[0471]
Beilage zu Nr. 93 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Sonntag, 3. September 1848.
[Deutschland]
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@facs0471
Aber freilich! Soldaten aus Schweidnitz, Düsseldorf u. s. w. könnten erfahren wie ihre Kameraden in ihrer Heimath gewirthschaftet haben und das würde schlechten Geist setzen. Die Dänische Armee wird ganz anders behandelt. Die Zeitungen werden der Armee gratis und portofrei zugeschickt, und der Generalstab dankt fast täglich in den öffentlichen Blättern für solche den gemeinen Soldaten dadurch erwiesene Aufmerksamkeiten.
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@facs0471
Schleswig-Holstein.
Durch einen Erlaß der provisorischen Regierung vom 30. d. wird die Landesversammlung auf den 4. Sept. einberufen.
Französische Republik.
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@facs0471
[ 16 ] Paris, 31. August.
Die schöne Saat geht schon auf: in Montpellier ist eine Legitimistenrevolte losgebrochen, der Präfekt und der Gensd'armenoberst sind stark verwundet. Aber was ist das im Vergleich zur Abendgesellschaft bei Bürger Marrast, bei Bürger Cavaignac! „da sieht man wieder glänzende Toiletten, jubelt der krämerische „Siecle“, und dies beweist die Rückkehr des durch das rothe Provisorium verscheuchten Zutrauens, Handel und Wandel beglücken bald auf's Neue unsere fleißigen Familien, und die von Luxusarbeit lebenden Ouvriers von Paris werden nicht mehr den tollen Einflüsterungen der Unheilsvögel Gehör schenken wollen.“ Der „Constitutionnel“ ist entzückt über die Aussicht auf Frieden; nur das „Debats“ bringt heute einen unangenehmen Artikel, aus dem eine Art von Intervention gegen Oestreich hervorguckt. Dieses Blatt ist offenbar wieder, seit König Rothschild auf's Neue florirt, mit mehr oder minder offiziellen Mittheilungen versehen. Darum wird es auch nicht „supprimirt“ werden, während, sagt man, dem „Constitutionnel“ dies Schicksal nahe bevorsteht; item der „Democratie pacifique“ und „La Reforme“. Cavaignac will sich durchaus allseitig verhaßt machen. Als wenn die supprimirte karlistische „Gazette de France“ nicht unter dem Titel: „Le Peuple Français“ seit dem selbigen Abende weiter erscheint! als wenn Proudhon's Blatt nicht dieser Tage unter dem Titel: „Journal du Peuple“ wieder hervortreten wird! Jetzt läßt die Cavaignac'sche Klique (d. h. die Militärpartei) ein miserables Flugblatt ausrufen, wo Napoleon im Elysium mit Godefroy Cavaignac und dem Bourgeoisrepublikaner A. Carrel, diesem Hauptgötzenbilde des „National“, den General zum Präsidenten der Republik vorschlägt und ruft: „Welch großer Ritter der Freiheit, dieser Cavaignac! sein Motto ist: weder Anarchie noch Reaktion! er wird bald Amnestie für die armen Teufel von den Barrikaden geben, aber unnachsichtlich ihre Verführer niederschmettern. Wie sanft war seine Sprache zu den Insurgenten! er hat seine Arme ihnen geöffnet, und nach wenig Tagen wird er auf die Begnadigung antragen“ u. s. w. — „Nämlich um den Bonaparte nachzuäffen und auch dessen schließliches, skandalöses Ende zu erfahren“ (ergänzt der „Peuple souverain“); „wir prophezeien dieser militärischen, dem Zeitgeiste ganz fremdgebliebenen, verstockten Partei der republikanischen und quasirepublikanischen Paladine einen noch weit trübseligern Ausgang als Anno 1815. In des großen Robespierre's Zeit guillotinirte man alle Woche einen oder zwei rebellische Generale, das war vielleicht zu viel, vielleicht sogar zu wenig. So lange die tapferste Klinge nichts ist als ein rohes Stück Eisen, ohne Sinn und Verstand und soziales Talent, wird sie immer in Gefahr schweben unter den Hammer eines Schmied's zu fallen, der sie zusammenschlägt wenn's ihm beliebt; die Herren mit den Goldepauletten rasen vor Zorn ob dieses unseres Wortes, aber sie haben ein simples Mittel dem Geschicke eines Cüstine u. s. w. zu entgehen: mögen sie edel, brav, freiheitsmüthig werden wie der unsterbliche Husarengeneral Marceau, wie der große Hoche, wie der reine Desaix; das sind ihre ächten Muster im Republikanismus. Wollt ihr Herren 1848 einen neuen Bonapartismus oder Cromwellismus spielen? gut, wir nehmen die Partie an. Aber wo ist, ihr Herren, die Granitkolonne heute? wo sind die puritanischen Dragoner? Geht doch, ihr elendesten aller Kopisten; wir beobachten euch.“
Der Grimm des Pariser, Lyoner, Rouenner Arbeitervolks gegen diese „Säbel- und Auditeurherrschaft“ ist gränzenlos; in Lyon schrie man bereits: „gebt uns Arbeit und Cavaignac's Kopf dazu“; in Paris gilt es bei den Ouvriers für ausgemacht, daß binnen 6 Monaten Mord und Todschlag in den Reihen der uniformirten Nationalgarde wüthen wird. Das verpfuschte Gesetz wegen der Akkordirungen zwischen Schuldner und Gläubiger trägt bereits saure Früchte; vorige Woche fallirten zehn Häuser durch die an zweihundert „kleine Leute“ mitgerissen werden; auch hat diese kleine Bourgeoisie keine große Liebe mehr zu der Rechten in der Kammer, es geht jetzt an den Geldsack. Viele Bauern scheinen im Ernst zu glauben Proudhon's Vorschlag, den er boshafter Weise in Form eines Dekretes gekleidet hatte, sei adoptirt; hie und da wird die Pacht von ihnen verweigert und namentlich in der Normandie ist der ergötzliche Fall vorgekommen, daß einige erklärten: „Was Proudhon sonst noch dozire sei ihnen völlig gleichgültig; sei es ungesetzlich oder schlecht so möchten es die Herren Bourgeois widerlegen und bestrafen; aber seine Verringerung der Pacht sei richtig, und wenn Proudhon ferner dergleichen aussönne, dann würden sie ihn beschützen kommen.“ So zieht sich denn auch von Seiten des vielbelobten „biedern, ruhigen“ Landmannes, dessen „gesunder Sinn stets allem Wirrwarr fern blieb,“ (d. h. bis anher die Zinsen von 15 Milliarden Hypotheken aufzubringen so gütig war) ein unerhörtes Donnerwetter über die Köpfe der Kapitalherren zusammen. „Von der Stunde an, sagt „Le Constituant,“ wo dem unter der Hypothekenbürde keuchenden s. g. kleinen Landbesitzer, der aber nicht nur nichts in Wirklichkeit besitzt, sondern besessen wird, die Schuppen vom Auge fallen und er die eiserne Hand brüderlich dem Städtearbeiter, dem vielverschrieenen Kommuniß entgegenstreckt: ist es aus mit der Despotie der Schmarotzer, die kaum 2 Mill. Köpfe stark, über unsere gallischen Lande herrschen. Und wenn Jaques Bonhomme (Spitzname des französischen Bauers) heute sich wieder erhebt, ei dann sollt ihr euer blaues Wunder sehen, noch blauer als 1790 und vor 500 Jahren in dem großen Bauernkriege; dann bläst er euer ganzes legitimistisches Kartenhaus um sammt dem verschnörkelten Code, und Hypotheken und Pacht verfliegen in Nebel. Dann wird er aber wohl nicht mehr bieder und ruhig heißen, der Jaques Bonhomme?“ Sehr herb aber richtig bemerkt ein anderes Departementsblatt: „Daß sich Proudhon irrt, wenn er meint, der Zinsfuß werde einst von selbst auf Null sinken, ist klar; aber was scheert uns diese theoretische Wortklauberei? Genug, er hat die wunde Stelle berührt, der diabolische Hexenmeister, und die Herren des Kapitals und der Rente, diese faulenzenden Genießer fremder Arbeit, d. h. fremden Eigenthums, sind konvulsivisch in die Höhe geflogen, als hätte er sie mit dem Glüheisen betupft; wir wissen jetzt daß auch diese irdischen Götter gar empfindliche Nerven haben, sie, die bisher immer so unerschüttert, so großartig pflegmatisch und philosophisch einherwandelten.“
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@facs0471
[ 12 ] Paris, 31. August.
Wie man weiß, hieß es so ziemlich allgemein, der „Constitutionnel“ solle das Schicksal des „Lampion“ und der „Gazette de France“ theilen, d. h. er solle suspendirt werden. Der „Constitutionnel“ erschien fort, aber in einer veränderten Gestalt, er erschien wie die „Presse,“ im verwaisten Zustande, ohne leitende Artikel, ohne Farbe; der „Constitutionel“ hörte auf „Constitutionnel“ zu sein; er war nunmehr Tagesblatt, ein Blatt der Tagesneuigkeiten und der parlamentarischen Verhandlungen ohne allen Kommentar. Ueber das wahre Bewandniß der Sache gibt uns der „Drapeau National“ folgende Aufschlüsse:
Vor einigen Tagen wurde dem General Cavaignac die Protestation der verschiedenen Journale überreicht. Der General beantwortete dieselbe mit einer militärischen Unbefangenheit, die alle Anwesenden in Erstaunen gesetzt.
„Ihr Gesuch, meine Herren, macht Ihnen Ehre; Ihre Pflicht gebietet Ihnen zu protestiren, wie die meinige mir gebietet zu suspendiren. Ich werde auf gleiche Weise mit dem „Constitutionnel“ verfahren, wenn er seine Angriffe auf die Republik nicht einstellt. Ich habe bereits auf freundlichem Wege den Redakteurs dieses Journals meine Absichten wissen lassen; und wenn sie ferner fortfahren im Interessen einer Dynastie zu schreiben, der ich mir zwar zur Ehre anrechne gedient zu haben, aber mit der ich fortan nichts mehr zu thun haben will, weil Frankreich nichts mehr mit ihr zu thun hat, so werde ich keinen Anstand nehmen, den „Constitutionnel“ zu suspendiren.“
Diesen „freundlichen Mittheilungen zufolge hat der „Constitutionnel“ seine raisonirenden Artikel eingestellt, und zu seiner Rechtfertigung läßt er am Anfang des Journals den Vorschlag des Herrn Crespel de Latouche abdrucken.
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@facs0471
Paris, 31. Aug.
Karl Albert hat, versicherte man gestern in den Konferenzsälen der Nationalversammlung, in aller Stille eine bewaffnete Intervention nachgesucht. Unser Exekutivausschuß, dieses Mal weniger bedenklich, soll ihm dieselbe zugestanden haben. Es würden zunächst aber nur einige Regimenter in Piemont einrücken, bloß um den Wienern Angst zu machen und sie zur Mediationsannahme zu zwingen.
— Der National räth in einem langen Artikel den Oestreichern, die franz.-englische Vermittlung anzunehmen. Er sagt: Das siegreiche Oestreich glaubt sich ohne Zweifel wieder gesetzlich in den Besitz der Lombardei zurückgetreten, wie in ein altes Recht. Es kann ihm belieben, die Dazwischenkunft jeder fremden Macht als überflüssig, und seine Wiederbesitznahme als eine vollbrachte Thatsache zu betrachten. Aber wir sagen ihm, daß es sich gewaltig täuscht, wenn es dies glaubt. Die Wiener Verträge (von 1815) existiren nirgends mehr, selbst nicht in Wien. Oestreich hält Oberitalien militärisch besetzt, aber es besitzt es nicht mehr. Er weist dann nach, daß die Stellung der Oestreicher in der Lombardei keineswegs so hoffnungslos ist, als es scheint, und räth Oestreich, den rechten Augenblick zu Unterhandlungen nicht vorüber gehen zu lassen.
— Vorige Nacht rollte ein neuer Zug Juni-Räuber auf der Rouenerbahn dem Hafen von Havre zu.
— Barbes, Blanqui, Albert, Courtais, kurz der ganze 15. Mai wird in der ersten Hälfte des Oktober vor den Assisen gerichtet.
— Lamartine's Broschüre „Briefe an die Wähler der 10 Departements, die mich gewählt haben,“ ist erschienen.
Das neue Blatt le peuple français (statt Gazette de France) tst vor das Zuchtgericht gerufen, weil es erschienen ohne Caution zu leisten.
— Alton Shee, Benjamin Delessert und mehre Andere, treten als Kandidaten der Septemberwahlen auf.
Nationalversammlung. Sitzung vom 31. August. Anf. 2 1/4 Uhr Präsident Marrast. Die Versammlung nimmt ohne alle Diskussion eine Menge von Gesetzvorschlägen an, welche die Städte Amiens, Chateauroux, Epinal, Versailles u. s. w. ermächtigen, sich unter gewissen Bedingungen außerordentliche Steuern aufzuerlegen zur Tilgung von Kapitalien, die sie aufzutreiben sich gezwungen sehen, um ihre brodlosen Arbeiter zu beschäftigen.
Hiernächst zieht der Präsident die monatlich vorgeschriebene Erneuerung der Bureaux durchs Loos.
Tagesordnung: Fortsetzung der gestern abgebrochenen Debatte über Abschaffung des Dekrets vom 2. März 1848, das die Zahl der Arbeitsstunden auf 10 täglich festsetzt.
Charles Dupin ergreift das Wort, um die Angriffe Pierre Leroux' gegen Staat, Regierung, Gesellschaft, Privatindustrie etc. zu widerlegen. Diese Widerlegung erscheint ihm um so nothiger, weil die socialistische Ideen keine bloße Theorie mehr seien, sondern sie hausten jetzt in den Köpfen des Armen; sie seien von der Theorie zur Doktrin geworden.
Zunächst wird man uns, den Bekämpfern des Socialismus, zugestehen, daß wir den Predigern desselben, z. B. den HH Pierre Leroux, Proudhon, Louis Blanc und einigen andern Aposteln (man lacht) die unumwundenste Redefreiheit zugestanden haben. Alle Welt hat ihnen ruhig zugehört und es ist Niemanden eingefallen, einen Stein gegen sie zu erheben. Aber sobald diese Lehren vor den Schranken des gesetzgebenden Staatskörpers auftreten, sobald sie das ganze Land in Feuer und Flamme zu versetzen im Stande sind, dann muß man sie ernstlich bekämpfen. Namentlich ist dies unsere Pflicht, wir, die wir uns mit sozialistischen Studien ernstlich beschäftigen. Der Redner tritt nun in eine ökonomische Beleuchtung der französischen Produktionsverhältnisse, die wir dem Leser gern erlassen wollen, weil sie nichts Neues bietet. Von 14 Stunden Arbeitszeit sei die Dauer auf 12 und seit dem Februar auf 10 geschmolzen. Kürzere Arbeitszeit und höherer Lohn sei ein Unding für die heutige Absatzweise.
Gambon wundert sich, daß kein Glied der provisorischen Regierung den Muth habe, das bedrothe Dekret zu retten. Er hofft, Marrast werde von seinem Präsidentenstuhle herabsteigen, um es zu vertheidigen.
Marrast, statt zu antworten, giebt das Wort Hrn. Wolowski, der in seiner gewohnten Weise von der Freiheit der Konkurrenz, der Freiheit der Arbeit u. s. w. dozirt.
Senard, Minister des Innern: Die Regierung erklärt hiermit, daß sie das Deder provisorischen Regierung vom 2 März bekämpft. Sie bekämpft aber auch ebenso sehr die Erläuterungen der Freihandelsschule, die Hr. Wolowski gegen das Dekret geltend gemacht. Die Arbeitsstunden in einer absoluten Weise festhalten zu wollen, sei unsinnig. Die Regierung wisse sehr wohl, daß die Konkurrenz manches Fabrikanten zu unvernünftiger Ausbeutung seiner Arbeiter gestiegen. Diesem Mißbrauche wolle sie entgegensteuern. Sie schließe sich daher dem Amendement Alcan's an, das die Arbeitsdauer auf 12 Stunden feststelle. Wollen Fabrikanten in Uebereinstimmung mit ihren Arbeitern diese Zahl überschreiten, so haben sie hierfür die Genehmigung der Behörden einzuholen. Sonst verfallen sie in Strafe.
Leon Faucher: Ich bewundere den Hrn. Minister auf demselben Feld zu treffen, wie Pierre Leroux. Leroux beschränkt die menschliche Freiheit, der Minister ebenfalls, nur weniger hart. Warum 12 statt 10 Stunden? Wenn Ihr die Stunden regelt, müßt Ihr auch die Lohnhöhe regeln und dann verfallt Ihr in die gefährliche Charybdis der Arbeitsorganisation. Was zu regeln erlaubt, besteht höchstens in der Arbeitsdauer fur Kinder. Sonst muß der Produktion freier Lauf gelassen werden.
Brunet stimmt für Annahme des Alcanschen Amendements, das die Regierung zu dem ihrigen gemacht.
Pascal Duprat (Berichterstatter) resümirt die Diskussion. Das Märzdekret habe die Nationalwerkstätten geboren, die jährlich 750 Millionen gekostet haben würden. (Oh! Oh!) Es müsse abgeschafft werden.
Die Zusätze werden an den Ausschuß verwiesen.
Vaulabelle (Unterrichtsminister) legt ein Gesetz rücksichtlich der Verwaltungsschulen vor.
Recurt ein ähnliches Gesetz von persönlichem Interesse.
Um 6 Uhr geschlossen.
Donaufürstenthümer.
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@facs0471
Bucharest, 16. August.
So eben erhalten wir amtliche Depeschen des türkischen Kommissärs, Suleiman Pascha. Der Sultan hat unsere neue Verfassung definitiv anerkannt und morgen trifft der Pascha selbst ein, um der provisorischen Regierung Glück zu wünschen. Von hier reist er dannnach der Moldau, wo die Hoffnungen freilich durch die russischen Truppen niedergehalten werden. Die an den Ufern der Donau liegenden türkischen Truppen hat Suleiman der provisorischen Regierung zur Verfügung gestellt.
[(Sp. Z.)]
Italien.
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@facs0471
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 3. September 1848. In: MEGA2 I/7. S. 647.]
[ * ]
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@facs0471
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 3. September 1848. In: MEGA2 I/7. S. 647.]
[ * ] Neapel, 14. August.
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@facs0471
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 3. September 1848. In: MEGA2 I/7. S. 647.]
[ * ] Neapel, 18. August.
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Großbritannien.
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@facs0471
[ * ] London, 31. August.
Nach Hrn. Disraeli sprach gestern im Unterhause Lord John Russel. Wenn Hr. Disraeli geklagt habe, daß es jetzt keine regelmäßige organisirte Parthei im Hause gebe, so sei das nicht die Schuld des Ministeriums.
Hume freut sich, daß die alte aristokratische Parthei die bisher über das Land geherrscht, vernichtet sei. Hr. Osborne meint, dem Volk außerhalb des Hauses sei der Hahnenkampf zwischen Disraeli und Lord John höchst gleichgültig. Wenn man alles zusammenrechne, so hätten die Reden der beiden Herren allein 5 Wochen von der Session ausgefüllt. Schließlich hofft er, daß Lord J. Russell nach seinem Besuche in Irland endlich die in Betreff jenes Landes so lange gehegten Reformpläne ausführen werde. Nachdem eine Menge Bills abgethan worden, vertagte sich das Haus.
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@facs0471
[ * ]
Lord J. Russel ist heute nach Irland abgereist. Das Parlament wird wahrscheinlich am 5. September vertagt werden. Von den letzthin verhafteten Chartisten wurden heute 31 vor die nächsten Assisen verwiesen.
An Aufbringung von Bürgschaften war bei ihnen nicht zu denken. Bevor man sie aus dem Polizei-Arrest nach Newgate schaffte, erhielten ihre Frauen und Anverwandten Erlaubniß mit ihnen zu sprechen.
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@facs0471
[ 68 ]
Aus eben erschienenen Parlamentsberichten über das englische Armenwesen ergiebt sich, daß während des mit dem 25. März 1846 abgeschlossenen Jahres blos in England und Wales 1,145,697 Personen, und von da ab bis zum 25. März 1847 nicht weniger als 1,471,133 Personen Armenunterstützung erhielten. Die Kosten waren resp. 4,373,742 Pfd. Sterl. und 4,674,569 Pfd. Sterl.
Amerika.
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@facs0471
[ * ] New-York, 16. Aug.
Gestern vertagte sich der Kongreß. Unter den letzten legislativen Maaßregeln befindet sich die Bill, welche die Einrichtung einer Regierung im Oregon betrifft. Sie hat bereits die Unterschrift des Präsidenten erhalten. In ihr wird die Sklaverei für das Oregongebiet ausdrücklich verboten. Damit ist die Bestimmung von 1787 festgehalten, durch welche die Sklaverei in allen Gebieten nordwestlich vom Ohio für immer untersagt wurde. Im Senat war der Kampf in Betreff dieses Punktes sehr heftig. Die Sklaven-Partei wollte das Verbot der Sklaverei durchaus weggelassen haben. Allein das Repräsentantenhaus war unbeugsam und erklärte, daß Oregon eher ohne Regierung bleiben müsse, als daß von jenem Artikel abgegangen werden könne. Was die neuen, von Mexiko abgetretenen Provinzen angeht, so verharren sie in einer exzeptionellen Stellung. Eine Regierung für diese Länder, die nun durch Vertrag amerikanisch sind, ist noch nicht eingerichtet. Die Ursache ist die Sklavenfrage; hier ist der Stein des Anstoßes. Eine große Zahl Senatoren und Repräsentanten werden sich jeder Bill widersetzen, die z. B. in Neu-Mexiko die Sklaverei verbieten wollte. Somit bleibt die bisherige unregelmäßige Form der Verwaltung dieser Länder in Kraft. In einer Botschaft an den Kongreß, welche die Oregonbill zurückbegleitete, erklärt der Präsident, daß er einer Bill, welche für Kalifornien, Neu-Mexiko etc. die Sklaverei verbieten wolle, seine Zustimmung versagen würde. Dies erfordere die Gerechtigkeit gegen den Süden, und nur die strenge Festhaltung an dem Missouri-Compromiß werde die Schwächung der Unionsbande zwischen dem Norden und Süden verhindern. — Die Agitation wegen der nächsten Präsidentenwahl steigt von Tage zu Tage. General Taylor hat erklärt: „Ich bin kein Parteikandidat, und trifft auf mich die Wahl, so werde ich nicht der Präsident einer Partei, sondern des ganzen Volkes sein. Die Abolitionisten haben [0472] ihre Kandidatenliste durch die Namen: Martin van Büren und F. Adams vervollständigt. — Die Nachricht von einem Aufstande auf Cuba hat sich jetzt als völlig ungegründet erwiesen.
Aus Pernambuco wird vom 26. Juli gemeldet, daß es dort zwischen Portugiesen und Brasiliern zu einem blutigen Konflikt gekommen, bei dem Viele der Ersteren getödtet wurden.
Belgien.
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@facs0472
[ S ] Antwerpen, 31. August.
Die Verurtheilung der Angeklagten erregt in ganz Belgien die trauerigste Stimmung. Der Prozeß Risquons-Tout fing an mit einer Komödie und hört auf mit einem Drama. Die Reden des Prokurators Bavay waren das Komische in der Verhandlung; das Ja der Jury ist das Tragische. Wer hätte gedacht, daß hinter den komischen Scenen, die der Prokurator während 19 Tage theilweise aufführen ließ, theilweise selbst aufführte, der Henker mit seinem Beile lauerte. Wer hat nicht herzlich gelacht, als der Prokurator uns das Estaminet „Union“ als das General-Quartier einer Verschwörung zeigte, deren Lenker in unsichtbarer Verbindung mit Risquons-Tout gestanden haben sollen? Wer hat nicht noch herzlicher gelacht, als der Prokurator dieser „Verschwörung“ eine Wichtigkeit verleihen wollte, indem er Männer wie Ledru-Rollin und Causidière in die Verschwörung hineinzog? Es fehlte weiter nichts, als eine „provisorische“ Regierung zu dem vermeintlichen Complot; glücklicher Weise finden sich einige Namen mit Bleistift geschrieben, und diese Liste zeigt uns die Republik mit ihren Leitern schon fertig ausgearbeitet. Das war das beständige Thema des Prokurators, der von den Advokaten Faider, Picard und Gendebien auf's schmählichste verspottet wurde. Allgemein erwartete man, daß der Prokurator durch das Urtheil der Jury zum Gespött von ganz Belgien würde. Dem war nicht so. Die Geschworenen waren Figuranten, wahre Drahtpuppen, deren Bewegung unsichtbar durch die Hand des Prokurators geleitet wurde. Ihr Stillschweigen während der ganzen Verhandlung kam daher, daß sie kein Französisch zu sprechen verstanden, und als sie zum ersten Mal den Mund öffneten, um Ja zu sagen, wußten sie selbst nicht, daß dieses Ja ein Todesurtheil war.
Uebrigens war Herr Bavay, als bekannter Holländerfreund, im Jahre 1831 nahe daran, vor die Jury belangt zu werden in demselben Antwerpen, das Mellinet von Holländern gesäubert, und das jetzt unter Bavay's Anwaltschaft Mellinet verurtheilt.
Nachtrag.
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@facs0472
Frankfurt, 1. Septbr.
In der heutigen 70. Sitzung der Reichsversammlung wurde durch eine von dem Reichsminister der auswärtigen Angelegenheiten gegebene Erklärung in Betreff der Limburger Frage eine mehrstündige Debatte herbeigeführt. Der Abg. Wernher hatte beantragt: Die Nationalversammlung wolle beschließen, daß die betreffenden Papiere auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden sollen, und zugleich aussprechen, daß das Ministerium des Auswärtigen in dieser Sache nicht den Grad von Beflissenheit bewiesen habe, den es hätte beweisen sollen. Von dem Abg. Eisenmann war dagegen auf einfache Tagesordnung, von andern Mitgliedern auf motivirte Tagesordnung angetragen. Die einfache Tagesordnung wurde mit 213 gegen 197 Stimmen verworfen, dagegen der Antrag Stedtmann's angenommen: in Erwägung, daß die eingetretene Verzögerung des diplomatischen Verkehrs mit dem Auslande durch die gegebenen Erläuterungen des Ministeriums hinlänglich gerechtfertigt sei, zur motivirten Tagesordnung überzugehen.
Erwiderung.
@typejAn
@facs0472
Die Breslauer Zeitung läßt sich in Nro. 201 aus Berlin schreiben, Ritter Schnapphahnski habe eine Menge Aktien auf die „Neue Rheinische Zeitung“ genommen und deshalb hätten die Feuilletons-Artikel über ihn aufgehört, weil eine Zeitung unmöglich gegen ihre eignen Aktionäre polemisiren könne. Die angeblich demokratische Düsseldorfer Zeitung hat sich gemüßigt gesehen diese Insinuation in ihre Spalten aufzunehmen. Mag in Berlin gefabelt werden was da will, eine Schlesische Zeit mußte wissen, daß diese Behauptung eine Lüge war und warum sie es war. Die perfide Insinuation kommt aber leider zu spät. Schon Nro. 92 der N. Rhn. Ztg., die längst vor Ankunft der Nro. 201 der Bresl. Ztg. ausgegeben wurde, enthält die Fortsetzung des besagten Feuilletons. Die Neue Rheinische Zeitung ist übrigens ein Parteiblatt und hat bereits hinlänglich den Beweis geliefert, daß sie nicht käuflich ist.
Die Geranten der Neuen Rheinischen Zeitung.
Aufruf an alle freisinnigen Deutschen.
@typejAn
@facs0472
Brüder, Republikaner! Wir brauchen es Euch nicht zu sagen, denn Ihr wißt es, wie so viele redlich gesinnte Vorkämpfer der Freiheit, als Flüchtlinge im Exil weilen, und jetzt in Frankreich oder der Schweiz ein Asyl gesucht und gefunden haben; — ein Asyl, das sie schützt vor der Anmaßung und den rohen Angriffen der Polizeigewalt in der Heimath. — Ihr wißt es, wie jene edlen Jünglinge, jene edlen Männer entflammt von dem heiligsten, dem glühendsten Streben nach Freiheit, sich zusammengeschaart, und mit Hecker, dem hochherzigen Hecker, an der Spitze mit bewaffneter Hand, die Sklavenketten zu brechen versucht haben, — jetzt aber ihr kühnes Unternehmen mit Verbannung büßen müssen. Das aber mögt Ihr nicht wissen, daß die meisten, ja fast alle diese Men'chen hier in Frankreich wie in der Schweiz ein elendes Leben fristen, unter einem schrecklichen Loose seufzen, unter dem Loose der tiefsten Armuth der grenzenlosesten Entblößung von Allem.
Baarfuß und mit Hadern bedeckt, irren sie auf den Landstraßen umher, oder liegen siech in den Spitälern krank und verkommen durch die erduldeten Entbehrungen und Strapazen. Arbeiten wollten sie gerne, wenn nur Beschäftigung zu finden wäre, — die Zeitungen melden ja täglich neue Tumulte, von hungernden, arbeitslosen französischen Arbeitern.
Darum Ihr deutschen Männer und Freunde rufen wir Euch mahnend zu: „Wollt Ihr noch Anspruch machen, auf den Namen von Republikaner, wollt Ihr Euch noch wahre Patrioten nennen, so bethätigt Eure republikanische Gesinnung; hier ist Gelegenheit dazu!“ Spart Euch ein Jeder ein Scherflein ab, und legt sie zusammen.
Unterstützt Eure auf fremder Erde herumirrenden Brüder; laßt diejenigen nicht verhungern, welche ihre Existenz für die gute Sache geopfert, ja ihr Leben für dieselbe eingesetzt haben! — Noch einmal donnern wir es Euch in die Ohren und hoffen daß unsere Stimme einen Wiederhall in Euren Herzen finden werde: „Bethätigt Eure freie Gesinnung! Schnelle Hülfe ist doppelte Hülfe.“
Straßburg, am 22. August 1848.
Das Unterstützungs-Komite für deutsche republikanische Flüchtlinge
Jansen. J. Albert. Heinkelmann. O. Dietz. Ph. Betz.
Die verehrl. Redaktionen freier Blätter werden gebeten, vorstehendem Aufrufe eine Stelle in ihren Spalten zu öffnen.
Briefe, Gelder und Kleidungsstücke wolle man unter obiger Adresse hierher an Gasthaus „zum rothen Männel“ schicken.
@typejReadersLetters
@facs0472
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@typejArticle
@facs0472
Das Gesetz über die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatze des bei öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens.
[Von M. Rittinghausen.]
Das Ministerium Hansemann-Auerswald verirrt sich immer mehr in den alten Staat zurück, welchen die März-Revolution zu stürzen versucht hat. Ueberall taucht wieder das verderbliche Bestreben auf, Alles zu regeln und Alle für Alles verantwortlich machen zu wollen, was sich im Leben regt und bewegt. Einen unermeßlichen Schritt in dieser Richtung bildet auch der Gesetzvorschlag über die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatze des bei öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens.
Es thut mir wirklich leid, daß die Gründe nicht veröffentlicht worden sind, welche das Ministerium veranlaßt haben, einen vor dem Rechtsgefühl so wenig haltbaren Gesetzentwurf auf das Büreau der Vereinbarer-Versammlung niederzulegen. Diese Gründe müssen jedenfalls ein Wunder polizeilicher Spitzfindigkeit sein. Da wir indessen noch nichts Näheres über sie erfahren, so ist es mir weit angenehmer, das Ministerium einer unvorsichtigen Nachahmung dessen zu zeihen, was sich in einem Nachbarstaate — wenn auch in höchst zweifelhafter Geltung — vorfindet.
Allerdings besteht eine gewisse Solidarität aller Mitglieder einer Gemeinde; aber diese Solidarität dahin ausdehnen wollen, daß die ganze Gemeinde für den aus dem tumultuarischen Handeln eines kleinen Haufens entstehenden Schaden verantwortlich sein soll: das heißt in der Uebertreibung doch etwas zu weit gehen; besonders wenn man bedenkt, daß in einer Emeute oft meistens nur fremde, der Gemeinde nicht angehorige Personen thätig gewesen sind. Warum soll der ruhige Kölner seinen Beutel ziehen, wenn einige hundert seiner Mitbürger ohne sein Zuthun, ohne sein Wissen, ja gegen seinen Wunsch irgendwo Scheiben eingeworfen oder Mobel zertrummert haben?! „Weil er den Tumult nicht verhindert hat!“ sagt man; aber trifft denn die Entschädigung nicht auch Die, welche physisch nicht einmal im Stande waren, einer Emeute entgegenzutreten!? fällt sie nicht auch auf die Nicht-mitglieder der Bürgerwehr, auf die Kranken, Wittwen und Waisen zurück!? Man merke sich wohl, daß es der eigentliche Zweck des Gesetzes nicht ist, die unschuldigen Opfer der Volkswuth zu entschädigen: denn dann würde noch wohl vorher in jedem einzelnen Falle zu untersuchen sein, ob der Beschädigte nicht wirklich den Ausbruch des Volkszornes sich selbst zuzuschreiben habe. Und wie könnte man überhaupt z. B. einen reichen Unschuldigen auf Kosten armer Unschuldiger, d. h. auf Kosten aller armen Gemeindeglieder entschädigen wollen!? Das Gesetz hat blos einen politischen Zweck und wo die Politik des alten régime anfängt, da hört jede Gerechtigkeit auf. Liegt es in der Macht der Bürgerwehr, so möchte ich fragen, eine Emeute nicht allein zu unterdrücken, sondern ihr sogar, wie das Gesetz verlangt, zuvorzukommen!?
Eine schöne Gerechtigkeit, die! welche von dem Bürger verlangt, bei der ersten Nachricht von dem Angriffe auf ein Gebäude oder auf Personen — sein Geschäft vernachlässigend — zu den Waffen zu stürzen, die Ruhe wiederherzustellen, und die dann noch obendrein — trotz seiner Bereitwilligkeit, sich dem allgemeinen Wohle zu opfern —, von ihm Ersatz des Schadens fordert, der vor seiner Ankunft an dem Orte des Tumultes oder auch wahrend des Einschreitens verursacht worden ist; des Schadens welchen er verhindert hat, bedeutender zu werden. Sonderbare Belohnung einer guten That! Der Wehrmann hat seine Pflicht gethan, und er muß bußen für böse Handlungen, denen er ein Ende gemacht hat! Dem Beschädigten, der vielleicht die Schuld des Unglücks dadurch trägt, daß er sich durch niederträchtige Handlungen den Haß des Volkes zugezogen: ihm hat er einen Theil seiner Habe gerettet, und zum Danke dafür soll er ihm auch noch den verlorenen Theil zuruckgeben!
Hätte man die Entschädigungspflicht der Gemeinden nur für den Fall festgestellt, wo die Bürgerwehr die Einschreitung verweigert oder unterläßt: so würde die Bestimmung des Gesetzvorschlages zwar eine unglückliche, aber doch eine begreifliche sein. Eine unglückliche sage ich, weil die Emeute der Art sein kann, daß — wie bei der März-Revolution — kein Einschreiten der Bürgerwehr erwartet werden darf, indem sie selbst unzufrieden mit der Regierung ist; weil endlich der Aufruhr die Folge falscher Staatsmaßregeln, der unvernünftigen Aufführung oder gar des Aufhetzens schlechter Beamten sein kann. In solchen Fallen wäre es eigentlich der Staat, der als Hervorrufer oder Anstifter der Emeute für den daraus entspringenden Schaden verantwortlich sein müßte; aber gewiß nicht die Gemeinde. Die Aufruhrer sind dann als Staatsbürger, nicht als Gemeindebürger aufgestanden.
Unter zehn Fällen, die vorkommen werden, wird vielleicht nur ein einziger sein, in welchem die Gemeinde (mithin auch die Bürgerwehr), den verursachten Schaden nach strengen Rechtsbegriffen zu tragen haben würde; und deshalb ist es auch eine schreiende Ungerechtigkeit, ihr denselben immer und ohne Ausnahme aufbürden zu wollen.
Aber noch mehr. Das Ministerium der That ist zu energisch, um auf halbem Wege stehen zu bleiben.
Nach dem §. 1. des Gesetzentwurfs hat die Gemeinde auch für die Beschädigungen des Eigenthums oder der Personen zu haften, die durch die „Anwendung gesetzlicher, zur Zerstreuung der Menge getroffener Maßregeln“ verursacht werden.
Das würde wirklicher Machiavelismus sein! Das Gesetz des Staates zwingt den Bürgerwehrmann, seine Flinte zu gebrauchen, im Nothfalle seine Kanonen gegen Gebäude und Straßen spielen zu lassen: und dann soll er schließlich Alles bezahlen; er soll seine Börse verbluten lassen, wie er seinen Körper hat verbluten lassen; er soll vielleicht mit der wenig angenehmen Aussicht fallen, daß seine Wittwe für die Schüsse ausgepfändet werden kann die er für das öffentliche Wohl abgefeuert hat.
So weit ging das lächerliche Gesetz nicht, welches die furchtbare französische Revolution gebar, um zu terrorisiren; jenes Gesetz, das aus einer Versammlung kam, die auch alle „Gleichgültigen“ und alle die als „verdachtig“ einsperren ließ, welche über den „Druck der Zeit“ zu klagen wagten.
Und doch scheint das französische Gesetz, das in Frankreich in den letzten fünfzig Jahren nie ausgeführt worden, das gleich nach der Rückkehr besserer Jahre von selbst in Vergessenheit fiel, das thatsächlich abgeschafft ist, und nur durch die Spitzfindigkeit einiger Richter vor 14 Jahren in Brüssel eine berüchtigte Anwendung fand, — und doch scheint dieses Gesetz dem preußischen zur Richtschnur gedient zu haben. Nur haben die Schüler noch die Lehrmeister übertroffen! Unsere Gemeinden sollen verbunden sein, auch für alle vorgekommenen persönlichen Verletzungen Schadenersatz zu leisten. Dies allen Neugierigen zur Nachricht, die sich eine Verwundung in einem Tumulte holen. Ob auch für alle Wunden der Bürgerwehr, des Militärs und der Polizei „Entschädigung“ gezahlt werden muß, darüber beobachtet das Gesetz ein ziemlich beunruhigendes Schweigen. Eine Ausnahme wird man doch nicht bei ihnen machen wollen; will man es aber nicht, so wäre es gut gewesen, dies bei der eigenthümlichen Stellung klar und deutlich auszusprechen. Der Vorfall in Schweidnitz beweist, daß dies nicht überflüssig ist.
Glaubt das Ministerium etwa, sein Gesetz würde ein Sporn für Bürgerwehr sein, bei Aufständen oder Aufläufen nachdrücklicher aufzutreten, als es jetzt hier oder dort geschehen ist?! Ich bezweifle es, da es im Interesse der Bürgerwehr liegen würde, in den meisten Gelegenheiten gerade das Gegentheil zu thun. Wirft man irgendwo einige Scheiben ein, und die Bürgerwehr sieht das Gewehr im Arm ruhig zu: gut! so wird die Gemeinde zahlen müssen, aber nicht viel. Schreitet die Bürgerwehr dagegen ein, und verwundet einige Personen oder veranlaßt gar ein Gefecht: nun, dann wird die Stadt nicht so leichten Kaufs davonkommen. Besonders wird man sich hüten mussen, schreiende und tobende Banden zu zerstreuen; man konnte sie dadurch reizen, ihre Ausgelassenheit an einigen Gegenständen oder Personen zu erproben, und die Stadt, d. h. wir Alle, müßten dann „entschädigen,“ die gestrengen Ruhestifter nicht einmal ausgenommen.
Wie gefahrdrohend, wie ungerecht das Gesetz für die Gemeinden ist, möge folgendes Beispiel zeigen, das einzige, welches bekannt ist. Im Jahre 1834 sollten in Brüssel die Pferde des Prinzen von Oranien auf Verlangen des belgischen Staates verkauft werden. Einige pflichtvergessene Belgier ließen eine Beitragsliste umlaufen, aus deren Ertrage man die Pferde zu einem Geschenke für den Prinzen, der mit Belgien noch im Kriege *) *) Es bestand ein bloßer Waffenstillstand. Anm. d. Verf. begriffen war, wieder ankaufen wollte. Das Ganze schien dem Volke, und wohl nicht mit Unrecht, stark nach Landesverrätherei zu riechen, und gewisse Umtriebe des Ministeriums Lebeau, sagt man, thaten das Uebrige. Der Pöbel zerstorte einige zwanzig Hotels der Orangisten, ohne daß Militär und Bürgergarde einschreiten wollten. In Folge dieser Begebenheit wurde, auf den Antrieb der sehr einflußreichen Beschadigten, die Stadt Brüssel, welche jene Auftritte weder hervorgerufen, noch hatte verhindern können, zum Schadenersatze verurtheilt, wahrend der Assisenhof die Tumultuanten freisprach. Der Schadenersatz belief sich auf viele Millionen, die nur dadurch aufzutreiben waren, daß die Stadt alle ihre Sammlungen an das Land verkaufte. Wäre Brüssel aber nicht zufällig Hauptstadt gewesen, so würde eine solche Operation, ein solcher Scheinverkauf nicht möglich gewesen sein. Durch denselben wollte der Staat seine Mißbilligung des von den Gerichtshofen angewandten, veralteten französischen Gesetzes ausdrücken. Er gab sein Geld hin, ohne daß Brüssel seine Sammlungen faktisch verlor; ja die Stadt hat sogar noch den Vortheil, die Unterhaltungskosten nicht mehr beschaffen zu müssen. Dagegen wende man das Gesetz — besonders das weit scharfere preußische — in einem ahnlichen Falle auf Köln oder eine Provinzialstadt an; man wende es auf eine arme Landgemeinde des Bergischen an, in welcher eine Riesenfabrik durch einen Arbeiterhaufen zerstört ist: und man wird diese Gemeinde vielleicht für ein Jahrhundert zerrüttet haben. Aber warum habt ihr auch eine Bürgergarde verlangt! „Was, Teufel! macht ihr auch auf dieser verfluchten Galeere!“ wie Moliere scherzend niederschrieb.
Es ist vor Allem die heilige Pflicht der Gemeindebehörden, den Gesetzentwurf im Interesse der von ihnen verwalteten Bürgerschaft genau zu prüfen, und dann auf seine Zurücknahme oder Verwerfung dringend anzutragen.
Handels-Nachrichten.
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[Gerichtsprotokoll]
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Kriminal-Prozedur gegen Ferdinand Lassalle wegen Verleitung zum Cassetten-Diebstahl.
(Fortsetzung.)
Zeuge. J. B. Collin, 48 Jahre alt, Weinhändler zu Aachen. Der Kaptain Carter, welcher in meinem Hause wohnt, hatte mir gesagt der Graf Hatzfeld sei auf seinem Gute Champier seines Lebens nicht mehr sicher und daher gesonnen, in meinem Hause Quartier zu nehmen. An demselben Tage, an welchem C. dies Abends mir mittheilte, war Morgens Lassalle bei uns gewesen, um ein Quartier zu miethen; meine Frau hatte aber noch nicht zugesagt, und als nun folgenden Tags der Graf Hatzfeld mit seinen Effekten bei uns anfuhr, erschien auch Lassalle um den Miethvertrag abzuschließen. Meine Frau erklärte jedoch, daß das Quartier bereits vermiethet sei, worauf Lassalle heftig wurde; er blieb in der Nähe der Effekten des Grafen stehen und besah dieselben genau und aufmerksam. — Am folgenden Tage erschien Lassalle vor meiner Wohnung und verlangte beim Grafen gemeldet zu werden; er wurde aber abgewiesen, ein Brief von ihm an den Grafen nicht angenommen. — Graf Kaiserlingk, die Gräfin Hatzfeld und der Pfarrer von Calkum kamen auch einmal in mein Haus und verlangten zum Grafen; sie wurden indessen nicht vorgelassen. Lassalles Diener, Hoppe, ist zweimal an meinem Hause gewesen, das erste Mal brachte er den vorerwähnten Brief von Lassalle.
Präsid. Angekl., welchen Zweck hatten Sie, in demselben Hause mit dem Grafen Hatzfeld miethen zu wollen?
Angekl. Ich bitte den Zeuge zu fragen, es geht übrigens aus seiner Erzählung auch hervor, ob nicht, als ich bei ihm miethen wollte, der Graf weder bei ihm wohnte noch gemiethet hatte?
Zeuge bestätigt dies.
Frau Collin, 37 Jahre alt, erzählt den Vorfall in derselben Weise wie der vorige Zeuge. Dann setzt sie hinzu, es sei einmal ein Mädchen mit geöffneten Austern an ihr Haus gekommen und habe dieselbe für den Grafen Hatzfeld übergeben wollen; sie seien von Hungs geschickt. Sie haben die Austern ohne weiteres zurückgeschickt, weil sie gefürchtet, daß sie vergiftet gewesen.
Präsid. Also als der Angekl. das zweite Mal zu Ihnen kam, um zu miethen, da brachte man gerade Effekten des Grafen Hatzfeld?
Zeugin. Ja.
Präsid. Und der Angekl. blieb stehen und sah sie auffällig an, so daß es Ihnen verdächtig vorkam?
Zeugin Ja. als die Sachen aus der Droschke gebracht wurden hatte ich ihm bereits gesagt, daß er die Zimmer nicht haben konne, und da stand er noch einige Augenblicke wie in Gedanken vertieft und sah unverwandt auf die Effekten.
Präsid. Es kam Ihnen dies so verdächtig vor, daß Sie aus Furcht er könne etwas wegnehmen, im Hause stehen blieben bis er weggegangen war.
Zeugin. Nein.
Präsid. Nun blieben Sie denn nicht stehen, bis er fortgegangen war?
Zeugin. Ja wohl.
Präsid. Nun warum denn das?
Zeugin. Aus Anstand und Höflichkeit.
Präsid. In Ihrer Vernehmung haben Sie gesagt, Sie wären stehen geblieben, damit er nichts fortnehmen möge. — Angekl. zu welchem Zwecke haben Sie jene Effekten betrachtet in auffälliger Weise?
Angekl. Ich bitte die Zeugin zu fragen ob nicht der junge Sturz aus Aachen mich damals begleitete.
Zeugin. Ja ich glaube wohl.
Präsid. Nun aber, Angekl., Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, warum Sie jene Sachen angesehen, so daß es der Zeugin aufgefallen ist.
Angekl. Sollte die Zeugin nicht phantasirt haben?
Thomas Carter, 58 Jahre alt, Kapitän a. D. Da der Zeuge der deutschen Sprache nicht mächtig ist, wird seine Aussage durch den als Dolmetscher vereideten Adv.-Anw. Rheinstein verdeutscht. Im Juli 1846 kam der Graf Hatzfeld nach Aachen und bezog das Gut Champier, am Louisberge gelegen. Der Graf war indessen kaum einige Tage dort, als er mir anzeigen ließ, daß er nicht, wie er versprochen, zu Mittag bei mir erscheinen könne. Am folgenden Morgen ritt ich zu ihm hinaus und hier gab er mir als Grund seines Ausbleibens an, daß er von seiner Frau belästigt werde. Ich bemerkte ihm hierauf, daß er vor seiner Frau nur dann Ruhe haben werde, wenn er zu mir ziehe, worauf der Graf denn auch einging. Ich miethete nun von Collin das Quartier für meine Rechnung und der Graf zog zu mir. Seine Frau hatte ihm schriftlich angezeigt, daß der Pfarrer von Calcum an einem bestimmten Tage nach Aachen kommen werde, um eine Versöhnung zwischen ihnen zu Stande zu bringen. Der Pfarrer erschien indeß an diesem Tage nicht, kam jedoch einige Tage später und überbrachte dem Grafen einen Brief der Gräfin, den er nicht angenommen hatte. Der Pfarrer machte ihm Vorwürfe, daß er, der Graf, die Versöhnung, die er bereits versprochen, nun wieder brechen wolle. Der Graf erwiederte ihm, daß er von keiner Versöhnung etwas wisse noch wissen wolle. Am Nachmittag desselben Tages erschien die Gräfin mit dem Grafen Keiserlingk und dem Pfarrer Bochum vor meiner Wohnung. Ich hatte sie auf der Straße kommen gesehen und frug den Grafen, ob man die Gräfin einlassen solle. Der Graf verbot dies streng, er wolle sie nicht sehen. Deshalb begab ich mich an die Hausthür und als die Gräfin eintreten wollte, sagte ich ihr zuerst, der Graf sei nicht zu Hause. Die Gräfin erwiederte: das ist unwahr, ich habe ihn eben durch das Fenster gesehen. Hierauf erwiederte ich: „wenn er auch zu Hause ist, Sie werden nie zu ihm gelassen werden, Madame.“ Die Gräfin sagte dagegen: „Er ist mein rechtmäßiger Gatte und Sie haben kein Recht, mich zu hindern, meinen Gatten zu sehen, ich muß ihn sprechen.“ Mit diesen Worten wollte sie an mir vorbeieilen; da trat ich ihr entgegen und drängte sie mit vorgehaltenem Stocke zurück. (Der Zeuge macht dabei die Pantomime eines horizontal entgegengehaltenen Stockes; als der Dollmetscher die Worte übersetzt hat, durchläuft ein Gemurmel des Unwillens das Publikum. Dem Präsidenten entfährt ein: So?!) Die Gräfin war hierüber sehr entrüstet und zog sich zurück mit den Worten: ich werde Sie durch meine Leute bestrafen lassen! Nachher machte Graf Keiserlingk noch einen Versuch vorgelassen zu werden, indem er mir sagte, es handle sich um eine Ehrensache. Ich antwortete ihm jedoch, es werde das auch morgen Zeit haben. Keiserlingk ging darauf weg. Ich besuchte ihn, nachdem ich Rücksprache mit dem Grafen genommen und sagte ihm, wenn es eine Ehrensache sei, so möge er sie ihm mittheilen. Graf Keiserlingk antwortete jedoch, er habe mit diesem Ausdruck nur gemeint, daß seine Ehre es nicht dulde, die Gräfin in seiner Begleitung beleidigen zu lassen; er habe die Zusammenkunft mit dem Grafen gewollt der Versöhnung wegen, die der Graf ja versprochen habe etc. — Der Diener Lassalle's brachte einmal einen Brief an den Grafen; ich wies ihn zurück, da er ihn aber mit Gewalt aufdringen wollte, warf ich ihn mit Gewalt zurück. — Nach dem Kassettendiebstahl, als ich von dem Pollmannschen Briefe gehört hatte, der im Ueberziehen Mendelsohns gefunden worden war, ging ich zur Polizei in Aachen, um sie zu veranlassen, Lassalle, Mendelsohn und Oppenheim, so wie die Gräfin zu beobachten. Der Graf war damals krank und ich hielt es für meine Pflicht, meinen Gast vor Verfolgungen zu schützen.
Angekl. Ich bitte den Zeugen zu fragen, ob er sich nicht erinnert, daß Pastor Bochum an jenem Vormittage, wo er den Grafen bei Carter besucht, ihm den Vorwurf gemacht habe, daß er das in seiner eigenen Gegenwart gegebene Wort brechen wolle.
Z. Der Graf hat dies allerdings gesagt, er hat aber zugleich entgegnet, er wisse nichts davon.
(Fortsetzung folgt.)