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Berlin, den 21. August, 9 1/2 Uhr Abends.
So eben stürmt das Volk das Hotel des Minister-Präsidenten Auerswald, bei dem
große Soiree war. In Folge der Charlottenburger Ereignisse, wurde eine
Volksversammlung am Opernhause gehalten und die Absetzung des Ministeriums
beschlossen.
Als das Volk vor dem Hotel stand und die Rückkehr der dahin abgesandten
Deputation erwartete, kommt ein Corps Constabler mit blankem Degen und will
einhauen. Dies erregte die Wuth des Volkes und es stürmte das
Minister-Hotel. Ein Constabler ist von Steinen so verwundet, daß er als todt
auf der Straße liegen blieb. Auch Schüsse fielen aus dem Volke. Heute Nacht
ist noch viel zu erwarten, da man die Deputation im Hotel zurückzuhalten
scheint. „Abdankung des Ministeriums“ ist das Wuthgeschrei des Volkes!
[
*
] Die Vorfälle in Charlottenburg sind kurz
folgende:
Wie wir schon in der heutigen Zeitung erzählten, war am 20. der
Charlottenburger demokratische Verein von Pöbel und Bürgern überfallen und
gesprengt worden. Es stellte sich im Laufe des 21. heraus, nicht nur, daß
dabei unerhörte Brutalitäten stattgefunden, sondern auch, daß die Bürgerwehr
sich dabei betheiligt, daß die Behörden den Pöbel aufgehetzt und bestochen,
daß das Militär ruhig zugesehen hatte. Der Superintendent und der
Gerichtsrath hatten den Lumpenproletariern 10 Sgr. per Mann gegeben. Diese,
mit Bürgerwehrmännern untermischt, stürzten über den Klub her, rissen Bruno
Bauer und seinen Bruder Egbert an den Haaren die Treppe hinunter auf die
Straße, mißhandelten sie sowie andre Klubmitglieder auf die brutalste Weise,
und der Polizeikommissar stand dabei und rief: schlagt soviel ihr wollt,
schlagt nur keinen todt! ‒ Der Pöbel brach sogar in die Häuser andrer
Demokraten ein, schleppte sie heraus, mißhandelte sie, plünderte und
zerstörte. Bauer's Haus, schreibt ein Korrespondent, sei demolirt worden.
Das Militär, das 2. Garderegiment, stand in Parade dabei und sah ruhig zu.
Der Major der Bürgerwehr befahl, dieselbe einzuberufen, aber die Hauptleute
ignorirten den Befehl und nur Ein Mann erschien.
Als die Nachricht nach Berlin kam, sandte der demokratische Kreiskongreß von
Brandenburg eine Deputation an Kühlwetter und Auerswald, aber ohne irgend
etwas zu erreichen. Zu gleicher Zeit fanden Versammlungen mehrerer hundert
Arbeiter, die vom Magistrat entlassen, vor dem Hause des Herrn Milde Statt;
die Konstabler schritten ein, es gab einzelne Konflikte und viele
Verhaftungen. Die Aufregung stieg auch hierdurch.
Am 21. wurde sie immer stärker. Des Abends endlich konzentrirte sie sich in
einer Volksversammlung am Opernhause. Man wollte nach Charlottenburg ziehen
und blutige Rache nehmen für die infamen Gewaltthätigkeiten, die sich die
Reaktion unter den Mauern von Berlin erlaubt. Endlich beschloß man, statt
dessen, die Abdankung der Minister durchzusetzen, und zog zu Auerswald, wo
dann die Scenen vorfielen, die unser Korrespondent erzählt.
Wie diese neuen Unruhen, die noch ernster aussehen als der Zeughaussturm, und
durch ganz andre contrerevolutionäre Gewahltthaten provocirt sind als
dieser, immerhin hat die contrerevolutionäre Partei gezeigt, welche Mittel
sie anzuwenden die Stirn hat. Das Ministerium der That wird nach diesen
Thaten unerträglich. Erdrückt die brutale Gewalt in Berlin den Volkswillen,
so muß das ganze Land sich wie ein Mann erheben und auf gesetzlichem Wege
den Rücktritt des Ministeriums erzwingen.