an den Inhabern solcher Karten nur der Zutritt zu den Bahnhöfen und Stationen gestattet werden, wonach das Bahn-Personal von uns angewiesen worden ist.
Köln, 21. November 1848.
Die Direktion.
Mosel-Dampfschifffahrt.
Täglicher Dienst.
Vom 1. November c. an fahren unsere Schiffe nur viermal wöchentlich und zwar: von Trier Montags, Mittwochs, Freitags und Samstags, Morgens um 5 Uhr von Koblenz Dienstags, Donnerstags, Samstags und
Sonntags Morgens um 6 Uhr.
Trier, den 23. Oktober 1848.
Die Direktion.
Samstag, Sonntag und Montag Rehbraten, Hasenbraten, Schellfische mit Kartoffeln, Bückinge mit Eier etc. bei einem guten Schoppen in der oberländischen Küche, Langgasse
1.
Zu verkaufen eine eiserne Achse, zwei kupferne 8 Pfund schwere Büchsen, Friesenstraße Nr. 85.
Herrenkleider werden gewaschen und reparirt, Herzogstraße Nr. 11.
Regelmäßige Dampf-Schifffahrt zwischen Antwerpen und Hull und vice versa, durch das englische Dampfboot: „Rob Roy.“
Abfahrt von Hull, Mittwoch Nachmittag.
Abfahrt von Antwerpen, Sonnabend Nachmittag.
Nähere Auskunft ertheilen John Foster, belgischer Konsul in Hull.
Charles Grisar et W. J. Marsilyin Antwerpen.
Navigation transatlantique subsidiée par le Gouvernement.
En charge en ce port pour VERA-CRUZ.
Le beau Brick Belge „JENA“ de pre Classe, Capitaine J. A. Rieverts, èrendra marchandises à fr[unleserlicher Text]t et passagers pour partir le 15. Deceembre jour fixe.
S'adresser pour plus amples informations et le fret des marchandises a Mr. J. SIMONIS à Cologne o u à C. Brequigny et B. Kennedy, Courtiers de Navires à Anvers.
Anvers, ce 16. Octobre 1848.
In unterzeichneter Expedition ist zu haben:
Blum
Gedicht von Ferd. Freiligrath.
Preis 1/2 Sgr.
Der Ertrag ist zum Besten des demokratischen Central-Ausschusses in Berlin.
Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“
Außer meinen bekannten gut zubereiteten Speisen und gutes Lagerbier Heute Abend Mainzer Sauerkraut mit Leberklöse in der Restauration Herzogstraße Nro. 7 bei Casp.
Hackhausen.
Theater-Anzeige.
Sonntag den 3. November: (Auf allgemeines Verlangen Gastdarstellung des Herrn Formes vom Hoftheater in Wien).
„Robert der Teufel.“
Große Oper in 5 Akten v. Meyerbeer
[unleserlicher Text] Bertram, Hr. Formes, als Gast.