Uebersicht.
Deutschland. Düsseldorf. (Der Conflikt mit den Preußen. ‒
Bekanntmachung des Oberbürgermeisters. ‒ Neueste Lorbeeren des Oberprokurators
Schnaase.) Trier. (Conflikt mit den Preußen.) Wiesbaden. (Vermehrung des Heers.)
Berlin. (Russische Truppen auf Laland und Falster gelandet. ‒ Die Partei des
Prinzen von Preußen. ‒ Demonstrationen.) Aus dem Großherzogthum Posen. (Die
jetzigen Zustände. ‒ Reaktion in Oberschlesien.) Hamburg. (Das provisorische
Comité entlassen.) Apenrade. (Die dänische Armee.) Flensburg. (Deutsche
Kriegsführung.) Rendsburg. (Die Unterhandlung.) Stralsund. (Below nach Malmö. ‒
Die Unterhandlung.) Wien. (Empfang des Kaisers ‒ Proklamation Jellachich's. ‒
Fortsetzung der Eisenbahn über den Sömmering.)
Italien. Mailand. (Como von den Oestreichern besetzt. ‒
Die Oestreicher im Piemontesischen. ‒ Ihre Erklärung. ‒ Dienst und Gegendienst.
‒ Waffenablieferungen. ‒ Die Zeitungen abgesperrt.) Verona. (Peschiera geräumt.)
Genua. (Karl Alberts Depesche an die Venetianer. Romarino. Der Großherzog von
Toskana. ‒ Englischer Protest.)
Donaufürstenthümer. Buckarest. (Adresse der
provisorischen Regierung an den russischen Kaiser. ‒ Rang-Titularwürden,
Prügelstrafe abgeschafft. ‒ Forderungen an den östreichischen Agenten.)
Ungarn. Groß-Becskerek. (Neuzina von den Ungarn
wiedergewonnen.) Pesth. (Die ungarischen Zustände.)
Schweiz. Zürich. (Die Abstimmung über die
Bundesverfassung. ‒ Die italienischen Flüchtlinge in Tessin.)
Portugal. Lissabon. (Die Finanzpläne der Regierung vor
den Cortes. ‒ Costa und Silva Cabral in Opposition.)
Rußland. Petersburg. (Cholera.)
Französische Republik. (Journalschau v 14. Aug. [Schluß].
‒ Geld! ‒ Die „Republique“ über die Finanzen. ‒ Die Lyoner Klubs und Proudhon. ‒
Vermischtes. ‒ Senard. ‒ Polen und Deutsche bei dem ersten
Insurgententransport.)
Belgien. Brüssel. (Arabien und die belgische Polizei.)
Antwerpen. (Affaire Risquons-Tout.)
Großbritannien. London. (Parlamentsdebatten. ‒ Die
„Times“ über die Jury in Irland wie über die französische Politik in Italien und
Schleswig-Holstein. ‒ Unruhen in Ashton. ‒ Ankunft des Dämpfers Hibernia.)
Dublin. (Begnadigungsgesuch der katholischen Geistlichen für S. O'Brien. ‒ Die
Einwohner von Abbeyfeale.)
Amerika. Die Hängebrücke über die Niagarafälle.
Handels-Nachrichten.
Deutschland.
@xml:id | #ar079_001 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
[
28
] Düsseldorf, 16. Aug.
Die Untersuchung über die Vorfälle des 14. ist im Gange, und es soll sich
herausstellen, daß die gereizten Elberfelder einer Rotte bergischer Jungens
ihren Haß gegen unsere Bürger vermacht haben. Von mehreren Augenzeugen wurde
mir versichert, daß die Elberfelder am Bahnhof unter die Schaar der Soldaten
sich gemischt, dieselben mit in ein nahgelegenes Wirthshaus genommen, ihnen
tüchtig zugetrunken, ja sogar Geld gegeben haben sollen. Später wurden von
diesen preußischen Jungens die Elberfelder unter beständigem Hurrahrufen zum
Bahnhof begleitet, hier wurde ein Hoch nach dem andern dem König gebracht,
letzteres faßte aber den Elberfelder Patriotismus noch nicht zusammen, man
brachte ein Hoch dem Kommandanten von Schweidnitz!!
Schöner konnten sich doch die Wupperthaler nicht charakterisiren!!
Nach Abfahrt der Elberfelder zog denn die trunkene Rotte in die Stadt und
bewies ihre Liebe zum König durch Einhauen auf ruhige Bürger, wie mein
gestriger Bericht es besagt.
Es sollen militärischerseits zwei Todte und mehrere Schwerverwundete sein,
auf der Seite der Bürger sollen nur einige schwere Verwundungen zu beklagen
sein.
Gestern morgen nun sah man aus beiden Kasernen schwarze große Fahnen hängen
neben den preußischen; das war eine Demonstration die Angst und Wuth
zugleich unter die Bevölkerung verbreitete. Eine ermahnende und beruhigende
Proklamation des Oberbürgermeisterei-Amts, die Nachmittags in alle Häuser
gebracht wurde, verfehlte nicht ganz ihren Zweck, war aber dennoch nicht im
Stande die Zusammenrottungen gegen Abend zu verhindern. Das Militär sollte
in die Kasernen konsignirt werden und starke Bürgerwehrpatrouillen sollten
die Haufen zerstreuen. Was geschah? Um 6 Uhr war die Allee gedrängt voll von
Soldaten, die alle mit Seitengewehren bewaffnet waren. Man schrie wieder
Hurrah, das Proletariat pfiff und brummte, es gab wieder Reibungen, die
indeß nicht in Thätlichkeiten übergingen; drohend war die Stellung im
höchsten Grade, überall flogen die Schaufenster zu, die Thüren wurden
verriegelt. ‒ Die Soldateska, brennend nach einer Kampf-Gelegenheit, machte
nun Miene, sich an der Statue der Germania, die noch vom 6. August her
steht, zu vergreifen; während sich hier die Parteien drängten, und man jeden
Augenblick eine Explosion befürchtete, langten der Chef der Bürgerwehr und
der kommandirende General glücklicherweise von Köln wieder an; der Chef, wie
immer, trat trotz der drohenden Gebärden von beiden Seiten vermittelnd
zwischen die Gegner und hielt die Spannung hin, bis von der Kaserne der
Generalmarsch ertönte. Alles stürmte nun fort der Kaserne zu und hinter den
Soldaten her das Volk, zwischen beiden remonstrirend und agirend der Chef.
Eingangs der Kasernenstraße stemmte er und der Vicechef sich mit bloßem
Degen dem Andrang entgegen und hielt die Massen auf. Die Soldaten, in der
Meinung vielleicht man wolle dort die Volksmasse ordnen und dann gegen sie
führen, machten noch einmal „kehrt“ wurden aber sofort beschwichtigt, mußten
indeß mit Gewalt von ihren Vorgesetzten zur Subordination gezwungen werden,
ich selber sah zwei Offiziere mit dem Degen auf die Säumenden einhauen. Nun
wurde die Kasernenstraße an allen Punkten mit Bürgerwehr gesperrt. Ein
Piquet Jäger trat vor die Hauptwache, die Kavallerie aus der
Neustädter-Kaserne stellte sich vor dem Thor der Kasernenstraße auf, die
Artillerie ritt an die Geschütze, und dem Allem sah hinter den Spalieren der
Bürgerwehr hervor die dumpfe, wogende Volksmasse zu. Dabei blieb's; das Volk
verlief gegen 10 Uhr, die aufgestellten Militärs zogen sich zurück, die
Passage wurde wieder freigegeben, und die weiteren Vorsichtsmaßregeln
bestanden in dem Zirkuliren starker Bürgerwehr-Patrouillen.
@xml:id | #ar079_002 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
Düsseldorf, 15. Aug.
Mitbürger! In der gestrigen Nacht haben höchst bedauerliche Vorfälle
stattgefunden, worüber die im Gange befindliche Untersuchung die nöthige
Aufklärung geben wird. Wir fordern unsere Mitbürger auf, dem Resultat dieser
Untersuchung mit Vertrauen entgegenzusehen, und durch ihr ruhiges Verhalten,
von ihrer Seite, jeder möglichen Veranlassung zu ähnlichen Auftritten aus
dem Wege zu gehen.
Von Seiten der Militär-Behörden sind die erforderlichen Anordnungen
getroffen, um jedweden Konflikt zu vermeiden.
Die Bürgerwehr wird in genügender Zahl in ihren Wachtlokalen versammelt sein,
und vertrauen wir, daß ihr in allen Vorkommnissen willig Folge geleistet
wird.
Das Oberbürgermeisteramt.
@xml:id | #ar079_003 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
[
31
] Düsseldorf.
Die Untersuchung wider den Bürger Julius Wulff hat, Dank dem Forschergeiste
und Patriotismus des Herrn Oberprokurators Dr. Schnaase, neue Nahrung
bekommen. Was ich in Nr. 58 d. Z. nur als eine kühne Vision hingestellt,
nämlich daß die kön. preuß. Staatsbehörde dem etc. Wulff am Ende gar aus der
Vorlesung und Verbreitung des republikanischen Katechismus ein Verbrechen (Art. 102 der Strafgesetzbuches) machen
könnte, ist in die nackte Wirklichkeit getreten. Dieses Verbrechen ist sogar
das einzige, welches unter den vielen Verbrechen, deren man ihn beschuldigt,
mit einigem Scheine juristisch begründet werden
kann.
In meiner letzten Mittheilung habe ich gesagt: „Wenn es mit dem Art. 293
nicht geht, so geht es vielleicht mit dem Art. 102.“ Jetzt heißt es aber:
Wenn es mit dem Art. 102 nicht geht, so geht es jedenfalls mit den Art. 222
und ff. in Verbindung mit der preußischen Kabinetsordre
vom 5. Juli 1819. Das ist die neue Nahrung, von der ich oben
gesprochen. Eine Kabinetsordre aus dem Jahre der Karlsbader Beschlüsse!
Sage, was willst Du mehr? Der Art. 222 Code pénal bedroht die Verruchten,
welche es wagen, die Ehre und Delikatesse der Beamten à l'occasion der
Ausübung ihrer Amtsverrichtungen (ein weiter Begriff) par parole zu
verletzen, mit Gefängnißstrafe von einem Monate bis zu zwei Jahren. Aber par parole! Welch ungenügender Schutz für die
Ehre und Delikatesse der Beamten! Die genannte preuß. Kabinetsordre hat den
Fehler der ruchlosen Franzosen gut gemacht, hat die Bestimmungen der Art.
222 und ff. auch auf Beleidigungen par écrit ausgedehnt. Und wer hat diese
wichtige Kabinetsordre aus Staub und Schutt hervorgeholt? Ich habe es
bereits gesagt, der Hr. Ober-Prokurator Dr. Schnaase zu Düsseldorf. Ein
schallendes unendliches Hoch dem Oberprokurator Schnaase!
Hr. Wulff ist Mitverfasser einer vom Volksklub unterm 17. Mai an die Berliner
Vereinbarerversammlung beschlossenen Adresse, worin die Maßregeln des selig
entschlafenen Ministeriums Camphausen schamlos
reaktionär genannt worden sind. Es ist klar, Wulff hat die Ehre und
Delikatesse des Ministeriums Camphausen angegriffen!!
(Wir gestehen, es war ein „kühner Griff“ des Hrn. Schnaase, diese bestaubte
Kabinetsordre aus dem Labyrinth der Gesetzsammlung ans Tageslicht
hervorzuziehen. Was gilt der Code neben einer k. Kabinetsordre vom Jahre
1819! Leider aber dürfte Hr. Schnaase sich in seinen Hoffnungen täuschen.
Die Jurisprudenz des Kassationshofes in Berlin hat die Kabinetsordre vom 5.
Juli 1819 keineswegs in der Ausdehnung anerkannt, die Hr. Schnaase ihr gibt.
Mehrere seiner Urtheile liegen vor, nach denen Beleidigungen par écrit
keineswegs unter die Bestimmungen des Art. 222 „in Verbindung“ mit besagter
Kabinetsordre fallen.
@xml:id | #ar079_004 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
Trier, 14. Aug.
Seit dem 6. August, an welchem Tage ein großer Theil unserer Bürgerschaft ein
Volksfest zu Ehren des Reichsverwesers feierte, scheint unser Militär in
einer gereizten Stimmung sich zu befinden. Während drei Abenden bereits
finden jedesmal gegen 7 Uhr Zusammenrottungen von Soldaten des 26. Regiments
und von Ulanen statt. In dem Gartenlokale der Götschel'schen Bierbrauerei
sollen am Freitag Abende von beiden Parteien Lieder gesungen worden sein,
welche die Erbitterung zum Ausbruch kommen ließen. Samstag Abends schloß Hr.
Götschel seine Wirthschaft, nichtsdestoweniger erschienen eine Menge Gäste,
welchen indessen von der Polizei der Eintritt verwehrt wurde. Am selben
Abende wurde im demokratischen Verein der Beschluß gefaßt, den Stadtrath
durch eine Deputation zu bitten, es veranlassen zu wollen, daß das Kommando
des 26. Regiments den Soldaten den Besuch von Wirthshäusern untersage, in
welchen es bisher zu Reibereien gekommen, und vor Allem denselben das Tragen
der Seitengewehre verbiete. Gestern wurde durch eine Deputation des
demokratischen Vereins dieser Wunsch einem Mitgliede des Magistrats
vorgebracht, und gestern bewiesen sowohl Infanteristen des 26. Regiments als
auch Ulanen, wie gerecht derselbe ist. In der Vorstadt Matheis wurde
Nachmittags von dem Militär ein Gartenlokal verwüstet, in der Götschel'schen
Wirthschaft entwickelte sich gegen Abend ein bedeutender Krawall. Zwar zum
Theil veranlaßt durch den Muthwillen eines jungen Menschen, welcher einem
der in Masse vor dem Hause stehenden Soldaten die Mütze vom Kopfe riß und
damit in den Götschel'schen Garten lief, stürmten die Soldaten mit gezogenem
Säbel demselben nach in den Garten und mißhandelten und verwundeten, wer
ihnen in den Weg kam und nicht schnell genug die Flucht ergreifen konnte.
Mittlerweile erschienen mehrere Personen von Rang, um mittelst Patrouillen
die Ruhe herzustellen, aber heute lieferten die Soldaten den Beweis, daß es
gefährlich ist, bei ihnen als Vereinbarer aufzutreten. Eine Patrouille des
30. Regiments machte endlich von ihren Waffen Gebrauch und da dieselbe mit
vieler Energie auf die uniformirten Wütheriche einstürmte, so ergriffen
dieselben die Flucht, jedoch nicht ohne mehrere Verhaftete zurückzulassen.
Etwas später begann auf dem Marktplatze das Schauspiel von Neuem. Mit
blankem Säbel stürzte eine zahlreiche Rotte von Soldaten des 26. und des
Ulanen-Regiments auf Jeden, der ihnen in den Wurf kam, verwundete mehrere
Personen, zertrümmerte Angesichts der Hauptwache, nur etwa 50 Schritte davon
entfernt, die Läden von zwei Verkaufslokalen, und warf bei dem einen die
Fenster des ersten Stocks ein, wohin ein Bürger sich geflüchtet haben
sollte, den sie heraushaben wollte. Der Posten der Hauptwache machte zuletzt
eine Attaque mit gefälltem Bajonette auf die brutale Schaar, worauf diese
durch die Simeonsstraße ihren Rückzug nahm.
[(Tr. Z.)]
@xml:id | #ar079_005 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
[
*
] Wiesbaden, 16. Aug.
Auf den bekannten Beschluß der Frankfurter National-Versammlung über
Vermehrung der stehenden Heere, hat der Reichskriegsminister unser
Ministerium zuerst mit einer Verfügung beglückt, wonach binnen 4 Wochen der
nassauische Militärstand bis auf 2 pCt. der Bevölkerung vermehrt werden
soll. Man weiß nicht, welche Zwecke dieser plötzlichen und dringlich
gemachten Maßregel zu Grunde liegen, eben so wenig, wie dieselbe bei den
erschöpften Staatskassen ins Werk zu setzen sei.
@xml:id | #ar079_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
[
X
] Berlin, 15. August.
Von einer Urlaubsreise nach dem Norden zurückgekehrte Abgeordnete bringen die
Nachricht mit, daß auf den dänischen Inseln Laland, Femern (?) und Falster
10,000 Mann russischer Truppen gelandet. Eine halbe Meile nördlich von
Arcona sind neue russische Schiffe zu sehen, von denen sechs Linienschiffe.
Sie werden durch englische Transportschiffe vom Greifswalder Boden aus mit
Lebensmitteln versorgt.
@xml:id | #ar079_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
[
*
] Berlin, 14. August.
Gestern hat in Charlottenburg im café hypodròme eine Versammlung der Berliner
und Charlottenburger Landwehr stattgefunden, wo man eine Petition an den
König berieth, dem Prinzen von Preußen den Oberbefehl über das ganze Heer zu
geben. Im Heer sollen bereits viele tausend Unterschriften gesammelt sein,
womit man den König bei seiner Rückkehr zu überraschen gedenkt. ‒ Unter den
Linden machte das Volk einige Demonstrationen gegen preußische Fahnen, und
auf dem Kreuzberg sollen, wie [Forsetzung?]
@type | jFeuilleton |
@facs | 0397 |
@xml:id | #ar079_008 |
@type | jArticle |
@facs | 0397 |
Das Domfest von 1848.
Große Tage liegen hinter uns. Tage, groß wie die Welt, groß wie der Dom.
Erhabne Erinnerungen lassen sie zurück und manchen unangenehmen Schnupfen.
In der That, die Kölner können sagen, daß sie für ihren König zwar nicht
in's Feuer gegangen sind, wohl aber in's Wasser.
Gab es je ein herrlicheres Regenschauer als das vom Dienstag Morgen, zwischen
eilf und zwölf? In die konstitutionellen Könige der Erde vertieft, hatte das
Volk die absoluten Monarchen des Himmels vergessen, den Wolkenversammler
Zeus, der ärgerlich darüber, plötzlich seine Schleusen öffnete und die
gottvergessene Menge in so nachdrücklicher Weise von aller Unsauberkeit
reinigte, daß wirklich an den meisten Menschen kein einziger sündhafter Zoll
mehr zu waschen übrig blieb.
Man muß gestehen, das Schicksal hat den Göttern nicht nur den Nektar gegeben,
sondern auch das Regenwasser und das letztere in so großer Menge, daß es
ihnen eben nicht darauf ankommt, sich gerade dann ihres Ueberflusses zu
entledigen, wenn die armen trocknen Menschenkinder des Befeuchtens am
allerwenigsten bedürfen.
Nichts ist übrigens heiterer als so ein urkräftiger Guß über eine
ehrfurchtsvoll harrende Menge. Es ist damit gerade so wie mit einem Pastor,
der mitten im besten Redezuge auf offener Kanzel niesen muß. Alle Illusion
ist verloren. Die frommen Pfarrkinder des Pastors werden daran erinnert, daß
Alles irdisch ist und die armen Begossenen des Regengusses gehen mit dem
kühlen Bewußtsein ihrer nassen Füße nach Hause und denken mehr an ein Paar
warme Pantoffeln als an Ibrahim Pascha oder an die Königin Pomare.
Für mein Leben gern sehe ich aus einem trocknen Hinterhalte dem erfrischenden
Schauspiele einer allgemeinen Taufe zu. Zuerst ein leiser Wind, der den
Staub mit lustigen Kräuseln vom Boden erhebt ‒ die Locken einer schönen Dame
gaukeln anmuthig an den blühenden Wangen vorüber. Dann ein fühlbarerer Stoß,
der die Fensterläden und die Dachpfannen klappern läßt ‒ das Gewand unserer
Dame schmiegt sich inniger um die harmonischen Formen des schlanken Wuchses.
Hierauf die ersten schweren Tropfen, flüssige Perlen niederrollend auf die
lechzende Erde ‒ unsre Dame schaut ängstlich empor und das hübsche Profil
des schneeweißen Antlitzes sticht entzückend gegen den schwarzblauen Himmel
ab. Jetzt Sturm und Regen zu gleicher Zeit, wirbelnder Staub und klappende
Fenster ‒ unsere Dame zieht den Shawl über die seligen Schultern und sieht
sich so ängstlich nach einem Regenschirm um, wie ein Gänschen nach dem
Fittich der Mutter Gans. Immer heftiger stürmt es und tropft es, und immer
unruhiger wird unsere jugendliche Schöne; kein Schirm, kein Mantel, kein
Dach und kein Fach: losplatzt da die ungalanteste der Wolken und Himmel und
Erde schwelgen im Kuß der nassen Umarmung ‒ unsere Dame reißt aus wie
besessen. Aber ach, mit ihr flüchten auch alte Matronen und weinende Kinder,
lange Gymnasiasten und duftende Hofräthe, Flegel vom Lande und gebildete
Städter, Soldaten und Handwerker und Gemüsefrauen und Taschendiebe, bis
unsere Dame zuletzt im Gedränge verschwindet und sich der ganze Haufen unter
jauchzendem Verwünschen dem nächsten Zufluchtsort entgegendrängt, Hüte und
Schuhe und Stöcke und erlöschende Cigarren im Strudel zurücklassend, immer
vorwärtsdringend und immer toller verfolgt von dem heillosen Wetter und o,
es giebt nichts köstlicheres als so eine allgemeine Retirade!
Leider sollte ich dem berühmten Festregen der Dombautage nicht so heiter
zusehen. Tollkühn genug hatte ich mich gerade vor das Portal des Domes
gepflanzt, fest entschlossen meinen Posten zu behaupten, denn ich sollte ja
auf drei Schritt unsern Reichsverweser sehen und unsern König ‒ ich muß
gestehen, ich befand mich in einer eigenthümlich schwarz-weiß und
schwarz-roth-golden gemischten Stimmung. Der Regen floß hinab: ich stand wie
eine Mauer. Ich habe da zum ersten Mal für einen König gelitten; ich bin
stolz darauf. Ich wartete eine halbe Stunde, im Regen nämlich. Ein
Verliebter kann nur so thöricht sein, oder Jemand der einen König sehen
will. Weder der König noch der Reichsverweser wollte indeß aus dem Dom
hinaus in's Freie treten.
So gequält von banger Erwartung und gepeitscht vom Regen legte ich mich auf
den süßen Zeitvertreib des Gedankenspiels. Ist unser König nicht wirklich
ein guter König ‒ sagte ich zu mir selbst. Ja wahrhaftig, er ist es! Wenn je
ein Fürst rücksichtsvoll und artig mit einer Stadt verfuhr, so war es
Friedrich Wilhelm. War ich nicht selbst dabei, als ihm die guten Kölner in
ihrer Naivetät einst zur Karnevalszeit eine bunte Schellenkappe
überreichten? Wir standen in der Komödienstraße, vor dem Eiserschen Saale,
dem Lokale der jüngern Faschings-Gesellschaft. Da kam der königliche Wagen
und eine Deputation, wenn ich mich nicht sehr irre mit dem Dr. B., dem
jetzigen Abgeordneten zur Berliner Versammlung an ihrer Spitze, trat an den
Wagenschlag und überreichte die herrlichste Mütze, die Schellenkappe, ‒ Gott
weiß, wie man zu dieser Kühnheit kam! Ein Nero oder ein Tiberius würde uns
gleich haben köpfen lassen ‒ Friedrich Wilhelm nahm die Narrenkappe aber
lächelnd entgegen und seit der Zeit bin ich fest davon überzeugt, daß er ein
geistreicher Mann und kein Nero ist. Es lebe die Naivetät der Kölner!
Die kölnischen Funken setzen ihre Schellenkappen eigentlich nie ab. Das ganze
Jahr hindurch klingelt es ihnen in den Ohren wie Römergeklirr und „O Jerum!
O Jerum!“ Man ist verrathen und verkauft wenn man mit diesen Leuten in
ernster Weise anbinden will. Der Spaß ist der Grundzug ihres Charakters und
dieser Spaß kitzelt sie auch bei jeder Gelegenheit. Die ganze Welt existirt
nur für sie, damit Späße darüber gerissen werden. Ein Kölner ist mit seinem
alten holprigen Köln so liebend verwachsen, wie ein Großvater mit seinem
Schlafrock. Ein humoristischer Großvater und ein humoristischer Schlafrock.
Ein Kölner ist ganz unglücklich wenn er nicht außer seinem Karneval jedes
Jahr wenigstens zwei oder drei recht gründliche Feste in seinen Mauern
feiert. Ein Musikfest, der Empfang eines hohen Geistlichen oder eines
Künstlers, eine Erinnerungsfeier vergangener Herrlichkeit, ein politisches
Fest, die Ankunft des neuen Weißen, ein Bockessen u. s. w., man
[Deutschland]
@xml:id | #ar079_008a |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
die Voss. Ztg. erzählt, „Männer mit rothen Federn an den Hüten“ Absichten
gegen die preußische Fahne gehabt haben, was eben so merkwürdig ist, wie die
zufällige Anwesenheit einer Schwadron Uhlanen bei der Fahne. ‒ Aus
Königsberg schreibt man folgenden Vorfall: Vorgestern fiel ein 16 jähriger
Junge zwei Soldaten auf der Straße an, brachte dem einen eine
lebensgefährliche und dem andern eine leichte Wunde mit einem Taschenmesser
bei. Wie man hört ist ein im Preußenverein zwischen diesen Soldaten und dem
Jungen vorgefallener Streit die Ursache zu der Verübung des Mordanfalles
gewesen. Er soll als er mit dem Messer nach jenen Leuten stach, die Worte
ausgestoßen haben: „ich werde Euch lehren deutsch und nicht preußisch
gesinnt zu sein.“
@xml:id | #ar079_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Aus dem Großherzogthum Posen.
Der Militär- und Polizeidespotismus, durch welchen unser unglückliches Land
so lange auf eine unerhörte Weise geknechtet wurde, hat nun ziemlich seine
Endschaft erreicht, hiermit ist jedoch noch keine Beruhigung in die Gemüther
gedrungen, denn wenn man früher jeden Augenblick gewärtig sein mußte, von
Soldaten gemißhandelt, oder in schmutzigen Polizeiarresten wochenlang
gefangen gehalten zu werden, so drohen jetzt unaufhörlich gerichtliche
Untersuchungen und Verhaftungen. Das ganze Material schamloser und boshafter
Denunciationen ist nämlich nunmehr den Gerichtsbehörden übergeben worden,
und diese entwickeln in Verfolgung der Kompromittirten einen Eifer, welcher
einer bessern Sache würdig wäre, und welcher sich selbst durch wohlmeinende,
von Oben herabkommende Andeutungen einer bald zu erwartenden allgemeinen
Amnestie, und durch den dort ausgesprochenen Wunsch, nur mild und versöhnend
einzuwirken, nicht bändigen läßt. Wie kann es auch anders sein? Die
Gerichtspersonen, welchen unsere Sensenmänner so viel Angst und Schreck
bereiteten, können doch unmöglich diese schöne Gelegenheit zu einer
eklatanten Satisfaktion vorübergehen lassen, und wenn sich auch Viele selbst
sagen müssen, daß ihre Furcht eine übertriebene, und eben nur das Resultat
gränzenloser Furchtsamkeit war, so sind dieselben doch nicht geneigt, dies
einzugestehen, sie suchen vielmehr ihre Beschämung darüber in einem recht
rigorösen Auftreten zu ersticken. ‒ Geschwornengerichte für politische
Vergehungen sind schon längst und wiederholt versprochen, aber noch nicht
in's Leben getreten, und so seufzen unsere Angeschuldigten nicht nur unter
dem inquisitorischen Prinzipe eines allgemein repobirten Verfahrens, sondern
sie stehen auch Richtern gegenüber, welchen mindestens jede Unbefangenheit
abgeht.
[(A. OD. Z.)]
Das nämliche Blatt enthält über die „Reaktion in Oberschlesien“ Folgendes:
Wie dies kürzlich zu Herford in Westphalen geschehen, so hat auch das
Kreisblatt von Polnisch-Wartenberg in Schlesien, das gewöhnliche Organ des
dasigen landräthlichen Amtes, die Verbreitung derjenigen Gesinnungen sich
angelegen sein lassen, welche in der Neuen Preußischen Zeitung vertreten
werden. In einer der letzten Nummern gibt das Kreisblatt einen Aufsatz aus
der genannten Zeitung, worin die Regierung aufgefordert wird, die
Nationalversammlung nach Hause zu schicken, und worin man gleichzeitig dem
Volke weiß machen will, der König sei nicht frei gewesen, als er im März das
Versprechen freierer Institutionen gegeben habe. Unter diesem Aufsatze
steht: auf höhere Veranlassung abgedruckt. Der Herr Minister des Innern hat
hiervon Kenntniß genommen, und wird dem Verleger des P.-Wartenberger
Kreisblattes Gelegenheit geben, sich darüber auszusprechen, von wem diese
höhere Veranlassung ausgegangen ist.
@xml:id | #ar079_010 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Hamburg, 14. Aug.
Die auf Verfügung des Senats zum Zwecke einzuleitender Untersuchung vorläufig
verhafteten Mitglieder des in der Tonhalle am 7. d. gewählten
„provisorischen Comite's“ sind nach stattgehabter Vernehmung, gegen
gestellte Bürgschaft und von ihnen geleisteten Eid, sich zu dem ferneren
Verfahren jeder Zeit stellen und sich aller aufrührerischen Bestrebungen,
sei es durch Rede, Schrift oder That, enthalten zu wollen, ihrer Haft wieder
entlassen.
[(Börs.-H.)]
@xml:id | #ar079_011 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Apenrade, 14. Aug.
Die noch bei der dänischen Armee in Jütland befindlichen zwei schleswig'schen
Bataillone sind, nach Aussage eines von unseren Patrouillen gefangen
genommenen dänischen Jäger-Unteroffiziers, in offene Rebellion ausgebrochen,
so daß man sie hat auflösen und entwaffnet nach Fühnen senden müssen.
Ueberhaupt soll, außer bei einigen Freikorps, den Husaren und den Jägern,
der Geist ein sehr schlechter bei der dänischen Armee sein, und die
Muthlosigkeit immer mehr einreißen. Gar die Nachricht, daß nun noch 40,000
frischer Soldaten einrücken, soll viel Schrecken verursacht haben. Daher
sind, außer den genannten Abtheilungen, die übrigen dänischen Truppen zu
Patrouillen und Streifzügen gar nicht mehr zu gebrauchen. ‒ Heute rückte
wieder hannover'sche Infanterie, die bis dahin in Rendsburg gelegen, hier
durch der nördlichen Gränze zu.
[(H. B.-H.)]
@xml:id | #ar079_012 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Flensburg, 13. Aug.
Die Blätter erzählen in diesen Tagen von dem dänischen Ueberfall eines
Detachements preußischer Cuirassiere in Steppinge. Aus den Erzählungen
ersehen wir wieder, in welcher schwächlichen und entmuthigenden Weise der
Krieg von deutscher Seite und wie herausfordernd doch wenig ehrenvoll von
dänischer Seite geführt wird. Das dänische Heer aus Schleswig fliehend, nie
zum entscheidenden Kampfe Stich haltend, verbirgt sich hinter der Königsau.
Die Königsau zu überschreiten, verbietet eine blöde Politik dem deutschen
General. Ja es heißt, daß er seinen Soldaten bei strenger kriegsrechtlicher
Strafe hat verbieten müssen, auch nur über die Gränze hinüber zu schießen,
geschweige den angreifenden Feind zu verfolgen. Die deutschen Soldaten
müssen sich von den dänischen Kugeln hereinschleichender Horden hinstrecken
lassen, aber hinter seiner Gränze ist der Däne, des Deutschen ehrlosester
Feind, für ihn unverwundbar. Wo gibt es ein zweites Volk dieser Erde,
welches solche Schmach ertrug?
[(S. H. Z.)]
@xml:id | #ar079_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Rendsburg, 14. August.
Gestern Mittag ist das weimarsche Bataillon reichlich 1000 Mann stark,
gestern Abend um Mitternacht das Frankfurter Bataillon, wie es heißt 700
Mann stark, hier eingezogen. Diesen Morgen sind bereits beide weiter nach
Norden marschirt. Ob sie Gelegenheit haben werden, sich Ruhm zu erwerben,
scheint mehr als zweifelhaft, da allem Anschein nach die Waffenstillstands-
und Friedensunterhandlungen im vollen Gange sind. Man bringt die Anwesenheit
des zum Unterstaatssekretär im Reichsministerium der auswärtigen
Angelegenheiten ernannten Hrn. Max Gagern hierselbst mit letzterem Zweck in
Verbindung. Doch geht derselbe erst in einigen Tagen, wie man sagt, nach dem
Hauptquartier. Morgen wird die ganze provisorische Regierung sich nach Kiel
begeben, um bei Eröffnung der konstituirenden Versammlung zugegen zu
sein.
[(S. H. Z.)]
@xml:id | #ar079_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Stralsund, 13. Aug.
Diesen Mittag traf der Generalmajor Below von Berlin hieselbst ein und reiste
per Dampfschiff nach Schweden weiter. Derselbe besitzt die Vollmacht des
Königs von Preußen behufs Abschlusses der Verhandlungen mit Dänemark und
machte kein Hehl daraus, daß die größte Hoffnung auf den Erfolg seiner
Mission vorhanden und eine unverzügliche Beilegung der Streitfrage zu
erwarten sei.
[(H. B.-H.)]
@xml:id | #ar079_015 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
[
61
] Wien, 13. Aug.
Der Kaiser ist da, der Triumph der Demokratie ist vollständig. Bedenken Sie,
der absoluteste Monarch der Erde hat sich zum dritten Male dem fordernden
Willen seiner Völker unterworfen; er hat es in einem Augenblicke gethan, wo
die Siegesbotschaften seiner absolutistischen Armee aus Italien ihn zu neuem
Trotz hätten bestimmen können.
Noch gestern schwebte ich in banger Besorgniß über das Benehmen Wiens bei der
Ankunft des Kaisers; ich glaubte Pferdeausspannen, Wagenziehen, Auf den
Händentragen, Sklavenglücksgeschrei, Fackelzüge, Zufüßewerfen, kurz mein
Herz empörende Unterwürfigkeit sehen und hören zu müssen; aber nun schäme
ich mich dieser Besorgniß, denn Wiens Volk benahm sich groß und würdig. Im
Vollgefühle seiner eigenen Majestät empfing es den Kaiser mit siegreicher
Miene; auf allen Stirnen leuchtete der Gedanke: „Du kommst, weil wir's
gewollt!“
Um 5 Uhr landete der Kaiser in Nußdorf und fuhr durch die dichten Reihen der
von überallher, selbst von Brünn und Grätz, zusammengeströmten
Nationalgarden in den Dom zum heiligen Stephan, um dort einem von dem Hofe
bestellten Dank-Tedeum beizuwohnen, unterdessen sich das Volk über die
Motivirung der Feier von Seiten des Hofes die Köpfe zerbrach, weil es nicht
begreifen wollte, wofür der Hof sich denn eigentlich zu bedanken habe. Das
Kaiserpaar wurde zwar überall mit Hochs empfangen, aber die Hochs am 28.
Juli und am 6. August, wodurch die Revolution zum Grundsatz, Deutschland zum
Vaterland emporgehoben worden, waren doch allmächtige Riesen dagegen. Seit
dem März und 18. Mai hat Wien aber auch mehr als das Alphabet der Freiheit
gelernt. Gegen halb acht Uhr trafen in einer ungeheuren Wagenreihe alle
Deputirten des Reichstags, der Sicherheitsausschuß, Gemeindeausschuß u. s.
w. im Schlosse zu Schönbrunn ein. Schon früher war der Palatin von Ungarn
angekommen. Das Volk lagerte bis fast in die Gemächer des Schlosses hinein;
hemmende Polizei ließ sich nirgendwo blicken. Um 8 Uhr erschienen die
kaiserlichen Wagen, das Kaiserpaar schien nicht angenehm erregt zu sein; mit
besorgnißvollem Erstaunen überschaute es die souveräne Menge; es kam mir vor
als schwebe eine bloße Puppe über dem Geiste dieser Menge. ‒ Schmidt, der
Präsident des Reichstags, der übrigens ohne alle Kleiderförmlichkeit vor den
Kaiser trat, hielt eine an Inhalt der Antwort auf die Eröffnungsrede des
Erzherzogs Johann gleiche Ansprache an den Kaiser. ‒ Die Beleuchtung war
nicht so glänzend als ich es vermuthet hatte. Einen unangenehmen Eindruck
verursachte es übrigens, daß das Haupt der Kamarilla, die Erzherzogin
Sophie, nebst ihrem Pantoffelgemahl, mit dem Kaiserpaare zugleich in
demselben Wagen erschienen; man zischte sogar mitunter. Sophie sollte
nämlich nach dem Programm erst heute eintreffen; doch die Erwägung, daß sie
dann ohne alle Empfangsfeierlichkeit hier hätte einziehen müssen, mag wohl
ihren Entschluß umgeändert haben. Daß die Hofhefe ihre Intriguen trotz der
erzwungenen Rückkehr noch lange nicht aufgeben wird, weil sie dadurch nur
noch giftiger geworden sein muß, ist natürlich und wird zum Theil schon
durch ein Plakat dargethan, welches heute in aller Frühe in den Straßen
angeheftet erschien. Es ist dies nämlich eine Erklärung, welche mit seiner
Unterschrift der Ban Jellachich in die Agramer Zeitung vom 8. August
angeblich hatte einrücken lassen. Jellachich sagt darin ungefähr, daß er
sich, um die Wünsche seiner Kroaten, Illyrier und Serben mit Ungarn und dem
kaiserlichen Willen in Einklang zu bringen, mit Gefahr seines Lebens zum
dritten Male in die Hauptstadt der Gesammtmonarchie begeben und, die
Anwesenheit Johanns benutzend, eine Versöhnung erwartet habe, wodurch die
ungetrennte Einheit der zur apostolischen Krone (!) gehörenden Länder und
Völker untereinander und mit der großen Monarchie erhalten würde, daß er
sich dazu ungeachtet des schmählichen Beschlusses vom 10. Juli (wodurch
Ungarn ihn zum Reichsfeind erklärt) entschlossen habe. „Zur Grundlage,“
fährt er fort, „der von Johann übernommenen Vermittelung mußte ich, als von
ihm selbst bestellter Vertreter der Nation, (?) nach dem Beschlusse des
letzten Landtags (?) die Vereinigung der Ministerien des Kriegs, der
Finanzen und der auswärtigen Geschäfte mit der Verwaltung der
Gesammtmonarchie die volle Wahrung und Gleichberechtigung unserer
Nationalität und Sprache, sowohl in der inneren Verwaltung als auf dem
gemeinsamen Reichstag in Ungarn und endlich die Erfüllung der Wünsche und
Ansprüche der serbischen Nation in Ungarn feststellen, eine Grundlage, von
welcher abzugehen mir weder meine Ueberzeugung erlaubte, noch der
ausgesprochene Wille der Nation ein Recht gab. Dieses guten Vorhabens
ungeachtet, so schließt der serbische Räuberchef, hätten sich der Palatin
(den er in Agram in Effigie an den Galgen hat aufhängen lassen) und
Ministerpräsident (Bathyany) dem Reichstag und seiner Partei gegenüber nicht
in die Lage versetzt, ihm auf diesem letzten Schritt die verlangte
Gnugthuung zu geben, und müsse es daher der Zukunft anheimgestellt bleiben
die kroatische Sache zu entscheiden. Italien ist zerschmettert, nun soll es
mit aller Macht über Ungarn hergehen, und diese Erklärung ist nichts weiter
als die Kriegserklärung Jellachich's, wodurch alle Schuld auf Ungarn gewälzt
und die Gemüther Wiens dawider aufgestachelt werden sollen. Mit dieser
Kriegserklärung steht aber eine ebenfalls in den Straßen angeheftete, von
morgen an stattfindende freiwillige Werbung für das steierische
Schützen-Freibataillon um so mehr in offenbarem Zusammenhang, als man damit
die durch Jellachich's Erklärung in Wien gewonnenen Slaven mit denen in
Steiermark vereint in der Nähe Wiens und Ungarns bewaffnet aufstellen kann.
So erklärt sich auch Jellachich's Anwesenheit in Grätz.
Die Nationalgarde duldete, wie schon bemerkt, bei der Ankunft des Kaisers,
weder in Wien, noch in Schönbrunn, Polizeiaufstellung. ‒ In seinem bösen
Gewissen träumte man sich indessen allerhand Möglichkeiten, und meinte gar,
es könne, um mich eines stereotypen Ausdrucks zu bedienen, von einer
gewissen Partei auf einen Handstreich gegen den Kaiser abgesehen sein. Aus
diesem Grunde wurden theils öffentlich unter Vorwänden, theils insgeheim,
Abtheilungen Militär, schwere Kavallerie und Infanterie, nach Schönbrunn
beordert, und alle Posten sorgfältiger als gewöhnlich, mit Jägern bestellt,
deren Gesinnung als volksfeindlich bekannt ist. Ferner wurde die versteckte,
aber dicht beim Schlosse gelegene Reitschule in aller Eile zur Aufnahme von
Kavallerie und Infanterie eingerichtet.
Der größere Theil der Kamarilla ist in Innsbruck verblieben, die Operationen
dürften vorläufig daher schwieriger sein. Daß der Empfang des Kaisers ein
nicht blos konstitutioneller, sondern ein eines souveränen Volks durchaus
würdiger gewesen, geht, wenn man ihn recht ansieht, indirekt selbst aus dem
altösterreichischen Pfaffensalbader der Wiener Zeitung hervor, in welchem
sie gestehen muß, daß der Reichstag an dem Te Deum keinen Theil genommen,
sondern sich darauf beschränkt hat, den Kaiser in Schönbrunn zu erwarten,
weil er ihn aus Innsbruck zurückgefordert hatte.
@xml:id | #ar079_016 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
[
15
] Wien, 13. August.
Wir haben gesiegt, wir, das souveräne Volk von Oesterreich! Das Volk hat in
seiner Reichstagsdeputation den Kaiser zurückgeführt in seine Residenz, auf
den Platz, den ihn die Hofpartei so feige verlassen machte. Wir haben
gesiegt, die Revolution ist anerkannt, ist sanktionirt, und wird nun
unaufhaltsam ihren Gang fortgehen; die Umgestaltung des Staates durch den
Reichstag wird vollendet werden, wie bitter auch die Bezwinger Mailand's
darüber grollen.
Der Einzug des Kaisers ‒ er erfolgte gestern Abend 6 1/2 Uhr ‒ war ein wahrer
Triumphzug des Volkes, das in allen Straßen wogte und seinen reuigen Fürsten
mit ziemlich lauer Feierlichkeit empfing. Der Kaiser sah sehr blaß aus und
schien sehr ergriffen, über die Wangen der Kaiserin rollten helle Thränen.
Ruhiger, stolzer, sicherer blickte die Erzherzogin Sophie über die Menge
hin, sie scheint den Sieg des Volkes noch gern als ihr Werk betrachtet
wissen zu wollen. Einige Hofdamen der Suite, namentlich die berüchtigte
Bibini, empfingen an der Bognergasse die unzweideutigsten Beweise der
öffentlichen Meinung über sie in gellenden Pfiffen. Nach dem im Dome zu St.
Stephan abgehaltenen Te Deum eilte der Hof nach Schönbrunn, wohin ihn der
Reichstag in corpore begleitete.
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@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Wien, 7. August.
Heute hat endlich der Minister Schwarzer bei Gloggnitz den ersten Spatenstich
zur Gebirgseisenbahn über den Sömmering thun lassen, und soll dies
großartige Werk, das unter der alten Büreaukratie aus Bedenklichkeiten aller
Art niemals zu Stande gekommen wäre, nunmehr in raschester Weise gefördert
werden, denn ohne Vollendung dieser bedeutenden Wegstrecke (mit Umwegen 5
Meilen) kann der Verkehr der Südbahn, obschon diese eben auf einen
großartigen Handelsverkehr angewiesen ist, nie seine volle Wichtigkeit
erlangen, da die Umladungen ein zu lästiges Hinderniß sind.
[(Bresl. Z.)]
@type | jFeuilleton |
@facs | 0398 |
@xml:id | #ar079_019 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
[Fortsetzung] ist wahrhaftig nicht verlegen um
irgend einen denkwürdigen Gegenstand. Für alle möglichen Feierlichkeiten ist
man vorbereitet. Wenigstens zwei oder drei Mal im Jahre läutet man zur Feier
irgend eines Festes mit allen Glocken und mit allen Römergläsern; wenigstens
zwei oder drei Mal schießt man aus Kanonen und Böllern und läßt Raketen
aufsteigen und steckt die Giebel der Häuser voll Fahnen und schmückt die
Thüren mit Eichenlaub und die eigenen Rücken mit Sonntagsröcken; wenigstens
zwei oder drei Mal öffnet man die Kirchen, damit alle Welt die lieblichen
Heiligenbilder sehe und läßt die Wirthshäuser wagenweit offen stehen, damit
jeder Fremde sich davon überzeuge, wie die Kölner so fromme und so lustige
Leute sind; wenigstens zwei oder drei Mal läßt man die Lokalgrößen ihre
wundervollsten Reden halten, die Mädchen und Frauen ihre schönsten Kleider
spazieren führen, alle Stadtmusikanten zu irgend einem stillen
Gartenvergnügen ihre Waldhörner blasen und zwei oder drei Mal im Jahre läßt
man den alten Gürzenich bis in seine basaltenen Grundfesten zittern von dem
Tanz oder dem Gelage seiner heitersten Bürger. So war es bisher und so wird
es in Zukunft sein; der Feste wird es geben in Cöln, so lange Groß-Martin
und der Baienthurm in den Rhein schauen und so lange über dem Rhein das alte
Banner weht mit den 3 Kronen und den 11 Funken und den Farben roth und weiß,
die gewissermaßen das Sinnbild des vielen rothen und weißen Weines sind, der
in Köln getrunken wird.
So mit Erinnerungen spielend und zitternd vor Nässe und süßer Erwartung
mochte ich eine halbe Stunde im furchtbarsten Gedränge gestanden haben, da
entstand vor der Thüre des Domes eine unruhige Bewegung; die Mäuler
flüsterten, die Hälse reckten sich, die Regenschirme wurden geschlossen und
Federbüsche und lange Schnurrbärte und kriegerische Figuren nickten in den
Domhof hinaus.
Voran der Erzherzog Reichsverweser und der König von Preußen. Der
Reichsverweser ist ein kleiner, alter Mann mit gutmüthigem Gesichte und mit
großem fahlen Schädel. In der That, dieser ernste Schädel hängt über dem
freundlichen Antlitz wie Gletscher über einem friedlichen Alpenthale. Der
alte Herr nahm sich ganz liebenswürdig in dem grauen Soldatenmäntelchen aus;
nach der frommen Hitze des Domes schien es ihn in der feuchten Außenwelt zu
frösteln; er hielt die Krämpe des Mantels fest an einander und trippelte
vorsichtig über die glatten Steine. Wenn ich nicht den tiefsten Respekt vor
unserm Reichsverweser hätte, so glaube ich, daß mir das Lachen näher gewesen
wäre, als das Weinen. Es ist nämlich ein Fehler meiner Einbildungskraft, daß
ich mir einen Kaiser, oder einen Reichsverweser, noch immer wenigstens 7 Fuß
hoch denke, mit furchtbaren Lenden, breiter Brust, schrecklichem Barte ‒ mit
einem Worte, ein Kaiser mußte meiner Meinung nach ein Eisenfresser sein, ein
Mann, der bei jedem Ritt ein oder zwei Hengste zu Schanden reitet, der die
Türken lebendig frißt und allzeit Mehrer des Reiches mit einem Säbel über
das Pflaster rasselt, bei dem einem alle Schrecken des jüngsten Gerichts
einfallen. Wie freute ich mich daher, als ich das friedliche Antlitz des
alten Johann erblickte. Es wurde mir ganz familiär zu Muthe, ich würde den
Hut vom Kopf gerissen und ihn bewillkommend geschwenkt haben, wenn nicht
meine Hände in den Taschen gesessen hätten und dergestalt von meinen
schaulustigen Nachbarn zusammengepreßt worden wären, daß nur eine
Herzensregung nicht zu den Unmöglichkeiten gehörte und an ein Schwingen des
Hutes vollends gar nicht zu denken war. Genug, der alte Erzherzog
Reichsverweser hat mir ausnehmend gut gefallen; was mich betrifft, so habe
ich mir fest vorgenommen ihn nie zu kränken, weder durch Wort noch durch
Schrift; und was ihn angeht, so erwarte ich, daß Herr Johann ebenfalls
Mitleid mit mir haben und mich nie köpfen lassen wird. Se. Majestät den
König von Preußen kannte ich schon von früher. Er ist noch immer derselbe,
wohlaussehende Mann, mit den jugendlich rothen Wangen und dem pfiffigen
Lächeln. Manche meiner Nachbarn behaupteten freilich, er sei etwas magerer
geworden, man sähe Spuren der Sorge und der Betrübniß in seinen Zügen und
sein Auge strahle nicht mehr so volksvertrauend wie früher.
Ich muß gestehen, ich halte diese Ansicht für grundfalsch. Ich habe noch nie
eine so heitere Majestät gesehen ‒ und ist nicht alle Ursache dazu
vorhanden? geht nicht Alles nach Wunsch? ist nicht Alles wieder ruhig und
kommt nicht Alles Herrn Hansemann auf die Kappe, wenn wieder einmal ein
unhöflicher Krawall losbrechen sollte? Aus voller Kehle schrie ich daher:
„Es lebe der König!“ und: „Es lebe der Erzherzog Reichsverweser!“ und ich
mäßigte erst meinen Jubel als einige alte Generäle mit grausenerregenden
Gesichtern den beiden Fürsten auf dem Fuße folgten und mich mit so komischen
Augen von oben bis unten betrachteten, als merkten sie trotz meiner loyalen
Jubelausbrüche einigen Unrath und als wollten sie sagen: „Kerl, du bist doch
ein Kryptorepublikaner und der Teufel soll dich holen, Kanaille!“ ‒ Da saßen
die Fürsten in der Tiefe des schützenden Wagens und hinter ihnen her wogte
das Volk, lange Gymnasiasten und duftende Hofräthe, Flegel vom Lande und
gebildete Städter, Soldaten und Handwerker, Gemüseweiber und Taschendiebe,
und in dem steinernen Laubgewinde des Domes fingen die Glocken an zu brummen
und zu summen, gleich riesigen Käfern in den Zweigen einer Linde und unter
Lachen und Fluchen, unter Boxen, Beten, Grunzen und Hurrahrufen stürzte der
Strom der Menge in die engen Gassen hinunter, daß man seinen besten Feinden
auf die Hühneraugen trat und an den Wänden der Häuser hinauf zu fliegen
meinte vor lauter Luft und Begeisterung.
(Fortsetzung folgt.)
@xml:id | #ar079_020 |
@type | jArticle |
@facs | 0398 |
Der Ballon des Herrn Coxwell.
Der bekannte englische Luftschiffer Herr Coxwell ist bereits 2 Mal von Köln
aufgestiegen. Das erste Mal, am vorigen Sonntag, erhob sich der Ballon in
östlicher Richtung und senkte sich nach einer Fahrt von 3/4 Stunden bei
Neu-Hohenrath, Bürgerm. Wahlscheidt, in einer Entfernung von 7 Stunden.
Gestern, am Mittwoch, beim herrlichsten Wetter, trieb der Ballon in
nordwestlicher Richtung und fiel nach einer Fahrt von 1 Stunde, in einer
Entfernung von 5 1/2 Stunden bei Evinghoven, Kreis Grevenbroich. Jedesmal
wurde Herr Coxwell von mehreren Freunden begleitet. Der Coxwell'sche Ballon
ist von höherer Elegance als der Green'sche und vielleicht der größeste der
existirt.
Donaufürstenthümer.
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@type | jArticle |
@facs | 0399 |
Bukarest, 24. Juli.
Hier sind folgende Dekrete erschienen: Im Namen des rumanischen Volkes!
Gerechtigkeit, Brüderlichkeit. Die provisorische Regierung decretirt: Dem
Willen des rumanischen Volkes gemäß sind Rang und Titularwürden für immer
abgeschafft. Fortan wird Niemand in was immer für einem öffentlichen Akt
sich irgend einen Rang beilegen können. Der einzige Unterschied der zwischen
den Rumanen bestehen wird, ist der ihrer Tugenden und ihrer Verdienste um
das Vaterland. ‒ Ein Dekret fordert jeden Bewohner der Hauptstadt auf, der
im Besitze von zwei Gewehren ist, eins dem Staate zu leihen. Endlich wird im
Civil- wie im Militärgericht die entehrende Prügelstrafe im ganzen Lande für
immer abgeschafft. ‒ An den österreichischen Agenten Timoni richtet „ein
compactes Häuflein österreichischer Staatsbürger“ einen Aufruf, worin die
Aufpflanzung der schwarz-roth-goldenen Fahne, statt der schwarz-gelben, die
noch immer vom Agentiegebäude herabweht, verlangt wird.
[(Sieb. B.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0399 |
Bukarest, 26. Juli.
Die provisorische Regierung fordert zur Unterzeichnung einer Adresse an den
Kaiser von Rußland auf. Diese lautet:
Bukarest, 20. Juli. Im Namen des rumanischen Volks. Gerechtigkeit,
Brüderlichkeit! Die provisorische Regierung. Brüder! In Uebereinstimmung mit
der Proklamation des Volkes hat die Regierung folgende Adresse verfaßt,
welche von Seiten des Landes Sr. Maj. dem Kaiser von Rußland zugesendet
werden soll. Ihr werdet daher sämmtlich zur Kenntnißnahme von dieser
gedruckt circulirenden Adresse eingeladen und ersucht, dieselbe auf der
Kommission, in deren Bezirk ihr wohnt, zu unterschreiben. Gruß und
Brüderlichkeit. Die Mitglieder der Regierung. Neophit, Metropolit der
Ungro-Walachei: Ehr. Tell. St. Golesco. G. Magieru. I. Eliad. K. A.
Rosetti.
Sire! Nachdem sich das rumanische Volk mit Vorbehalt einer unabhängigen
Verwaltung im Innern unter Suzerainetät der hohen Pforte gestellt, hat es
stets gegen jeden Versuch von innen oder von außen, dieses Recht, die erste
und hauptsächliche Bedingung seiner Unterwerfung, anzugreifen, protestirt.
Daher kam es, daß die zwischen der hohen Pforte und Rußland geschlossenen
Tractate dieses Recht Rumaniens bekräftigten und sicherten durch die
Bürgschaft der letztern Macht. So hat der Tractat von Akjerman, in
Berücksichtigung, daß Rumaniens Wohlfahrt durch Einsetzung fremder Fürsten
stets gefährdet sei, dem Lande das Recht eingeräumt, sich seinen Fürsten aus
seiner Mitte zu wählen; und im Jahr 1829, als sich das Bedürfniß einer
socialen Reform noch fühlbarer machte, wurde durch die Traktate von
Adrianopel das organische Reglement eingeführt. In allen diesen
Verhältnissen hat der kaiserl. russische Hof bei Abschluß der Tractate mit
der Pforte sich auf den Willen des rumanischen Volks berufen, gestützt auf
eine gewisse Anzahl Unterschriften von Personen, welche das Bedürfniß einer
radikalen Reform weniger empfanden, denn sie gehörten Alle der privilegirten
Klasse an. Das rumanische Volk, welches in dem organischen Reglement die
Morgenröthe seiner Freiheit und seines Heiles zu begrüßen wähnte, hat nach
trauriger, siebenjähriger Erfahrung seinen Irrthum eingesehen und sich
soeben durch eine friedliche, würdevolle Revolution Gesetze gegeben, welche
mit den Fortschritten der Civilisation und den Bedürfnissen des Landes in
besserm Einklange stehen. Diese Revolution war binnen drei Stunden
vollendet, ohne daß man das mindeste Unglück zu beklagen hatte, ohne daß die
öffentliche Ruhe nur einen Augenblick gestört worden wäre. Indem Fürst
Bibesco, nachdem er die ihm zur Bestätigung vorgelegte Konstitution
unterzeichnet, zwei Tage später die Regierung niederlegte, mußte eine
provisorische Regierung, den Metropoliten an der Spitze, sich organisiren,
und sie arbeitet seither ohne Unterlaß, die gute Ordnung aufrecht zu
erhalten, welche nichts zu wünschen übrig läßt, und die neue Reform in
Ausführung zu bringen, welche da sie sich nur mit Ordnung der innern
Angelegenheiten auf breitern und angemessenern Grundlagen befaßt, die Rechte
keiner fremden Macht im mindesten verletzt. Diese neue, von dem einstimmigen
Wunsche des rumanischen Volks geforderte und festgestellte Ordnung der Dinge
haben die Unterzeichneten die Ehre, im Namen des Volks zur Kenntniß Ew.
kaiserl. Maj. zu bringen, wie sie dieselbe auch zu gleicher Zeit im
Angesicht Europas ausgesprochen, fest überzeugt, daß Ew. Maj. sie ansehen
werden als eine natürliche Folge der Unabhängigkeit unserer innern
Verwaltung, einer Unabhängigkeit, welche nothwendigerweise das Recht nach
sich zieht, die Gesetzgebung des Landes zu modificiren, ja sie gänzlich
umzuändern. Von diesem Grundsatz ausgehend, und ohne Zweifel über die
Aufrichtigkeit der Sympathien, welche Rußland stets für uns an den Tag
gelegt, leben wir der festen Hoffnung, daß Ew. Maj. dieses Werk friedlicher
Regeneration, den einzigen und wahrhaften Ausdruck des Volkswillens
anzuerkennen keinen Anstand nehmen werde. Endlich glauben wir erklären zu
müssen, daß wir an ganz Europa appelliren, uns unter seinen unmittelbaren
Schutz stellen und seinen Beistand ansprechen für den Fall, daß man unserm
Recht und der neuen Ordnung der Dinge Anerkennung verweigern sollte.
[(Sieb. W.)]
Schweiz.
@xml:id | #ar079_028 |
@type | jArticle |
@facs | 0399 |
[
***
] Zürich, 14. August.
Zwar nicht einstimmig, wie ich in meinem letzten Schreiben vermuthete, aber
doch mit großer Mehrheit ist in Zürich, Bern, Solothurn, Genf und Baselland
vom Volk die Bundesverfassung angenommen, in Zürich mit 25061 gegen 2488. Am
meisten verwerfende Stimmen ergaben sich, nicht in Bern, wie man erwartet
hatte, sondern in Solothurn, wo man es am wenigsten erwartet hatte, nämlich
3810 Verwerfende gegen 4141 Annehmende; unter den sechs Amteien hatte
Dorneck und Thierstein, das sogenannte Schwarzbubeland, mit großer Mehrheit
verworfen. Ich glaube beinah, die Schwarzbuben und die übrigen verwerfenden
Solothurner haben blos einmal ihren eigenen Kopf aufsetzen und Herrn
Münzinger zeigen wollen, daß doch nicht immer Alles nach seiner Pfeife
tanzen mag. Es wäre allerdings wohl schicklicher gewesen, dieses bei einer
minder wichtigen Gelegenheit zu zeigen, aber wenn dem Schweizer einmal etwas
quer durch den Kopf geht, so läßt er auch nicht davon ab. Und so gar wichtig
erscheint ihm denn so eine Bundesverfassung auch nicht; das zeigt sich schon
in der großen Anzahl stimmfähiger Bürger, die gar nicht an der Abstimmung
Theil genommen haben; in Zürich war es über die Hälfte, in Bern wohl 4/5,
die gar nicht mitgestimmt haben. Die Schweizer thun ganz erstaunt über
diesen Mangel an Theilnahme und suchen ihn aus allerlei Gründen zu erklären,
da sie den wahren und ganz auf der flachen Hand liegenden Grund, den
beschränkten Kantönligeist, der ein allgemeines Interesse an
Bundesangelegenheiten nicht aufkommen läßt, sich nicht gern eingestehen
wollen, denn er paßt allerdings schlecht zu den eidgenössischen Phrasen,
womit man sich so gern amüsirt. In Bern hatte man (die Annahme erfolgte mit
etwa 11000 gegen 1353 Stimmen) auf eine größere Zahl verwerfender Stimmen
gerechnet; denn die Berner Unitarier, die wohl wußten, daß von dem
Standpunkte ihrer Einheitsbestrebungen aus das Volk nicht gegen den
Bundesentwurf in Bewegung zu setzen sein würde, hatten an das
Kantonalinteresse appellirt, und den Bernern vorgerechnet, daß ihr Kanton
bei der neuen Bundesverfassung jährlich 400,000 Schw. Fr. Schaden haben
würde. Und dennoch nur 1353 Stimmen! Man sieht, wie wenig die Schweizer von
einem Einheitsstaate etwas wissen wollen. Ich will es durchaus nicht
bestreiten, daß der Bundesentwurf wesentliche Mängel darbietet; indessen das
Schweizervolk wollte nun einmal nicht auf revolutionärem Wege mit der
Vergangenheit brechen, und somit mußte denn auch die
Bundesrevisionskommission auf die speziellen Verhältnisse und Wünsche von 22
Kantonen und außerdem noch auf hunderttausend Privatköpfe Rücksicht nehmen.
Unter den Verwerfenden haben aber, mit Ausnahme der hier und da zerstreuten
Unitarier, die Wenigsten sich durch die wirklichen Mängel des Entwurfes
bestimmen lassen; denn selbst im Kanton Zürich, der unter den deutschen
Kantonen der politisch gebildetste sein will, herrscht bei einem großen
Theile des Volks eine ganz erschreckliche Unwissenheit in Beziehung auf die
Bundesverhältnisse und auf das Wesen der neuen Bundesverfassung. Wo die
Einzelnen für Verwerfung stimmten, da war's entweder ein ganz
untergeordneter, unwesentlicher Punkt, oder auch irgend ein querer Einfall,
der sie dazu bewog. Die kleine Gemeinde Zumikon im Kanton Zürich stimmte für
Verwerfung, weil sie in der Verfassung die Garantie für die Neujahrgeiger
(eine Art privilegirte musicirende Bettelei) vermißte. In einer andern
Gemeinde stimmte ein alter Mann, der Einzige in der ganzen Gemeinde, für die
Verwerfung; auf die Fragen seiner Mitbürger, welche gern einstimmige Annahme
in ihrer Gemeinde gesehen hätten, wußte er nichts zu erwiedern als: „es
gefallt mir nun emol nütt.“ Die demokratischen Waadtländer sind dem Entwurf
auch gar nicht sonderlich gewogen, aber aus entgegengesetzten Gründen, als
die Berner Radikalen, mit denen sie sonst, namentlich in der auswärtigen
Politik, sympathisiren. In einer Versammlung der „patriotischen Association“
drang Eytel entschieden auf Verwerfung; die Versammlung fand, der Entwurf
sei zu wenig demokratisch ‒ nun das begreift sich und ist ganz plausibel;
sodann, er sei allzu unitarisch. Der Staatsrath
trägt zwar beim Gr. Rathe auf Annahme an, aber in sehr kühlen Worten; kurz
das Schicksal der Bundesverfassung in der Stadt Waadt ist noch sehr
zweifelhaft. ‒ Der Tessiner Staatsrath hat eine Proklamation erlassen, die
bedrängte Lage der unglücklichen Flüchtlinge nicht zu benutzen, um sie zu
übervortheilen; die Tessiner scheinen dieses also ziemlich stark getrieben
zu haben. Die Zahl der Flüchtlinge ist unglaublich groß, namentlich von
jüngeren Männern, die durch das Gerücht, Radetzky stecke alle jungen Leute
unter die Soldaten und schicke sie nach Ungarn, zu dieser massenhaften
Flucht veranlaßt wurden.
Französische Republik.
@xml:id | #ar079_031 |
@type | jArticle |
@facs | 0399 |
[
17
] Paris, 14. August.
(Schluß des gestern abgebrochenen Artikels):
Der „Representant du Peuple“ Proudhon's kündigt an, mehrere Kapitalisten
hätten ihm bereits die Kaution von 24,000 Fr. zu Gebot gestellt, und bringt
einen schneidenden Angriffsartikel auf die „Malthusianer, in deren tödtenden
Händen jetzt Frankreich schmachtet“, auf „die Herren vom Constitutionnel und
deren langen bösen Schleppschweif, der durch die ganze Presse sich
hinzieht,“ gegen „die Infamen, welche im Alleinbesitz des großen Kapitals
zehren vom Marke des Arbeitervolkes und höhnisch frech demselben zurufen:
zeuge nur immerfort Töchter, wir wollen sie lieben;
für die Knaben freilich ist kein Platz mehr nach
dieser Theorie am Orgientische des Lebens, die können und sollen verhungern.
Das Gouvernement ist von Malthus inspirirt gewesen, als es die
hunderttausend Nationalatelierarbeiter absichtlich arbeitslos ließ oder zu
fruchtloser Scheinarbeit verdammte, wodurch sie lächerlich wurden; von
Malthus inspirirt, als es die Transportirung der Gefangenen dekretirte;
Malthus ist überall, wo der Große den Kleinen aussaugt und noch größer und
dicker wird, Malthus ist auch, wo der große Industrielle den kleinen
Gewerbsmann, der große Kaufherr den kleinen Händler, der große Geschäftsmann
den kleinen Agenten niederdrückt u. s. w. Die „Vraie Republique“ stimmt
völlig bei und fragt: „Ist den Machthabern des Tages etwa unbekannt, daß vor
50 Jahren bei uns zwei Dürftige auf zwölf, heute aber zwei auf neun gezählt
werden? Daß 22 Millionen vom Salair Lebende, und 8 Mill. Bettler zwischen
Rhein und Pyrenäen seufzen und fluchen? Wenn ihr diesem Umstande nicht
abhelfen mögt, dann war es nicht nöthig eine Februarrevolution zu machen.
Ihr geht einer heitern Zukunft entgegen, meine lieben Herren, wir gratuliren
zu diesem steigenden Wohlbefinden unserer armen Nation.“ Der „Père du Chène“
ist endlich wieder erschienen, er erklärt nichts über die Junischlacht sagen
zu wollen, da er entweder zu wenig oder zu viel sagen würde, vor Allem aber
die Republik retten wolle. Er hatte an die Kammer vor ihrem Votum über die
Journalkautionen eine Petition zugeschickt, worin es hieß: „um dem
Preßmißbrauch vorzubeugen macht ihr aus dem Rechte Aller ein Recht einiger
Weniger; aus der Sittlichkeitsfrage macht ihr eine Geldfrage, und doch hat
die Februarrevolution selbst die Ansprüche der Kapacitäten abgeschaft; ihr
seid im besten Zuge Frankreichs Nation in zwei sehr ungleiche Haufen zu
spalten, in die Reichen und Armen, in die Erwählten und Verfluchten. Zu den
erstern sprecht ihr: Gebt Geld, Geld! und eure Gedanken und Federn sind
frei; zu den letztern: Ihr müßt schweigen, denn ihr seid im Verdacht, eine
Gesellschaft stürzen zu wollen, wo der Zufall der Geburt nicht Jedem das
große Loos zuwirft; also still, ihr Unbemittelten! nur die Juden des
Gedankens dürfen fortan reden. Repräsentanten! ihr solltet verzichten auf
jede Vorkehrungsmaßregel; sonst müßtet ihr auch vom Kaufmann Gewähr
verlangen, daß er nicht die öffentliche materielle Gesundheit, vom Priester
und Lehrer, daß er nicht das geistige Wohl vergifte; das wäre logisch. Ihr
müßt wissen, mit Geldbußen straft ihr weniger den Schuldigen, als seine
unschuldige Familie; ihr erdrosselt die Presse des Arbeitervolks, und drängt
den Groll zurück in das Herz, wo er verwüstet und zu neuer schrecklicher
Verwüstung aufstachelt. Straft aber streng jede Verläumdung in der Presse;
das wird genügen.“ Er bevorschlagt ferner die auf etwa 40,000 Fr.
gestiegene, für das riesenhafte Volksbanquet à 5 Sous bestimmte und auf der
Bank deponirte Summe jetzt ohne Säumen an die nothleidenden Angehörigen der
Gefangenen auszutheilen; den Arbeitern im Seinedepartement räth er bei der
nahen Ersatzwahl zweier Repräsentanten ihre Stimmen auf nur zwei Männer zu koncentriren. Ein Gespräch zwischen einem
Bourgeois und Bauer findet sich in dieser Nummer, worin es heißt:
„Sagt mal, Bourgeois, was ist das: Sozialisten? ‒ Ha, das sind Räuber,
Schufte! ‒ So? ‒ Ja, das sind Hunde, sie wollen, daß die Republik allen
Arbeitern Arbeit sichere. ‒ Na, das ist nicht übel. ‒ Was? ‒ nicht übel? es
ist scheußlich, wir reiche Leute müßten ja dann Geld
ausgeben. ‒ Na, das wäre nicht schlimm. ‒ (Der Bourgeois wird roth und
bläulich, bebt vor Wuth) Was? nicht schlimm? das wäre ja der Todesstoß für
Freiheit, Familie, Eigenthum!! Ho, wenn alle Welt arbeiten thäte, das wäre
kein Unglück für die Familien und das Eigenthum, scheint mir's. ‒ (Der
Bourgeois fährt krampfhaft zusammen, schimpft den Bauern, der aber sagt):
Na, ruhig da, nicht so hitzig; die Reichen haben ihr Geld im Kasten
verschlossen, dem Armen keine Arbeit gegeben, also den Armen am Eigenthum
geschmälert und zum Tode verdammt, denn Arbeit ist sein einziges Eigenthum.
‒ Das sagen die verfluchten Sozialisten! ‒ So? na, nur zu, dann bin ich auch
ein Räuber, auf die Namen kommt nichts an,
Bourgeois, guten Abend.“ ‒ Daß eine Reaktion gegen die Reaktion, eine
Kontre-Reaktion herannaht, scheint unzweifelhaft; die Kammer steht an der
Schwelle eines eklatanten Bruches, und die öffentliche Meinung desgleichen;
nur dürfte es noch gar weit sein von da bis zur Rehabilitation des
Proletariats. Gewiß ist, daß alle sozialistischen
Parteien sich seit der Junischlacht die Hände reichen, und über ihre
speziellen Marotten das Wort: „Arbeitsrecht“ aufpflanzen; diese Tendenz ist
sichtbar, wenn man Representant du Peuple, Demokratie pacifique, Republique,
Vraie Republique, Reform und Populaire vergleichend liest. Es ist eine
Fussion, die der Konstitutionnel zwar höhnisch „eine babylonische Konfusion“
nennt, die aber sehr schnell fatal ihm und seinem Gelichter werden dürfte.
Auch ist er bereits mit Cavaignac nicht mehr recht zufrieden; diese
hochnäsige Bourgeoisie ist nahe dran zu vergessen, daß sie im Juni platt
geschlagen und entwaffnet worden wäre, hätte der Afrikaner ihr nicht
beigestanden.
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@facs | 0399 |
[
12
] Paris, 13. August.
Geld! Was ist zu thun, um das Geld in sichern Fluß, die Fonds in Cirkulation,
den Cours in die Höhe und die Republik in den Cours zu bringen? Hierauf
kommt Alles hinaus, und nur von diesem Standpunkte aus ist es möglich, die
Debatten in der Kammer, die Sprache in den Journalen und die diplomatischen
Angelegenheiten Frankreichs zu verstehen. Geld! Die Debats und der National
sind darüber vollkommen einverstanden.
„Sicherlich, zur Ordnung gehören eben die Bayonette nicht. Aber wir Franzosen
sind einmal so; wir fahren leicht aus der idealen Ordnung hinaus, die man
bürgerliches Gesetz nennt; ein Leichtes aber ist es uns, in Uniform der
Uniform zu gehorchen. Wir sind ein wahrhaft friedfertiges und stabiles Volk,
wenn wir im Feldlager sind, eine Armee bilden: auf dem Forum dagegen
gerathen wir sehr leicht in Anarchie.“
„Unsere Freiheiten bedürfen daher eines starken Gegengewichtes. Das beste
Gegengewicht ist der Degen.“
Wer hat dies geschrieben, die „Debats“ oder der National? Beide können sich
als Verfasser hinstellen; beide wollen Ordnung; nur muß der National ein
wenig schonender, milder, ideologischer, mit einem Worte, konservativer
auftreten, da die Sache, die er zu konserviren hat, weit zarterer, weit
geistigerer Natur ist; er hat hat eben für den Augenblick nur eine
ideologische Sprache zu konserviren. Caussidière gestand sehr offen, daß er
die Ordnung mit der Unordnung machen mußte; jetzt handelt es sich darum, die
Ordnung mit dem Despotismus herzustellen, und warum alles dies? Um den
Handel herzustellen, die Industrie zu beleben und die „Fonds“ flott zu
machen.
Aber das Diktatorschwerdt ist keine Achilleslanze! Es mag die Agiotage wieder
beleben; es wird keineswegs den Handel und die Industrie hervorrufen. Glaubt
man etwa, daß die französische Gesellschaft dem Herrn Marrast und seinen
Salons zu Liebe, sich in ein Mauseloch resp. eine Kaserne hineindrängen
lassen wird?
Ordnung auf Kosten des Despotismus, Frieden und Geld um jeglichen Preis! Die
Republik braucht Geld, und Marrast ebenfalls. Und um Geld zu haben, muß die
Regierung die friedfertigsten Gesinnungen allenthalben kund thun: Bündniß
mit England, die Nichtintervention und die Debatten in der Kammer. Zu
verhypothekiren ist nichts mehr da, wenigstens muß man zeigen, daß man an
dem, was Andere haben, festhält, es ihnen garantirt, um dann es ihnen
entlehnen zu können. Vor allen Dingen soll also le principe de la propriété,
das Eigenthumsprincip als unverletzlich erklärt werden, und die „Debats“
nennen
[0400]
den Urheber dieses Amendements, Jules Fabre, einen
großen Redner. Das Eigenthum soll nicht mehr in Frage gestellt werden.
Welches Eigenthum? Die Grundrente, die Hypotheke, die
Staatsschuldverschreibungen? Wenn man Herrn Dupin zuhört, so sollte man
glauben, es handele sich bloß von dem, was ich eigens in Händen habe, und
was unverschämte Räuber mir entreißen wollen. Man sieht, daß ein
Staatsprokurator spricht. Die „philosophischen Diskussionen“ will er gelten
lassen; aber nicht die Negation des Rechtes, des Eigenthumsrechts. Jules
Favre unterscheidet die Diskussion dieses Princips, von Angriffen gegen
dieses Princip. Der Angriff sei ein Aufruf zur Leidenschaft, zum Umsturze,
und dieses eben veranlasse ihn zu seinem Amendement der Heiligsprechung, der
Unverletzbarkeit des Eigenthumsprincips.
Die Eisenfabrikanten in Frankreich sind bekanntlich sehr reich; es steht ein
ungeheurer Zoll auf englische Eisenwaaren, und es gehört ein enormers
Kapital dazu, eine Eisenhütte anzulegen. Wenn der Staat morgen den Zoll
aufhebt, so sind die Eisenfabrikanten, ungeachtet ihrer Eisenhütte und
Rechtstitels ruinirt. Dieses Eigenthumsrecht ist daher lediglich ein
gesellschaftliches Verhältniß. Haben Herr Favre und Dupin alle Angriffe auf
dieses Recht untersagen wollen?
Herr Leroux empfand wohl, daß man einen Unsinn beschlösse. Er will bloß das
„wahre Eigenthum“ als unverletzlich erklärt haben. Das „nicht wahre
Eigenthum“ ist nach ihm das Kapital. Wie Dupin in seinem
Staatsprokurator-Bewußtsein beim Eigenthum an's Stehlen denkt, so denkt
Leroux in seiner philosophischen Naivität an's Verdienen, an den
klein-bürgerlichen Erwerb. Statt die verschiedenen Formen des Eigenthums in
ihrer verschiedenen historischen Entwickelung uns zu geben, spricht man von
einem Princip des Eigenthums, das als unantastbar aufgestellt werden soll.
Das „Eigenthumsprincip“ setzt doch offenbar einen Rechtstitel, im
juristischen Sinne voraus; dieser Rechtstitel, als solcher ist mir durch den
Code schon als unantastbar, als unangreifbar, ich meine als den Händen
unzugänglich garantirt, eben so sehr wie das Grundeigenthum, das er
vertritt. Also Hr. Dupin hat für die Rechtsgültigkeit gar nichts zu
fürchten. Aber die Werthgültigkeit, das ist eine andere Sache. Ungeachtet
meines Rechtstitels, kann „in Folge von Umständen, die mit dem Angriffe auf
das Recht“, gar nichts zu thun haben, der Rechtstitel gar keinen Werth
ökonomisch mehr haben, obgleich er noch sehr rechtsgültig sein mag. Wie
dann? Das Princip, das droit de propriété existirt und die propriété ist
eine Null, ein Nichts geworden. Herr Dupin hat das Princip gerettet, das
Recht auf Nichts! Obgleich mein Eigenthum werthlos geworden, so habe ich
doch noch mein Recht darauf, ein Recht auf Nichts!
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@facs | 0400 |
[
16
] Paris, 15. August.
Der edle Siegesjubel der „Ordnungsbeschützer“ bekommt einen bittern
Nachgeschmack von Seiten der Finanzen, wie aus folgendem Aufsatz des Blattes
„La Republique“ erhellt: „Summa der durch die Junischlacht verursachten
Unkosten ist sechs und siebzig Millionen Franken;
nämlich 1) die 12,000 Gefangenen kosten 1 Fr. täglich per Kopf, macht
während 100 Tagen 800,000 Fr.; 2) die Vorkehrungen zur Aufnahme der
Gefangenen kosten 20 Fr. per Kopf, zählt man auch nur 7500 Personen, so
macht das 150,000 Fr.; 3) fünfzig Tage Hospital-Existenz durchschnittlich
für nur 2000 Verwundete à 2 Fr. täglich per Kopf gibt 200,000 Fr.; 4)
Ungeheuere Ladungen Leichen wurden anfangs bunt durcheinander in den großen
Wagen, die zum Möbeltransport dienen, unter die Erde befördert, aber 1500
Todte der Bourgeoisie wurden gewiß mit einem Begräbniß vierter Klasse
bestattet à 500 Fr., macht ein Sümmchen von 750,000 Fr., wozu zuzufügen etwa
300 Leichen mit einem Grabe à 200 Fr., macht 60,000 Fr. Total 810,000 Fr.,
wobei die 158,000 Fr. des Todtenfestes auf dem Konkordienplatz nicht
mitgezählt sind; 5) die Pensionen für Wittwen und Waisen der Sieger eine
Million jährlich, d. h. ein Kapital von 20 Mill.; 6) bekanntlich sind
amtlicher Berechnung nach 3000 Kanonenschüsse à 2 Fr. 14 Sous jeder, und 2
Mill. Flintenschüsse á ein Sous gefallen, wenigstens hat die Linie,
National- und Mobilgarde diese Anzahl erhalten und auch verbraucht; viele
Waffen sind verschleudert worden, Summa 200,000 Fr., ferner 7) der Hr.
Finanzminister schätzt auf 18 Mill. die Prozeßkosten und Unterstützungen in Frankreich und in den Kolonien; der Herr
Goudchaux (der edle Jude) sagt zwar nicht ausdrücklich, daß letztere sich
auf die Junischlacht beziehen, allein er hat sie unter dem Artikel
Prozeßausgaben eingeschrieben, und da er ein großer Finanzier ist, so wollen
wir ihm gern glauben; 8) deportirt werden wohl 4000 Männer; die meisten sind
Familienväter á vier Personen, macht 16,000 Köpfe, denn sie werden die
Ihrigen wohl mitnehmen wollen. Unsere lieben Nachbarn in England verfahren
oft ihre unnützen Leute von Portsmouth gen Botanybay, und diese
Menschenfracht kostet 750 Fr. per Kopf während 250 Tagen Fahrt. Schickt die
Republik die unsrigen nach dem Senegal, nach dem Eiland Mayotte in 90 Tagen,
so gibt das per Kopf 270 Franken; Total 4,320,000 Fr. Bis an unsre Häfen 40
Fr. Reisegeld per Kopf, macht 640,000 Fr. total 4,960,000 Fr. ‒ 9) An 2000
Männer werden wohl durchschnittlich auf 5 Jahre Haft bekommen; jeder kostet
355 Fr. 11 Sous jährlich, Total 3,505,500 Fr.; bis an die Schwelle des
Kerkers 10 Fr. Reisekosten giebt die Summa von 3,525,500 Fr. 10) Von 23. zum
30. Juni erhielten Linie und Nationale und Mobile eine halbe Million Fr.
außergewöhnlicher Austheilungen aller Art; für 50,000 Liniensoldaten die im
Feuer standen, der Marsch nach Paris, der Aufenthalt in Paris bis zum Schluß
des Prozesses, à zehn Sous per Mann täglich vom 1. Juli bis 30. September
macht 2,250,000 Fr. 11) Vortrefflich ist noch daß 16,000 Fr. an 2000
Arbeiter der Nationalwerkstätten, die (wie Matrosen gepreßt) in den Reihen
der Bourgeoisiegarde fochten, für den viertägigen Zeitverlust ausbezahlt
wurden. 12) Die Einbußen durch Geschäftsstockung sind dreist auf 24
Millionen anzukreiden. 13) Endlich allerlei Nebenausgaben 589,000 Franken.
Da habt Ihr es, freut Euch; à 2 Franken tägliches Lohn könntet Ihr mit
diesen 76 Millionen 100,000 Arbeiter der Nationalateliers 380 Tage lang bei
unendlich produktiven Arbeiten beschäftigen. Noch gar nicht zu reden von den
Kosten einer Niederlassung; mindestens 25,000 Franken täglich für 16,000
Köpfe, macht 9 Mill. jährlich nebst Wacht und Polizei. In der Botanybay
zahlt der englische Beutel runde 530 Franken jährlich per Mann, Ihr habt
also die Erheiterung, jährlich für Eure 16,000 Landsleute 8 Milliönchen
nachzuschießen, bis diese Junikolonie productiv geworden sein wird; freut
Euch! und tröstet Euch recht stoisch, es könnte noch mehr kosten, wären noch
mehr Gefangene!“
„Diese Kanaillen hätte man alle todtmachen sollen,“ rief ein „Ehrsamer“, dem
ich das Rechenexempelchen zu studiren gab, „dann würden sie weniger uns
kosten, nicht wahr?“ So logisiren Pariser Bourgeois. ‒ Proudhon's
Journalverkäufer werden immer noch malträtirt, die Kinder und Frauen
brutalisirt, die Männer mit Permissionsverlust polizeilich bedroht, obschon
er im Blatte den Herrn Dr. med. Ducoux, Polizeipräfekten, zur Rede gestellt
hatte. Die des „Père Duchene“ sind übrigens vor den Junitagen manchmal auf
der Straße im Beisein der Polizei geprügelt worden, wie ich selbst einmal
sah. ‒ Die Lyoner Klubs haben zu guterletzt sich mit „obrigkeitlicher
Erlaubniß“ versammelt und berathen: „auf Vorschlag des Bürgers Moulin, in
Betracht daß Bürger Proudhon's Proposition auf der Tribüne die Heilung
unserer elenden finanziellen und politischen Lage wollte, durch Begründung
des Kredites auf ächt demokratische Basis; in Betracht daß diese Proposition
gerade im Interesse der Arbeiterklasse war, wird beschlossen ihm eine
Dankadresse zu senden; mit Beifügen einer Belobung des Lyoner
Volksrepräsentanten Greppo, Mitglieds und Stifters des Lyoner Klubs
Grand-Sencinaire, da er allein den Muth hatte von allen in der Kammer
Anwesenden, mit einem der glühendsten Apostel des Sozialismus öffentlich zu
votiren.“ Greppo ist ein junger Industrieller, mit Proudhon von früher
befreundet. Die „Assemblée Nationale“ knirscht und verlangt in ihrer
heutigen Nummer Spezialgesetze gegen diese Lyoner „Gesellschaftsfeinde, die
sich mit dem glänzenden Titel Gesellschaftsreformer zieren“. In einem
Leitartikel sagt Proudhon: „Leser, beruhige Dich! Man nennt mich den
Nachfolger eines Cartouche, Mandrin, Lacenaire und anderer famösen
Straßenräuber; meine Biographen, die Herren Theorieenschmiede im
Constitutionnel nennen mich den Professor des Diebstahls; der
protestantische Herr Priester Athanasius Coquerel der Große erklärt meine
Theorieen würdig der Galeeren; andere sagen ich sei ein uneheliches Kind,
andere ich unterhalte eine öffentliche Dirne, andere ich sei Atheist und
Materialist! Bah, das sind alles Bagatellen in meinen Augen, denn ich achte
nicht auf Verläumdungen wenn die Revolution in Gefahr ist
und der Hunger die Reihen des Volkes lichtet! Ich will nur für
diese heilige Sache fechten, das Persönliche rührt mich nicht. Die Republik
ruft dem National zu: gehe weiter; er schreit wüthig: halt, halt! Der
National ist eine Akademie von hohen, höhern, höchsten und allerhöchsten
monarchischen und quasimonarchischen, republikanischen und
quasirepublikanischen Staatsforschern und Staatslenkern, die Herren Mignet,
Thiers, Marrast, Carrel u. s. w. sind aus ihm entsprossen. Dies ist sehr
glorios für ihn und für sie. Aber er ist ein Verräther bei alle dem.… Die in
Trauer gehüllten Hinterbliebenen der Insurgenten mögen jetzt, die Kinder an
der Hand, auf sein akademisches Büreau gehen und um fünf Sous betteln. Die
Malthusische Nationaltheorie hat Frankreich zerrüttet; Austausch zwischen
Land und Stadt ist im Stocken, der Kredit erlischt, die Großmeister der
Agiotage allein blühen und glühen vor Wonne und Ueppigkeit, und schreien
noch über Unmoralität und predigen Familienkeuschheit und Fleiß! sie und ihr
Gelichter! es ist komisch, denn das Tragische liegt
tiefer als dies. ‒ O Cavaignac, wir lieben dich um deines verstorbenen
Bruders Godefroy willen; du bist ein Werkzeug der Fatalität und unschuldig
wie die Kugeln deiner armen treuen Krieger; sei aber kein
General Monk, sei ein Washington, guter Eugen Cavaignac; mir daucht
man umgarnt dich schon, bedenke, die Arbeit ist keine Königsgabe, sondern
ein Geschenk der Republik!“
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@type | jArticle |
@facs | 0400 |
Paris, 15. Aug.
Heute, Maria-Himmelfahrt weder Börse noch Nationalversammlung. Dieser Festtag
ist den Pariserinnen sehr heilig. Die meisten Läden sind geschlossen und die
Journale zeigen an, daß sie morgen nicht erscheinen werden.
‒ Große militärische Maßregeln sind für den heutigen Tag, man weiß nicht
warum, getroffen.
‒ Der Moniteur widerlegt das Gerücht, laut welchem Emissäre der Regierung den
Nachbarn an der italiänischen Gränze erklärt hätten, Frankreich werde sich
bei der bevorstehenden Mediation die Grafschaft Nizza und ganz Savoyen
zueignen.
Außerdem enthält der Moniteur mehrere Dekrete, die unsern Lesern schon aus
den Beschlüssen der Nationalversammlung bekannt sind. Wir heben nur das eine
hervor, das denjenigen Militärpensionären, welche auch noch einen
Civilposten bekleiden, Gehaltsabzüge von 5-10 pCt. verordnet.
Die Debats zeigen an, daß Bulwer nach London zurückgekehrt sei. Seine
Anwesenheit habe keinen politischen Charakter gehabt. (?)
‒ Ricci, der Abgesandte des Turiner Kabinets, dessen Abreise mehrere Blätter
anzeigten, befindet sich noch in Paris.
‒ Abd-el-Kader soll von Pau in das Schloß Amboise (Jndre- und
Loire-Departement) übergesiedelt werden.
‒ Die brittische Regierung hat mit den Eisenbahnverwaltungen der Bahn des
Centrums Verträge abgeschlossen, die ihr die Spedition der indischen
Depeschen von Marseille bis Boulogne und Calais sichern. Der lange Kampf des
Herrn Waghorn, ob der Weg von London nach Calcutta durch die Schweiz und
Deutschland, oder über Marseille führe, hätte somit seine definitive
Erledigung gefunden.
‒ Die Nationalversammlung, der unsere demokratische Presse den Vorwurf der
Oberflächlichkeit und Faulheit macht, geht mit dem Plane, vom Ende dieses
Monats an täglich zwei öffentliche Sitzungen zu halten. Die erste würde
Vormittags stattfinden und ausschließlich der Diskussion des Budgets
gewidmet sein, während die zweite um 1 Uhr beginnen und etwa bis 6 Uhr
dauern und ausschließlich der Berathung des Verfassungsentwurfs bestimmt
würde.
‒ Gegen Senard ist eine Verschwörung im Gange. Unsere sämmtliche absolute
Demokratie (etwa 100 Deputirte) hielt gestern (Siehe den
Verfolg in der Beilage.)
@type | jAnnouncements |
@facs | 0400 |
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 17. August 1848.
Angekommen: Franz Schulz vom Niedermain; L. Bühler
von Kannstadt; Fr. Müssig von Heilbronn.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Joh. Linkewitz;
nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr A. Meyer; nach Andernach und
Neuwied Pet Gies und M. Wiebel; nach Bingen J. B. Mundschenk; nach Koblenz,
der Mosel und Saar P. G. Schlaegel nach der Mosel, Trier und der Saar Frdr.
Deiß nach Mainz Joh. Kiefer; nach dem Niedermain C. Nees; nach dem Mittel-
und Obermain C. Schleicher; nach Heilbronn C. Heuß; nach Kannstadt und
Stuttgart L. Klee; nach Worms und Mannheim Seb. Stehlin.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Kamps Köln Nr. 32
Ferner: Nach Amsterdam
Kapt. Wilson Köln Nr. 1
Zur Anfertigung der Auszüge liegen offen die Deklarationen der Schiffer Ant.
Fritz und P. Captain.
Wasserstand.
Köln, am 17. August. Rheinhöhe 6′ 8″
Die Zeitung des Arbeiter-Vereins von Köln hat heute
nicht erscheinen können, weil der Redakteur derselben plötzlich in
Familien-Angelegenheiten hat verreisen müssen. Die nächste Nummer wird
Sonntag früh ausgegeben werden.
Köln, 17. August 1848.
Demokratische Gesellschaft.
Freitag, den 18. August, Abends 8 Uhr, Versammlung im
Eiser'schen Saale auf der Comödienstraße (ausnahmsweise wegen Reparatur des
gewöhnlichen Lokals).
Der Vorstand.
Ein junger Mann (Handlungsdiener) sucht eine Stelle in einem kaufmännischen
Etablissement: Fabrik u. dergl., wo möglich auf dem Lande. Er kann die
besten Zeugnisse beibringen. Auskunft ertheilt die Expedition auf Anfragen
unter der Chiffre P. H.
Ein kräftiger Mann sucht während des Morgens Beschäftigung, gleich viel,
welche. Bescheid Josephplatz Nro. 2.
Im Verlag von J. A. Mermet, Cäcilienstraße 40 42 ist
so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Dom-Album oder der Kölner Dom im
Munde der deutschen Dichter.
Ein Erinnerungsbuch an die Feier der 600jährigen Grundsteinlegung am 14., 15., und 16. August 1848.
Herausgegeben von
N.
Hocker.
Preis in Umschlag broschirt 5 Sgr.
Diese Sammlung des Gediegensten, welches in neuerer Zeit erschienen, dürfte
besonders deshalb allen Dombau-Freunden eine willkommene Festgabe sein,
indem sie gleichzeitig die reichhaltigste ist und
die beiden Willkomm-Grüße an den König-Protektor und den Reichsverweser,
Erzherzog Johann, enthält.
Die bei dem Festmahle auf dem Saale Gürzenich, so wie bei dem Wahlgeschäfte
etc. auf dem Frankenplatze gesungenen Lieder sind noch vorräthig und zu
haben.
Voice-Conductors for Deafneess.
(Stimmleiter).
Ces petits instruments inventés à Londres pour les personnes de tout àge, qui
sont afligèes de surdité, sont approuvés par des certificats des mèdecins et
des personnes les plus célébres tant en Angletterre que sur le continent,
comme étant les seuls de ce genre couronnès de succes. Moyennant ces petits
cornets, on entend facilement et distinctement toute conversation dans une
assemblée de personnes. Ils sont faits d'une composition métallique,
particulière à l'inventeur, attirant le son et le répandant dans l'organe.
Ils sont si petits et commodes quo'n peut à peine les apercevoir ou les
sentir dans les oreilles. Pour les mettre à la portée de tout le monde, le
prix de 3 L. St. (20 Thlr.) a été réduit á 10 Thlr. Ct. de Pr. Le soussigné
en a le seul dépôt pour toute l'Allemagne. On est prié d'affranchir.
J. Maton, professeur de langues à Cologue s. R.
Hohestrasse Nr. 31.
HOTEL SCHILLER, rue royale zu Lüttich, im Mittelpunkte der Stadt, verbunden mit einem deutschen Kaffeehaus und Billard, darf ich kühn den Herrn Reisenden bestens empfehlen.
Carl Schiller.
Erinnerungs-Medaille für die Tage der sechsten Säkularfeier der Grundsteinlegung des Kölner Domes.
Unterzeichneter erlaubt sich allen in- und auswärtigen Dombaufreunden diese
Medaille ganz besonders zu empfehlen, da dieselbe sowohl durch ihre Neuheit
als äußere Eleganz schon eine allgemeine Aufnahme gefunden hat.
Die Platte ist von Porzellan und zu diesem Zwecke eigens angefertigt
worden
Auf derselben befindet sich der Dom in seiner jetzigen Gestaltung mit den
beiden Fahnen geschmückt und in Gold eingefaßt.
Dieselbe ist allein zu haben in der Berliner Porzellanhandlung
Obenmarspforten in dem Hause des Herrn Farina und bei dem Unterzeichneten,
Schildergasse 47.
M. N. Brocke.
Feinster Punsch-Syrup;
Jamaica-Rum;
alter Cognac;
Batavia
Arrac;
holländische Liqueure etc.
Sternengasse Nro. 9 und 11.
Gelegenheit nach Kevelar.
Am 19. d. fährt ein Omnibus mit der Prozession nach Kevelar.
J. J. Küpper, Kleine Sandkuhl Nro. 2.
Weberstraße Nro. 18 ‒ sind Zimmer zu vermiethen.
Alte
Kupferstiche,
Holzschnitte und Radirungen sind zu kaufen Maximinenstraße Nro. 8.
Ein in allen häuslichen Arbeiten erfahrenes Mädchen kann bei einer stillen
Familie gleich in Dienst treten. Zu erfragen Filzengraben Nro. 20.
Ein schönes Tafelklavier steht billig zu verkaufen.
Hafenstraße Nro. 35.
In Köln kann doch nichts zu Stande kommen, ohne „dä leeve
köllsche Klüngel.“
Der Bürgerhauptmann Philipp Hoffmann glaubte sich am vorigen Diensttage gewiß
in eine Karnevals-Sitzung versetzt oder gar Schuljungens vor sich zu haben,
daß er die 10. Kompagnie von der ihr angewiesenen Stellung zurückdrängte und
sie zum Säubern des Crakamschen Grundstückes benutzte, blos um seine eigenen
Leute dort aufzustellen.
Ihr Wupper- und Ruhrthaler Heuchler und Pietisten, ihr rundköpfige Schurken ‒
wat sagt ehr nu! alaaf Köln!
(Verspätet.)
Vivat Sibilla!
Maria-Ablaß-Plätzchen Nr. 7.
Ph. W........ff.
Vivat Helena!
auf der Cäcilienstraße Nr. 34.
(Verspätet.)
Vivat! Vivat Sibylla auf der Brück und ihr Schwester daneben, so leben sie
alle zwei.
Ein guter Bekannter.
Theater.
Freitag, den 18. August:
Belisar,
große Oper in 3
Akten von Bellini.