Deutschland.
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]Berlin, 9. August.
Sitzung der Vereinbarer-Versammlung.
Nach Eröffnung der Sitzung erstattet der Abgeordnete Elsner Bericht im Namen der Petitionskommission über die
eingegangenen Petitionen aus der Stadt Schweidnitz
über die dortigen Vorfälle. Er verliest den bekannten Verlauf der dortigen
Begebenheiten und trägt im Namen der Kommission darauf an:
1) „Das Ministerium aufzufordern, der Versammlung unverzüglich Mittheilungen
darüber zu machen, was ihm von der Lage der Sache bekannt sei und was es in
Folge dessen veranlaßt habe.“
2) „Das Ministerium zu ersuchen, diejenigen Truppentheile, die bei den
Ereignissen in Schweidnitz kompromittirt seien, zur Vermeidung neuer
Collisionen aus Schweidnitz zu entfernen.“
Die Minorität der Kommission hat die Niedersetzung einer
Untersuchungs-Kommission verlangt.
Abgeordneter Stein: Ich spreche gegen den
Kommissionsantrag, weil er mir nicht vollständig genug erscheint. Ich war am
Begräbnißtage der vom Militär Erschossenen in Schweidnitz, ich sah den
Jammer und die Verzweiflung der ihrer Ernährer beraubten Familien, von der
Aufregung in der ganzen Provinz schweige ich Es ist das bedauerlichste
Ereigniß in der neuesten preußischen Geschichte, es ist nicht zu vergleichen
mit den Ereignissen im Großherzogthum Posen, da die letztern in eine Zeit
fielen, wo man sich gegenseitig mit bewaffneter Hand gegenüber stand. In
Schweidnitz sind nicht Ruhestörer, sondern ruhige Bürgerwehr, die einen
unruhigen Haufen vertrieben hatten, von den Soldaten wehrlos erschossen
worden. Ich sage wehrlos, denn obwohl die Bürgerwehr
bewaffnet war, hatte sie doch keine Munition bei sich. Der Bericht spricht
von sechs Todten, am Tage meiner Anwesenheit starben noch mehrere in Folge
der vorher erhaltenen Wunden. Sie können sich vorstellen, daß durch diesen
Vorfall, in der ganzen Provinz Schlesien, das Rechtsgefühl auf das Aeußerste
erschüttert ist und die Befürchtung vor ähnlichen Vorfällen sich überall
verbreitet, da man glaubt, daß sie von einer gewissen Partei mit Vorbedacht
hervorgerufen werden. Die Bürgerschaft aus allen Städten Schlesiens fand
sich demnach am Begräbnißtage bewaffnet in
Schweidnitz ein. Man sagt immer, wir bilden schon eine konstitutionelle
Monarchie. Wenn aber in einem solchen Staate das Ministerium wechselt, so
wechseln auch alle Beamten mit. Das Vertrauen kann daher nicht eher
zurückkehren und die Aufregung nicht früher gestillt werden, als bis wir in
allen Militär- und Civilstellen Beamte sehen, die mit dem neuen System
übereinstimmen. Arbeiten Sie die vorzüglichste Verfassung aus, machen Sie
die besten Gesetze und das Vertrauen wird nicht gestärkt werden, denn es
kommt auf die Beamten, die sie ausführen sollen, an. Am 18. März hat man
nicht bloß das Ministerium, sondern das ganze alte System gestürzt und
dennoch sehen wir in allen Civil- und Militärstellen dieselben Beamten, wie
vor der der Revolution. Das Vertrauen wird nicht früher zurückkehren, bis
die Beamten von dem neuen System durchdrungen sind. Neulich hat der Minister
des Innern eine Verfügung erlassen, welche vom von bester Wirkung;
veranlassen wir, daß auch ein solcher Erlaß vom Kriegsministerium ausgehe.
Daß nicht der böse Geist in allen Truppen steckt, habe ich gesehen, denn
viele Soldaten haben in Schweidnitz in die Luft geschossen, es fanden sich
Kugeln im zweiten Stockwerk der Häuser vor. ‒ Ich stelle folgende
Anträge:
1) „Daß das Kriegsministerium die Offiziere auffordere, von allen
reaktionären Bestrebungen fern zu bleiben, Konflikte mit der Bürgerschaft zu
vermeiden, vielmehr durch Hinneigung zu derselben, auf die Verwirklichung
des konstitutionellen Rechtszustandes hinzuarbeiten.“
Ferner: Was ist von Seiten des Ministeriums in dieser höchst wichtigen
Angelegenheit geschehen? Was ist aus dem Kommandanten in Schweidnitz
geworden? Es ist uns von Seiten des Ministeriums noch gar nichts mit-
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getheilt. Wie ich weiß, ist von Seiten der Breslauer
Regierung ein Kommissar nach Schweidnitz zur Untersuchung dieser
Angelegenheit, in der Person des Regierungsassessor
Eichhorn, eines Sohnes des frühern Ministers, hingesandt worden,
aber können wir den Berichten eines solchen Kommissars, der noch mit tausend
Fäden am alten System hängt, Glauben schenken? ‒ Ich beantrage daher:
2) „Die hohe Versammlung möge aus ihrer Mitte eine Kommission zur
Untersuchung der Schweidnitzer Vorfälle ernennen, welche das Recht hat,
einen oder mehrere Mitglieder aus ihrer Mitte an Ort und Stelle zu senden,
um die Sachlage und den Thatbestand genau zu untersuchen“
Minister des Innern, Kühlwetter: Es ist bei solchen
Angelegenheiten unmöglich, aus einfachen Berichten ein vollständiges Urtheil
zu fällen, und das war die Ursache, weshalb in einer frühern Sitzung das
Ministerium nur einige Mittheilungen machte. Das Ministerium wird nicht
unterlassen, Alles der Versammlung vorzulegen, was sie über diese Vorfälle
aufklären könnte. Es sind jetzt dem Ministerium Berichte von verschiedenen
Seiten eingegangen, die ich der Versammlung mittheilen werde. ‒ (Er verliest
hierauf den neuesten von dem Ober-Präsidenten Pinder
in Breslau eingegangenen Bericht.) Ich gebe der Versammlung die
Versicherung, daß, wenn Excesse vorgefallen sind, sie auf's Strengste
bestraft werden sollen. ‒ Es ist Ihnen schon mitgetheilt, daß der zufällig
in Schweidnitz anwesende Regierungsassessor Eichhorn von Seiten der
Breslauer Regierung mit einer Untersuchung beauftragt ist; aber auch das
Ober-Landesgericht hat eine Kommission mit der Untersuchung beauftragt. Was
die Personen anbetrifft, so ist der Kommandant von Schweidnitz bereits
seiner Stelle entsetzt und ein neuer Kommandant ernannt worden. Auch der
Bürgermeister, dem von den Bürgern die Theilnahme an den Befehlen des
Kommandanten zugeschrieben wird, hat seine Stelle niedergelegt.
Kriegs-Minister v. Schreckenstein: Ich habe dem eben
Gesprochenen nur hinzuzufügen, daß allgemeine Erlasse, wie sie beantragt
worden, weit weniger geeignet sind, als wenn von oben herab kräftig
eingeschritten wird. Ich werde stets Alles mögliche dafür thun. Es ist
bereits ein anderer Kommandant in Schweidnitz ernannt, und der bisherige zur
Disposition gestellt. Die Untersuchung ist bereits so weit gediehen um einer
gewünschten Untersuchungs-Kommission übergeben zu werden, natürlich kann dem
von meiner Seite nicht vorgegriffen werden. Ich glaube, nichts versäumt zu
haben, um allen Anforderungen zu genügen.
Abg. Teichmann: Es sind nach den oben mitgetheilten
Ereignissen noch förmliche Mordthaten von Seiten der Soldaten gegen die
unschuldige Bevölkerung vorgefallen. Aus diesen Vorfällen sieht man, daß das
Militär nicht einmal über das Verfahren unterrichtet ist, welches es bei
vorfallenden Aufläufen und Tumulten zu beobachten hat. Man hat das Militär
nicht mit den Gesetzen bekannt gemacht, wonach es bei einem entstandenen
Auflauf, die Menge erst zum Auseinandergehen aufzufordern hat, und wenn dies
nicht geschieht, die Gewehre vor den Augen des Volkes zu laden. In
Schweidnitz aber kam das Militär schon mit geladenen Gewehren auf dem Platz
an und schoß unverzüglich ohne vorherige Warnung auf die Bürgerwehr, die
doch wahrlich keine Tumultanten waren.
Abg. Krackrügge: Ich fühle mich verpflichtet, bei
dieser Gelegenheit auch einen ähnlichen Vorfall in Erinnerung zu bringen,
der in Erfurt vorfiel, in Folge dessen dem Gesetze aber nicht sein voller
Lauf gelassen wurde. Es war am 17. März, als in Folge der höhern Bierpreise,
einem Bierbrauer zu Erfurt von etwa 50 Menschen die Fenster eingeworfen
wurden. Das Militär schritt sogleich ein, und auch da sind ohne alle Noth
mehrere Menschen getödtet und verwundet worden. Ohne alle Noth sage ich,
denn es hat sich ergeben, daß Alle rücklings also als sie im Entfliehen
waren, erschossen wurden. Es ist auch dieses blutige Ereigniß ein Argument
für den Stein'schen Antrag, dem ich beistimme.
Abg. Pape (aus Reichenbach) geht ein auf alle die
Umtriebe der reaktionären Partei. Als sie sah, daß in Berlin die Ruhe
zurückgekehrt war, und die Berliner Zustände zu keiner reaktionären Bewegung
mehr zu gebrauchen seien, wandte sie sich an die Veteranen von 1813-15 um
hier den preußischen Lokal-Patriotismus gegen das einige Deutschland zu
erwecken. ‒ Er geht auf das Ministerium und die jetzigen Zustände über: Es
ist in der vergangenen Woche von dem Finanz-Minister von der großen Freiheit
und besonders der freien Presse gesprochen worden; aber einer solchen freien
Presse, wie sie jetzt bei uns gehandhabt wird, ziehe ich die Censur vor. Sie
war eine Stiefmutter und der Schriftsteller konnte sich ihre Strichen
getrost unterwerfen, er war ja alsdann aller Verantwortlichkeit enthoben.
Heute aber bin ich der Willkühr des Staatsanwalts überliefert; wenn ich
wegen der einfachsten Schrift denunzirt werde, so kann ich Monate lang in
Untersuchungshaft zubringen und am Ende nach den veralteten Gesetzen, die
das Volk nicht mehr anerkennt, auf Jahre lang meiner Freiheit beraubt
werden. Er erzählt noch mehrere in Schlesien vorgefallene eigenmächtige
Schritte der Behörden. In Haynau wurden Kinder, die bei einer Katzenmusik
betheiligt waren, ohne Anzeige bei den Eltern, mit Peitschenhieben von der Polizei bestraft. Alle Reklamationen der
Eltern blieben ohne Erfolg. Sie bekamen zur Antwort, daß ja die Kinder nicht
blutig geschlagen worden wären. Was die Schweidnitzer Angelegenheit
betrifft, setzt der Redner noch schließlich auseinander, wie der Hunger in
der dortigen Gegend noch herrsche, die Aufregung dadurch um so größer sei,
und daß es dieselbe Soldateska gewesen, welche auch vor einigen Jahren die
hungernden Weber niedergeschossen habe. ‒
Abg. Herrmann wirft sich zum Schutzredner des
Militärs auf. Man solle doch nicht immer gleich den ganzen Stand angreifen,
und Allen aufbürden, was vielleicht Einzelne gethan. Man solle auch
bedenken, daß unsere Soldaten in Mainz von den Bürgern ganz unschuldig (!!)
meuchlings erstochen (!!) und hinterwärts niedergemetzelt wurden (!!). In
Aachen hätten die Stadtbehörden dem Militär öffentlich ihren Dank für
Erhaltung der Ruhe abgestattet. Er war selbst 13 Jahr Militär und kennt den
guten Geist der in der preußischen Armee herrscht, der er schließlich eine
große Lobrede hält.
Abg. Waldeck: Hätten wir schon neuorganisirte
Gerichte, dann wäre eine solche Kommission nicht nöthig. Jetzt haben wir
aber noch alle die alten Behörden, da kann unmöglich eine von dem
Kriegs-Minister angekündigte gemischte Kommission Beruhigung gewähren. Das
durchaus verkehrte System, der aristokratische Stolz der Offiziere gegen die
Soldaten, läßt sich nicht mit dem Volke vereinigen. Das Militär wird jetzt
in Wort und That dem Volke gegenüber gestellt. In dem vom Minister des
Innern verlesenen Bericht wird zu verstehen gegeben, daß Niemand Feuer
kommandirt habe, und daß demnach die Soldaten aus eigener Bewegung
geschossen hätten; ich begreife nur nicht wie dies 102 Mann ohne Befehl thun
konnten.
Abg. Pohlenz. Der Justizminister machte uns neulich
die Mittheilung, daß kaum noch Menschen im Volke zu finden seien, die eine
Todesvollstreckung übernehmen wollten, und wir freueten uns dieses
Fortschritts der allgemeinen Volksbildung. Aber unser Militär schießt sogar
unschuldige Menschen nieder, das kann nur an den Befehlen von Oben herab
liegen. Den aus dem Volke hervorgehenden Soldaten kann ich nicht zutrauen
Unschuldige und Unbewehrte ohne allen Grund zu erschießen. Sie werden aber
durch das unter den Offizieren herrschende System verdorben. Vereinigung
zwischen Civil und Militär findet nicht statt. Ich kann Ihnen das Beispiel
aus einer Provinzialstadt mittheilen, wo das Offizierkorps zur Feier des 6.
August von den Stadtbehörden eingeladen war. Man hatte, um alles Anstößige
zu vermeiden, sowohl preußische Fahnen als deutsche im Zuge aufgenommen,
aber dennoch erschien kein einziger Offizier.
Abg. v. Loe: Auch ich will den Gesetzen seinen Lauf
lassen, aber ich muß gegen die Vorwürfe, die man der Armee macht,
protestiren. Ich bin lange Jahre Mitglied dieser Armee gewesen, es herrscht
kein reaktionärer Geist in ihr. Auch ich bin kein Reaktionär, (!) sonst wäre
ich in der Provinz nicht gewählt worden, die ich die Ehre habe zu
vertreten.
Abg. Reichenbach: Von dieser Bank hier vor uns haben
wir den schon so oft gehörten Spruch vernommen: „Vertrauen Sie uns wir
werden die Sache untersuchen;“ ich möchte ihm sogar diesmal seinen vollen
Lauf lassen, denn der Fall ist zu craß, als daß er mit Stillschweigen
übergangen werden könnte. Aber die von den Ministern mitgetheilten
Thatsachen bringen mich auf eine andere Gesinnung. Man hat berichtet die
Soldaten hätten in Schweidnitz ohne Kommando geschossen. Wie vereinigt sich
dies aber mit der ausgezeichneten Disciplin, die wir heute so oft rühmen
hörten, mit dem außerordentlichen Geist, der in der Armee herrscht. Wenn ich
einer solchen Annahme Glauben schenken soll, so müßte ich ja annehmen, daß
102 Soldaten ohne Kommando geschossen haben. Dies ist unmöglich mit dem
Geist des preußischen Heeres zu vereinen. Ich muß also durchaus die
Offiziere für schuldig halten und sie müssen verhaftet werden, als die
Urheber des Mordes, wie es das Gesetz vorschreibt. Man verhaftet ja den
Verfertiger eines Plakats bei dem geringsten Verdacht, ohne daß noch ein
Gesetz und ein Gerichtshof da wäre ihn zu verurtheilen, denn die
versprochenen Geschwornen-Gerichte sind noch nicht vorhanden.
Abg. Jungblut spricht gegen die Niedersetzung einer
Kommission, weil im Verfassungsentwurf die Niedersetzung von
Spezial-Kommissionen und Sondergerichten aufgehoben sind.
Abg. Messerich: Ich bin für die Niedersetzung einer
Kommission zur Untersuchung der schauderhaften Ereignisse in Schweidnitz.
Die Vorfälle in Köln vor einigen Jahren werden vielen von Ihnen bekannt
sein. Sie wurden von einer Kommission untersucht. Aber ist die Wahrheit
geoffenbart worden? Das Militär bekam nur eine Belobigung und weiter erfuhr
man nichts. In Trier sind vor kurzer Zeit ebenfalls ähnliche Vorfälle
vorgekommen; man schoß unschuldige Leute nieder, es hieß auch ohne Kommando,
aber das konnte Niemand glauben, denn viele Schüsse fielen auch dort in die
Luft. Ueberall diese Mißverständnisse. Eine gemischte Kommission wurde
niedergesetzt, aber die Thäter wurden nicht entdeckt, obgleich die
Kommission versicherte alles Mögliche zur Erforschung der Wahrheit gethan zu
haben. Da eine solche Kommission also nichts erforschen kann, so müssen wir
selbst eine ernennen.
Abg Elsner: Der Kommandant ist nach der Anzeige der
Minister zur Disposition gestellt. Ist das eine Strafe, zur Disposition
stellen? ‒ Wenn irgend Einer aus dem Volke etwas vergangen, so wird er
sogleich zur Untersuchung gezogen. Ich würde daher vielmehr den Antrag
stellen, nicht allein den Kommandant, sondern auch die betheiligten
Offiziere und Unteroffiziere zur Untersuchung zu ziehen.
Abstimmung. Zuerst kommt folgender Antrag des
Abgeordneten Stein: „Die hohe Versammlung möge aus ihrer Mitte eine
Kommission zur Untersuchung der Schweidnitzer Vorfälle ernennen, welche das
Recht hat Einen oder mehrere Mitglieder aus ihrer Mitte an Ort und Stelle zu
senden, um den Thatbestand genau zu untersuchen.“
Dieser Antrag wird nach erfolgter Zählung mit 204 gegen 163 Stimmen
angenommen.
Auch der zweite Antrag desselben, welcher lautet: „Daß der Kriegsminister die
Offiziere auffordere, von allen reaktionären Bestrebungen fern zu bleiben,
Konflikte mit der Bürgerschaft zu vermeiden, daß sie vielmehr mit
Aufrichtigkeit und Hingebung an der Verwirklichung des konstitutionellen
Rechtsstaats mitwirken sollen,“ wird mit großer Majorität angenommen.
Endlich das Amendement Schulze (von Wanzleben) „daß
alle diejenigen Offiziere, welche diese Aufforderung mit ihrer politischen
Ueberzeugung nicht vereinbaren können, aus der Armee austreten mögen.“
Nach zweifelhafter Abstimmung erfolgt die Zählung und auch dieser Antrag wird
mit 180 gegen 179 angenommen.
Das Kriegsministerium ist also in allen Fragen geschlagen, woraus sich aber
unser tapferer Kriegsminister, der heute sogar in der Versammlung erschienen
war, was sich diese als große Ehre rechnen muß, nicht den geringsten Kummer
erwachsen läßt.
Hierauf folgt die Berathung über den Antrag der Abgeordneten Rodbertus,
Schulze (Delitzsch), v. Berg, welcher lautet:
„das Staatsministerium um sofortige nachträgliche Vorlegung
eines Gesetzes über die Schutzmannschaften zu ersuchen.“
Nachdem sich sowohl der Minister des Innern, Kühlwetter, als auch der
Finanzminister Hansemann wiederholt und entschieden gegen diesen Antrag
ausgesprochen, und eine förmliche Kabinetsfrage daraus gemacht hatten,
nachdem der frühere Minister des Innern, v. Auerswald, die ganze
Verantwortlichkeit auf sich geladen, indem das Institut der Schutzmannschaft
schon zur Zeit seines Ministeriums so weit vorbereitet gewesen sei, daß es
nicht mehr hätte zurückgenommen werden können, und die erforderlichen
Geldmittel dazu schon von dem vereinigten Landtage im April d. J. bewilligt
worden seien, indem eine Million Thaler zur Erhaltung der Ruhe Ordnung im
Innern ausgeworfen gewesen; nachdem endlich alle Führer der Opposition für
den Antrag und gegen die Schutzmänner aufgetreten, wurde der Antrag
schließlich mit Namensaufruf mit 203 gegen 152 verworfen.