Deutschland.
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[
Z
] Düsseldorf, 24. November.
Die Heldenthaten der Regierungsparthei übertreffen alle unsere Erwartungen. Bekanntlich hatte man schon seit längerer Zeit die Plakate fertig, durch welche der sogenannte Belagerungszustand
proklamirt werden sollte; nur immer und immer wollte sich keine rechte Ursache, d. h. kein Scheingrund finden lassen. Erst Sonntag erklärte der Regierungspräsident v. Spiegel einer Deputation des
Gemeinderaths und der Bürgerwehr „man würde den Belagerungszustand über Düsseldorf nur dann verhängen können, wenn die Stadt angriffe; und jedenfalls würde erst eine Proklamation
vorhergehen.“ Montags waren viele Abgeordnete auswärtiger Bürgerwehren hier, um Verschiedenes mit uns zu berathen. Da auf einmal stürzen zwei Männer des hiesigen Volksklubs in die Versammlung
und rufen „die Regierung wolle Kassengelder nach Berlin absenden, schon befänden sich mehre Fässer auf der Post, und das Volk würde und wollte sich dem widersetzen.“ Sofort entsandte der
Bürgerwehrchef mehre der versammelten Offiziere zur Post, um das Volk zu beruhigen, nöthigenfalls zu zerstreuen, und sich überhaupt von dem Thatbestande in Kenntniß zu setzen. Die Offiziere gingen zur
Post, überzeugten sich durch Erkundigung und persönliche Ansicht, welche ihnen die Postbeamten sehr gern gewährten, von der Falschheit des Gerüchtes und veranlaßten das Volk stille auseinander zu
gehen, welches auch geschah. Jetzt aber glaubte man den scheinbaren Grund gefunden zu haben, den Belagerungszustand aussprechen zu können. Wie in dem Publikandum des Generals Drigalski und des
Chefpräsidenten Spiegel groß und deutlich zu lesen ist „nach vielen eigenmächtigen, ungesetzlichen Anmaßungen der hiesigen Bürgerwehr, welchen die versuchte Antastung von Postgütern und die
versuchte Verletzung des Briefgeheimnisses (!!) die Krone aufsetze etc. etc.“ wird also die Aufrechthaltung der Ordnung von Seiten der Bürgerwehr die Ursache zur Proklamirung des
Belagerungszustandes. Nächstfolgenden Morgen, als wir den Kopf zum Fenster hinausstecken, sehen wir zu unserm Erstaunen die Thore mit Kanonen, Kavallerie und Infanterie besetzt, finden alle
Hauptplätze abgesperrt und mit Truppen bedeckt, und gleich nachher erschienen kaltaussehende Lieutenants mit starker Bedeckung an den Straßenecken und lesen die Praklamation unter Trommel- oder
Trompetenschall höchst rührend ab. Herr Spiegel und Herr Drigalski hatten sich aber schon Tags vorher in die Kaserne einquartiert und harrten der Dinge die da kommen könnten. Aber es kamen gar keine
Dinge. Zuerst wollten die Bürger drüberher fallen und zuhauen. Die Bürgeroffiziere aber, welche sofort zusammeneilten, sahen ein, daß ihre einzelnen Kompagnien getrennt und abgeschnitten, jeder Zuzug
unmöglich geworden sei. Somit mußte man sich auf passiven Widerstand beschränken, das Bürgeroffizierkorps gab einen Protest zu Papier, worin es das Verhalten des Regierungspräsidenten, der sich annoch
in der Kaserne befindet, als „wortbrüchig“ bezeichnete, aber die Ablieferung der Waffen bestimmt ablehnte. Herr Drigalski unterdeß erließ ebenfalls aus der Kaserne heraus die
Aufforderung, sofort auf die dazu aufgestellten Wagen die Gewehre abzuliefern. Wir sahen auch wirklich einen solchen mit 6 Pferden bespannt und mit 5 Gewehren beladen! — Heute zwar geht
es etwas besser, aber wir zweifeln doch, daß auch bei der größten Strenge mehr als die Hälfte abgeliefert werden wird.
Die Soldateska benimmt sich herrlich, heldenmüthig! Sie war schon frühe meist trunken. Daß man viele Bürger haranguirte darf nicht wundern; aber daß der junge Hr. v. Henrumont, der schon seit 3
Monate Husaren-Lieutenant ist, zum Einhauen kommandirte und zwar auf ganz wehrlose Leute, das ist doch stark. Der jugendliche Held, ein geborner Düsseldorfer, sah denn auch das erste Blut fließen:
eine arme Frau, welche 2 Kinder bei sich hatte, und nicht schnell genug fliehen konnte, erhielt eine gefährliche Hiebwunde über den Schädel; ein anderer alter Mann, ein steifer Greis, wurde
niedergestoßen; ob er tod ist oder noch lebt, darüber widersprechen sich die Gerüchte, genug; es lebe der edle Heldenmuth! Alles „mit Gott für König und Vaterland!“ — Von andern
Brutalitäten will ich gar nicht reden; was ist auch eine Armee ohne Disciplin?!! Es lebe die preußische Disciplin!
Gegen Abend ging ein großes Gartenlokal, „der Spatzengarten“ in Flammen auf. Das Haus war augenblicklich unbewohnt. Man glaubte, der Brand und die Brandglocke sollte ein Signal für
die Außenbürger sein, aber die Thürme und die Glocken und Hörner schwiegen, die Soldaten haben dafür gesorgt, und das Gebäude ging in Flammen auf. Einen stillern Brand hat Düsseldorf noch nicht
gesehen. In der Nacht bivuakirten die Truppen. Bei der Gelegenheit wurden einem Gemüsezüchter sehr viele Bohnenstangen gestohlen und zu Wachtfeuern der Husaren benutzt.
Daß Hr. Lasalle verhaftet ist, wissen Sie. Fragen Sie nicht warum; denn das wissen am Ende nicht einmal die Herren, die in der Kaserne logiren. Ein altes Sprichwort sagt, Gewalt gehe über
Recht.
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Düsseldorf, 22. Novbr.
Wir haben eine Gesetzesverletzung zu konstatiren. Das Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit vom 24. Sept. 1848 sagt:
§. 1. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Eine Verhaftung darf außer dem Falle der Ergreifung auf frischer That nur kraft eines schriftlichen, die Beschuldigung, sowie den Beschuldigten
bestimmt bezeichnenden richterlichen Befehls bewirkt werden. Dieser Befehl muß entweder bei der Verhaftung oder spätestens innerhalb 24 Stunden dem Beschuldigten zugestellt werden. Bei jeder
Verhaftung ist in gleicher Frist das Erforderliche zu veranlassen, um den Verhafteten dem zuständigen Richter vorzuführen.
§. 8 desselben Gesetzes bestimmt:
Im Falle eines Krieges oder Aufruhrs kann, wenn die Volksvertretung nicht versammelt ist, durch Beschluß und unter Verantwortlichkeit des Staatsministeriums die zeit- und distriktweise Suspendirung
des §. 1 und §. 6 gegenwärtigen Gesetzes provisorisch ausgesprochen werden. Die Volksvertretung ist jedoch in diesem Falle sofort zusammen zu berufen.
Der §. 1 ist durch keinen Ministerialbeschluß suspendirt. Dennoch ist heute der Bürger Lasalle, ohne daß man einen Grund weiß, und ohne daß unseres Wissens irgend eine der gesetzlichen
Formen beobachtet wurde, urplötzlich verhaftet worden.
[(D. Z.)]
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Koblenz, 23. Nov.
Gestern Abend hatte auch hier im Bierhause „Texas“ ein Konflikt zwischen Bürgern und Militär statt, welcher auf die empörendste Weise von letzterem hervorgerufen wurde. Mehrere
Artillerie- und Ulanen-Unteroffiziere, ungefähr 15 bis 20 an der Zahl, schimpften sehr laut über die Nationalversammlung, die Bürger, die Demokraten und sogar einzelne Personen von hier. Räuber,
Spitzbube, Lump sind die glimpflichsten Worte, welche ausgestoßen wurden. Da ein Bürger die Ruhestörer zur Ruhe ermahnte, zog einer derselben sogleich den Säbel. Dieses war das Signal zum allgemeinen
Angriff. Das Militär wurde gehörig durchgehauen und in pleno zur Thür hinausgeworfen. Ein erbeuteter Säbel wurde seinem Eigenthümer auf seine inständigste Bitte zurückerstattet. Die Besiegten nahmen
sich aus der Kaserne Verstärkung; zu einem neuen Angriff ist es aber nicht gekommen, weil die Bürger zwei Unteroffiziere als Geiseln zurückbehalten hatten und kategorisch erklärten, sie würden diese
sofort niederstoßen, wenn ein anderweiter Angriff erfolge. Es ist wohl nicht mehr daran zu zweifeln, daß diese Konflikte absichtlich herbeigeführt werden, um einen plausiblen Grund zu haben, auch uns,
wie die Düsseldorfer, mit dem Belagerungszustande zu beglücken.
[(Rh.- u. M.-Z.)]
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Koblenz, 22. Novbr.
Bei der heutigen, unter dem Vorsitz des Befehlshabers stattgehabten Führerversammlung wurde folgender Protest an das königl. Regierungspräsidium gerichtet:
„Den unterzeichneten Abtheilungs- und Zugführern der hiesigen Bürgerwehr, welche von dem zeitigen Befehlshaber derselben außerordentlich zusammenberufen waren, sind von letzterm zwei
Schreiben des königl. Regierungspräsidiums vom 21. d. Mts. mitgetheilt worden, worin die vorläufige Suspendirung der Bürgerwehr vom Dienste auf Grund des §. 4 des Gesetzes über die Errichtung der
Bürgerwehr vom 17. Oktober c. ausgesprochen wird. Das Motiv, welches ein königl. Präsidium zu diesem Schritte anführt, lautet dahin: daß die Bürgerwehr auf die deshalb an den Befehlshaber derselben
ergangene Requisition, „dem am Moselbrückenthore bei vorkommender Steuerverweigerung entstandenen Umfuge durch Aufstellung einer entsprechenden Abtheilung Bürgerwehr zu steuern,“ sich
außer Stand erklärt habe, dieser Requisition zu genügen, unter Bezugnahme auf ihre an die Nationalversammlung in Berlin gerichtete zustimmende Adresse hinsichtlich der Beschlüsse derselben. Dieses der
Suspendirung zu Grunde gelegte Motiv gibt uns die Gewißheit, daß das königl. Regierungspräsidium den Inhalt der Requisition, welche von dem, den abwesenden Oberbürgermeister vertretenden Beigeordneten
Herrn Chr. Haan an den Befehlshaber Hrrn. Kopp, ergangen ist, entweder gar nicht kennt oder aber in einer ganz andern Weise verstanden hat, als dies Seitens der Bürgerwehr der Fall ist. Aus der
gedachten, hier abschriftlich mitgetheilten Requisition (welche bereits durch gegenwärtiges Blatt mitgetheilt) ergibt sich aber aufs Unzweideutigste, daß Herr Haan die Bürgerwehr zu keinem andern
Zwecke verlangte, als zu welchem auch die Sergeanten und Gensd'armen bereits verwendet worden waren, nämlich damit die einzubringenden steuerpflichtigen Gegenstände auch wirklich angemeldet und
versteuert würden. — Zu einer solchen Mission glaubte sich die Bürgerwehr weder damals noch jetzt berufen, indem es nicht Sache des gedachten Instituts sein kann, die Funktionen der
Steuerexekutoren und Zollbeamten zu versehen, und zwar dies um so weniger, als die National-Versammlung zu Berlin bereits dekretirt hat, daß das Ministerium Brandenburg nicht befugt sei, Steuern
einzuziehen oder zu verwenden.
Niemals hat aber die Bürgerwehr verweigert, die gesetzliche Ordnung, in so fern sie durch Straßenauflauf oder Straßenunfug gestört worden, zu schützen und zu handhaben, was auch gewiß in
vorliegendem Falle, wenn eine derartige Requisition an sie ergangen wäre, von ihr nicht abgelehnt worden wäre. Ein königl. Präsidium wird sich durch diese Aufklärung aufs Vollständigste überzeugen,
daß die Unterstellung, welche es zur fraglichen Suspendirung veranlaßt hat, gar nicht vorhanden ist, die Suspendirung also jedes rechtlichen Grundes entbehrt und demnach sofort zurückzunehmen sein
wird. — Aber auch abgesehen davon, halten die Unterzeichneten ein königl. Regierungspräsidium durchaus nicht für befugt, eine Suspendirung über die dermalen hier bestehende Bürgerwehr
auszusprechen, indem das angezogene Gesetz vom 17. Oktober d. J. erst auf die nach diesem Gesetze selbst zu organisirende Bürgerwehr Anwendung finden, nicht aber maßgebend sein kann für ein Institut,
welches früher bestand als gedachtes Gesetz. Diese Gründe hat aber ein königl. Regierungspräsidium auch dadurch selbst anerkannt, daß es noch einen Befehlshaber der Bürgerwehr dahier anerkennt, der
vermöge seiner amtlichen Stellung als Einzelrichter nach dem bezogenen Gesetze eine solche Stellung nothwendig nicht mehr bekleiden könnte und dürfte. Die Unterzeichneten erklären noch schließlich,
indem sie zugleich bedauern, daß durch voreiliges und nicht ordnungsmäßiges Handeln, insbesondere aber durch unvollständige und verkehrte Darlegung der wahren Sachlage Seitens des Beigeordneten Herrn
Haan ein solcher Konflikt herbeigeführt worden ist, für sich und die gedachte Bürgerwehr, daß sie noch immer, wie bisheran, bereit sei, nach Maßgabe des § 1 des Statuts, durch den Schutz der Person
und des Eigenthums die Ruhe und Sicherheit der Stadt aufrecht zu erhalten, zugleich die gesetzliche Freiheit zu wahren und die Unabhängigkeit des Vaterlandes zu schützen.
Koblenz, den 22. November 1848.
(gez.) Kopp, Befehlshaber.
C. Kröber. Th. Hoffmann. K. Haß[unleserlicher Text]acher. H. Hürter. L. Schoben. Lange. Schlegel. C. Elsner. Laus. Hillebrand. Grandpre. Cadenbach. Maurer. Bernays. Leonh.
Mayer. Metz. Pfadler. Gassen. Jos. Rath. Joh. Nep. Schickhausen. Kannengießer Joh. Roth. Th. Fluchard. Fr. Kolb. A. Kirsch. Jos. Schmidt. Ro[unleserlicher Text]l. Jos. Kalt. Bohl. Bremig.“
[(Rh. u. M.
Z.)]
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*
] Koblenz, 18. November.
In einer öffentlichen Sitzung des demokratischen Vereins ist folgende Adresse an die sogenannte National-Versammlung in Frankfurt angenommen und abgesandt worden:
P. P.
Das ganze Deutschland hat die Fesseln, in welche Despoten es zu schmieden gewußt hatten, muthig abgeworfen, das deutsche Volk hat sich einmüthig mündig und frei erklärt und seine
Machtvollkommenheit wieder in eigene Hände genommen; darüber sind die Wurger seiner Freiheit, und die Kerkermeister plötzlich wie Staub zerstoben, und großmüthig hat es ihnen Straflosigkeit gewährt.
Euch aber hat das freie deutsche Volk mit dem großen und ehrenvollen Berufe betraut, die politische Einheit Deutschlands, seine Unabhängigkeit, und den ihm gebührenden Rang unter den Nationen wieder
herzustellen.
Wir hadern in diesem zu ernsten Augenblicke nicht mit Euch, daß unserm Zutrauen noch nicht entsprochen worden, wir fordern aber, daß Ihr — eingedenk Eurer Pflicht und Eurer
Verantwortlichkeit vor der Mit- und Nachwelt — Euch ermannt, und die von Euch nicht geahnte, aber durch Eure Unentschiedenheit, partikularistische Tendenzen und Parteizwiste entstandene Gefahr
mit kräftiger Hand von dem Vaterlande abwendet; Ihr könnt uns das Recht zu dieser Forderung nicht absprechen, denn wir aus dem Volke sprechen zu unsern Vertretern!
Unsere innere Feinde — das sind aber nicht jene, welche Viele von Euch dafür halten, sondern es sind die ränkevollen und unverbesserlichen Verfechter des Absolutismus — haben, durch
die ausgestreute Saat der Zwietracht und durch Heuchelei, Euch, obwohl oft gewahrt, überlistet, und sind nun — wieder stark geworden, mit offenem Visir keck aufgetreten. Wien ist durch sie
schon gefallen, Berlin ist durch sie jetzt in Gefahr!
Wer trägt die unsühnbare Schuld? Die von Euch geschaffene unverantwortliche Centralgewalt hat sich zwar mit verantwortlichen Ministern umgeben, diese Minister aber, verknöchert mit abgenutzten
Systemen über Staatsformen und Zwecke, sind, wie leider die Erfahrung zu viel bewiesen, entweder unfähig, oder zu schwach, um die Angelegenheiten der deutschen Nation bei dem mächtigen Umschwunge der
Geister, nach dem totalen Bruch mit einer schmachvollen Vergangenheit, mit sicherer Hand zu leiten, sie schwärmen für den unseligen Partikularismus, und in den feudalistischen Ideen, welche nur
Dynastien mit Unterthanen, aber kein Volk kennen.
Wie wäre es möglich gewesen, daß in der Jetztzeit noch in Oesterreich die Militärdiktatur, eine Schöpfung des krassesten Absolutismus, entstanden, und zu Wien ein zweiter Alba das Staats- und
Völkerrecht, sogar die von Euch selbst gegebenen Gesetze, durch einen rachesüchtigen Mord frech verhöhnt, wenn das Reichsministerium seine Pflicht erfüllt hätte? und würde in Preußen der unheilvolle
Konflikt zwischen Volksvertretern und der Krone ausgebrochen, zu Berlin eine andere Militärdiktatur möglich sein, wenn das Reichsministerium sich der Krone nicht aufmunternd zur Seite gestellt und mit
derselben die Unfreiheit der Volksvertretung behauptet hätte, welcher Behauptung die Vertreter selbst doch so großartig und muthvoll widersprochen haben? Das vorhandene doktrinäre Reichsministerium
kennt nur eine
[0798]
Anarchie von Unten; eine von Oben läugnet es. Es fürchtet die Gewaltigen, und ist nur da kräftig, wo der Ingrimm des getäuschten Volkes endlich durchbricht, es hat sich durch seine Handlungen längst
selbst gerichtet!
Auf Euch deutschen Männern lastet die Pflicht, ein so unheilvolles Ministerium zu verdrängen, Ihr habt die Macht dazu, indem Ihr ihm Euer Vertrauen entzieht, und es ist Volkswille, daß Ihr dieses
jetzt thut.
(Folgen die Unterschriften).
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X
] Trier, 22. Novbr.
Der Triersche Gemeinderath huldigte der Nationalversammlung und versprach ihr in einer Adresse, für sie zu stehen und zu fallen; der Triersche Gemeinderath ist heute zu erbärmlich, um das bischen
Konsequenz zu haben, daß er die Steuerverweigerung an den Thoren durchzuführen den Versuch macht. Er lehnte einen dahinzielenden Antrag des hier bestehenden Bürgerausschusses ab. Dem Bürgerausschuß
sind Hände und Füße gebunden, theils weil er sich nur auf ein unbewaffnetes Volk stützen kann, theils weil die Bourgeoiselemente unter ihm jeden entschiedenen Beschluß unmöglich machen. Bei der
einfachsten Sache, bei einer unschuldigen Proklamation an das Volk, verweigerten reiche Leute ihre Namensunterschriften, dennoch verbleiben sie in dem Ausschuß. Die Illusion über Vereinbarung ist
zerstört; es ist Zeit, daß diese Zerstörung faktisch anerkannt werde, sonst gehen wir durch diese Illusion gleich Wien unter. Der Scheineifer der Bourgeois für die Revolution wird sich im
entscheidenden Augenblicke in Verrath wandeln.
Unser Regierungspräsident Seboldt ist entschieden brandenburg-manteufflisch; die Plakate des Bürgerausschusses läßt er abreißen, um an deren Stelle seine eigene zu heften, die er mit Militär
bewachen läßt und worin er in maßloser Weise auf die Bewohner Triers schimpft.
In Folge des Plakatenabreißens entwickelte sich am Sonntag ein kleiner Straßenkrawall. Die Wachmannschaft in Gemeinschaft vieler heimlich zu solchem Zwecke beorderter Soldaten, alle übermäßig
berauscht, provocirten auf die empörendste Art diesen Krawall. Ohne jede Veranlassung machte das Militär häufige taktische Evolutionen über den Markt und durch die angrenzenden Straßen, hieb mit
Säbeln und stieß mit Kolben blindlings und wüthend um sich auf jedem, der ihnen in den Weg kam. Es sind dabei wenigstens 15-20 Personen mehr oder weniger verwundet worden. Der Hr. Oberbürgermrister
Haw erhielt einen Bajonettstich in den Hals. Einige Freunde und Gleichgesinnte der Leute aus Köln, welche Vergnügen am Belagerungszustande finden, behaupten, Haw sei von einen Proletarier, der auf das
Militär feuerte, geschossen worden. Seboldt schimpft in einem Plakat die Leute; welche sich von dem besoffenen Militär mißhandeln ließen, Betrunkene, Lumpen und Jungen. Eine größere Frechheit hat nie
in einem Menschen gewohnt. — Der Bürgerausschuß hat ihn beim Oberprokurator verklagt. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Der Oberprokurator ist, glaube ich, selbst
brandenburg-manteufflisch. Die Umgegend Triers ist stark von Militär besetzt; man hat Luxemburg ziemlich entblößt, um die Städtchen Wittlich, Bitburg etc. zu belagern.
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@facs | 0798 |
[
*
] Trier, 22. November.
Der hiesige Bürgerausschuß hat folgende Adresse nach Berlin abgesandt:
Hohe National-Versammlung!
Der unterzeichnete Bürgerausschuß von Trier sieht auf dem Wege, auf welchem unsere gemeinsame Sache voranschreiten soll, in der Militärmacht das unbeweglichste und gefährlichste aller Hindernisse,
wenn dieselbe ungestort einer Regierung zur Verfügung bleibt deren Räthe sich bereits des Hochverraths schuldig gemacht haben Wir erkennen es dankbar an, daß die National-Versammlung eine der
Hauptstützen dieser volksfeindlichen Regierung durch das Dekret über die Steuerverweigerung umgestürzt hat; aber wir würden uns der National-Versammlung zu noch hoherem Danke verpflichtet halten, wenn
dieselbe mit der nämlichen Konsequenz auch die andere Stütze entfernt hätte auf welcher die despotische Willkür sich bisher so sicher geglaubt hat.
Noch ist es nicht zu spät, noch haben unsere Soldaten kein Bürgerblut vergossen; Hohe National-Versammlung, verhüte solche Gräuelthaten durch die Macht, welche das Land dir anvertraut hat: entbinde
das Militär von allen Verpflichtungen gegen eine Regierung, welche durch den Hochverrath ihrer ersten Organe sich außerhalb der Gesetze begeben hat. Wir hoffen, daß der Blick unserer Soldaten nicht so
zu ihrem Verderben geblendet sein wird, daß sie ungehorsam gegen die National-Versammlung sein könnten; wir hoffen, daß unsere Brüder im Heere auf einen Beschluß der National-Versammlung zu uns
zurückkehren und die Stütze des Volkes bilden werden.
Trier, den 20. November 1848.
Der Bürgerausschuß.
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@facs | 0798 |
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*
] Schönecken, 21. Nov.
Aus der ganzen Eifel sind Zustimmungsadressen, von den Landräthen, Bürgermeistern, Gemeinderäthen und Einwohnern unterzeichnet, an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgegangen. Es ist darin
nicht allein die vollste Zustimmung zu den unterm 9. November gefaßten Beschlüssen ausgesprochen, sondern auch die Versicherung, daß man jeden Augenblick bereit stehe, um deren Ausführung zu
unterstützen. Aus dem Kreise Prümm sind allein sieben derartige Adressen abgesandt worden und zwar aus den Orten Prüm, Schönecken, Waxweiler, Stadtkill, Leidenborn, Bleialf und
Birresborn.
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@facs | 0798 |
[
*
] Kettwig, 19. Nov.
Da der hiesige sogenannte konstitutionelle Verein sich veranlaßt sah, seine Unterthänigkeitsadresse an das Ministerium mit den Worten zu schließen: „Folgen die Unterschriften fast
sämmtlicher Eingesessenen“ und dies zu der irrthümlichen Meinung verleiten dürfte, als repräsentire diese Verein mit seinen 40 Mitgliedern ganz Kettwig, so theilen wir Ihnen hierdurch mit, daß
außer einer Heuleradresse, schon am 11. November eine zahlreich unterschriebene Adresse hiesiger Bürger an die Berliner Nationalversammlung abging, in der sich die Majorität der Bevölkerung sehr
entschieden für die Sache der Freiheit ausspricht und der Nationalversammlung ihren wärmsten Dank zu erkennen giebt.
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@facs | 0798 |
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*
] Sprockhövel, Grafschaft Mark, 22. Nov.
In einer gestern hier abgehaltenen Volksversammlung wurde die Steuerverweigerung einstimmig beschlossen und eine von zahlreichen Unterschriften bedeckte Adresse zu Gunsten der Nationalversammlung
angenommen und sofort nach Berlin gesandt.
Als Beweis, wie die Loyalitätsadressen hin und wieder zu Stande gebracht werden, diene folgendes Beispiel. In einigen Aemtern des Kreises Hagen trägt die Polizei Adressen für den König von Haus zu
Haus, und sucht durch allerlei Mittel Unterschriften zu erlangen. Bei der natürlichen Scheu des Landmannes vor diesen kleinen Despoten ist es nicht zu verwunden, daß Viele gegen ihre Ueberzeugung
unterzeichnen. Trotzdem fallen diese Unterschriften sehr spärlich aus, während die Adressen für die Nationalversammlung, welche aus den meisten Landgemeinden abgehen, mit zahllosen Unterschriften
bedeckt sind. Ueberhaupt ist das Landvolk in diesen Theilen der Grafschaft Mark entschieden demokratisch.
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@facs | 0798 |
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*
] Geilenkirchen, 20. November.
Der Bürgerverein hat in seinen Sitzungen vom 18. und 19. Novbr. c. über die Steuer-Verweigerungsfrage berathen und in dieser Beziehung folgende Beschlüsse gefaßt, die er hiermit zur Kenntniß der
Bewohner des Kreises bringt:
„Der Bürgerverein von Geilenkirchen erklärt sich vollkommen einverstanden mit dem Beschlusse der National-Versammlung. (Einstimmig angenommen.)
„Er hält Jeden für verpflichtet, nach Kräften durch passiven Widerstand und moralische Einwirkung darauf hinzuarbeiten, daß keine Steuern in die Hände des Ministeriums Brandenburg
gelangen.“ (Einstimmig angenommen.)
Als Mittel zu diesem Zwecke schlägt der Bürgerverein vor:
1) Die direkten Steuern (Grund-, Klassen- und Gewerbsteuer) nicht zu zahlen. (Einstimmig beschlossen.)
2) Ebenso die indirekten Steuern zu verweigern. (Mit mehr als 2/3 der Stimmen angenommen.)
3) Die Gemeindebeischläge nur da zu zahlen, wo ein besonderer Gemeinde-Empfänger dafür angestellt ist. (Mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.)
Denen, die indirekte Steuern zu zahlen haben, wird anempfohlen, der Steuerbehörde schriftlich anzuzeigen, daß sie den Betrag der Steuer deponirt haben und sie zu jedem Augenblick bereit sind,
denselben der von der National-Versammlung als dazu berechtigt erklärten Behörde auszuliefern.
Es wird nicht erwartet, daß irgend ein Empfänger es wagen wird, jetzt die Steuer durch Execution beizutreiben. Für den Fall, daß es dennoch geschähe, wird von gewaltsamer Widersetzlichkeit
abgerathen und dem Eigenthümer empfohlen die zum Verkauf ausgestellten Sachen zu einem Pfennig pr. Stück zurückzukaufen.
Durch einstimmigen Beschluß erklärt der Bürgerverein
„Daß er Jeden, der außer dem Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigten unter den jetzigen Umständen bei öffentlichen
Steuer-Executionen bietet, als Verräther des Volkes betrachtet!“
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@facs | 0798 |
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*
] Arnsberg, 20. November.
Am Sonnabend, den 18. d. Mts., hatte sich hier auf Grund des Beschlusses der Steuerverweigerung eine Bürgerversammlung mit dem Vorhaben konstituirt ihre Zusammenkünfte auf dem hiesigen
Rathhaussaale abzuhalten, wovon der Magistrat in Kenntniß gesetzt wurde. — Es kam hierauf eine sehr ungenügende Resolution, und die Bürgerversammlung beschloß den Rathhaussaal mit Gewalt zu
nehmen. Indeß wurde bei der Ankunft der Massen dem Vorsitzer Cl. v. Orsbach der Schlüssel des Saales überreicht und die Versammlung fand Statt.
Dem früheren Abgeordneten Sommer wurde dieser Tage zum Lohne für seine reaktionären Bestrebungen, das Haus demolirt.
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@facs | 0798 |
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20
] Berlin, 22. Nov.
Es ist von hier wenig Neues zu berichten, da seit Wrangels Regiment die Ereignisse immer spärlicher und Alles zugleich so einförmig und eintönig geworden ist, daß man nicht in Berlin, sondern in
einer öden Wachtstube zu leben glaubt. — Militärische Brutalitäten, polizeiliche Verfolgungen häufen sich von Tage zu Tage. Besonders richten sich die Letzteren gegen das Proletariat. Der
Arbeiter, welcher im Augenblicke ohne Arbeit ist, wird, auch wenn er nachweisen kann, daß er in 8 Tagen wieder beschäftigt sein wird, ohne Gnade und Erbarmen „gewrangelt,“ d. h. mit
Zwangspaß und unter Androhung mehrwöchentlicher Arbeitshausstrafe aus Berlin in seine Heimath gewiesen. Und so geht es Jedem, der nicht einen bestimmten Bourgois-Zweck seines hiesigen Aufenthalts
nachweisen kann. Es ist in unsere Polizei ein wahrer Ausweisungsteufel gefahren; heut wurde zum Zweck der Ausweisung eine eigne Fremdenkommission konstituirt. An ihrer Spitze steht ein bekannter
Polizist, Assessor Seeger. Sie versieht ihr Henkersamt mit so großer Dienstbeflissenheit gegen Herrn Wrangel, daß, wie man versichert, bis heut bereits über 2000, im Polizeisinne meist
„unverdächtige“ Leute aus Berlin spedirt worden sind. Einer eben so genauen Kontrolle unterliegen auch die hier ankommenden Fremden, von denen Mancher je nach der Laune eines
milchbärtigen Gardelieutenants oft wenn er des Abends hier ankömmt, die Nacht hindurch auf dem Eisenbahnhofe zubringen und dann noch durch allerlei Unannehmlichkeiten sich hindurchschlagen muß, um in
die Stadt zu kommen. Die Chicane in dieser Beziehung ist fast unglaublich. Berliner, die zum Vergnügen nach Köpnick fahren wollen, müssen einen Paß lösen, um ungehindert wieder nach Hause kommen zu
können. — Der Verkehr ist, wie man sieht, nicht im Mindesten gestört. Handel und Wandel sind wieder in alter Blüthe; das zeigen die leeren Kaufläden, das leere Intelligenz-Blatt und das
Fremdenblatt, welches jetzt als Oktavblättchen erscheint, während es vor Wrangel acht Bogen stark war. — Aber für „Ordnung und Ruhe“ bringt der „gute Bürger“ jedes
Opfer.
Es ist heut wiederum neues Militär in die Stadt gerückt. Auch noch jetzt nach der Entwaffnung diese Furcht? Welch' böses Gewissen! — Die Wachen werden mit eisernen Gittern umgeben,
„um (wie sich die Herrscher Zeitung geistreich ausdrückt), den Andrang des Volks zu hindern.“ Dazu noch Patrouillen ganzer Bataillone. Welch' lächerliche Rüstung gegenüber der
tiefen Ruhe Berlins!
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@facs | 0798 |
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*
] Berlin, 22. Novbr.
Folgendes ist die Adresse, welche der Bernburger Landtag hieher gesandt:
„Hohe Nationalversammlung.
Wo ein Herz schlägt, das den Begriff „Volk“ lebenswarm fassen kann, nicht im Schlamme des Kastengeistes todeskalt geworden ist, da hat auch sicherlich einige Theilnahme an den
dortigen Ereignissen stattgefunden. Emport über die rohe Gewalt bisher Privilegirter, sind heiße Wünsche zur Weltregierung gesandt, daß sich auch in diesem entsetzlichen Falle das böse Prinzip selbst
vernichten möge! An der fernern weisen Standhaftigkeit Einer Hohen Nationalversammlung und an der treuen Ergebenheit des preußischen Volkes gegen seine Vertreter zweifeln gewiß nur Wenige.
Innerhalb der deutschen Grenzen muß aber diese Theilnahme noch inniger sein: Jeder fühlt, daß Deutschlands Schicksal in Berlin entschieden werden wird In dieser heiligen Angelegenheit gibt es nur
Deutsche, und auch unsere Herzen schlagen Einer Hohen Nationalversammlung freudig entgegen. Wir vermeiden eine Schilderung unseres Gefühles, „denn der innere Mensch hat keine Zunge;“
Hohe Nationalversammlung gestatte uns aber zu versichern, daß die Bürger Anhalt-Bernburgs den Preußen selber hierbei nicht nachstehen werden.
Bernburg, am 16. November 1848.
Die Abgeordneten des Bernburger Landtages.“
Heimbörger. Zeising. Glaß. Amelang. Schiele. Ludewig. Barnbeck. C. Wirth. Fr. Voigt. G. O. Piper. Eduard Große. Fr. Stötzer. Günther.
Dannenberg. Campen Pfannschmidt.
— Die aus Marburg an die hiesige Nationalversammlung eingegangene Adresse schließt mit den Worten:
„Wir fordern Euch auf, hochherzige Mitglieder der preußischen National-Versammlung, mit aller Entschlossenheit und unerbittlicher Konsequenz, den Widerstand gegen eine hochverrätherische
Regierung und die gründliche Vernichtung derselben fortzusetzen. Der Aufschwung und die Größe des Deutschen Vaterlandes wird der sichere Lohn sein, und auf den Trümmern der brutalen Soldatenherrschaft
wird die friedliche Entwickelung des demokratischen Deutschlands beginnen.“
Marburg, am 15. November 1848.
Der Volksrath.
Eberhard, Präsident. Dr. med. Eichelberg, Sekretär.
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X
] Berlin, 22. Nov.
Bis jetzt sind über 7000 Dankadressen mit circa einer halben Million Unterschriften eingegangen. Außerdem Zustimmungsadressen der Nationalversammlungen von Mecklenburg, Oldenburg, Bernburg
und Dessau.
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103
] Berlin, 22. Nov.
Die Contre-Revolution ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Radowitz ist die Seele der ganzen Intrigue. Gleich nach der Unterdrückung des Pariser Juli-Aufstandes wurde von der Kamarilla der Plan
zur Contrerevolution entworfen. Die Königin trat mit der Erzherzogin Sophie von Oestreich in Verbindung und in Pillnitz wurden im Juli während der Anwesenheit der Königin und des General Radowitz alle
Rollen ausgetheilt. Radowitz setzte den Ausbruch der Contrerevolution für den Augenblick fest, wo Wrangel mit seinen siegreichen Truppen aus Schleswig-Holstein zurückkehren würde. Es hatten sich aber
im Laufe des Sommers noch zwei andere Parteien am Hofe gebildet, welche der ersten, der eigentlichen Kamarilla größtentheils entgegenwirkte. Die eine Partei ist die des Prinzen von Preußen, an deren
Spitze die Prinzessin von Preußen steht und deren Organ die „Neue Preußische Zeitung“ ist. Diese Partei liebäugelte mit dem Proletariat, welches sie dazu benutzen wollte, vermittelst
Putsche und Emeuten, die man selbst anregte, den König zur Abdankung zu Gunsten des Prinzen von Preußen zu bewegen. Von dieser Partei gehen die bekannten Vorfälle vom 14. Juli und die späteren
Arbeiteraufläufe aus. Im Auftrage dieser Partei unterhandelte auch Hr. v. Katte mit dem zur damaligen Zeit bei den Maschinenbauern und andern Arbeitern im besten Ansehen stehenden Held. Held hat das
selbst in dem Plakate: „Meine Idee“ veröffentlicht. Die dritte Hofpartei ist die des Prinzen Karl, welche für den Sohn des Prinzen, der eine liberale Färbung zur Schau trägt, einen
Staatsstreich wie den Pariser von 1830 herbeiwünschte; sie wollten die Orleans spielen. Doch kehren wir zur Kamarilla zurück. Der von ihr entworfene Plan zur Contre-Revolution fällt zur Zeit des
Ministeriums Hansemann. Dieser erfuhr den ganzen Plan und so sind auch seine Worte vom 7. Sept. bei Gelegenheit des Stein'schen Antrags am besten zu deuten, wo er durch die Annahme des
Stein'schen Antrags Preußens Stern sinken sieht. Der Stein'sche Antrag wurde aber dennoch angenommen und das wollte die Kamarilla zur Ausführung ihres Coups benutzen. Die Ministerkrisis
wurde damals nur deshalb 14 Tage lang ausgedehnt, um alle Truppen aus Holstein heranzuziehen. Wrangel wurde zum Oberbefehlshaber der Marken ernannt, man glaubte in Pfuel den Mann gefunden zu haben,
welcher den Muth besitzt, die Contrerevolution auszuführen. Aber Pfuel war zu rechtlich dazu. Als er zum ersten Mal in der Nationalversammlung erschien und wegen der Ausführung des Stein'schen
Antrages interpellirt wurde, verschob er die Antwort bis nächsten Montag und wurde von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung Berlins, die sich damals auf einen Kampf vorbereitete, so imponirt, daß
er dem Könige erklärte, er könne die Contrerevolution nicht ausführen. Die Kamarilla wüthete, aber man hatte augenblicklich keinen Andern, um Pfuel zu ersetzen, und man gab einstweilen nach. Man
benutzte aber die Zeit, um die Nationalversammlung im ganzen Lande so viel wie möglich zu diskreditiren. Man verbreitete die Ansicht, daß es der Versammlung mit der Verfassung gar nicht Ernst wäre,
sie verzögere absichtlich deren Berathung durch dringende Anträge und Interpellationen u. s. w. Sogar Kühlwetter und Hansemann wurden nach ihrem Austritt aus dem Ministerium dazu benutzt, um in Aachen
und der Rheinprovinz derartige Adressen zu Stande zu bringen. Durch Meusebach und Konsorten ließ man die Anträge auf ausschließliche Berathung der Verfassung stellen; man wußte, daß die Linke dagegen
stimmen würde und wollte sie dadurch ihres Einflusses berauben. Die Vorfälle vom 31. Okt. wurden erwiesenermaßen von der Reaktion durch agents provocateurs angestiftet, um Gelegenheit zu den
beabsichtigten Gewaltmaßregeln zu haben. Da kam die Nachricht vom Siege der Contrerevolution in Wien. Jetzt oder nie; der Zeitpunkt konnte nicht passender sein. Aber Pfuel verweigerte seine
Zustimmung; er erhielt die schon dreimal geforderte Entlassung, und Brandenburg, dieses Spielwerk der Kamarilla, mußte den Namen zum Kamarilla-Ministerium hergeben. Alles was nun folgte ist
wohlbekannt. Daß der Plan, wie er ausgeführt wurde, mit Entwaffnung der Bürgerwehr, Erklärung des Belagerungszustandes u. s. w. schon seit geraumer Zeit entworfen war, das beweist, mit welcher
Zähigkeit man im Bürgerwehrgesetz die Rückgabe der Waffen an den Staat und die Auflösung der fliegenden Korps festhielt; dann die Weigerung, das Gesetz wegen Abschaffung der Todesstrafe zu genehmigen,
weil ihnen dadurch die Möglichkeit genommen war, à la Windischgrätz zu füsiliren, was ihnen zu ihrem größten Leidwesen durch den passiven Widerstand unmöglich gemacht worden ist.
Obgleich nun die Contrerevolution augenblicklich im Besitze der Gewalt ist, so herrscht bei uns doch kein Zweifel darüber, daß die eben ausgeführten Gewaltstreiche uns nur schneller zum Ziele
führen müssen. Wem jetzt die Augen nicht aufgegangen sind, dem werden sir auf immer verschlossen bleiben und für ihn ist die Zukunft verloren; diese Partei muß auf jede Art und Weise später
unschädlich gemacht werden.
Man sucht hier das Gerücht zu verbreiten, als ob die hier anwesenden 279 Abgeordneten (nach dem neuesten heute ausgegebenen Verzeichnisse hat sich die Zahl so weit vermehrt) sich bereit erklärt
hätten, zum 27. d. M, nach Brandenburg zu gehen. Wir können jedoch aufs Bestimmteste das Gegentheil versichern. Keine einzige Partei denkt daran, nach Brandenburg zu gehen.
Von den Vermittlungsversuchen der Reichskommissäre ist noch kein Resultat zu Tage gefördert. Sie haben Konferenzen mit den Ministern und mit den Abgeordneten der Nationalversammlung abgehalten,
aber ohne das Geringste zu erreichen. Keinerseits will man nachgeben.
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@facs | 0798 |
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*
] Berlin, 22. Nov.
Der Abgeordnete Kirchmann stellt die Lüge der „N. Preuß. Ztg.“ über ihn, wie folgt, ins Licht:
„Die neue preußische Zeitung hat vor einigen Tagen ein Gespräch mitgetheilt, was zwischen dem Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und mir statt gehabt haben soll. Bei dem
bekannten Charakter dieser Zeitung hielt ich trotz der vielen Unrichtigkeiten dieser Mittheilung eine Berichtigung nicht für nöthig. Diese Mittheilung ist indeß nicht blos in andere Zeitungen
übergegangen, sondern auch in einer etwas veränderten Fassung als besonderer Abdruck in vielen tausend Exemplaren im Publicum verbreitet worden, und hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als ich
voraussetztn konnte; auch im Frankfurter Parlament ist der Gegenstand zur Sprache gekommen. Im Interesse der Sache halte ich mich daher jetzt zu der nachstehenden Berichtigung für verpflichtet.
Am 14. d. Mts. besuchte ich den mir befreundeten und durch Unwohlsein an sein Zimmer gefesselten Abgeordneten Grabow. Ich kam völlig unerwartet und traf bei demselben den Unterstaats-Secretair
Bassermann aus Frankfurt und Abgeordneten Geßler. Die Unterhaltung führte auf den jetzigen Conflikt, und Grabow in seinem regen Eifer für Vermittelung, verlangte von mir eine Aeußerung über die
möglichen Bedingungen einer solchen Vermittelung. Ich erwiederte darauf, daß ich für meine Person die bloße Bildung eines sogenannten Kammer-Ministerii für völlig unzureichend hielte. Es käme jetzt
wesentlich darauf an, den Schein-Constitutionalismus, der seit 6 Monaten in Preußen geherrscht habe, zu vernichten und die Hindernisse, welche alle Ministerien seit dieser Zeit gelähmt hatten, von
Grund aus zu beseitigen. Es müssen deshalb besondere Garantien dafür gegeben werden, daß es mit der constitutionellen Staatsform voller Ernst sei. Als solche Garantien nannte ich insbesondere die
Verhaftung der jetzigen Minister und des General v. Wrangel und die Ueberweisung derselben an die Gerichte zur Criminal-Untersuchung; die Auflösung des Garde-Corps; die sofortige Entfernung aller seit
dem 9. d. Mts. in Berlin eingerückten Truppen; eine unmittelbare und tägliche Verbindung zwischen den Ministern und der Krone, so wie die Verlegung des Wohnsitzes Sr. Majestät des Königs nach
Charlottenburg oder Berlin, damit der König täglich den Berathungen des Staats-Ministeriums beiwohnen könne. In Bezug auf die Bildung des Ministerii äußerte ich, daß vor dem 9. November die Bildung
eines Ministerii aus den Centren wahrscheinlich eine compacte Majorität erlangt haben würde; jetzt nach den unglückseligen Maaßregeln der Regierung seit dem 9 sei die linke Seite der Versammlung so
erstarkt, daß ich glaubte diese Fraction könne nun bei der Bildung eines Ministerii nicht mehr ganz übergangen werden. Ich fügte hinzu, daß diese meine persönlichen Ansichten wahrscheinlich von vielen
meiner politischen Freunde in der Versammlung getheilt würden. Dies war der wesentliche Inhalt der Unterhaltung. Die Angaben in dem oben erwähnten Placate, so weit sie hiervon abweichen, insbesondere
die von mir angeblich verlangte Entfernung aller Prinzen, Entfernung aller Truppen aus Berlin, und der schriftliche Revers oder die feierliche Erklärung des Königs sind Unwahrheiten. Die Unterhaltung
war durchaus discursiver Natur und fern von aller Tendenz, den Anfang einer wirklichen Vermittelung zu bilden. Es waren zwar, wie erwähnt der Unterstaats-Secretair Bassermann und Abg. Geßler zufällig
dabei gegenwärtig. Da indessen Grabow das Gespräch in deren Gegenwart eröffnete, so mußte ich voraussetzen, daß er sich deren Discretion versichert habe und daß diese Herren diesen Charakter der
Unterhaltung festzuhalten nicht unterlassen würden.
Berlin, den 21. Novbr. 1848.
v. Kirchmann, Abgeordneter.“
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@facs | 0798 |
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**
] Halle, 22. Nov.
Seit sich vorgestern ein Theil der Bürgerwehr zu einem Versuch, das Lanzierkorps zu entwaffnen, mißbrauchen ließ: herrscht große Erbitterung gegen dieselbe. Zugleich hat aber die hiesige
reaktionäre Partei aus dem, wenigstens theilweisen, Gelingen ihres vorgestrigen Manövers so viel Muth geschöpft, um gestern unsern Mitbürger Rawald, Geranten der „hall. demokrat. Zeit.“
durch Militär, Bürgerwehr und Polizei verhaften zu lassen. Der Redakteur des gedachten Journals (Ehrlich) ist verschwunden, noch ehe man ihn verhaften konnte. Ferner wurden verhaftet: Weißgerber und
Bürgerwehrhauptmann
[0799]
Fischer. Letzterer wurde auf Befehl des Landwehrmajors von dem Militär unter Mitwirkung des Borchschen Jägerkorps arretirt und unter den ärgsten Mißhandlungen auf das Rathhaus getrieben. — Die
Bürger Ehrlich, Pösche und Kaulfuß sind den allumfassenden Armen der „Gerechtigkeit“ entgangen. Weitere Verhaftungen finden statt.
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Naumburg (an der Saale) 20. Nov.
Die Landwehrversammlung vom gestrigen Tage faßte einstimmig den Beschluß: „Die preußische Landwehr gehorcht keinem hochverrätherischen Ministerium. Jeder Anwesende ist verpflichtet, vom
Sammelplatz am morgenden Tage wegzubleiben, wer trotz dieses Beschlusses erscheint, betheiligt sich am Hochverrath des Ministeriums und ist selbst ein ehrloser Hochverräther.“ Heute früh 10 Uhr
sollte die Versammlung statt finden. Von Weißenfels erschienen 3 Mann, von Eckardtsberga 5, von Stößen, Osterfeld, Gückau Niemand, aber ein Absagebrief. Von Naumburg kamen noch die Meisten,
theils wortbrüchige (9 Mann) theils solche, die sich an der 300 Mann starken Wehrmänner-Versammlung am vorigen Tage nicht betheiligt hatten. Es war nicht möglich, eine Compagnie zusammen zu bringen.
Auch diejenigen, welche sich zur Aushebung hatten notiren lassen, erklärten, als man sie einkleiden wollte, ohne ihnen Waffen zu verabfolgen, daß sie unter dieser Bedingung nicht marschiren würden.
Sie blieben also uneingekleidet und gingen wieder nach Hause. Abends erschien eine Deputation der Kölledaer Wehrmänner, um die Erklärung abzugeben, daß sie dem Beispiele der Naumburger folgen
würden.
— Um die vielfachen falschen Gerüchte über das unter Stockmann';s Führung stehende Freikorps zu Bibra zu widerlegen, folgt hier die einfache Darlegung des Sachverhaltes: Stockmann hat
in Bibra eine Freischaar errichtet zur Unterstützung der Nationalversammlung. Von Naumburg ist ein Corps von 80 Mann zu ihm gestoßen. Zwei Eskadrons Husaren wurden von Naumburg abgesandt, jene
Schaaren zu zerstreuen. Stockmann ließ jedoch die Husaren „im Namen der Nationalversammlung auffordern, die Waffen abzugeben, widrigenfalls er dieselben mit Gewalt nehmen lassen werde.“
Die Husaren erwiderten, daß sie den Angriff erwarten wollten. Als nun ein Theil des Freikorps vorrückte, machten die Husaren Kehrt und sprengten zurück; ein Detaschement von 20 Mann jedoch, nebst
einem Offizier monöverirte unglücklich und wurde ohne Blutvergießen gefangen genommen und entwaffnet. Der Rest der Husaren liegt in Saubach bei Bibra. Das Stockmann'sche wächst Corps wie
eine Lavine. Unter seinen Mitgliedern befand sich eine Zeit lang auch der vom vereinigten Landtage her bekannte Graf Helldorf, hat sich jedoch später zurückgezogen.
[(Hall. demokr.
Z.)]
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*
] Stettin, 20. Nov.
Eins von den tausend Beispielen, wie perfid die preuß. Belagerungspartei bei ihrer auf Verwirrung des Volkes gerichteten Propaganda zu Werke geht, findet sich heute in der „Osts. Z.“
angeführt. Der Nr. 206 dieses zur Nat.-Vers. stehenden Blattes fand ein Abonnent in Jarmen ein reaktionäres Plakat beigelegt, überschrieben: „Pommersches Volksblatt Nr. 1. Die neuesten
Ereignisse in Berlin“ u. s. w. Die Redakt. der Zeit. fordert heute die betreffende Postbehörde auf, zu erklären, auf wessen Geheiß dieses pommersche Krautjunker-Blättchen ihrem Abonnenten in
dieser Weise aufgedrungen worden.
War der Staatsanzeiger vor dem März wegen seiner unglücklichen Berichtigungen berüchtigt, so ist er's seit dem 9. November wegen seiner alle Schamlosigkeit übersteigenden Lügen noch mehr. Er
hatte die Behauptung, daß das Ministerium an alle Landrathsämter ein Schema zu Vertrauensadressen für sich gesandt habe, als Lüge erklärt. Das „Cösliner Volksblatt“ Nr. 93 weist
ihm jetzt authentisch nach, daß er selbst aufs Frechste gelogen, als er dies Schema in Abrede gestellt. Dieses gedruckte und an alle Landräthe etc. gesandte Schema lautet:
„Dem unterm 11. d. M. erlassenen Königl. Aufrufe antworten wir mit Freudigkeit, daß wir zu unserm theuern Könige, der es stets gut mit uns meint und der uns alle verheißenen
konstitutionellen Freiheiten mit seinem Königsworte verbürgt hat, treulich halten und ihm mit Gut und Blut beistehen wollen gegen alle diejenigen, welche in frevlerischem Ungehorsam sich von ihm
abwenden und ihn in seinen landesväterlichen Absichten behindern möchten.“
Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden:
1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und
letztere unterzeichnen zu lassen, dieselben sodann aber an Se. Maj. den König unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu
übersenden;
2) außerdem den betreffenden Magisträten und Ortsvorstehern eine angemessene Anzahl von Exemplaren zur schleunigen Sammlung von Unterschriften innerhalb ihres Geschäftsbezirks auszuhändigen und
nach geschlossener möglichst zahlreicher Unterzeichnung mit der Versendung wie ad 1 gebeten, verfahren zu wollen.“
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Stralsund, 19. Nov.
So eben komme ich von der Landwehrversammlung nach Hause. Dort hätte die Reaktion bald die Freude erlebt, ein blutiges Zusammentreffen der Bürgerwehr mit der Landwehr zu sehen. Die Landwehr will
sich hier nicht einkleiden lassen, sie will nicht gegen ihre Mitbürger ziehen; als sie lärmend das Haus umdrängte, in dessen Eingang die Offiziere standen, zog einer derselben blank und im Nu war der
Tumult fertig; dazu die Tollheit, daß ein Angstmann gleich hinlief und Militär holte, welches in blindem Eifer mit gefälltem Bajonett auf — die Bürgerwehr losging und beinah diese angegriffen
hätte. Endlich sah Bürgerwehr und Landwehr ein, daß sie ja beide dasselbe wollen und sich daher ja nicht gegen einander brauchen lassen dürfen; beide haben sie erklärt, ganz entschieden nur für die
Nationalversammlung zu stehen.
[(Osts. Z.)]
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@facs | 0799 |
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103
] Oldenburg, 21. Nov.
In der heutigen Landtagssitzung wurde einstimmig, zum großen Verdruß des Hrn. Großherzogs und seiner Kamarilla folgender Beschluß gefaßt:
Art. 174: „Alles Domanialvermögen im Großherzogthum, welches bisher von der Hofverwaltung, von den Finanzbehörden des Staats oder sonst staatlich verwaltet oder benutzt ist, namentlich die
Schlösser, die Kammergüter, die Forsten, das sonstige Grundeigenthum, auch die nutzbaren Berechtigungen, welchen historischen und rechtlichen Ursprungs sie sein mögen, sind Eigenthum des
Staates.“
Es ist darin übrigens kein Privateigenthum, kein Familien-, Haus- oder Chatullgut des Großherzogs oder des großherzogl. Hauses enthalten.
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121
] Wien, 20. November.
Wie nunmehr auf das Bestimmteste verbürgt werden kann, ist der Urgrund der Oktoberrevolution kein Initiativ-Wienerischer, sondern lediglich ein Magyarischer. — Als Jelachich die Gränze
Kroatien's überschritten hatte, um die Magyaren anzugreifen, soll Kossuth ausgerufen haben: „Jetzt ein Krawall in Wien!“ In Folge dieser Einsicht wendete er sich dann sofort an
die Hauptleiter der Wiener Bewegung. Das in Wien befindliche Ungarische Unterstaatssekretariat des Auswärtigen soll dabei zur Stätte des gegenseitigen Einverständnisses gedient haben und reichliche
Geldspenden unter die demokratischen Autoritäten Wien's von dort aus vertheilt worden sein. Man spricht von wöchentlichen 1200 Fl. K.-M. — Die dabei betheiligten Persönlichkeiten vermag
ich nicht näher zu bezeichnen; soviel ist aber gewiß, daß das Studentenkomite — größtentheils aus Juden bestehend — und der demokratische Verein — ebenfalls lauter Juden —
bedeutende Summen empfingen, mithin auch instruktionsmäßig gewirkt haben müssen. Man hatte das Gewebe der sich vorbereitenden Militär-Reaktion durchschaut und in Latour deren obersten Leiter erkannt
und wußte auch, daß Windischgrätz mit ihm im Bunde gestanden, um eines Theils die czechische, andern Theils die kroatische Bewegung mit Jellachich an der Spitze zum Zwecke der Kamarilla zu
exploitiren. Beide, sowohl die Czechen als Jelachich gingen in die Falle. Der Sturm vom 6. Oktober mußte demnach heraufbeschworen werden, denn er war für Kossuth eine unabweisbare Kombination, weil
durch das Gelingen desselben Ungarn Jelachich, seinen gefährlichsten Feind, zu beseitigen eine bedeutendere Aussicht bekam und dessen Verstärkung durch andere slavische oder deutsche Truppen, die
Latour ihm am 6. Oktober zusenden wollte, vereitelt wurde. — Die mit diesem Plan vertrauten Wiener hofften, um ihre Zwecke dadurch am ehsten zu erreichen, wenn sie sich bemühten, die Soldaten,
welche Latour schon am 5. nach Ungarn kommandirt hatte, im Voraus mit Geld und Reden zu bearbeiten. Der 6. Oktober hat bewiesen, daß ihnen diese Mühe gehörige Früchte trug. Vor allen andern hatten
sich die deutschen Grenadiere gewinnen lassen und viele von ihnen sollen mit Zehnguldennoten beschenkt worden sein. — Nach dem Tode Latour's kam Alles darauf an, das Volk von Wien, den
Reichstag und Gemeinderath im allgemein-demokratischen Sinne von der Nothwendigkeit des 6. Oktober zu überzeugen. Auch dies gelang, um so mehr, als das reaktionäre Netz sich auch vor den
blödsinnigsten Augen immer deutlicher entfaltete und sub duce der akademischen Legion schon am 6. Oktober auch die Arbeiter zur Theilnahme am Kampfe veranlaßte. Daß der Reichstag sich in seinem
Verfahren nur von dieser allgemeinen Rücksicht hat leiten lassen, glaube ich mit Gewißheit annehmen zu können. Er stand, glaube ich, in keinem Einvernehmen mit Kossuth und hat nur intellektuel für
denselben sich interessiren können. Ob einzelne Deputirte eine Ausnahme gemacht haben, darüber wage ich kein Wort zu verlieren, weil ich nichts behaupten kann.
Erst dann, als Jelachich vor Wien erschienen war, begann der Reichstag sehnsüchtige Blicke nach dem ungarischen Heere zu werfen, ohne indessen zu wagen, direkt dessen Hülfe nachzusuchen. Er that es
lediglich im Bewußtsein seines Rechts, welches er durch das Slavenheer der reaktionären Kamarilla bedroht sah. Auch die Wiener Bourgeoisie, von jeher eine erbitterte Feindin des Magyarischen, ihre
Kram-Interessen höchlich gefahrdenden, Separatismus, stand außer aller Beziehung zu den in Wien von den Magyaren und den von ihnen bezahlten Juden verfolgten Zwecken, und folgte nur dem allgemeinen
Impulse und den vom Reichstag getroffenen Anordnungen. Auf demselben Boden stand Messenhauser, der provisorische Oberkommandant der Garde, dessen Hinrichtung daher bekundet, daß der politische Blick
des Herrn Windischgrätz nicht von allzubedeutender Wurfweite Zeugniß giebt. Unter diesen Umständen ist die ganze Bevölkerung Wien's erstaunt, daß Windischgrätz noch keinem der betheiligten,
weil dafür bezahlten, Juden ein Haar gekrümmt hat, vielmehr die Untersuchung der Sache von dieser magyarisch-jüdischen pointe ganz abzuleiten sucht, um Leute zur Rechenschaft zu ziehen, die
interessenlos und rein aus Freiheitsbegeisterung gehandelt haben. — Die von hier in alle Winkel Europa's gefluchteten Juden werden nun aber nicht verabsäumen, vor allem als Wiener
Freiheitskämpfer die öffentliche demokratische Meinung Deutschland's für ihren Säckel zu exploitiren, indem sie die Sache nur von dem ihnen allein erquicklichen Gesichtspunkte darzustellen
nicht verfehlen werden.
Die Zwanziger werden hier so selten, daß man auf Papier kaum mehr wechseln kann und die Juden für 100 Fl. Zwanziger deren 15 Agio nehmen, um sie hinwiederum für 20 Fl. zu verkaufen. [unleserlicher Text] Der Gärtner
des Angarten wurde gestern, weil er auf die k. k. Truppen geschossen, zum Strang verurtheilt, dann aber zu 2 Jahren Schanzenarbeit begnadigt.
Die überall und darum auch hier ihr Interesse sehr wohl erkennende Bourgeoisie fängt allgemach an, zu begreifen, daß der Wiederaufbau des alten Oesterreichs auch ihr keinen Nutzen bringen kann.
1200 Millionen Fl. K.-M. Schulden, ein überall zerrüttetes, unter dem Standrecht und Soldaten-Despotismus stehendes Land stellt keine glückliche Zukunft in Aussicht. Die Wiener Bourgeoisie begreift
auch, daß weder Frankreich, noch England, noch überhaupt Westeuropa, solange dort die Bourgeoisie herrscht, ein ernstliches Interesse haben, diesen Zustand mehr als scheinbar zu bedrohen. Wenn
Oesterreich recht zahlreiche Armeen ernährt, wenn es in fortwährenden Konvulsionen und in einer Art asiatischer Barbarei stecken bleibt, so raisonniren die westeuropäischen Bourgeois, dann kann es
niemals ein ernstlicher Konkurrent von uns werden. Darum werden Frankreich und England niemals in Italien interveniren, auch kein Polen restauriren; aber sie werden gegenüber den Mächten, die diese
Länder besitzen, stets den Schein der Intervention behaupten, um sie auf diese Weise zur Unterhaltung gewaltiger Heere zu nöthigen, in fortwährendem Ruin zu erhalten.
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@facs | 0799 |
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102
] Wien, 20. November.
Auf der Schmelz hat vorgestern eine feierliche Beerdigung Latour's stattgefunden, auf welche gestern beim Lagerberg unweit der Spinnerei am Kreuz ein Requiem für denselben gefolgt ist, dem
40,000 Mann Militär mit 18 Batterien beiwohnen mußten. Es bringt schon in äußerste Gefahr, den Namen Latour irgendwo auszusprechen. Eine Schneidersfrau hatte einen Hemdärmel von ihm gefunden und
denselben gewaschen, um ihn zu bewahren. Es kommt heraus, die ganze Familie wird eingezogen und verschwindet wahrscheinlich im Standrecht.
Die Angehörigen und Freunde Messenhauser's haben die Erlaubniß erhalten, ihm ein Begräbniß halten zu dürfen. Es hat gestern stattgefunden. Blum's Leiche ist mit andern in ein Loch
geworfen worden. — Heute sollen am Neuthor 8 gehängt worden sein; ich will es nicht glauben.
Die Theuerung nimmt im bedrohlichsten Maßstabe zu. Salz kostet jetzt 20 Kr., früher 12; Waizen jetzt 16 bis 17 Fl., in 14 Tagen aber 30 Fl., früher 9 Fl. 30 Kr.; Türkischer Waizen jetzt 7 Fl.,
früher 2; Fleisch jetzt 12 Kr. K.-M., in 14 Tagen aber 24 Kr., früher 9 Kr. K.-M.; Schmalz jetzt 30 Kr. K.-M., früher 12 Kr. K.-M.; eine Gans kostet jetzt 8 Fl. Schein, früher 3 Fl.; zwei Eier
kosteten früher 3 Kr. Schein, jetzt kostet eins deren 6 u. s. w. — Der Krieg mit Ungarn wird ganz Niederösterreich in eine entsetzliche Hungersnoth stürzen, weil die ersten Lebensmittel aus
Ungarn bezogen werden und die Vorräthe sich täglich mindern. Böhmen liefert nur etwas Hülsenfrüchte und Kartoffeln; das Getreide des Marchfeldes reicht nicht aus, und das übrige Mähren, wie Schlesien,
versenden nichts hieher. Auch Galizien bedarf selbst seiner Frucht und schickt nur einiges Schlachtvieh nach Wien. Borstenvieh, da es aus Ungarn kommt, geht uns ebenfalls gänzlich ab.
Die übrigen Provinzen führen nichts nach Wien. Rundumher ist der Bauer vom Militär ganz abgefressen; er hat ihm alle seine Vorräthe gegen blose ad graecas calendas ausgestellte Bescheinigungen
ausliefern müssen, die niemals bezahlt werden. Die Wintersaat ist gänzlich zertreten und dennoch soll der Bauer Steuern zahlen. Das Ende wird entsetzlich werden, wenn einmal die Kälte kommt. In der
Stadt kein Verdienst, das Proletariat verhungert bei diesen Zuständen und es können Aufstände erfolgen, die von unberechenbaren Folgen sein werden. Darum wird die Stadt noch täglich fester gegen die
Vorstädte verschanzt und verpallisadirt.
Die Ungarn, die natürlich an nichts Mangel leiden, sollen sich längs der ganzen Gränze so energisch verschanzt haben, daß 15,000 Kroaten, die durch Steiermark nach Kroatien heimkehren sollten,
gestern hieher zurückkehren mußten, weil sie nicht durchzukommen vermochten. Alle Wege sind durch ungeheure Gräben abgesperrt, ebenso jede Stadt, jedes Dorf, jeder Weiler. General Bem soll mit 40,000
Mann bei Wieselburg stehen; 60,000 Sensenmänner sollen um Budapest liegen.
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@facs | 0799 |
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*
] Wien, 20. Nov.
Das amtliche Organ der jetzigen Mordregierung, die „Wiener Zeitung“ gab als Grund, weshalb Brogini, aus Mähren gebürtig, am 16. erschossen worden, an: „weil er sich am 23. Nov.
in einem Gasthause Schmähungen gegen das Militär und Drohungen über die nothwendige Ermordung hoher Personen erlaubt habe.“ Man weiß jetzt, worin die Drohungen bestanden. Der junge Mann, der
dazu von Wein erhitzt war, äußerte im Feuer des Gesprächs: „Nun, für Windischgrätz und Jellachich werden sich wohl auch noch zwei Kugeln finden.“ Dies sein ganzes Verbrechen, genügend,
daß ihn die Mordschaar zum Erschießen verurtheilte! Nach einer neuen Kundmachung des Gemeinderaths ist die Ablieferung der Waffen noch immer nicht vollständig. Deshalb habe die Kommandantur abermals 2
Tage bewilligt, an denen Jeder ohne Besorgniß vor Strafe seine Waffen abliefern könne. Die hündischen Ausdrücke des Gemeinderaths in dieser und andern Kundmachungen sind wahrhaft ekelerregend und
empörend. In obiger Proklamation z. B. heißt es am Schluß:
„Mitbürger! Erkennt hierin abermals einen unzweideutigen Beweis der Langmuth und Milde des hohen k. k. Militärkommando's! Machet Euch derselben aber auch würdig durch willige und
pünktliche Befolgung der Anordnung desselben und verspart sonach Euren Vertretern den Schmerz, das traurige Schicksal verirrter Mitbürger beweinen zu müssen.“
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@facs | 0799 |
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35
] Darmstadt, 21. Nov.
Heute hielt die hessische Ständeversammlung in alt hergebrachter Weise ihre erste diesjährige Sitzung. Neuwahlen hatten nicht stattgefunden; es sind dieselben Abgeordneten, welche schon in früheren
Jahren das Wohl und Wehe des Vaterlandes ohne den geringsten Erfolg beriethen. Präsident ist der Oberappellationsrath Hesse von hier, welcher nicht versäumte, von seiner Autorität bereits heute den
ausgedehntesten Gebrauch zu machen; eine Rede des Abgeordneten Heldmann wurde wiederholt von den Gallerien durch Hoch's auf Hecker unterbrochen, wodurch sich Hr. Hesse veranlaßt sah, die
Sitzung zu schließen, weil ihm augenblicklich die geeigneten Mittel nicht zu Gebote standen, um die Gallerien gewünschtermaßen räumen zu lassen und sich dadurch Ruhe zu verschaffen. Auch die
unschuldige unbedeutende hessische Ständeversammlung kann nicht einmal frei berathen, es müssen Reichstruppen zum Schutze der Versammlung herbeordert werden.
Beim Auseinandergehen wurden dem Bürger Zitz mehrere Vivats gebracht; auf heute Abend wird zu dessen Ehre ein Ständchen vorbereitet. Für Darmstadt ist dies mehr als man erwarten
sollte!
Anzeigen.
Schifffahrts - Anzeige.
Köln, 24. November 1848.
Abgefahren: J. A. Orts nach Wesel. C. Hartig nach dem Obermain.
In Ladung: Nach Antwerpen M. Lamers. Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. Joh. Linkewitz. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr A. Meyer. Nach Andernach u. Neuwied A. Böcking. Cl. Nollbach Nach
Koblenz, der Mosel und Saar Jac. Tillmann. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar Nic. Bayer. Nach Mainz Ph. Kimpel. Nach dem Niedermain Seb Schulz. Nach dem Mittel- und Obermain. M. Roth. Nach Worms
und Mannheim Wwe. A. Dunk. Nach Heilbronn F. Müssig. Nach Bingen A. Hartmann. Nach Kannstadt und Stuttgart L. Hermann.
Nach Rotterdam Kapt. Jurrius Köln Nr. 18.
Nach Amsterdam Kapt. Baurmann Köln Nr. 14.
Rheinhöhe am 23. Nov. 11′ 9″.
Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffers H. Jansen.
Bekanntmachung.
In Gemäßheit des Reglements vom 5. November 1838, werden diejenigen hiesigen Gewerbesteuerzahlenden Feilbieter von Eß- und Kinderspielwaaren, welche den bevorstehenden Nikolai- und Weihnachts-Markt
zu beziehen, beabsichtigen, andurch eingeladen, sich am k. Dienstag den 28., Morgens 10 Uhr, in dem Markt-Büreau auf'm Altenmarkte hierselbst zur Verloosung der von ihnen einzunehmenden
Budenplätze einzufinden.
Köln, den 22. November 1848.
Das Ober-Bürgermeister-Amt.
Im neuen Laden, Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatz werden verkauft:
Regenschirme in schwerster Seide von 2 Thlr. 10 Sgr. bis 3 1/2
Thlr.
Zeugschirme von 22 Sgr. bis 1 Thlr. 15 Sgr.
Gebrauchte Schirmgestelle werden in Zahlung genommen. Reisetaschen mit starken Bügeln von 25 Sgr. bis 2 1/2 Thlr.
Gestrickte Unterhosen und Jacken von 15 Sgr. bis 1 Thlr. 10 Sgr.
Cravatten in Atlas und Lasting von 7 Sgr. bis 1 Thlr.
Atlas, Shawls und Schlipse von 25 Sgr. bis 1
Thlr. 10 Sgr.
Wollene Herrenshawls von 8 Sgr. bis 20 Sgr. Foulards, bunte Taschentücher, Gummihosenträger u. s. w.
Ferner werden billig verkauft:
Feines Tuch und Buckskin zu Hosen, die Elle 20 Sgr. oder 1 Thlr. 15 Sgr. Westenstoffe, neueste geschmackvollste Muster, die Weste von 8 Sgr. bis
1 1/2 Thlr.
Schlafröcke und Hausröcke von 2 Thlr. bis 6 Thlr.
Winterpalletos vom stärksten Düffet zu 3 Thlr. 20 Sgr. bis 5 1/2 Thlr. Abd-el-Kader zu 5 Thlr. bis 7
Thlr.
Bournusse in gutem Tuch von 6 Thlr. bis 12 Thlr.
Alle Sorten Handschuhe von 2 Sgr. bis 15 Sgr.
NB.Die Waaren werden wirklich so billig verkauft wie
die Preise angegeben sind.
Joseph Sachs aus Frankfurt a. M., im Hause des Hrn. J. M. Farina. Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatze.
Ein noch fast neuer gußeisener Kessel, circa 81 Kubikfuß haltend, steht wegen Mangel an Raum zu verkaufen. Das Nähere bei der Exp. d. Bl.
Neuerfundene Briefcouverts mit Metallverschluß die unmöglich zu öffnen sind.
Per Dutzend 5 Sgr., bei Abnahme von 100 angemessenen Rabatt, bei Joseph Sachs aus
Frankfurt a. M., im neuen Laden, Obenmarspforten 21A gegenüber dem Jülichsplatz. Bestellungen von außerhalb werden franco erbeten.
Feile Fürstenknechte fordern in der Kölnischen Zeitung, den Erzbischof v. Geissel auf, seine Stimme für die Regierung gegen den Beschluß der Nat.-Versammlung in Beziehung der
Steuerverweigerung, zu erheben. Habt ihr Elenden, schon vergessen, wie die Regierung gegen den Erzbischof v. Droste-Vischering verfuhr? Welche Eingriffe sie in die Rechte der Katholiken machte? Und
jetzt welche Eingriffe in die Rechte des Volkes, seiner Vertreter! Ihr Erbärmlichen verdient nur — die Knute. —
Turn-Verein in Köln.
Sonnabend den 25. November außerordentliche Turnraths-Sitzung, Abends 8 Uhr im Turnlokale.
Köln, den 24. Nov. 1848.
Der Turnrath.
Frankfurter Hof in Köln.
Unmittelbar am Justizgebäude gelegen, empfiehlt sich bei Gelegenheit der, den 27. c. beginnenden Assisen-Verhandlungen.
E. Leonhard.
Zum Namensfeste meiner Cath. Sch……d auf Maxminenstraße.
Wenn die Nacht mit süßer Ruh'
Sanft Dir drückt die Augen zu
Blick ich zu den Himmelshöh'n
Betend für Dein Wohlergeh'n.
[J. B. St.]
Casino-Gesellschaft.
Die Herren Mitglieder werden zu der auf Sonnabend den 9. Dezember d. J, Abends 7 Uhr, anberaumten General-Versammlung ergebenst eingeladen.
Köln, den 25. November 1848.
Die Direktion.
Conzert-Anzeige.
Unter gütiger Mitwirkung unseres früheren Mitbürgers, des talentreichen Sängers Herrn Formes, so wie mehrerer hiesigen und auswärtigen Gesang-Vereine, wird der Männer-Gesang-Verein am
Sonntag Abend den 26. Nov. im Saale des Hrn. Grün ein Conzert und später Ball veranstalten, dessen Ertrag zum Aufbaue der Kapelle auf dem katholischen Friedhofe verwendet werden soll.
Das Programm wird in diesen Tagen veröffentlicht werden.
Mühlheim a. Rhein, den 22. Nov. 1848.
Das Comite.
Die patentirte Tricot-Fabrik von J. D. Clesse in Luxemburg hat ein vollständiges Lagee ihrer Fabrikate in Köln errichtet und mich mit dem Verkauf en gros und eu detail
beauftragt.
Diese mechanisch gestrickten wollen und baumwollen Waaren zeichnen sich durch Weichheit und Elasticität besonders aus; sie sind aus den besten Qualitäten wollener und baumwollener drei- und
vierdräthiger Strickgarne angefertigt und fest genäht.
Die wollenen Tricots oder gestrickten Gesundheits-Flanelle sind von den erfahrensten Aerzten als auz vortrefflich anerkannt worden, da sie van der edelsten und weichsten Schafswolle,
ungeschwefelt und ohne chemische Proceduren, gestrickt sind, so daß sie von der Natur in die Wolle gelegten Heilkräfte ungeschwächt erhalten haben; zudem laufen sie nicht im mindesten ein.
Verkauf zu festen Fabrik-Preisen wie folgt:
En gros mit dem entsprechenden Rabatt.
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1. In Baumwolle:
Fertige Unterhosen für Damen écrus à 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 22 Sgr. pr. St. |
Fertige Unterhosen für Herren à 14, 15, 16, 17, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34 pr. St. |
Fertige Unterhosen für Knaben à 10, 11, 13, pr. St. |
Fertige Unterjacken für Damen à 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 22, 24 pr. St. |
Fertige Unterjacken für Herren à 15, 16, 17, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 29, 30, 32 pr. St. |
Fertige Unterjacken für Knaben à 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16 pr. St. |
Farbig melirte Unterjacken für Knaben à 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 18 pr. St. |
Farbig melirte Unterjacken für Herren à 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32 pr. St. |
Blau melirte Unterhosen für Herren à 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36 pr. St. |
Gestrickte Unterröcke ohne Nath für Damen à 30, 32, 34, 36, 38, 40, 42, 44, 46, 48, 50 pr. St. |
Farbig melirte Unterröcke ohne Nath für Damen à 30, 32, 34, 40, 42, 44 bis 2 Thlr. pr. St. |
Fertige Kinder-Jäckchen oder Leibchen à 5, 6, 7, 8, 9, 10, pr. St. |
Fertige Kinder-Geiferlätzchen oder Serviettchen à 3 pr. St. |
Fertige Kinder-Unterröckchen mit Gürtel à 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 25, 26 pr. St. |
Fertige Kinder-Kleidchen à 10, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 20, 22 pr. St. |
Farbig melirte Kinder-Kleidchen à 12, 14, 15, 16, 17, 18 pr. St. |
Blan und Braun melirte Kinder-Kittel à 14, 15, 16, 18, 20, 22, 24, 28, 30 pr. St. |
Fertige gestrickte Wickelbänder à 10, 11, 12, 13, 14 pr. St. |
Fertige gestrickte Wickeldeckchen à 16, 17, 18, 20, 22 pr. St. |
Schwarze und weiße Nachtmützen für Herren à 4 1/2, 5, 6 pr. St. |
Fertige lange Aermel à 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 pr. St. |
Farbig melirte Halb-Aermel oder Stauchen für Mädchen à 2, 3, 4, 5 Sgr. per Paar. |
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2. In Wolle:
Wollene Unterjacken von gestricktem Gesundheits-Flanelle à 30, 32, 34, 36, 38, 40, 42, 44, 46 bis 64 Sgr. |
Wollene Unterhosen von gestricktem Gesundheits-Flanelle à 38, bis zu 2 Thaler 4 Sgr. |
Gestrickte wollene Unterröcke ohne Naht für Damen à 2 Thlr. 8 Sgr. bis zu 3 Thlr. 22 Sgr. |
Wollene Kleidchen, Wickelbänder etc. |
Die Preise richten sich hauptsächlich nach der Größe der betreffenden Artikel.
Um den Verkauf zu erleichtern, sind in verschiedenen Städten und Orten Niederlagen errichtet, wo diese Artikel zu obigen Fabrikpreisen verkauft werden. Diese Niederlagen sind:
In Aachen bei Frl. E. Bruckner, |
Bonn bei Hr. Jac. Reuter, |
Bochum bei Hr. C Agate, |
Borken bei Hr. Grüter et Schallenberg, |
Coblenz bei J. A Hansel, |
Crefeld bei G. von Lumm, |
Creuznach bei F. Käß, |
Düsseldorf bei Hr. Carl Srathmann, |
Düren bei Hr Jac. Laaff, |
Duisburg bei Frl. C. Momm, |
Dahlen bei Hr A. Zilges, |
Deutz bei Hr. Ernst Orth, |
Erkelenz bei Geschw. Gerkrath, |
Essen bei Wolff-Kaufmann, |
Eschweiler bei H. L. Franzen, |
Eupen bei Nic. Kretz, |
Flamersheim bei R Rath, |
Gladbach bei Th. Wienands, |
In Geilenkirchen bei Ph. Reinartz, |
Heinsberg bei S. H. von Cöllen, |
Jülich bei Joh. A. Vorbrüggen, |
Lippstadt bei G S. Schwemmann et Comp. |
Linnich bei J. Reiner Francken, |
Mainz bei N. Schächleiter, |
Meckenheim bei F. W Gammersbach, |
Mülheim a. Rhein bei W Kamphoff, |
Mülheim an der Ruhr bei Geschw. Haan, |
Neuwied bei Holth[unleserlicher Text]us et Comp. |
Minden Pr., bei Wolfers Söhne, |
Neuß bei F. van Endert, |
Oelde bei Ewald Cohn, |
Siegen bei M Neff, |
Wesel bei J Tenhompel, |
Wipperfürth bei Ww. Vollbach. |
Das Haupt-Lager ist bei Classen-Kappelmann in Köln Schildergasse Nr 91.
Katharina Becker zu Winterscheid, ein donnerndes Lebehoch auf ihren Namenstag!!
m. G. a. d. H.
Konzessionirtes Vaudeville-Theater.
In Köln, im Stollwerck'schen Saale. Heute Samstag den 25. November 1848: zur Feier an das Andenken Robert Blum's große musikalisch-deklamatorische Abend-Unterhaltung.
Mit mimisch-plastischen Bildern aus Robert Blum's Leben.
1. Bild, die Barrikade auf welcher Robert Blum kämpft
2. Bild, das k. k. Standrecht von welchem Robert Blum zum Tode
verurtheilt wird.
3. Bild, die Empfangnahme des letzten Briefes an seine Familie.
4. Bild, die Erschießung Robert Blum's in der Brigitten-Au.
5. Bild, die Göttin der
Freiheit.
Zu diesen Bildern sind neue Dekorationen gemalt. Entree 10 Sgr. à Person. — Für die Eintrittskarten werden heute ausnahmweise keine Getränke verabreicht.
Abonnementskarten sind gültig.
Kassa-Eröffnung 6 Uhr. Anfang 7 Uhr. Franz Stollwerck.
Es können junge Leute Kost und Logis haben, Filzengraben Nr. 38.
Maischoßer Michel mag dat mer de Win krigen dann kanst du ihm wieder nohm Puls fühlen.
Im Erzherzog Johann, Rheintohr Nro. 4. Vorzüglich baierisch Felsenbier.
Theater in Köln.
Sonntag den 26. November:
„Fra-Diavolo.“
Das Gasthaus in Terracina.
Komische Oper in 3 Akten von Scribe und Auber.
Lord Kokburn. Hr. Seebach als Gast.