[0713]
Beilage zu Nr. 139 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
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Mittheilungen aus der Gemeinderaths-Sitzung vom 3 November 1848, Abends 6 Uhr, auf dem Rathhause.
Bei Eröffnung der Sitzung theilte der Oberbürgermeister mit, daß der Sekretär Worms in Folge eines in dem Bankhause von Schaaffhausen angenommenen vortheilhaften Engagements aus seiner bisherigen Stelle ausgetreten sei; derselbe wolle jedoch so lange unentgeltlich die Nachmittage auf dem Sekretariat arbeiten und die gemeinderäthlichen Protokolle führen, bis sein Nachfolger ausgebildet sei.
Fröhlich trägt ein Aufnahmegesuch vor, was angenommen wird.
Raveaux. Es wird Ihnen aus den Zeitungsberichten bekannt sein, daß das Handelsministerium in Frankfurt den Antrag gestellt hat, alle Flußzölle auf deutschem Gebiete aufzuheben. Die Sache ist im volkswirthschaftlichen Ausschuß berathen worden und die Majorität hat sich für den Antrag entschieden; eine Minorität will aber den Rhein von der Maßregel ausnehmen, angeblich um Holland zu Konzessionen zu zwingen. Holland hat zwar erklärt, daß es längst bereit gewesen, die Schiffahrt auf dem holländischen Stromgebiete freizugeben, wenn gegenseitig auf dem deutschen Rheine die Zölle für die holländische Flagge abgeschafft würden; es hat sich auf seine desfallsigen schriftlichen Erklärungen an die Rheinschiffahrts-Kommission zu Mainz berufen, Erklärungen seit vielen Jahren zu den Mainzer Protokollen niedergelegt, ohne daß die betreffende Kommission solche bearbeitet habe; es mag sein, daß die Rheinschiffahrts-Kommission ihre Pflicht nicht gethan hat. Aber die Repressalie gegen Holland scheint mir bei dieser Frage nur ein schlau vorgeschobener Grund zu sein; die nordischen Abgeordneten wissen wohl, daß wenn die lästigen Rheinzölle bleiben, der Güterzug auf dem Rheine gelähmt oder gehemmt ist, und sich theilweise nach den ganz freien nordischen Strömen und Wegen hinziehen wird; hat der Güterzug aber einmal einen andern Weg gefunden, so wird es Mühe kosten, ihn wieder auf den Rhein zurückzubringen. Der Rheinschiffahrt, dem Rheinhandel, ja dem ganzen rheinischen Verkehre droht somit ein empfindlicher Schlag, wenn das Minoritätsgutachten durchgeht, und das ist möglich, denn das Interesse vermag viel und die Betheiligten sind sehr thätig und rührig. Die Handelskammer hat die Wichtigkeit dieser Entscheidung erkannt; sie hat eine Deputation nach Frankfurt abgeordnet, um dort die Interessen des Rheinhandels zu wahren; die Herren von der Handelskammer haben mir in Frankfurt den Zweck ihrer Sendung mitgetheilt, und ich bin mit ihnen bei dem Reichsminister gewesen, um das Erforderliche einzuleiten. Es ist allerdings Sache der Handelskammer, aber auch Sache aller am Rheine gelegenen Städte und Communen, und besonders Sache des Gemeinderathes von Köln, Schritte zu thun, damit die Rheinschiffahrt und der Handel keine Beeinträchtigung erleide. Ich erlaube mir deshalb den Antrag zu stellen, der Stadtrath möge eine Kommission ernennen, welche eine Petition entwerfe, um dem Rheine dieselben Freiheiten und Begünstigungen zu vindiziren, welche den übrigen deutschen Strömen zuerkannt werden. Geschieht dies und folgen die andern Gemeinden nach, so wird die Deutsche Nationalversammlung das Minoritätsgutachten gewiß verwerfen und gegen die erhobenen Reklamationen nicht das Interesse der Rheinländer verletzen.
Heuser. Ich glaube, wir dürfen unserem Vertreter in Frankfurt für seinen Antrag sehr dankbar sein und ihn mit allen Kräften unterstützen. Gewiß ist die Sache von der größten Wichtigkeit; der Flor des Rheinischen Handels hängt davon ab und es handelt sich darum, ob Köln seine hervorragende kommerzielle Stellung, die es bisher so ehrenvoll behauptet, aufopfern soll. Es ist allerdings wahr, daß Holland uns lange genug mit seinem jusqu'à la mèr und jusque dans la mèr chikanirt, oder ich möchte sagen, gehöhnt hat; denn für mich ist es nicht zweifelhaft, daß, wenn eine Straße jusqu'à la maison führt, sie auch bis in das Haus führen soll. Aber die Zeit dieser Schmach wird hoffentlich doch nun vorbei sein; wir werden doch solcher Repressalien, wie Flußzölle, Belästigungen des Verkehrs, nicht bedürfen, um uns in Holland unser lang vorenthaltenes Recht zu verschaffen; wir werden doch wohl eine andere Sprache führen dürfen, um unserer Flagge ungehinderten Eingang in Holland zu erwirken. Deshalb hoffe ich, daß wir Alle dem Antrage des Herrn Raveaux zustimmen, und wir Hand in Hand mit der Handelskammer die nöthigen Schritte thun.
Hölterhoff. Ich stimme dem Gesagten vollkommen bei, glaube aber nicht, daß die Schuld an Holland liegt, sondern daß die Norddeutschen diesen Pretext ausbeuten wollen, um in ihrem Interesse den Güterzug vom Rheine weg nach dem Norden zu ziehen.
Raveaux. Die Handelskammern sind der Meinung, der Rhein dürfe den andern Flüssen nicht hintenangesetzt werden. Es kann nun der Fall sein, daß Holland der deutschen Flagge Freiheit auf dem holländischen Stromgebiete gewährt, wenn es dieselbe Freiheit auf dem deutschen genießt; aber vielleicht wird es sagen, Ihr könnt deshalb doch nicht verlangen, daß ich auch den Schiffen anderer Nationen. z. B. Englischen, Französischen, Dänischen etc. die gleichen Begünstigungen in Holland gewähren muß, wenn sie mit Deutschland verkehren, deshalb wäre es vielleicht rathsam, vorab mit Holland in Unterhandlung zu treten, um über diesen Punkt ins Klare zu kommen. ‒ Wenn man die Rheinschifffahrts-Akten und das veröffentlichte Budget der Rheinzollgefälle durchliest, so muß man zu dem Glauben gelangen, daß die Rheinuferstaaten so recht wickkürlich, oberflächlich verfahren haben, daß man ohne Kontrolle gewirthschaftet hat; da findet man z. B. bei einem Ufer aate eine Position Einnahme von 100,000 fl. und Ausgabe von 100,000 fl. in runder Summe; bei einem andern, der mehr ins Detail eingegangen, findet man circa 60,000 fl. verausgabt, von denen aber nur circa 3- bis 4000 fl. für den Leinenpfad den Rhein betreffen, die übrigen Positionen der Ausgaben hat man zu städtischen Werften und Gebäulichkeiten, ja sogar zu Eisenbahnbauten benutzt, wie die zu Bieberich; man hat den Rheinzoll nicht zu seiner Bestimmung, Verbesserung der Flußschifffahrt verwandt, sondern willkürlich damit gehaust. Damit dies künftig vermieden wird, bin ich der Ansicht daß die Flußkorrektionen aus der Reichskassa bestritten und auf die einzelnen Uferstaaten repa[unleserlicher Text]rt werden müssen.
Hölterhoff. Wir wollen nur für deutsche Schiffe Freiheit in Holland, fremde werden doch nicht kommen, weil die Seeschiffe nicht so konstruirt sind, daß sie, wie die unsrigen, auf dem Rheine fahren können; Versuche haben das bewiesen. Uebrigens, wenn englische Schiffe durch Holland nach dem deutschen Rheine passiren wollten, so würde Holland nicht wagen, die englische Flagge zu belästigen.
Seidlitz. Das ist Sache der Kommission, welche überhaupt in dieser Hinsicht mit der Handelskammer konferiren und gleiche Schritte thun wird.
Zu dieser Kommission wurden ernannt:
Heuser, Hölterhoff, Stupp, Raveaux.
Raveaux erklärt, daß er, solange er hier bleibe, der Kommission recht gern assistiren wolle.
Raveaux überreicht einen Antrag auf sofortige Einführung der Bürgerwehr zur nächsten Tagesordnung.
Der Beigeordnete Sonore verliest eine Eingabe derjenigen Arbeiter hiesiger Stadt, welche keine Arbeit haben, und worin sie um Beschaffung von Arbeit während des Winters bitten, um ihrer gänzlichen Verarmung abzuhelfen. Derselbe verliest ebenfalls ein deßfallsiges Protokoll der Behörden, worin die Frage angeregt und besprochen ist, ob es nicht zweckmäßig sei, wenn die anzustellenden Arbeiter alternirten und mit Wochen wechselten, und ob nicht des Prinzips wegen eine Lohnherabsetzung vorzunehmen sei.
Es wurden dann folgende Unternehmungen zur Beschaffung von Arbeit in Vorschlag und zur Erörterung gebracht:
1) Rodung des Escher Busches durch Kölner Arbeiter,
2) Ausbau der alten Römerstraße,
3) Abtragung des Domklosters,
4) Abtragung des Cäcilienklosters,
5) Abtragung des Margarethenberges,
6) Traßklopfen im Minoritengebäude.
Der Vorsitzende Sonore trägt vor: daß also, weil es unmöglich sei, sämmtliche Arbeiter diesen Winter zu beschäftigen, die Frage entschieden werden müsse, ob unter den sich angemeldeten Personen eine alternirende Arbeit eingeführt werden solle?
Er müsse bemerken, fährt er fort, daß die Kommission sich dagegen ausgesprochen habe, weil es
1) zu schwierig sei, und weil
2) die Arbeiter alle dadurch unzufrieden gemacht würden.
Heuser: Wenn man das Alterniren nicht einführen will, dann finde ich es anderntheils doch sehr hart, daß dann die übrigen Arbeiter gar nicht beschäftigt werden sollen. Man kann dann ja nur einige Tage in der Woche arbeiten lassen, und um so viel mehr Arbeiter anstellen.
Michels. Es sollte uns freuen, wenn die Arbeiter anerkennen, was in dieser Hinsicht der Gemeinderath für sie thue. Andere Städte haben auch nur wenige Tage in der Woche arbeiten lassen. Man kann ja auch Rücksicht bei der Anstellung auf Verheirathete und Nichtverheirathete nehmen.
Guilleaume: In den Städten, wovon Hr. Michels gesprochen hat, war es möglich auf einmal und zugleich so viele Leute anzustellen, als man wollte. Es war beim Roden. Hier kann man nur 400 Leute beschäftigen, deshalb wird nichts übrig bleiben, als daß man zum Alterniren übergehen muß. Beschäftigt man nur einen Theil der Arbeiter, so stößt man bei den Andern an, und diese glauben sich zurückgesetzt.
Sonoré: Ich wünsche, daß der Herr Stadtbaumeister darüber Ausschluß ertheile.
Der Stadtbaumeister: Ich kann nur sagen, daß da, wo im Tagelohn gearbeitet wird, alterniren zulässig ist, daß das aber bei Akkordarbeiten nicht angeht. Viele Arbeiten lassen sich am zweckmäßigsten nur in Akkord verrichten, und dabei kann man nicht alterniren lassen.
Guilleaume: Ich muß fragen, wie viele Arbeiter sich überhaupt beschäftigen lassen?
Stadtbaumeister. Am Frankenplatz ungefähr 100.
Michels: Es liegt eine große Härte darin, wenn man nur einige Arbeiter beschäftigt, die andern nicht.
Fröhlich: Ich wollte sagen, daß man dann Niemanden befriedigt und bin deshalb gegen das Alterniren. Man muß so viel Arbeit suchen als nur möglich ist.
Klein: Ob alternirt werden solle oder nicht, hängt davon ab, ob 2500 Arbeiter Arbeit finden können. Es muß zuerst aufgestellt werden, welche Arbeiten noch da sind. Mit dem Alterniren kommen die Leute drei Tage nicht in Arbeit, und verarmen dann immer mehr und mehr, weil ihnen dann in den unbeschäftigten Tagen zu viele Gelegenheit bleibt, das Verdiente zu verzehren. Die Frage über alterniren kann demnach erst zur Debatte kommen, wenn wir wissen, welche Arbeit vorhanden.
Heuser: Ich glaube, es waltet über das, was ich beantragt habe, ein Mißverständniß ob, ich meine, es solle nur einige Tage gearbeitet werden.
Der Stadtbaumeister fährt fort: Am Margarethenberge können etwa 150 Leute arbeiten, an die Chaussee ist wohl nicht zu denken, weil die Vorarbeiten erst gemacht werden müssen.
Guilleaume: Alterniren ist in andern Städten geschehen, warum soll das nicht hier geschehen können.
Michels: In andern Städten hat es auch Schwierigkeiten gegeben.
Stadtbaumeister: Wo man im Tagelohn arbeiten läßt, zumal in Massen, da geschieht nicht viel, man hält sich dann von jeder Anstrengung ab.
Sonoré: Arbeiten sind also folgende;
1) Fragt es sich, ob Schritte geschehen sollen, daß der Escher-Busch von hiesigen Arbeitern gerodet werden solle?
2) die Zülpicher Römerstraße;
3) Abtragung des Margarethenberges;
4) Abtragung des Domklosters;
5) Abtragung des Cäcilienplatzes;
6) Benutzung des Minoritengebäudes zum Traßklopfen.
Der Kostenanschlag in Bezug auf das Domkloster beläuft sich auf 4037 Thlr. 23 Sgr. 10 Pf. und davon kommen ungefähr 2000 Thlr. auf Tagelohn.
Heuser: Wir haben noch nicht gehört, wie viele Arbeiter an, der Zülpicher Straße angestellt werden können.
Viele Stimmen: Die Vorarbeiten sind ja dafür noch nicht beendigt.
Guilleaume: Die Frage des Alternirens kann also aufgeschoben bleiben.
Stupp: Ist noch keine Aussicht da, bei den projektirten Eisenbahnen Arbeiter unterzubringen?
Soroné: Nach allen Aussichten noch nicht. Ich beantrage, daß man sorge, daß die Vorarbeiten zu der Zülpicher Straße bald in Angriff genommen werden, denn da lassen sich viele Arbeiter anstellen. Die kön. Regierung wird damit nicht säumen.
Klein: Wenn bloß zwei Stunden Weges von der Zülpicher Straße in Angriff genommen werden, dann ließen sich viele Leute anstellen und wir könnten unsere Arbeiter den ganzen Winter über beschäftigen.
Stupp: Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es uns recht ist, daß die städtische Verwaltung darauf dringe, daß die Regierung die Vorarbeiten an der Zülpicher Straße beendige.
v. Groote: Es ist sonderbar, daß die Vorarbeiten nicht da sein sollen! Ich habe selbst die Geometer auf jener Straße beschäftigt gesehen, habe die aufgestellten Pfähle, die Strohwische etc. gesehen. Die Arbeiten müssen da sein. Das wäre doch sonderbar. Vor zehn Jahren sind die Vorarbeiten schon gemacht worden.
Sonoré: Darüber sind wir alle einig, daß Alles geschehe, damit Arbeit geschafft werde.
Die Leute wünschen morgen indeß Antwort auf ihre Eingabe. Ich frage daher, ob die Leute jetzt gleich beschäftigt werden können oder nicht? Die Werftmauern, d. h. Ufermauern sind noch nicht hinterfüllt. Die Stadt hat der Eisenbahn noch Grund zu liefern. Es gibt keine günstigere Gelegenheit, dies zu thun, als gerade jetzt. Würden wir jetzt den Margarethenberg wegnehmen, so kämen wir näher an den Dom und könnten mehrere Arbeiter beschäftigen.
Ich frage an, ob der Gemeinderath beschließt, daß die Ausführung jener Arbeit mit dem 15. beginne.
Michels: Alterniren oder nicht?
Sonoré: Herr Michels! lassen Sie doch diese Frage, daran sind wir noch nicht.
Wollen Sie, meine Herren, die Abtragung des Domklosters und, was schon oft vorgekommen, genehmigen, wenigstens die Erdarbeiten?
Reusch: Sollen sich die Nachbaren nicht durch Beiträge da ran betheiligen? Es pflegte dieß sonst wohl immer zu geschehen.
Sonoré: Es ist jetzt die Zeit nicht dazu da, um sich deshalb aufhalten zu lassen, aber es soll keineswegs an den desfallsigen Bemühungen fehlen.
Dumont: Wie verhält es sich mit dem Abtragen des Domklosters?
Stadtbaumeister: Es wird im Ganzen nur wenig abgetragen, und dieß ist für die angrenzenden Häuser wünschenswerth.
Sonoré: Genehmigen Sie es? Auch daß das Domkloster sehr bald in Angriff genommen werde?
Stadtbaumeister: Diese Arbeit kann füglich erst gegen das Frühjahr vorgenommen werden, indem das Kloster gleich hinterher gepflastert werden muß, was im Winter nicht geschehen kann. (Wird genehmigt, sofort in Angriff zu nehmen.)
Sonoré: Glauben Sie, daß wir Leute zum Roden nach dem Escher Walde schicken können?
v. Groote: Es lassen sich dort höchstens 36 Mann beschäftigen. Ich bitte zu bemerken, daß diese Leute in ein armes Dorf geschickt werden, wo die Einwohner selbst die Arbeit gerne betrieben, wo die hiesigen Leute keine Quartiere finden können, wo sie also in Hütten werden wohnen und ihre Menage selbst machen müssen.
Stupp: Unsere Leute können sich daran nicht gewöhnen. Die Rodleute wohnen im Busche selbst, essen, trinken und kochen sich dort.
Allgemeine Gegensprache.
Sonoré: Dort sind 36 Mann wenigstens 100 Tage mit Arbeit beschäftigt.
Klein: Wir können nichts besseres thun, als unsere Arbeiter hinschicken. Ich weiß es aus Erfahrung, daß namentlich arme Dörfer gerne Einquartirung haben, jene Arbeiter bilden dann quasi eine Einquartirung, und die Escher Einwohner werden gerne Leute aufnehmen, welche täglich 10 Sgr. zu verzehren haben, und die Escher machen mit ihren Kartoffeln, Gemüsen etc. gute und bessere Geschäfte als wenn sie ihre Produkte auf den Markt bringen.
Sonoré: Ich glaube, der Gemeinderath empfiehlt der Armenverwaltung es, hiesige Leute anzunehmen, welche freiwillig dahin gehen wollen.
Klein: Der Hr. Stadtbaumeister hat gesagt, es ginge ganz gut, Leute nach Esch in Arbeit zu schicken. Diese würden sich in vier Schachten eintheilen. Es würden sich nicht 36, sondern sogar 100 Mann dazu bereit finden.
Fröhlich: Ich muß den Wunsch ausdrücken, ‒ Herr Präsident (v. Groote von der Armenverwaltung) damit werden Sie auch wohl einverstanden sein? ‒ daß die Stadt diese Arbeit in die Hand nehme, sonst könnte die Armenverwaltung leicht durch Anstellung hiesiger Arbeiter Schaden leiden.
Klein: Ich begreife eine solche Ansicht nicht. Die Stadt muß ja stets das Defizit der Armenverwaltung aus ihrem Fond zulegen.
Sonoré: Es ist dieser Satz doch hier nicht ganz richtig, denn es ist hier die Industrieschule, welche roden läßt, welcher grade zu ihrem Betriebe der Escher-Wald geschenkt worden ist.
Frage. Soll es der Armenverwaltung empfohlen werden? Es scheint, daß der Gemeinderath damit einverstanden ist?
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Klein: Bloß empfohlen?
Sonoré: Oder soll es fest beschlossen werden?
Fröhlich: Es muß beschlossen werden.
Es wurde darauf beschlossen wie folgt: Aus der hiesigen städtischen Speise-Anstalt sollen Arbeiter zum Escher Busche zum Roden geschickt werden, und der Armenverwaltung solle davon Kenntniß gegeben werden.
Sonoré stellt dann die Frage: ob das Minoriten Lokal dazu hergegeben werden solle, um darin Traß klopfen zu lassen; oder soll dieß in dem hölzernen Lagerhause dahier geschehen?
Dann müssen wir dazu Traßsteine kommen lassen.
Genehmigen Sie, daß Traßsteine dazu beschafft werden?
Wollen Sie, dazu 600 Thlr. bewilligen?
Dr. Nückel: Ist diese Arbeit nützlich? Ist Sie nicht mit Opfern für die Stadt verbunden? Wir müssen für Arbeit sorgen, welche der Stadt nützlich ist.
Schieffer: Ich halte dies zwar für ein Mittel, viele Arbeiter zu beschäftigen. Es kann dies aber in die Privatindustrie eingreifen. Ich bin überzeugt, daß dann darüber Klagen einlaufen werden.
Sonoré antwortet: Es wird dieser Traß nicht zum Wiederverkauf geklopft; er wird blos für städtische Bauten verwandt, indem wir sonst ihn gemahlen beziehen müssen.
Es wurde die begehrte Summe dazu bewilligt.
Sonoré: Meine Herren! Aus dem verlesenen Berichte haben Sie die Bemerkung des Regierungsraths Herrn Zwirner wegen der Straßenreinigung vernommen, wobei Arbeiter untergebracht werden könnten. Es muß daher hier die Frage zur Entscheidung kommen, ob man nicht Leute als Zukehrer verwenden wolle.
Die Verwaltung wünscht, daß eine Kommission ernannt werde, welche diesen Punkt mit dem Straßenreinigungs-Unternehmen bespreche, um über die desfallsigen Kosten instruirt zu sein. Es wurde dies der Verwaltung überlassen.
Sonoré: Meine Herren. Sie werden nun darüber in Berathung gehen müssen, ob der Arbeitslohn herabgesetzt werden solle? Die Kommission ist dagegen, sie will, daß der Lohn auf 11 Sgr. stehen bleiben solle.
Stadtbaumeister: Bei den Meistern ist gegenwärtig zur Winterszeit, wo die Arbeitszeit so kurz ist, der Tagelohn 10 Sgr., während die Stadt noch 11 Sgr. zahlt, deshalb können jene schwerer Arbeiter finden und haben sich schon darüber beklagt. Eine Heruntersetzung von 11 Sgr. auf 10 Sgr. werden die Arbeiter als eine natürliche Folge der Arbeitszeit ansehen.
Klein: Meine Herren. Ich kann diese Ansicht nicht theilen, daß die Leute von den Meistern wegen des Lohnes weggehen, denn es wird ihnen stets gesagt, daß schon 1500 Mann eingeschrieben sind. Es gereicht auch eine Heruntersetzung des Lohnes der Stadt zu keinem Vortheile, indem die Arbeiter sich dann an die Armenverwaltung wenden, und von derselben mehr an Unterstützung erhalten, als den 1 Sgr. den wir mehr geben.
Dr. Nückel: Ich wünsche, daß der Grundsatz durch förmlichen Beschluß festgestellt werde: daß die Stadt weniger Lohn gebe als die Meister, damit es nicht aussieht, als lockten wir die Leute an.
Heuser: Bei weniger Lohn können die Leute doch gehörig leben, wenn sie sich einrichten; denn die Soldaten bekommen auch sehr wenig, und doch sehen sie sehr wohl aus.
Dr. Nückel: Ich würde festsetzen, daß der Tagelohn immer weniger sein soll bei der Stadt als der gewöhnliche Tagelohn-Satz.
Klein: In 14 Tagen sind keine Arbeiter mehr durch Herrn Schneider angestellt worden, wie soll es demnach den Leuten einfallen, sich um Arbeit zu melden und von ihren Meistern fortzugehen, um bei der Stadt höhern Tagelohn zu erhalten, wenn wir keine Leute mehr annehmen können.
Stadtbaumeister: Die Unternehmer am Rheine haben sich beklagt, daß die Stadt 11 Sgr. gebe.
Schieffer: Ich muß dem Herrn Dr. Nückel beistimmen. Wir müssen sorgen, daß wir die Zahl der städtischen Arbeiter eher vermindern als vermehren. Wir müssen auf Mittel sinnen, wie dies geschehen kann, und dadurch erreichen wir es. Es ist ja auf die Dauer nicht möglich, alle Leute zu beschäftigen.
Sonoré. Wir sind immer unter dem gewöhnlichen Lohnsatze geblieben.
Klein: Ich bin der Ueberzeugung, daß im Winter die Bedürfnisse der Leute größer sind als im Sommer.
Heuser: Wir müssen dies als eine Unterstützung, nicht als ein Recht auf Arbeit ansehen.
Sonoré: Ich wünsche, daß der Stadtrath festsetzt, wie hoch der Lohn sein solle.
Frage: Soll der Tagelohn stets niedriger bei der Stadt stehen, als bei den Meistern?
Compes: Ich frage, ob von Herrn Dr. Nückel ein Prinzip aufgestellt werde?
Heuser: Ja, aber nur für die Unterstützungs-Arbeiter.
Compes: Alle Arbeiter der Stadt sind jetzt Unterstützungs-Arbeiter.
Boecker: Meine Herren, wenn Sie eine Norm, ein Prinzip festsetzen wollen, so muß dasselbe auch überall und durchgehends Geltung haben. Ein solches Gesetz darf nicht jeden Augenblick Ausnahmen, Abänderungen erleiden. Nun hat Ihnen aber Herr Sonoré eben gezeigt, daß jeden Augenblick ein solcher Grundsatz zerfällt, daß Sie namentlich im Sommer keine Arbeiter finden würden. Deshalb glaube ich, müssen Sie von der Feststellung eines solchen Grundsatzes ganz absehen. Es steht Ihnen deshalb nur zu, zu bestimmen, wie hoch jedesmal der Tagelohn, und wie hoch er jetzt sein solle.
Heuser: Was Herr Dr. Nuckel gesagt hat, bezieht sich auf Unterstützungsbedürftige.
Compes: Ich muß erklären, daß ich wünsche, daß man von der Prinzipienfrage abgehe. Man muß kein Gesetz aufstellen, wo es nicht nothwendig ist. Ich wünsche, daß wenigstens vorher die Frage an die Kommission verwiesen würde.
Stupp. Was soll der Zweck eines solchen Beschlusses sein? Heute haben wir die Frage zu beantworten, welchen Lohn wir geben wollen. Man gehe indeß auf das Prinzip ein. Was thuts, wenn wir auch in der nächsten Zeit wieder davon abgehen müssen. Niemand wird dies wissen, denn Niemand wird ins Protokoll-Buch sehen.
Böcker: Ich muß beantragen, daß der Antrag des Herrn Dr. Nückel vorläufig zurückgewiesen werde, und heute nicht zur Berathung und zum Beschlusse komme, weil er gemäß der Geschäftsordnung den Mitgliedern des Gemeinderaths nicht vorher 3 Tage lang ratgetheilt worden war. Es ist dieß auch ein selbstständiger Antrag auf Festsetzung eines Prinzips, welcher als solcher mit den vorligenden praktischen Fragen nicht im Zusammenhange steht.
Compes: Ich möchte wohl für den Antrag stimmen; aber es gibt einen Kampf. Es kann dieß doch nicht der Oeffentlichkeit entzogen werden! Aber ich muß gestehen, heute bin ich auf diese Sache nicht vorbereitet, habe nicht darüber nachgedacht, und bin nicht im Stande, darüber abzuurtheilen.
Nückel: Wenn es richtig ist, daß die Geschäftsordnung das vorschreibt, was Hr. Böcker anführt, dann willige ich, in Gemäßheit der Geschäftsordnung vorläufig in eine Aussetzung; bestehe aber auf meinem Antrage und verlange ausdrücklich, daß mein Antrag, wie ich ihn gestellt habe, förmlich zu Protokoll genommen werde.
Es wird dann die Frage gestellt: Soll der Tagelohn von jetzt ab bis zum 15 März nächsten Jahres auf 9 oder 10 Sgr. gesetzt werden?
Klein: Lassen wir ihn auf Widerruf festsetzen; wie können wir heute wissen, ob es nicht nothwendig ist, schon früher als am 15. März den Tagelohn zu erhöhen oder zu erniedrigen?
Es wird dann beschlosten, daß der Tagelohn auf 10 Sgr. festgestellt werden solle.
Sonoré: Es wird jetzt an der Zeit sein, die Frage zu beantworten, ob die jetzt beschäftigten Arbeiter mit den nichtbeschäften alterniren sollen?
Der Stadtbaumeister sagt: Wo im Tagelohn gearbeitet wird, hat dieß wenig Schwierigkeit; wo indeß im Akkord gearbeitet wird, hat es mehr Schwierigkeit.
Heuser: Ich will ein Amendement stellen, daß so viel wie möglich, mehr Arbeiter angestellt werden, und daß deshalb, um dies möglich zu machen, an gewissen Tagen der Woche gar nicht gearbeitet werde.
Sonoré: Ich wünsche, daß dieses Amendement vorläufig erst an die Kommission verwiesen werde.
Klein: Jedenfalls fällt in der Folge ein Tag in der Woche aus, es bleiben demnach in der Folge nur fünf Arbeitstage, da an jedem Mittwoch abgerechnet wird. Bedenken Sie, der Mann, der seinen Tagelohn erhält, verzehrt denselben dann in den übrigen Tagen, ohne ihn seiner Familie zu bringen. Was die Unverheiratheten anbetrifft, so ist das doch Schein, daß diese allein für sich zu sorgen hätten; diese haben Brüder und Schwestern, wofür sie gleichsam wie für ihre Familie zu sorgen haben. Mit dem Alterniren helfen Sie keinem, da ein halber Tagelohn per Woche zur Subsistenz einer Familie nicht hinreicht. Im Gegentheile, Sie werden dann immer mit den jedesmal Unbeschäftigten zu kämpfen haben.
Sonoré: Ich wünsche namentlich über das Alterniren abgestimmt.
Beschluß: Die Majorität stimmt gegen das Alterniren. Dafür stimmten die Herren: Michels, Franck, Riffart und Guilleaume.
Der Oberbürgermeister trägt vor: „es sei dringend, daß der Gemeinderath wegen der Eingabe des Herrn Beigeordneten Sonoré eine nahe Sitzung anberaume.“ Und es wurde dazu die Sitzung vom nächsten Montage Abends 6 Uhr festgesetzt.
Was die Angelegenheit des Hrn. Sonoré betrifft, so ging dessen Eingabe dahin, daß er sagt, bei seinem Eintritte als Beigeordneter sei ihm blos das Baufach übertragen worden; er habe sich dem auch mit aller Liebe gewidmet. Heute aber sei Arbeit genug vorhanden für den, welcher die städtischen Arbeiten und Arbeiter leite. Er wolle gerne zu Gunsten dessen, der die Leitung der Arbeiter übernehme, auf seine Gratifikation verzichten und gerne unentgeldlich als Beigeordneter seine Funktionen vollführen.
Dann verliest der Herr Oberbürgermeister ein Schreiben des bisherigen Gemeindeverordneten Herrn Leiden, worin derselbe unter großem Bedauern anzeigt, daß überhäufte Berufsgeschäfte es nicht ferner zuließen, an den Lasten und Mühen des Gemeinderaths Theil zu nehmen, und daß er somit nach reiflicher Ueberlegung seinen Austritt anzeigen müsse. Er habe seit 23 Jahren als Gemeindeverordneter mitgewirkt, aber seine Geschäfte erlaubten es nicht ferner, noch weiterhin dem Gemeinderathe anzugehören.
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Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.