Deutschland.
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@facs | 0807 |
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] Köln, 25. Nov.
Der am 23. November abgehaltene Kongreß der Rheinischen Demokraten bestätigt die von dem Rheinischen Kreisausschusse ausgesprochenen Beschlüsse.
Die nähern Instruktionen werden die Deputirten ihren Vereinen überbringen.
Köln, den 23. November 1848.
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Der Kongreß der Rheinischen Demokraten.
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] Köln, 25. Nov.
In den Vernehmungen von Marx, Schapper und Schneider II. vor dem Instruktionsgerichte, wegen des zweiten im Namen des Rheinischen Kreisausschusses der Demokraten erlassenen Aufrufes, wurde die
Erklärung der Beschuldigten, jenen Aufruf verfaßt und unterschrieben zu haben, protokollirt und die Untersuchung sodann geschlossen. Keiner der Beschuldigten wurde verhaftet. Dies als Antwort auf
verschiedene an den Kreisausschuß gerichtete Briefe.
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@facs | 0807 |
Edition: [Karl Marx: Drei Staatsprozesse gegen die „Neue Rheinische Zeitung“, vorgesehen für: MEGA2, I/8.
]
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] Köln, 24. Nov.
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Köln, 25. Nov.
Herrn Landgerichtsrath Haugh, Abgeordneter der Stadt Köln, hier. Als wir Ihnen im Frühjahre die Vertretung unserer Interessen in Berlin anvertrauten, glaubten wir diese in die Hände eines
Mannes niedergelegt zu haben, der mit Entschiedenheit und Thatkraft die Rechte des Volkes wahrnehmen würde.
Verfolgen wir die bisherigen Entwickelungsmomente, die uns unaufhaltsam einer Schöpfung neuer Formen und Verhältnisse entgegenführen werden; betrachten wir dagegen Ihre Vertretung, die stets in den
Gränzen der blosen Betrachtung geblieben ist, so können wir es uns nicht gesteh'n, daß Sie unsern Glauben gerechtfertigt und den Fortschritt der Zeit richtig erfaßt haben.
Haben Sie sich an irgend einer wichtigen Frage, an der Debatte in der Nationalversammlung überhaupt betheiligt? Welche Grundsätze befolgten Sie hingegen bei Ihren uns bekannt gewordenen
Abstimmungen?
Während wir die erste Frage verneinen, müssen wir es tief bedauern, daß wir bei der Untersuchung der andern den Träger der veralteten Begriffe erblicken, der feudale Ueberlieferungen und
Beziehungen hinter den organischen Ausbau einer Verfassung zu verschanzen sucht. Wer so die Bewegungen einer Zeit aufgreift, die von tausend Nothwendigkeiten gepeischt, der verderblichen Herrschaft
verwitterter Formen enteilt, wird keines der Mittel finden, die den zurückgekommenen Gang der Staatsmaschine neu beleben werden.
Werfen wir einen Rückblick auf jene Augenblicke, an welche kein Kölner ohne Scham denken darf, so fühlen wir erst recht, welches Gepräge Ihre Vertretung trägt. Ihre Vaterstadt wurde beschimpft, und
doch pulste Ihnen das Herz nicht; die Grundrechte derselben wurden verletzt, und doch verschafften Sie, der Vertreter, der Rechtsgelehrte, derselben keine Genugthuung. Daß Sie bei solchen Gesinnungen
dem Befehle, dem Proteste des Ministers Brandenburg einen knechtischen Gehorsam beweisen würden, war wohl zu vermuthen; daß Die aber dadurch die heiligste Pflicht des Volksvertreters: „die
Rechte des gesammten Volkes gegen die Eingriffe eines Theiles der höchsten Gewalt zu vertheidigen,“ hintangesetzt; daß Sie in den Augenblicken der Gefahr für das Vaterland, wo die wahren
Vertreter des Volkes derselben mit dem Bewußtsein ihrer Pflicht, mit männlichem Muthe entgegengetreten, Ihr Heil in der Ferne gesucht, dies hat unsere Entrüstung zur Mißachtung gesteigert.
Unsere Zustände erfordern Mittel, die aus einem neuen Borne geschöpft, frisches pulsirendes Leben in die verkommenen Verhältnisse, Harmonie und Ebenmaß in die gesellschaftlichen Relationen bringen;
sie erfordern Männer, welche — die großen Bewegungen der Zeit mit dem Herzen und dem Verstande begreifend — diese Mittel in das Saatfeld der neuen Schöpfung legen müssen. Daß wir Sie
nicht zu diesen Männern zählen, daß Sie unser ganzes Vertrauen verloren haben, das drängt uns die Pflicht in diesen Zeilen auszudrücken.
Köln, 24. November 1848.
Die Wahlmänner des 1. Bezirks für sich und im Namen vieler Urwähler.
(Folgen die Unterschriften.)
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Düsseldorf, 25. Novbr.
In Folge der Suspendirung, Seitens des Oberpräsidenten Eichmann, von sechs Mitgliedern des hiesigen Regierungs-Kollegiums (s. erste Ausgabe) haben, wie es heißt, zwei andere Regierungsräthe ihre
freiwillige Entlassung eingereicht.
Sicherm Vernehmen nach sind die suspendirten Mitglieder die Herren Geh. Reg.-Rath Arndts, Reg.-Rath Otto, Quentin, Mathieu, Engelmann, sowie Gerhardy, Assessor mit berathender Stimme.
Der erst seit Kurzem hierher gekommene Polizei-Inspektor Zeller ist gleichfalls suspendirt, weil auch er durch Schrift und Wort erklärte, die National-Versammlung als gesetzlich
anzuerkennen.
[(D. Ztg.)]
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@facs | 0807 |
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062
] Trier, 24. Nov.
Der Regierungspräsident Sebaldt und das Divisionskommando haben angeordnet, daß die auf dem Stadthause befindlichen Waffen in eine der hiesigen Kasernen verlegt werden, um, wie das Publikandum
sagt, „mißbräuchlicher Verwendung vorzubeugen.“ Wir leben wie mitten im Kriege. Gestern sah's namentlich aus, als wenn der Feind schon von allen Seiten heranrücke. Alle Plätze
besetzt, hier Kavallerie und Artillerie, dort Infanterie. Diese ungeheure Entfaltung militärischer Streitkräfte geschah, weil man die obenbezeichnete Waffenverlegung — Fortschaffung von 800
Gewehren und Säbeln — vorzunehmen beschlossen. Auch diese Maßregel steht natürlich im grellsten Widerspruche zum Bürgerwehrgesetz. Das einzige wirkliche Gesetz ist jetzt — Pulver
und Blei.
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@facs | 0807 |
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!!!
] Frankfurt, 24. Novbr.
In der heutigen Sitzung der Nat.-Vers. wurde nach Erschöpfung der Tagesordnung ein dringlicher Antrag von Wartensleben durch den Präsidenten verlesen: „Den Abgeordneten Schlöffel,
welcher in Breslau an der Spitze des Aufstandes steht, in Erwägung seiner Stellung als Abgeordneter und in Erinnerung an das traurige Ende Robert Blums, sofort zurückzurufen, widrigenfalls er als
ausgeschieden betrachtet werden soll.“ — Kein einziger Abgeordneter erhebt sich für die Dringlichkeit dieses Antrags.
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@facs | 0807 |
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X
] Berlin, 23. November.
Die Kölner- und Magdeburger Zeitung enthalten einen Aufsatz aus Berlin vom 16. d. M., angeblich von einem Mitgliede des Centrums, worin mein Verfahren gegenüber der Frage über die
Steuerverweigerung und mein Benehmen im Centrum nicht nur hart angegriffen, sondern auch falsch dargestellt wird. Eine Berichtigung durch Angabe der richtigen Thatsachen scheint um so nothwendiger, je
weniger in diesem Augenblick eine parlamentarische Wiederlegung ausführbar ist.
Schon in der Sitzung vom 11. d. M. hatte ich erklärt, daß ich die Steuerverweigerung zwar für ein Mittel des passiven Widerstandes, aber für das letzte, für ein Mittel der äußersten Nothwehr hielt,
und die großen Bedenken, welche der Anwendung entgegenständen, nicht verkennen können. Auf meinen Antrag wurde der Vorschlag in eine Kommission verwiesen.
Nach dem Bericht über die gewaltsame Entfernung des Vicepräsidenten Plönnies und der Schriftführer aus dem Sitzungslokale im Schützenhause lief in der Sitzung am 13. d. M. im Saale der
Stadtverordneten die Meldung ein, daß überall Militär anrücke. Hierauf gab ich die Erklärung ab, ich hielt es nicht mit der Würde der Nationalversammlung verträglich, sich ohne die dringendste
Nothwendigkeit durch Militärgewalt aus einem Lokal nach dem andern treiben zu lassen; deshalb würde ich zunächst keine Sitzung ansetzen, bäte aber die Abgeordneten dringend, sich nicht von Berlin zu
entfernen, die Fraktionslokale zu besuchen und in ihren Wohnungen stets zu hinterlassen, wo dieselben zu finden, damit im Falle eine extraordinäre Sitzung nothwendig und zulässig sei, die Abgeordneten
in der kürzesten Zeit zusammentreten könnten. Das Militär erschien erst nach dem Schluß der Sitzung. Am 15. verlangte eine große Zahl Abgeordneter von mir, daß ich eine Sitzung wegen der
Steuerverweigerung ansetzen solle. Ich lehnte dies ab. Dagegen einigten sich die Abgeordneten verschiedener Fraktionen dahin, daß die Mitglieder derselben zu einer Privatbesprechung am Nachmittage 3
Uhr zusammentreten sollten. Solche Zusammenkünfte aller Fraktionen finden auch jetzt täglich Statt. An jenem Nachmittage des 15. erörterte man die Steuerfrage und forderte von mir eine Sitzung der
Nationalversammlung. Ich erklärte, ich würde nur dann eine solche ansetzen, wenn die beschlußfähige Zahl (203) diese Forderung durch Namensunterschrift an mich richte. Dies geschah und nun hatte ich
die Wahl, das Präsidium niederzulegen oder die Sitzung anzusetzen. Gegen die erste Alternative erklärten sich Abgeordnete aller Fraktionen sehr entschieden.
Die Privatbesprechung war um 5 1/2 Uhr beendigt; ich lehnte es ab, sofort die Sitzung zu eröffnen, sondern setzte dieselbe auf 7 Uhr an. Nach allen Fraktionslokalen wurden Boten geschickt, ebenso
nach den Wohnungen derjenigen Abgeordneten, deren Namen sich nicht unter den 203 Unterschriften befanden.
Der Beschluß wurde um 9 Uhr Abends gefaßt.
Zwei Nachtsitzungen hatten bereits früher stattgefunden, zu denen die Abgeordneten lediglich zusammengerufen worden waren und Niemand hatte dagegen protestirt. Noch war in keinem Falle
Militär gegen das Plenum der Nationalversammlung angewendet worden.
Dies der Hergang und die Veranlassung zur Sitzung vom 15. d. Mts.
Nachschrift. So eben geht mir ein Schreiben zu, welches die Sache ganz in's Klare zu setzen geeignet ist; ich theile den Brief mit Auslassung der Namen nachfolgend mit und füge nur hinzu,
daß vom Centrum zwar diffentirende Vota Einzelner, jedoch keine Proteste eingegangen sind, ferner, daß die Fraktion schon am 16. mir völlig genügende Erklärungen gegeben, und mich ersucht hat, aus
derselben nicht auszuscheiden. Diesem Verlangen habe ich mit Freude nachgegeben.
Berlin, den 22. Nov. 1848. v. Unruh.
Das Schreiben lautet:
Berlin, den 22. November 1848.
Hochgeehrtester Herr Präsident!
Ich habe in der letzten Zeit an meinen Freund und nahen Verwandten, den ……‥ zu Köln, einen bejahrten und sehr discreten Mann verschiedene Berichte über die hiesigen Ereignisse
geschrieben. Einer derselben wurde am Tage der Steuerverweigerung in einer sehr aufgeregten Stimmung verfaßt und enthielt die Ereignisse meiner damaligen Gemüthsbewegung. N. R. theilte diesen Brief
seinem Sohne mit und dieser hatte die unbegreifliche Indiscretion, ihn der Kölnischen Zeitung zu behändigen, welche ihn stellenweise als einen an sie eingegangenen Bericht abgedruckt hat. Das Nähere
werden sie aus dem anliegenden Schreiben des Sohnes ersehen. Der Redakteur hat eine zweite (Infamie) begangen, indem er mir Worte in den Mund legt, die nicht die meinigen waren.
Daß mir die Sache unendlich wehe thut, brauche ich nicht erst zu versichern, und ich gäbe Vieles darum, sie ungeschehen zu machen. Für meine Schuldigkeit halte ich aber, Ihnen den wahren Hergang
mitzutheilen, und überlasse es Ihnen, mir der Umstände wegen, den Skandal nicht zu verargen.
Mit besonderer Hochachtung zeichnet …….
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@facs | 0807 |
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X
] Berlin, 23. Nov.
Von Seiten derjenigen Abgeordneten, welche uneingedenk ihrer Pflicht als Volksvertreter die Nationalversammlung verlassen haben, werden lithographirte Korrespondenzen unter dem Namen:
„Parlaments-Korrespondenz“ in das Land gesandt, welche sowohl Berichte über hiesige Ereignisse und Zustände, als auch Ausführungen enthalten, wodurch die Absender ihre und des
Ministeriums Brandenburg Handlungsweise rechtfertigen wollen.
Die Berichte über Thatsachen und Zustände sind theils unrichtig oder entstellt und in öffentlichen Blättern längst widerlegt,
[0808]
wie z. B. die Mittheilung über den Volksjubel, unter welchem Wrangel hier eingezogen sei, und das dadurch bewirkte Wiederaufathmen der Bürgerschaft, den Erfolg der Waffenablieferung, den Vorfall am
11. November am Schauspielhause, als die Nationalversammlung dasselbe verschlossen und besetzt fand, und die demnächst im Hotel de Russie gehaltene Sitzung u. a. m. — theils von ganz
einseitigem Standpunkte aufgefaßt. Unerwähnt kann jedoch die Nachricht nicht bleiben, daß eine Anzahl großer Gutsbesitzer der Krone ihre Privatmittel zur Verfügung gestellt, ein anderer Theil
derselben sich zur Vorausbezahlung der Steuern erboten, und die ukermärkischen Gutsbesitzer beschlossen haben, den zusammengezogenen Landwehrmännern täglich 1 Sgr. Zulage pro Mann zu geben. Wenn dies
wahr, so ist es auch ganz natürlich, da eben Adel, Gutsbesitzer und Beamte die gegenwärtige Krise zur Festhaltung ihres Einflusses und ihrer Vorrechte herbeigeführt haben, und bei der Beseitigung der
Nationalversammlung am lebhaftesten betheiligt sind; denn bekanntlich lauteten die letzten Beschlüsse derselben auf Abschaffung des Adels und aller leerer Orden und Titel und auf unentgeldliche
Aufhebung einer Menge alter ungerechter Lasten und Abgaben, während die Aufhebung der bisher bestandenen Grundsteuer-Befreiungen nächstens an die Reihe kommen sollte.
Die Unwahrheiten, welche die sogenannte Parlaments-Correspondenz über allerlei Zustände und Begebenheiten außerhalb Berlin's auftischt, sind und werden täglich durch die öffentlichen Blätter
widerlegt, können auch unmöglich sämmtlich einzeln berichtigt werden. Lächerlich aber ist es, wenn von jener Seite die wenigen Billigungs-Adressen einzeln aufgeführt werden, die eingegangen sind,
während die Nationalversammlung deren bereits weit über 3000 erhalten hat.
Was endlich die rechtlichen Ausführungen betrifft, wodurch jene Pflichtvergessenen sich und das Ministerium rechtfertigen wollen, so sind diese in den Verhandlungen der Nationalversammlung und in
den meisten öffentlichen Blättern schon beleuchtet und widerlegt, in soweit es dessen bei einer so einfachen Sache bedarf. Denn Jedermann begreift, daß, wenn der Krone das Recht der willkührlichen
Vertagung, und auf so lange sie will, gegen die Nationalversammlung zugestanden wird, das ebensoviel heißt, als ihr auch die Befugniß einräumen, die Nationalversammlung beliebig ganz und auf immer zu
vertagen, d. h. aufzulösen und in früherer Unbeschränktheit weiter zu regieren.
Wenn man aber auch nicht einmal auf dem Standpunkte der Volkssouveränetät, sondern nur auf dem der Vereinbarung steht, den ja die ausgeschiedenen Mitglieder stets eingenommen zu haben behaupten,
muß man schon der Krone jene Befugniß absprechen. Dies hat auch die Regierung richtig begriffen: denn es ist klar — und selbst in der sogenannten Parlamentskorrespondenz wird diese Besorgniß
ausgesprochen und dagegen devotest supplicirt — daß man auf diese Vertagung niemals hat einen Wiederzusammentritt folgen lassen wollen, sondern vermuthlich eine der Regierung genehme Verfassung
zu oktroyiren gedachte. Dafür spricht auch die Preisgebung und theilweise Zerstörung der Archivs der National-Versammlung. Noch ist zu bemerken, daß von jener Seite als Präcedenzfall der Vertagung
einer konstituirenden Versammlung auf Würtemberg hingewiesen wird, wo solche im Winter 1816/17 stattgefunden habe. Dies Beispiel paßt aber nicht: denn die dortige Krone stand damals nicht einer
konstituirenden Versammlung, sondern ihren alten Landständen gegenüber, mit denen sie sich zu vereinbaren suchte. Deren Vertagung aber war nach den betreffenden Gesetzen zulässig. Ebensowenig paßt das
in der Parlaments-Korrespondenz enthaltene Citat au[unleserlicher Text] Benjamin Constant, da auch dieser keine konstituirende Versammlung, sondern schon konstituirte gesetzgebende im Auge hat.
Am 21. d. M. wurde der Eigenthümer der Vossischen Zeitung, Hr. Lessing, von dem General Wrangel, der ihm bis dahin völlig unbekannt war, zum Diner eingeladen. Nach dessen Beendigung kam der etc.
Lessing in die Expedition der Vossischen Zeitung und erzählte mit Begeisterung, mit welchen Artigkeiten ihn der General Wrangel überhäuft habe, wie er bei Tische neben ihm gesessen und sogar v[unleserlicher Text] ihm
umarmt worden sei. Der etc. Lessing nahm sofort noch eine genaue Revision der am 22. zu erscheinenden Voss. Ztg. vor, was er bis dahin niemals gethan hatte, um ganz sicher zu sein, daß keine einzige
der Regierung unangenehme Nachricht in der Zeitung erscheine.
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@facs | 0808 |
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16
] Berlin, 24. Nov.
In Nr. 150 Ihrer Zeitung wird die Entwaffnung der Bürgerwehr so dargestellt, als ob Jeder seine Waffe ruhig ohne Murren abgebe, dies ist nicht ganz richtig. In einer Stadt von 420,000 Einwohnern
mit circa 30,000 Bürgern, wo viele aus pecuniären Rücksichten so zu sagen, geborne Reaktionäre sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn einige Tausend Geldmenschen froh sind, wie der Berliner sagt,
„die alte Geschichte wieder zu kriegen“. Diese Leute sind meist Hausbesitzer und bieten in ihren Kreisen natürlich auch auch Alles auf, daß „Jeder wieder ein ordentlicher
Bürger.wird“. Diese haben nun allerdings Alles aufgeboten, um die Entwaffnung vollständig zu machen; z. B. der berüchtigte Wollf, ehemaliger Bürgerwehrhauptmann und noch Stadtverordneter, ging
mit dem Kommando Militär nicht nur in seinem Hause, nein in seinem ganzen Revier umher. In Folge der Listen, die er als Hauptmann hatte, kannte er jeden einzelnen Bürgerwehrmann, und diese mußten dann
allerdings das Gewehr hergeben. Anderseits haben die Revierkommissäre auch eine große Rolle dabei gespielt. Ohne solche gemeine Verrathsscenen würde das abgelieferte Waffenquantum nur ein Drittel der
Ausbeute geliefert haben. Daher auch der mehr oder minder ergiebige Erfolg. Wo die Führer und Wirthe gut waren, ist wenig genug abgeliefert worden In meinem Hause z. B. wohnen sechs Bürgerwehrmänner;
aber als es zum Abliefern kam, hatte Niemand die Waffe mehr.
Die ganze Entwaffnung ist als beendigt anzusehen und hat, ich kann es aus bester Quelle versichern, noch nicht 10,000 Gew. eingetragen. Natürlich reden unsere Gegner sich und uns ein, es seien
24,000 abgeliefert. 28,000 Gewehre waren im März ausgegeben, an 8000 Waffen wenigstens bisher angeschafft, bei verschiedenen Waffenlädenplünderungen etwa 1000 erbeutet und von dem Zeughaussturm
wenigstens noch 1200 in Händen des souveränen Volkes. Hiernach sind also noch 25,000 Waffen in guten Händen und werden ihre Dienste thun.
Heute ging wieder das Gerücht, und wird auch in Köln verbreitet werden, daß ein Theil der hier ausharrenden Nationalvers. am Montag nach Brandenburg gehe. Es ist nicht wahr; Jacoby und Brill
versichern mir so eben, daß 279 unter keiner Bedingung nach Brandenburg gehen werden.
Heute Nachmittag fuhr der Berliner Windischgrätz in einer königl. Equipage bei der Börse vorüber, und o Schmach, die Philister grüßten ihn und schwenkten mit den Hüten.
Am Bezeichnetsten ist es wohl, wenn ich Ihnen sage, daß eben an der Börse mehrere Spekulanten, welche die Papiere steigen machen wollten, aussprengten, Köln, Breslau und Liegnitz seien in
Belagerungszustand; es gelang, und die Course gingen auf einen Augenblick in die Höhe, fielen aber wieder, als die Nachricht sich falsch erwies.
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@facs | 0808 |
Breslau, 21. Novbr.
Es war für heute durch die Zeitungen eine Einladung zur Konstituirung eines Vereins für „Gesetz und Ordnung“ ergangen, und es fanden sich ziemlich viel Leute im Börsenlokale ein,
unter denen die Meisten natürlich Gesetz und Ordnung nicht in Bajonnetten und Kanonen verkörpert sehen. Es wurde nun in der Versammlung eine Adresse vorgelesen, in welcher der Magistrat aufgefordert
wird, Militär zu requiriren etc. Gegen diese verrätherische Adresse erhob sich ein wilder Sturm. Die meisten Anwesenden riefen schändlich! nichtswürdig, feig. Das Präsidium suchte vergebens die Ruhe
durch anhaltendes Läuten herzustellen. Später erst gelang es einigen Rednern, sich vernehmbar zu machen. Einer von diesen forderte das Präsidium auf, seine Begriffe über Ordnung und Gesetzmäßigkeit zu
entwickeln, ob diese mit denen der Versammlung übereinstimmen. Der Redner meinte, nach dieser Adresse zu schließen, verlange man die Ruhe des Kirchhofs, die alte Zeit, wo freche Junker ihren Fuß auf
den Nacken des Bürgers setzten. Gesetzmäßig sei die Souveränetät des Volkes, aber nicht die Anarchie eines Ministerium Brandenburg. Unterdeß hatte sich eine Menge vor der Börse, dem Sitzungslokale,
versammelt, welche nicht eben die freundlichsten Absichten gegen einzelne Glieder der Versammlung für Gesetz und Ordnung verriethen. Wie wir hörten, wurde die Bürgerwehr zum Schutze der Bedrohten
herbeigerufen. So endete diese denkwürdige Sitzung für Gesetz und Ordnung mit der höchsten Gesetzlosigkeit und Unordnung stürmscher, als die Versammlungen an der Kornecke.
Die Adresse erhielt — 16 Unterschriften.
Auf dem Kreistage zu Neustadt (O. S.), der von 90 Abgeordneten des Kreises beschickt war, faßte man folgende Beschlüsse:
1) Er erkennt an, daß die Nationalversammlung in ihrem Rechte ist.
2) Er erkennt den Beschluß der Nationalversammlung wegen Steuerverweigerung als rechtsgültig und bindend an.
3) Er versteht unter Steuerverweigerung keine Steuerasservation, sondern die Weigerung, unter dem Ministerium Brandenburg überhaupt Steuern zu zahlen.
4) Er beschließt, einen Kreis-Sicherheitsauschuß zu ernennen, bestehend aus 25 bewährten und befähigten Männern, welche möglicherweise in der Kreisstadt Neustadt wohnen müssen.
5) Er beschließt, in diesen Kreis-Sicherheitsausschuß den von der Stadtverordnetenversammlung erwählten, aus 8 Mitgliedern bestehenden Sicherheitsausschuß aufzunehmen.
Hierauf wurde der Sicherheitsausschuß erwählt und die Sitzung geschlossen. Der Aufruf des Kreislandsturms, welcher von den Bauern gewünscht wird, und den wir auch als das letzte, aber erfolgreiche,
wenn auch revolutionäre Mittel ansehen, wurde dem Kreis-Sicherheitsauschuß überlassen.
Zu Waldenburg wurde von den Vertretern des ganzen Kreises am 17. d. die Steuerverweigerung mit Uebereinstimmung des interimistischen Landrathsverwesers und des Steuereinnehmers beschlossen
und die Kasse sofort unter das Kuratorium zweier Ausschußmitglieder gestellt
[(A. O.-Z.)]
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@facs | 0808 |
[
**
] Breslau, 23. Nov.
Die Führer der Bürgerwehr hielten heute eine Versammlung. Es wurde daselbst beschlossen, den von etc. Wrangel in Berlin verbotenen Bürgerwehrkongreß nach Bres- zu berufen.
Das hiesige Regierungskollegium hat heute nach einer langen Berathung die Frage wegen Auflösung der Bürgerwehr verneinend entschieden, weil vorläufig kein — stichhaltiger Grund
vorliege. Die beiden Reaktionärs, Regenbrecht und Grund, werden in den sauern Apfel der Abbitte gegen die von ihnen beleidigten Führer der Bürgerwehr beißen müssen.
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@facs | 0808 |
Ratibor, 19. Nov.
In der heute um 11 Uhr durch Anschlagzettel in deutscher und polnischer Sprache zusammenberufenen und von vielen Städtern und Landleuten besuchten Volksversammlung stattete zunächst ein Mitglied
der von der vorgestrigen Volksversammlung gewählten Deputation Bericht über deren Schritte in Betreff der Ausführung der Steuerverweigerung ab. Die Deputation, deren Mehrzahl den von der
Nationalversammlung gefaßten Beschluß dahin auslegte, daß die Steuern einstweilen gar nicht zu zahlen wären, wofür allerdings auch der Privatbrief eines Abgeordneten in Berlin spricht, in welchem von
Suspension der „Entrichtung“ der Steuern die Rede ist, hatte sich in das Rentamt und das Hauptsteueramt begeben, und von dem Einnehmer des Erstern das Ehrenwort erhalten, daß eine
Absendung von Geldern aus demselben an die Regierung bereits das ganze Jahr nicht stattgefunden hätte. Gleichwohl habe die Deputation nachträglich erfahren, daß aus dem Rentamte am Abend vorher 3000
Thlr. abgeschickt worden seien, was von einigen Zeugen in der Volksversammlung selbst bestätigt wird. Auch im Hauptsteueramte hatte die Deputation das feierliche Versprechen erhalten, daß vor der Hand
keine Gelder abgeführt werden sollten, bis der Vorstand des Hauptsteueramtes vom Provinzialsteuerdirektor darüber definitive Antwort erhalten haben würde, von welcher die Deputation in jedem Falle
Kenntniß erhalten soll. Die daselbst beantragte Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer wurde von dem Entschlusse des hiesigen Magistrats abhängig gemacht, der aber verneinend ausgefallen ist. Der
Vorsitzende der Volksversammlung fährt nun damit fort, daß er auf die Nothwendigkeit hinweist, einen Aufruf an das Landvolk zu erlassen, nachdem selbst der Oberpräsident der Provinz Schlesien die
Steuerverweigerung für gesetzlich und ihr kein Hinderniß in den Weg legen zu wollen erklärt hat. Es sei Pflicht der Provinzen, von denen Berlin annehme, daß sie wach sind, das Ihrige dazu beizutragen,
daß wir nicht in dieselbe Lage geriethen, in welcher sich jetzt ganz Oesterreich durch sein Verhalten gegen die Hauptstadt während ihrer Revolution befinde. Dazu sei vor Allem nothwendig, daß nicht
nur in den Städten, sondern auch auf den Dörfern aufs schleunigste die Volkswehr ins Leben trete. Es sei dies zwar schon überall der Fall, aber im Kreise Ratibor nicht. Daher schlage er einen Aufruf
an den Kreis vor, welcher diesen von der Steuerverweigerung in Kenntniß setze und zur Bewaffnung für alle Fälle auffordere, wie er von der erwähnten Deputation bereits ausgearbeitet worden sei.
Dieser Aufruf wurde in deutscher und polnischer Sprache verlesen und von der Versammlung der Abdruck in beiden Sprachen und die Vertheilung desselben unter das Landvolk beschlossen.
[(A. Od.
Ztg.)]
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@facs | 0808 |
Gratz.
Neulich wollten einige Personen beim Wirthe zu Waltersdorf bei Gratz das Porträt des Kaisers verbrennen, und brachten den Mördern Latour's ein Lebehoch. In einigen Wirthshäusern wird an
Sonntagen immer die Marseillaise, und unmittelbar darauf die Volkshymne gespielt. Ersteres ruft bei vereinzelten Tischen wüthenden aber nicht vollstimmigen Beifall hervor, während das Volkslied von
anhaltendem Beifallsdonner begrüßt wird.
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@facs | 0808 |
[
24
] Wien, 20. Nov.
Daß Windischgrätz eben so wie früher Radetzky, vom russischen Kaiser für die der europäischen Contre-Revolution geleisteten Dienste belohnt werden würde, ließ sich vermuthen. Nicolaus hat ihm jetzt
in der That das Großkreuz des St. Georg-Ordens und dem Jellachich das Großkreuz des Wladimir-Ordens nebst verbindlichem Dankschreiben für die „Tapferkeit“ und für die
„Mäßigung der Heerführer bei der Einnahme Wien's“ zustellen lassen.
Der ungarische General Perczel ist mit seiner Streitmacht nach Steiermark vorgedrungen und hat die kaiserl. Vorposten vollständig geschlagen. Der Kampf dauerte 5 Stunden.
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@facs | 0808 |
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24
] Wien, 21. Novbr.
Von den Verhafteten sollen bis jetzt ungefähr 1400 wieder entlassen sein. Dagegen werden täglich eine Masse neuer Verhaftungen vorgenommen — heute Nacht an 200. Mit den Verurtheilungen zum
Tode geht's im bisherigen Gleise fort. Aigner wurde zum Strange verurtheilt, jedoch unbedingt begnadigt. Dr. Becker ist ebenfalls zum Tode verurtheilt, wird aber schwerlich Gnade
erhalten.
Robert Blum's Frau ist hier angelangt; sie wollte den Leichnam ihres Mannes reklamiren. Allein man hat es mit Blum's Leiche gemacht, wie mit den übrigen;
sie ist sezirt
worden!!
So hat der Scharfrichterknecht Windischgrätz noch den Leichnam mit seiner Wuth verfolgt.
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@facs | 0808 |
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61
] Wien, 22. Nev.
Seit zwei Tagen haben keine öffentliche Hinrichtungen stattgefunden. Man weiß nicht von wannen dieser humane Wind weht, da man gewiß ist, daß er nicht aus der unmittelbarsten Nähe kommen kann. Den
Grund dazu in bloser Ermüdung zu suchen und beide Frei-Tage als Rasttage zu betrachten, wäre mit Rücksicht auf die handelnden Persönlichkeiten mindestens lächerlich. Also rannt man sich in's
Ohr, — da laut reden nach Pulver und Blei riecht, es sei eine kaiserliche Kundmachung angekommen, welche die öffentlichen Hinrichtungen vor der Hand suspendire. Dieselbe ist indessen noch nicht
veröffentlicht worden; das wäre ja Demokratie, dem Volke setzt schon Hoffnungen zu machen ohne Strang, ohne Pulver und Blei. — Die Anarchie währt ja noch fort, sie muß fort währen, wenn auch
ganz Wien einem Grabe gleicht. F.-M.-L. Welden will, daß die Anarchie noch fortdaure, darum beschwor er gestern wiederholt die Bürger, keine Plakate anzuheften, weil dies bereits oftmals strenge
untersagt worden sei. Ich möchte das Plakat sehen, welches seit dem 1. Nov. so ohne weiters gedruckt und angeheftet worden wäre, ohne daß die Militärgewalt dazu die Erlaubniß ertheilt hätte. —
Noch immer werden nächtlich und täglich Aufrührer, Wühler und Räuber eingefangen; stellen sie sich freiwillig, so sollen sie statt Strang oder Pulver und Blei 10 fl. C. M. Handgeld bekommen, wenn sie
Kriegsknechte werden. Freiwillig, sagt das Volk, werden sich sehr wenige melden, so groß auch die Noth ist, denn sie wissen, was ihnen blüht und welches Handwerk sie treiben müssen. Darum sieht man
sich vor, daß die filii familias sich versteckt halten, weil es dem Herrn vom Strang und Pulver und Blei einfallen könnte, seine Leutchen, wie schon geschehen, direkt aus den Häusern zu nehmen. Alle
Feldmarschälle rufen nach Rekruten und Geld, und die Bauern halten beide unter der Erde.
Sedlnitzky soll hier sein und man hört seitdem auch wieder vom Spuck der „Umarmenden Jungfrau.“ Sie fragen, was es damit für ein Bedeuten habe; ich will es Ihnen sagen. Die
„Umarmende Jungfrau“ ist eine Maschine, die sich im Prater in der Nähe des Donaukanals befinden soll. Sie steht unter der Erde über einem tiefen mit dem Kanale verbundenen Wasserspiegel;
ein Souterain führt dahin. Die Maschine ist aus vielen hundert Messern zusammengesetzt, die einen hineingeworfenen Menschen z. B. in die kleinsten Stücke zerhacken, die dann in der Tiefe versinken.
Unter Sedlnitzky-Metternich verschwanden sehr viele Menschen oft auf die geheimnißvollste Weise; es waren Leute, mit denen man vor Polizei und Kriminalgericht nicht gerne viel Verhör-Umstände zu
machen geneigt war. Wenn den Donaukanal einmal ein rother Faden durchzog und am Ufer wachende Polizei die Neugierigen hinwegtrieb, dann wurde gewöhnlich auch Jemand urplötzlich vermißt. Seit dem März
waren die Messer der „Umarmenden Jungfrau“ verrostet, aber nun sind sie wieder polirt und geschliffen, denn Sedlnitzky ist ja schon hier und ein Metternich kann nicht ausbleiben.
Berlins „Humoristische Studien“ werden von uns mit ziemlicher Spannung verfolgt. Man ist neugierig, ob der ehemalige Berliner Eckensteherwitz, mehr ausrichtet wider die Armeen des
Absolutismus, als unser Widerstand mit Pulver und Blei es vermocht hat. Man will es nicht recht glauben, obwohl man es schon der eigenen Haut wegen ganz ungeheuer wünscht. Man wettet sogar, daß Paris
noch auf lange Zeit hin bourgeois bleibt. England und der Absolutismus zählen ja so fast auf ein Bündniß mit Frankreichs Bourgeois, damit Alles recht hübsch wieder in's Alte komme. Und aus
ziemlich zuverläßigem Munde vernehme ich, daß Frankreichs glacirte Bourgeois England sogar Sizilien überlassen wollen, wenn es ihnen etwelche andere Kleinigkeiten Preis gibt, und dem Russen in den
Donaufürstenthümern und im Nacken seiner gekrönten deutschen Lehnstäger festern Fuß zu faßen erlaubt:
Im Volksgarten verlangten östreichische Offiziere neulich, daß Strauß die Nationalhymne spiele. Er that's und die Offiziere entblößten ihre Schädel und klirrten mit Degen und hieben den
Civilisten, die bouche béante und bedeckten Hauptes diesem Schauspiel zusahen, die Filze herab. Ich gehe nicht wieder in diese kroatisch-konstitutonelle Bildungsschule.
Die Knutenmajestät von Tobolsk und Irkutz hat die Herren Windischgrätz und Jellachich mit Orten begnadigt, die ein Flügeladjutant mit einem schmeichelhaften allerhöchst autokratischen Schreiben
überbracht hat, ohne lange beim Olmützer Lehnsträger um Erlaubniß zu fragen.
Ueber die Post erschallen fortwährend Klagen; das ancien regime hat hier nie aufgehört; die Post war immer nur eine Spitzelanstalt. Gewöhnliche Briefe haben durchaus keine Postsicherheit und man
wird ausgelacht, wenn man reklamirt. Die Beförderung und Ausgabe solcher Briefe hängt gänzlich von der Willkür der Postbeamten und Briefträger ab. Verspüren dieselben Geld darin oder trägt der Brief
eine polizeilich denunzirte Adresse, so wird er unterschlagen. Einem Freunde von mir ist beides noch kürzlich geschehen. Man ist also gezwungen, seine Briefe, sollen sie ankommen, theuer zu
rekommandiren. Dadurch erhält die Polizei eine genaue Kontrolle über Adressaten und Absender, weil letzter sich mit seiner Wohnung auf dem Kouvert des Briefes nennen muß. Das schwarze Kabinet, welches
gut bedient ist, leistet das Uebrige.
Französische Republik.
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Paris, 22. Novbr.
Marie, Justizminister und Exglied der ehemaligen Exekutiv-Kommission, den nebst Lamartine der Telegraph berief, wohnte heute der Nat.-Vers. bei und setzte sich neben Cavaignac.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 23. Nov. Anfang 1 1/2 Uhr. Präsident Marrast.
Marrast nach der Protokollslesung sagt: An der Tagesordnung befindet sich zunächst ein Antrag auf Erhöhung des Einfuhrzolles für fremdes Salz zum Einsalzen der Fische.
Luneau: Die Versammlung ist noch nicht beschlußfähig; ich verlange den Namensaufruf! (Ja, Ja! Nein, Nein!)
Marrast: Behufs der Diskussionseinleitung braucht die Versammlung nicht vollzählig zu sein.
Hierauf beginnt die Diskussion.
Sesmaisons beweist, daß der Gegenstand keineswegs reiflich genug erwogen worden und schon zur Beschlußnahme reif sei. Warum handelt es sich? Unsere Küstenländer befassen sich mit Fischfang
(Stockfisch-, Härings-, Wallfisch- und anderer Fischerei), welcher den Volksklassen des Festlandes eines der Hauptnahrungsmittel verschafft. Bei diesem Gewerbe ist viel Salz nöthig, darum spielt der
Preis, zu welchem dieses Salz zu haben ist, eine große Rolle in den Lebensmittelpreisen der Armen. Es ist nun der Antrag gestellt worden, die Eingangssteuer dieses Salzes auf 50 Centimen für 100
Kilogramm festzustellen. Das heißt aber unsere westlichen Salzbergwerke ruiniren. Diese können bei der jetzigen Arbeitsweise das Salz
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zu diesem Preise nicht liefern. Die Regierung hätte sich darum kümmern sollen. Unsere heimischen Salionen wollen das Salz zum Kostenpreise liefern. Dieser Kostenpreis kann aber nicht erzielt werden,
wenn der Eingangszoll nicht mindestens 1 Fr. 50 Ct. erhöht wird. Dahin geht mein Antrag.
La Vavasseur schlägt mit seiner schwachen Stimme ein gewaltiges Zeter gegen die Erhöhung des Salzzolles. Die Schiffe lägen bereit. Dieser wichtige Industriezweig ginge unter. Europa würde
keinen wohlfeilen Stockfisch und Häringe mehr essen können, und wie die Jammerphrasen alle heißen. Der Redner hat sich eine kleine Million erschachert und ist ein Hauptrheder des Havre.
Talon unterstutzt die Zollerhöhung.
Tourret, Handelsminister, erklärt im Laufe der Diskussion, daß er noch heute dem Präsidio einen Gesetzentwurf überreiche, welcher die Salzsteuer vom 1. April 1850 ab um 2/3 erniedrigt.
Während der ziemlich langweiligen Debatte geht das Gerücht, Cavaignac wolle sich vom Regierungsruder zurückziehen, und habe nur den Lamartine zurückgerufen, um die Nationalversammlung zu vermögen,
ihm das Minister-Präsidium bis zum 15. k. Mts. zu übertragen.
Natürlich glaubt Niemand an dieses Geschwätz im Nebensaale.
Nach Erledigung des Salzgesetzes nimmt die Versammlung das Budget von 1848 wieder auf.
Doch kaum sind einige Punkte (z. B. Arzneischulen, Pferdezucht u. s. w.) beseitigt, welche einer Nachprüfung des Finanzausschusses unterworfen worden waren, so unterbricht ein Zwischenfall die
Debatte.
Jules Favre: (Hört, Hört!) Ich wünsche die Minister des Innern, des Krieges und den Konseilpräsidenten zur Rede zu stellen, wegen gewisser Broschüren, Zeitungsartikel und sonstiger
Propagandaschriften, die aus den ministeriellen Bureaux in die Zeitungspresse aller Gegenden der Republik wandern und im gegenwärtigen Augenblick von hoher Wichtigkeit sind. Ich bitte, mir einen Tag
hierzu zu bewilligen.
Freslon, Unterrichtsminister: Wenn der Redner einen Augenblick früher seinen Wunsch ausgedrückt hätte, so wurden die betreffenden Minister gewiß sofort geantwortet haben. Jetzt sind sie
weggegangen.
Stimmen: Auf morgen!
Minister: Die Regierung ist bereit.
Astoing: Das Land ist dieser ewigen Interpellationen müde. Sie halten dasselbe in Aufregung, die den Geschäften schadet. Möge man sie so rasch als möglich erledigen.
Taschereau schlägt den Montag vor.
Wird verworfen. Die Versammlung beschließt, daß Favre (der von seiner Geisteskrankheit genesen scheint) morgen sein Gewehrfeuer gegen das Kabinet richten darf.
Hierauf wird das Budget fortgesetzt, das sich bis 6 Uhr, hinschleppt, wo die Versammlung aufgehoben wird.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 24. Nov. Anfang 1 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke sind ziemlich besetzt, die Gallerien voll.
Auf der Tagesordnung stehen zunächst die Favre'schen Interpellationen wegen der ministeriellen Wahlmanöver.
Jules Favre erhält das Wort. Favre ist ein Advokat aus Lyon, scheint noch ziemlich jung und gilt als Republicain de la veille mit starkem Marrastischem Beigeschmack; er trägt stets
Glacehandschuhe.
Favre beginnt. Bürger! Seit einiger Zeit sieht sich die öffentliche Meinung durch literarische Erscheinungen aufgeregt, welche allem Anschein nach aus den ministeriellen Offizinen kommen und
offenbar im gegenwärtigen Augenblick als sträfliches Wahlmanöver betrachtet werden müssen (Oh, Oh!). Das Land wartete vergebens, daß der Moniteur diese Anklagen berichtige oder widerlege. Es ist nicht
geschehen, und das Land ist beunruhigt. Es hält ein solches Verfahren mit Recht dem Geist der Verfassung widersprechend, die wir votirt haben. In der Republik muß dem Ehrgeiz ein Ziel gesetzt werden.
Am allerwenigsten dürfe der Conseilpräsident selbst daran Theil nehmen. Er darf den Kandidaten zur Präsidentschaft nicht kennen. (Sehr gut! vom Berge.) Das Mißtrauen der Demokraten darf ihn daher
nicht wundern. Sind die folgenden Thatsachen gegründet, so hätte er nicht nur seine eigene Würde, sondern auch die unsrige beschmutzt. (Lärmen.) Diese Thatsachen müssen hier auf dieser Bühne erhellt
werden. Ich stelle daher den Minister des Innern zunächst hiermit zur Rede, um zu hören, ob nachstehende Publikation und Schriften mit seinem Wissen und Willen aus offizieller Quelle geflossen? Hier
zieht der Redner einen Papierstoß hervor und beginnt unter mancherlei Unterbrechungen die Vorlesung von Einladungsbriefen der Präfekten, welche die Maires der Städte und Dörfer in den Präfektursaal
beorderten, um sich über die Cavaignac'sche Wahl zu verständigen.
Stimme unterbrechend: Also Sie wollen nicht, daß man das Land aufkläre?!
Favre. Allerdings, nur nicht im Präfektursaale, wenn es sich um so wichtige Wahlen handelt. (Ah, Ah, Lärm.) Jetzt nimmt der Redner einen andern Brief aus Calais vor, in welchem der dortige
Maire einem Kollegen erzählt, daß er auf die Präfektur gerufen worden sei, wo man ihm gesagt habe: „Nehmt Euch in Acht, Paris zählt 300,000 Franken, die Euch den Bürgerkrieg in alle Ecken
tragen werden, wenn Ihr nicht für Cavaignac votirt etc. (Oh, Oh. Allons donc! Tumult.) Eine Stimme ruft: Sie spaßen!
Favre: Nein ich scherze nicht. Meine Interpellationen sind sehr wohl gemeint. Sie haben zum Zweck, eine Untersuchung einzuleiten.. (Oh, Oh! Gegen wen denn? Gegen den Conseilpräsidenten?) Der
Redner zieht neue Papiere hervor, dießmal vom Garonnepräfekten, der die schönsten Vizinalwege verspricht, wenn man für Cavaignac stimme; auch Wohlthätigkeitsbüreaus sollen angelegt werden. (Oh, Oh.)
An einem Ort hält der Präfekt inmitten des versammelten Gemeinderaths eine versprechungsvolle Rede zu Gunsten Cavaignacs. (Unterbrechung.) In der Nähe von Paris regnet es Biographien. (Nein!) Jawohl
in Noissy le sec z. B. Ich fragte Hrn. Dufaure selbst, ob er nichts von all diesem Treiben wisse, worauf er mir sagte, daß diese Schriften seinem Ministerium gänzlich fremd seien. Ich glaubte dieß
wirklich, bis ich gestern früh den Briefwechsel Odiers und Dufaures im „Credit“ las, woraus ich das klare Gegentheil ersehe……
Stimme: Sie am allerwenigsten durften sich darüber wundern.
Favre: Ich höre rufen, ich am allerwenigsten sollte dieses Verfahren verdammen. Man will auf meine Thätigkeit im Ministerium des Innern, wo ich Divisionschef unter Ledru Rollin war,
anspielen. Wohlan, damals war ich Untergeordneter, ich bin nicht Verfasser der Bülletns und habe seitdem Hrn. Ledru Rollin offen bekämpft, ohne sein Feind zu sein‥‥
Stimme: Sie haben ihn mit Haß und Groll bekämpft!
Favre liest statt aller Antwort neue Präfekturalschreiben und Circulare vor und trägt wiederholt auf Untersuchung gegen Cavaignae unter allgemeinen Tumult an.
Bac eilt mit der Broschüre, „die Prätendenten vor dem Volke“ auf die Bühne und frägt, ob sie nicht auch aus der Amtsanlage hervorgegangen? (Tumult.)
Dufaure, Minister des Innern, besteigt die Bühne und hält eine lange Rede. Er beginnt mit einer Schilderung der Wildheit der Pariser Clubs, in denen täglich die anarchischen Vorträge wie
Blitze gegen das Kabinet fielen und setzt die Nothwendigkeit der getroffenen Maaßregeln auseinander.
Favre will erwidern, wird aber heruntergetrommelt.
Lamoriciere ergänzt einige Worte rücksichtlich der Biographien, worauf die Versammlung zur Tagesordnung schreitet.
Eine lange Aufregung folgt den Favreschen Interpellationen. Die Enttäuschung scheint allgemein. Während alle Welt glaubte, daß sie den General fast zu Boden werfen würden, geht die Versammlung zur
Tagesordnung über.
Die Sitzung bleibt auf eine Viertelstunde aufgehoben. Es bilden sich Gruppen, aus deren Mitte wir den Ruf hören: Das ist falsch! Das ist erfunden! Alles erlogen! Favre ist ein Intriguant! Wie er
gelb ist! Er ist ganz schwarz im Gesichte! (Wir führen diese Exklamationen an, um den Grad der Leidenschaftlichkeit der Versammlung zu bezeichnen.)
Nachdem sich diese Aufregung gelegt, wird die Büdgetsdiskussion wieder aufgenommen.
Sie ist bis zum Ministerium der Staatsbauten vorgedrungen.
Das Eisenbahnkapitel ruft eine Debatte zwischen Mortimer, Ternaux, Bac, Charamauls, Bineau und Vivien hervor, die jedoch für Deutschland von wenig Interesse.
Beim Kapitel 17 wird die Diskussion abgebrochen.
Marrast liest die Tagesordnung für morgen vor und sagt mit Nachdruck: Die morgige Sitzung beginnt um 1 Uhr mit den Explikationen über die Juni-Ereignisse (Ja! Ja!).
Die Versammlung geht um 6 Uhr auseinander.
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Dringlicher Antrag des Abgeordneten Zimmermann aus Spandow.
Hohe Nationalversammlung!
Viele glaubwürdige Nachrichten aus Wien stimmen dahin überein, daß bei dem Kampfe Anfangs dieses Monats und Ende des vorigen und nach dem Siege des Militärs, von den Militärs Ungesetzlichkeiten
begangen sind, für welche in der Geschichte noch keine Beispiele vorhanden sind.
Es sind besonders folgende Thatsachen gemeldet worden:
1) Der Eigenthümer des Schüttelbades so wie seine Ehefrau wurden in folgender Weise getödtet: beiden Personen wurden Hände und Füße abgehackt, der Frau die Brüste abgeschnitten, sodann wurden die
verstümmelten Körper zwischen Matratzen genäht und in diesem Zustande ins Feuer geworfen und verbrannt.
2) In dem Odeon, einem der großartigsten Gebäude Europa's sollen sich Flüchtlinge, Verwundete in großer Anzahl befunden haben; dieses Gebäude wurde vom Militär in Brand gesteckt. Als die
Unglücklichen sich flüchten wollten, wurden sie vom Militär daran gehindert. Endlich stürzte das hohle Metalldach herunter und führte für die in dem Gebäude befindlichen Personen den grausamsten Tod
herbei.
3) An mehreren Orten, namentlich beim Hundsthurm, wurden Frauenzimmer mit verstümmelten Brüsten und aufgeschlitztem Bauche gefunden.
4) Frauen, Mädchen, ja Kinder wurden geschändet und gemordet.
5) Ein Kroate warf auf offener Straße einen Kutscher vom Bocke, setzte sich hinauf und fuhr den Wagen ins Lager.
5) Anständige Civilpersonen, welche ihren Geschäften nachgingen, wurden von Soldaten auf der Straße angefallen und ihrer Habseligkeiten (Uhren, Börsen, Brieftaschen etc.) beraubt.
7) Ein Kroate hatte einen hübschen Knaben von 6-8 Jahren an der Hand, auf Nachfrage ergab sich, daß das Kind geraubt war, alle Bitten, das Kind wieder herauszugeben, waren vergeblich, auch durch
Geld war derselbe nicht zu bewegen, das Kind wieder herauszugeben. „Lieber wolle er das Kind gebraten auffressen“, wird seine Antwort angegeben.
8) In ihren Tornistern und Säcken haben die Soldaten die kostbarsten Sachen, Uhren, Schmucksachen u. s. w. gehabt, und dieselben für Kleinigkeiten verkauft. Eine 1000Guldennote wurde für 7
Zwanziger, eine andere 1000Guldennote für 14 Zwanziger verkauft, so schleuderten die Soldaten mit dem Papiergeld um sich.
9) Gegen 400 Häuser wurden auf das ärgste geplündert und nach der Plünderung Feuer in den Häusern angelegt.
10) In dem Palais des Grafen Hardeg soll sich der angerichtete Schaden auf 40,000 Gulden C.-M. belaufen.
11) Das Haus eines 83jährigen Mannes, der sich, selbst redend an dem Kampfe nicht betheiligen konnte, wurde von den plündernden Soldaten mehrere Male überfallen. Die kostbare Bibliothek und ein
Mineralienkabinet dieses Greisen wurden zerstört.
12) Das Haus des berühmten Anatomen Hyrtl, welcher reiche Sammlungen der seltensten Präparate u. werthvollsten Instrumente besaß, die er im Laufe von 16 Jahren mit Mühe und Fleiß zusammengebracht
hatte, wurde geplündert und ausgebrannt. Um jene Schätze zu retten, waren sie in die Souterrains gebracht worden, aber auch hier drangen die plündernden Soldaten ein und zerstörten jene Sammlungen. In
dieses Haus wurde ebenfalls mehrere Male plündernd eingedrungen.
13) Einem Studenten, der in die Hände des Militärs gefallen war, wurde die Zunge ausgeschnitten, die Lippe abgelöst und Hände und Füße abgehackt; sodann wurde ihm eine Patrone in den Mund gesteckt,
diese angezündet und so der Kopf gesprengt.
14) Anderen Gefangenen hat man Nase, Ohren, Hände und Füße abgeschnitten, die Augen ausgebrannt, das Fleisch striemenweise aus dem Rücken geschnitten und so getödtet.
15) Einem der Anführer der Studenten, Dr. Ludwig, schnitt man gewisse Theile des Körpers ab, steckte sie ihm in den Mund und schickte so die Leiche der Frau des Getödteten.
16) Viele Häuser sind völlig abgesperrt, um die Gräuelscenen zu verbergen und die Spuren zu vernichten.
Diese schrecklichen Thaten wurden aber leider nicht blos von Kroaten und andern nichtdeutschen Truppen, sondern zum tiefsten Schmerze unseres Vaterlandes muß es gesagt werden, auch von deutschen
Soldaten verübt.
Solche Thaten von Deutschen und Fremden gegen Deutsche in der größten deutschen Stadt verübt, legen den Vertretern der deutschen Nation die traurige aber heilige Pflicht auf, dem ganzen
Zusammenhange sorgfältig nachzuforschen. Zu welcher politischen Ansicht man sich auch bekennen mag, das Urtheil über solche Handlungen kann nicht verschieden sein. Daß die Hohe Nationalversammlung bei
solchen Thatsachen nicht ruhiger Zuschauer verbleiben kann, hat dieselbe dadurch anerkannt, daß dieselbe mehrfachen Maßregeln in Bezug auf die östreichischen Verhältnisse ihre Billigung ertheilt hat.
Zu beklagen ist nur, daß diese Maßregeln, namentlich die Absendung der Reichskommissäre Welcker und Mosle, so unzureichend und erfolglos blieben. Noch weit mehr aber ist es zu beklagen, daß die
Absendung eines neuen Reichskommissärs zwar vor längerer Zeit verheißen aber nicht ausgeführt war. Diese Thatsachen dürften einiges Licht in die Maßregeln werfen, welche von den Reichskommissären
Welcker und Mosle getroffen worden, um, laut ihrer Proklamation, die frühere Gemüthlichkeit Wiens zurückzuführen.
Oder lautete ihre Instruktion dahin, statt die deutschen Interessen in Wien bis zur letzten Instanz und mit aller Energie zu wahren und zu schützen, an kaiserlicher Tafel zu speisen und nach
Frankfurt zurückzukehren, während in Wien die schmachvollste Katastrophe des 19. Jahrhunderts vor sich ging? Sind endlich diese unglücklichen Ereignisse und die Thatsache, daß politisch Verdächtige
ohne Urtel und Recht zwangsweise unter die Soldaten gesteckt werden, eine Folge der kaiserlichen Edikte, welche die unverbrüchliche Festhaltung der konstitutionellen Freiheit verbürgen?
Es ist jedes Deutschen heilige Pflicht, bei der gegenwärtigen politischen Bewegung sich nicht unthätig zu verhalten, sondern seine politischen Rechte überall und mit Kraft geltend zu machen, damit
durch einiges Zusammenwirken die gesetzliche Freiheit geschützt, und die schlimmste Anarchie, die Anarchie von oben, besiegt werde. Unerklärlich bleibt es daher, daß weder Beamte noch sonst
rechtschaffene Bürger bei Verübung jener Greuelthaten hinzugetreten sind, um die Urheber festzuhalten, und sie ihren Vorgesetzten mit der gehörigen Anzeige zuzuführen.
Sollten aber auch die obersten Handhaber der Macht nicht im Stande gewesen sein, dem zu steuern oder gar sich einverstanden erklärt haben, sei es stillschweigend oder ausdrücklich, so wäre dies
eine Anarchie von oben.
Daß aber hier der eigentliche Zusammenhang erforscht werde, ist heilige Pflicht der Volksvertreter.
Ich stelle deshalb bei der Hohen Nationalversammlung den Antrag:
eine besondere Kommission zu ernennen:
1) an Ort und Stelle den Thatbestand der in Folge der Wiener Ereignisse gemeldeten Greuelthaten auf das Genaueste zu erheben und
2) darüber zu berichten hat, in wie weit das Gesetz gehandhabt ist, um die Urheber solcher Handlungen zur Strafe zu ziehen.
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@facs | 0809 |
Berlin, 22. November.
Bericht
der gemeinderäthlichen Deputationen von Köln,
Koblenz und Trier.
In Folge der neuesten Ereignisse waren die von den Gemeinderäthen der vorgenannten Städte gewählten Deputationen am 20. d. M. in Berlin zu sammengetroffen. Dieselben vereinigten sich vermöge der
ihnen ertheilten Mandate zu dem Zwecke, Sr. Majestät dem Könige in einer Audienz die Stimmung der durch sie vertretenen Städte der Rheinprovinz persönlich darzulegen und dahin zu wirken, daß das
gegenwärtige Ministerium Brandenburg entlassen werde, daß die von demselben getroffenen Maßregeln durch ein neues volksthümliches Ministerium zurückgenommen würden und daß fortan die Staatsregierung
in Uebereinstimmung mit der National-Versammlung handeln möge, ferner der National-Versammlung die Gesinnungen zu wiederholen, welche in den ihr bereits eingesandten Adressen der einzelnen Städte
ausgedrückt worden, sodann den Wunsch und die Nothwendigkeit einer Einigung zwischen den beiden Gewalten auszusprechen
Die Deputationen begeben sich sofort Behufs Erwirkung einer Audienz zum Ministerpräsidenten Grafen v. Brandenburg. Derselbe erklärt mündlich, er könne das Gesuch nicht befürworten, weil der König
nach konstitutionellem, von dem Ministerium Camphausen bereits eingeführten und seither beobachteten Gebrauche, ohne Minister, Deputationen weder Audienz noch Antwort ertheilen könne, die Minister
aber nicht in Potsdam, sondern in Berlin sich befänden und wegen überhäufter Arbeiten allen sich anmeldenden Deputationen nicht beizuwohnen im Stande wären. Se. Majestät nehme deshalb jetzt keine
Deputationen an, deren viele, insbesondere seit den letzten Zeitereignissen auch aus andern bedeutenden Städten sich angemeldet hätten, indem der Einen das nicht gewährt werden könne, was der andern
abgeschlagen worden, auch habe Se. Majestät der König die Zeit nicht, auch wenn er es wollte, alle sich meldenden Deputationen zu empfangen. Der Ministerpräsident erklärte dabei, daß die Deputationen
doch wahrscheinlich Adressen zu überreichen hätten und daß er, wie es seine Pflicht sei, dieselben in Empfang nehmen und an Se. Majestät befördern werde. Auf die Antwort, daß jenes nur bei der Kölner
Deputation der Fall sei, und nachdem die Frage über den Zweck der erbetenen Audienz ausdrücklich wie im Eingange erwähnt ist, beantwortet, auch dabei erwähnt worden, daß die Ruhe der Provinz von der
Gewährung der Anträge abhängig sei, erwiederte der Ministerpräsident, auf die Sache selbst eingehend, es seien allerdings Adressen von vielen Städten eingelaufen, welche sich für die
National-Versammlung ausgesprochen. Allein in den letzten Tagen habe sich die Sache geändert und von vielen Seiten wären Seitens der Bürger und Behörden Adressen angelangt, welche den Maßregeln der
Regierung deipflichteten; sogar von solchen Städten sei dies geschehen, aus denen früher Adressen im entgegengesetzten Sinne eingelaufen, insbesondere eine Adresse von Stettin, und ständen auf diesen
selbst Namen von Magistratsmitgliedern, die kurz vorhin zu einer Deputation gehört hätten, welche sich für die National-Versammlung ausgesprochen hätte. Er begreife übrigens nicht, wir man aus bloßen
Namen Veranlassung nehmen könne, sich gegen die Minister zu erklären, da sie bis jetzt noch durch keine Maßregel gezeigt hätten, daß sie von den Verheißungen des Königs und den gewährten
konstitutionellen Einrichtungen abgehen wollten. Auch wenn man eine solche Absicht bei den Ministern unterstelle, so sei es für diese eben so unmöglich, sie zu verwirklichen, als es unmöglich sei, den
Rhein herauffließen zu lassen und die Sonne vom Himmel herabzuholen. Der gesetzlose anarchische Zustand in Berlin sei der Art gewesen, daß nothwendig Maßregeln hätten ergriffen werden müssen, um
demselben ein Ende zu machen. Unter diesen Umständen müsse er es anheimgeben, ob die Deputationen dennoch auf die Erwirkung einer Audienz bei des Königs Maj. beharren wollten. Aus den angeführten
Gründen wiederhole er, daß er dieselbe nicht befürworten könne, erkläre sich jedoch bereit, bei Sr. Maj. anzufragen.
Die Deputationen erwiderten, daß sie im Interesse der Provinz auf ihre Bitte bestehen müßten.
Am 21. November Vormittags folgte die Antwort des Ministers (welche bereits in Nro. 151 d. Bl. mitgetheilt worden ist).
Die Deputationen beschlossen darauf, nunmehr direkt beim Könige eine Audienz nachzusuchen. Sie wendeten sich zu diesem Zwecke an demselben Tage noch in Potsdam, wo sich der König aufhielt, an den
Hofmarschall Grafen v. Keller persönlich. Derselbe erwiderte, es liege außer seinen Befugnissen. Audienzen für Deputationen zu erwirken, überhaupt sich mit politischen Angelegenheiten zu befassen,
dies sei Sache des Staatsministeriums, die seinige nur, einzelne Personen, welche vorgelassen zu werden wünschten, anzumelden.
Da sonach den Deputationen kein anderer Weg, zum Könige zu gelangen, übrig blieb, so vereinigten sich dieselben dahin, daß der Versuch gemacht werden solle, in dieser Art für Ein Mitglied einer
jeden Deputation Zutritt zu erhalten und baten den Hofmarschall, diesen für den Domkapitular Dr. Broix von Köln und für die beiden Oberbürgermeister Vachem von Koblenz und Wulfsheim von Trier zu
erwirken. Der Hofmarschall versprach möglichst baldige Anmeldung.
So war demnach den Deputationen als solchen jede Aussicht auf eine Audienz abgeschnitten. Sie kamen daher überein, zur vollständigen Erfüllung ihres Mandats, gemeinsam nachstehende Adresse an den
König zu richten:
Majestät!
Die Gemeinderäthe der Städte Köln, Coblenz u. Trier haben jede für sich als dringend nothwendig es betrachtet, durch Deputationen Ew. Kgl. Majestät die gegenwärtige Stimmung der durch sie
vertretenen Städte persönlich ehrerbietigst vorzutragen. Die dem Präsidenten des Staatsministeriums vorgelegte Bitte um Befürwortung einer Audienz bei Sr. Majestät
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mehr jede Hoffnung auf einen persönlichen Zutritt auch hier in Potsdam abgeschnitten ist, mit kurzen wahren Worten die Gesinnung der von ihnen vertretenen Städte aussprechen.
Kgl. Majestät! Die Namen der Männer, welche das neueste Ministerium bilden, geben Nachklänge aus einer zu Grabe getragenen Zeit, deren Wiederaufleben, wenn auch nur in scheinbarer Möglichkeit das
ganze Land mit den größten Befürchtungen erfüllen muß. So lange deßhalb jene Männer das Staatsministerium bilden, wird die Aufregung im Lande fortwährend steigen und muß endlich das bereits
aufgelockerte Vertrauen auf die Verwirklichung einer wahrhaft freien constitutionellen Verfassung vollends hinschwinden.
War es genug, daß die Namen dieser Männer überallhin Besorgniß erregten, so sind die Befürchtungen zur Gewißheit geworden durch die Maßregeln, welche das neue Staatsministerium in's Leben
gerufen hat.
Die Bürger der von uns vertretenen Städte und der Provinz in überwiegender Mehrzahl sehen in der ausgesprochenen Vertagung und Verlegung der National-Versammlung eine Verletzung der Rechte des
Volkes, und Vertrauen wird nur dann zurückkehren, wenn der freien Berathung in Berlin, wohin die Vertreter des Volkes berufen waren, kein Hinderniß mehr entgegengesetzt, und wenn die Freiheit der
Versammlung auf dem gesetzlichen Wege sowohl für Uebergriffe der Anarchie als der schneidenden Herrschaft der Bajonette bewahrt wird.
Kgl. Majestät! wir dürfen es nicht verschweigen, daß die Ruhe der Rheinprovinz auf dem Spiele steht, wenn nicht sofort durch Berufung eines neuen durch das Zutrauen des Volkes getragenen
Ministeriums dem Lande die Bürgschaft gegeben wird, daß des Volkes Rechte in ihrer ganzen Fülle unverkürzt bleiben sollen.
Geruhen Ew. Majestät die Geradheit unserer Sprache durch die Lage der Dinge und durch den uns beseligenden Wunsch zu entschuldigen, fortan durch neue und festere Bande die Rheinprovinz an die
Monarchie zu knüpfen.
Ew. Kgl. Majestät treu gehorsamste Deputirte der Stadträthe Köln, Coblenz, Trier
(Folgen die Unterschriften.)
Am folgenden Morgen, den 22. d. M., ging an den Oberbürgermeister von Trier folgendes Schreiben des Hofmarschalls Grafen v. Keller ein:
„Ew. Hochwohlgeboren verfehle ich nicht ergebenst zu benachrichtigen, daß Se. Maj. der König heute in aller Frühe nach Belle vue bei Berlin gefahren sind, und ich daher den begleitenden
Flügel-Adjudanten, Prinzen Croy, ersucht habe, daselbst anzufragen, ob, zu welcher Zeit und an welchem Orte Se. Maj gedenke, Ew. Hochwohlgeboren und den Hrn. Oberbürgermeister Bachem, so wie den
Domkapitular Dr. Broix zu empfangen.
„Schließlich erlaube ich mir die Bitte, dies gütigst auch den andern beiden Herren mittheilen zu wollen, und verbleibe mit besonderer Hochachtung Ew. Hochwohlgeboren ergebenster
Graf v. Keller.
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@facs | 0810 |
„Potsdam, den 22. November 1848.“
Abends 8 Uhr wurde den Deputirten Seitens des Hofmarschalls die Erklärung Sr. Maj. mitgetheilt, daß Sie unter den obwaltenden Umständen sich nicht veranlaßt fänden, die Deputirten, deren
Sendungszweck Ihnen bekannt geworden sei, persönlich zu empfangen.
Es entschlossen sich demnach die Deputationen, die erwähnte Adresse an des Königs Maj. abzusenden und dann sofort abzureisen.
In der Zwischenzeit hatten sich die Deputationen an demselben Tage gemeinsam zu dem Präsidenten der Nationalversammlung von Unruh begeben. Sie setzten denselben zunächst von dem Zwecke ihrer
Sendung und deren Erfolge in Kenntniß, und wiederholten die in den bereits der Nationalversammlung überreichten Adressen ausgedrückten Gesinnungen, insbesondere wurde der Wunsch hinzugefügt, daß eine
Vermittelung zwischen der Krone und der Nationalversammlung herbeigeführt werden möge.
Nachdem der Präsident Namens der Nationalversammlung erklärt hatte, welch' hohen Werth derselbe auf die Anerkennung ihres Verhaltens Seitens der Provinzen lege, und nachdem darauf einzelne
Mitglieder der Deputationen von dem Standpunkte der verschiedenen Parteien aus die Ansichten der letztern über das frühere Wirken der Nationalversammlung ausgesprochen hatten, verbreitete sich der
Präsident im Allgemeinen nachzuweisen, daß grade durch deren Unthätigkeit und durch die unterlassene Vorlegung der nothwendigsten mit der Verfassung in engster Verbindung stehenden, namentlich für die
alten Provinzen unerläßlichen Gesetze, wie z. B. für die Geschwornengerichte, und Kreis-Bezirksordnungen die Thätigkeit der Nationalversammlung aufgehalten worden sei, und daß deshalb der ihr häufig
gemachte Vorwurf, das Verfassungswerk zu wenig gefördert zu haben, nicht sie treffen könne.
Aus denselben Gründen wäre es aber auch bei einer schnellern Berathung und selbst bei Vollendung der Verfassung unmöglich gewesen, dieselbe für sich allein ins Leben treten zu lassen.
Mit diesem Berichte erfüllen die Deputationen die Pflicht, über die Ausführung ihrer Sendung Rechenschaft zu geben.
Berlin, den 22. Novbr. 1848.
Die Deputationen der Gemeinderäthe von
Köln:
Dr. Broix, Domkapitular.
G. A. Boecker, Advokat-Anwalt.
Th. Guilleaume. Kaufmann.
Coblenz:
Bachem, Oberbürgermeister.
Leymann, Notar.
Aldenhoven, Advokat-Anwalt,
Trier:
Wulfshein, kommissarischer Landrath und Oberbürgermeister.
Lautz, Commerzienrath und Präsident des Handelsgerichts.
P. Junk, Kaufmann und Wirth.
Ist abgelehnt worden. Die unterzeichneten Deputirten dürfen nur dann die ihnen gegebene Sendung für erfüllt halten, wenn sie, nachdem ihnen nun-
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@facs | 0810 |
Für den demokratischen Central-Ausschuß in Berlin sind bei der Expedition dieser Zeitung ferner eingegangen:
26 Thlr. von den Arbeitern aus London; aus Neuß 2 Thlr. 23 Sgr; aus
der Gemeinde Offenbach, Kreis St. Wendell 10 Thlr 20 Thlr. aus Aachen. 11 Thlr. als erste Sendung aus Gerresheim.
Beiträge, die in der Stadt Köln noch gesammelt sind, bitten wir baldigst einzusenden.
Köln, den 25, Novbr. 1848.
Von der Expedition gestempelte Listen liegen zur Unterzeichnung offen bei:
A. Steintraßer, Perlenpfuhl;
Halin, Börse;
Hamspohn, Freischütz, Hochstraße;
Ciser, beim Eingange während der Volksversammlungen;
J. Obladen, Streitzeuggasse;
Stollwerk, Schildergasse.
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Brodpreis der Stadt Köln.
Vom 25. Nov. bis zum 2. Dez.
Ein Schwarzbrod von 8 Pfd. soll kosten 4 Sgr. 7 Pf
Köln, 26. Nov. 1848.
Der interimistische Polizei-Direktor, Geiger.
Civilstand der Stadt Köln.
Vom 19. November 1848.
Geburten.
Eugen, S. v. Aug. Cloos, Lehrer, Mauritiussteinw. — Christ., S. v. Franz Wilh. Oster, Kfm., Eigelstein. — Joh., S. v. Pet. Winkeler, Restaurateur, Kaufhausg. — Jos., S. v. Jos.
Schmitz, Catunw., Spulmannsg. — Heinr., S. v. Jacob Bayer, Schuhm., Thieboldsg — Anna, T v. Thom. Valentin Urban, Rheinarb., Catharinengr. — Christ. Everh., S. v. Joh. Heinr.
Dähne, Drechsler, Schilderg. — Maria Cathar., T. v. Conr. Hämmerling, Sattler, Hochstr. — Paul, S. v. Pet. Jos. Jouy, Maurer, Altengr. — Peter, S. v. Casp. Odendahl, Pflasterer,
Maximinenstr. — Joh. Peter Jos., S. v. Eduard Inden, Goldarb., Poststr.
Sterbefälle.
Joh. [unleserlicher Text]osen, ohne Gew., früher Bierbr, 89 J. alt, Wittwer, Severinstr. — Joh. Antonia Hubert. Hamm, geb. Euler, 57 J. alt, Johannstr. — Bern. Jos. Hansen, 2 J. 4 M. alt, gr. Spitzeng.
— Otto Fruck, Steueramtsdiener, 52 J. alt, Wittwer, Breitstr. — Peter Simon, 1 J. 1 M. alt, gr. Spitzeng. — Eva Heller, Wittwe Polisch, 57 J. alt, Minoritensp.
21. November 1848.
Geburten.
Pet. Math., S. v. Casp. Giebmans, Zuckerarb., Severinstr. — Sib. Cathar., T. v. Anton Hamm, Schuhm., Martinstr. — Anna, T. v. Reinh. Nicolai, Maurer, Eulengarteng. — Anton
Jos., S. v. Peter Jos. Zimmermann, Schuster, Hämerg. — Heinr. Jos., S. v. Jos. Esser, Gerißmenger, Thieboldsg.
Sterbefälle.
Karl Everhan, Ober-Post-Amts-Kassirer, 56 J. alt, verheir., Lungeng. — Maria Ther. Frieder. Moringen, 14 J. alt. Petersgäßchen. — Joh. Holzem, Zuckerarb., 29 J. alt, verheir.,
Marienpl. — Adelh. Krudewig, 2 J. 3 M. alt, Thieboldsg. — Joh. Hugo von Uttenhoven, 10 M. alt, Benesisstr. — Wilh. Stoffel, Trödler, 62 J. alt, verheir., Maximinenstr. —
Math. Waasen, 2 J. 7 M. alt, Spulmannsg.
Bekanntmachung.
Auf Grund des Gemeinderaths-Beschlusses vom 23. d. Mts. wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die im hiesigen Hafen zur Erhebung kommende Gebühr für Geriß und Kohlen vom 1. Jan. 1849
an von 5 auf 2 1/2 Centimes pro Centner ermäßigt ist.
Köln, den 24. November 1848.
Der kommiss. Ober-Bürgermeister, Graeff
Damit die Bürger Köln's nicht mehr im Zweifel bleiben, welche Männer sich für die Interessen des Volkes im Einverständnisse mit der National-Versammlung nach Kräften bemüht haben,
bringt das Volks-Comite die Namen derjenigen Mitglieder zur öffentlichen Kenntniß, welche in dasselbe gewählt worden sind.
Ob Diejenigen, welche sich anonym gegen die Volks-Männer und gegen die National-Versammlung seither in Verdächtigungen ergangen haben, mehr die Achtung beanspruchen können, als diejenigen, welche
das Volk auf richtigem Wege zu leiten trachten, wollen wir dahin gestellt sein lassen.
Das Volks-Comite.
- Adamski,
- Fr. Beust,
- Böcker, Advokat-Anwalt,
- C. Cramer,
- Carl Engels,
- C. Funck,
- Th. Guilliaume,
- Görgens,
- H. Guilleaume,
- Guffanti,
- P. Hoffmann,
- Theod. Jos. Horst,
- Kyll, Justizrath,
- Kratz, Landgerichtsrath,
- P. J. Mühlens,
- A. C. Moll,
- Mohr, Bildhauer,
- Nothjung,
- Nithak,
- Fr. Raveaux,
- J. Reichhelm,
- Roeser,
- Sohmann,
- B. J. Weyll, Dr. juris.,
- H. Witthoff.
Dem Anonymen, repräsentirt durch die Kölner Zeitung, diene hiermit zur Nachricht, daß ich dem Volks-Comite nicht angehöre, würde es mir jedoch zur Ehre rechnen, diesem Ausschuß angehören
zu können.
Köln, 25. November 1848.
F. A. Wolff.
Billig bei Späner zu haben.
Domhof Nr. 13.
Nellessen, über christlichen Ehevertrag und Gewalt der Kirche 5 Sgr. Neuester Jesuitenspiegel von Herzog und Lommel. 1848. 5 Sgr. Nellessen, Lügenmachwerk über die Jesuiten. 2 Sgr. Görres,
Teutschland und die Revolution 6 Sgr. Dornenstiche über Napoleon 3 Sgr. Begebenheiten und Auflosung der Nationalgarde in Paris 3 Sgr. v. Lang, Hammelburger, Reise nebst Konversationslexicon (3 Thlr.)
10 Sgr. Lieboldt, Hamburg von seinem Ursprunge bis 1842. Quartb. mit Plan 5 Sgr. Biographisch-genealogisch-historische Darstellung Friedrich Wilhelm des Dritten, v. Stiufried-Rottonitz. Quartb. mit
Abbildungen 5 Sgr. Mehr als zwanzig Bogen v. Heinzen 10 Sgr. Woltmann, Spiegel der großen Welt und ihre Forderungen (23 Sgr.) 5 Sgr. Schönholz, Handbuch aller Wissenschaften 2 Bde. (2 Thlr.) 15 Sgr.
Bechstein, deutsches Märchenbuch, 6 Sgr. Christliches Taschenbuch v. Doring 5 Sgr. Dräxler-Manfred, Rheinisches Taschenbuch v. 1845 mit 10 Stahlstichen, 15 Sgr. Fischers Mechanische. 2 Aufl. (1 Thlr.
15 Sgr.) zu 20 Sgr. Walter Scott, Montrose 3 Bde. 6 Sgr. Dessen Quentin Durward 6 Bde. 10 Sgr. Dessen Waverley 5 Bde. 10 Sgr. Dessen Nigels Schicksale 5 Bde. 10 Sgr. Dessen die Verlobten 5 Bde. 10
Sgr. Dessen Talismann 4 Bde. 8 Sgr. Dessen der Alterthümler 5 Bde. 10 Sgr. Rottecks allgemeine Weltgeschichte für alle Stände in 4, in halb Leder geb. Bde. 2 Thlr. 15 Sgr. Brückners neuestes Handbuch
der Erdbeschreibung nebst Atlas (3 Thlr.) zu 40 Sgr.
Inserat.
Seit dem Tage, an welchem der König von Preußen die National-Versammlung durch die Gewalt der Bajonnette unter Trommelschlag auseinander treiben ließ, hörte er auf ein konstitutioneller König zu
sein! Der oberste Grundsatz einer konstitutionellen Monarchie besteht darin, daß die Regierung nicht stärker sein darf, als der Gesammtwille oder die Nation. Eine konstitutionelle Verfassung, welche
das Volk gegen Gewaltstreiche einer übermüthigen Regierung niche sicher stellt, ist ein leerer Titel ohne Inhalt. Welche Garantie seiner Rechte bleibt aber dem Volke einer Regierung gegenüber, deren
blindes und furchtbares Werkzeug das stehende Heer ist!! Mag immerhin das stehende Heer, als aus dem Volke hervorgegangen und theilweise zu demselben zurückkehrend, insofern dem Volke ursprünglich
angehören, so lehrt doch die Erfahrung, daß der soldatische Geist, die militärische Zucht und Sitte, das Heer dem nationalen Gesammtleben längst entfremdet haben. Menschenrecht und Bürgerrecht,
Konstitution und Gesetz sind nicht für das stehende Heer. Sein Gesetz ist blinder Gehorsam, sein Recht die rohe Gewalt! Einem stehenden Heere gegenüber gelten alle Volksfreiheiten und Rechte nur so
viel als der Machthaber von Gottes Gnaden will. Blickt nach Wien und Berlin, deren Straßen durch Bruderblut befleckt sind, wo unzählige Feuerschlünde bereit sind, die verhaßte Freiheit zu tödten.
Triefend von Bürgerblut, von Schrecken und Verderben rings umgeben, beging Alba-Windischgrätz den Freiheitsmord in Wien, und ein mit begeisterter Freiheitsliebe erfülltes Volk wurde die sichere Beute
des Despoten. Wer sind die Henkersknechte dieser Tyrannen? Die stehenden Heere! unbedingt dienstbar dem, der sie handhabt, blind gehorchend dem Zwingherrn, dessen Fahne sie willenlos den Huldigungseid
geschworen!
So lange es noch stehende Heere giebt, so lange noch Kasernen und Kadettenhäuser bestehen, — diese Pflanzschulen niedriger Knechtsgesinnung und brudermörderischer Zwingherrnkraft — so
lange wird Alles unzureichend erscheinen zur Sicherung der Volksfreiheit!! Erst dann, wenn die stehenden Heere aufgelöst sind, ist das souveraine Volk vor dem Umsturz seiner Verfassung, welche
Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetze ihm gewährleistet, für immer gesichert. Wohlan denn! laßt unverzüglich eine allgemeine Nationalbewaffnung in's Leben treten, welche den noch gefunden
Kern des stehenden Heeres in sich absorbire. Die Nationalbewaffnung ist frei gesinnt und volksfreundlich, schlagfertig nur gegen den äußeren Feind, gegen die Nation aber unbrauchbar, —
nimmermehr sich erniedrigend zum Henkerdienste des Freiheitsmordes!
Die allgemeine Nationalbewaffnung ist das einzige Bollwerk der volksthümlichen Konstitution!!
H—ck.
Ruf an Köln's Männer.
Die Worte des edlen Präsidenten der National-Versammlung in Berlin haben gewiß einen Nachhall in Eurem Herzen gefunden.
„Alles steht auf dem Spiel!“
Bedürfen diese noch eines Zusatzes? Wir glauben nicht.
Die Landwehr thut bereits das ihrige. Wohlan! Euch, gesinnungstüchtige, muthige Männer rufen wir. Euch, die ihr im Stande seid, euch die edelste Schußwaffe die Büchse
anzuschaffen; an Euch, die ihr erkennt, daß es an der Zeit ist, daß der Mann zum Schutze seiner unveräußerlichen Rechte gerüstet dasteht, ergeht unser Ruf:
„Euch uns, als Gleichgesinnte, anzuschließen.“
Die Bürgerschützen.
Anmeldungen geschehen bei der zu diesem Zwecke ernannten Kommission der Bürgerwehrschützen in den Abendstunden von 6 bis 8 Uhr in der Beletage des Lokales des Bierbrauers Becker,
Schildergasse Nr. 8-10.
Bange machen gilt nicht, sagt Herr M. Hölterhoff.
Aber durch Subhastationen, Pfänden von Mobilien und Kündigen von Kapitalien bange machen, das gilt! nicht wahr? Herr Hölterhoff!
Hiermit die ergebene Anzeige, daß ich Herzogstraße Nro. 4 eine baierische Bierwirthschaft nebst Restauration etablirt habe Durch vorzügliches ächt baierisches Lagerbier und
schmackhaft zubereitete der Saison angemessene Speisen, nebst prompter Bedienung werde ich das Zutrauen der mich mit ihrem Besuche beehrenden Gäste dauernd zu erhalten suchen.
Köln, den 26. November 1848.
Casp. Hackhausen.
In unterzeichneter Expedition ist zu haben:
Blum
Gedicht von Ferd. Freiligrath.
Preis 1/2 Sgr.
Der Ertrag ist zum Besten des demokratischen Central-Ausschusses in Berlin.
Die Expedition der, „N. Rh. Ztg.“
Bürger- u. Handwerker-Gesang-Verein.
Versammlung heute Nachmittags 2 Uhr, Mühlengasse Nr. 1.
pr. Direktion: W. Herx, Lehrer.
Köln-Mindener Eisenbahn.
Wir beabsichtigen, die Beförderung der Passagiere unserer Bahn und ihres Gepäcks nach und von dem Bahnhofe zu Deutz von und nach jedem Punkte der Städte Deutz und Köln mittelst Omnibus und
Droschken auf die Dauer von drei Jahren, vom 1. Januar 1849 ab, im Wege der Submission an denjenigen Fuhr-Unternehmer zu vergeben, welcher bei dem nachzuweisenden Besitze der erforderlichen und
geeigneten Fuhrwerke und Pferde etc., die nach unserem Ermessen annehmbarsten Bedingungen stellt.
Unternehmungslustige haben ihre desfallfigen ausführlichen Offerten bis spätestens den 5. Dezember d. J. in unserem Geschäfts-Büreau (große Sporergasse hierselbst) abzugeben, wo auch die
allgemeinen Bedingungen zu erhalten sind. — Die abgegebenen Offerten bleiben für die Submittenten bis zum 20. Dezember d. J. bindend.
Köln, den 18. November 1848.
Die Direktion.
Neuerfundene Briefcouverts mit Metallverschluß die unmöglich zu öffnen sind.
Per Dutzend 5 Sgr., bei Abnahme von 100, angemessenen Rabatt, bei Joseph Sachs aus
Frankfurt a. M., im neuen Laden, Obenmarspforten 21A gegenüber dem Jülichsplatz. Bestellungen von außerhalb werden franco erbeten.
Frankfurter Hof in Köln.
Unmittelbar am Justizgebäude gelegen, empfiehlt sich bei Gelegenheit der, den 27. c. beginnenden Assisen-Verhandlungen.
E. Leonhard.
Für Damen-Auswahl.
Von Seidenhüte zu Thlr. 1-10 bis Thlr. 3.
Sammethüte Thlr. 2 bis Thlr. 8.
Obenmarspforten Nr. 42.
Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gaß-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
Heute findet das erste Ball-Gesellschafts-Kränzchen in meinem neu dekorirten Saale Cäcilienstraße Nr. 40-42 Statt, wozu ich ergebenst einlade.
Entree 5 Sgr. für
Herren, Damen frei. Anfang 5 Uhr.
C. A. Gerstel, Lehrer der höhern Tanzkunst.
Für gute Restauration ist bestens gesorgt.
Konzessionirtes Vaudeville-Theater.
In Köln, im Stollwerck'schen Saale.
Heute Sonntag den 26. November 1848: Auf allgemeines Verlangen: Lorenz und seine Schwester.
Vaudeville-Posse in 1 Akt von Friedrich.
Hierauf: Das Feldlager d. Freischärler.
Zeitbild mit Gesang in 1 Akt von Krüger.
Entree 10 Sgr. à Person, wofür Getränke verabreicht werden.
Kassa-Eröffnung 6 Uhr.
Anfang 7 Uhr.
Franz Stollwerck.
Die Vorstellung für Montag besagt der Anschlagzettel.
Deutsches Kaffeehaus.
Heute Sonntag den 26. November 1848: Kaffeegesellschaft mit Konzert und große Vorstellung des Herrn Grafina.
Athlet und Equilibrist aus dem allbekannten Circus Franconi.
Die vorkommenden Stücke besagt der Anschlagzettel.
Entree 5 Sgr. à Person, wofür eine Tasse Kaffe verabreicht wird.
Kassa-Eröffnung 2 Uhr.
Anfang 3 Uhr.
Franz Stollwerck.
Omnibus-Fahrten zwischen Köln, Bergheim und Jülich.
Während der Winter-Periode 1848-49 vom 1. November c. ab.
Von Köln nach Bergheim Morgens gegen 7 und 10, Nachmittags gegen 4 Uhr.
Von Köln nach Jülich.
Morgens gegen 10 Uhr.
Von Bergheim nach Köln.
Morgens gegen 7, Nachmittags gegen 1 und 5 Uhr.
Von Jülich nach Köln.
Morgens gegen 10 1/2 Uhr.