[Deutschland]
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[Fortsetzung] Diese Schaar gehörte zu einem ungarischen Husarenregimente (Palatinat-Husaren im Saatzer Kreise), welches Befehl erhalten, gegen Wien zu marschiren. Das Regiment war offen und mannhaft genug, sofort
die Erklärung abzugeben, daß es ebensowenig gegen seine Wiener, als gegen seine ungarischen Brüder marschiren werde. Es sollte daher mit Gewalt dazu gezwungen werden, zog sich zurück durch Böhmen,
wurde von östreichischen Kürassieren verfolgt und bei Trautenau zersprengt. Einzelne Theile haben sich hierhin und dorthin gerettet, von denen eine Schaar, wie gesagt, am 30. October bei Liebau die
preußische Gränze übetrat. Dort wurde ihr von dem Landrathe des Landeshuter Kreises die Wahl gelassen, entweder sogleich wieder über die Gränze zurückzugehen, oder sich entwaffnen zu lassen. Wir
Bewohner dieser Gebirgsgegend und namentlich des Waldenburger Kreises, können in dieser Schaar nichts anderes sehen, als Männer, die es ehrlich meinen mit der allgemeinen Sache des deutschen Volkes
und in Betracht, daß die alten Gränzen innerhalb Deutschlands, welches fortan ein einiges sein soll, in der alten Weise nicht mehr festgehalten werden dürfen, bitten wir:
Eine hohe Nationalversammlung wolle diese Angelegenheit zur Berathung ziehen und dafür sorgen, daß jene ehrenwerthe Schaar, welche für die deutsche, nicht für die slavische Sache die Waffen führen
will, nicht an die k. k. Militärbehörde ausgeliefert, ihr im Gegentheil die abgenommenen Waffen wieder zurückgegeben und ihre Heimkehr in ihr Vaterland besorgt und beschützt werde.“
Waldenburg den 1. Nov. 1848.
Im Namen des Kreises, die beauftragten Vertrauensmänner.
Ein Schreiben aus Friedland, Kreis Waldenburg, d. d. 31. October, schildert die Sympathie des Volkes für jene Ungarn. Es lautet:
„Ein ungarisches Regiment Husaren trennte sich vom Armeekorps des Fürsten Windischgrätz, um sich in das Vaterland durchzuschlagen; einem Theile desselben soll dies gelungen sein. Von den
Versprengten ist eine Truppe von 56 Mann mit Pferden, Waffen und Gepäck heute Nachmittag 3 1/2 Uhr hier angelangt; die Bürger haben sie mit Freuden aufgenommen und diesen unglücklichen Leuten, welche
mit ihren Pferden sehr erschöpft waren, gern Quartier und Beköstigung bis zu ihrer Erholung gewährt. ‒ Die Unglücklichen sind aber besorgt, daß von diesseitigen Behörden oder Militärpersonen
ihrem Rückmarsch nach Ungarn auf preußischem Boden wird Hinderniß in den Weg gelegt worden, oder daß sie gar gefangen, entwaffnet und an die kaiserlich-östreichischen Kommando's ausgeliefert
werden möchten; der schimpfliche Tod wäre dann unvermeidlich. Vor solchem Unglücke, glaube ich, kann sie nur unsere Nationalversammlung bewahren.
Ew. etc. ersuche ich daher recht dringend dahin wirken zu wollen, daß den versprengten ungarischen Husaren kein Hinderniß auf ihrem Rückmarsche in's Vaterland gelegt, noch weniger, daß
dieselben an ihre, wie unsere Feinde ausgeliefert werden.
Wenn dieses Schreiben, in heutiger Nacht gegen 12 Uhr abgefaßt, auch von meinen Herren Kollegen nicht mitvollzogen ist, so kann ich auf Ehre versichern, daß sich hier kein Einziger befindet,
welcher meinem Antrage entgegen ist, denn die Sympathie für unsere Gäste war allgemein; Jeder wollte gern einen Mann in's Quartier haben, und Alle wünschen die Soldaten gerettet zu
sehen.“
(gez.) Haupt, Bürgermeister.
An den Abgeordneten der Nationalversammlung in Berlin,
Behnsch.
Der Abg. Lisiecki stellt folgende dringende Interpellation an den Kriegsminister:
„Ob es gegründet ist, daß in den letzten Tagen des Monats October d. J. in Folge reaktionärer Bestrebungen der Kamarilla zu Ballenstädt und auf Grund des von derselben ausgegangenen
Ansinnens, der Kommandeur einer preußischen, in Quedlinburg stationirten Kürassier-Eskadron seine Mannschaft in den Ställen konsignirt hatte, um nöthigenfalls zur Stillung eines im Lande Bernburg
befürchteten Aufruhrs herbeizueilen?“
Der Abg. Gräff (Trier) hat folgenden Zusatz zum Artikel 5 der Verfassung gestellt:
„Jede gesetzwidrige Verhaftung verpflichtet den Staat und die betreffenden Beamten zur vollständigen Entschädigung des Verhafteten. Auch bei einer gesetzmäßigen Verhaftung, worauf keine
Verurtheilung erfolgt, muß dem Verhafteten eine angemessene Entschädigung, jedoch nur vom Staate, geleistet werden. Das Nähere wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt.“
Motive: Diese Bestimmung, welche im Wesentlichen in der neuen Verfassungs-Urkunde für das Herzogthum Anhalt-Dessau § 13 enthalten ist, rechtfertigt sich durch den civilrechtlichen Satz,
daß ein Jeder, welcher einem Andern durch Vorsatz, aus Versehen oder Irrthum einen Schaden zufügt, demselben dafür die gebührende Genugthuung leisten muß. Die Entschädigung ist höher oder niedriger,
je nachdem die Verletzung auf Vorsatz beruht, oder aus Versehen oder Irrthum hervorgegangen ist. Ein solches Versehen oder ein solcher Irrthum ist auch dann als vorhanden anzunehmen, wenn zwar die
provisorische Haft nach den Gesetzen zulässig war, dennoch aber der Verhaftete freigesprochen oder vorläufig außer Verfolgung gesetzt wird. Dem Beschuldigten muß wegen der Verhaftung in dergleichen
Fällen eine billige Entschädigung zu Theil werden; denn er kann nicht die Schuld des ihm widerfahrenen Unrechts tragen, wenn auch die Umstände anscheinend gegen ihn waren. Eine solche Bestimmung
bewirkt übrigens die richtigere und mildere Auslegung der immerhin unbestimmten Gesetze, durch welche die provisorische Haft zugelassen ist oder zugelassen werden kann.
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@facs | 0708 |
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103
] Berlin, 7. Novbr.
Die ganze Stadt ist in der größten Aufregung. ‒ Seit gestern Abend ist es durch verschiedene gutunterrichtete Quellen bekannt gnworden, daß das neue Ministerium gebildet und der Graf
Brandenburg, v. Schleinitz und v. Mannteuffel die Hauptstützen desselben seien. Wenn nun diese Namen schon beurtheilen lassen, wes Geistes Kind das neue Ministerium sein wird, so erzählt
man sich zum Ueberfluß noch, daß die neuen Minister morgen in der Nationalversammlung erscheinen und eine Königl. Botschaft mitbringen werden, wodurch die Versammlung, in Erwägung, daß dieselbe in
Berlin unter dem Terrorismus der Bevölkerung stehe und nicht mehr frei berathen könne, welches unzweifelhaft aus ihren in den letzten Wochen gefaßten Beschlüssen hervorgehe, welchen der König seine
Sanktion unter solchen Umständen nicht ertheilen könne, ‒ auf vierzehn Tage vertagt und alsdann in Brandenburg (oder Schwedt a. O. wie eine andere Version sagt) zur baldigen Beendigung
der Berathung der Verfassungs-Urkunde wieder zusammenkommen solle. ‒
Diese Nachrichten haben weniger die Linke, als das Centrum und besonders die Rechte überrascht. Die Rechte sieht nun wohl ein, daß es sich nicht mehr um Aufrechthaltung des wahrhaften
Constitutionalismus (wie sie es sich bis heute einredete), sondern um Zurückführung des alten Absolutismus unter dem Schein einer Constitution handelt.
Man erzählt, daß, im Fall sich die Nationalversammlung, wie vorauszusehen, den Forderungen des neuen Ministeriums nicht fügen, sich vielmehr für permanent erklären werde, die Versammlung
durch Waffengewalt auseinandergesprengt werden soll. ‒ Zu diesem Zwecke erwartet man, daß heute und morgen die Garderegimenter, die bisher in Potsdam, Brandenburg und deren Umgegend in Garnison
lagen, hier einrücken. Das 24. und 12. Regiment, welche einen großen Theil demokratisch gesinnter Soldaten enthalten, rückten gestern und heute aus der Stadt, um den Garden Platz zu machen. Alle
Kasernen werden aufs vollständigste verproviantirt, den Offizieren ist aufgegeben worden, ihre Privatwohnungen zu verlassen und in die Kasernen zu ziehen. ‒ Alle diese Thatsachen haben die
größte Aufregung in der ganzen Stadt hervorgebracht und Jeder sieht dem morgenden Tage mit der außerordentlichsten Spannung entgegen.
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@facs | 0708 |
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14
] Berlin, 7. Nov.
Das Neueste, was ich Ihnen mittheilen kann, ist Folgendes: Ein Exminister hat zu einem Deputirten der Aeußersten geäußert: Se. Maj. werde bald seine Residenz nach Berlin verlegen und zwar inmitten
seiner Garden. Ferner berathe man: ob die Nationalversammlung ganz aufgelöst oder blos aus der Hauptstadt verlegt werden solle. Auch denke man nicht im Allerentferntesten daran, weder
die Gottes Gnade, noch den Adel, noch die Orden abzuschaffen. Im Gegentheil wolle man sich diese Süßigkeiten erst recht schmecken lassen.
Eine zweite Neuigkeiten ist, daß gestern Nacht mehr als ein Dutzend Wagen mit Munition durch verschiedene Thore der Stadt einfuhren, und heute Morgen jrder Soldat 150 Patronen erhielt.
Combiniren Sie selbst über die Bedeutung dieser Pulververstärkung.
Im Uebrigen ist es mäuschenstill hier, als ob sich alle fremden und hiesigen Demokraten in ihre Löcher verkrochen hätten. Freilich schwebt das blutige Schwert des Windischgrätz über unsern
Häuptern, und der Hunger wüthet in den Eingeweiden der Proletarier.
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@facs | 0708 |
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] Berlin, 8. November.
Die „Neue Preußische Ztg.“, deren sinnreiche Einfälle wir von Zeit zu Zeit unsern Lesern zu Gute kommen lassen, schlägt vor, das zu erwartende neue Ministerium „das
Ministerium der thierischen Soldateska“ zu taufen. Du ahndungsvoller Engel Du!
Namen gefunden ist alles gefunden, weil
Jede Krankheit, um sie kuriren zu können,
Zunächst benamset werden muß.
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@facs | 0708 |
Berlin.
Einladung zu einem Kongreß der Bürgerwehr Preußens in Berlin, am 27. Nov. 1848.
Der Wunsch, eine gemeinsame Verständigung der gesammten Bürgerwehr des preußischen Staates durch erwählte Vertreter derselben herbeizuführen, erscheint in mehr als einer Hinsicht
gerechtfertigt.
1. Das so eben erlassene Bürgerwehrgesetz erheischt eine Berathung sachverständiger Männer, um die Frage zu enscheiden:
ist die vielseitige Mißstimmung gegen das Gesetz gerechtfertigt, welche Punke erregen diese besonders und wie sind diese im Wege der Gesetzgebung abzuändern?
Der in solcher Weise besonnen aber entschieden ausgesprochene Wille der Gesammt-Bürgerwehr wird sicherlich die ihm gebührende Anerkennung vor der National-Versammlung finden.
2. Stehen die Bürgerwehren der einzelnen Gemeinden nach der bisherigen Organisation, so wie nach dem Bürgerwehrgesetz völlig isolirt da, so bietet sich von selbst die Frage:
ist es nicht dringend wünschenswerth, daß alle diese Kräfte für den Augenblick der Gefahr, die unserm Vaterlande drohen kann, sich als ein innig verbundenes Ganze fühlen, das nach einem Ziele und
nach einem Plane handelt?
Soll aber ein solches einiges Handeln im Augenblicke der Gefahr eintreten, so scheint es nothwendig, dasselbe in ruhigeren Zeiten vorzubereiten durch eine gemeinschaftliche Organisation der
Gesammt-Bürgerwehr des Vaterlandes, wie ja diese in den Nationalgarden anderer Länder besteht. Es kommt also darauf an, die Grundzüge einer solchen Organisation in gemeinsamer Berathung zu entwerfen,
um so ihre gesetzliche Einführung vorzubereiten. Hier wird unter Anderem auch das Dienstreglement in seinen Hauptbestimmungen zu besprechen sein, damit dies ein möglichst gleichmäßiges durch das ganze
Land werde. Denn nur dann kann die Bürgerwehr mit Aussicht auf Erfolg gemeinschaftlich wirken, wenn sie ein aus gleichartig gebildeten und gleichmäßig eingeübten Theilen bestehendes Ganze bildet.
3. Endlich ist von dem Verhältniß der Bürgerwehr zum stehenden Heere und der Landwehr bisher noch nirgend Etwas festgesetzt. Das Bürgerwehrgesetz läßt das Verhältniß ganz unberührt. Die Bürgerwehr
darf aber wohl nicht völlig isolirt dastehen, sie muß in irgend einer Weise einen Theil der gesammten Heeresmasse ausmachen.
Nur wenn die Bürgerwehr eingefügt wird in den allgemeinen Organismus der bewaffneten Macht, wenn die verschiedenen Theile der letztern einander befreundet und ergänzend sich gegenüberstehen, kann
die Bürgerwehr sich gedeihlich entwickeln, auch in politisch weniger aufgeregten Zeiten ‒ wo die Nothwendigkeit ihres Bestehens sonst vielleicht in den Hintergrund gedrängt würde ‒
lebenskräftig sich erhalten und so sich in der That bald zu einer allgemeinen und wahrhaften ‒ Volkswehr ‒ einem unerschütterlichen Schutze der Freiheit und des Wohlstandes gegen innere
wie äußere Feinde erheben.
In dem Vorstehenden dürfte ein genügender und allgemein wichtiger Stoff für einen Bürgerwehr-Congreß sich darbieten, und durch die erscheinenden Deputirten gewiß noch ansehnlich vermehrt
werden.
Durchdrungen von der Wichtigkeit der hier angeregten Fragen sehen wir uns zur Zusammenberufung eines Bürgerwehr-Congresses veranlaßt. Wir laden daher alle Bürgerwehren Preußens zu einem solchen auf
den 27. Novembers dieses Jahres und die folgenden Tage nach Berlin hierdurch ein.
Was den Vertretungsmodus angeht, schlagen wir vor, daß jede selbstständige Bürgerwehr einen Deputirten schicke, die Bürgerwehr größerer Städte aber auf je 1000 Mann einen Vertreter erwähle.
Wünschenswerth wäre hierbei, daß die Deputirten wirklich Mitglieder der betreffenden, jedenfalls aber Mitglieder der Bürgerwehr überhaupt sind, damit der Kongreß sich nicht in theoretischen
Erörterungen verliert, sondern seine Beschlüsse überall von einer praktischen Erfahrung geleitet werden.
Es wird bemerkt, daß die Bürgerwehr Berlins in keinem Falle stärker vertreten wird, als nach dem oben angedeuteten Maßstabe.
Die Anmeldungen zum Kongreß erbitten die Unterzeichneten unter der Adresse des Kommandos der Berliner Bürgerwehr ‒ portofrei ‒ recht bald, spätestens bis zum 17. Nov d. J.
Die Kosten des Kongresses werden dadurch aufgebracht, daß jeder Deputirte einen Beitrag von 2 Thlr. zahlt; über den etwaigen Ueberschuß wird der Kongreß bestimmen.
Berlin, den 26. Oktober 1848.
Die zum provisorischen Comite zusammengetretenen Bürgerwehrmänner.
Rimpler, zeitiger Kommandeu der Berliner Bürgerwehr. Franz Dunker. Eschwe. A. Glaue. Herford. H. Runge, Mitglied des Stabes. Braun, Wehrmann. Julius Friedländer, Wehrmann. Gehrke, Wehrmann. Hehlen,
Major. Krug, Mitglied der Schützengilde. Simion, Zugführer. E. Todt, zeitiger Kommandeur des bewaffneten Künstlerkorps. Werner aus Wettin, Rottenführer.
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[
!!!
] Wien, 4. Nov., Nachmittag.
Hier folgt ein Beitrag zur Geschichte der Humanität des 19. Jahrhunderts; eine kleine, schwache Scene aus dem Entrée des Städtebezwingers Windischgrätz ‒ des Schlächtermeisters Seiner
Majestät Ferdinand des Gütigen. (Der Brief ist aus verbürgter Quelle und von einem Gemäßigten.) „Die Art und Weise, wie das Militär seinen Sieg benutzt hat, empört jede menschliche Brust.
Anstatt die Bewaffneten, welche nicht mehr im Widerstande betroffen wurden, den Regeln des Standrechts gemäß fest zu nehmen und dem Kriegsgericht zu überliefern, hat man jeden einzelnen erbarmungslos
niedergemacht, und dies ist nicht etwa von den Gemeinen allein, ohne besonderes Geheiß ihrer Oberen geschehen, nein, Offiziere rühmen sich jetzt öffentlich der Befehle, die sie dazu gegeben haben. Ein
Offizier der Nationalgarde, der von dem Militär überrumpelt wurde, und nicht mehr entfliehen konnte, warf Angesichts desselben noch in einiger Entfernung den Degen fort und bat laut um Pardon. Aber
auch dieser wurde fusiilirt. Des Abends auf der Straße hat man wehrlose Leute niedergeschossen, welche auf den Ruf: Wer da! der Schildwache nicht gleich stehen blieben, sondern vor Entsetzen
die Flucht ergriffen. Einen Fall dieser Art habe ich selbst mit angesehen in der Leopoldstadt, wo zwei Menschen von zwei Kugeln durchbohrt todt niedersanken. Das kaiserl. Militär hat jedoch nicht
allein gemetzelt, es hat auch geraubt und geplündert, und zwar wie es scheint, in ganz legaler Form, ohne daß es von den Vorgesetzten daran gehindert worden wäre. Anfangs wollte ich den darauf
bezüglichen Gerüchken keinen Glauben schenken; nachdem ich es aber selbst mit angesehen habe, wie Grenadiere, welche auf dem Hofe des Gasthofs, in welchem ich logiere, kampirten, aus ihren Brodbeuteln
Sachen, wie Uhren, Lorgnetten, Damenschleier, feine Wäsche u. s. w. hervorlangten, trat die nackte Wahrheit in ihrer fürchterlichen Gestalt vor mich hin. Von den Kroaten will ich erst gar nicht reden,
denn wer diese sieht, wird bald nach ihrem Anblick unbedingt an solche Exzesse glauben. Sie sehen in Breslau öfter auf den Straßen die Topstricker aus den Karpathen. Denken Sie sich nun 250 solcher
Kerle zusammen, jeder mit einer Muskete bewaffnet und auf dem Rücken einen leinenen Sack zum Stehlen als Tornister ‒ so haben sie eine Kompagnie Kroaten, und zwar solche Kroaten, wie sie der
Stadt Wien Windischgrätz (Gott sei bei uns!) massenweise auf den Hals geschickt hat!
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@facs | 0708 |
Wien, 5. Nov.
Die „Wiener Zeitung“ bringt heute folgende Proklamationen:
Proklamation.
Die von Sr. Durchlaucht dem k. k. Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz für die Dauer des Belagerungszustandes unter meiner obersten Leitung niedergesetzte Central-Kommission hat am 2. d. M.
ihre Funktionen begonnen. Die Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit in dieser während einer längeren Zeit durch Anarchie erschütterten Hauptstadt, hat die Nothwendigkeit geboten, für den
freien Verkehr zwischen der Stadt und ihren Vorstädten einige strenge Maßregeln zu ergreifen, wobei ich nur bedauere, daß jene Maßregeln auch jene Gutgesinnten treffen, welche an dem so sehr
erschütterten öffentlichen Rechtszustande keinen Antheil genommen
[0709]
haben. Diese von der Sicherheit angezeigten Verfügungen sind jedoch einzig und allein nur durch den hartnäckigen Widerstand herbeigerufen worden, welchen die Partei der Bewegung und Empörung der
rechtmäßigen Gewalt entgegengesetzt, und mit ihrem Terrorismus selbst die aus der Mitte der Bewohner der Hauptstadt aufgestellte Repräsentation der Art einzuschüchtern gewußt hat, daß selbe die
bereits angebotene und abgeschlossene Kapitulation zuzuhalten nicht im Stande war, daher die Stadt gegenüber des k. k. Armee-Oberkommando's als treulos und wortbrüchig erscheinen ließ. Wenn der
gutgesinnte Theil der Bevölkerung, zu dem ich nach meiner Ueberzeugung den größeren Theil der Bevölkerung rechnen kann, mich in der mir übertragenen schwierigen Aufgabe unterstützt, und mir dazu die
Hand bietet, den Uebergang von der Anarchie zu dem geregelten, konstitutionnellen Rechtszustande zu beschleunigen, werde ich es mir zur gewissenhaften und angenehmsten Pflicht machen, der Bevölkerung
Wiens alle jene Erleichterungen zukommen zu lassen, welche mit dem Belagerungszustande verträglich sind.
Dieser kann ja ohnehin nur den Uebelgesinnten fühlbar treffen, der Gutgesinnte kann und soll davon nicht betroffen werden. Ich fordere Gehorsam dem Gesetze, Achtung und Folgsamkeit den öffentlichen
Behörden und den von ihnen ergehenden Verfügungen, Schutz dem öffentlichen und Privat-Eigenthum.
Ich wünsche, daß Alle zu den gewohnten rechtlichen Beschäftigungen zurückkehren, und daß die Bewohner Wiens durch die That beweisen, daß es ihnen um die Erhaltung der Ruhe und Ordnung Ernst sei;
dann werde auch ich mich in die Lage gesetzt sehen, den freien Verkehr zwischen der Stadt und den Vorstädten gleich zu eröffnen.
Mit der gesicherten Ruhe und Ordnung werden sich alle Erwerbsquellen wieder eröffnen, es wird sich der Privat-Kredit herstellen und befestigen, und es wird Wien wieder jenes gemüthliche Aussehen
erlangen, welches seinen Zustand zum beneidenswerthen in der Monarchie und im Auslande gemacht hat.
Sehr glücklich werde ich mich schätzen, diesen Wunsch zur Wirklichkeit realisirt zu sehen, und mit dieser Aussicht auf eine segensreiche Zukunft begrüße ich die Bewohner der unter meine Obhut
gestellten Hauptstadt.
Wien, am 3. November 1848.
Von dem Vorstande der Central-Kommission k. k. Stadt-Kommandantur.
Freiherr von Cordon,
k. k. General-Major.
Kundmachung.
Um den Verkehr zwischen der Stadt und den Vorstädten zu erleichtern, habe ich zu bestimmen gefunden, daß an dem Burg-, alten Kärnthner-, Stuben-, Rothenthurm- und Schottenthore von 5 Uhr Morgens
bis 7 Uhr Abends die freie Passage den Fußgehern und Fahrenden in der Art geöffnet werden soll, daß Jedermann während diesen Stunden die bezeichneten Thore passiren kann, ohne einen Passirschein zu
benöthigen.
Nach 7 Uhr Abends wird jedoch die Passage nur gegen Vorweisung eines Passirscheines gestattet werden.
Wien, am 4. November 1848.
Von der Central-Kommission der Stadt-Kommandantur.
Kundmachung.
Auf hohen Befehl bringt der Gemeinderath der Stadt Wien folgende von der Central-Kommission der k. k. Stadt-Kommandantur angeordnete Maßregel zur allgemeinen Kenntniß:
Unter den Bedingungen, welche der Herr Armee-Oberkommandant Se. Durchlaucht der Fürst zu Windischgrätz in seiner Proklamation vom 23. Oktober d. J. für die Uebergabe der Hauptstadt Wien festgesetzt
hat, erscheint im §. 3 die anbefohlene Auslieferung der durch nachträgliche Zuschriften bezeichneten Individuen, als: des gewesenen königl. ungarischen Unterstaatssekretärs Pulsky, des polnischen
Emissärs Bem, des Nationalgarde-Oberkommandanten Messenhauser, des bei diesem Kommando verwendeten Fenneberg, und endlich des als Aufwiegler bezeichneten Schütte. Wegen der besonderen Gefährlichkeit
dieser fünf Individuen, und weil sie als die Hauptursachen der letzten Empörung, die auf den Umsturz der Monarchie hingearbeitet hat, angesehen werden, wird von Sr. Durchlaucht dem Herrn Feldmarschall
Fürst zu Windischgrätz mit unnachsichtlicher Strenge auf ihre Habhaftwerdung gedrungen, und hievon die Möglichkeit abhängig gemacht, den freien Verkehr zwischen der Stadt und ihren Vorstädten
herzustellen, und überhaupt die möglichsten Erleichterungen in dem Belagerungszustande eintreten zu lassen. Zu diesem Ende werden jene Wohnparteien, bei denen sich etwa ein oder das andere dieser
Individuen aufhalten sollte, dringendst aufgefordert, binnen 6 Stunden davon die Anzeige zu machen, weil sonst gegen den Dawiderhandelnden das standrechtliche Verfahren eintreten würde.
Wien, am 4. November 1848.
Vom Gemeinderathe der Stadt Wien.
Kundmachung.
Das hohe k. k. Militär-Kommando hat, um die Versehung der Hauptstadt mit den nöthigen Lebensmitteln so schnell als möglich zu bewerkstelligen, nachfolgende Bestimmungen getroffen:
Sämmtlichen Landparteien und Markt-Viktualienhändlern vom Lande werden zur freien Zufuhr aller Lebensmittel die Linien Wiens geöffnet, und es steht diesen Marktparteien der Besuch der in den
Vorstädten Wiens befindlichen gewöhnlichen Marktplätze frei.
Sie haben sich jedoch bei ihrem Eintritte, sowie bei der Rückkehr durch die Linien mit Richterzetteln auszuweisen, auf welchen von den Ortsgerichten bei der strengsten Verantwortlichkeit der Name,
Charakter und Wohnort der Landparteien genau aufgeführt sein muß.
Bei der Rückkehr haben sich diese Marktparteien an den Linien der weiteren Untersuchung, welche erforderlichen Falls mit denselben vorgenommen werden wird, zu unterziehen.
Jene Marktparteien, welche nach ihrer bisherigen Gepflogenheit die Marktplätze in der inneren Stadt zu besuchen beabsichtigen, werden vorläufig bei dem Schotten-, Kärnthner- und Rothenthurmthore in
die' innere Stadt eingelassen, und sie haben sich bei ihrem Eintritte den Anordnungen der Stadtthor-Kommandanten und der städtischen Markt-Inspektion zu fügen.
Der Heu-, Stroh- und Körnermarkt, dann der Schlacht- und Jungviehmarkt wird zum gewöhnlichen Verkehre unter den gesetzlichen Modalitäten und unter jenen Vorsichten eröffnet, welche in Absicht auf
die Visitirung der Marktparteien bei den Linien bereits oben vorgezeichnet wurden.
Wien, am 3. November 1848.
Vom Gemeinderathe der Stadt Wien.
Kundmachung.
Im Laufe der letzten Ereignisse sollen beträchtliche Pulvervorräthe theils in die Stadt gebracht, theils daselbst auch erzeugt worden sein, ohne die Ueberzeugung hegen zu können, daß dieselben auch
verbraucht oder abgegeben worden wären.
Da sich in Folge dessen die gegründete Besorgniß aufdrängt, daß noch in einigen Häusern der Stadt und Vorstädte Pulver aufbewahrt oder versteckt sei, und daher Stadt und Vorstädte durch irgend eine
Unvorsichtigkeit der größten Gefahr ausgesetzt werden könnten, so sieht sich der Gemeinderath zu der dringenden Aufforderung an sämmtliche Hauseigenthümer und Haus-Administratoren veranlaßt, die ihrer
Obsorge anvertrauten Häuser sogleich von den Boden- bis zu den Keller-Lokalitäten, insbesondere aber die in denselben befindlichen Magazine auf das Sorgsamste zu untersuchen, und bei eigener
Verantwortung alle daselbst vorfindigen Pulvervorräthe an die Direktion des k. k. Zeughauses abzuliefern.
Wien, am 3. November 1848.
Vom Gemeinderathe der Stadt Wien.
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@facs | 0709 |
Wien, 4. Nov.
Der gestrige Tag verlief so wie der heutige ganz ungestört. Das Militär kampirt fortwährend in den lebhaftesten Straßen der Stadt. Die Stimmung der Stadt ist sehr gedrückt. Die Stadt ist durch
Militär noch immer von den Vorstädten abgesperrt und dadurch jede Kommunikation gehemmt. Der Gemeinderath gab gestern wieder sein erstes Lebenszeichen. Er macht die Hauseigenthümer dafür
verantwortlich, daß die Entwaffnung bald beendet werde, welches zu bewerkstelligen der Marschall einen neuen Termin von 12 Stunden mit dem Beisatze bewilligte, daß jeder, der nach dieser Frist mit
Waffen getroffen wird, der standrechtlichen Behandlung verfällt. Der Verkehr stockt gänzlich; alle Kaufmannsläden sind geschlossen. Der Mangel an Silbergeld ist ungeheuer fühlbar. Die Soldaten
erhalten ihre Löhnungen mit Banknoten ausgezahlt; da ihnen dieselben natürlich Niemand wechseln kann, so glauben sie, es wäre dieses eine Bosheit des Volkes. Dieselben scheinen wenig Kenntniß von der
Lage der östreichischen Finanzen zu haben.
Die meisten hiesigen Redakteure, insofern man ihrer habhaft werden konnte, sind verhaftet. Von den Deserteuren, die ihre Truppen verließen, um sich an das Volk anzuschließen, sind bereits Viele
wieder eingebracht und sogleich erschossen worden. Wien ist so ruhig, daß man beinahe nicht glauben kann, es habe daselbst je eine Aufregung geherrscht.
Der Reichstag hatte am 31. Okt. noch eine Sitzung gehalten, in welcher, obgleich die Anzahl von 172 Mitgliedern nicht beschlußfähig war, eine Adreße an den Kaiser angenommen wurde, die gegen die
Vertagung des Reichstages bis zum 15. November und die Verlegung nach Kremsier protestirt.
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@facs | 0709 |
Wien, 6. Novbr.
Gestern wurden einige Stadtthore zur freien Passage geöffnet, welches uns Gelegenheit bot, einen Rundgang durch die Vorstädte zu machen. Schauderhafte Kriegsverwüstung zeigte sich uns überall, wo
der Angriff der Truppen statt gefunden hatte. Besonders ist die Jägerzeile, Landstraße und Weißgerbern hart hergenommen worden.
Beinahe der größere Theil der stattlichen Gebäude, welche die Jägerzeil einsäumten, und die unläugbar zur Zierde Wiens gehörten, liegt in Asche, und nur schwarzgebrannte Mauern stehen noch als öde
Ruinen da. Der Kampf muß dort furchtbar wüthend gewesen sein. Jedes Haus scheint eine Festung gebildet zu haben, die nur im Sturme genommen werden konnte. Die Unzahl von Kanonenkugeln des schwersten
Kalibers, die in den Mauern stecken und unter dem Schutte liegen, geben Bestätigung von einer riesenhaften Gegenwehr. Daß die aus Wiener Bevölkerung bestehende Mobilgarde in dem Kampfe der Oktobertage
eine in der Geschichte beispiellos dastehende Unerschrockenheit, Aufopferung und Hingebung für eine Sache, zu deren Gunsten sie die Führer im höchsten Grade zu begeistern wußten, bewiesen hat, kann
Niemand ableugnen, der den Gang und die Dauer des Kampfes beobachtete. Als am 31. der Kampf neuerlich begann, mögen es kaum 3 bis 400 Mobilgarden gewesen sein, welche die Stadtwälle noch besetzt
hielten, und eine ganze Armee von dem konventionsmäßigen Einmarsche in die Stadt durch beinahe 3 Stunden abhielten. Man spricht, daß Alle, welche am Abende dieses Tages noch mit den Waffen in der Hand
betroffen werden, zur Armee assentirt werden sollen. ‒ Das 1. Armeekorps der in Wien lagernden k. k. Truppen ist bereits zum Abmarsche nach Ungarn gegen Preßburg und Pesth aufgebrochen. Fürst
Windischgrätz soll dasselbe begleiten; General Cordon hat das Kommando der Stadt Wien übernommen.
[(A. O.-Z.)]
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@facs | 0709 |
Wien, 4. November, Nachmittags.
Bis jetzt sind noch so wenige Passier- und Geleitscheine, mit welchen man vor die Barrieren kommen kann, ertheilt worden, und die Untersuchungen bei allen, die die Linien passieren, ist so streng,
daß auch dieser Weg, Waffen wegzubringen, für die erstere Zeit, und in so lange Wien zwei Meilen im Umkreise in Belagerungszustand erklärt bleibt, gänzlich versperrt ist. Zudem muß die zur
Waffenübernahme bestimmte Kommission bereits an den ungeheuren Quantitäten Waffen, welche seit drei Tagen eingeliefert wurden, recht gut erkennen, daß von dem erstürmten kaiserlichen Zeughaus nichts
oder nur wenig abgehen kann, und von den eingelieferten Privatwaffen noch ein drittes Zeughaus gefüllt werden kann. Ich war heute Augenzeuge, wie sich unter den bei einer Thorwache zusammengetragenen
Waffen aller Art mehrere Offiziere die schönsten und werthvollsten Säbel aussuchten und als gute Beute forttragen ließen, obgleich der Herr Oberbefehlshaber in seiner Proklamation die Zusicherung
giebt, daß die abgelieferten, mit dem Namen des Eigenthümers bezeichneten Waffen, wieder zurückerstattet werden. Eine ähnliche Zusicherung wurde auch den Pragern und mehreren Deputationen, die zu
dieser Zeit von Wien nach Prag kamen und ihre Waffen abgeben mußten, gegeben, bis jetzt aber nicht erfüllt.
Großen Schaden hat auch ein Theil der Vorstädte Landstraße und Metzleindorf erlitten. Der Brandschaden dürfte in diesen Theilen weniger groß gewesen sein, da außer den ausgedehnten
Maschinenfabriken der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn keine industriellen Bauten in Flammen aufgingen, aber geplündert und gemordet wurde mehr als in der Leopoldstadt, und man konnte dieser Tage Banknoten
von einhundert Gulden, deren Werth die Räuber nicht kannten, um einige Silberzwanziger kaufen; ein Packet verschiedener österreichischer Staatspapiere, im Werthe von 22,000 Fl., wurde einem Bekannten
von einem Kroaten um fünf Zwanziger verkauft, welcher aus der dabei befindlichen Ankaufs-Note den Eigenthümer erkannte und demselben das so wohlfeil zurückgekaufte Habe vor einer Stunde
zurückstellte.
Die Verfolgungen und Verhaftungen aller Freigesinnten, von welchen eine genaue Proscriptionsliste in Windischgrätzs Händen ist und den wieder neu auflebenden Polizeibehörden viel zu schaffen macht,
sind noch immer an der Tagesordnung. In welchen Lokalitäten diese Unglücklichen verkümmern und als Hochverräther ihr Leben enden werden, wird möglichst zu verbergen gesucht ‒ einige sechszig
Personen, so hörte ich heute von verschiedenen Personen erzählen, sollen bereits gestern erschossen worden sein, darunter nennt man Bem, Messenhauser, Maler Aigner, Hauptmann der
akademischen Legion, Bilderhändler Kellner, Hauptmann der mobilen Garde, Dichter Kaiser, Dr. Becher Riederhuber, Hrezka, Gritzner, Haug, die 4 Letztern sind Redakteure und Mitarbeiter
der Constitution, dessen Gründer Häfner wahrscheinlich auch nicht mehr am Leben ist.
Robert Blum soll heute früh gefänglich eingezogen worden sein, also als Frankfurter Reichstagsdeputirter nicht geschützt.
Prof. Füster, erzählt man, habe sich erschossen. Dies Alles ist nur als umlaufendes Gerücht im Publikum bekannt, für Denjenigen aber, der Gelegenheit hat, den Despotismus, welchen die
jetzigen Gewalthaber ausüben, zu beobachten, durchaus nicht befremdend, sondern sehr wahrscheinlich. Die Reichstagslokalitäten sind vom Militär besetzt und können nicht benutzt werden. ‒ Was
bis zum 15. Nov. mit der konstituirenden Versammlung geschehen und ob solche in Wien verbleiben oder in Kremsier tagen wird, dürfte uns die nächste Zukunft anschaulich machen.
Bereits heute hat sich ein Armeekorps zur Bestrafung Ungarns in Marsch gesetzt; aus Polen, Siebenbürgen und Croatien sind viele Truppen zu derselben Bestimmung marschfertig gemacht worden. Alles
ist der Meinung, daß die ungarische Nation einen verzweifelten Kampf kämpfen wird. Die Ungarn haben bei Todesstrafe die Ausfuhr von Lebensmitteln aller Art nach Oestreich verboten. Welche enorme
Theurung muß dieser Krieg, der die Pulsader der östreichischen Industrie abschneidet, hervorbringen, da Ungarn die Kornkammer von Oestreich ist und Fett und Fleisch, die sonst in den größten
Quantitäten von den Donaufürstenthümern importirt wurden, auch nicht mehr zu transportiren sind, da keine Dampfschiffe und sonstige Kommunikationsmittel zu benutzen sind und in der Moldau und
Wallachei große Unruhen ausgebrochen und ebenfalls Noth, Elend und Viehseuche herrscht.
[(A. O. Ztg.)]
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Wien.
Zur Paralele zwischen den verläumdeten Proletartern, den „Räubern„ und den kroatischen „Freunden der Ordnung und verfassungsmäßigen Freiheit“ diene auch folgende Notiz
der speichelleckenden “Const. Blätter aus Böhmen“:
Am meisten Furcht hatte man wegen eines Angriffs auf die Bank. Das Volk hat sich, was Eigenthum betrifft, vortrefflich benommen; noch wurde kein Angriff auf dasselbe bekannt, und kein Fall
von Plünderung oder ärgerem Exzesse ist bekannt geworden. Allein das Silber in der Bank war gar zu lockend, obwohl es in dreifach gewölbten Kellern liegt. Die Bücher wurden einzeln bei mehren Privaten
untergebracht; die fertigen Banknoten aber in die Keller gelegt, und die Vorrichtung bereit gehalten, um diese nöthigenfalls unter Wasser zu stellen. Eine solche Vorrichtung soll beim Bau der Bank
getroffen worden sein; man brauchte sie aber nicht, denn es geschah kein Angriff.
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@facs | 0709 |
[
*
] Wien.
Die würdige Frankfurter Centralgewalt hat eine Note an das k. k. Justizministerium zu Wien erlassen. Etwa um gegen die Mordthaten, Schändungen, Plünderungen, Brandstiftungen u. s. w. drohend
zu protestiren? Nein! Der würdige Justizminister R. Mohl, dieser abgelegte liberale Professor, hat ein neues Mittel gefunden, um „das Vaterland vor dem Versinken in ein Meer von Blut und Greuel
zu bewahren.“ Er protestirt gegen etwaigen Gebrauch, den der weichherzige Ferdinand von seinem Amnestierechte zu machen sich veranlaßt finden könnte. Er protestirt gegen die Möglichkeit eines
solchen Einfalls des Chalyfen. Die Reichsgewalt hat die Pointe ihres Wirkens gefunden. Unbezahlbarer Einfall der Reichsgewalt und der „politisch hervorragenden Person Mohl.“ Den
folgenden Erlaß muß man in Erz gießen und als Gesetztafel in dem Allerheiligsten der Paulskirche aufhängen.
Aller heroischster Mohl!
„Es geht durch alle öffentlichen Blätter die Erzählung, daß in Folge der jüngsten Ereignisse in Wien ein Arbeiter in einer öffentlichen Versammlung (es wird sogar der Reichstag selbst
genannt) erschienen sei, sich seines Antheils an der Ermordung des Generals Latour zu rühmen. (Nr. 285.) Derselbe soll die Versammlung nicht nur unangefochten verlassen, sondern zum Theil sogar
Beifall erhalten haben. Ferner werden Aktenstücke bekannt gemacht, in welchen einerseits Amnestie für alle während jener Ereignisse vorgefallenen Handlungen verlangt, andererseits dieses Verlangen,
ohne Unterscheidung zwischen politischen Vergehen und gemeinen Verbrechen, in Erwägung genommen wird. Ob diese Thatsachen wahr sind, ist natürlich hier in der Entfernung und bei der Verwirrung aller
Nachrichten nicht zu ermessen. Wenn Dem aber so wäre, so hält sich das Reichsministerium in einer für die Sicherheit und das Wohl ganz Deutschlands so verhängnißvollen Sache für eben so berechtigt als
verpflichtet, nachstehende Erwägungen dem kaiserl. Justizministerium mitzutheilen.
Die provisorische Centralgewalt ist natürlich an sich weit entfernt, sich irgend einen Einfluß auf das Begnadigungs- oder Amnestirungsrecht Sr. Maj. des Kaisers von Oestreich anzumaßen; allein sie
kann doch nicht unbemerkt lassen, daß die Art und Weise der Ausübung dieses Rechts in der vorliegenden Sache einen höchst verderblichen Einfluß auf ganz Deutschland ausüben könnte.
In den letzten Wochen sind wiederholt Morde an politisch hervorragenden Personen begangen worden, zum Theil unter Umständen, welche einem Barbarenvolke zur Schmach gereichen würden. Eine
Straflosigkeit dieser Verbrechen müßte den verderblichsten Einfluß auf das Rechtsgefühl der ganzen Nation ausüben, alle Begriffe von Schuld und Strafbarkeit verwirren. Ueberdies ist es ja bekannt, daß
Beispiele von Mordthaten nur allzu leicht Nachahmung finden, namentlich wenn sie gar, wie dies jetzt leider in Deutschland nicht selten geschieht, wo nicht geradezu gelobt, doch wenigstens
entschuldigt und als etwas sich von selbst Verstehendes dargestellt werden. Die provisorische Centralgewalt für Deutschland könnte es daher nur tief beklagen, wenn die verantwortlichen Räthe einer
deutschen Regierung politische Begnadigungen und Amnestien auch auf solche schauderhafte Verbrechen ausdehnen, anstatt alle Kraft der Gesetze zu deren schleunigsten Entdeckung und rechtlicher
Bestrafung anwenden würden; davon gar nicht zu reden, daß ein Zusammenwerfen politischer Handlungen und ihrer Begnadigung mit den gräulichsten Missethaten nichts weniger als gerecht gegen die Urheber
der erstern ist, welche man doch für entschuldbar hält oder versöhnen will. Das Reichsministerium ist überzeugt, daß das kaiserl. Justizministerium diese Ansicht völlig theilt, und es steht daher auch
einer Erfüllung des Wunsches mit Vertrauen entgegen, daß das kaiserl. Justizministerium ihm über den Thatbestand, welcher obigen Nachrichten zu Grunde liegt, gefällige baldige Mittheilung mache, und
daß es bei seinen Anträgen auf Begnadigung und Amnestirung diejenigen Gränzen beobachten möge, bei deren Aufrechterhaltung allein die Reichssicherheit in Deutschland aufrecht erhalten und das
Vaterland vor dem Versinken in ein Meer von Blut und Gräuel bewahrt werden kann. Frankfurt, 14. October 1848.
Der Reichsminister der Justiz, Mohl, Dr. Mettenius.
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@facs | 0709 |
[
*
] Prag, 4. Nov.
Unsere Deputirten sind gestern unverrichteter Sache von Olmütz zurückgekommen. Die Lobkowitz'sche Beleidigung soll ein „Mißverständniß“ gewesen sein. Nichtssagende Worte, die
noch dazu von dem kaiserlichen Idioten abgelesen wurden, waren Alles, was die Deputirten zu erlangen im Stande waren. Etwelche Wessenberg'sche Schönrednerei und Schwarzenberg'sche
Lanzknechtsgrobheit bildeten die angenehme Zugabe.
Hier herrscht große Aufregung, und man fürchtet, daß das Proletariat einen Schlag beabsichtigt. Das Zeughaus ist deswegen besetzt, die Bürgerwehr vermehrt und Kavallerie in die Stadt gezogen
worden.
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@facs | 0709 |
[
*
] Aus Oesterreichisch-Schlesien, 4. Nov.
Die Bauern in unsern deutschen Bezirken erheben sich. Am 2. November wurde, trotz des Einschreitens der Jägerndorfer Nationalgarde, das Schloß des Grafen Heinrich Arco in Gotschdorf von wüthenden
Massen demolirt; in Geppersdorf (eine Stunde von Gotschdorf) beabsichtigte man auch einen Angriff, weshalb sich der Ex-Polizeiminister Sedlnitzky nach Olmütz flüchtete; auf der Herrschaft des Baron
Scribensky in Schönhof sind große Verwüstungen angerichtet worden, und auf den Gütern des Grafen Larisch-Mönnich stand ein Ausbruch zu erwarten. Alle diese Vorfälle haben mit den Scenen in Gallizien
vom Jahre 1846 eine drohende Aehnlichkeit.
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@facs | 0709 |
Frankfurt, 7. November.
Sitzung der National-Versammlung. (In der reformirten Kirche).
Tagesordnung.
1. Ersatzwahl eines Mitgliedes in den Ausschuß für die Geschäftsordnung.
2. Berathung über den Antrag des Abgeordneten Biedermann, das Verhältniß der königlich sächsischen Regierung und Ständekammer zur Centralgewalt betreffend.
3. Berathung über den Antrag des Abgeordneten Jordan aus Berlin, die Posenschen Verhältnisse betreffend.
4. Berathung des vom Abgeordneten Fischer, Namens des Ausschusses für die Geschäftsordnung erstatteten Berichts, über Anträge auf Abänderung der §§ 24 und 32 der Geschäftsordnung.
5. Fortsetzung der Berathung über Abschnitt III. des Verfassungsentwurfs.
Vor der Tagesordnung.
Präsident theilt mit, daß ein landwisthschaftlicher Verein in Frankfurt zusammengetreten und sich den Herrn National-Versammlern zu geneigter Theilnahme empfiehlt.
Abg. Pektorazi (Oesterreich) tritt aus.
Das königl. preußische Stadtgericht von Rosenberg (Oppeler Kreis) schreibt an die National-Versammlung wegen gegen den Abg. Minkus erhobener Anklage. (Derselbe wird denunzirt, eine Masse
scheußlicher Aeußerungen gethan und Aufwiegelungen in seinem Wahlkreise verbrochen zu haben.) Die königl. Regierung zu Oppeln und das Rosenberger Stadtgericht erheben deshalb Anklage gegen Minkus, und
beantragen die Erlaubniß zur Untersuchung. Präsident erklärt das Stadtgericht nicht für kompetent, sich geradezu an die National-Versammlung zu wenden.
Die ganze Sache geht an den bekannten (Polizei-Untersuchungs-) Ausschuß. Schmerling (Minister) theilt mit, daß die Mißbilligungen der Reichskommissäre von der linken Seite des Hauses
ungerecht sind.
[0710]
Dieselben Kommissäre haben schon am 24. Oktober eine große Depesche von Olmütz aus anher adressirt, die aus Versehen (!) erst heute hier ankommt.
Die Depesche wird dem Ausschuß für die österreichischen Angelegenheiten vorgelegt.
Diese Depesche wird die Herren Welcker, Mosle und Windisch-Grätz rechtfertigen, und beweisen, daß die Wiener an allem Schuld sind.
Welcker, der berühmte Kommissär, (große Sensation) erstattet einen Bericht. Rechtfertigt sich, oder vielmehr, wird sich nächster Tage ausführlich rechtfertigen.
Dringliche Anträge:
Reh und Genossen: Welcker und Mosle befänden sich seit 1 Uhr am 6. November in Frankfurt. (Leises Gelächter.) Die Antragsteller verlangen Mittheilungen. (Wird zurückgezogen).
Ebenso ein Antrag von Simon aus Trier und Wesendonk.
Tagesordnung.
Nro. 2. (S. oben.) Berathung über den Antrag des Abgeordneten Biedermann.
Derselbe lautet:
„Die National-Versammlung wolle beschließen:
„Durch die Centralgewalt die königlich sächsische Regierung aufzufordern, ihr Dekret vom 28. August d. J., *)
das deutsche Verfassungswerk betreffend, zurückzunehmen, weil die demselben zu Grunde liegende Ansicht von einer Vereinbarung der
deutschen Verfassung zwischen der National-Versammlung und den Gesetzgebenden Gewalten der Einzelstaaten mit dem vom Vorparlament ausgesprochenen und von der National-Versammlung anerkannten
Grundsatze:
„daß die National-Versammlung einzig und allein die deutsche Verfassung zu begründen hat,“
im direkten Widerspruch steht.“
Unterstützt von: Rümelin. Schneider von Lichtenfels. Pretis. Pannier. Clemens. Schreiner. Fallati. C. F. Wurm. Breuning. Kunth. Pözl. A. Sprengel. Schlör. Renger. Stenzel. Frings. Laube. Wernher
aus Nierstein. Emmerling. Stahl. Burkart Barth. H. Raumer. Schierenberg. Herzog.
Schaffrath stellt ein Amendement dazu:
„Siemon von Trier habe vor langer Zeit einen ähnlichen Antrag, den preußischen Minister v. Auerswald betreffend, eingegeben. Dieser sei damals nicht als dringlich erkannt, sondern an den
Ausschuß verwiesen worden, deshalb beantragt Schaffrath mit dem vorliegenden Antrag und allen in dies Fach schlagenden eben so zu verfahren.“
Schaffrath erhält das Wort zur Begründung und führt an, daß viele andere Regierungen, besonders Oesterreich (durch Wessenberg und Pillersdorf), die Kompetenz der National-Versammlung
angetastet hätten. Die sächsische Kammer hätte dies noch am wenigsten gethan. Er rechtfertigt die sächsische Regierung, die allwärts durch Reformen, nicht wie anderswo durch Revolutionen
vorangegangen. Es seien nicht die einzelnen partikularistischen Bestrebungen der Regierung einzeln zu bekämpfen, sondern endlich einmal energisch von der National-Versammlung das Prinzip allgemein
aufzustellen und überall in Deutschland zur Geltung zu bringen. (Was Schaffrath sagt, muß sehr richtig und gut sein, denn er wird einmal von der Rechten und Centren ruhig angehört). Auch werde die
sächsische Kammer schon am 10. November, also übermorgen, geschlossen, und es läge kein Grund vor, den Biedermanschen Antrag als dringlich zu behandeln.
Biedermann freut sich aufrichtig, daß Schaffrath in seinem (Biedermanns) Sinne die sächsische Kammer und Regierung in Schutz genommen. Aber die Eitelkeit des Herrn Biedermann läßt es nicht
zu, seinen Antrag dem Schaffrathschen unterzuordnen.
Plathner und Schwerin (die Rechte) schließen sich dem Schaffrathschen Antrage vollkommen an.
In Abstimmung durch Stimmzettel wird der Schaffratsche präjudizielle Antrag mit 255 Stimmen gegen 180 angenommen. (Das ist Schaffrath noch nicht passirt !)
Die Rechte, das rechte Centrum und ein Theil der Linken stimmten dafür, fast das ganze linke Centrum dagegen.
Zur Ausführung von Schaffraths Antrag wird nach längerer Debatte ein neuer Ausschuß erwählt werden.
Man geht demnach zu Punkt 5 der Tagesordnung über. (S oben).
Der Jordansche Antrag lautet:
„Die National-Versammlung wolle beschließen:
„Obgleich es durch den Beschluß über den Raveaux-Werner'schen Antrag bereits feststeht, daß die Beschlüsse einzelner Landesversammlungen, nur in so weit sie mit denen der
Reichsversammlung übereinstimmen, Gültigkeit haben, so findet sich die Reichsversammlung, im Hinblick auf mehrere Vorgänge der jüngsten Zeit dennoch veranlaßt, nochmals ausdrücklich zu erklären:
„daß jeder, ihren Beschlüssen entgegenstehende Beschluß einer Versammlung eines Einzelstaats als an und für sich null und nichtig angesehen, und erforderlichen Falles als ungesetzliche
Auflehnung energisch zurückgewiesen werden wird.“
Wesendonk hat den präjudiziellen Antrag gestellt, auch diesen Antrag dem eben angenommenen Schaffrath'schen nach, an den neu zu erwählenden Ausschuß zu weisen.
Löwe von Kalbe empfiehl dies.
Jordan von Berlin besteht (natürlich!) darauf, daß sein Antrag gleich dran kommt.
Die Versammlung beschließt den Jordanschen Antrag gleich vorzunehmen. Die Linke und Vinke und Schwerin stimmten für Wesendonks Antrag. (Letztere beide Herren scheinen also gar keine Partei mehr zu
haben).
Zu Jordans Antrag kommen mehrere Amendements:
1) von Reh und Genossen: einfache Tagesordnung über Jordans Antrag.
2) Beseler und Genossen, motivirte Tagesordnung.
3) Wesendonk und Genossen, dito.
4) Ziegert und Genossen, dito.
5) Vogt und Genossen: Tagesordnung.
Folgen einige erweiternde Zusätze.
Jordan von Berlin beginnt die Diskussion und empfiehlt gewohnter uninteressanter Art seinen Antrag. Er spricht in kühnen Phrasen für die deutsche Einheit; schüttet einiges Gift auf die Linke
der Berliner Versammlung, und meint (zur Linken gewendet) Sie werden sich wundern, daß ich den Anlauf nehme ganz offen zu reden. (Es wundert sich aber niemand.) Während er spricht, sehe ich mir ein
wenig die Damentribüne an, die sich gewaltig über die Witze des Berliner Literaten zu langweilen scheint.) Jordan bespricht den bekannten Beschluß der berliner Versammlung über Polen. Dieser Beschluß
hätte bei den deutschen (Juden!) in Polen gerechte Entrüstung hervorgerufen. Er verliest zu dem Ende die Adresse der deutschen Posener an die Versammlung mit erhabener Stimme. Den Beschluß der
Berliner nennt Jordan einen stiefmütterlichen, herzlos-leichtsinnigen! Wir haben, sagt er, uns diesmal nicht zu erklären gegen unten, auch nicht gegen den Widerstand von oben, sondern gegen die Mitte,
nehmlich einen Theil der Kammern, der Volksvertreter. Man sucht sie ohnmächtig zu machen! ruft er den Centren zu. Dieselbe Partei ist jetzt gegen uns, die früher mit der Strenge eines
Hofceremonienmeisters die Huldigungen, die Hurrahs, die Hochs für die deutsche Einheit bewachte. (Man lacht und klatscht gütigst.) Jordan witzelt weiter, erregt links furchtbaren Tumult, wird von
Links zur Ordnung gerufen. (Präsident meint: „Herr Jordan möchte doch so wenig wie möglich persönlich sein.“) Geschrei: gar nicht! Jordan erklärt nun, er meine die Partei die am 18.
Septbr. hier hinter den Barrikaden gestanden. Er witzelt fort, und meint die Berliner Versammlung sei mehr geneigt und bewegt jener blutigen Frakturschrift (des 18. Septbr.) Folge zu geben. Venedei
beantragt den Ordnungsruf wegen dieser Aeußerung. Präsident: entschuldigt Jordans Aeußerung und wird ihn nicht zur Ordnung rufen! Jordan quatscht fort. (Links: zur Sache. Präsident: Jordan sei bei der
Sache.) Er entwickelt die Gefahren der Berliner Volksvertreter. Ein Theil des Berliner Gesindels (ipsissima verda) habe der Versammlung die Thüren vernagelt. Die Vertreter mit Stricken, Hanfkravatten,
wiener Würsten bedroht. Unsre gemordeten Cammeraden (sagt Jordan) werden wohl bald in Berlin Gefährten finden.
Daß die Berliner Versammlung den Waldeck-D'Esterschen Antrag nicht mit furchtbarer Majorität verworfen, beweise daß die Versammlung unfrei ist. Wir ruft er aus, sind noch das einzige
Vollwerk, Vollwerk der Ordnung nach unten, Vollwerk der Ordnung nach oben. (O du Vollwerk.)
Rösler verliest eine Erklärung der Linken, eine Protestation gegen die schmähliche Art mit der Jordan die Berliner Versammlung beschimpft hat. (Wird ad acta gelegt.)
Graf Reichenbach von Dametzke. (Neues Mitglied der Linken hält eine wunderbare Jungfernrede; ich gebe seine Rede [die interessanteste von heute] so gut wie möglich.) Meine Freunde von der
Linken, leider habe ich bemerkt, daß Sie nicht die nöthige Ruhe gezeigt haben. Ruhe giebt Macht! Ich werde ruhig sein. Herrn Jordans Angriffe werde ich nicht widerlegen ‒ ich bin dazu zu
aristokratisch. Meine Herren, die Versammlung von Berlin und die Unsrige, beide sind auf den Boden der Revolution erwachsen ‒ später sind sie auseinandergegangen ‒ jetzt stehen sie im
Widerspruch. Die preußischen Volksvertreter sind vom preußischen Volke mit mehr Sorgfalt erwählt worden, als die zur Nationalversammlung. Meine Herren! Sie haben die Centralgewaltspolitik d. h. die
absolutistische ‒ die habsburger Hauspolitik (Gagern unterbricht).
Reichenbach: Das Volk hat mich hierher geschickt meine Ueberzeugung zu sagen, ich werde es thun (Bravo.) Weil diese Versammlung diese Freiheit nicht mehr vertritt ‒ deshalb sucht man
die Freiheit in Berlin. Die Berliner Versammlung wird auf ihrem Beschluß beharren, den sie keineswegs unfrei gefaßt hat. Wenn Sie die Politik des Absolutismus nicht verlassen, so wird Alles was in
Deutschland Freiheit athmet, der Preußischen Versammlung sich anschließen. In der Politik giebt es keinen größeren Fehler als Fehler zu begehen. Sie haben in der Posen'schen Sache geirrt, Sie
müssen ihren Fehler verbesseren. (Der Eindruck dieser Rede war ein merkwürdiger ‒ ein ganz stummmachender!)
Plathner beginnt damit, daß der heutige Tag über das Schicksal Deutschlands entscheiden wird. (Gelächter! man scheint es nicht zu glauben!) Er wirft der Linken Inconsequenz vor, und sucht
dies zu erklären.
Kein Preußen, kein Oesterreich, kein Bayern bringt ihnen die Freiheit ‒ ruft Plathner ‒ sondern wir. Sie (links) suchen die Freiheit da, wo Sie hoffen können, bald in der Majorität zu
sein, (Berliner Kammer!) Hier können Sie dies allerdings nicht hoffen! Ihr Prinzip ist, Sie setzen die Freiheit über die Einheit! (Das ist wahr!) Zur Sache kommt Plathner erst am Schluße seiner
Rede.
Reh aus Darmstadt. Daß eine große Veränderung in den Meinungen der Mitglieder dieser Versammlung vorgegangenen, das ist das einzige wahre in Herrn Jordans Rede ‒ er selbst ist das
beste Beispiel. (Gelächter und Bravo.) Persönliche Angriffe wie die Seinigen sind unter meiner Würde. Sind wir denn wirklich nur hierher geschickt, giftige Partei- und Persönlichkeitskämpfe
durchzuführen? Mein Herz blutet dabei, wenn ich sehe wie wir unseren Zweck verkennen. (Bravo.) Zur Sache: Es ist Sache des Ministeriums, Partikularbeschlüssen entgegenzutreten, nicht die unsrige. Des
Ministers gestrige Erklärung kann uns genügen ‒ ich beantrage Tagesordnung.
von Breuning: Für den Antrag des Ausschusses.
Vogt stellt Herrn Jordans Witze die seinigen entgegen, die allerdings besser sind. Er fällt ganz gründlich über Herrn Jordan und Plathner her. Aber auch dem Grafen Reichenbach muß er
gegenübertreten (hört!); denn dieser hat geäußert, daß in der Majorität dieser Versammlung noch Weisheit zu finden sei. Graf Reichenbach ist noch zu kurze Zeit in dieser Versammlung. (Ueber diese
starke Pille erhebt sich bösartiger Tumult.) Zur Sache ist Vogt für die Tagesordnung. Die Einheitskonzerte, welche mit obligater Kartätschenbegleitung aufgeführt werden, kehren mehr und mehr die
Völker von ihnen zum Partikularismus. Das Ministerium aber vertritt hier die partikularistische Partei. Dem Partikularismus der Regierungen (Auerswald ‒ Messenberg ‒
Pillerdorf'sche Erklärungen) lassen wir seinen Lauf, aber über die Opposition der Volkskammern fallen wir her. Zum Schluß sagt Vogt, steht der Beschluß der Berliner Versammlung in keinem
Widerspruch mit dem § 1. unserer Verfassung. Derselbe behält ebenfalls für die Polen'schen Verhältnisse Bestimmungen vor.
Beckerath (Minister), empfiehlt nach einigen rührenden Phrasen die motivirte Tagesordnung.
Schluß der Debatte.
Jordan von Berlin spricht noch einmal, und stellt nun (Sieg der Consequenz!!) eventuell, d. h. wenn sein Antrag verworfen, was jedenfalls geschehen wird, selbst einen Antrag auf motivirte
Tagesordnung. Endlich macht er noch einige Ausfälle auf Herrn Vogt und frägt, welches Maaß der Freiheit wollen wir denn ‒ ist es nicht der Triumph der Freiheit daß in Berlin der
Demokratencongreß ruhig gelitten wurde. Aber wenn der Mord gegen uns auftritt, dann können wir nur mit Kanonen antworten. (Beifall Centren und rechts.)
Abstimmungen. Die einfache Tagesordnung wird verworfen. (Die ganze Linke wollte dieselbe). Wesenbronks, motivirte Tagesordnung wird verworfen. Kerst's motivirte Tagesordnung, ungefähr also
lautend:
„Indem die National-Versammlung die Bevölkerung Polens auf den Werner-Raveaur'schen Beschluß ‒ ferner auf den Beschluß über Polen ‒ und auf die Erklärung des
Reichsministers in dieser Sache hinweist (s. gestrige Sitzung) ‒ geht sie zur motivirten Tagesordnung über,“
wird mit 313 Stimmen gegen 124 angenommen. (Jordan selbst stimmte dafür und verwarf somit seinen eigenen Antrag).
Punkt 4 der Tagesordnung (s. oben) ist ohne alles Interesse. Ein Ausschlußantrag (Zusatz zur Geschäftsordnung):
„Jeder Ausschuß ist befugt, Zeugen und Sachverständige vorzufordern, zu vernehmen, vernehmen zu lassen, so wie mit Behörden in Verbindung zu treten, “
wird angenommen.
Nauwerk hat auch eine Abänderung beantragt. Er will sprechen ‒ man ruft Schluß ‒ er verzichtet ‒ man lacht höhnisch. (Das ist die Haltung der Versammlung).
Nauwerks Antrag wird verworfen.
Schluß der Sitzung 1/2 3 Uhr
Morgen um 9 Uhr ist ausnahmsweise Sitzung, weil, wie der Herr Präsident meint, zum Fortbau der Verfassung dieser Woche noch keine Sitzung verwendet worden ist.
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Schleswig, den 4. November.
Die mehrerwähnte Correspodenz zwischen der gemeinsamen Regierung und dem Reichs-Commissär Stedmann ist folgende:
1. Schreiben der gemeinsamen Regierung: „Von dem Herrn Reichs-Commissär Stedmann und dem königl. dänischen Commissär Hrn. v. Needtz hat die gemeinsame Regierung zwei gleichlautende
Schreiben, d. d. Kopenhagen, den 28. Oktober 1848, entgegengenommen, enthaltend eine Erklärung in Betreff einiger durch die Bekanntmachung der gemeinsamen Regierung vom 22. s. M. wieder in Kraft
gesetzten Verfügungen etc. In Betracht, daß schon in der gedachten Bekanntmachung ausdrücklich die Worte vorkommen: im § 1: „den Bedingungen des definitiven Friedens unbeschadet“, im
§ 2: „unter Vorbehalt definitiver Bestätigung durch den Frieden und ohne Präjudiz für denselben“, sowie: „so weit es die während des Waffenstillstandes bestehenden Verhältnisse
gestatten“, und in diesen Worten bereits die erforderliche Reservation enthalten ist, glaubt die gemeinsame Regierung nur, um jedes Mißverständniß zu verhüten, noch darauf aufmerksam machen zu
müssen, daß für die Dauer des Waffenstillstandes der Rechtsbestand der von ihr in Kraft gesetzten Verfügungen etc. nach Maaßgabe der Bekanntmachung, nicht als beeinträchtigt angesehen werden kann.
Gottorff, den 3. Nov. 1848. Die gemeinsame Regierung. (unterz.) Th. Reventlow. Harbon. Lüders.“
2. Schreiben des Reichs-Commissärs Stedmann: „Einer hohen gemeinsamen Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein erwidere ich auf das so eben erhaltene verehrliche Schreiben vom Heutigen,
daß nach dem Art. 7 des Waffenstillstandes sämmtliche Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln, welche seit dem 17. März, sowohl in Rendsburg und Schleswig als in Kopenhagen für die
Herzogthümer erlassen worden sind, im Augenblick des Amtsantrittes der gemeinsamen Regierung ohne Ausnahme ihre Gültigkeit verloren haben, daß aber nach der Art. 7 und 11 des gedachten
Staats-Vertrages durchaus keine Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln weder mit noch ohne Clauseln wieder in Kraft gesetzt werden konnten, welche irgend etwas dem Frieden Vorgreifendes
enthielten. Ich kann daher nach meinem Auftrage, über die Ausführung des gedachten Vertrags zu wachen, nicht anerkennen, daß alle in der Verordnung vom 22. v. M. wieder in Kraft gesetzten Gesetze,
Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln auch mit den hinzugefügten Clauseln für die Dauer des Waffenstillstandes in ihrer Rechtsgültigkeit „nicht beeinträchtigt“ sein sollen, wie der
Ausdruck im heute erhaltenen verehrlichen Schreiben lautet. Ich bin aber bereit, nach der mit dem dänischen Commissarius unter dem 28. d. M. getroffenen Vereinbarung, welche ich wie alle Verträge
heilig halten muß, Alles thatsächlich und unvorgreiflich als Verwaltungsmaaßregel gelten zu lassen, was die hohe Regierung anordnen wird und irgendwie als mit den Verträgen und Reichsrechten vereinbar
und für das Wohl der Herzogthümer, welches der Reichsregierung und der gesammten deutschen Nation so theuer ist, nach Art. 7 des Vertrages als „unerläßlich und ersprießlich“ erkannt
werden kann. Es wird der hohen gemeinsamen Regierung einleuchten, daß ohne die letztgedachte Vereinbarung von 28. auch die thatsächliche Aufrechthaltung mancher Anordnungen wenigstens dänischer Seits
zu Klagen hätte Veranlassung geben können, welche jetzt unzulässig sind. Der in öffentlichen Blättern erschienene Text der Vereinbarung vom 28. v. M. ist eine ungenaue deutsche Uebersetzung einer mir
unbekannten dänischen Uebersetzung der nur in deutscher Sprache verfaßten Uebereinkunft. Schleswig, den 3. Nov. 1848. (gez.) Stedmann, Reichs-Commissarius.“
3. Die Uebereinkunft vom 28. Okt. Lautet im Originaltext also: Am 28. Okt. 1848 haben die Herren Stedmann und Reedtz, Commissarien beziehungsweise der provisorischen deutschen Centralgewalt und Sr.
Maj. des Königs von Dänemark, in Ihrer Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein, an die gemeinsame Regierung letztgedachter Herzogthümer zwei Schreiben folgenden, gleichlautenden Inhalts
erlassen: Der unterzeichnete Commissarius (Tit.) in Betracht der Art. des Waffenstillstands-Vertrages vom 26. Aug. d. J., welcher bestimmt, daß die gesetzgebende Gewalt in den Herzogthümern Schleswig
und Holstein während der Dauer des Waffenstillstandes ruht und des Art. 11, aus welchem hervorgeht daß den Bedingungen des definitiven Friedens in keiner Weise präjudicirt werden soll: in Betracht
ferner der Bekanntmachung vom 22. d. M. der an demselben Tage installirten gemeinsamen Regierung der beiden Herzogthümer, betreffend die seit dem 17. März d. J. erlassenen Gesetze, Verordnungen und
Verwaltungsmaaßregeln: kann nicht umhin, der genannten Regierung ‒ Namens (Tit.) ‒ zu eröffnen, daß er im Geiste gewissenhafter Beobachtung des gedachten Waffenstillstands-Vertrages
ausdrücklich und feierlich gegen den rechtlichen Bestand aller präjudiciellen Bestimmungen, welche durch die erwähnte Bekanntmachung wieder ins Leben gerufen worden sind, sich erklären muß, und daß
als solche namentlich folgende unter den früher erlassenen bezeichnet werden müssen: 1) Das Reglement der provisorischen Regierung vom 18. April d. J., betreffend die vorzunehmenden Wahlen zur
deutschen National-Versammlung, insofern dieses Reglement künftig auf Schleswig Anwendung finden könnte; 2) Die Bekanntmachung der provisorischen Regierung vom 23. Sept. d. J., betreffend den
unzulässigen Gebrauch dänischer Fahnen und Cocarden; 3) Die Bekanntmachung der provisorischen Regierung vom 30. Sept. d. J. über die Vertretung schleswig-holsteinischer Schiffer im Auslande während
des Waffenstillstandes; 4) Die Verfügung vom 21. Okt., betreffend die von den Handelsschiffen zu gebrauchende Flagge, Ein Gleiches gilt hinsichtlich des Rechtsbestandes des am 15. Sept. publicirten
Staatsgrundgesetzes mit specieller Beziehung auf die staatsrechtlichen Dispositionen desselben und namentlich mit Rücksicht auf die Bestimmungen im Art. 1, 3, 55 und 140. Im Uebrigen ist der
unterzeichnete Commissarius (Tit.) nicht gesonnen, den im gedachten Staatsgrundgesetze ausgesprochenen Grundsätzen bürgerlicher Freiheit, so weit sie mit wohlerworbenen Rechten vereinbarlich sind,
sowie thatsächlichen Anordnungen der gemeinsamen Regierung der Herzogthümer, welche zur Wohlfahrt des Landes, sowie der einzelnen Bewohner und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung beitragen
könnte, irgendwie hinderlich entgegen zu treten. (Folgt die Unterschrift.)
[(H. B.)]
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@facs | 0710 |
Schleswig, den 5. Nov.
Der Protest der Herren Stedmann und v. Reedtz hat große Sensation erregt. Daß der dänische Commissar seinerseits einen solchen Schritt gethan, überrascht eben nicht. Aber daß Herr Stedmann es über
sich gewinnen konnte, ein Schreiben gleichen Inhalts, wie das Reedtz'sche, zu erlassen und dasselbe zugleich mit dem letzteren von Kopenhagen aus hierher zu senden, erfüllt Alle mit der größten
Entrüstung. Eine gestern Abend hier abgehaltene allgemeine Bürgerversammlung machte diese Angelegenheit zum Gegenstand ihrer Berathung und beschloß eine Adresse an das Reichsministerium des Innern,
welche denn auch sofort unterzeichnet wurde. Diese sehr kurz und bündig abgefaßte Adresse erklärt nach Hervorhebung dessen, was man von Hrn Stedmann als Reichskommissar erwarten zu dürfen geglaubt
habe, daß die Unterzeichner zu Hrn. Stedmann durchaus kein Vertrauen mehr haben könnten, und beantragt demzufolge dessen Abberufung. Zugleich beschloß man, Hrn. Stedmann eine Abschrift der Addresse
zuzustellen. Die Versammlung war von mehr als 600 Personen besucht. Interessant waren die Mittheilungen, welche der in der Versammlung anwesende Departements, chef der Justiz, Hr. Mommsen machte.
Derselbe theilte nämlich mit, daß die gemeinsame Regierung bereits auf Erlassung eines entschiedenen Gegenprotestes Gedacht genommen habe und daß dieser Gegenprotest, da der Protest der Hrn. Reedtz
und Stedmann veröffentlicht worden sei, nächsten Tags gleichfalls der Oeffentlichkeit übergeben werden würde; (aus anderweitiger Quelle vernimmt man, daß der erwähnte Gegenprotest schon nach Frankfurt
abgegangen ist.) Als Resultat dieser Mittheilungen stellte sich klar heraus, wenn solches gleich von dem Departementchef nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, daß Hrn. Stedmann ‒ eine
unverzeihliche Schwäche zur Last falle.
Viele Theilnehmer der Versammlung scheinen große Lust zu haben, Hrn. Stedmann noch auf ganz andere Weise, als durch abschriftliche Mittheilung der Adresse, ihre Meinung kund zu thun, und wenn
anderweitige Manifestationen unterblieben, so hat man dies nur den nachdrücklichen Ermahnungen einiger besonnenen und einflußreichen Männer zu verdanken. Es ergibt sich übrigens, daß Hr. v. Reedtz den
Reichskommissar nur aus den Händen gelassen hat, um denselben einem andern zuverlässigen Mann anzuvertrauen. Denn Hr. Stedmann ist in Begleitung des Hrn. von Plessen aus Kopenhagen hier angelangt und
in Begleitung eben desselben weiter nach Lauenburg gereift, um auch die dortigen Verhältnisse zu ordnen.