Amtliche Nachrichten.
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Berlin, 14. Oktober.
Nach dem heutigen Militär-Wochenblatte ist der General-Lieutenant Graf Dohna, kommandirender General des 1. Armee-Korps, zum General der Kavallerie ernannt worden.
Dasselbe Blatt enthält die Allerhöchste Verordnung, betreffend die Ueberweisung der Angelegenheiten der Küsten-Flotille an das Ressort des Kriegs-Ministeriums und Einsetzung der
Marine-Kommission:
„Auf den Bericht des Staats-Ministeriums vom 3. September 1848, dessen Anlagen zurückerfolgen, genehmige Ich, daß Alles, was sich auf die Beschaffenheit, die Ausrüstung, Bemannung und
Verwendung der zunächst zum Zwecke der Vertheidigung der Ostseeküste bestimmten Küsten-Flotille (Kanonen-Schaluppen und Jollen) bezieht, dem Ressort des Kriegs-Ministeriums überwiesen, auch
unverzüglich eine Marine-Kommission in Berlin eingesetzt werde und zusammentrete, welche in vorgeschlagener Art über die Marine-Angelegenheiten das Weitere zu ermitteln, zu berathen und an das
Staats-Ministeriums zur Beschlußnahme zu berichten hat. Unter Belassung in ihren anderweiten Dienstfunktionen ernenne Ich zum Vorsitzenden dieser Kommission den Prinzen Wilhelm Adalbert von Preußen,
Königliche Hoh., und zu Mitgliedern derselben vorläufig den General-Major und Inspekteur der 2. Artillerie-Inspektion, von Jenichen, den General-Major und Inspekteur der 1. Ingenieur-Inspektion,
Brese, den Geh. Ober-Finanzrath Oesterreich, den Major Bogun von Wangenheim vom Kriegs-Ministerium, den Geheimen Ober-Bau-Rath Severin, den Navigations-Direktor, Marine-Kapitän-Lieutenant Schröder,
den J. F. Dannenberger und den Kommissions-Rath Wedding. Ich überlasse der Kommission, außerdem dasjenige technische Hülfspersonal zu ihren Berathungen heranzuziehen, resp. auf dessen Heranziehung
anzutragen, welches dieselbe dazu noch etwa für erforderlich erachten sollte; ingleichen durch ihre Mitglieder an Ort und Stelle diejenigen Besichtigungen und Ermittelungen vornehmen zu lassen, die
sie zur sicheren Begründung ihrer Vorschläge für nothwendig hält. Bei der Vorlegung des Berichts der Kommission, womit die Wirksamkeit derselben schließt, erwarte Ich die Vorschläge des
Staats-Ministeriums für die Bildung und Zusammensetzung eines besonderen Marine-Kollegiums, welches dem Staats-Ministerium mit der Befugniß, sich mit den betreffenden Central-Verwaltungen und anderen
Behörden unmittelbar zu benehmen, unterzuordnen ist und die Verwaltung der gesammten Marine-Angelegenheiten, so weit sie Preußen zufällt, zu übernehmen hat. Ich habe den Prinzen Wilhelm Adalbert von
Preußen, Königliche Hoh., hiervon in Kenntniß gesetzt und überlasse dem Staats-Ministerium, danach die anderweite Bekanntmachung und Veranlassung.
Bellevue, den 5. September 1848.
Friedrich Wilhelm.
v. Auerswald. Hansemann. Frhr. v. Schreckenstein. Milde. Märcker. Gierke. Köhlwetter.
Für den Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten:
v. Ladenberg.
An das Staats-Ministerium.“
Die heute ausgegebene Nr. 45 der Gesetzsammlung enthält das Gesetz, betreffend die Sistirung der Verhandlungen über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse und über die
Ablösung der Dienste, Natural- und Geld-Abgaben, so wie der über diese Gegenstände anhängigen Prozesse. Vom 9. Oct. 1848.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. verordnen, auf den Antrag der zur Vereinbarung der preußischen Staatsverfassung berufenen Versammlung, nach Anhörung Unseres
Staatsministeriums, was folgt:
§ 1.
Es werden auf den Antrag auch nur eines Theilnehmers sistirt:
a) alle Verhandlungen über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse und über die Ablösung der Dienste, Natural- und Geld-Abgaben, in denen der Rezeß noch nicht bestätigt
ist;
b) die bei den Auseinandersetzungs-Behörden oder den ordentlichen Gerichten schwebenden Prozesse über Mühlen-Abgaben.
§ 2.
Von Amts wegen werden sistirt:
1) die bei den im § 1 gedachten Verhandlungen entstandenen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Prozesse, jedoch mit Vorbehalt interimistischer Festsetzung über die laufenden
Leistungen;
2) alle bei den Gerichten oder den Auseinandersetzungs-Behörden schwebenden Prozesse über folgende Rechtsverhältnisse:
a) die Lehensherrlichkeit und die lediglich aus derselben entspringenden sonstigen Rechte bei allen Arten von Lehnen, mit alleiniger Ausnahme der Thronlehne, das Heimfallsrecht und der Anspruch auf
die Regulirung eines Allodifications-Zinses für die früher aufgehobene Lehnsherrlichkeit in denjenigen Landestheilen, welche vormals eine Zeit lang zum Königreiche Westphalen, zum Großherzogthum Berg
und zu französischen Departements gehört haben, ohne Unterschted, ob der Staat, moralische Personen oder Privatpersonen die Berechtigten sind;
b) das Eigenthumsrecht des Erbpächters und das Ober-Eigenthum des Erbzinnsherrn, sobald der Erbpachtskanon, Erbzins und die sonstigen Leistungen des Erbpächters oder Erbzinsbesitzers vollständig
gegen Entschädigung in Land oder Kapital abgelöst sind;
c) das Recht der Guts- oder Grundherren, Ober-Eigenthümer oder Erbverpächter, zu der Veräußerung, Vererbung, Zerstückelung oder Verschuldung der ihnen verpflichteten Grundstücke ihre Einwilligung
zu ertheilen oder zu versagen;
d) alle Vorkaufs-, Näher- und Retrakt-Rechte, mit alleiniger Ausnahme der Vorkaufsrechte der Miteigenthümer an den Antheilen der gemeinschaftlichen Sache;
e) das Recht, einen Antheil oder ein bestimmtes Stück aus einer Verlassenschaft vermöge guts- oder grundherrlichen Verhältnisses zu fordern, meist unter den Namen: Sterbefall, Bestfall, Besthaupt,
Kurmede vorkommend;
f) das Recht, von den Erben, eines Grundbesitzers das Sterbelehn zu fordern;
g) die Berechtigung der Ober-Eigenthümer, Erbverpächter und Guts- oeer Grundherren, Besitzveränderungsabgaben irgend einer Art bei Veränderung in der herrschenden Hand zu erheben und bei
Veränderungen in der dienenden Hand, desgleichen Abgaben von Erben in der auf- und absteigenden Linie, von Ehegatten oder Brautleuten, sowohl im Falle der Vererbung, als der Ueberlassung unter
Lebenden zu fordern;
h) die aus dem guts- oder grundherrlichen Rechte herrührenden Leistungen und Abgaben der Nichtangesessenen und die ihnen dafür zu gewährenden Gegenleistungen;
i) die gewöhnlich unter den Benennungen Schutzgeld, Schutzzins, Jurisdiktionszins vorkommenden Beiträge der Angesessenen zu den Lasten der Polizeiverwaltung und Gerichtsbarkeit, insofern nicht eine
oder die andere dieser Abgaben bei der ersten Verleihung eines vorher nicht mit bäuerlichen Wirthen besetzt gewesenen Grundstücks ausdrücklich als Grundabgabe oder Gegenleistung für die Verleihung
übernommen wurde oder die Stelle der Grundsteuer vertritt;
k) die aus der Gerichtsbarkeit entspringenden Abgaben, welche außer den Kosten, deren Erhebung sich auf die gesetzlich bestehenden Gebührentaxen gründet, entweder dauernd an Gerichtspersonen oder
bei einzelnen gerichtlichen Verhandlungen entrichtet werden, z. B. die Abgaben an Gerichtsdiener, die Dreidinggelder, Zählgelder, Siegelgelder;
l) der Fleisch- oder Blutzehnt, d. h. die Berechtigung, von dem gesammten in einer Wirthschaft geborenen oder aufgezogenen Vieh, oder von einzelnen Gattungen desselben, gewöhnlich das zehnte,
bisweilen auch das nach einem anderen Zahlenverhältniß bestimmte Stück in Natur oder an dessen Statt einen Geldbetrag zu fordern, desgleichen der Bienenzehnt;
m) die ungemessenen Dienste in den zur Provinz Westphalen und Sachsen gehörigen, durch den Vertrag vom 29. Mai 1815 an Preußen abgetretenen, vormals hannoverschen Landestheilen und dem Herzogthum
Westphalen;
n) die Jagd-Dienste, die Verpflichtung, Jagdhunde zu füttern, Jäger aufzunehmen und sonstige unmittelbar zum Zwecke der Jagd obliegende Leistungen, Dienste zur Bewachung gutsherrlicher Gebäude oder
sonstiger Grundstücke, Dienste zu häuslichen Verrichtungen der Gutsherrschaft, als zum Reinigen der Häuser und Höfe, zum Krankenpflegen, Bewachen von Leichen, Dienste zu hauswirthschaftlichen
Bedürfnissen der gutsherrschaftlichen Beamten, Dienste und Leistungen zu Reisen des Gutsherrn selbst oder seiner Beamten, Botendienste und Abgaben, welche lediglich die Stelle der vorbenannten Dienste
und Leistungen vertreten;
o) folgende Leistungen und Abgaben: Walpurgisschoß, grundherrlicher Schoß, Bedegeld, Schäfersteuer, Bienenzins und Wachspacht, insofern beides von dem Verpflichteten für die Erlaubniß entrichtet
wird, auf seinem eigenen Grund und Boden Bienen zu halten, die Verpflichtung zum Wachsverkauf, die unter dem Namen Wasserlaufszinsen, Wasserfallzinsen vorkommende Besteuerung der Wasserkraft der
fließenden Gewässer, die Abgaben zur Ausstattung von Familiengliedern des Berechtigten, das Recht, die Gänse der bäuerlichen Wirthe berupfen zu lassen;
p) die auf Grundstücken haftende Verpflichtung der Besitzer, gegen das in der Gegend übliche Tagelohn zu arbeiten;
q) die Berechtigung des Erbverpächters, Erbzins- oder Zinsherrn, den zu entrichtenden Kanon zu erhöhen; auf die periodische Berechnung eines in Körnern bestimmten und in Geld abzuführenden Kanons
nach den wechselnden Getreidepreisen findet diese Bestimmung nicht Anwendung;
r) das Eigenthum der Gutsherren an den auf fremden Gärten, Aeckern und Wiesen stehenden Eichen;
s) die unter den Namen Straßengerechtigkeit, Auenrecht vorkommende ausschließliche Befugniß der Gutsherren, über die nicht zu den Wegen nöthigen freien Plätze innerhalb der Dorflage zu
verfügen;
3) die bei den ordentlichen Gerichten unabhängigen Prozesse über die Verpflichtung zur Entrichtung von Besitzveränderungs-Abgaben in anderen als den oben zu 2 sub g genannten Fällen, insoweit sie
nicht rückständige Gefälle betreffen; desgleichen über den, deren gewerblicher Ursprung streitig ist, und die über Exmission lassitischer Wirthe;
4) die Gemeinheits-Theilungssachen, insofern Streit aus der Anwendung der §§. 86, 84 und 114 der Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 7. Juni 1821 obwaltet, und die darüber schwebenden
Prozesse.
§. 3.
Die Verordnung über die Beschränkung des Provokationsrechts auf Gemeinheitstheilungen vom 28. Juli 1838 ‒ §. 1 bis incl. 7 ‒ findet auch in der Provinz Westfalen Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Sanssouci, den 9. Oktober 1848.
(L. S.) Friedrich Wilhelm.
v. Pfuel. Eichmann. v. Bonin. Kisker. Graf Dönhoff.
Für den Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten:
v. Ladenberg.“