Deutschland.
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] Wien, 18. Okt.
Schuselka's konstitutioneller Thron hat soeben (7 Uhr Morgens), zur Feier des bedeutungsvollen Tages, aus dem Kroatenlager etwa zwei Dutzend Kanonenschüsse in die Marrer Linie auf die
geliebten Unterthanen losknallen lassen. Man glaubte, die Schlacht nehme ihren Anfang, es sollen jedoch zwei konstitutionelle Friedensengel aus dem konstitutionellen Reichstage mit einer weißen Fahne
herbeigesprungen sein und das Feuer erstickt haben. Ich fürchte diese konstitutionellen Friedensengel ungeheuer, sie können kein Blut sehen und werden sogar die Kanonenkugeln vereinbaren, damit
Jellachich hübsch entschlüpfe. ‒ Vielleicht haben wir von Messenhauser Besseres zu erwarten. ‒ Die Frankfurter Deputation läßt sich heute durch Maueranschlag offiziell vermelden;
sie soll angekommen sein, um über die Republik den Notarialakt aufzunehmen. Glückliches Wien, wie unglücklich würdest du sein ohne die Frankfurter Negotiants!
Die Stadt ist kaum mehr wieder zu erkennen. Ueberall bewaffnete Schaaren, alle Straßen voll Messenhauser'scher Plakate, Ordonanzen hin und her, fortwährende Thätigkeit im Reichstage.
Volksgruppen, interessante Rührigkeit in der Stellung, Barrikaden, Werbungsstellen, fast kein Gefähr, die Paläste der Fürsten und Geldsäcke in Spitäler umgewandelt (natürlich aus Pfiffigkeit, um sie
vor der Volksrache zu bewahren), auf dem Stephansthurme ein fortwährendes Observatorium, die Universität eine ungeheure Kaserne, die interessanteste, die es je gegeben, die Basteien mit Kanonen
bepflanzt, im Belvedere und Parke Schwarzenberg's das Hauptquartier mit einem Lager von mehr als 15,000 Mann bereit, nicht blos hinter den Barrikaden zu fechten, sondern hinaus in's Feld
zu ziehen, vor den Linien überall die energischsten Vertheidigungsmaßregeln und Bollwerke, und dennoch im Grunde ‒ Nichts. Ich habe gestern vier Stunden darauf verwendet, alle Punkte zu
besichtigen. Wir hätten schon gesiegt, hätten wir niemals konstitutionelle Friedensengel gehabt, die selbst, nach gegen die geliebten Unterthanen gelieferten Schlachten, noch an das konstitutionelle
Paternoster glauben und den Rosenkranz für den heutigen politischen Boden der Völker halten. Wir werden siegen, denn auch die Provinzen zeigen sich. ‒ Die Kamarilla hat sich ganz in die Arme
der böhmischen Zigeuner geworfen und Stadion zur bessern Aufhetzung nach Prag geschickt. Sie ist so verrückt, diesen Menschen an die Spitze eines Ministeriums der österreichischen Gesammtstaaten
stellen zu wollen. Die Zigeuner hetzen, wie Hyänen in der Slowanska lipa. ‒ Der steiermärkische Landsturm steht auf dem Simmering, aber die Südbahn ist mit dem Telegraphen bis Gloggnitz
zerstört worden. ‒ Es heißt, ein preußisches und ein Reichsarmeekorps sollen in Oesterreich einrücken, während Türken und Russen gleichzeitig üller Ungarn herfallen würden. ‒ Italien,
heißt es, soll sich erheben. Wo mag in 4 Wochen Schuselka's und der Kamiralla Gesammtmonarchie sein? Wahrscheinlich im russischen Lager. ‒ Messenhauser's Auftreten hat die
kampflustichen Schaaren ganz eingenommen; vielleicht kann der Reichstag noch seine Schlafmütze sein, denn er, wie der Gemeinderath, zittern schon vor ihm. Sie werden beide noch die Cholera bekommen.
‒ Berlin's demokratische Bürgerwehr hat an die Legion und Garde geschrieben, sie würde nicht dulden, daß preußische Soldaten zur Unterdrückung Wien's verwendet würden. Die
Berliner Studenten könnten wohl schon hier sein, doch die Berliner Konditoreien werden sie wohl aufhalten.
12 1/2 Uhr. Reichstagssitzung. ‒ Die galizischen Bauern unterhalten sich in zwei Gruppen lebhaft in polnischer Sprache; hierauf läßt die Versammlung sich von dem bocksbärtigen
Kamarillagrafen Gleispach ein unausstehliches Protokoll verlesen. Solche Dinge machen der österreichischen Büreaukratenstube überhaupt das größte, weil stille, Vergnügen. Pillersdorf und Gleispach
möchten sie zu nichts Anderem verwenden. ‒ Die Galerien sind ziemlich leer. Zwei Abgeordnete zeigen ihre Desertion an. Darauf erscheint der große Genius.
Schuselka als Berichterstatter des Ausschusses: Der Ausschuß kann nicht umhin, spricht er, sich über die Stellung der ungarischen Armee dem Reichstag gegenüber auszusprechen, weil seit
einigen Tagen in der Bevölkerung deßhalb viel Spannung ist. Wir erhielten in dieser Nacht durch einen Mann, der aus dem ungarischen Lager kam, die Nachricht, daß die ungarische Armee, welche schon die
österreichische Gränze überschritten hatte, einem Befehle des Repräsentantenhauses zufolge, wieder den Rückmarsch angetreten habe. (Zittern in der Versammlung.) Ob eine Drohung Rußland's, oder
welche Motive diesem Verhalten unterliegen, darüber ist dem Ausschusse nichts bekannt geworden. (Das ungarische Repräsentantenhaus, dessen Deputation man vor 4 Wochen mit Hohn abwieß und auch jetzt
wiederum mit Kälte empfangen hatte, hat den Befehl des Rückzugs gewiß nur in gerechter Entrüstung über die österreichischen Reichstags-Verräther ergehen lassen. Es sieht aus, als sollte das Wiener
Volk auf eine beispiellose Weise verrathen und von wilder Soldateska niedergemetzelt werden; alle meine Befürchtungen scheinen in Erfüllung gehen zu wollen.)
Verschiedene Landgemeinden haben etwa 700 fl. zur Unterstützung des bewaffneten Volks geschickt Da ein Abgeordneter von Auerspergs Truppen, fährt Schuselka fort, gröblich insultirt und 5 Studenten
standrechtlich erschossen worden sind, so haben wir eine energische Zuschrift an ihn gerichtet, worauf Auersperg in einer Antwort die gemachten Beschuldigungen als lügenhaft bezeichnet, obgleich
manche für die versuchte Verführung des Militärs ein standrechtliches Urtheil verdient hatten; auch solche Erfindungen gehörten, schreibt Auersperg, zu den Mitteln einer gewissen Partei. Durch diese
Antwort ist die Mißhandlung des Abgeordneten durch einen Offizier aber nicht entkräftet worden, sie liegt als Thatsache vor.
Hierauf verliest Hr. Schuselka, Oestreichs konstitutioneller Gesammtgenius, eine ziemlich unangenehme Zuschrift der Bürgerschaft von Eger und zeigt an, daß die zuletzt an den Kaiser gesendete
Deputation zurückgekehrt sei. Der Abgeordnete Fischer hat über seine Mission einen schriftlichen Bericht eingereicht (verliest ihn); es geht daraus hervor, daß der Kaiser, nach den gehörigen Umständen
die Deputation am 15. um 7 Uhr Abends in Olmütz empfangen, einen Wisch aus der Tasche gezogen, ihn abgelesen und sich sodann wieder entfernt hat. Lobkowitz, die Kaiserin und Franz Karl waren zugegen.
Der Kaiser freut sich, daß der Reichstag der Anarchie steuern will und verspricht helfen zu wollen.
Nun liest Schuselka seine zwei neuesten chefs d'oeuvre, nämlich das gestern beantragte: „Erbarm' dich unser“ an die Völker Oestreichs und ein neues „Vater
unser“ nebst Rosenkranz an Ferdinand vor.
Dilewski fragt, wie es sich mit der Mißhandlung des Abgeordneten verhalte.
Ziemialkowski: Ich bin am 13. auf einer Reise hierher von dem Bataillon Baumgarten gefangen genommen worden; man hat mich dabei auf eine brutale Weise behandelt, ungeachtet ich mich auf
meine Qualität berufen habe; ich wurde gefangen gesetzt und ein Stabsoffizier sagte, im Reichstage säßen die Mörder Latours, die man zu finden wissen werde. Ich entkam nur durch eine List, indem ich
angab, im slavischen Interesse zu wirken.
Potocki will die Berathung über Schuselkas Primaner-Aufsätze, mit denen ich Sie morgen beglücken werde, dadurch aufhalten, daß er einen ausführlichen Bericht von der zum Kaiser gesendeten
Deputation selbst verlangt und mittheilt, daß auch der Kaiser eine Proklamation an die Völker Oestreichs erlassen würde, man also warten müsse. Darüber entspinnt sich eine langweilige Debatte, die mit
der Nichtannahme von Potockis Antrag endet und wobei der Schriftführer Wiser mit klappernden Zähnen betheuert, er sei nicht im Namen des Reichstags in Olmütz beim Kaiser gewesen, sondern er habe dahin
nur eine Depesche des Ministeriums als Postillon befördert. Er habe von einer Proklamation etwas gehört, sie sollte sehr aufregend ausfallen. Ich verlasse die Sitzung.
Die Presse ist fast noch feiger, als die Kammer; am allerfeigsten und erbärmlichsten benehmen sich aber die demokratischen Judenvereine; man hört gar nichts mehr von ihnen. Der Radikale
enthält jetzt nur Hegelsche Philosophie mit der Unterschrift: Jellinek. Nur ein Blatt „die Nationalzeitung“ wagt es, dem Reichstag den Text zu lesen; vielleicht ist es jetzt übrigens
kein Wagniß mehr. Sie sagt z. B.:
O! armes, armes Wien, o! unglückliches Oestreich!
Wenn die Generäle Auersperg und Jelachich mit nichtssagenden Erklärungen besiegt, und die k. k. hohe Reitschule in eine uneinnehmbare Festung umgewandelt werden könnte, so hätte der permanente
Sicherheitsausschuß gegen den excellenten Kroatenhäuptling (?) längst die Offensive ergriffen, und eine Schlacht gewagt. Der permanente Ausschuß begnügt sich aber damit, die Straßenecken zu
verbarikadiren und in Gemeinschaft mit seinem Adjutanten Messenhauser, dieselben mit einem Heer von Plakaten zu besetzen. Der Reichstag, welcher mit Zeugstiefeln und Glacehandschuhen schon seit mehr
als 8 Tagen auf legalem Boden spazieren geht, Deputationen nach Selowitz und Olmütz absendet, Rebellen als Exzellenzen beehrt, wird, um nicht das Mißfallen des allerhöchsten Hofes zu erregen, uns auf
ganz legalem Wege, einem äußerst tragischen Schicksale zuführen, dem er zuletzt selbst nicht entgehen wird.
Sie tadelt mit Geist und Energie auch die der ungarischen Depation bewiesene Indifferenz und zieht eine Parallele zwischen dem ungarischen Repräsentantenhause und dem östreichischen Reichstage, die
ganz zum Vortheil des ersten ausfällt und sehr richtig ist. So heißt es daselbst: Ungarn ist wohl im eigenen Interesse gebunden, Oestreich zu Hülfe zu eilen, da die Unterjochung Wiens die Besiegung
Ungarns nach sich ziehen müßte. Beim weiteren Hinausschieben der ungarischen Unterstützung jedoch wird die Bevölkerung Wiens immer ängstlicher, die Freiheitskämpfer müssen im angestrengten,
ungewohnten Wachtdienste bei Tag und Nacht auch in physischer Hinsicht erliegen, der Enthusiasmus wird kühler, die Frechheit der Feinde am Ende von Tag zu Tag stärker. Gewiß ist es, daß unser jetziger
Zustand nicht so bleiben und nur von ungarischer Seite her abgeholfen werden kann; warum wurde also gezögert, die Ungarn unverzüglich aufzufordern? Bis dat, qui cito dat, (doppelt gibt, wer schnell
gibt).
Hätte man energisch gehandelt und sich nicht wieder dem leidigen Diplomatisiren überlassen, unsere Lage wäre schon anders, der Sieg schon vollständig.
Unsere Volksvertreter sind von denen der ungarischen Nation an Energie und Thatkraft weit überholt worden.
Als Ferdinand, König von Ungarn, von der Kamarillaburg Schönbrunn inkonstitutionelle Manifeste erließ, erhob sich das ungarische Repräsentantenhaus einstimmig und erklärte sie in feierlicher
Sitzung für null und nichtig.
Ferdinand, Kaiser von Oestreich erläßt ein gleiches Manifest vom Pfaffennest Herzogenburg an erbländische Provinzen.
Keine Stimme im Reichstage erhebt sich und schleudert den Bann gegen ein solches Gebären. Die Proklamation gewinnt auch noch durch ihr Erscheinen in der Wienerzeitung für Unbefangene einen
offiziellen Charakter, da dieselbe nirgends desavouirt wird.
Ungarn protestirte gegen das Leibhusarenregiment Adam Recsei. Wird dasselbe bei uns gegen ein Leibtrabantenministerium Stadion geschehen?
Der ungarische Reichstag erklärt die seinem Ministerium ungehorsamen Generale und Festungskommandanten für Hochverräther und ihre Köpfe für vogelfrei.
Der östreichische Reichstag nennt rebellische Feldmarschallieutenante Excellenz und läßt sich mit ihnen in weitwendige Korrespondenzen ein.
Ungarn weigerte sich entschieden, abtrünnige Truppen zu besolden, Oestreich votirt einen weitern Kredit der Nationalbank, um bei Approvisionirung und Verproviantirung volksfeindlicher Heere, im
Haushalte in keine Stockung zu gerathen.
Der ungarische Reichstag schuf Armeen, der östreichische zaudert und schreckt zurück, den bereitgehaltenen Landsturm zu entbieten.
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61
] Wien, 19. Octbr.
Die stärksten Ausdrücke sind zu gelinde, um die Verräther gehörig zu bezeichnen, welche im Reichstage sitzen. Hören Sie, was Kossuth am 14. im Repräsentantenhause gesprochen:
Kossuth: „Ich selbst habe es beantragt, daß man Jellachich bis Wien verfolgen müsse. Dadurch habe ich aber keineswegs strategische Anstalten treffen wollen und wirklich, da die
strategischen Operationen von vornhinein zu bestimmen, nicht die Aufgabe des Hauses ist, so muß ich demungeachtet fragen, ob die Wiener Ereignisse Ursache darbieten, daß das Haus nach der Hand
strategische Operationen beschließe? ‒ Ich meinerseits zolle den größten Dank der Stimmung Wiens, aber es thut mir leid, daß uns von dort auf diplomatischem Wege gar kein Beschluß zugekommen
ist, was jedenfalls auf Wankelmuth schließen läßt. Und weil die ungarische Armee diplomatisch nicht hingerufen wurde, so würde man vielleicht späterhin unsern Einmarsch für eine feindliche Invasion
erklären. Und da wir gar keine diplomatische Aufforderung erhielten, wie könnten wir uns vor der Welt rechtfertigen? Der Wiener Reichstag hat uns nicht einmal noch geantwortet. In solchen aufgereizten
Zeiten gibt es Augenblicke, wo nur der Erfolg das Gute oder Schlechte der Handlungen bestimmt. Wäre ich Anführer gewesen, so hätte ich, ohne einen Augenblick zu säumen, den Feind gleich ohne Anfrage
auch auf östreichischem Gebiete verfolgt. Wäre es schlecht ausgefallen, so hätte ich freilich meinen Kopf eingebüßt, wäre es aber gelungen, so hätte ich einen großen Dienst dem Vaterlande erwiesen.
Weit entfernt von mir, als wenn ich dadurch jemand kritisiren wollte. Wir haben, statt augenblicklich den Feind zu verfolgen, den diplomatischen Weg eingeschlagen und er hat zu nichts geführt. Das
Haus muß sich also äußern, ob Jellachich noch weiter verfolgt werde, oder es muß dem Wiener Reichstage erklären, daß wir bereit waren und sind, unsern Brüdern in Oestreich zu helfen. Da aber der
Wiener Reichstag uns gar nicht geantwortet, unsere Armee nicht aufgefordert und sich nicht einmal geäußert hat, ob er den Jellachich als Feind betrachtet oder nicht, so müssen wir unsere Armee
zurückziehen. In diesem Sinne hat der Ausschuß gestern Nachts an den Befehlshaber der ungarischen Armee geschrieben und ihn beauftragt, sich bloß auf die Vertheidigung unseres eigenen Vaterlandes zu
beschränken. ‒ Der Wiener Reichstag hat diese Angelegenheit an den Gemeindeausschuß und dieser wieder an den permanenten Ausschuß des Reichstags gewiesen. Dieser aber antwortete, daß er nicht
Zeit habe, darauf zu antworten.“
In der gestrigen Abendsitzung des Reichstags wurde die 4te Adresse an Se. Majestät und die Proklamation an die Völker Oestreichs fortberathen. Schon am Morgen hatte diese feige Verrätherschaar
durch die vielen hundsföttischen Desertionen seiner Mitglieder, schon die Beschlußfähigkeit verloren und am Abend mit genauer Noth 194 Anwesende aufzuweisen.
Schneider zeigt an, daß die Bielitzer Nationalgarden (Schlesien) auf ihrem Wege nach Wien in Preran vom Militär angehalten, entwaffnet und eingesteckt worden seien. Schuselka machte eine
ähnliche Meldung aus Krems, wo man einen Wiener Nationalgarden gefangen und mit dem Standrechte bedroht, ihn aber jetzt zurückgebracht habe.
Hierauf wurde die Adresse an den Kaiser angenommen; bei Berathung der Proklamation kam die ganze Feigheit und Käuflichkeit des Reichstags an's Tageslicht und verrieth sich vorzüglich in den
Reden Schuselka's, Dilewski's, Potocki's, Sidon's, Umlauft's, Goldmark's, Borrosch's u. s. w. Nach dem Antrag Umlauft's wurde die Redaktion an
eine Kommission gewiesen und wir haben den Brei heute also noch einmal zu verdauen. ‒ Wir befinden uns im größten Momente und haben keinen einzigen Mann, der diesen Moment zu ergreifen weiß.
Kossuth ist und will leider nur ein Ungar sein. Hier nichts als feige, intriguante, demokratische Bourgevis, die ihre Gesinnung und ihr Maul nach jedem Lüft-
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chen ändern. Aber bald hätte ich eine Größe vergessen. Die Frankfurter linke Deputation zeigt mittelst Maueranschlag heute noch einmal an, daß sie wirklich hier sei und daß sie den Wienern ein Schock
‒
Bewunderung mitbringe. Famose Kerls in ihrer Offizialität! Wer sind die Herren Hartmann und Trempusch, die zur Deputation gehören? O Deutschland, wann wird der Geist deines Volks
endlich einen Geist, einen Charakter erzeugen! Heute sollen zwei Reichstags-Kommissarien aus Frankfurt hier eintreffen. Auch sie werden ebenfalls der Anarchie, von der nur in der verruchten
Ober-Post-Amtszeitung (Beiblatt vom 14.) nicht aber hier die schurkenhafte Spur anzutreffen ist, auf den Kopf hauen wollen. Dann haben wir ein schönes Heer von Anarchisten, Jellachich, Schuselka,
Auersperg, die Frankfurter, die Kamarilla und Windischgrätz im Anzug. Es wird gut werden. Das Wiener Volk wird sich selber helfen müssen, wie unter dem Kretinen-Gewürm jeder ausgezeichnetere Mensch
sich selber helfen muß.
Lesen Sie Folgendes und bewundern Sie mit mir den Takt, das richtige Gefühl, den Muth unserer Frauen. Sie trösten, wo die Männer verächtlich werden.
„Hoher Reichstag!
Die Freiheit, das Vaterland sind in Gefahr! Ein Schmerzensruf durchdringt alle Herzen, ein Gefühl belebt jede Brust.
Durchdrungen von der hohen Bedeutung unserer bedrängten Zeitverhältnisse, welche uns zum unermüdlichen Kampfe rufen, um der Knechtschaft einer Soldatenherrschaft zu entgehen, halten wir es
für unsere Pflicht, auch unsere Wünsche mit jenen unserer Brüder zu vereinen, um an einen hohen Reichstag das dringende Gesuch zu stellen, er möge mit energischer Kraft die Zügel der
Regierung ergreifen, bevor es zu spät ist. Der Muth und die Entschlossenheit unserer Freiheitskämpfer, wir können sagen, des ganzen Volks, welches bereit ist, für die gute Sache bis auf den
letzten Mann zu stehen, ist so groß, daß wir eigentlich allein im Stande wären, den Feind zu besiegen. Doch lange Verzögerungen wirken besonders auf halbentschlossene Menschen immer schwächend.
‒ Es wäre daher höchst nothwendig, ein hoher Reichstag möge den Landsturm, der mit ungeheuern Kräften nur seines Winkes harrt, entbieten, indem, je imponirender die Macht, je größer die
Streitkräfte, desto weniger Opfer würden fallen, einen Sieg zu erkämpfen, der ohnehin schon jetzt mit soviel unnütz vergossenem Menschenblute theuer erkauft ist.
Jetzt gilt es, zu handeln, jede Minute des Aufenthaltes kostet vielleicht viele Menschenleben; soweit unsere Blicke reichen, sehen wir das mörderische Geschütz sich vor uns entfalten.
‒ Vernichtung drohender Soldatenherrschaft sei unsere Loosung! ‒ Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu wahren!
O, hört unsere Warnung, unsern Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen, ‒ wo es sich um
das Wohl von Millionen handelt!
Freie Männer des Volkes! beweiset, daß Ihr würdig des Vertrauens seid, einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar!
Bürger, wir vertrauen Euerm bewährten Pflichtgefühle.
Wien, 17. October 1848.
Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauenvereins Karoline Perin, geb. Pasqualati, Präsidentin.“
(Folgen die Unterschriften.)
Und darüber hat der Kretinismus, die Feigheit, die Niederträchtigkeit und der Verrath des Wiener Reichstags beim Vorlesen höhnisch-mitleidsvoll zu lachen gewagt!
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Wien, 19. Oktbr.
Der „Politische Privat-Telegraph“ berichtet: Die Gewaltthätigkeiten, die stündlich von dem Militär verübt werden, empören die Völker der Monarchie. In jedem Orte, wo die Soldaten die
Oberhand gewinnen, werden die Nationalgarden entwaffnet. Die Nationalgarden aus Bielitz, welche den Wienern zu Hülfe zu kommen im Begriffe waren, wurden bei Prerau entwaffnet und festgenommen; ebenso
geschah es den Brünner Nationalgarden, welche von Wien in ihre Vaterstadt zurückkehrten. Man ist im höchsten Grade gespannt auf den Ausgang der Ereignisse. Man spricht davon, daß die Ungarn wieder
andern Sinnes geworden und den Angriff auf die Kroaten wieder beschlossen haben. Kossuth ist gestern in das ungarische Lager gekommen und wird, wie man sagt, den Ereignissen eine andere Richtung
geben. Moga soll nicht recht stichhaltig dem Ban gegenüber sein. Die Nachricht von der Umwandlung der magyarischen Gesinnung brachten zwei ungarische Deputirte in das Studenten-Comite. Diese
beabsichtigen heute in einem Plakate das Dunkel zu lichten und die Wiener über die ungarischen Verhältnisse aufzuklären. Da Pulski als den Vorwand für den ungarischen Rückzug den Umstand bezeichnet,
daß keine Wiener Behörde die Hülfe der Magyaren angesucht, so hat der Oberkommandant Messenhauser sich an den Gemeinderath gewendet und von diesem diese Berufung verlangt. Der Gemeinderath jedoch, der
in den letzten Tagen ein Bedeutendes von seinem patriotischen Eifer eingebüßt, versprach dem Oberkommandanten, sich diesfalls an den permanenten Ausschuß zu wenden. Der russische Gesandte Medem ist
abgereist; sein Stellvertreter hatte gestern Abends mit dem belgischen und holländischen Gesandten eine längere Konferenz.
Das Lager beim Belvedere ist vollständig bezogen und alle Anordnungen sind der Art getroffen, daß jedem Angriffe von Seiten des Militärs ein erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Im
Lager befindet sich ein ansehnlicher Geschützpark, den der Generallieutenant Bem nöthigenfalls aufs Beste anwenden würde.
Die Chargen der akademischen Legion, welche lagert, haben auf die höheren Gagen im Vergleich mit den übrigen Legionärs aus eigenem Antriebe verzichtet. Wien ist seit gestern gänzlich eingeschlossen
und nur noch bei der einen Nußdorfer Linie ist die Zufuhr möglich. Bei den übrigen Linien wird die Zufuhr von den Soldaten gewaltsam weggenommen.
Das Studentencomite hat einen Aufruf an das deutsche Volk gerichtet, in welchem dieses aufgefordert wird, der bedrängten Stadt Wien, wo das deutsche Interesse vertreten wird, zu Hülfe zu kommen.
Das Comite macht darauf aufmerksam, daß in der von den Kroaten bedrohten östreichischen Hauptstadt das deutsche Interesse weit mehr bedroht sei, als in Holstein. Die hier anwesenden Deputirten von der
Linken zu Frankfurt haben ein Plakat veröffentlicht, in welchem sie ihre Bewunderung für die Handlungsweise der Wiener aussprechen.
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Aus dem deutschen Reich.
In München und Hannover sind ähnliche Rundschreiben, wie in Preußen über die Beaufsichtigung der politischen Vereine erlassen worden.
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103
] Berlin, 22. Oktober.
Unsere Bourgeoisie schreitet tagtäglich nach der Verfassung. Sie will eine Verfassung um jeden Preis, so schnell wie möglich in Händen haben, weil sie alsdann Alles geordnet glaubt und dem jetzigen
gesetzlosen Zustand, ein Ende gemacht würde. „Wir haben nichts weiter zu berathen als die Verfassung!“ rief neulich ein Abgeordneter von der rechten Seite. Nun, die Verfassung wird jetzt
berathen. Ob man damit bis zu Ende kommen wird, ist eine Frage. Man hat starke Ursache daran zu zweifeln. Wer der gestrigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung beigewohnt, wer die leidenschaftlichen
Scenen, die gestern im Conzertsaal des Schauspielhauses zur Aufführung kamen mitangesehen, der muß zugestehen, daß hier keine Vereinbarung möglich ist. Hier heißt es vielmehr: entweder, oder. Mögen
auch die Centren noch so viel versuchen um eine gegenseitige Vermittlung hervorzurufen, sie ist unmöglich. Das eine Drittel der Versammlung, die rechte Seite, die will mehrere Schritte rückwärts gehen
und versucht diesen Rückschritt mit Hülfe der Armee zu machen. Das andere Drittel der Versammlung, die äußerste Linke will täglich noch einen Schritt vorwärts machen, sie wird von dem größten Theil
der Bevölkerung vorwärts gedrängt. Sie kann nicht stehen bleiben mit den Centren und ihr Vorwärts ruft die Reaktion der rechten Seite hervor. Die Zeit ist jetzt gekommen wo man sich von beiden Seiten
drängt, man fühlt, daß der Sieg im Conzertsaale noch nicht hinreichend ist um den Kampfplatz als Sieger zu verlassen, denn außer diesem Saale wird auch noch manches Wort mitgesprochen. Dies
Mitsprechten möchte die reaktionäre Partei dem Volke gern unmöglich machen. Die Klubs, der zum 26. d. zusammenberufene Demokraten-Congreß sind ein Dorn im Auge der Reaktion. Deshalb versucht dieselbe
Unruhen hervorzubringen, damit man Gelegenheit findet, Berlin in Belagerungszustand erklären zu lassen, das freie Versammlungsrecht und die freie Presse zu beschränken. Einen solchen Streich hatte die
Reaktion gestern vorbereitet Man dekretirte 100 Erdarbeiter ohne Weiteres zu entlassen. Man glaubte, daß nichts natürlicher sei, als daß die Arbeiter wieder Unruhen machen würden, welche das Signal zu
einem neuen Aufstande gegeben hätte. Man hätte denselben diesmal von Seiten der Reaktion besser benutzt als am Montag, wo sie unvorbereitet davon überrascht wurden. Dies alles wußten auch die
Demokraten und ermahnten daher gestern zu Ruhe. So viel Ursache die Arbeiter auch zu einer Aufregung hatten, so waren sie doch bald überzeugt, daß Mäßigung diesmal am rechten Orte sei. Dies ging sogar
soweit, daß die Arbeiter Jemanden festnahmen, welcher zu ihnen kam, und sie zu Unruhen, in Folge der gestrigen Arbeiter-Entlassung aufreitzen wollte. Es zeigte sich, daß der Festgenommene ein
Reaktionär war. Obgleich sich die Polizei bemühete diesen Menschen, als nicht zurechnungsfähig darzustellen, gewinnt doch die Vermuthung Raum, daß die Reaktion grade ein solches unschädliches
Individuum vorschob. ‒
Trotz der großen innern Aufgeregtheit aller Gemüther müssen sich die Abgeordneten des Volks dennoch täglich versammeln um unter dem Schein eines allgemeinen Einvernehmens die Vereinbarung der
Verfassung zu Stande zu bringen. Wer will aber vereinbaren? Die Rechte will nicht, denn die nimmt alles so an, wie es das Ministerium wünscht. Die Linke will nicht, denn die will so vom König
angenommen wissen, wie es die Majorität festgestellt hat. Demnach bleiben nur die Centren übrig. Das sind die eigentlichen Vereinbarer. Die arbeiten auch am Meisten beim Vereinbarungswerk. Alle
Berichte der Central-Abtheilungen über das Verfassungswerk sind von diesen unentschiedenen und schwankenden Männern abgefaßt. So der gestern ausgegebene sieben Bogen starke Bericht über den 2. Titel
des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde vom Abg. Pilet. Er beginnt folgendermaßen:
„Die Vereinbarungs-Urkunde, welche unserem freigewordenen Volke die große Errungenschaft sichern soll, ein einiges und freies Volk zu sein, hat vor Allem die Aufgabe, die Freiheit des
Individuums nach allen Richtungen hin, zu gewährleisten. Denn ein einiges und freies Volk kann nur aus der Gesammtheit freier Individuen bestehn. ‒ Der vorliegende 2. Titel, welcher von den
Rechten der Preußen handelt, bildet daher, indem er die Grundrechte des Volks feststellt, die eigentliche Grundlage der ganzen Verfassung. ‒ Alle übrigen Titel enthalten nur die Formen, in
welchen die Ausflüsse dieser Grundrechte zu einem staatlich geordneten Ganzen, zusammengefaßt, und zum Wohle der Gesammtheit in Thätigkeit gesetzt werden.“ ‒
„Die Central-Abtheilung ist bei der Berathung dieses Titels davon ausgegangen, daß die Freiheit des Individuums in der Verfassung voll, und ohne den geringsten Abbruch gewährt werden müsse.
Sie hat für dieses Maaß der individuellen Freiheit überall nur eine Gränze anerkannt, das ist die Berechtigung jedes Anderen auf ein gleiches Maaß individueller Freiheit. Die Freiheit des
Einzelnen findet daher ihre Beschränkung nur in der Gleichberechtigung Aller.“ ‒
„Auf den Charakter einer Verfassung müssen die Zustände, welche bei Einführung einer neuen Ordnung der Dinge im Staate vorgefunden werden, nothwendigerweise von Einfluß sein. Für die
preußische Verfassung liegt die Aufgabe vor, anstatt des gestürzten Polizeistaats den Rechtsstaat aufzubauen. Daher ist es natürlich und nothwendig, daß die Hauptschutzmittel der persönlichen Freiheit
gegen die Bevormundung des ehemaligen Polizeistaats aufgerichtet sind.“ ‒
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14
] Berlin, 22. Okt.
Nachdem gestern 100 Arbeiter auf dem Köpnickerfelde entlassen wurden (laut einem Plakat des Baumeisters Helft: aus Strafe für die Zerstörung der Maschine am 13. d.), sollen morgen noch
zweihundert entlassen werden und zwar unter Aufsicht der Bürgerwehr (?) und Konstabler. Berücksichtigt man die gestrigen Versammlungsdebatten und die unvergleichliche Frechheit der Rechten, so
kann man nur die Alternative stellen: entweder will die Regierung einen neuen Konflikt zwischen Arbeitern und Bürgern, oder sie ist total mit Blindheit geschlagen. Aus wahrhafter Quelle kann
ich Ihnen berichten, daß die zerstörte Maschine auf dem Köpnickerfelde, nicht, wie es Minister und Stadtrath behaupten, zum Nutzen der Arbeiter, sondern zum Nachtheil derselben war. Das Wasser,
welches sie ausschöpfen sollte, konnte füglich von den Arbeitern fortgeschafft werden. Die Zerstörung geschah lediglich in der Gewißheit, daß nach Aufstellung der Maschine viele Arbeiter
überflüssig und entlassen würden: für die Maschine, welche uns ruinirt, gibt man Tausende aus, uns aber zieht man einige lumpige Groschen vom Lohne ab, wenn die Tage kürzer geworden sind. Ist das
unsre Schuld? Wir gehen schweren Tagen entgegen.
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119
] München, 20. Oktober.
Die sonst so gutmüthige Bevölkerung unsrer Bier-Metropole hat seit einigen Tagen mit einer solchen Berserkerwuth gegen Parlamentsmitglieder, gegen Demokraten-Denunzianten, gegen Bierbrauer und
Wursthändler gekämpft, daß man wirklich glauben mußte, die halbe Stadt sei von Bockbier berauscht.
Der Rausch ist jetzt aber so gut wie vorüber und der Katzenjammer des Martial-Gesetzes ist eingetreten.
Wie ich Ihnen bereits schrieb, machte sich die Volkslaune zuerst in einigen musikalischen Abendunterhaltungen Luft, die damit endigten, daß die Musikanten ihren Gefeierten schließlich mit den
Instrumenten die Fenster einschlugen. Es war dies gewissermaßen die Ouvertüre zu den Störungen des 18. Glauben Sie aber ja nicht, daß diese in dem Sturm einer Wache oder eines Zeughauses bestanden
‒ nein, die guten Münchner machten sich grade an ihre besten Freunde, an die Wirthe, an die Bierbrauer! Die letztern hatten sich nämlich durch eine Erhöhung des Bierpreises den tödlichsten Haß
des souveränen Volkes zugezogen und wie sich mailand in Paris National-Garden und Proletarier zu einem Sturm auf die Tuilerien vereinigten, so machten diesmal in München Bürger und Soldaten
gemeinschaftliche Sache bei einem Angriffe auf das Haus des reichen Bierbrauers Pschorr. Die Läden der Bäcker und der Schinkenhändler hatten vorher schon herhalten müssen. Ein wahrer Regen von
geräucherten Schenkeln und weißen Brödchen fiel aus den Fenstern der erstürmten Häuser belustigend auf die tobende Menge herab. Zu Brod und Fleisch schien man indeß auch Bier haben zu wollen und in
Massen wälzte man sich daher vor die Wohnung des Brauers Pschorr. Der Sturm dieser Feste war nicht so leicht als man dachte.
Wie ein Regiment Schweizer mit Stangen und Hellebarden, standen nämlich die Brauknechte des Herrn Pscharr mit fürchterlichen Knitteln vor der Thür ihres Meisters. Der Kampf begann und er schwankte
lange. „„Aber wer vermag einem durstigen Volke zu widerstehen?““ Die Brauknechte mußten endlich weichen und jubelnd stürzte die Menge in das Innere der Wohnung.
Uhren, Spiegel, Tische, Stühle, Geldsäcke, Papiere u. s. w. flogen jetzt miteinander durch die Fenster in die Straße hinab. Mit Mühe rettete sich Pscharr mit seiner Frau durch die Hinterthür, eben
noch geschützt von seinen Knechten, die zerprügelt und zerschlagen den Rückzug ihres Herrn zu decken suchten.
Erst als Generalmarsch geschlagen wurde und das Militär mit gefälltem Bayonnet die Straßen zu säubern begann, verließen die Rebellen das verwüstete Haus.
Seit das Martialgesetz verkündet wurde, hat der Skandal ziemlich aufgehört; beide Parteien verbinden ihre Wunden und Verhaftungen geschehen in Masse.
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Rastatt, 21. Okt.
Struve und Blind haben ihr bisheriges Gefängniß in Bruchsal wieder mit den hiesigen Kasematten vertauscht. Sie wurden heute Mittag, unter Bedeckung von 60 Mann preußischer Truppen, hierher
gebracht. Voraussichtlich wird indeß der hiesige Aufenthalt der Gefangenen von kurzer Dauer sein, da die Geschwornen zu ihrer Aburtheilung alsbald zusammentreten werden, wenn das desfallsige Gesetz in
beiden Kammern berathen und sanktionirt ist.
[(F. O. P. Z.)]
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Schleswig, 20. Okt.
Die Berathung über den Antrag des Advokaten Friederici führte in der heutigen Sitzung der Landesversammlung schließlich zur Annahme eines Gesetzes, durch welches allen deutschen Kriegern, welche in
Folge ihrer Dienste im diesjährigen Kriege gegen die Dänen, zur Erwerbung ihres Unterhalts unfähig geworden sind und kein Vermögen besitzen, einerlei, ob sie bei den schleswig-holsteinischen oder bei
den Hülfstruppen, ob sie im regulären Militär oder in einem Freikorps gedient haben, so wie auch den Wittwen und Kindern der gefallenen oder verwundeten Krieger unter gleicher Bedingung ein
gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung aus der schleswig-holsteinischen Staatskasse zuerkannt und zu diesem Zweck vorläufig eine Summe von 15,000 Thlr. Cour. jährlich ausgesetzt wird. ‒ Die
Vorlage der provisorischen Regierung resp. wegen ihres eigenen Abtretens und wegen Anerkennung der neuen Regierung, führte schon gestern Abend zu einer allgemeinen Privatbesprechung der Mitglieder der
Landesversammlung. In der heutigen Abendsitzung, welche bereits auf 7 Uhr angesetzt ist, wird von dem bestellten Ausschusse Bericht erstattet und alsdann wahrscheinlich sofort beschlossen werden. Es
unterliegt keinem Zweifel mehr, daß die Entscheidung in Gemäßheit der Regierungsanträge ausfallen wird, so daß es sich nur noch darum handelt, wie groß die Majorität und wie gering die Minorität
ausfallen werde. Ich hoffe, daß sich Alles zum Guten wenden wird. Muthmaßlich wird die Landesversammlung sich gleich nach gefaßtem Beschlusse über die Regierungsvorlagen vertagen. Herr v. Reedtz soll
bereits ganz in der Nähe sein, indeß nicht hierher kommen wollen, bevor die Landesversammlung auseinander gegangen ist.
‒ Durch Verfügung der provisorischen Regierung vom 17. d. M. werden die dänischen Schiffe in den Häfen der Herzögthümer den Schiffen nicht privilegirter Nationen gleichgestellt, (M. s. die
Seeberichte.)
Französische Republik.
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[
17
] Paris, 22. Okt.
Wie wuthzitternd, bis zu totalem Cretinismus hinabsinkend, die königliche und Bourgoispresse Frankreichs gegen uns deutsche Demokraten kläfft und geifert, zeigt sich heute, zum hundertsten Male,
wieder im „Corfaire“ des edeln Herrn Virmaitre (der notabene neulich einen Brief publizirte, worin ihm von rothen Republikanern mit dem Strick gedroht ward). Die Augsb. Zeitung, die
sechszigjährige Mumie des status quo Europa's, verwandelt sich, sie putzt sich mit der phrygischen rothen Mütze, hu! welch ein Roth! Das deutsche Roth ist abscheulich, ist Ochsenblut (wer
erkennt hierin nicht Herrn A. Weill?) Diese Augsburgerin lobt die Wiener Metzeleien; ja, sie ruft: in Kurzem feiert der Elsaß das Andenken seiner Vereinigung mit Frankreich; ihr dummen Elsäßer, die
ihr französisch stammelt, vergeßt nicht, daß vor eurem 24. Oktober der 18., der Tag Leipzig's fällt. Woraus sich ergibt, daß die deutschen Demokraten an nichts als an das Losreißen des Elsaß
und Lothringens von Frankreich denken, und La Reforme und Democratie pacifique, die über jede überrheinische Erschütterung jubeln, stecken in der dicksten Unwissenheit, was die deutsche
Demokratenpartei betrifft. Ein Franzose, der der deutschen rothen Fahne Glück wünscht, ist ganz einfach ein Vaterlandsverräther; dieses mögen sich unsere purpurrothen Sozialschriftsteller
merken.“ Der schätzenswerthe Industrieritter A. Weill belehrt in derselben Nummer seine Leser, die Terroristen glichen den Hummeln und nicht den Bienen und ruft: „diese Leute haben keine
Augen zu sehen, keine Vernunft; haben sie Herz? sie möchten sterben für Frankreich. Gut, aber das ist nicht genug, man muß für dasselbe zu leben wissen.“ Erinnern sie sich noch an Alexander
Dumas, den Romanschreiber und Louis Philipp'schen Hoffreund, den allerliebsten Marquis de La Pailleterie, welchen Titel er sich vom Herzog Montpensier geben ließ? er wüthete im Sommer gegen
Sozialismus, kleisterte sich Tausende von Malen an alle Wände als Kammerkandidat, fiel mit Glanz allemal durch und ‒ läßt jetzt im Theatre historique sein neuestes Drama spielen, worin
Lamartine als Cicero, von Blanqui, Barbes als Catilina auf die effektvollste Weise und unter endlosem Applaus der Galerieen allabendlich blamirt wird. ‒ Die Bankette der Sozialdemokraten mehren
sich so, daß die volksfeindlichen Blätter eine neue Septembergesetzgebung gegen diese „gemüthaufregende und geistbethörende“ Agitation beanspruchen. Auch ist wahrscheinlich bald ein
solcher Schlag zu gewärtigen, schon kam ein dahin zielender Vorschlag in die Kammer; das royalistische Ministerium Dufaure will sich auf diese heitere Weise einweihen. Cavaignac macht sein saures
Gesicht dazu und erscheint täglich in tristerm Lichte; der „National de L'Quest“ nennt ihn sehr richtig „eine gar armselige, dürre, langweilige Persönlichkeit, der zu
seinem großen Bruder sich kaum verhält, wie ein Stallmeister zu einem hohen Ritter:“ Durch alle 86 Departemente strömt jetzt die brausende Sturmfluth der Banket-Agitation, jede Woche
soll fortan in jedem wenigstens ein demokratisches, wo möglich sozial-demokratisches Banket gefeiert werden und zwar möglichst billig, um den Blousen den Eintritt zu erleichtern. Die Volksfeinde
wollen auch Bankette machen, kriegen aber wenig Gäste; ihre Hauptmanöver bestehen jetzt in lächerlichen Wallfahrten in Masse der uniformirten Bürgerwehr eines Ortes zu der eines andern, wobei
natürlich zuletzt auch getafelt und getoastet wird. Zwei Pariser Legionen sind neulich in Orleans und Boulogne gewesen, von wo sie bis England vordrangen, wo sie mit Seitengewehr, doch ohne Flinten,
die Marseillaise singend, bei John Bull ein großes Erstaunen erregten; jetzt geht die eilfte Bourgoislegion nach Calais und London, auch spricht man von einem Bankett, welches Paris einer Deputation
des Londoner Stadtrathes, die nächstens herkommen soll, geben werde. Das ist das „innige, Herz und Seele ergreifende, Europa's Wohlfahrt und Civilisation gegen die Vernichter des
Handels, Eigenthums und der Moral sicherstellende Zusammenwirken aller europäischen Bourgeoisieen.“ John Bull hat jedenfalls wieder sein Gaudium an dieser republikanischen Fortsetzung des Louis
Philipp'schen „herzlichen Einverständnisses;“ natürlich lächelt im Hintergrunde eine bereits im Journal des Debats angeregte Anleihe in England, wobei die hiesigen Bourgeois
auf's Ergötzlichste über den Löffel barbirt werden dürften.
[
*
] Auch ein kleiner Beitrag zur Characteristik der Bourgeoisre publik. Die Pariser Blätter erzählen von einer Frau Bridault, die während der Junitage aus reiner Menschenliebe mehrere
Verwundete bei sich aufgenommen und, als dieselben später zur Ambulance gebracht wurden, zur Erleichterung des Transports Matatzen, Kopfkissen, Leintücher, kurz alles nöthige Bettzeug hergeliehen
hatte. Jetzt werden alle diese Gegenstände vergeblich von ihr reklamirt. Die Mairie des zweiten Arrondissements will von nichts wissen, und Frau Bridault, die krank und sehr arm ist, schläft auf
Stroh, bis es den Herren Bourgeois gefallen wird, ihr das zurückzugeben, was sie so großmüthig geliehen. Herr Berger, an welchen sie sich persönlich wandte, soll ihr geantwortet haben: man muß die
Reichen machen lassen.
[
*
] Die „Reform“ schreibt unter'm 21. Oktober: Es ist klar, daß die royalistische Ligue für den Augenblick keinen andern Plan hat, als uns einfach auf 1830
zurückzuführen; als die Herrschaft der Mittelklasse wieder herzustellen, indem sie, wenn es sich thun läßt, das demokratische Gebäude des Februars vom Giebel bis zur Basis zerstört. Man arrangirt eine
Monarchie ohne König, oder, wenn man das vorzieht, eine Bourgeoisrepublick mit ihrem Egoismus und ihren Privilegien, mit ihrer Krämermiliz, ihrem Börsen- und ihrem Geldsackstolze. Es ist eben immer
das Regiment der Banquiers, der Rentiers, das Regiment der provinziellen Grundbesitzer und der Priester; es ist, was man das System der Ordnung nennt, der Ordnung ohne Freiheit und ohne
Gleichheit.
Deswegen wird man, was den Augenblick betrifft, weder Heinrich V., noch Joinville, noch Bonaparte predigen; man wird vielleicht, wenn es noth thut, selbst der Republik ein Hoch bringen; aber was
liegt daran? Man hat eine Republik Bern und eine Republik Zug; man hat vor Zeiten auch die Republiken Genua und Venedig gehabt; aber was hat Alles das mit der französischen Republik zu thun, die man
nicht will? Was man will, ist die Oligarchie, die Aristokratie (wir bitten um Verzeihung, wir hätten beinahe gesagt, die Bourgeoisie); was man will, ist die Herrschaft der Wenigen und die
Unterdrückung der Vielen.
Das ist die Bedeutung des quasi-königlichen Ministeriums. Was gelten uns Herr Dufaure und Herr Vivien? Welcher von den Angestellten des Februars ist denn übrig geblieben? Wen kann man noch
zurückrufen, nachdem Herr Senard vorübergegangen ist? O nein, die Minister des Königthums sind es, die uns interessiren. Ihre Rückkehr zur Gewalt ist das insolenteste Manifest, welches die Feinde der
Revolution noch gewagt haben. Die Solidarität, welche die Herren Marie, Bastide und Goudchaux so leicht übernommen, wird die Schmach ihres Falles nicht auslöschen; ihre Nachfolger pochen ans Thor,
und, möge geschehen was wolle, was können wir zurückzuwünschen haben? Welche Apostasie der letzten achtzehn Jahre gibt es, welche Herr Marie nicht heute selbst rehabilitirt hätte?
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@facs | 0631 |
Paris, 22. Octbr.
Der Pariser Stadtrath hat beschlossen, durch den Seine-Präfekten die 147,000 Metres Uniform-Tuch wieder verkaufen zu lassen, in welche Marrast „Maire von Paris“ die arme Bürgerwehr
kleiden wollte.
‒ Heute Sonntag, weder Börse noch Nationalversammlung. Dagegen findet im Tuilerienhofe eine große Revue vieler Legionen der Bürgerwehr vor ihrem Ober-Kommandanten Changarnier statt.
‒ Dem Vernehmen nach ist die Wahl des Präsidenten der Republik vom 25. Nov. auf den 10. Dezember verschoben.
‒ Clavel, in Turin wohnhaft, aber durch seine demokratischen Werke, z. B. Histoire de la francmaconerie etc., überall bekannt, ist gestorben. Clavel war dort Kanzler.
‒ Die Berliner Zeitungen (Staats-Anzeiger, Zeitungs-Halle etc.), sowie die Neue Rheinische Zeitung, sind heute in Paris nicht eingetroffen. Ebenso fehlen uns alle Berichte aus Wien nach dem
10. Oktober Mittags.
‒ Das Volk von Havre hat folgende Bittschrift an die Nationalversammlung geschickt:
„Bürger, Repräsentanten! In Gegenwart des fortwährenden Steigens der Getreidepreise auf unseren Märkten; in Erinnerung des Elendes, das uns in Folge der letzten Lebensmitteltheurung traf; im
Angesicht täglicher Einschiffungen, die das auf französischem Boden gewonnene Produkt dem Auslande zuführen; in Befürchtung daß die Spekulatoren Englands, als geborene oder besoldete Feinde der
Republik, dieselbe auszuhungern suchen, ‒ erscheinen wir vor Ihnen mit der Bitte, dem Chef der Vollziehungsgewalt aufzugeben, daß er in möglichst kurzer Frist ein Dekret erlasse, welches alle
Ausfuhr von Getreide, Gemüse und anderen Lebensmitteln sofort untersagt. Wir haben in diesem Jahre schon viel gelitten; es liegt uns daher um so mehr am Herzen, die Entwickelung unserer jungen
Republik nicht durch fortwährende Klagen zu hemmen. Die Zeit drängt, die Kälte naht und mit ihr die Einstellung der Arbeit. Wir wenden uns daher mit dem Vertrauen an Euch, daß Ihr als Diejenigen, die
Ihr vom Volke beauftragt seid, ihm Vertheidigung und Schutz schuldet.
Gruß und Brüderschaft!
Havre, 21 Oktober 1848.
(Folgen die Unterschriften besonders vieler Fabrikarbeiter.)
‒ Skandal-Scene zwischen den Generälen Lamoriciere und Lebreton in der Sitzung der Nationalversammlung vom 21-Oktbr.
Lamoriciere, Kriegsminister...... Es treten jährlich zwischen 35-bis 40,000 Mann aus dem Heere. Diese enorme Masse bleibt größtentheils in den Städten, wo sie Beschäftigung sucht, aber
meistens nicht findet. Entwöhnt von den ursprünglichen Ackergeschäften, wendet sie sich leichterer, angenehmerer Arbeit zu. Ist keine vorhanden, so drängt der Hunger dem Arbeitslosen und Verzweifelten
die Waffe in die Hände. Ist das keine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung? (Agitation im ganzen Saale). Ich schließe Mitbürger; ich unterstütze Deville's Antrag auf absolute Abschaffung
des Loslaufs- oder Ersatzrechts nicht, weil ich weiß, daß Ihr es nicht genehmigt, weil es für unsere gegenwärtige gesellschaftliche Sitten vielleicht noch zu schroff wäre Aber ich trage darauf an, daß
das Wort „Remplacement“ nicht in die neue Verfassung aufgenommen werde. Ich stimme für den Entwurf des Artikels des Verfassungsausschusses.
(Dieser Rede folgt große Gährung. Die Linke hatte mehrere Male Bravo gerufen und Cavaignac umarmte den Herabsteigenden dicht vor der Tribüne.)
Lebreton: Ich stellte den Antrag auf Zurückstoßung der beabsichtigten Abschaffung des Ersatzrechts in der Armee. Hr. Thiers hat den Gegenstand vollständig erschöpft. Ich nehme indessen das
Wort, um die Aeußerung des Kriegsministers zu bekämpfen, welche darin besteht, als ob eine normale. reguläre, stark konstituirte, aus alten, unter den Fahnen ergrauten Soldaten gebildete Armee jemals
eine Gefahr für die Gesellschaft. (Unterbrechung von der Linken), Ich bin ja ganz der Ansicht des Ministers, daß die Armee ein getreuer Abdruck der Gesellschaft sein solle.... Niemand mehr als ich
wünscht, daß die republikanischen Tugenden der Uneigennützigkeit, der Ergebung und Vaterlandsliebe in die Nation durch die Armee dringe. (Bravo). Wohlan, im Heere existiren diese Gefühle schon Wenn
erst der Soldat sehen wird, daß seine langen und treuen Dienste Anerkennung finden, dann wird die Armee niemals zur Gefahr für die Republik! aber die Armee wird zur Gefahr für die Freiheit, wenn die
Grade ohne Regel, ohne Maaß, außerhalb aller erworbenen Rechte, außerhalb aller gesetzlichen Vorschriften ertheilt werden. (Oh! Oh! Unterbrechung.) Wenn der, den der Zufall und Glück an die Spitze des
Heeres stellte... (Tumult.) diese Stellung benutzt, um selbst die Verleihung der höchsten militärischen Aemter zu einer Lockspeise für seine Vertrauten, für seine Kameradschaftsneigungen auszubeuten;
wenn er um sich einen Kreis von Ayacuchos, einen Zirkel von Privilegirten bildet, außerhalb dessen er die Armee geworfen, dann wird die unter den Fahnen ergraute Armee eine wahre Gefahr sein.
(Unterbrechung und Erstaunen.) Ich will Ihre Geduld nicht länger mißbrauchen, ich füge nichts weiter bei und überliefere diese Reflexionen dem Nachdenken des Herrn Kriegsministers. Ich stimme gegen
die Unterdrückung des Ersatzrechts.“
Der Rest dieser Scene artet in ein Wort- und Arm-Gefecht aus, der im heutigen Moniteur eine ganze Spalte füllt, und zu welchem der unsterbliche Legitimist Denjoy ein Seitenstück lieferte. Wir
begnügen uns hier nur mit dem authentischen Wortlaut des Lebretonschen Angriffs.
‒ Mit Aufhebung des Belagerungszustandes zu Paris ist gleichzeitig eine zweite Auflage der September-Gesetze vorgeschlagen, diesmal durch den würdigen Marie (vom
National ). Das angeschuldigte Journal wird nur drei Tage zur Instruktion seiner Vertheidigung haben. Findet dèfaut statt, so wird die Sache durch den Gerichtshof selbst abgeurtheilt werden;
direkte Citation, außerordentliche Affisen im Nothfalle, bei Konzessionsgesuchen Entscheidung in 5 Tagen mit Unterbrechung aller andern Prozesse, das sind die Alliirten dieser neuen Justiz. In diesem
Projekt steckt Lamoriciere; er organisirt den Krieg gegen die Presse in der Weise der afrikanischen Razzia's.
[Leseerbrief]
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@facs | 0632 |
Klagen unserer Abonnenten über die vernachlässigte Beförderung der „Neuen Rheinischen Zeitung“ durch die Post.
Am 4. Oktober bestellte ich mir bei dem Postamte zu Euskirchen die „Neue Rheinische Zeitung,“ statt dieser erhielt ich:
am 10. Oktober die „Rheinische Volkshalle“ vom selben Tage; am 12. Oktober wieder die „Rheinische Volkshalle“ vom 12.
Die „Neue Rheinische Zeitung“ erhielt ich von da an, wie folgt:
Die Zeitung vom Donnerstag den 12. Oktober blieb aus und erfolgte erst am 13. mit der Zeitung vom 13., in welcher letzterer sich eine Beilage der „Kölnischen Zeitung“ vorfand.
Bei der Zeitung vom 14. fehlte die Beilage.
Die Zeitung vom Sonntag den 15. ist ausgeblieben; die Beilage derselben empfing ich am 17. hujus.
Die Zeitung vom 17. blieb aus und erfolgte erst mit der Zeitung vom 18. am Mittwoch.
Statt der Zeitung vom 19. erhielt ich die vom 12. Oktober, so daß ich deren jetzt zwei gestempelte Exemplare besitze.
Auf wiederholte schriftliche Anfrage bei dem Postamte zu Euskirchen, um die Ursache dieser Unregelmäßigkeiten, wurde mir mündlich der Bescheid, das Postamt, resp. der Postexpediteur sei keine
Schuld daran, Alles, was ihm von Köln zugeschickt worden, habe er an mich gelangen lassen. Dieser Behauptung schenke ich um so leichter Glauben, da ich in der heutigen Zeitung gefunden, daß es noch
mehreren Abonnenten Ihres geschätzten Blattes eben so ergangen, wie mir.
Im Vertrauen, daß Sie Alles aufbieten werden, die Absicht gewisser Büreaukraten, Ihr Blatt durch unvollkommene Beförderung oder Zurückhaltung den Abonnenten zu verleiden, zu vereiteln, zeichnet
hochachtungsvoll M.
Odendorf, im Kreise Rheinbach, den 20. Oktober 1848.
An die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
An hiesigem Orte werden zwei Exemplare der „N. Rh. Ztg.“ gehalten. Auch wir beklagen uns über den unregelmäßigen Empfang derselben. So z. B. erhielten wir am 18. d. keine Zeitung, am
19. d. Nro. 120 nebst Beilage und Nro 121 ohne Beilage. Die Beilage zu Nro 121 erfolgte gestern den 20, jedoch ohne Zeitung, während die in einem Exemplar hier gehaltene alte Kölner Tante mit ihrem
inkrustirten Pot de chambre, ganz regelmäßig ‒ mit der königl. Lokalpost ‒ hier ankommt.
Wir, die wir an hiesigem Orte Ihre Zeitung lesen, sind der Meinung, daß die Post als Mittel zur Einführung einer neuen, russischen Censurmethode gebraucht wird, um Ihr Blatt den Lesern überdrüssig
zu machen.
Wir sind über eine solche Erbärmlichkeit der Reaktion sehr empört. Die Heuchelei kann das reine Licht der Wahrheit nicht ertragen, aber es wird, es muß durchdringen!
N.
Gerresheim, den 21. Oktober 1848.
P. S. In unserm benachbarten Dorfe Hubbelrath wird auch ein Exemplar der „N. Rh. Ztg.“ gehalten. Der dort wohnende Polizei-Sergeant sagte mir, daß am 19. gar nichts angekommen sei,
während die durchfahrende königl. Post andere Blätter richtig abgegeben habe.
P. S. Zur Verständigung und Aufklärung bemerke ich noch nachträglich, daß die fahrende Lokalpost Abends 6 Uhr von Düsseldorf abfährt, um 7 Uhr hier in Gerresheim und um 1/2 8 Uhr in
Hubbelrath ankommt. Die „Kölnische Zeitung“ (mit dem Datum des nächstfolgenden Tages) bringt sie regelmäßig mit.
Der Expedition der Neuen Rhein. Zeitung zu Köln habe ich erst vor ein Paar Tagen Mittheilung über eine in dieser Woche vorgekommene Verzögerung in Besorgung der Neuen Rhein. Zeitung gemacht,
‒ und heute, Freitag den 20. October, ist die betrffende Nummer wieder ‒ ausgeblieben. Meine Mutmaßung, daß die bei den königlichen preußischen Postbeamten obwaltende Mißliebigkeit des
fr. Blattes lediglich Schuld der Verzögerung sei, hat inzwischen durch die Erklärung der Expedizion in Nummer 119 Unterstützung gefunden. Ich bringe demnach gegenwärtige Verzögerung lediglich zur
Karaktristik der Postbeamten ‒ warscheinlich in Köln ‒ zu Sprache, muß aber bemerken, daß durch solches Benehmen die kolner Zeitung gewiß Nichts gewinnt; wer ein mal radikales Getränke
genossen, wird keinen Geschmack am Wasser der Schlappschwanskis finden. Ich wenigstens werde im nächsten Quartale auf die Neue Rheinische Zeitung und auf die Zeitungshalle, Beides zu meinem
persönlichen Gebrauche, abonniren.
Warweiler, 20. October 1848.
K.
Der Krieg der altländischen Postjunker gegen die Rh. Zeitung scheint also ein systematischer zu sein; auch hier wird über unregelmäßiges Erscheinen viel geklagt. So ist mir die Beilage zu Nr. 121
bis jetzt noch nicht zugekommen. Auf mein Nachfragen bei der Post wurde mir begreiflich gemacht, daß man mit den hiesigen Abonnenten die Runde mache, und der Reihe nach bald dieser und bald jener die
nicht angekommenen Stücke entbehren müsse.
Dortmund, 21. October 1848.
W.
Wehdem, den 22. Oktober 1848. Ich kann nicht umhin, Ew. Wohlgeboren zu berichten, wie unregelmäßig mir die „Neue Rheinische Zeitung“ zukömmt. Oft erhalte ich 3 Nummern
zugleich, oft gar keine.
Heute erhalte ich Nro. 121, wo ich Nro. 122 hätte erhalten müssen; dazu war noch das Blatt beschmuzt und zerrissen, was beweist, daß es schon Andere benutzt haben müssen.
Hier ist täglich Postverbindung, so daß ich Ihr Blatt jeden Morgen bekommen kann.
Woran liegt die Schuld?
Ich glaube an der Post!
Wollen nicht Ew. Wohlgeboren für die Regelmäßigkeit der Beförderung Sorge tragen?
Achtungsvoll C.
Zu dieser Klage bemerkt die Expedition der „N. Rh. Ztg.,“ daß die meisten Klagen gerade dieser Art sind und daß aus denselben unwiderleglich hervorgeht, wie von den Postbeamten unsere
Zeitungspackete geöffnet werden.
Daß dies kecke Eingriffe in unsere und unserer Abonnenten Eigenthumsrechte sind, brauchen wir nicht zu sagen.
Wir fordern aber die höheren Postbehörden auf, diesem gesetzlosen Treiben zu steuern, widrigenfalls wir uns genöthigt sehen, bei der General-Post-Direktion Klage zu führen.
Fernere Klagen sind aus Latum, Schreiberhau, Baerde, Bourscheid, Elberfeld und Aachen eingelaufen. Aus jedem dieser Orte werden dieselben Klagen geführt: Unregelmäßigkeit in der
Ablieferung, Verschleuderung einzelner Exemplare.“
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@facs | 0632 |
Erwiderung auf die in Nro. 112 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ erhobenen Klagen des Abonnenten K. in Warweiler.
Die Nro. 118 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist erst am 17. Abends 6 1/2 Uhr über Aachen in Prüm eingegangen, mithin konnte dieselbe nicht früher, als Nro. 119, in Warweiler
eintreffen, da die Post von Prüm bereits 3 Uhr Nachmittag dahin abgeht. Was die gemachte Insinuation anbelangt, als habe ein hiesiger Postbeamte von dem Belagerungszustande in Köln etc., vor
der Publizirung desselben, Wind gehabt und deshalb die Annahme einer Bestellung auf die „Neue Rheinische Zeitung“ verweigert, so möge Herr K. von Warweiler die Mittheilungen seines
Freundes in Prüm nicht halb, sondern ganz hören und wissen, daß gar keine Spürnase dazu gehört, das zu begreifen, was mit großen Buchstaben schwarz auf Weiß aller Welt gedruckt
mitgerheilt wurde.
Uebriges möge Herr K. die Käuze im Walde und nicht im Postbureau suchen.
Prüm, den 21. Oktober 1848.
Die Prümer Postbeamten.
Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung“ bemerkt zu dieser Erwiderung, daß die Zeitungen nach Prüm nie über Aachen, sondern stets mit der Abendpost nach Trier expedirt werden.
Die Postbeamten von Prüm haben also selbst den Postanstalten das Zeugniß durch diese Erwiderung ausgestellt, daß unsere Zeitung sehr nachlässig durch die Post expedirt wird.
Es scheint, als übe[r] die Post durch Befehle von Oben herab entweder eine Art russischer Censur über unsere Zeitung, oder man geht mit dem Plane um, sie durch schlechte Expedition systematisch zu
ruiniren. Wir werden unsere Kräfte aufbieten, um einem solchen Treiben bald auf die Spur zu kommen und ersuchen deshalb unsere auswärtigen Abonnenten, uns sofort von Unregelmäßigkeiten in der
Versendung oder Verschleuderung von einzelnen Exemplaren in Kenntniß zu setzen, damit wir einestheils gegen die dieser Vergehen bezüchtigten Postämter Klage führen, anderntheils aber auch dem Publikum
denunziren können.
Köln, den 24. Oktober 1848.
Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“
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@facs | 0632 |
Verhandelt zu Köln den 17. Oktbr. 1848.
Es erschien der Bürger Friedr. Wilh. Hochkirchen dahier in der Telegraphenstraße Nr. 11 wohnhaft und erklärte zu Protokoll:
„Ich befand mich nach 9 Uhr in dem Bierhause von Pütz im Schwanen in der Thieboldsgasse, als 3 Unteroffiziere und 1 Soldat vom 34. Regiment dort eintraten. Einer der Unteroffiziere der 7.
Compagnie nahm eine vor mir liegende Zeitung gewaltsam weg, versuchte dieselbe mit seinem Säbel zu zerschlagen und als dieses nicht gelang, zerriß er sie in Fetzen, indem er über die Zeitung und die
Kölner Bürger so wie über die 28er die gemeinsten Schimpfreden ausstieß. Hiermit nicht zufrieden, nahm er sein vor ihm stehendes Glas, stieß es gewaltsam auf den Tisch, daß es zerbrach und der Inhalt
desselben mich und den neben mir sitzenden Mann, Namens M. bespritzte. Wir verhielten uns hierauf ruhig, und dadurch vielleicht bestärkt, nahm er nun das Glas des etc. M., schlug dasselbe ebenfalls
entzwei und goß uns das Bier dadurch über den Leib.
Als ich nun aufsprang, um den Unteroffizier hierüber zur Rede zu stellen, zog er seinen Säbel, versetzte mir damit einen Stich nach der Brust, der glücklicherweise, weil der Säbel stumpf war, nur
eine Contusion zurückließ. ‒ Der Bürger Jos. Esser, Thieboldsgasse Nr. 95, der ebenfalls dort anwesend war, sprang mir nun zu Hülfe, und entriß dem Unteroffizier den Säbel, der Alles
zusammen zu schlagen drohte.
Als die andern Unteroffiziere und der Soldat die Entwaffnung ihres Cameraden sahen, entfernten sie sich und wir ließen den Angreifenden ebenfalls ruhig abziehen, indem wir seinen Säbel
zurückhielten, um denselben dadurch beim Klagbarwerden wieder erkennen zu können.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
(gez.) Friedr. Wilh. Hochkirchen.
Der ebenfalls erschienene Metzger Jos. Esser bestätigte die vorstehende Aussage und erklärte ferner, daß einzelne Soldaten des 34. Regiments, als sie sich zum Exerzieren begeben, und an
meinem Hause vorbeigingen, Drohungen ausstießen, indem sie dabei bemerkten: „dieser Mann hat den Säbel.“
Sodann erklärten sowohl Esser als Hochkirchen noch gemeinschaftlich, daß gegen 1/2 10 Uhr einige Zeit nach dem Vorfalle die Fenster an dem genannten Bierhause von Soldaten des 34.
Regiments demolirt worden sind.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
(gez.) Jos. Esser.
Aufgenommen im Hauptquartier auf dem Rathhause.
(gez.) Theod. Herx.
Anzeigen.
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 24. Oktober 1848.
Angekommen: Kapt. Loosen von Amsterdam mit 4332 Ctr. Kapt. Peer von Rotterdam mit 4058 Ctr. Kapt. Willms von Rotterdam mit 4082 Ctr. Kapt. Demmer von Rotterdam mit 4298 Ctr.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. Jak. Schaaf. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr A. Meyer. Nach Andernach und Neuwied A. B. Schilowski und H. Schumacher. Nach Koblenz, der
Mosel u. Saar Jos. Zeiler. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar J. Bayer. Nach Mainz J. Acker. Nach dem Niedermain C. Nees. Nach dem Mittel- und Obermain. Fr. Seelig. Nach Worms und Mannheim B.
Sommer. Nach Heilbronn L. Heuß. Nach Bingen H. Leineweber.
Nach Rotterdam Kapt. Lützenkirchen Köln Nr. 29. Nach Amsterdam Kapt. Schneider Köln Nr. 16.
Rheinhöhe am 24. Okt. 6′ 7″.
Inserat.
Vom Rhein, 1. Okt. Unterm 13. August d. J. hatten wir uns über jene zwei Maßregeln verbreitet, welche die Central-Kommission der Rheinschifffahrt als einstweilige Vorläufer weiterer, zu
Gunsten der Segelschiffer zu treffenden Maßnahmen bezeichnete. Wir konnten in diesen zwei Maßregeln kein günstiges Vorzeichen für eine bessere Zukunft des bedrängten Schifferstandes erblicken, und
diese unsere Besorgniß vermochte das Promemoria des Oberinspektors der Rheinschifffahrt, d. d. Mainz 30. August d. J., nicht zu verscheuchen, denn es war leicht vorauszusehen, daß alle Berathungen da
zu keiner Verständigung und Einigung führen würden, wo bei der einen Partei der Mammon die Stelle des Herzens einnimmt und des Kapitals arroganter Egoismus das Wort führt. Mit dem 25. September d. J.
begannen nämlich zu Mainz die Berathungen der Abgeordneten sämmtlicher Rheinuferstaaten und endigten mit dem 28. v. M., ohne zu einer zu wünschenden und auch möglichen Einigung zu führen, weil die
zwei Parteien, der Handelsstand und die Dampfschifffahrts-Gesellschaften, sich gegenseitig vertretend, mithin zweifach vertreten von dem gewaltsamen Vorrechte des Kapitals der dritten Partei dem
Segelschifferstande, als der gegen solches ankämpfenden Arbeit, aus dem Grunde kein Haar breit vergeben zu müssen, weil sie wähnen, der fortschreitende Zeitgeist würde von ihnen angerufen, ihre
Unwahrheiten u. Ungerechtigkeiten unter seine Fittige nehmen und ihre Aftergeburten als seine Erzeugten anerkennen, weil sie wähnen, die so manchem von ihnen unerwünschte politische Freiheit, auf die
sie sich berufen, würde sich kuppeln lassen, um als Nothhelfer zur Erreichung fremder, ihrer hehren Bestimmung widerstreitender Endzwecke zu dienen!!!
Solchen phantastischen Hoffnungen scheint eine bei C. Krebs-Schmitt in Frankfurt a. M. von den rheinischen Dampfschifffahrts-Unternehmungen herausgegebene Broschüre ihr Dasein zu verdanken, in
welcher das wahre Verhältniß der Rheinischen Dampfschleppschifffahrten und der Segelschifffahrt mit keiner unverschämteren Unwahrheit dargestellt werden konnte; ein wahrer Mischmasch von
Skurrilitäten- und Vademecums-Anekdoten, in denen eine interessante Abhandlung über die durch das eingegangene Halfen-Gewerbe beseitigte Thierquälerei sich bis zu der in national-ökonomischer Hinsicht
wichtigen Berechnung versteigt, daß der Abgang eines jeden derartigen Pferdes nun mindestens 10 Menschen Lebensmittel verschaffe, die ihnen das, seither der Producirung des Pferdefutters zugewendete,
Erdreich fortan liefern werden. Wie viele Arbeiter, könnten wir manchen unter diesen Weltverbesserern fragen, würden wohl auch ihren täglichen Lebensunterhalt finden, wenn mancher von diesen Herren
statt mit seinen Pferden seine Güter aus und in den Hafen fahren zu lassen, solche abschaffte? Mit dieser kleinen Probe von der Logik dieser patriotischen? Weltverbesserer, auf welche die Anwendung
des Wortes „Kosmopoliten“ eine wahre Blasphemie wäre, schließen wir mit der festen Voraussetzung: daß die rheinischen Segelschiffer, wie sie bisher die egoistischen und unredlichen
Machinationen ihrer Gegner mit den schlagendsten Beweisen bereits zur Genüge vor dem Publikum entlarvt haben, so nun auch jetzt nicht auf sich werden warten lassen, um dieser Broschüre, die als Muster
einer ostensibelen Unverschämtheit und mit ihren Trugschlüssen und Unwahrheiten ‒ wir geben hier alle den Segelschiffern gegebene Spitheta zurück ‒ als Beweis maßloser Herrschsucht
dasteht, die richtige Beurtheilung zu verschaffen und mit ihrer möglichsten Veröffentlichung und gründlichsten Widerlegung die wahren Tendenzen der Autoren dieses Pamphlets zu beleuchten.
Unwillkührlich erinnern wir uns hier eines jüngst erschienenen Flugblattes, welches den Geldaristokraten den Vorwurf macht, daß sie zur Erreichung ihres Zweckes sich keines Mittels schämen, selbst
wenn sie sich die Rolle eines Proletariers zu spielen erniedrigen müßten, und welches mit v. Rotteck's Behauptung aus dem 1. Bande seiner allgemeinen Weltgeschichte schließt:
Die Aristokratie des Reichthums ist durchaus gehässig und verderblich, und kann kaum aufkommen oder bestehen ohne Ertödtung aller moralischen Begriffe. Denn hier wird die Achtung, welche dem
Verdienste und der Tugend gebührt, dem Gelde erwiesen, und mit dem Gelde werden auch die Mittel, zu demselben zu gelangen, geehrt. Betrug und Raub sind gerechtfertigt, wenn sie nur reichen Gewinn
bringen. Die niedrigste Selbstsucht hebt frech das Haupt empor, und Uneigennützigkeit oder Großmuth werden verspottet.
Englischer Hof in Cöln.
Casinostrasse Nr. 1.
Empfiehlt einem reisenden Publikum auf's Angelegentlichste.
Herm. Jos. Thibus.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Donnerstag den sechs und zwanzigsten Oktober 1848, Vormittags zehn Uhr, sollen durch den Unterzeichneten auf dem Markte in der Apostelnstraße zu Köln mehrere gutgehaltene Mobilien, als: Tische,
Stühle, Lithographien, ein Spiegel, ein Schreibpult, eingeschliffener Ofen, eine Penduluhr etc., an den Meistbietenden gegen baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher, Fülles.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Mittwoch den 25. Oktober 1848, Vormittags 10 Uhr wird der Unterzeichnete auf dem Apostelnmarkte zu Köln, verschiedene Mobilargegenstände als Tische, Stühle, eine Kommode, einen Schrank, ein Ofen
etc. dem Meist- und Letztbietenden gegen baare Zahlung öffentlich verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Gassen.
Stickerei-Handlung von Gebr. Seligmann.
Durch neue Sendungen von Wolle und Seide so wie aller übrigen Artikeln, welche in das Gebiet der modernsten Tapisserie gehören, ist unser Lager auf das vollkommenste und geschmackvollste assortirt,
so daß wir im Stande sind allen Anforderungen zu genügen. Wir werden dies um so mehr können, indem wir durch den Ausverkauf vieler Artikel, die wir nicht mehr führen wollen, größere Aufmerksamkeit
dieser Branche widmen können.
Schwarzen und kouleurten Sammt in reicher Auswahl billig bei Gebr. Seligmann.
Lieber Bürger Schlechter sagen Sie uns doch ob Sie am Polizei-Gericht verdammt worden sind oder nicht.
Viele Freunde.
Versteigerung auf das Letztgebot.
Morgen Donnerstag den 26. Oktober, Mogens 10 Uhr und Nachmittags 3 Uhr, Versteigerung von antiken Möbeln und andern antiken Gegenständen, so wie auch von einer Anzahl Gemälden in der Behausung des
Antiquars J. G. Späner, Domhof Nr. 13.
Gesellschaft zur Vereinbarung der Heuler und Wühler.
Zweck derselben: Humoristische Erörterung der sozialen und politischen Verhältnisse der Gegenwart namentlich in Beziehung auf Köln.
Erste Sitzung Mittwoch Abends 7 Uhr. Berathung der Grundrechte und Verfassung des Vereins.
Ein jeder der Kopf und Herz auf dem rechten Fleck hat, wird zur Theilnahme eingeladen.
Mühlengasse Nr. 1 im Lokale der Gesellschaft Lätitia 1. Etage.
Das provisorische Comité.
Billig Kost und Wohnung kleine Budengasse Nr. 2 ‒.
Derjenige, welcher am vorigen Samstage, Abends bei Hilgers im bönnischen Posthause, einen schwarzen Filzhut irrthümlicherweise mitgenommen, wird hiermit gebeten, denselben bei der Expedition d. Bl.
oder bei Hilgers zur Erstattung an den rechtmäßigen Eigenthümer zurückzugeben.
Letzte Woche des Römischen Circus.
Von Alexandro Guerra.
Heute Mittwoch den 25 Oktober 1848, große Vorstellung mit ganz neu vorkommenden Scenen und Reitstücken, und zum Beschluß Damen-Manövre nebst Damen-Karassell, geritten von 9 Damen, kommandirt von
Mme. Guerra. Anbei die Arlequinade, arrangirt von Hrn. van Callendyck, und ausgeführt von mehreren Herren der Gesellschaft. Das Nähere der Anschlagzettel.
Alexandro Guerra.