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[Fortsetzung] treten nicht die Herzogthümer. Sie sind abtrünnig
von ihren [unleserlicher Text] in dieser Sache; und ich bitte Sie, meine Herren, lassen Sie
sich durch die Anträge derselben in nichts bestimmen. Ich erkläre mich ganz entschieden für
die Verwerfung des Waffenstillstandes. Und (hört! hört!) protestire feierlichst (als Preuße)
gegen die Verdächtigung und Einschüchterung, als werde Preußen mit Deutschland in Uneinigkeit
gerathen, wenn Sie die Verwerfung des Waffenstillstandes dekretiren. Keineswegs, Preußens Volk
ist deutsch, und es giebt für diesen Ausspruch andere Belege und Beispiele, als die alten
Krieger von 1813, die Arndts, die Bülow-Cummerows, des Hrn. Jordan und von Vinke. (Schallendes
Bravo.) Preußens Volk und König wird unter keiner Bedingung von Deutschland lassen. (Bravo!)
Werk aus Hamburg (gegen die Verwerfung): Der Dänische Krieg bringt
Deutschlands Küsten (und Geldsäcken à la Mark) einen gar zu großen Nachtheil. Hören Sie den
Jammerruf unserer Brüder (der Geldsäcke) an der Ostsee!
Löwe aus Calbe: Ich freue mich, daß ich auf einen Redner folge der
die materiellen Interessen berührt hat. Auch ich fühle die Noth der Ostseeprovinzen,
entstanden durch den Krieg. Aber dieser Noth wird nur abgeholfen durch einen Frieden, nicht
durch einen solchen Waffenstillstand, von dem wir ja nicht einmal wissen, ob und was für ein
Frieden ihm folgen wird. (Lautes Bravo.) Löwe beweist, daß nur ein Frieden dem Export- und
Importhandel wieder aufhelfen kann, nicht aber ein solcher Waffenstillstand. Zugleich beweist
er, daß der Waffenstillstand nicht geschlossen zu sein scheint, um einen Frieden in seinem
Gefolge zu haben. Wie soll Danemark auf einen für uns gänstigen Frieden eingehen, wenn es
sieht, daß wir mit ihm einen so äußerst ungünstigen Waffenstillstand eingehen. Dänemark kann
seine Handelsspekulationen im Winter sehr gut machen, und hat für einen neuen Krieg im
Frühjahr keine Besorgnisse zu hegen wie wir. Am 1. April des künftigen Jahres werden wir
Dänemark gegenüberstehen wie wir ihm im vergangenen April gegenüberstanden. Der Belt wird
fließen, wie er jetzt fließt, und unsere Ohnmacht zur See dieselbe sein. Von einer
Ehrenpflicht, die uns nöthigt den Waffenstillstand anzunehmen, kann gar keine Rede sein, sonst
hätte man uns die Frage ja gar nicht zur Entscheidung vorlegen sollen; denn dann wäre sie ja
bereits entschieden. (Sehr gut!) Vor dem Ausland sollen wir uns hüten, weil es uns feindselig
ist. Das ist spaßhaft, M. H. , also dadurch sollen wir uns die Feinde zu Freunden machen, daß
wir uns vor ihnen fürchten? (Bravo von fast allen Seiten.)
Degenkolb (Commerzienrath aus Preußen!) weiß nicht, wie wir zum
Frieden kommen sollen, wenn kein Waffenstillstand vorhergeht. Deßhalb stimmt er für die
Annahme desseben, und kann nicht dagegen sprechen. Die Ehre Deutschlands sei nicht verletzt
etc., wie früher. (Alles geht Frühstücken. Theilnahmlosigkeit.)
Blum: In die Lobsprüche auf das Reichsministerium einzustimmen ist
mir unmöglich. Die heitere Laune Schmerlings scheint mir sein Schwanengesang zu sein. Ich
freue mich ihrer. In Bezug Heckschers, hätte er lieber sollen die Sache vertreten, als seine
Person nutzlos zu entschuldigen! Wir werden alle Ministerien angreifen, die in Vertretung der
Centralgewalt (die wir jetzt stützen) nicht stark sind, mögen sie von rechts oder links
kommen. (Lautes Bravo.) Um den einzigen Krieg, den wir zu führen haben, hat sich das
Ministerium nicht bekümmert. Nachdem die ganze Welt sich darum bekümmert hat, hat es endlich
angefangen in dieser Sache nichts zu thun. (Gelächter, Bravo!) Man hat
gesagt, die Verhandlungen, wie sie einmal sind, und jene Vollmacht hätten Preußen berechtigt
zur Abschließung des Waffenstillstands. Das bestreite ich. Ueber die Bedingungen spricht Blum
wenig. Man sagt, Moltke ist zurückgetreten; nein, meine Herren, er ist zurückgetreten worden,
(bravo) um einem andern Moltke Platz zu machen. Was man will, hat man mit dieser Ernennung
ausgesprochen. Lesen Sie, sagt er, über die Bedingungen des Waffenstillstandes die Blätter
unserer Feinde! z. B. „Fadreiandet.(Tiefste Stille.) Daß Dänemark, welches nach dem
diplomatischen Hrn. v. Schmerling die Centralgewalt gar nicht kannte, mit dem Mandatar
derselben einen Waffenstillstand abschließt, das, m. H., geht allerdings über meinen
undiplomatischen Verstand! (Heiterkeit und lauter Beifall.) Seit dem Bürgermeister von Saardam
(Czaar und Zimmermann) hat nie ein Diplomat eine traurigere Rolle gespielt. (Furchtbares
Gelächter, bravo!) Er spielte die Rolle eines jungen Mannes, der hinter die Coulissen gerathen
ist und mitspielen will. Seine ganze Reise hat nicht einmal gastronomische Resultate geboten,
wie die unseres Herrn Ex-Reichsminister der auswärtigen Angelegenheiten. (Gelächter.) Wir
sollen einen Waffenstillstand ratifiziren, der thatsächlich unmöglich und unausführbar ist.
Nicht bloß von dem dänischen Kriege her datirt sich die Noth der Ostseeküsten ‒ nein,
dieselben Gründe hat sie wie die Hungerpest in Schlesien. (Bravo.)
Das preußische Volk ist wohl zu trennen von den wechselnden Neigungen seiner Regierungen. ‒
Gegen Preußen beweisen wir nicht dieselbe Courage wie gegen Hannover! [Sehr gut!] ‒ Ich will
den alten Ruhm Preußens nicht antasten; ich will seinen großen Churfürsten, seine großen
Friedriche ihm lassen! Die Linke in Berlin wird geradeso stimmen, wie unsere Linke. Und sie
wissen, daß dort seit dem 7. Septbr. die Linke die Majorität hat. Herr Jordan hat allerdings
netto ausgerechnet, daß 10 Millionen in Preußen den Waffenstillstand annehmen wollen. Unter
den 67 Adressen sprechen 66 für die Verwerfung! [bravo! hört!]
Eine Aeußerung Jordan's (Marburg): „Die Noth des Krieges werde so groß werden, daß selbst
die Nationalversammlung wird hungern müssen,“beantwortet Blum dahin: „Das deutsche Volk hat in
dringenderen Zeiten Geld gehabt, um Leute zu unterstützen, die ich nicht nennen will. Es wird
auch Geld für uns haben.“ ‒ Die Furcht vor einem auswärtigen Kriege beseitigt Blum ebenfalls:
„Daß das Ausland unsere Einigung nicht will, brauche ich gar nicht zu sagen. Aber eben, weil
unsere heutige Abstimmung über die Einigkeit entscheidet, wissen Sie, was Sie zu beschließen
haben. Beschließen Sie entschieden, nicht halbe Anträge nehmen Sie
an.“ ‒ (Tiefste Stille ‒ große Sensation!) ‒ „Die Bewegung der Demokratie ist wieder lebhaft
geworden in der neuesten Zeit, denn die Reaktion war doch gar zu schnell. Es giebt Männer
unter uns, die nicht hierhergekommen zu sein behaupten als Volksvertreter, sondern als
Regierungsvertreter.“ (Aeußerung des Ritters Vincke.) „Sie lieben Ihre Fürsten, sagen Sie“
(nach rechts), „nun, meine Herren, die Sie Ihre Fürsten lieben, hüten Sie sich, daß Sie nicht
eine zweite Bewegung hervorrufen, die über Ihrer Fürsten Throne hinwegschreitet, welche die
erste Bewegung noch hat stehen lassen.“ (Lauter Applaus.)
Lichnowsky (Schluß! Schluß! ‒ Reden!) verspricht kurz zu sein, weil
schon drei Tage gesprochen worden. Will sich vor Persönlichkeiten, und dem Arsenal der Worte:
„Ehre Deutschlands, Schmach etc.“ ‒ hüten. Kein Redner hat uns gesagt, was denn geschieht,
angenommen, Preußen spaltet sich doch, und Preußen läßt es sich doch
nicht gefallen! ‒ Der Don Quixot geht dazu über, die andern Reden mit Koth zu bewerfen.
(Ungeheures Zischen erhebt sich; worauf Herr v. Lichnowsky meint: „Das ist noch kein Urtheil
Deutschlands.“) Herrn von Arnim greift er ebenfalls an. Er hat nur den Krieg angestachelt ‒
aber nicht an das Finale, den Frieden gedacht. ‒ Das Majoritätsgutachten (abgefaßt von Herrn
Wurm) scheint ihm eine Parteischrift zu sein. ‒ Daß der Waffenstillstand im Namen des Bundes
geschlossen, ist nur ein Formfehler. Daß der kleine Belt im Winter zufriert ist nicht wahr, u.
s. w. Lauter spaßhafte Anekdoten und Bemerkungen. Der Waffenstillstand gewährt faktisch den
Herzogthümern das, weshalb sie den Krieg begonnen haben. ‒ Er gedenkt der Adressen höhnisch.
(Man ruft ihm zu: „Adresse aus Ratibor!“ Furchtbares Zischen.)
Simon von Trier erinnert an die Beschlüsse des Vorparlament, dessen
Beschlüsse man allmälig desavouirt, bis eines schönen Morgens man es für eine Albernheit
erklären wird, überhaupt hier in der Paulskirche zusammengekommen zu sein.
„Die Zärtlichkeit für die dynastischen Interessen ist so groß daß man die Souveränetät des
Volkes hinter die Ehre eines Königs stellt. ‒ [bravo!] Ich appellire nicht einmal an Ihre
Humanität, nur an Ihren guten Geschmack in dieser Sache.“ [Bravo!]
Simon nimmt Hrn. Heckscher und Hrn. Jordan aus Berlin etwas durch. Der Exminister macht eine
ungezogene Bemerkung. Simon fordert den Präsidenten auf, ihm Ruhe zu verschaffen. Der „Edle“
nimmt keine Rücksicht darauf. Er zeigt aus dem Fädreland, daß die Bedingungen von den Dänen
als für Deutschland höchst ungünstig angesehen werden.
Hr. Jordan sagt, wir sind mißtrauisch; ich glaube, das Volk hat uns hierhergeschickt, um die
Augen offen zu haben. Für die gegenwärtige Stimmung ist entweder ‒ oder nothwendig.
Entscheiden Sie sich für die Majorität. Hrn. Lichnowsky antwortet er, möchte doch bei seiner
genauen Kritik der Adressen ja nicht die aus Ratibor vergessen. (Großes Hohngelächter). Es
heißt im Vertrage: „im Namen Preußens und Deutschlands;“ ich will hoffen, daß sich Preußen
blos als Bürge neben Deutschland zu stellen wagt, und wenn das ist, so kann seine Ehre, die
des Bürgen, nicht verloren sein, wenn der Bevollmächtigte es nicht für entehrend hält, den
Vertrag zurückzuziehen. (Bravo!) Aber der verlorenen Ehre des preußischen Ministeriums auch
noch die Ehre Deutschlands nachzuwerfen gedenke ich nicht! (Bravo!) Meine Herren, unter wessen
Schutz stehen wir? (Links: des Volkes!) Meine Herren, wenn ein Kind in Gefahr geräth, begiebt
es sich unter dem Schutz seiner Mutter! Das Volk! Meine Herren, noch ein paar solcher
Verträge, und wir werden an unsere Mutter appelliren! [Schallendes Bravo!]
Friedrich der Große würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er wüßte, daß man hier sein
Andenken dadurch befleckt, daß man seinen Namen nennt zugleich mit der Erniedrigung
Deutschlands vor Dänemark. Simon bringt eine Menge Specialia, welche beweisen, welche Partei
in Preußen denn eigentlich die Spaltung will, mit der man immer droht. Die Stockpreußen rechts
rufen wüthend: zur Sache].
Präsident: Die Debatte müsse allerdings gekürzt werden, weil vor
Entscheidung derselben kein neues Ministerium erstehen wird, aber zuerst solle noch Max
Gagern, die Minister und Gott weiß wer, gehört werden. Widerspruch von der Linken und dem
linken Centrum]
Lichnowsky: Die Minister sollen nicht gehört werden.
v. Vincke: Sie müssen gehört werden, weil ‒ man ja auch gemeinen
Verbrechern das Wort giebt zu ihrer Vertheidigung.
Wesendonk dagegen.
Eisenmann dafür. [Großer Tumult.]
Der Edle geräth außer sich.
Schaffrath: Der Präsident hat sich der Debatte zu enthalten.
Gagern, wüthend und mit Fürstenwürde: ich werde diskutiren und thuen
wie ich will, sonst werde ich die Sitzung aufheben. (Rechts und rechtes Centrum Bravo. Links,
linkes Centrum zur Hälfte und Gallerien Zischen.) ‒ Auf gutes Zureden des „Edlen,“ wobei seine
Stimme vor Wuth und Rührung versagt, beschließt die Versammlung den Schluß unter der
Bedingung, daß nach Max Gagern die Minister und die Berichterstatter gehört werden.
Max Gagern: rechtfertigt mit unverständlicher Stimme und in
schlechter Rede sich gegen die Beschimpfungen und Bemitleidungen von Seiten der einzelnen
Abgeordneten. Auch rechtfertigt er bestmöglichst seine bekannte verunglückte Mission; spricht
aber so undeutlich, daß man nicht begreift, wie gerade dieser zu den Unterhandlungen
ausgesucht werden konnte. ‒ Eine diplomatische Sendung behauptet er gar nicht gehabt zu haben,
sondern nur dort gewesen zu sein, als Vertreter der Centralgewalt. In Schleswig-Holstein und
in der dortigen provisorischen Regierung hat er Ruhe und Würde gefunden! Auf die Frage, warum
er nicht nach Malmö gegangen? Weil erst nach Abschluß des Waffenstillstandes seine
diplomatische Sendung begann! Auch hatte er nur sehr geringe Hoffnung, noch zur rechten Zeit
anzukommen. Im Allgemeinen, die ganze Rechtfertigung besteht in den Worten: „ich kann nichts
dafür!“ Er selbst hält den Waffenstillstand für mit dem Vortheil der Herzogthümer ganz
verträglich, in manchen Punkten für vortheilhaft. Man würde durch die Verwerfung in einen
unberechenbaren Krieg mit Feinden, die man noch gar nicht kennt, gerathen. Den Kelch der
Popularität, von dem er überhaupt nur genippt hat, weist er auch heute zurück. Nicht uns soll
die Menge belehren, sondern sie hat nöthig von uns belehrt zu werden. Schließt sich dem
bekannten Antrag der Schleswiger an.
Der Exminister Heckscher: Beginnt mit der bissigsten Advokatenwuth,
sich auf die ihm gemachten Vorwürfe zu rechtfertigen. Da ihm dies mißlingt, greift er zu einem
andern Advokatenmittel; er begeifert die Versammlung. Er ruft: „Noch keiner unter ihnen hat
den Muth gehabt, Preußen ein Mißtrauensvotum zu geben!“ [Tumult. Heckscher wird zur Ordnung
gerufen. Wird außerdem vom Präsidenten zurechtgewiesen, weil er sich Persönlichkeiten erlaubt
Erneuter Tumult!] Heckscher: „ich habe nicht geglaubt, daß so wenig Wahrheit hier im Hause
wäre.“ Ungeheurer Tumult. Getrommel. Zischen. Katzenmusik. Die Linke beantragt: „Heckscher das
Wort zu entziehen.“ Präsident läßt hierüber abstimmen, die Mehrheit entscheidet:
„Weiterreden.“ Herr Heckscher fährt also fort, ohne natürlich von der Sache zu reden, nur um
seine Person zu rechtfertigen: von Vincke und Jordan von Berlin, sagt der Exminister, sind
meine Autoritäten. Vogt hätte ihn Betreff Schwedens mit Unrecht der Blindheit beschuldigt. Die
Politik des Auslandes wird nun und nimmermehr zugeben, daß Dänemark geschwächt wird. Er
begreift nicht, daß man gerade ihn immer zur Zielscheibe der Angriffe macht.
Man beantragt namentliche Abstimmung über sämmtliche Anträge. ‒
v. Maltzahn will sich gegen von Vinke rechtfertigen, wird
heruntergetrommelt.
Präs: Herrn Rießer ist eine Adresse von der Lauenburgischen
Ständeversammlung zugekommen; man soll sie verlesen lassen. (Tumult.)
Die Nationalversammlung beschließt den Schluß der Debatte, mit Vorbehalt der Verlesung der
Adresse, und Reden der Berichterstatter ‒
Rießer verliest die obengenannte Adresse: dieselbe ist an den
Reichsminister gerichtet, und darin Protest gegen die Waffenstillstandsbedingungen auf's
energischste eingelegt. ‒ Den jetzigen Vertrag nicht ratifiziren sondern einen neuen Vertrag
abschließen im Namen der Centralgewalt. (Links: Hört!) (Bravo!)
Wurm beweist, daß selbst die Redner, die für Annahme des
Waffenstillstandes gesprochen, fast alle gesagt haben, daß die Bedingungen desselben
unausführbar sind. Wenn auch der Beschluß, den wir wie ich hoffe heute fassen, manches
preußische Herz mit einem schneidenden Schwert durchdringen wird, ich hoffe, keiner im Hause
wird vergessen, „das Vaterland über Alles!“ ‒ Nur nicht so eine Art von motivirter
Tagesordnung. ‒ Dazu würden sie kein Ministerium finden. Entweder Ja! oder Nein! ‒ „In dieser
Stunde muß es sich zeigen, ob die Nation besitzt Aufopferungsfähigkeit, und Aussicht des
Bestehens in der Zukunft!“ (Bravo.) ‒
Stedmann (Horribles Gelächter begrüßt ihn.) M. H. es ist keine Zeit
zu lachen! ‒ Ich bedaure daß meine Rede ihnen nur Wiederholungen bieten kann, trotzdem will
ich sprechen. ‒ (Oefteres Zischen und Gelächter der Gallerien unterbrechen ihn.) ‒ Die Ehre
des größten deutschen Staates, die Ehre Preußens ist verpfändet. Diese Ehre werden sie nicht
fallen lassen. Preußen's Vereinbarer-Versammlung würde, das wüßte er gewiß, den
Waffenstillstandsvertrag genehmigen. (Widersprüche aller Art.) Er spricht von seinem König ‒
von Englands Freundschaft ‒ er rührt ‒ er weint ‒ die Rechte und die Centren klatschen mit
Wuth. ‒ Für den Fall der Verwerfung des Minoritäts-Antrages empfiehlt er den Frankeschen
(Schleswigschen) Antrag. ‒ Revolutionen würden nicht zu fürchten sein, das versichert er ‒
Stedmann! (Zischen!) (Heftiges Zischen!) Bravo rechts. ‒
(Soiron präsidirt. Gagern zieht sich wie üblich bei Stürmen zurück ‒ Es ist viel Tumult. ‒
Sämmtliche Anträge werden zur Unterstützung verlesen.)
Kampf über die Reihenfolge der Abstimmungen.
Man streitet sich darüber, ob die Anträge der Majorität zu trennen sein, die Linke ist
dafür; die Rechte dagegen. Rechts will man sogar über die Motive des Antrags abstimmen,
Wesendonk ist dagegen. Soiron schreit: M. H. lassen sie uns doch zur Abstimmung gelangen!
Präs: Ob die beiden Anträge der Majorität getrennt werden sollen?
Antwort: Nein!
Hören Sie und staunen Sie: Wie man zur Abstimmung schreitet, zeigt es sich, daß auf der
rechten Seite der Versammlung Fremde sitzen, welche mitstimmen, und so eben mitgestimmt haben.
Die fremden Diplomaten und Unterstützer der rechten Seite werden herausgewiesen! Die Linke
verlangt erneute Abstimmung über obige Frage. Furchtbarer Tumult. Links schreit man
Betrug!
Löwe: Wenn nicht nocheinmal abgestimmt wird, verlassen wir den Saal
‒
Plathner: Der Präsident hat die Entscheidung hierüber. (Furchtbarer
Tumult!)
Raveaux (begrüßt mit Applaus) ersucht die Rechte noch einmal
abstimmen zu lassen ‒ (Zuruf: ja!) ‒
Vinke dagegen.
Präsident: Es wird noch einmal abgestimmt ‒ Tumult. Vertagung! ‒
Soiron: Noch einmal, ob die beiden Anträge der Majorität getrennt
zur Abstimmung kommen sollen? ‒ Das Resultat ist zweifelhaft, das Bureau beschließt zu zählen.
Fuchs schreit wüthend: nicht zählen! ‒ Es wird gezählt. ‒
Die getrennte Abstimmung der beiden Anträge der Majorität ist mit 246 Stimmen gegen 244
Stimmen verworfen. ‒ Also 2 Stimmen Majorität.
Wurm. Meine Herren der 2. Punkt des Antrags wird zurückgenommen. ‒
Arndt erklärt, nicht mit der Majorität zu stimmen.
Beseler: quatscht unter Tumult, man muß den 2. Punkt beibehalten,
und zusammen abstimmen.
Wurm will im Namen der ganzen Majorität den 2. Theil des Antrags zurück nehmen. (Rechts will
man dies nicht zugeben ! ! !)
Schoder spricht dafür. Schwerin dagegen. Esmarch gegen die Zurücknahme des 2. Theils der Majoritätsanträge.
Soiron: hierüber Abstimmen! (Rechts laut: Nein!)
Jordan. (Der Berliner Literat.) für Schwerins Ansicht. ‒ (Links
Getrommel und Geschrei: Abstimmen!)
Blum: Wir verzichten auf die Entfernung des 2. Theils des Antrags,
nur möge man zu Protokoll nehmen, daß wir über 2 Punkte eines Antrags zugleich abstimmen, was
wir nie thaten.
Namentliche Abstimmung über die Majoritäts-Anträge.
Die Anträge der Majorität werden mit 258 Stimmen gegen 237 Stimmen verworfen! Gestimmt haben
495.
Hierauf folgt namentliche Abstimmung über den Antrag der Herren Schleswiger, lautend:
Die Nationalversammlung beschließt:
1) Die Vollziehung des Waffenstillstandes zu Malmoe vom 26. August d. J., soweit solcher
nach der gegenwärtigen Sachlage noch ausfuhrbar ist, nicht länger zu hindern.
2) Die provisorische Centralgewalt aufzufordern, die geeigneten Schritte zu thun, damit auf
den Grund der, dänischer Seits amtlich erklärten Bereitwilligkeit über die nothwendigen
Modifikationen des Vertrags vom 26. August d. J. baldigst eine Verständigung eintrete.
3) Die provisorische Centralgewalt aufzufordern, wegen schleswiger Einleitung von
Friedensverhandlungen das Erforderliche wahrzunehmen.
Franke. Droysen. Michelsen. Reergard.
Diese Anträge werden mit 257 Stimmen gegen 236 Stimmen angenommen. (Wieder mit 21 Stimmen
Majorität.)
Hierauf will man noch über den letzten Punkt des Minoritätsgutachten namentlich
abstimmen.
Vogt. Wir lassen den Antrag der Minorität auch nicht getrennt
abstimmen, es ist dies eine Ungerechtigkeit. Links lautes Geschrei: Fortgehen! Fortgehen!
v. Gagern behauptet mit seiner gewöhnlichen Parteilosigkeit, es wäre dies keine Trennung;
die Minorität hatte diesen Antrag als einen besonderen gestellt.
Juche und noch ein Anderer nehmen die beantragte namentliche Abstimmung zurück.
Vincke nimmt dieselbe wieder auf.
Soiron [welcher noch immer präsidirt]: Es muß namentlich abgestimmt
werden, weil man keine andere Abstimmung mehr sieht. [Tumult und Geschrei].
Die Abstimmung geht b i völliger Dunkelheit, Theilnahmlosigkeit und in Anwesenheit von kaum
300 Mitgliedern, hastig und ohne Ordnung vor sich. Der die selbst verließt die Namen. Geschrei
und Tumult vor der Kirche dringt in die finstern Räume und übertont die Stimme des Edlen. Man
hort das Heckerlied singen.
Resultat: der Antrag wird mit 205 gegen 165 Stimmen verworfen.
Bei Verkündigung des Resultats sind kaum 50 Abgeordnete anwesend. Die Uebrigen haben sich
einzeln salvirt, denn draußen wartet das Volk. Soiron schließt die Sitzung um 1/4 9 Uhr.
Montag Grundrechte
Um 1 Uhr in der Nacht wurde Generalmarsch geschlagen. Es setzte Kolbenstoße, Verhaftungen
und Hiebe ab. Die Aufregung ist auf einen hohen Grad gestiegen.