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Bericht
des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten über die verschiedenen Anträge der Herrn Abgeordneten Nauwerk, Rank, Wiesner und Berger, in Bezug auf die gegenwärtige Lage von
Wien und Deutsch-Oesterreich.
Berichterstatter: Abgeordnete J. Venedey.
Die Augen von ganz Europa sind seit mehreren Wochen auf Wien gerichtet. Die ganze Welt ahndet, daß, welche von den Parteien, die sich in und um Wien gegenüber stehen, auch siegen mag, dieser Sieg
die unberechenbarsten Folgen für Europa und insbesondere für Deutschland haben kann und muß. Es ist daher natürlich, daß auch in Deutschland und vor Allem in der Paulskirche dieselbe Spannung in Bezug
auf die Ereignisse in und um Wien herrscht, und daß die Vaterlandsliebe die Mittel sucht, um eine Entwicklung der östereichischen Wirren herbeizuführen, die den Hoffnungen auf eine in Freiheit und
Selbständigkeit geordnete Zukunft eines großen, mächtigen und einigen Deutschlands entspreche.
In dieser Absicht liefen mehrere Zuschriften an die Reichsversammlung ein. Aus Rotenburg eine, die die Absendung von Reichstruppen nach Oestreich beantragte; eine zweite aus Coblenz, die im
Allgemeinen die Reichsversammlung aufforderte, Wien zu Hülfe zu eilen; endlich eine dritte vom Bremer Bürgerverein ausgehend, die die Reichsversammlung zur vollständigen Wahrung der deutschen Einheit
gegen die in den östreichischen Reichstheilen der nationalen und politischen Freiheit drohenden Gefahr mit kräftiger That ungesäumt einzuschreiten, mahnte.
Der Ausschuß erkennt mit Freuden den Geist an, der in diesen Zuschriften herrscht, wenn er auch nicht glaubt, daß in denselben die rechten Mittel angedeutet sind, die vorerst zur Anwendung kommen
könnten.
Gleichzeitig mit diesen Adressen wurden dem Ausschusse drei verschiedene Anträge überwiesen, die in der Sitzung vom 30. Okt. von den Abgeordneten Nauwerck, Rank und den beiden Abgeordneten Berger
und Wiesner in die Reichsversammlung gebracht worden waren.
Der Antrag des Hrn. Nauwerck lautet:
„In Erwägung, daß der östreichische Reichstag der gesetzliche Vertreter des souveränen östreichischen Volkes ist;
In Erwägung, daß derselbe den vom Fürsten Windischgrätz gegen Wien angeordneten Belagerungszustand für ungesetzlich erklärt hat;
In Erwägung, daß es der freien deutschen Nation unwürdig ist, ihre Hauptstädte durch unverantwortliche Höflinge und Offiziere ungestört bombardiren zu lassen:
beschließt die deutsche Nationalversammlung:
1) Das Reichsministerium hat sofort die nöthigen Befehle zu erlassen, daß der Belagerungszustand von Wien aufgehoben und sämmtliche Truppen aus der Nähe dieser Stadt entfernt werden.
2) Das Reichsministerium hat aufs schleunigste Reichstruppen aufzubieten und erforderlichen Falls einschreiten zu lassen, damit Wien befreit, das Ansehen des östreichischen Reichstages aufrecht
erhalten und die gesetzliche Ordnung und Freiheit wieder hergestellt werde.
3) Die Reichskommissäre Welcker und Mosle sind mit Ausführung dieser Maßregeln zu beauftragen.“
Der des Herrn Rank lautet:
„In Betracht daß die Wiener Bewegung vom 6. October eine Nothwehr der freiheitsliebenden deutschen Bevölkerung von Wien gegen längst begonnene, die Freiheit und das Deutschthum in Oestreich
bedrohende reaktionär-slavische Uebergriffe gewesen ist;
In Betracht, daß die heldenmüthige Wiener Bevölkerung, trotz ihres Sieges, mit beispielloser Einmüthigkeit für gesetzliche Sicherheit und Ordnung gesorgt, und durch die einzig gesetzmäßigen
Behörden, den Reichstag und den Gemeinderath, fortwährend nur versöhnende Schritte gethan;
In Betracht, daß der Wiener Reichstag, die einzige konstitutionell gesetzliche Behörde in Oestreich, das längere Verweilen des Banus Jellachich und des Fürsten Windischgrätz mit ihren Truppenmassen
vor Wien als ungesetzlich und dem souverainen Volke gegenüber als unverträglich erklärt hat, daß aber trotzdem die beiden Heerführer sich nicht nur nicht aus ihrer bisherigen Stellung entfernt,
sondern sogar die Feindseligkeiten bereits eröffnet, in frecher Weise Wien und die Umgebung in Belagerungsstand erklärt und alle von Sr. Majestät dem Kaiser feierlich gewährleisteten Freiheiten und
Institutionen für aufgehoben erklären;
In Anbetracht, daß also weder der Reichstag und der Gemeinderath in Wien den Frieden zu erreichen im Stande sind, noch die zwei Reichskommissäre eine der deutschen Ehre, Macht und Würde
entsprechende Wirksamkeit entwickeln;
beschließt die Nationalversammlung:
Das jedes längere Verweilen der beiden Heerführer und des Grafen Auersperg mit ihren Truppenmassen vor Wien, ferner jede weitere Feindseligkeit derselben gegen Wien als Angelegenheit ganz
Deutschlands zu betrachten sei, und demgemäß eine entsprechende deutsche Heeresmacht zur freien Verfügung des Wiener Reichstages, oder falls dieser nicht mehr tagen sollte, zur Verfügung jeder andern
gesetzlichen Behörde Wiens gestellt werde.“
Endlich der der Herren Wiesner und Berger:
„In Anbetracht, daß die Reichskommissäre versäumt haben, den Ban Jellachich aufzusorn, sogleich mit seinen Schaaren das deutsche Reichsgebiet zu räumen,
beantrage ich, die Nationalversammlung möge beschließen.
diese Reichskommissare sind zurückzuberufen, und durch kräftigere, die Ehre und die Interessen Deutschlands besser wahrende Männer zu ersetzen.“
Schon die Verschiedenartigkeit all dieser Zuschriften und Anträge bekundet, wie schwer es ist, aus weiter Ferne die Ereignisse in Wien gehörig zu beurtheilen, und von Frankfurt aus das rechte
Mittel zu finden, ihnen eine den Interessen Deutschlands entsprechende Entwickelung zu geben. Deswegen glaubte denn auch der Ausschuß sich verpflichtet, bevor er ein Urtheil ausspreche und einen
festen Antrag stelle, sich alle mögliche Aufklärung verschaffen zu müssen, die ihm erreichbar war. Von seinem Rechte Gebrauch machend, ließ er, nachdem er erfahren, daß eine Deputation des Wiener
Gemeinderaths in Frankfurt anwesend, die Mitglieder desselben einladen, sich in seine Mitte zu begeben, um sich mit ihnen zu besprechen. Ein Mitglied der Deputation erschien auch im Ausschusse und
entwarf nach seiner subjectiven Anschauung ein dunkles Bild von den Wiener Zuständen. Was aber am meisten auffallen mußte, war, daß die Sendung dieser Deputation ausdrücklich an den Erzherzog Johann,
und nicht an den Reichsverweser gerichtet gewesen war, indem der österreichische Prinz, nicht aber der Vorstand der deutschen Centralgewalt von dem Wiener Gemeinderath ersucht wurde, eine Bittschrift
an den Kaiser von Oesterreich zu unterstützen. Schließlich darüber befragt, welchen Ausgang aus der gegenwärtigen kritischen Lage Wiens der Gemeinderath als den wünschenswerthesten erachte, ging die
Ansicht des Abgeordneten dahin, daß
1) die Errungenschaften der Revolution durch ein volksthümliches Ministeeium gesichert,
2) Ruhe und Ordnung hergestellt
3) und nur deutsche Truppen in Wien zugelassen werden möchten.
Außer diesen persönlichen Aufklärungen hoffte der Ausschuß thatsächliche Aufklärungen in den Berichten der Reichscommissäre und den Instruktionen des Reichsministeriums zu finden. Er forderte zu
dem Ende das Reichsministerium des Aeußern auf, ihm die erhaltenen Depeschen der Reichskommissäre, so wie die an dieselben abgeschickten Instruktionen mitzutheilen, wozu sich der Minister des Aeußern
auch sofort erbötig zeigte.
Diese Mittheilungen bestanden aus zwei Briefen der Reichscommissare, der erste von Linz, d. d. 21. Oktober und der zweite von Ollmütz, d. d. 24. Oktober, und drei zum Theile auszugsweise
mitgetheilten Antwortschreiben des Ministerspräsidenten, eins vom 24. Oktober und zwei vom 29. Oktober.
Der erste Eindruck, den diese Dokumente hervorrufen mußten, war ein gewisses Erstaunen, daß die Reichskommissäre nur so spärliche Mittheilungen gemacht. Kein Wort lag uns vor über ihren langen
Aufenthalt in München, und ebenso waren sie nach dem 24. Oktober wieder vollkommen verstummt, so daß die Reichscentralgewalt seit mehreren Tagen ohne alle Nachricht von ihnen war.
Der Inhalt dieser Dokumente aber mußte ein doppeltes Gefühl hervorrufen. In dem ersten Briefe der Reichskommissare vom 21. Okt. heiße es: „Unsere Aufnahme hier (in Linz) war sehr günstig.
Von Nachmittags 4 Uhr, bis zu unserer Ankunft um 9 Uhr, hatte die gesammte Nationalgarde mit ihrem Offizierkorps und ihrer Musik uns auf dem Marktplatze erwartet. Sie empfing uns in feierlicher
Aufstellung mit fliegender deutscher Fahne und im Vereine mit dem umgebenden Volke, mit wiederholtem Lebehoch. Unsere, durch Staffette vorausgeschickte Proklamation hatte den günstigsten Eindruck
gemacht, und die zum Theile sehr auferegten Gemüther beruhigt.“
(Schluß folgt,)
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Verhandlungen des Gemeinderaths zu Köln.
Sitzung vom 3. November 1848. Abends 6 Uhr,
Der Gemeinderath ernannte eine Kommission aus 3 Mitgliedern, um in Gemeinschaft mit der hiesigen Handelskammer eine Petition an die deutsche National-Versammlung in Frankfurt, wegen Abschaffung der
Binnenzölle auf dem Rheine zu berathen. Ein Niederlassungsgesuch wurde erledigt.
Die Kommission für die öffentlichen Arbeiten erstattete Bericht über die gepflogenen Verhandlungen wegen der Beschäftigung von Arbeitern, worauf nach ausführlicher Diskussion und sorgfältiger
Erwägung aller Umstände beschlossen ward:
1) Die Armenverwaltung zu ersuchen, zu der von ihr beabsichtigten Rodung des, der Industrieschule im Waisenhause zugehörigen Frohnhofsbusches zu Esch nur hiesige Arbeiter zu verwenden.
2) Den Margarethenberg nach einem darüber zu entwerfenden Plane abtragen zu lassen und die davon zu gewinnende Erde zur Hinterfüllung der neuen Werftmauer zwischen dem Neugassen- und
Trankgassenthore zu verwenden.
3) Das Domkloster und die Litsch nach einem darüber bereits vorliegenden Plane abtragen zu lassen.
4) Einen Credit von 600 Thlr. zur Anschaffung von Traßmaterial zu bewilligen, welches während des Winters im Frankenlager geschlagen werden soll.
5) Die Fortifikationsbehörde zu ersuchen, sich geeigneten Orts zu verwenden, daß fortifikatorische Arbeiten zur Ausführung gebracht werden. 6) Bei der Königl Regierung den sofortigen Ausbau der
Zülpicher Straße zu beantragen, und
7) mit dem Straßenreinigungs-Unternehmer, wegen etwaiger Verwendung von Arbeitern beim Straßenreinigungs-Geschäfte, in Verbindung zu treten.
Die von der Kommission aufgeworfene Frage, wegen Alternirens der Arbeiter, ward vom Gemeinderathe verneinend beantwortet; dagegen mit Rücksicht auf die jetzt kürzere Arbeitszeit, der Tagelohn auf
10 Sgr. festgestellt.