[0625]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 124. Köln, Dienstag den 24. Oktober. 1848.
@typecontents
@facs0625
Uebersicht.
Deutschland. Wien. (Zwei Briefe Messenhauser. ‒ Antwort Auerspergs an den Oberkommandanten. ‒ Tuda). Prag. (Neueste Nachrichten aus Wien). Botzen. (Der letzte Armeebefehl Radetzki's). Berlin. (Vereinbarungssitzung vom 20. Oktober. ‒ Die Leichenfeier. ‒ Das Ministerium und die Klubs). Frankfurt. (Aufhebung des Belagerungszustandes). München. (Katzenmusiken und Bierkrawalle). Stralsund (Unruhen in Greifswalde). Posen. (Folgen des Belagerungszustandes). Reichenberg. (Antwort des Centralvereins auf die Erklärung der Czechen).
Polen. Krakau. (Die Russen).
Franz. Republik. Paris. (Preßplackereien. Reaktion auf dem Lande.
Die Klubchefs. NationalVersammlung vom 20. Oktober).
Großbritannien. London. (Die Wiener Ereignisse und die City. ‒ Die Cholera. ‒ Duncombe. ‒ Die Friedensfreunde). Dublin. (Der Lord-Lieutenant. ‒ Meagher. ‒ Mc. Manus. ‒ Cork).
Handelsnachrichten.
Die neuesten Wiener Briefe und Zeitungen waren beim Schlusse des Blattes noch nicht angekommen.
Deutschland.
@xml:id#ar124_001
@typejArticle
@facs0625
Wien.
Wir geben nachträglich noch die Briefe Messenhauers an Jellachich und Auersperg.
Baron Jellachich.
Euer Excellenz ist es bekannt, daß der hohe, nach der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung aller deutsch-österreichischen Länder ‒ wie ich mehr und mehr klar ersehe ‒ souveraine Reichstag, in Anbetracht der, durch die Ereignisse des 6. Oktober hervorgerufenen außerordentlichen Ereignisse ‒ Ereignisse, von Vielen vorhergesehen ‒ mit dem Auftrage betraut worden, Sorge für die Vertheidigung der Hauptstadt Wien und Umgebung, so weit der Wirkungskreis des Wiener Nationalgarde-Oberkommando reicht, in Vertheidigungszustand zu setzen.
Euer Excellenz dürfte es nicht minder bekannt sein, daß ich durch die Gewalt, welche die Geschicke und Verhängnisse des merkwürdigsten aller Jahre 1848 charakterisit, aus der Einsamkeit eines fast einsiedlerischen Lebens ‒ durch Berufung und Sanktionirung des hohen Ministeriums und des hohen Reichstagsausschusses, an die Spitze der Nationalgarde von Wien sammt den Umgebungen getreten bin.
Sollte bei dem bisher noch ungestörten Personenverkehre dieser Vorfall Euer Excellenz unbekannt geblieben sein, so ist die Mittheilung desselben der erste Grund dieses meines Schreibens.
Das fernere Motiv des Erlasses dieser Note an Euer Excellenz ist Folgendes:
Der Inhalt des, im Auftrage des Reichstages vom Reichstagsausschusse an Euer Excellenz unter dem 14. Oktober erlassenen, und durch Plakat, der gesammten Bevölkerung veröffentlichten Schreibens, wäre schon als Privatmann, nicht blos der Ausdruck meiner persönlichen Ansicht, sondern auch meiner tiefsten Ueberzeugung gewesen.
Seit dem 13. Oktober ‒ unterbrochen durch ein kurzes Interregnum ‒ in den Centralpunkt der Geschäfte der Wiener Volkswehr gestellt, belehren mich in jeder Stunde, Organe der verbrüderten Volkswehr aus allen Provinzen der auf dem Reichstage durch den freien Volkswillen vertretenen Staaten, daß Euer Excellenz mit Ihrem unterstehenden Armeekorps, trotz aller Versicherungen von friedlichen Absichten, als eine vollkommen feindliche Macht angesehen werden.
Euer Excellenz Erscheinen, mit Theilen eines aus Ungarn weichenden Heeres, sind die Gegenstände allgemeiner Befürchtung.
Aber nicht jener Befürchtung, welche die ihrer Errungenschaften sich bewußten Volkswehr der Hauptstadt Wien veranlassen könnte, rath- und thatlos die Hände in den Schooß zu legen, und sich von dem Feldherrn einer Armee, in Marsch gesetzt ohne Mandat eines verantwortlichen Ministeriums, sei es nun das ungarische zu Buda-Pest oder das Unsrige zu Wien, ich wiederhole, sich von dem Feldherrn einer Armee, dessen Verbindung mit dem k. k. Armeekorps Sr. Excellenz des Herrn Grafen v. Auersperg dem Verständnisse der denkenden Bevölkerung nicht klar genug vorliegt, Gesetze, oder was einerlei ist, das Verzweiflungsmittel einer Kapitulation vorschreiben zu lassen.
Von einem solchen Geiste des sich Selbstverlassen, der unmännlichen Unterwerfung unter einem, durch Schlachtlinien sich ankündigenden Willen, der mich über die Freiheitsgedanken meiner, deutschen und nichtdeutschen, österreichischen Mitbürger erröthen machen müßte, sind dem gefertigten Oberkommandanten seit seiner kurzen Amtsthätigkeit keinerlei Symptome vorgekommen.
Im Gegentheile. Von allen Seiten laufen Klagen, direkte und indirekte Proteste von Einzelnen, Körperschaften, Gemeinden, deren Gesammtausdruck als das Echo der Landesstimmen angesehen werden muß, in meinem Hauptquartiere ein. Tausende und aber Tausende erwarten von mir, dem Leiter er Hauptstadt Wien, die Losung zum Angriffe gegen die Armee Euer Excellenz des Herrn Grafen Auersperg.
Vertheidigung, und nicht Angriff, liegt in meinem ausgesprochenen und hinlänglich bekannten Auftrage. Allein ‒ wie dies in dem gestrigen Schreiben des hohen Reichstagsausschusses Euer Excellenz eröffnet worden, die, durch Ihre Truppen vollzogene Entwaffnung der gesetzmäßig organisirten Nationalgarden der Dorfschaften, die drückenden Requisitionen, die Verhinderung der freien Passage, die Absperrung der Zufuhr von Lebensmitteln, und die Besetzung der zum Bezirke der Hauptstadt gehörigen Ortschaften legen mir die gebieterisch, unabweisliche und heilige Pflicht auf, mir von den Absichten Euer Excellenz in möglichst beschleunigter Zeitfrist volle Ueberzeugung zu verschaffen.
Sind die Absichten Euer Excellenz durchaus friedlicher Natur, wird kein Angriff auf die Stadt, wozu ich jedoch immer die Umgebung rechne ‒ unternommen ‒ wird den Absichten Euer Excellenz blos durch die beliebte Formel: aus strategischen Gründen ein gehässiger Schein angeklebt, so habe eben auch ich aus strategischen Gründen von Euer Excellenz die vollste, bestimmteste, dem einfachsten Verständnisse der Bevölkerung klare Verständigung über die folgenden Punke, mir, in schon angedeuteter Zeitfrist zu ererbitten.
Erstens. Sind Euer Excellenz geneigt, Ihre Truppen aus der Umgebung von Wien derart zurückzuziehen, daß ich im beharrlichsten Befolg meiner vom hohen Reichstage erhaltenen Mission nicht bemüssiget bin, auf der Grundlage eines scheinbaren Friedens zum Schutze der Hauptstadt und der Umgebung, zum Schutze von Personen und Dingen, zum Schutze von National- und Privateigenthum, zum Schutze von schwer ersetzbaren Gütern die außerordentlichsten Vertheidigungsmaßregeln zu treffen? Für einen Kampf, entbrenne er nun in den Mauern der Hauptstadt oder in deren Außenbezirken, Rüstungen aufzubieten, welche eine, für die Beschäftigungen des Friedens und der Kultur bestimmte Bevölkerung in Soldaten umwandelt, welche den schwer gedrückten steuerpflichtigen Bürgern noch größere unerschwingliche Auslagen aufzwingen muß, welche Bestürzung ohne Maaß, Befurchtungen ohne Ende, mit einem Worte, welche den edelsten Kern der auf dem hohen Reichstage tagenden Bevölkerung, an derem Wohlstande alle österreichischen Mitbürger fremder Nationalitäten ohne Unterschied betheiligt sind, die tödtlichsten Wunden auf unabsehbare Jahre schlägt?
Zweitens. Sind Euer Excellenz geneigt, jeden Akt der Feindseligkeit gegen die meinem Schutze vertraute Bevölkerung, Eingeborne wie Fremde, sofort einzustellen?
Drittens. Sind Euer Excellenz geneigt, sich sofort aus der drohenden Stellung, die Ihre unter absolutistischen Bannern agirende Heeresmacht unter den Mauern, man kann sagen, derzeit selbst unter den Kanonen der Hauptstadt einnimmt, in der allerkürzesten Zeitfrist, ohne Rücksicht auf strategische oder politische Gründe, von deren Richtigleit ich die unermeßliche Mehrheit der mir anvertrauten Volkswehren völlig fruchtlos würde überzeugen wollen ‒ nach dem Süden zu in Ihr Heimathland zurückzuziehen?
Die ungeheure Verantwortlichkeit, die seit der, wahrlich durch keinen demokratischen Ehrgeiz eines Emporkömmlings, sondern durch das Gebot reinster Bürgerpflicht erfolgten Uebernahme meines schwierigen Amtes, auf meinem alleinigen Haupte ruht, bemüssiget mich, diese meine erste Note an Euer Excellenz fast in dem düsteren Charakter eines Ultimatums abgehen zu lassen.
Ich gewärtige in Bälde Euer Excellenz geneigte Antwort.
Da ich sowohl als Mann des Volkes, als Vorstand des Wehrkörpers der Stadt Wien in Entscheidungen, ob Friede sein wird, nur offen verkehren kann, um darnach blos als Organ der entschiedensten Mehrheit zu handeln ‒ so habe ich die weitere Ehre, Euer Excellenz mitzutheilen, daß ich den Inhalt dieses Schreibens der Kenntniß des Publikums nicht entziehe.
Ferners, daß ich geistige Waffen, den roheren, des menschenmordenden Kampfes vorziehend, die gesammte Presse der Hauptstadt, des Vaterlandes, aller Kulturstaaten des Welttheiles aufrufe, sich des Inhaltes meiner ersten Ansprache an Eure Excellenz zu bemächtigen.
Wien, am 15. Oktober 1848.
Messenhauser, prov. Ober-Kommandant.
An Se. Excellenz den Herrn Feldmarschall-Lieutenant Grafen von Auersperg.
Der Unterzeichnete hat die Ehre, Euer Excellenz eine Abschrift Desjenigen zu übersenden, was er dem Herrn Banus von Croatien im Laufe dieses Vormittags mitzutheilen, länger keinen Augenblick mehr säumen konnte.
Indem Euer Excellenz sich von dem vollen Inhalte meiner Note an den Herrn Banus unterrichten, werden Sie die gebieterische Nothwendigkeit um so leichter erkennen, die mich bemüssigt, eine ähnliche Erklärung mir auch von Euer Excellenz zu erbitten.
Ich glaube die Gränzen meiner Befugnisse als Ober-Kommandant der Nationalgarde und der Stadt Wien sammt Umgebung in keiner Weise zu überschreiten, wenn ich, um mein Ersuchsschreiben klar zu formuliren:
Erstens. Eine Aufklärung mir erbitte, ob ein Stand der Dinge, der also lautet: der Herr Banus, Heerführer croatischer Nationaltruppen, und Se. Excellenz der Heerführer des aus Wien, in Folge der Ereignisse vom 6. Oktober ausmarschirten k. k. Armeekorps werden die Stadt nicht angreifen, so lange wir nicht selbst angreifen, ich sage, der gefertigte Ober-Kommandant kann in keiner Art umhin, sich, seinem Generalstabe, der Heeresmacht seiner gesammten Volkswehr, sowie der gesammten Bevölkerung Wiens, die einfache Frage vorzulegen: ob ein solcher Stand der Dinge noch so länger, mit allen aufreibenden, vernichtenden Wirkungen fortbestehen könne? Ja, ob ein solcher trüber Stand der Dinge noch länger fortbestehen dürfe.
An Euer Excellenz ist es, hierüber meiner gesammten Garde und der Bevölkerung, schon aus Menschlichkeit in der allerkürzesten Zeitfrist die bündigste Aufklärung zu geben;
Zweitens. Ich glaube die schwere Verantwortlichkeit meiner mir vom hohen Reichstage gestellten Aufgabe, nämlich: die Stadt Wien sammt Umgebung in Vertheidigungszustand zu setzen, nur ganz richtig aufzufassen, wenn ich Armeekorps, die ich durch ihre Concentrirung, die Beschaffenheit ihrer Ausrüstung, ihre Stellung in Schlachtordnung, ihre Bewegungen als nicht im Friedenszustande befindlich ansehe. Solche Armeekorps sind weit entfernt davon, daß sie, unter dem Charakter von Garnisonirung, oder als auf dem Marsche begriffen, aufgefaßt werden könnten.
Das gefertigte Obercommando ist sowohl durch den Inhalt des, im Auftrage des hohen Reichstages, vom Reichstagstagsausschusse unter dem 14. October an den Herrn Banus erlassenen Schreibens ‒ aber noch mehr die weitaus überwiegende Mehrheit der, in Befolg des hohen Reichstagsauftrages für den schon erwähnten Vertheidigungszweck unter die Waffen berufenen Wehrmänner, zu der Auffassung gekommen, daß die Absichten des Herrn Banus im direkten Widerspruche mit seinen Versicherungen stehen: folglich, daß das Erscheinen des Herrn Banus unter den Mauern Wiens als feindlich und den Errungenschaften gefahrdrohend angesehen werden müsse. Obschon ich nun erst durch die Antwort des Herrn Banus völlige unzweifelhafte Gewißheit über den vorherrschenden Glauben in der Bevölkerung, in der Garde und in meinem Generalstabe zu erhalten vermag, so drängen mich doch die Gewichte der Consequenzen eines so unnatürlichen Zustandes der Dinge zu der Nothwendigkeit: Euer Excellenz zu den baldigsten Mittheilungen zu ersuchen: ob die Armee des Herrn Banus und jene von Euer Excellenz, als einen Zweck verfolgend, also mithin combinirt, und für Angriff und Vertheidigung fest vereinigt, die Gränzen desjenigen Gebietes in stummer Ruhe bedrohen, welches ich, wie ich, bei jeder Gelegenheit und aus jedem Anlaß erinnern und ausdrücklich wiederholen muß, im hohen Reichstagsauftrage berufen bin, in Vertheidigungszustand zu setzen. Man vertheidigt doch nur Haus und Hof, Wall und Stadt gegen drohende Gefahren oder gegen offene Feinde. Hierüber erlaube ich mir im Namen der Wehrmannschaften der Stadt Wien und Umgebung um so mehr um die beschleunigte Mittheilung zu ersuchen, da ich es weder vor meinem Gewissen, weder vor meiner Bürgerpflicht, noch weniger aber vor meinem militärischen Berufe zu verantworten glaube, die Qualen der Ungewißheit für Hunderttausende in verderblichem Zaudern zu verlängern.
Die Aufklärung des Herrn Banus und jene von Euer Excellenz werden mich in den Stand setzen, die Ausgangspunkte meiner Stellung vollkommen einzusehen, und was ich viel höher schätze und noch viel sehnlicher wünsche, Sie werden mich in den Stand setzen, die Bevölkerung der Stadt und Umgebung über Das aufzuklären, was sie zu hoffen, was sie zu befürchten habe. Ich erlaube mir noch schließlich, mein Schreiben an Euer Excellenz durch die Mittheilung zu vervollständigen, daß ich es mir in meinem diplomatischen Verkehr zur unverbrüchlichen Richtschnur gemacht habe, was schon aus meinem Schreiben an den Herrn Banus hervorgeht, offen vor dem ganzen Volke zu verhandeln.
Tausend und tausend einlaufende Gesuche von Garden aller Provinzen klären mich ja hinlänglich darüber auf, daß die seit dem 6. October in Flammen ausgebrochene Bewegung der Stadt Wien keine Fraktionssache sei. Sie ist sonnenklar eine Volkssache. Genehmigen Euer Excellenz den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Wien, den 16. Oktober 1848.
Messenhauser, provisorischer Oberkommandant.
‒ Die Antwort des Grafen Ausesperg an das Oberkommando der Nationalgarde von Wien lautet, wie folgt:
Hauptquartier Anzersdorf, den 17. Oct. 1848.
Einem löblichen Oberkommando bestätige ich den Empfang der schätzbaren Zuschrift vom 16ten, und beeile mich, sie mit Nachstehendem zu erledigen. ‒ Zuvörderst wolle ein löbliches Oberkommando gefälligst in Erwägung ziehen, daß der Anlaß des jetzigen, allerdings höchst betrübenden Zustandes keineswegs durch das k. k. Militär oder seine Führer hervorgerufen worden ist, sondern, daß es die Wiener Bevölkerung und namentlich ein Theil der Nationalgarde war, welche uns mit bewaffneter Hand angriff, und dadurch die blutigen folgenschweren Ereignisse des 6. Octobers herbeiführte, in deren Folge ich es, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, für nothwendig erachtete, meine Truppen zwischen dem Schwarzenbergischen Sommer-Palaste und dem Bevedere in einer vom Publikum abgeschlossenen Stellung zu koncentriren. ‒ Ich würde diese Stellung länger beibehalten haben, wenn nicht die Erschwernisse, welche von Seiten der Wiener Bevölkerung der Verpflegung meiner Truppen gemacht wurden, und die mannigfachen Versuche, sie ihrem Diensteide untreu zu machen, ‒ die ich bei so naher Berührung nicht hinanzuhalten vermag, und welche bei dem entschiedenen Abscheu der Truppen gegen solche Zumuthungen nur die bedauerlichsten Gewaltthätigkeiten gegen die Verführer veranlaßten, mich zu dem Entschlusse bewogen hätten, in den Umgegenden Wiens eine nicht die Stadt bedrohende, sondern bloß mich verwahrende Aufstellung zu nehmen. ‒ Nachdem das k. k. Zeughaus, ohngeachtet es unter die Obhut der Nationalgarden gestellt wurde, geplündert, das Volk bis in die untersten Schichten ungesetzlicher Weise bewaffnet worden ist, und aus der Stadt Aufrufe zu einem allgemeinen Aufgebot des Landsturmes erlassen wurden, so sehe ich mich dadurch um so mehr zu erhöhter Vorsicht aufgefordert, als ich unter solchen Umständen unmöglich annehmen kann, daß die Wirksamkeit der Behörden, zu welchen ich Vertrauen hegen könnte, sich unter dem drohenden Einflusse des bewaffneten Proletariats frei und gesetzlich bewegen könne. ‒ Bei solcher außerordentlichen Lage der Dinge, wo auch noch die leitende Behörde des Staats: ein verantwortliches Ministerium nur dem Namen nach, ein Kriegs-Ministerium aber gar nicht besteht, kann ich nichts anderes thun, als in defensiver Stellung die Allerhöchsten Befehle Sr. Majestät abzuwarten, welchen ich täglich entgegen sehe.
Graf Auersperg.
@xml:id#ar124_002
@typejArticle
@facs0625
Wien, 17. Octbr.
Ein Hauptmann der leopoldstädter Nationalgarde, Tuda, ein Russe von Geburt und dem Oberkommando zugewiesen, wird beschuldigt, dem Ban alle im Kriegsrathe beschlossenen Maßregeln insgeheim verrathen zu haben.
[(Brsl. Z.)]
@xml:id#ar124_003
@typejArticle
@facs0625
Prag, 19. Okt., halb zwei Uhr Morgens.
Der Eisenbahnzug, der gestern früh von Florisdorf abging, hat sich so wie alle bisherigen Trains seit dem 6. Oktober verspätet ‒ er kam so eben an. Er brachte wenig Reisende und eben so wenig Neuigkeiten von Belang. In Wien herrscht fortdauernde Ruhe und Ordnung. Jellachich hat sich nach Laxenburg zurückgezogen und General Auerspergs Armeekorps ist mit dem seinigen vereinigt. Im Laufe des gestrigen Tages soll man auf dasselbe vom Belvedere aus einen Ausfall mit 40,000 Mobilgarden beabsichtigt haben; ob dieser Plan ernstlich gefaßt worden ist, und ob er zur Ausführung gekommen sei, konnten die Reisenden nicht berichten. In Olmütz wimmelt es von Truppen; auf gestern Nachmittag fünf Uhr war ein großer Militärtransport von da gegen Wien angesagt. Auf den Bahnhof zu Lundenburg sind Brünner Nationalgarden und zu Prerau Bielitzer Freiwillige, die den Wienern zu Hülfe zogen, vom Militär entwaffnet worden. In der heutigen Nacht kam noch zu später Stunde an die hiesige Eisenbahnadministration die Weisung, um 6 Uhr früh 300 Mann Truppen nach Olmütz zu befördern. Welcher Truppengattung dieselben angehören und was diese plötzliche Marschroute verursachte, konnten wir nicht erfahren.
[(C. B. a. B.)]
@xml:id#ar124_004
@typejArticle
@facs0625
Botzen, 16. Octbr.
Aus Anlaß der letzten Wiener Vorgänge wurde in Mailand am 12. d. nachstehender Armeebefehl bekannt gemacht „Hauptquartier Mailand, am 12. Oct. 1848. Soldaten! Ihr habt mich oft euern Vater genannt; als solcher richte ich heute das Wort an euch. Es haben blutige Auftritte in Wien stattgefunden, veranlaßt durch die unglückliche Zwietracht, die heute unser gemeinschaftliches und theures Vaterland in Parteien spaltet. Der Kriegsminister, Feldzeugmeister Graf Latour, ein alter tapferer Kamerad aus unserer Mitte, ist von einem wilden Pöbelhaufen in den Straßen Wiens ermordet worden; aber der Kaiser und seine Familie sind wohl und von treuen Truppen umgeben. Soldaten! Laßt euch nicht durch falsche Gerüchte und Lügen irre machen, seid fest in dem Vertrauen, das ihr mir stets bewiesen, seid unerschütterlich in eurer Treue gegen den Kaiser und in der Liebe zum Vaterlande, dessen Wohl uns Allen gleich stark am Herzen liegt. Weiset mit Schmach und Verachtung Jeden zurück, der eure Treue zu versuchen wagt, der euch, den Siegern in so vielen Schlachten, zumuthen sollte, durch Treulosigkeit eure Ehre zu beflecken. Eure Thaten haben die Welt mit Bewunderung erfüllt. Könige und Völker haben mir dieses schriftlich ausgedrückt; ich habe mich für die Fortdauer eurer Treue und Tapferkeit verbürgt. Ihr werdet mein Wort nicht zu Schanden machen. Tapfere Kriegsgefährten meiner alten Tage! Wir leben in einer schweren verhängnißvollen Zeit; aber glänzender wird der Thron des Kaisers, glücklicher und mächtiger das Vaterland aus diesen Kämpfen hervorgehen. Vergesset nie, daß wir alle Kinder eines Vaterlandes sind, das durch Bande, die Jahrhunderte heiligten, [0626] zusammengehalten ist. Die frevelnde Hand einiger Empörer soll nicht dieses schöne Verhältniß lösen. Mein Vertrauen in euch steht unerschütterlich fest. An eurer Spitze sehe ich ruhig der Zukunft entgegen: denn wir haben Kampf und Sieg noch nicht verlernt. Es lebe der Kaiser! Es lebe das Vaterland! (Gez.) Graf Radetzky, Feldmarschall.“
@xml:id#ar124_005
@typejArticle
@facs0626
[ 103 ] Berlin, 20. Octbr.
Wie wir gestern schon im Voraus mittheilten, hat die Rechte zum Schutze ihrer persönlichen Sicherheit durch den Abg. v. Meusebach folgenden „besonders dringenden Antrag“ vor der Tagesordnung stellen lassen. Der Antrag lautet: „In Erwägung der vor den Ausgängen des Schauspielhauses in neuerer Zeit wiederholt vorgekommenen, die Würde der Versammlung verletzenden Excesse, ist das Ministerium zu ersuchen, Sorge zu tragen, daß die öffentliche Ordnung auf dem freien Platze vor dem Schauspielhause während der Dauer und bis nach dem Schlusse der Sitzungen der Versammlungen mit gebührender Strenge (haarscharf geschliffenen Schwertern) gehandhabt werde.“
Die Abgeordneten Waldeck und Esser haben folgenden Antrag zum 24. d. M. eingebracht: 1) Kein Erlaß kann als ein Gesetz gelten und als solches durch die Gesetzsammlung bekannt gemacht werden, welcher nicht von der konstituirenden Versammlung in Berlin beschlossen, angenommen, oder genehmigt worden ist. 2) Diejenigen Erlasse der Frankfurter Central-Gewalt oder verfassunggebenden Versammlung, welche innere Angelegenheiten der einzelnen Länder, namentlich Polizeiwesen und Strafgesetzgebung zum Gegenstande haben, können für Preußen erst durch die Genehmigung der preußischen Volksvertreter gesetzliche Geltung erlangen.
Das königliche Land- und Stadtgericht zu Pleschen hat auf die, durch mehrere Zeugenvernehmungen unterstützte Denunciation des Bürgermeisters Kart daselbst, gegen Justiz-Kammissarius und Notarins, zur Zeit Abgeordneten von Lisiecki die Kriminal-Untersuchung und Verhaftung, „wegen Theilnahme an der letzten Insurrektion im Großherzogthume Posen und wegen Majestätsbeleidigung unterm 4. August festgesetzt,“ demnächst die Genehmigung Seitens der Vereinbarer-Versammlung beantragt.
Da aber nach der Kabinetsordre vom 9. d. M. für alle in der Provinz Posen bis zum 1. Juli begangenen politischen und damit in Verbindung stehenden Vergehen und Verbrechen gegen Beamte, welche sich bei der Insurrektion betheiligt haben, keine härtere Strafe als die Dienstentlassung erkannt werden darf; demnach die schweren Strafen, womit das in Rede stehende Hauptvergehen nach den allgemeinen Landesgesetzen bedroht ist, also fortfallen; da ferner bei der in Folge der neuesten politischen Ereignisse eingetretenen allgemeinen Aufregung der Gemüther und dem sich mehr als je durch Wort und That kundgegebenen Streben aller Nationalität nach Freiheit, das Verfahren des Angeklagten seinen gehässigen Charakter verliert; da keine Gefahr der Flucht vorhanden, auch keine Besorgniß der Verdunkelung des Sachverhalts obwaltet, da der Beweis größtentheils erhoben ist; da endlich die Anträge der Kommission zur Untersuchung des Zwiespalts zwischen den Deutschen und Polen im Großherzogthum Posen Behufs Pacifikation desselben in nächster Zeit zu erwarten, wodurch vielleicht auch diese Untersuchung ihre Erledigung finden könnte: stellt die Petitionskommission den Antrag: „daß die vom Königl. Land- und Stadtgerichte zu Pleschen beantragte Genehmigung zur Einleitung der Kriminal-Untersuchung gegen den Abg. von Lisiecki, resp. zu dessen Verhaftung während der Dauer ihrer Sitzung nicht ertheilt werde.“
Die Kommission zur Untersuchung der Zustände der Weber und Spinner hat über den Antrag des Abg. D'Ester, betreffend die Unterstützung der Weber und Spinner in der Grafschaft Ravensberg, heute ihren Bericht vertheilen lassen. Derselbe beantragt, das Ministerium zu ersuchen, diejenigen Geldmittel zu überweisen, welche erforderlich sind, um den ärmern Spinnern und Webern der Kreise Herford, Bielefeld, Halle, Minden, Lübbecke und Wiedenbrück lohnende, ihre Subsistenz sichernde Arbeit zu verschaffen.
@xml:id#ar124_006
@typejArticle
@facs0626
[ 103 ] Berlin, 20. Octbr.
Abends 7 Uhr. Soeben komme ich von dem großen feierlichen Leichenbegängnisse zurück. Die gefallenen Arbeiter sind so feierlich begraben worden, wie es Berlin noch nie sah. Man kann ohne Uebertreibung behaupten, daß der heutige Leichenzug den des 22. März übertraf. Auf der großen Freitreppe des Opernhauses waren die Särge mit den Leichen aufgestellt. Von 1 bis 3 Uhr dauerte der Anzug der (mehr als 60) verschiedenen Klubs, Gewerke, Landwehrmänner und der sämmtlichen Arbeiter. Ihre Zahl betrug über 30,000 Mann. Um 3 Uhr wurde der Zug vom bewaffneten Handwerkervereine eröffnet; dann folgte das Studenten-Corps; hierauf die Särge; alsdann die am 16. d. Verwundeten; hierauf der Central-Ausschuß der Demokraten Deutschlands, die Linke der National-Versammlung und so fort. Als sich die letzten Züge gegen 5 Uhr am Opernhause in Bewegung setzten, waren die ersten schon in dem weit vor der Stadt belegenen Jerusalemer Kirchhofe angekommen. Hier wurden von Abgeordneten der Linken (D'Ester, Waldeck, Jung, Gladbach) und Andern angemessene Reden gehalten. ‒ Die demokratischen Klubs zogen gegen 6 Uhr mit Fackel nach der Stadt zurück, vor Mylius-Hotel und brachten der daselbst versammelten Linken ein dreimaliges donnerndes Lebehoch. Die Fackeln wurden alsdann auf dem Platze vor dem Sitzungssaale der Vereinbarer-Versammlung verbrannt, wobei der Rechten und der Majorität, welche gegen die feierliche Bestattung stimmten, ein Pereat mit obligater Katzenmusik gebracht wurde.
Die Abgeordneten der Linken haben zu den Kosten dieses Leichenzuges 400 Rthlr. gegeben. Der Magistrat hatte den Stadtverordneten vorgeschlagen, 200 Rthlr. zu den Kosten dieses Zuges beizutragen, aber auch dies wurde von den Letztern verweigert.
Der Polizei-Präsident hat seine Einwilligung zu dem Zuge, in der Art wie er stattfand, nicht geben wollen. Der Magistrat wollte ebenfalls den Begräbnißplatz auf dem Kirchhofe nicht bewilligen. Aber man sagte ihnen, daß trotz ihrer Weigerung, alles werde ausgeführt werden, wie es einmal angeordnet sei.
@xml:id#ar124_007
@typejArticle
@facs0626
[ 103 ] Berlin, 20. Oktober.
Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.
Dringender Antrag des Abgeordneten Krause. (Sagen.) Die Versammlung wolle beschließen: daß der von mir eingereichte Gesetz-Entwurf zur Einkommensteuer, entweder:
a) einer besonders zu erwählenden Kommission, aus jeder Abtheilung 2 Mitglieder, oder
b) der Fachkommission für Finanz- und Steuer-Angelegenheiten überwiesen werden und
c) daß diese Kommission vorzugsweise mit der Begutachtung, resp. dem Entwurfe eines derartigen Gesetzes sich beschäftigen möge. ‒
Die Versammlung beschließt, nachdem der Antragsteller den Passus ad a) fallen ließ, mit großer Majorität die Annahme des Antrages.
Dringender Antrag der Abgeordneten Bergmann und Pilot. Die Versammlung wolle beschließen: „Das hohe Staats-Ministerium zu ersuchen, den Zusammentritt von Communal-Landtagen, als solchen, nicht ferner zu dulden, und zur unumgänglich nöthigen Erledigung der unaufschiebbaren laufenden Geschäfte in anderer Weise Vorsorge zu treffen.“ ‒ Es werden keine Einwürfe gegen die Dringlichkeit gemacht. ‒
Abg. Bergmann: Zum 6. November d. J. ist ein Kommunal-Landtag der Altmarkt ausgeschrieben worden, welcher in bisheriger Weise abgehalten werden soll. Die Bevölkerung der Altmarkt, namentlich die ländliche, ist dadurch in Besorgniß und Aufregung versetzt, und erwartet von der Versammlung die Beseitigung der aus dem Zusammentritt jener Korporation ihr drohenden Gefahr. Denn zu diesem Landtage gehört jeder Rittergutsbesitzer der Provinz, während nur 8 Abgeordnete der Städte und ein Abgeordneter aus der ländlichen Bevölkerung jedes Kreises. Die Zusammensetzung des Landtags läßt demnach die ganze Bevölkerung mit Ausnahme der Rittergutsbesitzer nichts gutes erwarten. ‒
Nachdem einige Abgeordnete für und gegen den Antrag gesprochen erhält der Abg. Pilet das Wort: Da die amtliche Zusammenberufung des Kommunallandtags in Zweifel gezogen worden ist, so werde ich Ihnen die vom 11. September datirte, vom damaligen Oberpräsidenten der Provinz Sachsen v. Bonin (der jetzt am Ministertische sitzt) erlassene Bekanntmachung mittheilen. (Er verliest dieselbe.) Der Kommunallandtag ist also zur Besorgung der laufenden Geschäfte zusammenberufen, welche aber so geringfügig sein müssen, vielleicht die Rechnungsablage und dergl, so sehe ich nicht ein, warum diese nicht vom Ministerium kommissarisch besorgt werden können.
Finanzminister Bonin: Die Zusammenberufung des Kommunallandtags war vorzugsweise deshalb nöthig um die Rechnungsabnahme über den Bau einer Chaussee, vorschriftsmäßig zu besorgen Das Ministerium wird einer Kommission, die dazu niedergesetzt würde, gern die nöthigen Mittheilungen machen.
Die Antragsteller modificiren ihren Antrag dahin, diese Angelegenheit einer Kommission zu überweisen. Mit großer Majorität angenommen. ‒
Dringende Interpellation des Abg.Pauckert: Am 17. Juni c. haben die Kreisstände des Zauch-Belziger Kreises beschlossen: eine halbjährige Klassensteuer einzuziehen um angeblich brodlos gewordenen Arbeitern Mittel zur Beschäftigung, namentlich bei vorzunehmenden Wegebauten, zu verschaffen. ‒ Dieser Beschluß ist am 25. Juni c. von der Königl. Regierung bestätigt, aber erst längere Zeit nach Erlaß des Gesetzes vom 24. Juli, wonach die Befugnisse der Kreisstände: Ausgaben beschließen zu können, aufgehoben wurden, den Kreis-Einsassen publizirt worden. ‒ Da dieser Beschluß lediglich im Interesse Einzelner, besonders der wenigen großen Grundbesitzer gefaßt worden ist, so hat derselbe bei der sehr großen Mehrheit der Kreisbewohner durch seine Härte, sechs Monate hindurch die doppelte Klassensteuer in gegenwärtiger gedrückter Zeit aufbringen zu lassen, die größte Unzufriedenheit, ja Aufregung verursacht, und ist von den Vertretern sämmtlicher Stadt- und fast aller Landgemeinden dagegen auf's Entschiedenste protestirt worden. ‒ In Betracht nun, daß das Gesetz vom 24. Juli c. alle am gedachten Tage noch nicht publizirten oder in Ausführung begriffenen Kreistagsbeschlüsse betrifft, erlaube ich mir das hohe Ministerium des Innern zu interpelliren: „ob dasselbe der Ansicht ist, daß diejenigen Beschlüsse der Kreisstände, die neue Steuer-Auflagen anordnen, für die Kreis-Einsassen auch dann bindende Kraft haben, wenn dieselben zwar kurze Zeit vor Emanation des Gesetzes vom 24. Juli c. gefaßt, aber erst längere Zeit nach Erlaß des angeführten Gesetzes den Kreisbewohnern publizirt worden sind, und was dasselbe eventualiter zur Verhinderung der Ausführung des in Rede stehenden Beschlusses zu thun gedenkt?“ ‒
Der Minister des Innern antwortet: daß, da der Beschluß der Kreisstände vor Erlassung des Gesetzes vom 24. Juli von der Regierung genehmigt wurde, so ist derselbe rechtsgültig und nicht wieder zurückzunehmen.
Der Interpellant kann sich damit nicht einverstanden erklären und wird in Folge dessen einen Antrag stellen. ‒
Das Ministerium hatte zum heutigen Tage, seinen Beschluß auf den Antrag des Abg. Pokrzywnicki, betreffend die Aufhebung des Belagerungszustandes der Stadt Posen, versprochen. ‒ Der Minister-Präsident erklärte, daß der dorthin gesandte Kommissar vorgestern zurückgekehrt sei, dessen Berichte aber das Ministerium nicht veranlassen können, den Belagerungszustand aufzuheben. Das Ministerium legt die von Posen erhaltenen Schriftstücke vor und die Versammlung möge nun prüfen lassen, ob nach diesen Vorlagen der Belagerungszustand aufzuheben sei oder nicht. ‒
Nachdem mehrere Redner für und gegen die Zweckmäßigkeit des Fortbestehens des Belagerungszustandes, und welcher Kommission die eingereichten desfallsigen Vorlagen und Anträge zuzuweisen seien, gesprochen hatten, beschließt die Versammlung diese Angelegenheit der bereits bestehenden Kommission über die Posener Angelegenheit zur Berichterstattung zu überlassen. ‒
Hierauf geht die Versammlung zur Berathung des Gesetzes wegen Aufhebung verschiedener Lasten und Abgaben über.
Waldeck, D'Ester und Elsner haben folgendes Amendement gestellt:
„Laudemien, Marktgroschen, Gewinngelder, überhaupt alle Abgaben irgend einer Art, welche von einem Grundstücke bei Besitzveränderungen oder Heirathen der Besitzer, sei es in herrschender oder dienender Hand, entrichtet werden müssen, sind ohne Entschädigung aufgehoben.“
Dies Amendement wird nach namentlicher Abstimmung mit 203 gegen 131 Stimmen verworfen.
Jetzt kommt das Amendement Schulze (Delitsch) und Bucher zur Abstimmung: „Die Berechtigung der Obereigenthümer, Erbverpächter und Guts- oder Grundherren.“
a. Besitzveränderungsabgaben irgend einer Art, namentlich Laudemien. bei Veränderungsfällen in der herrschenden Hand zu erheben, und ebenso b. bei Veränderungen in der dienenden Hand, sofern das verpflichtete Grundstück, sei es durch Vererbung (einschließlich der Erbschaftstheilung) oder durch Ueberlassung unter Lebenden an Verwandte des Besitzers in der auf- und absteigenden Linie, oder an Ehegatten oder Verlobte desselben übergeht; c. außerdem in allen Fällen der dienenden Hand, wenn die Verpflichtung nicht erweislich aus einem geschlossenen besondern Vertrage herrührt, sind ohne Entschädigung aufgehoben.“
Mit 178 gegen 160 Stimmen angenommen.
Schluß der Sitzung.
@xml:id#ar124_008
@typejArticle
@facs0626
[ 103 ] Berlin, 21. Okt.
Sitzung der Vereinbarerversammlung.
Der Abg. Otto von Liegnitz übergiebt dem Präsidenten eine Petition des Liegnitzer Landwehrvereins; trotz der Mittheilung des Kriegsministers, daß die Landwehr nur in einigen Kreisen Schlesiens einberufen werden solle, geschieht dies dennoch nach und nach in fast allen Kreisen. Diese Einberufung hat in Liegnitz die größte Aufregung hervorgerufen und die einberufenen Landwehrmänner haben sich geweigert, sich einkleiden zu lassen. Die übergebene Petition bittet die Versammlung vermittelnd einzugreifen.
In Bezug der vielen eingegangenen Petitionen, welche von der Kommission gewöhnlich zur Uebergabe an die betreffenden Ministerien verwiesen werden, dies aber ohne Bewilligung der Versammlung nicht geschehen konnte, so beschließt die Versammlung, die Kommission zu beauftragen, die betreffenden Petitionen ohne Weiteres dem Ministerium zu überweisen.
Der Abg. v. Meusebach verliest hierauf seinen dringlichen Antrag, daß das Ministerium zu ersuchen sei, Sorge zu tragen, daß die öffentliche Ordnung auf dem freien Platze vor dem Schauspielhause während der Dauer der Sitzung der Versammlung mit gebührender Strenge gehandhabt werde. Der Antragsteller fährt fort: Insulte, wie die vorgekommenen, gegen Abgeordnete verletzen die Würde der Versammlung, weil sie nicht gegen die Person, sondern gegen die Vertreter des Landes als solche und gegen die Meinungen gerichtet sind, welche die Vertreter des Volkes nach Ueberzeugung und Gewissen frei auszusprechen die Pflicht haben. Die vorgekommenen Exzesse stellen überdies die Versammlung unter den Schein der Unfreiheit, unter den Schein des Terrorismus der Massen. Das Land hat ein Recht zu verlangen, daß die Versammlung das ihrige thue, um auch diesen Schein zu beseitigen.
Von der linken Seite wird die Dringlichkeit bestritten und nach namentlicher Abstimmung auch mit 171 gegen 160 Stimmen verworfen. Der Antrag ist sonach in die Abtheilung verwiesen, wird aber deshalb vom Antragsteller zurückgenommen und fügt hinzu, daß trotz dieser Abstimmung, es die Pflicht der Minister sei, für die Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung zu sorgen. Er spricht von Anarchie, die hier herrsche, welches großen Lärm und Widerspruch links hervorruft.
Minister des Innern: die Pflicht, an die wir wiederholt erinnert worden sind, liegt uns schwer am Herzen und wir wollen auch dafür sorgen, daß Schutzmänner (links: wir wollen keine) oder Bürgerwehr aufgestellt werden, um die Mitglieder zu schützen. Die Schwierigkeit einer durchgreifenden Polizeimaßregel liegt in der Organisation der Bürgerwehr. Wir werden aber alles mögliche thun, um dem Verlangen der Minorität nachezukommen.
Hierauf wird die Tribüne von Abgeordneten bestürmt, welche alle persönliche Bemerkungen machen wollen. Abg. Schramm sagte: Die Versammlung hat sich unter den Schutz der Versammlung gestellt, trotzdem ist in den Kellern dieses Hauses Bürgerwehr versteckt, wir wollen aber gar keinen Schutz.
Abg. Schmidt aus Beeskow erzählt, daß er Volksredner gehört habe, welche die Linke das Haupt nenne und das Volk die Glieder. Wie könnte also das Haupt die Glieder fallen lassen? ‒ In diesem Tone fährt er unter Gelächter und Mißfallensbezeugungen fort.
Abg. Waldeck, daß der Minister gegen den Beschluß der Versammlung keine Polizeimaßregeln treffen dürfe. Die Majorität hat sich entschieden dagegen erklärt.
Abg. Jung protestirt als Abgeordneter der Stadt Berlin gegen den Ausdruck des Abg. Meusebach, daß in Berlin Anarchie herrsche. Davon weiß wohl bloß der Redner.
Abg. Krause. (Sagan) Ich war Mitglied des vereinigten Landtags, des vereinigten Ausschusses und bin auch vom Anfang an in dieser Versammlung gewesen, ich bin aber hier noch nie im Geringsten insultirt worden; wahrscheinlich liege es daher an dem. eigenen Benehmen der Abgeordneten, daß sie insultirt wurden (Dies bringt einen ungeheuren Sturm zur Rechten hervor und der Präsident Grabow, der selbst zur äußersten Rechten gehört, rief den Redner zur Ordnung. Da verlangte man von der Linken auch den Ordnungsruf gegen den Abg. Schmidt. Große Aufregung.)
Der Minister des Innern wiederholt, daß er es für seine Pflicht halte, die Ordnung auf allen Straßen und Plätzen zu erhalten.
Der Präsident Grabow, der sich bei dieser ganzen Angelegenheit sehr parteiisch benimmt, sucht die Versammlung endlich zu beruhigen.
Dringende Interpellation des Abgeordneten Feierabend und Richter: Die öffentlichen Blätter ergeben, daß einem in Heidelberg wohnnden Agenten die Veräußerung der pachtlos werdenden Domänen an Bewohner aus den südwestlichen Provinzen des preußischen Staats und aus dem südlichen Deutschland überhaupt übertragen worden ist; das Ministerium wolle daher erklären: ob und aus welchen Gründen die Bewohner der östlichen Provinzen von der Theilnahme an der Kolonisation auf den Domänen ausgeschlossen sind?
Der Minister will in acht Tagen genaue Auskunft ertheilen, da er erst Berichte über diesen Fall einholen will.
Hierauf kommt die schleunige Interpellation des Abg. Phillips: Das Staatsministerium wolle sich darüber äußern: ob es von den blutigen Vorgängen in Elbing am 15. Oktober bereits amtliche Kenntniß erhalten habe, und welche Maßregeln es in Bezug auf dieses Ereigniß zu ergreifen Willens sei.
Der Abg. Phillips erklärt den Hergang dieser Ereignisse sehr ausführlich. Der Königsberger Preußenverein, dessen Programm den Satz enthält: „Die Regierung rechnet auf uns“, hat einen Zweigverein in Elbing gegründet. Dieselben Personen, welche vor einigen Wochen eine Emeute machten, wurden jeht die thätigsten Mitglieder des Preußenvereins. Er verlangte zum Geburtstage des Königs einen großen Aufzug und Illumination. Letztere wurde vom Magistrat nicht bewilligt, da er die Folgen voraussah und theilte daher seine Ansichten der Bevölkerung in einer Bekanntmachung mit. Die Aufwiegler drangen am Abend jedoch auf Illumination und zerstörten mehrere Häuser, welche nicht illuminirt waren. Die Bürgerwehr mußte einschreiten und es hat mehrere Menschenleben gekostet. Das Ministerium müsse daher eine strenge Untersuchung anordnen, damit den Heuchlern, die den Namen des Königs mißbrauchen, die Larve vom Gesichte gerissen, daß dem wühlerischen Treiben der reaktionären Partei entgegengetreten und dieser Natter endlich der Kopf zertreten werde.
Der Minister des Innern erklärt, daß er bereits Berichte über diesen Vorfall erhalten, daß eine Untersuchung eingeleitet und daß er von dem Satze des Preußenverein-Programms: „die Regierung rechnet auf uns“ nichts wisse.
Im Laufe der Sitzung hat der Abg. Waldeck eine dringende Interpellation eingereicht, welche auch von der Majorität als dringend anerkannt wird. Der Baurath Helft hat nämlich heute Morgen an den Arbeitsstellen auf dem Köpnicker Felde eine Bekanntmachung erlassen, wonach heute 100 Arbeiter entlassen werden sollen, als eine Ahndung für die am 12. d. M. stattgefundene Zerstörung einer Maschine. Außerdem wäre die gerichtliche Untersuchung gegen diejenigen eingeleitet, welche sich bei der Zerstörung der Maschiene betheiligt hatten. Die Schuldigen würden entlassen werden, nachdem dieser Vorfall in ihren Arbeitsbüchern vermerkt worden. Endlich wird den Arbeitern angekündigt, daß ihnen für die, im Laufe dieser Woche versäumten Arbeitsstunden kein Lohn könne ausgezahlt werden, da sogar die National-Versammlung über diesen Punkt hinweggegangen sei, ohne ihn dem Ministerium zu empfehlen.
Der Abg. Waldeck interpellirt nun den Minister darüber, wie man ohne Weiteres in der jetzt so aufgeregten Zeit, wo es der Berliner Bevölkerung kaum gelungen, die Einigkeit und die Ruhe wieder herzustellen ‒ 100 Arbeiter als Ahndung der Zerstörung der Maschiene entlassen könne? Wie man die alte Decimirungsstrafe anwenden und schuldige oder unschuldige gemeinsam mit einander entlassen könne, da dies nur wieder Unruhen hervorbringen werde. Was ist ein solches Plakat anders, als eine Aufforderung zum Aufruhr?
Der Minister Bonin hält alles Angeordnete für nothwendig. Die hundert Arbeiter müssen entlassen werden, weil keine Arbeit für sie da sei.
Der Abg. Behrends wird in Folge dieser Antwort einen Antrag stellen. Die Prioritätskommission hat über dessen Zulassung zu entscheiden. Während der Entscheidung wird Nr. 6 und 8 des §. 1. des Gesetzes wegen unentgeldlicher Aufhebung der Feudallasten angenommen.
Die Prioritäts-Kommission erkennt die Dringlichkeit des Behrendsschen Antrages an. Er lautet: „Die hohe Versammlung möge beschließen, das Staatsministerium zu ersuchen, die heute durch den Baurath Helft angekündigte Entlassung der Arbeiter zu suspendiren.“ Zur Motivirung der Dringlichkeit weist der Abg. Behrends auf den Widerspruch hin, zwischen der heutigen Erklärung des Ministeriums und der Bekanntmachung des Bauraths Helft. Die letztere stellt die Arbeitseinstellung als Strafe hin. Man wird begreifen, welche Aufregung jede Strafandrohung hervorruft.
Abg. Tamnau erklärt sich gegen die Dringlichkeit. Er glaubt nicht, daß eine Angelegenheit der Berliner Arbeiter wichtiger ist, als die des ganzen Landes, die hier zu berathen sind. Die Sache ist eine Verwaltungsmaßregel, die den Ministern überlassen bleiben muß.
Abg. Temme: Ich halte die Sache für sehr dringend, (von der Rechten: Ja!) ja, trotz ihres ironischen Ja! Ich will nicht auf diese Einführung eines neuen Strafsystems aufmerksam machen, auf diese Dezimirung armer Arbeiter; ich will nicht aufmerksam machen darauf, daß, wer die Macht hat, nachgiebig sein muß; ich erinnere daran, daß das Ministerium Pfuel unter dem Schutz von 50,000 Bajonnetten aufgetreten ist. Muß man da nicht denken, daß dies Alles Werk der Reaktion sei? Erwägen Sie, welche Folgen die Erklärung des Ministerium haben kann, und wenn Sie es wohl mit dem Vaterland meinen, so werden Sie dem Antrage beistimmen.
Abg. v. Kirchmann: Ich und meine politischen Freunde (die Partei Rodbertus-Berg) sind allerdings der Ansicht, daß die Sache eine Verwaltungsmaßregel ist, und wenn wir auch nicht zugestehen, daß die Besprechung der Verwaltungsmaßregel dieser Versammlung entgegen ist, wenn wir auch glauben, daß der Ausdruck Ahndung in der öffentlichen Bekanntmachung nicht glücklich gewählt ist, wenn wir auch den jetzigen Zeitpunkt für die Ausführung dieser [0627] Maßregel nicht für geeignet halten, so wollen wir dennoch nicht in dieselbe eingreifen; wir wollen die Verantwortlichkeit für dieselbe ganz und gar dem Ministerium überlassen.
Abg. Pinoff hält es für ungerecht, jetzt Arbeiter zu entlassen.
Abg. Walter: Wenn ich das Vertrauen der Arbeiter besäße, um das ich Sie, meine Herren von der Linken, beneide, ich würde vor sie hintreten und sie daran erinnern, daß jeder Stand seine Last habe, daß Jeder seine Arbeit im Schweiße seines Angesichts verrichtet, ich würde sie zur Mäßigung ermahnen. Ich würde nach Burke's Ausspruch handeln: Schärft den Sinn für Arbeitslust, für Thätigkeit und Mäßigkeit, alles Uebrige ist eitel.
Abg. Jung: Kaum hat der gesunde Sinn der Berliner einen Leck wieder gestopft, will das Ministerium ihn wieder aufreißen; das dürfen wir nicht dulden! Die Erdarbeiter, denen man jetzt die Erdarbeiten nimmt, sind an bessere, an feinere Arbeit gewöhnt; jetzt nimmt man ihnen, was schon als das Härteste für sie galt. Die Arbeiter sehen eines Morgens eine Maschine, sie fürchten, sie nehme ihnen die Arbeit; sie gehen zum Finanzminister. Derselbe sagt ihnen, er wisse nichts von der Maschine und werde sich dagegen erklären. Demnach glauben sich die Arbeiter schon halb im Rechte und zertrümmern die Maschine. Dafür unschuldige Arbeiter mit dem schuldigen entlassen ‒ mögen Sie es eine Ahndung oder Strafe nennen ‒ ich nenne es Unmenschlichkeit. Zur Strafe, die der Richter verhängt, fügen Sie den Hungertod; und nicht blos den Schuldigen, auch den Unschuldigen!
Nachdem noch einiges Unerhebliche dafür und dagegen gesprochen, wird die Dringlichkeit des Antrages nach namentlicher Abstimmung mit 198 gegen 128 Stimmen verworfen. Schluß der Sitzung.
@xml:id#ar124_009
@typejArticle
@facs0627
[ 15 ] Berlin,21.Okt.
Wie Hr. Hansemann seinen Posten dazu benutzte, um aus Minister-Präsidenten Deputirte zu machen, davon ist mir durch einen Wahlmann zu Frankfurt an der Oder folgende artige Geschichte zu Ohren gekommen. In Frankfurt waren die Wähler des früher hier unter den Vereinbarern thronenden reaktionären Hrn. v. Gerlach mit demselben unzufrieden, und beriefen ihn durch ein Mißtrauensvotum zurück. Hr. Hansemann bekömmt davon Wind, und will die Gelegenheit benutzen, um den Premier v. Auerswald unter die Vereinbarer zu schmuggeln. Er schreibt also nach Frankfurt, verspricht den Wählern goldene Berge und ‒ einen Wollmarkt, nach dem sich die Frankfurter lange gesehnt, wenn sie seinen Freund Hrn. v. Auerswald wählten. Was thut nicht bei gewissen, mit Wolle überflüssig versehenen Geschöpfen ein Wollmarkt? Kurz die radikalen Wahlmänner werden mit einem Male reaktionär, und der Premier wurde mit freilich sehr geringer Majorität ‒ Deputirter für Frankfurt.
@xml:id#ar124_010
@typejArticle
@facs0627
Berlin.
Wir theilen nachstehende an das hiesige Königliche Polizeipräsidium und an sämmtliche Regierungen erlassene Cirkular-Verfügung mit:
„Es ist dem Ministerium daran gelegen in möglichst kurzer Zeit eine genaue Uebersicht sämmtlicher zur Zeit in dem Preuß. Staate vorhandener politischer Vereine, deren Tendenz, Statuten, auffallende Beschlüsse, Einfluß auf das Volksleben, Zahl der Mitglieder und etwaige Verbindung mit andern Vereinen in den deutschen Staaten zu gewinnen. ‒ Die Königl. Regierung wird daher veranlaßt, nach diesen Andeutungen des Schleunigsten eine Zusammenstellung der in Ihrem Verwaltungsbezirk bestehenden politischen Vereine, und zwar in der Vollständigkeit, als dies die bereits dort vorliegenden Materialien gestattene anfertigen zu lassen und hierher einzureichen, demnächst aber die in dieser Beziehung etwa noch fehlenden Notizen baldigst einzuziehen und dem Ministerium gleichfalls zugehen zu lassen.
Berlin, den 14. Oktober 1848.
Ministerium des Innern. Zweite Abtheilung.
gez. v. Manteuffel.
@xml:id#ar124_011
@typejArticle
@facs0627
Frankfurt.
Da mit dem heutigen Tage das Gesetz vom 10. d. M. zum Schutze der verfassungsgebenden deutschen Reichsversammlung und der Beamten der provisorischen Centralgewalt in der ganzen Umgebung von Frankfurt in Kraft getreten ist, wird der Belagerungszustand der Stadt Frankfurt hiermit für aufgehoben erklärt.
Uebrigens wird das Reichsministerium alle jene Maßregeln, die es für die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung und der öffentlichen Sicherheit am Sitze der Reichsversammlung für nöthig erachtet, in ihrem vollen Umfange fortbestehen lassen.
Frankfurt a. M., den 20. Oktober 1848.
Der Reichsminister des Innern,
Schmerling.
Dr. Radermacher.
@xml:id#ar124_012
@typejArticle
@facs0627
[ * ] München, 18. Octbr.
Die Personen, die sich der Katzenmusiken des Volkes zu erfreuen hatten, sind der Buchdrucker Weiß, der Antiquar Hipperer, der Dompfarrer Schmidt, der Ex-Abgeordnete des Parlamentes, Advokat Ruhwandl und der Minister des Innern.
Ueberall wo die bewaffnete Macht Miene machte, bei diesen Ruhestörungen einzuschreiten, antwortete man ihr mit einem Steinregen und mit dem entsetzlichsten Hohne.
Es darf dies um so weniger außer Acht gelassen werden, als wir hier in München eben jetzt dazu bestimmt zu sein scheinen' unter allen deutsch. Städten zuerst die Rückwirkung der Volkserhebung in Wien zu empfinden. Diese Katzenmusiken von vorgest. Nachts, und Alles müßte täuschen, oder wir werden heute wieder Aergeres erleben als gestern. Sechs Brauhäuser sind in verwichener Nacht vom Volke total verwüstet worden, weil es darauf besteht, die Brauer sollen ihr Bier wohlfeiler verkaufen, als es ihnen die Taxe gewährt. Heute ist das Zerstörungswerk am frühen Morgen von Soldaten und Arbeitern von neuem begonnen und an zwei Brauhäusern ausgeübt worden, ohne daß irgend etwas im Stande gewesen wäre, dem Unfuge zu steuern und die im wildesten Sturme heimgesuchten Brauer zu schützen.
Eben, um 2 Uhr Nachmittags, schlägt man Generalmarsch. Es sollen bei Schlägereien in Brauhäusern Verwundungen vorgefallen sein.
@xml:id#ar124_013
@typejArticle
@facs0627
Stralsund, 17.Okt.
Nachmittags 4 Uhr. So eben ist von Greifswald eine Estafette hier angekommen, mit der Nachricht, daß Greifswald in vollem Aufstande ist. Schon früher waren hier Konflikte wegen der städtischen Mißverhältnisse ausgebrochen, doch wurden sie durch den besonneneren Theil der Einwohner geschlichtet. Jetzt aber wegen eines Urtheilsspruchs gegen einen, bei einem frühern Konflikte betheiligten Schlossergesellen, der zu 1 1/2 Jahr Zuchthausstrafe verurtheilt, für den jedoch der Volksverein um Begnadigung petitionirt, eines Theils; andern Theils durch eine vom Volksverein an den Bürgermeister abgeschickte Deputation, welche von Letzterem mit Geringschätzung und Arroganz behandelt sein soll, ist das Volk erbittert und will zur Gewalt greifen. Studenten und Volk gehen mit einander und letzteres hat sich mit Knitteln und eisernen Instrumenten bewaffnet. Die Behörden requirirten nun, da die greifswalder Bürgerwehr die Unruhen nicht beilegen kann, von dem Militärkommando in Stralsund 100 Mann von dem hier garnisonirenden Infanterie-Bataillon. Diese gehen mit Extrapost sofort nach Greifswald ab. Die in Greifswald stehenden Jäger sollen erklärt haben, daß sie nicht aufs Volk schießen werden.
[(R. St. Z.)]
@xml:id#ar124_014
@typejArticle
@facs0627
Posen, 13. Okt.
Wie nöthig der Belagerungszustand in unserer Stadt ist, zumal die Cholera jetzt bei uns so fürchterlich grassirt, zeigt sich daraus, daß diejenigen, welche außerhalb der Stadt wohnen, und welche in ärztlicher Beziehung aus Posen, als die ihnen am nächsten liegende Stadt angewiesen sind, hülflos unter den furchtbarsten Qualen, welche diese Krankheit mit sich bringt, sterben müssen, wenn sie Nachts von derselben überfallen werden. Die Thore unserer Stadt sind nämlich von einer bestimmten Stunde des Abends bis zu einer bestimmten Stunde des Morgens für alle und somit auch für den Hülfe bringenden Arzt, verschlossen. So ist neulich, um hier nur einen Fall anzuführen, die Frau eines in der Nähe von Posen mit seinem Detaschement (Kommando) stationirten Offiziers ein Opfer des Todes geworden, weil man den bereits zu Hülfe gerufenen Arzt, obgleich er mit dem Wagen schon an das Thor gekommen war, nicht mehr aus der Stadt hinaus fahren lassen wollte:
[(Oderz.)]
@xml:id#ar124_015
@typejArticle
@facs0627
Reichenberg.
Als Antwort auf eine von 36 nach Prag geflüchteten Mitgliedern des constituirenden österreichischen Reichstags, Brauner und Strobach an die Spitze, erlassene Erklärung zur Beschönigung des Schrittes, mit dem sie ihren Ehrenposten in Wien verließen (Nr. 290), veröffentlicht „der deutsche Centralverein für Böhmen“ in Reichenberg Folgendes:
„Wir haben, offen gesagt, dieses Ackenstück (die erwähnte Erklärung) nicht ohne innere Genugthuung gelesen, weil es uns aufs neue überzeugte, daß wir unsere Gegner nicht zu fürchten haben, am allerwenigsten aber, wenn sie zur Feder greifen. Also dieses ist die Quintessenz des politischen und stylistischen Talents der äußersten Rechten des wiener Reichstags? Nun, aus diesem Holze schnitzt man die Minister der Zukunft nicht so bald! Wir wollen dieses Aktenstück, das man ein jesuitisches nennen könnte, wenn es feiner angelegt und geschickter gemacht wäre, ein wenig beleuchten. Wir waren seit langer Zeit gewohnt, die äußerste Rechte des Reichstags alle Verhältnisse und Umstände zu ihrem Vortheil ausbeuten zu sehen, oder wenigstens solche Versuche zu machen. Sie war nie wählig in den Mitteln, kümmerte sich wenig um Consequenzen, widersprach sich, so oft ihr die Wahrheit unbequem wurde, und bot uns das widrige Schauspiel eines mäkelnden und schachernden Egoismus in jeder Sitzung des Reichstags. Man glaubte sich in eine Trödelbunde versetzt, wenn die Rechte heute der Linken zurief: „ Wir wollen Demokraten sein, wenn ihr uns diese Concession macht,“ morgen dem Ministerium zuflüsterte! „ Für jene Concession stützen wir dich,“ und übermorgen sagte sie lachend beiden Theilen ins Gesicht: „Die Monarchie besteht doch nur so lange, als wir Slawen es wollen! “
Wir haben etwas Aehnliches nur in der verderbtesten aller Kammern, der französischen vor der Februarrevolution, erlebt, müssen jedoch der Rechten zugestehen, daß sie aus natürlicher Anlage es in 8 Wochen eben so weit brachte als die französische Majorität in 15 Jahren und mit Lehrmeistern wie Ludwig Philipp, Duchatel und Guizot. Ein Manifest der äußersten Rechten ließ unter gegenwärtigen Umständen nichts Anderes als eine zweudeutige und gewissenlose Aeußerung erwarten, doch hätten wir nie geglaubt, daß sie moralisch so tief sinken könnte, zur gehässigsten und treulosesten Waffe, zur Verdächtigung, zu greifen. Das heuchlerische Bedauern, daß der Reichstag den Mord des Kriegsministers und den Sturz des Gesammtministeriums als einen Akt der Selbsthülfe des Volkes erklärt habe, enthält in der Zusammenstellung jenes gräßlichen Aktes der Volkswuth und des Sturzes der Herren Bach und Wessenberg, welche die Rechte, naiv genug, für das Gesammtministerium ausgibt, eine Denunziation des Reichstags, für die wir keinen sattsam bezeichnenden Ausdruck haben. Wir können sie nur mit jener vergleichen, welche Borrosch als den Urheber des Mordes an Latour bezeichnete, indem er ihn, unter dem Vorwande ihn zu schützen, dem tobenden Pöbel verrathen habe.
Die Widersprüche folgen sich Schlag auf Schlag. Einmal ist es nicht die Majorität des biedern und loyalen Wiener Volkes, welche den Aufstand gemacht hat, das andere Mal wird sie dessen direkt beschuldigt und ihr ein Protest hingeschleudert mit einem Anhange von Drohungen, welche eben so terroristisch sind, als die Maßnahmen der Revolutionspartei es nur sein könnten. Daneben wird wieder ein einzelner Abgeordneter denunzirt und die Lehre aufgestellt: „Ein Ministerium sei allein dem Reichstage verantwortlich.“ Ist dies nicht wieder die revolutionärste Theorie, die es geben kann? Gleich darauf lesen wir einen sehr doktrinären Passus, welcher eine Theorie aus der einfachen Aeußerung eines Frankfurter Abgeordneten machen will, „daß hinter der Minorität des Reichstages, die Majorität des Volkes stehe,“ und in welchem der widersinnige und lächerliche Ausdruck: „Lehre des stationären Umsturzes,“ vorkommt. Es ist jenen Herren, welche das Winkelparlament in Brünn dem souveränen Reichstage in Wien gegenüber ins Leben rufen, welche auch bei uns die Konföderation von Targowitz, fluchbeladenen Andenkens, einführen möchten, lediglich darum zu thun, das noch nicht sattsam politisch gebildete Volk zu verblüffen, um in der künstlich hervorgerufenen Verwirrung und Rathlosigkeit als die leuchtenden Dioscuren erhabener Bildung, strengen Rechts und volksfreundlich väterlicher Gesinnung auftauchen zu können. Wir aber werden nie und nimmermehr flackernde Irrwische für Planeten halten, wir wissen, wo der Polarstern der Freiheit am Himmel steht, und lassen uns durch sumpfgeborene Flammen nicht verblenden.
Was aber sollen wir jener Beschuldigung entgegnen, daß der Reichstag die Exekutivgewalt an sich gerissen und als bloßer Sicherheitsausschuß für Wien fungirt habe? Man sieht es deutlich, wie blind und flach der Zorn und Aerger hant. Diese beiden Beschuldigungen neben einander, diese beiden Beschuldigungen in einem Augenblicke, wo der Reichstag allein und einzig der Kitt der Monarchie ist und sich ein ewiges Verdienst durch seine Furchtlosigkeit und Weisheit erworben hat. Freilich, es ist von der Feigheit nicht zu erwarten, daß sie den Muth preise, von der Gemeinheit nicht, daß sie das Erhabene würdige. Die Zukunft wird entscheiden, wer seine Pflicht besser gethan, Jene, die, beim ersten Schuß ihre heilige Mission verkennend, an sich, oder Jene, die an das Volk dachten, das sie berufen und gesendet hat. Wenn etwas die äußerste Rechte in ihrer ganzen Erbärmlichkeit hinstellt, so ist es diese Anschuldigung. Weitere Beweise, wie kurz das Gedächtniß der äußersten Rechten sei, sind die maßlosen Angriffe, welche sie gegen das Volk von Wien schleudert. Hat es in Prag keine Pfingstwoche gegeben? Was war denn die von den meisten der Unterschriebenen so energisch vertheidigte, von einigen sogar getheilte Erhebung in Prag, wenn die in Wien ein verbrecherischer Aufruhr ist? Waren die Barrikaden etwa für die Ordnung errichtet? Hatte man andere Gegner in Prag als in Wien? Warum hat man Windischgrätz so maßlos verfolgt und beschuldigt, der eben nichts Anderes that, als was Latour und Auersperg in Wien gethan haben! Noch ist das Andenken an die Pfingstwoche zu neu, zu frisch noch die Spuren des vergossenen Blutes, der bloße Hauch der Lüge trocknet und verwischt sie nicht. Das Anrufen der Geschäftsordnung gegenüber der Revolution klingt lächerlich und traurig zugleich aus dem Munde Derjenigen, die nur die Revolution mit der Eigenschaft bekleidet hat, die sie jetzt mißbrauchen, mit jener Toga, die sie zum Bedientenrocke herabwürdigen. Endlich haben Jene am wenigsten Recht, der Revolution Stillstand zu gebieten, die Abschnitte zu bezeichnen, die Remt von Unrecht scheiden, welche seit Jahren bemüht waren, die Revolution herbeizuführen.
Polen.
@xml:id#ar124_016
@typejArticle
@facs0627
Krakau, 17.Okt.
Die hiesige Kommandantur hat vorgestern einen Kurier abgeschickt, um den Generalen in Lemberg, Przemysl, Rzeschow und Tarnow den Befehl zu überbringen, daß sie mit sämmtlicher Reiterei und Artillerie eiligst nach Wien aufbrechen, wo alle kaiserl. Truppen konzentrirt werden sollen, die nur zusammenzubringen sind. Russisches Militär sammelt sich immer stärker an der galizischen Gränze an. Es wird als ganz bestimmt mitgetheilt, daß in Folge eines Uebereinkommens zwischen dem Kaiser von Oestreich und dem Kaiser von Rußland die russische Armee unter Anführung des Generals Pariutin in Krakau einrücken werde, sobald in Wien die Republik proklamirt werden, oder in Galizien und Krakau ein Aufstad ausbrechen sollte.
[(Bresl. Z.)]
Französische Republik.
@xml:id#ar124_017
@typejArticle
@facs0627
[ 17 ] Paris, 20. Oktober.
Die Preßplackereien haben begonnen, und nach Aufhebung des Pariser Belagerungszustandes werden sie recht en gros floriren; ich glaube, er wird bloß zu diesem Behufe aufgehoben. Barrest's „La Republique“ ward vorgestern nach louisphilippistischer Sitte im Büreau des Journals und der Post konfiszirt; dies Blatt hat sich nach langem Schwanken zwischen rother und blauer Republik zu ersterer geschlagen, und ärgert die Herrscherklasse durch tägliches Denunziren ihrer Gemeinheiten; z. B. erzählt es, im versailler Park seien die Gemüsegärtner, lauter arme Familienväter und Tagelöhner, seit Februar noch mit keinem Heller ausbezahlt, vermuthlich um ihnen Sympathie zur Republik einzuflößen; „ihre Petitionen beim Maire, Inspektor und Cavaignac blieben furchtlos, und der „hochherzige Polenfreund“ Vavin, ein Dufaure'sches Kammermitglied, schickt als Intendant der Civilliste alles Geld in den Schatz, und da er 25 Franken Tagelohn qua Deputirter schluckt, hält er es für überflüssig, den Gartenburschen ihre 25 Sous zu geben.“ Barrest berichtet eine Menge Reaktionskniffe, z. B. auf den Dörfern wird Nachts die Freiheitspappel halb durchgesägt, und bei Gelegenheit einer Prozession am nächsten Tage, wobei man das Kirchenlied: „Komm heiliger Heinrich“, singt, fällt der Baum um, was als ein Zeichen göttlichen Zornes gegen die Republik von der frommen Gemeinde angestaunt wird. Abends tanzt man und singt das endlose Liedchen vom „Monsieur Credit“, d. h. Heinrich V., der den Nationalkredit aus eigener Tasche herstellen und die Bauernschulden bezahlen wird. In den Departementen der Pyrenäen, der Gironde und im Centrum werden die Bauerfrauen im Beichtstuhle systematisch in Pflicht genommen, ihre Männer zum Votiren für Heinrich V. zu bewegen. Jedenfalls hat er unendlich mehr Aussichten als Lamartine und Ledrü Rollin. Wie aufgeklärt diese legitimistischen Landleute, beweisen die Flintenschüsse, die sie vor 14 Tagen auf den Luftballon des Hrn. Green richteten, den einige für den Satan, andere, schon vorgeschrittenere, für einen „Luftwagen voll kommunistischer Juniräuber“ hielten. Der Unfug, scheinbare Feldvermessungen vornehmen zu lassen, mit dem Bemerken „das seien Pariser Theiler (partageux in der Bauernsprache), ist abermals gerichtlich konstatirt, aber diese Aufwiegler werden nicht gestraft. Die entsetzliche Ermordung des polnischen Emigranten in dem Weiler Chouzé, in dem Loiredepartement, ist auch noch nicht gerächt; dieser Arbeiter ward als wegen „seiner düstern Miene“ verdächtig, für einen Pariser „Juniräuber“ erklärt, und langsam zu Tode gequält. „Da sieht man, höhnt das Journal des Departements, wie energisch das Volk die Kommunisten haßt, und wie frevelhaft die Versuche letztrer sind, ihre tollen Doktrinen ihm aufzubringen; ein anderes Ortsblatt seufzt pharisäisch über die „bäurische Rohheit, die noch leider weit von der Civilisation der Mittelklasse entfernt ist.“ Barrest entgegnet: „Verruchter Heuchler, möge jeder Blutstropfen dieses Märtyrers, der in dem angeblich gebildetsten Lande Europa's verspritzt ward, auf euere vermaledeiten Köpfe fallen, in denen ihr seit Jahren das unehrliche System der Volksverdummung aushecktet,“ worauf La Patrie des würdigen Börsenluchses Herrn bela Mare sagt: „Wir müssen die freche Presse, die das biedere Bauernvolk und die honnette Bourgeoisie (!) verläumdet, mehr maulkorben als bisher; möge Dufaure seine ernsten Pflichten besser als das Ministerium des Hrn. Senard begreifen, der leider gar betrübliche Schwäche gegen die Ordnungsvernichter zeigte. Die Presse dieser Anticivilisations-Partei beutet aufs gehässigste jedes noch so unbedeutende Ereigniß aus, und verschwärzt die Reinheit der Bildungsrepublikaner. “ Letzteres ist jetzt der neue Titel, womit die Bourgeois sich selbst beschenkt haben. La Tribune, dies so viele Jahre in Paris Gährung erzeugende Blatt, ward endlich mit ihrem 114. Preßprozeß doch beseitigt; man sieht, die Ordnungspartei darf nie die Geduld verlieren, wobei La Reforme bemerkt, daß von den 15 Redaktoren dieses wahrhaft unermüdlichen Blattes unter Louis Philipp zwar die Hälfte todt sind, aber nur ein Einziger abtrünnig wurde: Mylord Armand Marrast. Die Klubs werden auf alle Weise schikanirt, aber ihre Chefs agitiren mit bewunderungswerther Energie und Ausdauer; Bernard aus Carcassonne z. B. ist jetzt schon mit Eröffnen seines vierten Klubs beschäftigt; die drei früheren wurden ihm nach der Reihe geschlossen; jetzt präsidirt er außerhalb der Stadt in den Batignolles und gedenkt so das ganze Weichbild von Paris zu durchwandern; er sagt: „ wenn die Bourgeois da draußen mir kein Lokal mehr vermiethen wollen, dann schleudere ich ihnen Brochüren an den Schädel, und wenn das nicht genügt, stifte ich ein Journal.“ Solche tief einschneidende Charaktere, voll Witz und Gewandtheit, Energie und Geduld sind mehr als je seit der Juniniederlage der Demokratie nöthig; Bernard hat zudem eine eherne Stimme und Redetalent. Wie verdient er sich seit einigen Monaten um die Volkssache gemacht, erhellt schon aus dem heulenden Angstzorn des Constitutionnel und dem knurrenden Winseln des Siecle; diese honnetten Blätter brachten täglich Anklagen gegen ihn, bis er endlich in der That keinen Wirth mehr innerhalb der Stadtmauer fand, der ihm einen Saal vermiethen mochte. Am Abend vor den letzten drei Ersatzwahlen hatte er Hrn. Thiers und dessen Gelichter attakirt wie wohl noch nie ein Klubist seit 1793 gedonnert hatt; zwei Tage darauf stand er vor dem Polizeigericht und sieht jetzt den Assisen trotzig entgegen.
@xml:id#ar124_018
@typejArticle
@facs0627
Paris, 21. Oktober.
Kriegsminister Lamoriciere erlitt gestern Abend einen sehr empfindlichen Schlag. 503 von 762 Stimmen der Nationalversammlung haben seinen Antrag auf Verschiebung der Debatte über Abschaffung oder Aenderung des Militärersatzwesens (Artikel 107 der neuen Verfassung) verworfen. Da dieses Votum eine gänzliche Niederlage des Lamoriciereschen Reformplanes voraussetzen läßt, und leicht mit dem Rückzuge des Junihelden endigen dürfte, so mag hier ein Wort zur Erläuterung dieser neuen Kabinetsfrage wohl am Platze sein. Lamoriciere's neues Rekrutirungsgesetz will zwar nicht ganz das preußische System einführen (indem es die Ersatzbefugniß für Reiche beibehält), aber es will den Silberertrag dieses Menschenhandels in die Hände des Staates leiten, und einen Fonds daraus bilden, aus welchem Prämien für alle diejenigen Soldaten gezahlt würden, die nach Ablauf ihrer Dienstzeit neuen Dienst nähmen. Aber die Majorität, die bei diesem Handel stark interessirt ist, wird schwerlich darin willigen, daß sich der Staat an die Spitze dieses infamen Industriezweiges stelle. Herr Lamoriciere dürfte somit durchfallen.
Thiers tritt als der erbitterste Gegner aller Anträge auf Abschaffung des Militärloskaufsrechts in der Nationalversammlung auf. Dieser Eifer hat seine klingenden Gründe. Dosne, Schwiegervater von Thiers, kaufte im Jahre 1836 bei Gelegenheit der spanischen Interventionsfrage 16,000 Elsässer in der Hoffnung, sie für hohe Preise bei der vermutheten Mobilmachung los zu werden. Thiers war damals Minister.
[0628]
[Fortsetzung] National-Versammlung. Sitzung vom 20. Oktbr. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast.
An der Tagesordnung ist die Verfassungsdebatte (Art. 74, 75, und 76 werden von den Legitimisten noch einmal aufs Tapet gebracht, um die Dorfsouveränetät zu retten.)
Ehe die Debatte beginnt, bildet sich eine große Gruppe fast in der Mitte des Saales, in deren Mittelpunkte wir den Kriegsminister La Moriciére heftig gestikulirend erblicken. Es handelt sich um das neue Rekrutirungsgesetz nach preußischem Muster, gegen das einige wohlhabende Centriers heftige Opposition machen.
Während dieser Scene tritt Cavaignac in den Saal. Er unterhält sich mit Thiers und dann mit Fayet, Bischof von Orleans aufs Herzlichste. Die alte Kammer Linke ist ganz verliebt in den umgewandelten Diktator
Odilon Barrot verlangt das Wort.
Dupont (aus Bussac) betritt jedoch die Bühne, um im Namen der 13 Büreaus über die Wahlen auf Guadeloupe zu berichten; Lerinon, Charles Daim, Loisy, Wallon und der bekannte Sklavenfreund Schölcher werden als Repräsentanten proklamirt.
Odilon Barrot erhält nun das Wort, um im Namen des Verfassungsausschusses über die Amendements zu berichten, die noch zu den Artikeln 74, 75 und 76 gestellt wurden und noch nicht zur Diskussion gebracht worden waren. Alle diese Amendements verlangen Selfgovernement für jedes Dorf etc.
Der Ausschuß, durch den Mund Barrots, trägt auf unbedingte Verwerfung derselben an.
Luneau, Deslongrais, Dabeaux und de Larcy quälen die Versammlung mit langen Vorträgen über die Nothwendigkeit, die kaiserliche (d. h. von Napoleon herstammende) Alleinherrschaft von Paris in admininistrativer Hinsicht zu brechen, doch Barrot bekämpft alle diese Extemporationen im Namen des Verfassungsausschusses.
Hier wird die Debatte unterbrochen.
Marie, Justizminister, besteigt die Bühne, um ein neues Gesetz gegen die Zeitungs- und periodische Presse etc. vorzulegen (Hört! Hört.)
Art. 1. Im Falle von Preßvergehen oder Verbrechen darf der Untersuchungsrichter die Confiskation anordnen.
Art. 2. Die Staatsanwaltschaft zieht den Verfasser etc. vor die Assisen.
Art. 3. (Handelt vom Urtelsmodus des Assisenhofes.
Flocon frägt, ob sich die Regierung mit dieser Waffe begnügen wolle?
Da sie in diesem Punkt Wort halte, möchte er wissen, ob sie auch die Juni-Insurgenten begnadigen, und nach Algier schicken oder zurückkehren lassen werde.
Leroux (Pierre) legt eine Petition von 500 Insurgentenfamilien auf den Tisch (zur Tagesordnung! zur Tagesordnung!)
Nach Erledigung der Einsprachen bei Gelegenheit der Vorlage des neuen Preßgesetzes und nach definitiven Verwurf der amendemirten Artikel 75, 76 und 77 kehrt die Versammlung zum Artikel 107 zurück, der vom Militärersatzwesen handelt und den Charakter einer Kabinetsfrage anzunehmen droht.
Der Artikel lauter: „Jeder Franzose, mit Ausnahme der im Gesetz feststellten Fälle, hat im Heere und der Nationalgarde in Person zu dienen.“ Das Remplacement ist untersagt.
Die Verfassungs-Commission, aus erbärmlicher Furcht, beantragt die Streichung der Worte „in Person.“
Deville wundert sich, daß die Kommission diese Streichung verlange.
Die Frage sei entschieden demokratisch. Er trägt darauf an, im Art. 107 ausdrücklich zu erklären: „Das Ersatzwesen ist abgeschafft.“
Lamoriciére, Kriegsminister, trägt im Namen der Regierung darauf an, alle Diskussion des Ersatzwesens bis zur Berathung der organischen Gesetze zu verschieben, die über das neue Rekrutirungsgesetz zu entscheiden haben.
Larochejaquelein protestirt dagegen. Er möchte dasselbe zur Beruhigung des platten Landes sofort diskutirt wissen, Das Land sei sehr bewegt. (Oh!)
Thiers protestirt ebenfalls. Wir werden doch dieser wichtigen Frage einige Stunden widmen können! Eine Abschaffung des Remplassements müßte zur vollständigen Dislozirung der Armee führen. (Oh! Oh!) Dieselbe würde uns ganz preußisch machen und wir sehen ja, wie weit die preußische Monarchie mit ihrer allgemeinen Soldatenpflicht gekommen (Unterbrechung.)
Lamoriciére: Es solle ja über das Prinzip des Heeres selbst keiner Diskussian vorgebeugt werden. Nur über das Ersatzwesen möge man sein neues Rekrutirungsgesetz erst abwarten. Vorläufig bestehe das alte noch, kraft dessen er binnen heute und zwei Monaten noch 80- bis 90,000 Mann unter die Fahne rufen werde.
Morney, Schwiegersohn Foult's, bekämpft den Kriegsminister.
Tourret, Ackerbauminister, erklärt, daß das Ministerium keine Kabinetsfrage daraus mache.
Die Versammlung schreitet zur Abstimmung: ob sie die Diskussion vertage? und trennt sich um 7 Uhr. Das Resultat morgen.
Nationalversammlung. Sitzung vom 21. Oktober. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. In einzelnen Gruppen erzählt man sich, Lamoriciére wolle sich in Folge des zahlreichen Votums zurückziehen.
An der Tagesordnung ist der Artikel 107 der Verfassung, bezüglich der Militairpflicht.
Bourbonsson schlägt vor, den Schlußsatz dahin zu ändern „die Art des Ersatzrechts für die Armee soll durch ein Gesetz geregelt werden.“
Simiot liest ein langes Manuscript zu Gunsten des Antrages. Kein Mensch hört denselben. Alles überläßt sich Privatgesprächen. Es heißt in Berlin sei Revolution u. s. w.
Thiers gegen die Abschaffung des Ersatzrechts. Bürger-Repräsentanten!
Ich besteige die Bühne um die vorliegende Frage zu behandeln. Dieß geschieht nicht, weil ich Ihr Votum für zweifelhaft halte, sondern weil ich es nothwendig halte, das Land über diese Frage zu beruhigen. (Ah!) Meine Ansicht datirt von lange und hat sich aus den Zuständen unserer Nachbarstaaten gebildet. Ich bitte Sie nur um ein wenig Aufmerksamkeit, wir sind verschiedener Meinung, alle sind mehr oder weniger demokratisch. Doch diese Verschiedenheit fällt gänzlich, wenn es sich um Größe des Vaterlandes handelt. In diesem Falle müssen wir alle einig, von gleichem Patriotismus beseelt sein. Meine Ansicht über die Militairmacht steht eben so fest, als die über die Nothwendigkeit der Centralisation. Sollte ich daher im Vorlaufe meines Vortrags gegen Ihr Interesse verstoßen, so darf ich wohl auf Ihren Patriotismus rechnen. Nach dieser für jeden Thierschen Triumpf unerläßlichen Einleitungsverwahrung, geht es zum Gegenstand über. Es handelt sich um Berathung der Macht der Republik; er hofft daß das Kabinet dieselbe Rücksicht beobachten werde wie bisher d h die Lösung der Frage rein der Nationalversammlung überlasien Man stelle das Loskaufungsrecht als dem Gleichheitsprizip widersprechend dar; er aber werde beweisen, daß dieß nicht der Fall sei, sondern im Gegentheile die relative Gleichheit, an die er überhaupt nur glaube, bedinge. Ferner werde er beweisen, daß das Ersatzrecht statt zu deorganisiren, die Macht des Heeres im Gegentheile stärke. Diese beiden Punkte werde er erledigen. Nun folgt die Historie der Militairaushebung seit Ursprung der stehenden Heere bis auf Napoleon. Von 1789 an, habe alle Welt Soldat werden müssen, das Ersatzrecht sei erst später aufgekommen. Ein junger Mann zieht sein Loos; derselbe ist schwächlich und ungeschickt; er hat aber Geld und läßt sich ersetzen. Nimmt er einen Schwächling? Nein, im Gegentheil einen gesunden starken Ersatzmann, also gewinnt der Staat auch; statt zu schwächen, stärkt das Ersatzrecht die Militairmacht. Gegen die Freiheit und Gleichheit verstoße dasselbe ebenfalls nicht. Der Ersatz geschah ja freiwillig, es sei ein Vertrag zwischen zwei völlig freien Kontrahenten! Ohne Ersatzwesen wäre keine wissenschaftliche Laufbahn mehr möglich. (Sehr zweifelhaft für Preußen!) Man schreie über die Ungleichheit! Heiße das nicht aber die größte Tyranei einführen, Jedermann unter den Soldatenrock zu zwingen. Jede absolute Pflicht ist Despotismus. Im alten Rom, bei den Barbaren, Arabern u. s. w. lasse sich so etwas begreifen, aber im civilisirten 19. Jahrhundert unerhört. Man wolle das preußische System einführen und alle Welt militärisiren. Das sei gegen den französischen Charakter. Gutunterrichtete Offiziere sei die wahre Stärke eines Heeres. Die Loosung habe zum Ruhme unserer Heere am meisten beigetragen. Selbst zu dieser Loosung habe schon schwer gehalten, den Landmann zu führen. Ackerbau und Militär vertrüge sich einmal nicht. In der Vendée habe die allgemeine Militärpflicht zuerst die Fackel des Bürgerkriegs angezündet. Das Subskriptionssystem sei ins Volksblut übergegangen und wer sein Vaterland liebe, werde nicht ein neues an seine Stelle setzen wollen u. s. w.
Diese Rede dauerte wie alle Thier'schen Vorträge 2 Stunden. Die Sitzung wird auf 20 Minuten aufgehoben und dann besteigt
Lamoriciére die Bühne. So glänzend Herr Thiers gesprochen, habe er doch keine seiner Ueberzeugungen erschüttert. Er vertheidigt nun sein System.
Mit der ihm eigenthümlichen Schnelligkeit erklärt Lamoriciére, daß es durchaus nicht in seiner Absicht liege, das Loskaufsrecht absolut und plötzlich abzuschaffen. Aber er nehme keinen Anstand zu erklären, daß, so lange dieses Recht bestehe, für die Regierung keine Garantie im Heere liege. Dasselbe enthalte nicht weniger als 20,000 Ersatzmänner. Diese Leute seien undisziplinfähiger als alle Anderen. Die Sitten müßten sich ändern, um allgemeine Militärpflicht einzuführen! habe Thiers behauptet. Wehe der Republik, wenn sich die Sitten nicht ändern! Frankreich hebt jährlich 360,000 Rekruten aus 45 Prozent treten wirklich unter die Fahnen, 5 % sind dienstunfähig, 30% möchten sich remplaciren (Erstaunen) lassen, 15 % haben aber nur die dazu nöthigen Gelder. Dies Mißverhältniß müsse aufhören; er beantrage daher die Abstimmung über den Artikel 107, wie ihn der Verfassungsentwurf vorschlage. (Siehe unsere frühere Nummer).
Lebreton, General, tritt ziemlich plump gegen die absolute Untertrückung des Loskaufsrechts auf und ruft dadurch einen großen Tumult hervor. Die Abschaffung des Ersatzrechts sei außerdem eine Eigenthumsfrage, der Kriegsminister überschreite mit seiner Abschaffung die Gesetzlichkeit, wie er dieß schon in anderen Fällen gethan habe.
Lamoriciére heftig unterbrechend: Erklären sie sich!
Lebreton zankt sich noch eine Weile unter fürchterlichem Lärmen und verläßt die Bühne.
Cavaignac kommt dem Kriegsminister zu Hülfe und sagt mit vielem Pathos, daß Lamoriciére durch seine großen Verdienste den ersten Platz statt seiner verdiente. Ein solcher Vorwurf sei ungerecht.
Lebreton fährt noch einmal gegen Lamoriciére zu Felde und erregt fürchterlichen Skandal.
Lamoriciére schreit: Ich verlange öffentliche Debatte!
Diesem Verlangen wird jedoch nicht nachgegeben.
Leydet, General, lobt das Loskaufsrecht. Die allgemeine Discussion wird indessen als geschlossen erklärt und man schreitet zur Abstimmung.
663 gegen 140 Stimmen verwerfen die absolute Abschaffung (Aufsehen).
Art. 108, 109, 110, 111, und 112 werden demnach im Sturmschritt votirt. Die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.
Großbritannien.
@xml:id#ar124_020
@typejArticle
@facs0628
[ * ] London, 21. Okt.
Die Ereignisse in Wien fahren fort, die Aufmerksamkeit der City sehr in Anspruch zu nehmen. Das Geschäft an der Börse bleibt beschränkt und Handlungshäuser aller Branchen sind determinirt ihre Operationen einstweilen höchst vorsichtig und nur bis zu einer gewissen Ausdehnung zu betreiben. Die Furcht vor einer nachhaltigen Einwirkung der Wiener Vorfälle auf ganz Deutschland hat auch das Geschäft der Manufaktur-Distrikte in etwas gelähmt und die Nachrichten aus Manchester, Leeds, Halifax u. s. w. lauten weniger erfreulich. Die Beschränkungen, welche die Banken im diskontiren der Wechsel eintreten lassen, dürften die unangenehme Stimmung der Handelswelt noch vergrößern.
Anzeigen.
@typejAn
@facs0628
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 23. Oktober 1848.
Angekommen: H. Klee von Kannstadt. Wb. J. Jonas von Bingen. J. Noll von Dordt mit 3662 Ctr. G. Visser von Amsterdam mit 3134 Ctr.
Abgefahren: A. Dorweiler nach Mainz. W. Pesch nach Wesel. Wb. C. Müller nach Mannheim. Jac. Tillmann nach Koblenz. F. Deiß nach der Saar.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. Jak. Schaaf. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr Joh. Budberg. Nach Andernach und Neuwied A. B. Schilowski und H. Schumacher. Nach Koblenz, der Mosel u. Saar Jos. Zeiler. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar J. Bayer. Nach Mainz J. Acker. Nach dem Niedermain C. Nees. Nach dem Mittel- und Obermain. Fr. Seelig. Nach Worms und Mannheim P. O. Schlägel. Nach Heilbronn L. Heuß. Nach Bingen H. Leineweber.
Nach Rotterdam Kapt. Lützenkirchen Köln Nr. 29.
Nach Amsterdam Kapt. Schneider Köln Nr. 16.
Rheinhöhe am 23. Okt. 7′ ‒ ″.
@typejAn
@facs0628
Bekanntmachung.
Die gewöhnliche Revision der Lastkarren soll in den Tagen vom Dienstag, den 24. d. M., bis zum Donnerstag, den 26. d. M., Nachmittags von 3 bis 5 Uhr im Freihafen Statt finden. Die Führer von Lohnkarren haben sich mit den vorschriftsmäßigen polizeilichen Zeugnissen zu versehen.
Köln, den 21. Oktober 1848.
Der Hafen-Kommissär, Rennen.
@typejAn
@facs0628
Freiwillige Versteigerung ganz neuer Möbel.
Am Mittwoch den 25. Oktober 1848, Vormittags von 9 Uhr und nöthigenfalls Nachmittags von halb 3 Uhr ab, sollen durch den Unterzeichneten in dem Hause Cäcilienstraße Nr. 40 und 42 zu Köln, eine große Parthie ganz neuer Möbel neuesten Geschmacks, als: Secretäre, Sopha's, Tische, Stühle, Spiegel, Schränke, Bettstellen etc., theils von Mahagoni-, theils von Nuß- und Kirschbaumholz, öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung versteigert werden.
Hey, Gerichtsvollzieher.
Auch sind vorläufig die Möbeln unter der Hand zu kaufen.
@typejAn
@facs0628
Heute Dienstag den 24. Oktober Morgens 8 Uhr:
Erster Preß-Prozeß vor den Assisen zu Köln gegen Bernh. Dietz.
@typejAn
@facs0628
Berichtigung.
Der nach der „Kölnischen Zeitung“ verhaftete Dr. Borchardt ist der Med. Dr. Borchard in Breslau und nicht der Abgeordnete.
@typejAn
@facs0628
Bekanntmachung.
In Folge Einführung des Winterfahrplans der Köln-Mindner Eisenbahn-Gesellschaft, koursirt die tägliche zweimalige Personenpost zwischen Bergisch-Gladbach und Mülheim a. Rhein wie folgt:
Aus Gladbach
7 1/2 Uhr Morgens.
2 1/2 Uhr Nachmittags.
Aus Mülheim a. Rhein.
9 3/4 Uhr Vormittags.
5 1/2 Uhr Abends.
Ueberkunft in 1 1/4 Stunde.
Köln, am 22. Oktober 1848.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
@typejAn
@facs0628
Ankündigung.
Mit dem 1. Oktober beagnn die Deutsche Reichstags-Zeitung, herausgegeben von Robert Blum und J. Georg Günther, ein neues Quartal. Hinsichtlich des Inhalts wird das Blatt streben, immer gediegener und reicher zu werden, und hat dazu sehr erfreuliche Kräfte gewonnen. Hinsichtlich des Geistes und der Richtung ist die Anfeindung des Blattes Seitens der Rückschrittspartei wohl seine beste Empfehlung. Eine sorgfältige Uebersicht der Tagesereignisse wird vom 1. Oktober ab regelmäßig gegeben werden. Das Blatt erscheint, mit Ausnahme des Montags, täglich und bringt die Verhandlungen der Nationalversammlung zuerst; es kostet vierteljährig 1 Fl. 45 Kr. (1 Thlr.) und zwar im Wirkungskreise der Fürstl. Thurn- und Taxis'schen Post ohne allen Aufschlag.
Gustav Oehler.
@typejAn
@facs0628
Regelmäßige Packet-Schifffahrt zwischen Antwerpen, New-York u. New-Orleans am 1. und 15. jeden Monats für Kajüten- u. Zwischendeck-Passagiere, so wie für Waaren-Transport.
Näheres über die Preise der Plätze und Frachten bei Strecker, Klein & Stöck in Antwerpen, den Agenten, und bei den Unterzeichneten:
Dr. G. Strecker, in Mainz.
Ant. Jos. Klein, in Bingen.
Jos. Stöck. in Kreuznach.
In Köln ertheilt nähere Auskunft das Handlungshaus van Maenen & Cp., Thurnmarkt 73.
In Ladung nach New-Orleans:
Der amerikanische Dreimaster „CONSTELLATION“, Kapt. Flitner, Abfahrt am 25. Oktober.
In Ladung nach New-York:
Der ausgezeichnet schöne amerikanische Dreimaster „PETER HATTRICK“, Kapt. Rockwell, Abfahrt am 1. Nov
@typejAn
@facs0628
Ober-Moseler-Weinmost-Ausbruch im Freischützen.
@typejAn
@facs0628
In Ladung in Antwerpen für New-York.
Abfahrt 1. und 5. Nov. 1848.
Das schöne amerikanische dreimastige Schiff „Peter Hattrick“ Kapitän Rockwell. Derselbe nimmt Zwischendecks- und Kajüts-Passagiere, bietet eine gute Gelegenheit für Passagiere dar, welche die Ueberfahrt in der 2. Kajüte zu machen wünschen, woselbst er Raum für 40 à 50 Personen hat, und ist zu diesem Zwecke mit allen wünschenswerthen Einrichtungen versehen. Wegen der Zwischendecks-Passagiere beliebe man sich an die Herren Strecker, Klein und Stöck zu wenden; wegen Kajüte-Passagieren an
Van den Bergh fi's, beeidigter Schiffsmakler.
@typejAn
@facs0628
Niederländische Handels-Gesellschaft.
Die Direktion macht bekannt, daß von ihr zu Amsterdam Donnerstag das 16. November 1848, verkauft werden sollen:
24089KanassersundKranjangsJava-Zucker,lagernd daselbst,
12068KanassersundKranjangsJava-Zucker,lagernd zu Rotterdam,
unter Vorbehalt, die angeführten Quantitäten um ungefähr 1500 Kranjangs zu vermehren, im Falle diese noch zeitig genug angebracht werden sollten.
Die Notizen und Verkaufs-Bedingungen werden zeitig ausgegeben.
Amsterdam, 16. Oktober 1848.
F. Schuurmann, d. Z. Präsident.
Goudswaard, Dir., d. Z. Sekretär.
@typejAn
@facs0628
Navigation transatlantique subsidiée par le Gouvernement.
En charge en ce port pour VERA-CRUZ.
Le beau Brick Belge „JENA“ de lére Classe, Capitaine J. A. Rieverts, prendra marchandises à frêt et passagers pour partir le 15. Novembre jour fixe.
S'adresser pour plus amples informations et le fret des marchandises à Mr. J. SIMONIS à Cologne ou à C. Brequigny et B. Kennedy, Courtiers de Navires à Anvers.
Anvers, ce 16. Octobre 1848.
@typejAn
@facs0628
RHEIN- und YSSEL-Dampfschifffahrt.
Dienst zwischen Cöln und Amsterdam.
Vom 24. September ab fahren die Dampfschiffe jeden Dienstag, Freitag und Sonntag
Morgens 7 Uhr von Köln nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim, Doesborgh, Zütphen, Deventer, Zwolle, Kampen und Amsterdam.
Näheres über die billigen Tarifsätze für Passagiere und Frachtgüter ertheilt die Agentur, Friedrich-Wilhelmstrasse Nr. 9.
Köln, den 28. September 1848.
@typejAn
@facs0628
Einige aber nur ganz erfahrene Kleidermacher-Gehülfen finden Arbeit bei J. H. Schulz, Schildergasse Nr. 14.
@typejAn
@facs0628
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Tägliche Abfahrten von Köln.
Um 5 Uhr Morgens nach Rotterdam, mit Uebernachtung in NYMEGEN.
Um 1 Uhr nach Mitternacht nach MANNHEIM.
Von ROTTERDAM nach LONDON fährt der „Batavier“ jeden Dienstag (in direktem Anschluss an das Sonntags von Köln fahrende Dampfboot).
Die Personenfahrgelder für alle Stationen sind um Bedeutendes ermässigt.
Näheres für Passagiere und Güter ertheilt die Haupt-Agentur Friedrich-Wilhelmstrasse Nr. 4.
Köln, im Oktober 1848.
@typejAn
@facs0628
Die Versteigerung von den antiken Schränken, antiken Bettstellen, Tischen und andern antiken Gegenständen, so wie von einer großen Sammlung Gemälden, findet diesen Donnerstag, den 26. Oktober, in den gewöhnlichen Vor- und Nachmittagsstunden in der Behausung des Antiquars Späner, Domhof Nro. 13, Statt.
@typejAn
@facs0628
à Thlr. 72 per Jahr zu vermiethen:
das Haus Nr. 28 unter Krahnenbäumen. enthaltend 6 Zimmer, Speicher, Keller und kleinen Hofraum. Näheres am Kaufhaus Nr. 33.
@typejAn
@facs0628
Fehlerhaft gewordene Plattierwaaren, als: Leuchter, Essig- und Oelgestelle, Tafel-, Caffe- und Theegeräthe, Kirchengegenstände in Kupfer als auch in Messing, so wie kurze Stahlwaaren, Uhrgehäuse etc. werden dauerhaft galvanisch vergoldet und versilbert bei Löwenthal u. Comp.
Magazin des berliner galvano-plastischen Instituts in Köln a. R.
Brückenstraße Nro. 5.
@typejAn
@facs0628
Letzte Woche des Römischen Circus.
Von Alexandro Guerra.
Heute Dienstag den 24. Oktober 1848 große Vorstellung mit ganz neu vorkommenden Scenen u. Reitstücken, und zum Beschluß eine neu arrangirte komische Pantomime von Herrn Pasqualo Amato, ausgeführt von mehreren Mitgliedern der Gesellschaft, worüber das Nähere der Ausleg-Zettel besagt.
Ergebenste Einladung Alexandro Guerra.
@typejAn
@facs0628
Herrenkleider werden gewaschen und reparirt, Herzogstraße Nr. 11.
@typejAn
@facs0628
Theater-Anzeige.
Dienstag den 24. Oktober:
(Zum Erstenmal):
„Die Sündenböcke.“
Original-Lustspiel in 3 Aufz. von R. Benedix.
Vorher:
„Eigensinn.“
Lustspiel in 1 Aufz. von R. Benedix.
@typeimprint
@facs0628
Der Gerant: Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.