Französische Republik.
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Paris, 15. Nov.
Die Nachrichten aus Berlin werden verschlungen. Aber unsere innern Angelegenheiten beschäftigen uns so, daß wir keine Zeit zu langen Kommentaren haben.
Fast alle Journale klatschen der preußischen Nationalversammlung Beifall zu, nur die alte Hyäne „Union“ macht die beißende Bemerkung:
„Unsere Berichte aus Berlin reichen
bis zum 11. Novbr. Nachmittags 4 Uhr. Bis zu diesem Augenblick hatte man noch keinen Kampf gewagt. Die Besiegung der Wiener bringt die Emeutiers von Berlin zum Nachdenken.“
Armer Heinrich! Armer Lübis! Wie wenig kennt Ihr die deutschen Zustände. Es ist ein wahrer Jammer um die Pariser legitimistische Presse.
— Marrast's gestrige Wiederwahl zum Präsidenten der Nationalversammlung hat die Spekulanten des Opernganges bedeutend verblüfft. Durch diese Wahl kennt man die eigentliche Stärke der
Rue de Poitiers (rechts) oder der sogenannten Thierspartei. Sie beträgt nur 146 Mann und hat sehr enttäuscht.
— Die Rue de Poitiers hat sich gespalten. Rechts sitzen Constitutionnel und Presse mit einigen legitimistischen Ueberbleibseln und links sitzen seit gestern Journal des Debats und Siecle.
Die Rechte stimmt für Louis Bonaparte und die Linke hat sich für Cavaignac ausgesprochen. Die erste Frucht dieser Spaltung war die gestrige Wiederwahl Marrasts, die um so wichtiger ist, als sie gerade
in die Periode der Präsidentenwahl fällt.
— Gestern Abend war die Hälfte der Tuilerien (Galerie Diana), zum ersten Male seit dem Sturze des Königthums wieder glänzend erleuchtet. Changarnier, Befehlshaber der Bürgerwehr, gab den
zum Verfassungsfest herbeigeeilten Offizieren darin ein großes (Verbrüderungs) Gastmahl.
— In einem Briefe, worin er der fremden und hiesigen Bürgerwehr für ihren Eifer am Verfassungsfest dankt, sagt Marrast wörtlich:
„Mein Herr und Kollege (Changarnier)! Ich muß Ihnen im Namen des Bureaus der Nationalversammlung für die vortreffliche Ordnung danken, die am Sonntage bei allen Bewegungen der unter Ihrem
Befehl stehenden Bürgerwehr obwaltete. Ich glaube nur der Uebersetzer der Gefühle der Nationalversammlung zu sein, wenn ich in ihrem und meinem Namen für die große Theilnahme an der feierlichen
Promulgation der Verfassung diese Dankgefühle ausspreche. Paris hat schon einmal das Schauspiel genossen, die Bürgerwehr der Stadt und Umgegend muthig herbeieilen und im Verein mit unserm tapferen
Heere für Rettung der bedrohten Civilisation kämpfen zu sehen (marcher ensemble avec courage ainsique notre vaillante armée au secours de la civilisation menacée) u. s. w.
Paris, 13. Novbr. 1848.
(gez.) A. Marrast,
Präsident der Nationalversammlung.“
— Der Minister des Innern hat auf das Gerücht hin, daß sich in Metz, Straßburg und andern Gränzorten neue deutsche Freischaaren zu bilden im Begriffe ständen (was übrigens eine reine
Erdichtung mehrerer reaktionärer Blätter wäre) um neue Einfälle in die deutschen Grenzländer zu beabsichtigen, ein Rundschreiben an sämmtliche Ost-Departements-Präfekten erlassen, worin er die
strengste Vorsicht bei fernerer Verleihung von Pässen sowohl für Deutsche als Franzosen, welche nach Deutschland Pässe verlangen, zu beobachten befiehlt.
— Der Kassationshof versammelte sich heute Vormittags, um laut der neuen Verfassung zur Wahl derjenigen Glieder zu schreiten, welche mit den Gliedern der Nationalversammlung in den
neugeschaffenen Justizhof für Hochverräther treten sollen. Gewählt wurden: 1) Rochez, 2) Berenger, 3) Harduin, 4) Hello, 5) Boissieux. Die Herren Pataille und Delapalme sind zu Stellvertretern
ernannt worden.
— Eine Post aus Neapel vom 2. Nov. meldet, daß Admiral Baudin mit 2 Kriegsfregatten gegen Tunis gesegelt ist, um den dortigen Bey, welcher Miene macht, die französische Republik nicht
anzuerkennen, zur Rechenschaft zu ziehen.
— Depeschen aus Rom vom 4. Nov. melden, daß sich die dortige Geistlichkeit beeilt hat, die Summe von 4 Mill. Piaster in verschiedenen Zahlungen zur Verfügung des Finanzministers zu stellen,
welcher Miene gemacht zu haben scheint, die Konfiskation sämmtlicher Kirchengüter dem Parlament vorzuschlagen, das schwerlich gezögert haben würde, dieselbe auszusprechen.
— Zu Narbonne riß die Polizei ein Plakat ab, das auf Wiedereinführung der Guillotine für die Reaktionäre und des Galgens für die Unterstützer der Tyrannen (Präsidenten u. s. w.) bildlich
anträgt.
— Die Schaufenster der Pariser Bilderläden werden fortwährend belagert. Eine reiche Auswahl von zum Theil sehr geistreichen Zerrbildern gegen Bonaparte, Lamartine, Cavaignac, Ledru-Rollin
und Raspail, die fünf Kandidaten für die Heirath der jungen Republik, ziehen stündlich immer mehr Neugierige heran. Die Polizei darf das nicht hindern.
— Die zahlreichen Socialistenbankette lassen den Hrn. Marrast nicht ruhig schlafen. Das Bankett der Luxemburgdelegirten und Anhänger Louis Blanc's scheint ganz besonders seinen
Schlummer gestört zu haben, denn er hat den Minister des Innern veranlaßt, bei den Organisatoren dieses Banketts mehrere Haussuchungen zu verfügen, gegen welche diese heute in den demokratischen
Journalen stark reklamiren. Wahrscheinlich fürchtete Marrast einen neuen Sturm gegen die Civilisation, die unter seinem Scepter so vortrefflich gedeiht, daß über 11,000 Bankrotte angemeldet sind und
die Hälfte der Pariser von Almosen lebt.
— Marrast begibt sich am nächsten Sonntage nach Arras, um dort die Verfassung in Person vorzulesen. Die dortige Bürgerwehr hat ihn speziell eingeladen.
— Die Kriegsgerichte sitzen immer noch fleißig und verurtheilen die Juniräuber immer noch frisch darauf los. Gestern wurden deren zwei zu 15jährigem resp. 10jährigem Gefängniß verurtheilt,
weil sie Barrikadengeneräle gewesen! Merci Hr. Marrast.
Gestern versammelten sich 3—4000 Zimmerleute, Maurer und Proletarier, um sich zu besprechen, welche Maßregeln sie zu ergreifen hätten, um die Staatsbauten auf eigne Rechnung auszuführen, die
auf dem Marsfelde für die Truppen beginnen. Es wurde ein Ausschuß zu Vivien, Staatsbautenminister, geschickt, der ihm jedoch erklärte, daß jene Bauten unter den Bereich des Kriegsministers gehörten,
weshalb sie sich an den General Lamoriciere heute wenden sollen.
Nicht die geringste Störung ist vorgefallen!
National-Versammlung. Sitzung vom 15. November. Vizepräsidend Havin eröffnet um 1 1/2 Uhr die Sitzung.
Grandin wundert sich, daß der Moniteur nicht das letzte gestrige Skrutin (Namensliste der Stimmenden beim Budget) enthalten habe. Woher das komme?
Corbon: Ich präsidirte gestern und da die Versammlung beim letzten Skrutin nicht mehr vollzählig war (500), so wurde dasselbe verworfen und ich untersagte auf den Rath eines der Herren
Schreiber das Einrücken der Namen in den Moniteur. (Erstaunen über dieses Verfahren des bornirten Vizepräsidenten „Arbeiters“ Corbon).
Etchverry: Ich trug neulich darauf an, gar keinen Urlaub mehr zu bewilligen. Warum bringt man meinen Antrag nicht zur Sprache. Wenn diese Urlaubssucht fortdauert, so sind wir in wenigen
Tagen nicht mehr beschlußfähig
Duclerc: Auch heute sind wir schon nicht mehr beschlußfähig. (Oho!) Man beginne den Namensaufruf.
Bewilligt. Ein Schreiber schreibt nun Alle auf, die nicht antworten. Man bemerkt darunter Louis Bonaparte, Jerome Bonaparte und dreihundert Andere, die nicht antworten, d. h. abwesend sind.
Viele springen aus den Sälen herbei und so mochten wohl etwa 500 vorhanden sein.
Man will zur Berathung der Bedingungen schreiten, welche die Arbeiter (Gesellen u. s. w.) zu erfüllen, wenn sie Verträge unter einander Behufs Ausführung von Bauten u. dgl. abschließen wollen.
Diese Associationsverträge sind als Hauptfebruarprodukt höchst wichtig.
Bineau, der Budgetmann, protestirt gegen diese Verdrängung der Budgetdebatte.
Tourret, Handelsminister, sagt: Ich bin es, der die Tagesordnung hat ändern lassen, weil der Gegenstand eine schnelle Erledigung erfordert. Die National-Versammlung votirte bereits 3
Millionen Fr., um die Arbeiter-Associationen zu unterstützen. Es handelt sich demnächst darum, diese Summe zu vertheilen.
Havin: Es blieb gestern noch ein Skrutin über den Antrag Stourms auf 10,000 Fr. Reduktion vom Unterrichtsbudget zu erledigen über. Dies möchte vor allen Dingen erledigt werden.
Dies geschieht. Die Reduktion wird mit 300 gegen 235 Stimmen angenommen.
Jetzt schreitet die Versammlung zur Berathung des Gesetzentwurfs rücksichtlich der Arbeiter-Associationsverträge.
Tourret, Minister: Sie haben also 3 Millionen Fr. votirt, um diese Verträge zu ermuthigen. 440 Arbeiter-Associationen haben sich gemeldet, um an diesem Kapital Theil zu nehmen. 35 sind
zugelassen worden, 144 wurden verworfen. Alle diese Anträge wurden von einer Kommission sorgfältig geprüft. 574,000 Fr. fallen hiernach auf Paris; 800,000 Fr. auf die Departements. Also im Ganzen
wurden etwa 1,374,000 Fr. vertheilt. Die übrigen sind noch zu berücksichtigen und warten auf Bescheidung. Daher die Dringlichkeit der Sache. Drucker, Uhrmacher, Schmiede, Tischler, Färber u. s. w.
sind es besonders, die sich associrten. Sind auch diese Associationen noch unvollständig, so sind sie doch eine Uebergangsbrücke. Vorläufig handelt es sich vor Allem um Sportelfreiheit für ihre
Verträge.
Corbon will für das Dekret stimmen, wenn man dadurch nicht den Socialismus und Kommunismus ermuntere. (Murren vom Berge.)
Der Entwurf (1. Artikel) wird angenommen.
Art. 2 des Gesetzentwurfs über die Arbeiter-Associationen lautet:
„Die Darlehen, die der Staat den Arbeiter-Associationen macht, sind mit 3 Prozent zu verzinsen. Eben so sind die
Darlehen des Staates selbst zurückzuzahlen, je nachdem die Associationen prosperiren. Die Zinszahlungen sowohl, als die Kapitalrückzahlungen, werden in die Staatskasse geleistet, und daraus ein Fonds
gebildet, aus welchem künftig nach gegenwärtigem Gesetze und im Namen des Gesetzes vom 5. Juli c., wieder neue Associationen unterstützt werden sollen, sei es zwischen Arbeitern und Arbeitern, oder
Arbeitern und Meistern etc.“
Dupin, der Alte, fürchtet, daß diese Neuerung zum Sozialismus und Kommunismus führe, und bekämpft sie.
Alcan und Tourret unterstützen sie jedoch, und der Entwurf geht durch. Das ganze Gesetz wäre somit erledigt.
Fould wünscht, daß man die Tresorbons und Sparkassenbüchel Entschädigungsvorschläge der Regierung, von denen gestern die Rede war, sofort oder morgen diskutire; die Börse würde sich dann mehr
beruhigen. (Ja, Ja, Nein! Nein!)
Trouvé Chauvel, Finanzminister, hat nichts dagegen. Er ist bereit.
Bineau und Fauilos bekämpfen jedoch diese Eile. Der Montag sei festgesetzt. (Derselbe bleibt für die Berathung vorbehalten und Hr. Fould muß Geduld haben.)
Die Versammlung kehrt zum Unterrichts-Büdget zurück und genehmigt die davon noch übrig gebliebenen Posten.
Die Sitzung wird um 6 1/4 Uhr geschlossen.
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[
*
] Herr Cavaignac.
(Fortsetzung statt Schluß.)
Herr Moreau, Volksrepräsentant, ehemaliger Maire des achten Arrondissement, bezeugt:
„Am Donnerstag Abend, den 22. Juni, sah ich eine Menschenmasse von 2000 Mann ungefähr; sie gaben sich ein Rendezvous für den andern Morgen. Man begann wirklich mit den Barrikaden am andern
Morgen. Herr Recurt kam frühzeitig auf die Mairie. Ich gab Ordres, die von einem Beamten der Mairie schlecht ausgeführt wurden. Ich begab mich selbst auf den Weg und ließ die begonnenen Barrikaden
zerstören. Der Rappel führte wenig Nationalgarde herbei, 2 oder 300. Auf meine Forderung, ein Regiment der Linie zu beschaffen, antwortete Recurt, daß dieß ihn nichts angehe. Die Emeute wurde stärker,
man kam der Mairie ankündigen, es sei nothwendig, gegen die Nationalversammlung zu marschiren. Ich weigerte mich. Nationalgarden wurden gezwungen, Theil am Barrikadenbau zu nehme. Um 2
Uhr Freitags (23. Juni) kam Besloy. Er wurden gebeten, Mannschaften zu schicken; er nahm Notizen auf und entfernte sich. Ein einziger Polizeikommissar leistete mir wirkliche Dienste, um 2 1/2 Uhr kam
eine Patrouille von 350 Mann auf die Mairie. Es wurde Abend. Recurt und Bixio kamen gegen 4 Uhr. Garnier-Pagès und Pagnerre langten endlich an und sagten beim Eintreten in die Mairie: „Sein
Sie ruhig; man wird Ihnen Hülfe schicken.“ Niemand kam. Mit einem Worte, wenn das Fb. St. Antoine nicht verlassen und ohne Hülfskräfte geblieben wäre, es wäre nicht der Emeute
anheimgefallen. Ich hätte es behauptet.“
Man sieht: alle Zeugnisse stimmen in diesen 2 Punkten überein.
Die Insurrekton war vorhergesehen.
Der Insurrektion war leicht zuvorzukommen.
Sehr wichtig sind die zwei folgenden Zeugenaussagen, die eine von Pagnerre, Sekretär der provisorischen Regierung, die andere von Panisse, Direktor der Sicherheitspolizei im Ministerium
des Innern.
Herr Paguere:
„Ich glaube, daß wenn der Befehl die 56 Delegirten und Pujol zu arretiren, vollstreckt worden wäre, man wahrscheinlich der Insurrektion zuvorgekommen wäre. Der Befehl, Herrn Püjol und
vier andere Individuen zu arretiren wurde dem Polizeipräfekten direkt ertheilt; aber der Befehl, die 56 Delegirten der Nationalversammlung zu arretiren, wurde am 22. Juni um 3 Uhr Morgens Herrn
Recurt selbst gegeben.“
Herr Panisse:
„Am 22. Juni, um 7 Uhr Abends, empfing ich den schriftlichen Befehl von Herrn Recurt, datirt vom Luxemburg, die 56 Delegirten des 12. Arrondissements arretiren zu lassen. Ich ließ die
Verhaftsbefehle ausstellen: ich wollte sie am Abende durch Hrn. Recurt unterzeichnen lassen; aber ich konnte seine Signatur nicht erhalten, weil er am Mittagsessen war.“
Herr Recurt dinirte! Und darum wird eine Ordre von der höchsten Wichtigkeit, welche die Insurrektion verhindert hätte, nicht unterzeichnet.
Diese Ordre war durch die Exekutivkommission selbst Herrn Recurt gegeben um 3 Uhr Morgens. Und wann wird sie unterschrieben? Um 7 Uhr Abends. Verlust von 9 Stunden, die Frankreich
Ströme von Blut gekostet haben. Aber was wollt Ihr! Herr Recurt (vom National) war am Diniren.
Rebillaud, Gendarmerie-Oberst, bezeugt.
„Die Kaserne der Francs-Bourgeoisie wurde anderthalb Tag lang belagert; sie ergab sich nicht, obgleich von 1500 Mann angegriffen: es bedurfte im Anfange nur 150 Mann (und man hatte sie
verlangt), um die Barrikaden zu verhindern.“
Hr. Rey, Almosenier des Val-de-Grace, sagt aus:
„Freitags gegen Mittag war ich auf dem Pantheonplatze und sah Barrikaden aufgeworfen in der Rue Soufflot. Niemand widersetzte sich, obgleich 3 bis 400 Zuschauer zugegen waren. Ich forderte 4
bis 5 Nationalgarden auf, gegen die Barrikaden zu marschiren; sie schlugen es ab, weil sie nicht stark genug seien. Des andern Morgens war ich an demselben Platze; einige Nationalgarden
interpellirten lebhaft einen Offizier und beklagten sich, keine Ordres erhalten zu haben.“
Rousseau, Bataillonschef von der elften Legion, sagt aus:
„Ein Offizier drs Generalstabs war genöthigt, zu befehlen, zwei Bataillone zur Nationalversammlung zu schicken. Der beim Luxembourg kommandirende Offizier widersetzte sich dem Abmarsche
dieser Truppen. Man war gezwungen, ihm zu sagen:
Es handelt sich hier für Sie um ein Kriegsgericht. Am Donnerstag (22. Juni) war das ganze Quartier in lebhafter Aufre-
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gung. Den Donnerstag Morgen wurde ich auf die Mairie gerufen. Der Oberst sagte uns, er sei nach dem Luxembourg gezogen, um die schriftliche Ordre zum RappellsAlagen zu haben.
Diese Ordre habe er
nicht erhalten können. Ich sagte ihm: Auf dem Punkte, worauf die Sachen stehn, ist nicht Rappell, sondern Generalmarsch zu schlagen. Wir kehrten zur Exekutivkommission zurück. Die Ordre wurde uns
darauf gegeben.
Sie Barrikaden erhoben sich von allen Seiten ohne Widerstand. Ich ging nach dem Luxemburg mit dem Obersten und einer andern Person. Ich verlangte ein
Peloton
Linientruppen und erklärte, daß ich mit Hülfe dieser Verstärkung
alles auf meine Verantwortlichkeit nehme. Herr Garnier-Pages erwiederte: „
Laßt sein, Cavaignac hat seinen
Plan; er vereinigt imposante Streitkräfte und wird die Barrikaden durch starke Colonne wegnehmen lassen.
Freitag den 23. Juni, merkt euch wohl die Data, geht der Oberst der 11. Legion nach dem Luxemburg, um die Ordre zu erhalten, Stappel zu schlagen. Er kann sie nicht erhalten.
Die Barrikaden erheben sich von allen Seiten ohne Widerstand.
Der brave Bataillonschef Rousseau verlangte ein Peloton Linientrupen und erklärt mit ihrer Hülfe alles auf seine Verantwortlichkeit zu nehmen. Dieß ereignet sich ebenfalls Freitags am
23. Juni.
Welche Antwort erhielt Herr Rousseau?
„Cavaignac hat seinen Plan.“
Ein anderer Bataillonschef, Hr. Theil, sagt aus:
„Am 22. Juni, Donnerstags, sah ich 40,000 Emeutiers zusammen; sie konspirirten öffentlich. Am Freitag bildeten sich am Pantheon eine Versammlung von ungefähr 1000 Arbeitern. Ein
Nationalgarde, Sevignac, wurde von ihnen verfolgt. Der Posten der Mobilgarde war unfähig, sie zu beschützen. Er suchte die Exekutivkommission auf: er fand hier drei Bataillonschefs anwesend. Sie
fanden Hrn. Recurt und stellten ihm alle den Mangel an Vorkehrungsmaßregeln vor. Recurt sagte, daß er desselben Gegenstandes wegen gekommen sei. Arago war im Bette. Man erzählte ihm die Thatsachen.
Er war erstaunt über den Mangel an militärischn Vorkehrungsmaßregeln. Man rieth Hrn. Arago die energischsten Maßregeln zu ergreifen. Man sagte ihm, das ganze Land beschuldige ihn und seine
Kollegen des geheimen Einverständnisses mit den Insurgenten. Man bat ihn, Generalmarsch schlagen zu lassen. Er blieb gleichgültig. Man bat ihn, nur Rappel schlagen zu lassen. Arago wollte den Befehl
nicht ertheilen; es fehlte ihm an Federn, an Tinte. Endlich versprach er aufzstehen und zu schreiben.
Ich und W. Quinet kehrten um 9 Uhr zur Exekutivkommission zurück, um den schriftlichen Befehl zum Generalmarsch zu erhalten. Die Exekutivkommission war vollständig versammelt. Ich wiederholte
alles. Cavaignac war zugegen, Clement Thomas Recurt u. s. w. Ich sagte: „Es ist Zeit, daß dies ein Ende nimmt; die Nationalgarde weiß nicht, was denken. Kanonen und Mitraille ist
jetzt nöthig. Sonst wird die Nationalgarde wissen, was sie zu thun hat.“
Diese Zeugenaussage ist hinreichend klar. Am 22. Juni konspirirten öffentlich 40,000 Emeutiers, an der Zahl 40,000. Am 23. Juni, Freitags, welche Anstalten waren getroffen? Keine.
Verwunderung der Hrn. Arago über den Mangel militärischer Vorkehrungen. Der Zeuge ist endlich gezwungen, Drohungen auszustoßen.
Sollen wir noch mehr Zeugnisse beibringen, um zu beweisen, daß man die Insurrektion vom 23. Juni hätte verhindern können, wenn man gewollt hätte? Lag hier keine strafbare Berechnung zu Grunde, dann
strafbare Nachläßigkeit.
Man muß zwischen diesen zwei Worten wählen, um Hrn. Cavaignac zu charakterisiren.
Ou coupable ou incapable. Schuldig oder zu unschuldig!
Wir können nicht besser reden als mit dem Zeugnisse von Trouvé-Chauvels, der damals Polizeipräfekt war und heute Finanzminister ist.
„Den 21. Juni,“ sagte er, „fand eine große Versammlung auf dem Platze des Hotel de Ville Statt. Ich verlange 3 Bataillone für den folgenden Tag, man bewilligte sie mir. Ich
wußte, daß eine andere Versammlung am Abende des 22. beim Pantheon stattfinden sollte. Ich begab mich um 11 Uhr Vormittags zur Exekutivkommission, um sie davon zu benachrichtigen. Recurt wollte sich
in diesem Augenblicke entfernen; man hielt ihn zurück. Ich erkläre, daß der Zustand sehr ernst sei. Ich meldete, daß ich, was mich angehe, alle Polizeimaßregeln ergreifen würde, daß aber
Truppenbewegungen nothwendig seien. Meine Agenten wurden insultirt, geprügelt; es langten keine Truppen an. Meine Agenten erhielten Nachricht von der um 6 Uhr Morgens den 23. Juni
stattfinden sollenden Versammlung. Ich schrieb darüber der Exekutivkommission, ich flehte sie an Truppen für 5 Uhr bereit zu halten. Meine Agenten begaben sich zur passenden Zeit auf den
Schauplatz, ihr erster Bericht ging mir zu um 7 1/2 Uhr. Dieser Bericht meldete mir, daß keine Truppen erschienen seien. Meine Agenten wurden wiederum geprügelt. Die Versammlung belief sich auf
12- bis 15,000 Mann. Ich schrieb, um mich über die Abwesenheit von Truppen zu beklagen. Wenn am Abende des 22. Juni oder um 6 Uhr Morgen des 23. Juni mir die reklamirten Truppen gegeben worden
wären, hätte ich noch beim Pantheon die Chefs der Versammlung, die versammelt waren auf dem Platze, verhaften können. Wahrscheinlich zugleich mit den 56 Delegirten der Nationalateliers, zu deren
Verhaftung ich endlich den 23. Juni Mittags das Mandat erhalten hatte.“
Man vergleiche alle diese Zeugenaussagen und erwäge endlich das Wort Garnier-Pages an den braven Bataillonschef Rousseau:
„Cavaignac hat seinen Plan“
und man wird folgende Schlüsse ziehen müssen.