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Die Verhandlungen des National-Convents über Louis Capet, Exkönig
von Frankreich.
(Vergl. den Moniteur v. Jan. 1793.)
(Schluß von Nr. 19, 21, 22, 26.)
Seine-et-Oise — Lecointre: Louis ist der Verschwörung gegen den Staat
überführt; die Republik muß ihn verdammen. Ich stimme für den Tod.
Tallien: Louis hat französisches Blut vergossen; Montauban, Nimes, Jalès,
Nancy, das Marsfeld und der 10. August sind die unwiderleglichen Zeugen
seines Verraths. Das Gesetz hat gesprochen; das Interesse des Staates, das
Interesse des Volks verlangt seine Anwendung: ich stimme für den Tod.
Chenier: Ich hätte lebhaft gewünscht, nie über meinen Mitbürger den Tod
aussprechen zu müssen, und könnte ich mich einen Augenblick über meine harte
Pflicht hinwegsetzen, ich würde für die weniger schwere Strafe stimmen. Aber
die Gerechtigkeit, die Staatsgrundsätze, die Interessen des Volkes stehen
höher als meine persönlichen Abneigungen. Ich spreche die Strafe aus, welche
das Gesetzbuch vor mir ausgesprochen hat; ich stimme für den Tod.
Seine-inferieure — Lefebvre: Ich stimme für Einsperrung während des Kriegs
und Verbannung nach dem Frieden.
Delahaye: Einsperrung und Verbannung.
Seine-et-Marne — Bailly: Louis verdient den Tod. Aber in Rücksicht der
allgemeinen Sicherheit stimme ich für die vorläufige Einsperrung und für
ewige Verbannung zwei Jahre nach dem Frieden.
Tellier: Ihr habt Louis der Verschwörung schuldig erklärt. Ich stimme für den
Tod.
Somme — Dumont: Es heißt Louis große Ehre anthun, wenn man ihn als Bürger
erklärt. Die Bürger, welche Conspiration trieben, sind mit dem Tode bestraft
worden; ich stimme für den Tod.
Vendee — Morrisson: Ich würde über die Frage stimmen, wenn es sich blos um
eine Sicherheitsmaßregel handelte. Aber die Versammlung hat entschieden, daß
sie ein Urtheil spräche und ich glaube nicht, daß hier über Louis geurtheilt
werden kann. Ich enthalte mich der Abstimmung.
Gieard: Ich stimme für Einsperrung und Verbannung.
Garas: Den Tod.
Haute-Vienne — Lacroix: Einsperrung und Verbannung.
Yonne — Maure: Louis ist schuldig; wenn er tausend Leben hätte, sie würden
nicht hinreichen, seine Verbrechen zu sühnen. Ich stimme für den Tod.
Jacques Boilleau: Nicht ich erkläre mich zum Richter; es ist die
Volkssouveränetät, es sind die Umstände, die Staatsgrundsätze, welche mir
dies Amt auferlegt haben. Wo ein Verbrechen existirt, verlange ich Strafe,
nicht aus Rache, denn die Rache war nie eine Tugend und am wenigsten eine
republikanische, sondern aus Achtung für die Gerechtigkeit und zum Nutzen
der Moral. Ein entthronter König ist eine Appellation an die Ehre der andern
Könige; er kann durch eine geschickte Aufführung im Exil selbst die Völker
für seine Sache einnehmen. Aber wenn er seine Verbrechen unter dem Schwerte
des Gesetzes aushaucht, so setzt dieser Akt der Kraft eines freien Volkes
alle Despoten in Bestürzung; sie sind zu Boden geschlagen, vernichtet; sie
zittern sein Loos zu theilen und ihre herrschsüchtige Unternehmungslust ist
dahin, sobald sie die Völker bereit sehen, die Sturmglocke des Aufruhrs
gegen sie anzuschlagen und die Alarmkanone ertönen zu lassen.
Die Völker, welche bisher die Könige als heilige Wesen zu betrachten gewohnt
waren, werden sprechen, daß die Köpfe der Könige doch nicht so heilig seien,
da das Beil in das Fleisch ihres Nackens eindringt, und der rächende Arm der
Gerechtigkeit sie treffen kann; ihr werdet ihnen die Bahn der Freiheit
geöffnet haben.
Ich habe ein menschliches Herz, ich hege Abscheu vor Blut; um so mehr glaube
ich dem Vaterlande meine Liebe zu beweisen, wenn ich dennoch für den Tod
stimme.
Aisne. — Saint-Just: Louis war König; ich verurtheile
den Volksfeind zum Tode.
Condorcet: Jede Strafunterscheidung bei denselben Verbrechen ist ein Attentat
gegen die Gleichheit. Die Strafe der Verschwörer ist der Tod; aber diese
Strafe ist gegen meine Grundsätze. Ich werde sie nie aussprechen. Ich kann
auch nicht für die Einsperrung stimmen, denn kein Gesetz berechtigt mich
dazu. Ich stimme für die schwerste Strafe des Code, außer der Todesstrafe;
ich verlange, daß über Mailhe's Antrag diskutirt werde, denn er verdient
es.
Allier — Martel: Den Tod in 24 Stunden.
Ardennes — Menesson: Als strenger Republikaner und gewissenhafter Mandatar
habe ich zu prüfen, was unsere Grundsätze erheischen und was die Interessen
meiner Kommittenten gebieten; aus dieser Rücksicht verlange ich als
allgemeine Sicherheitsmaßregel die schnelle Austreibung der ganzen
verrätherischen und machiavellistischen Raçe der Bourbons. Ich stimme für
den Tod Louis', aber unter der ausdrücklichen Bedingung, daß seine ganze
Familie ausgetrieben werde.
Dubois-Crancé: Wenn ich glaubte, nur die Funktionen des Gesetzgebers zu üben,
würde ich nicht diese Tribüne besteigen; aber die Versammlung hat
beschlossen, daß sie definitive Richtergewalt habe. Nach diesem Beschluß,
dem ich Gehorsam schulde, kann ich mich in der vorliegenden Sache nur als
Richter betrachten. Ich stimme für den Tod.
Arriège — Vadier: Ich stimme für den Tod; ich bin hier nur als passives Organ
des Gesetzes.
Clauzel: Als Mandatar des Volks, bekleidet mit der vollen Ausübung seiner
Rechte, stimme ich für den Tod.
[0490]
Rhone-Mündungen — Barbaroux: Ich erkläre, daß ich frei stimme, denn nie
würden Mörder auf meinen Willen Einfluß üben. Louis ist der Verschwörung
gegen die Freiheit überführt, ich stimme für den Tod. In einigen Stunden
werde ich für die Austreibung der ganzen Raçe der Bourbons stimmen.
Finistère — Marec: Ich stimme für Einsperrung während des Kriegs und
Verbannung nach dem Frieden.
Der Namensaufruf ist geschlossen.
Der Präsident Vergniaud: Während das Büreau die Nachrechnung der Stimmen
vollzieht, will ich die Versammlung davon in Kenntniß setzen, daß zwei
Briefe eingelaufen sind, einer von den Vertheidigern Louis', der andere von
dem Minister des Auswärtigen, welcher ein Schreiben des spanischen Ministers
ankündigt.
(Ruf in allen Theilen des Saals, bei der Tagesordnung zu bleiben.)
Garan-Coulon: Ich glaube nicht, daß wir die spanischen Nachrichten zu hören
brauchen. Welcher Art auch die Depesche sei, sie darf keinen Einfluß auf uns
üben. Der Brief der Vertheidiger Louis' dagegen. …
Danton: Ich erinnere, daß bei Eröffnung des Namensaufrufes ‥‥
Garan: Ich habe meine Meinung noch nicht ausgesprochen.
J. B. Louvet: Du bist noch nicht König, Danton. (Heftiger Tumult.) Was für
ein Privilegium soll das sein? Ich verlange, daß der Erste, der einen Redner
unterbricht, zur Ordnung gerufen werde.
Danton: Ich verlange, daß der Unverschämte, der eben sagte, ich sei noch
nicht König, mit Verweis zur Ordnung gerufen werde … Wenn Garan das Wort vor
mir verlangt zu haben behauptet, trete ich es ihm ab.
Garan: Ich wiederhole, daß wir den spanischen Brief nicht zu hören brauchen.
Was die Vertheidiger Louis' betrifft, so glaube ich, daß ihr sie nicht
zurückweisen dürft, ohne eurem Urtheil den Schein von Parteilichkeit und
Leidenschaft zu geben.
Danton: Ich stimme ebenfalls dafür, daß wir die Vertheidiger Louis' hören,
wenn das Dekret erst verkündet sein wird; ich bin überzeugt, daß sie Euch
nichts Neues sagen, und daß sie eben so wenig Aktenstücke bringen, die
geeignet wären, Euren Beschluß zu ändern.
Was aber Spanien betrifft, so gestehe ich, daß ich erstaunt bin über die
Kühnheit einer Macht, welche sich nicht scheut, offenen Einfluß auf unsere
Berathung üben zu wollen. Wenn Jeder meine Meinung theilte, so würde man
hierfür allein schon Spanien den Krieg erklären. Wie! Man erkennt unsere
Republik nicht an, und will ihr doch Gesetze vorschreiben! Man erkennt sie
nicht an, und will an den Abstimmungen ihrer Repräsentanten Theil nehmen!
Bürger, verwerft alle schamlose Anträge; nichts von Unterhandlungen mit der
Tyrannei; zeigt euch würdig des Volks, welches euch sein Vertrauen geschenkt
hat und das auch seine Repräsentanten richten wird, wenn seine
Repräsentanten es verrathen. (Gensonne erscheint auf der Tribüne. Ruf nach
der Tagesordnung.)
Gensonne: Ich glaube, wie Danton, daß die Vertheidiger Louis' erst gehört
werden dürfen, wenn das Resultat der Abstimmung verkündet worden ist. In
Betreff Spaniens ergreife ich diese Gelegenheit, um die Versammlung zu einem
ihrer würdigen Beschluß aufzufordern. Ich verlange, daß über den Brief, den
man ankündigt, zur Tagesordnung übergegangen werde. (Mehrere Stimmen:
Unterstützt! Unterstützt!)
Robespierre: Ich bin der Meinung, und die Versammlung scheint mir ebenfalls
davon überzeugt, daß bevor die Vertheidiger Louis' gehört werden, das Dekret
verkündet werden muß. Aber ihr dürft nicht jetzt schon beschließen, daß ihr
sie noch hören wollt; diese Bestimmung wäre eben so sehr den Grundsätzen,
wie dem dringenden Interesse der Freiheit entgegen. Sie wäre den Grundsätzen
entgegen; denn wenn ein Dekret verkündet ist, darf kein Mensch gegen seine
Anwendung reklamiren (Murren), zumal wenn durch dies Dekret die
Volksrepräsentanten die Todesstrafe eines Tyrannen verkünden. Ich
wiederhole: es kömmt weder einem Tyrannen, noch seinen Vertheidigern, noch
einem Bürger zu, eine Reklamation zu erheben. Wenn ihr ein solches Verfahren
dulden würdet, wäre es euch unmöglich, die Erfüllung eines Beschlusses
vorauszusehen, denn es würden sich jeden Tag, unter jedem Vorwand die
kleinlichsten Intriguen gegen euch erheben; man müßte wieder von vorn
anfangen, und immer wieder auf's Neue anfangen. Auch würdet ihr nie zu dem
großen Ziel kommen, welches ihr erreichen müßt, und welches Frankreich von
euch erwartet. Wir würden nichts gethan haben, und die Feinde der Freiheit
würden neue Hoffnung auf einen Sieg erhalten. Die Prinzipien selbst, welche
euch bei euerm Urtheil geleitet, verbieten euch, die Vertheidiger Louis' zu
hören; ihr dürft keine neue Frage mehr gestatten. Ich verlange, daß der
Präsident das Resultat verkünde und daß die Versammlung über den Antrag, die
Vertheidiger Louis' zu hören, zur Tagesordnung schreite.
‥‥ (Die Diskussion ist geschlossen.)
Der Präsident: Bürger, ich habe das Resultat der Abstimmung zu verkünden. Ihr
übt einen großen Akt der Gerechtigkeit; ich hoffe, daß die Menschlichkeit
euch die tiefste Ruhe beobachten läßt. Wenn die Gerechtigkeit gesprochen
hat, tritt die Menschlichkeit an ihre Stelle.
Von den 745 Mitgliedern des Convents ist einer gestorben, sechs sind krank,
zwei sind abwesend ohne Entschuldigung und im Protokoll vermerkt; eilf sind
im Auftrag abwesend; vier haben sich der Abstimmung enthalten; es bleiben
721 Stimmende.
Die Majorität ist 361.