Deutschland.
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38
] Frankfurt, 5. Aug.
Die Centren und die Rechte wollen dem „edlen Gagern“ Repräsentationsgelder aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam
als Abgesandter des Klubs aus dem „Würtemberger Hof“ zu Trützschler, um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die
Sache ohne Diskussion abgemacht werde, um den „edlen
Gagern“ nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn
wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern monatlich 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall
2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in
einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz
Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der
National-Versammlung nur durch Exekution an den „lumpenbehangenen“ (Ausdruck
Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern
aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was Gagern wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam
in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich
einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien „um sich“ zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen;
dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit
1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte,
setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in
dieser Berechnung täusche, und daß man ihm 2000 fl.
mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl.
für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt
wäre; doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der
Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl.
bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf namentliche Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann
versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die
Diskussion sofort durch den Ruf nach Schluß
abschneiden würden. ‒ Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß wenigstens der Ministerpräsident ebensoviel wie
Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des
Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die
Grundrechte mit:
In Erwägung:
daß in mehreren deutschen Arbeiterbezirken seit langen
Jahren Erwerbsmangel besteht, welcher zum größten Theil aus mangelhaften
Regierungsgrundsätzen sich herleitet:
daß eine Beseitigung dieses
Erwerbsmangels durch Hebung der Industriezweige in angemessenem
Verhältnisse der vorhandenen Arbeitskräfte, mit Rücksicht auf die
bereits gemachten Versuche und Erfahrungen, nicht in Aussicht
steht:
daß die zur Ernährung erforderlichen Produkte in
übervölkerten Arbeiterbezirken, z. B. im schlesischen Riesengebirge,
nicht ausreichend erzeugt, sondern aus der Ferne bezogen und hierdurch
vertheuert werden:
daß die seit der napoleonischen
Kontinentalsperre im schlesischen Riesengebirge sinkende Linnenindustrie
gegenwärtig eine Noth unter der Weber- und Spinner-Bevölkerung erzeugt
hat, welche mehr als Hunderttausend Familien mit der Hungerpest
bedroht:
daß die durch Hunger geschwächten Weber und Spinner zur
Auswanderung in überseeische Gebiete unfähig geworden, und
daß
diese, durch, von der Regierung verschuldeten, unglücklichen
gesellschaftlichen Verhältnisse beispiellos bedrückten armen Genossen
dem Verderben nicht Preis gegeben werden dürfen: beantrage ich, die
konstituirende deutsche National-Versammlung wolle beschließen:
daß im Interesse der erwerblosen vaterländischen
Genossen, eine Kolonisirung im Innern des Vaterlandes hergestellt, und
zu diesem Zwecke
a) die Staatsdomänen parcellirt, und an die
Erwerblosen gegen jährliche, billig angemessene Renten überlassen,
b) der in todter Hand [#] Boden gleichfalls hierzu verwendet, und
c) alle die Anhäufung, resp. Ausdehnung des großen Grundbesitzes in
Fideikommissen, Majoraten und sogenannten Rittergütern begünstigenden
Bestimmungen und Verordnungen aufgehoben werden.
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103
] Berlin, 5. August.
Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über
die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele
Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier
Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt
nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion ‒ Konstabler.
Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der
Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2
Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß.
Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast
illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10
Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei
einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch
zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur
Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler
überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu
bringen.
Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den
Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v.
Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des
Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die
Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere
Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen.
Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem
Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich
durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser
Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu
thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften
beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner
Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden
Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der
Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe
befreien.
Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es
für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind
der Liebe ‒ oder der That ‒ aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den
Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift „mehrere Schutzmänner.“
Diese Anrede beginnt: „Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit
gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der
Freiheit.“
„Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch
durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt.“
„Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief.“
Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der
Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde
der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung
haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja
an allen Ecken bekannt gemacht.
Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der Einheit Deutschlands gewidmeten großen
Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle
politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem
großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich
alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der
Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird.
Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um
Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe
des Museums herab gehalten werden.
Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der
Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht
gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die
Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder
aufzunehmen, bis alle ihre billigen Vorschläge
Seitens der Prinzipale angenommen worden.
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14
] Berlin, 5. August.
Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches
Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den
Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs
gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft „die Theekessels in
Frankfurt, die an allem schuld sind“, oder das „Hurrah für Preußen“ etc. von
dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch
die Konstabler, und ‒ horribile dictu ‒ die Teltower Rübenbauern als
Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen,
warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen
mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen
(!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: „Die Feinde der
Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der
Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines
Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in
der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil
sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie
auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern
das Symbol und die Kraft der Freiheit hassen.“
Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des
Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe
Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle
eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes
mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen.
Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. ‒ Auch
unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken
anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der
preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die
Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen
Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die
Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen
Ehre besäßen.
Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für
ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes
Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie
vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können.
Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der
Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit.
Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die
Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er
überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer
Arbeitgeber.
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Berlin, 3. August.
Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj.
des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des
Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen
Kriegsmi-
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Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.
Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so
weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn;
Vieler Menschen
Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat,
Auch bei Don Carlos so viel'
unnennbare Leiden erduldet.
Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen
Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben,
wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder
Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch
an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich
war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen.
Homer ist todt. Ich lebe. Das letztere freut mich am
meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den
Odüsseus, ‒ ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski.
Seltsame Vögel gab es auf Erden ‒ von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam
wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt
in Düsseldorf und ist ein Gott ‒ nämlich ein Dichter.
Heine wohnt in Paris ‒ dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische
Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt
Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist
dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit.
Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf
die Bären komme ‒ die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem
Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen
Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter
Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches
zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth
auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig
Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna!
Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski
an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten
ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe
betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann ‒ aber fort ist er,
ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser
Schnapphahnski?
Lieber Leser sei nicht unbescheiden! „Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel
ist mir bewußt!“ Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es
ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus
heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große
Publikum.
Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt
und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und
naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen
Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den
Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre
thörichten Geschichten, ‒ wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie
wieder zusammen.
Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der
Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters
Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln,
damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser
Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt.
Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es
Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode
aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente
eines Bosco'schen Taschenspielerlebens.
Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat,
Autor ‒ Alles ist dieser Schnapphahnski ‒ ein liebenswürdig frecher Gesell.
‒ Doch zur Sache!
In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist
er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche
Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach
Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . .
. . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als
ein erster Stern.
Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht
zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches
allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart
hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und
kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte
Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und
gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit
funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen.
Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger
in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien
stand.
Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen
Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper
Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes
auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung,
und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen ‒ und man wird gestehen
müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die
schöne Gräfin S. machte.
Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte
sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche
Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe
der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit
dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen
setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede
[0346]
Phrase begleitete er so ausdrucksvoll mit der schneeweißen
Hand, daß die arme Gräfin zuletzt nicht mehr widerstehen konnte und sich
ihrem Husaren auf Gnade und Ungnade ergab. Glücklicher Ritter! Er durfte
seinen jungen Schnurrbart auf die kußlichsten Lippen ganz Schlesiens
drücken. Kaum der Schule entlaufen und schon ein Alexander, der eine Welt,
ein Herz, eroberte!
So weit war Alles gut. Daß Schnapphahnski ein gräfliches Herz stahl: Niemand
wird ihm das verdenken; und daß er seine Gräfin küßte: nun, das war seine
verfluchte Schuldigkeit. Denn der Mensch soll küssen! In flammender
Frakturschrift steht dies geschrieben in den rosigen Abend- und
Morgenwolken. Der Mensch soll küssen! In kleiner Schrift steht es
geschrieben auf dem Blatt jeder Rose, jeder Lilie.
Schnapphahnski küßte und er gehorchte dem Gesetz, das mehr als die
Frakturschrift der brennenden Wolken und mehr als die kleine Schrift der
Lilien und der Rosen die Lippen einer Gräfin verkündigten, einer
liebenswürdigen schlesischen Gräfin.
Wie gesagt, bis zu diesem Augenblicke konnte man Schnapphahnski nicht den
geringsten Vorwurf machen: er liebte und er ward geliebt, er küßte und er
wurde geküßt.
Der edle Ritter war aber nicht zufrieden mit dem Schicksal gewöhnlicher
Sterblicher; abenteuerlich juckte es in seinen Knochen; er überredete die
Gräfin zur Flucht, er entführte sie. ‒ Der Ritter stand also in der dritten
Phase seines Unternehmens. Zuerst geliebt, dann geküßt und nun entführt. ‒
Alle Ehemänner werden ihn des letztern wegen ernstlich tadeln; so etwas ist
unhöflich ‒ ein Weib entführen: das ist nicht recht ‒ einen armen Ehemann
mit seinen Hörnern und mit seinem Gram allein zurückzulassen, das ist
hartherzig und unpolitisch; namentlich unpolitisch, denn wollte man jede
Helena entführen, wie viele Städte würden da nicht das Schicksal Trojas
theilen? welches Elend würde über die Welt kommen? Paris, Wien und Berlin
würden in Rauch und Flammen untergehn ‒ aller Spaß hörte auf, mit den
Nationalversammlungen hätte es ein Ende und mancher edle Ritter
Schnapphahnski würde vergebens seine Beredsamkeit an den Mann zu bringen
suchen.
Aber unser brauner Husar, mit den prallen jugendlichen Schenkeln und den
lüsternen Augen, dachte weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft, als
er die schlesische Helena lächelnd hinauf in den Wagen hob, um eiligst das
Weite zu suchen.
Weshalb sollte er auch an die Zukunft denken? War die Gegenwart nicht schön
genug? Ach, so herrlich fuhr es sich an der Seite des himmlischen Weibes.
Die Vögel sangen, die Blumen schauten verwundert zu den Liebenden empor und
die Rosse trabten hinweg ventre-à-terre, und ihre Mähnen flatterten im
Winde.
Die Küsse, die man in solchen Augenblicken küßt, müssen nicht mit Millionen
zu bezahlen sein. Glücklicher Schnapphahnski! Während er die Lust des
Daseins schmeckte, lief dem geprellten Ehemanne gewiß bei jedem Kusse, ohne
daß er wußte weshalb, ein eisiges Frösteln über den Nacken.
Wo war doch dieser Ehemann? Es ist wirklich merkwürdig, die Ehemänner sind
tausendmal zu Hause, wenn es sich um eine wahre Lumperei handelt, aber der
Teufel weiß wie es kommt, daß sie stets abwesend sind, wenn es sich um ihre
Frisur dreht.
Wer weiß was aus der Frisur des Grafen S. geworden wäre, wenn nicht der
Kutscher der Liebenden, ein tressengeschmückter Kerl, mit gewichstem
Schnurrbart und schrägsitzendem Hute, plötzlich die Zügel der Rosse fest
angezogen, und vom Bock hinunter und an den Wagenschlag springend, dem
schönen Paris, dem braunen freiwilligen Husaren Schnapphahnski mitgetheilt
hätte, daß ganz gegen die Fabel, der ehrenwerthe Ehemann, der Herr Menelaos,
der Graf S. so eben im Begriff sei, ihnen auf's gemächlichste entgegen zu
reiten.
Man kann sich die Stimmung Schnapphahnski's denken; er begriff nicht, wie die
unsterblichen Götter so unverschämt sein konnten, dem lustigsten Husaren
ganz Schlesiens auf so erbärmliche Weise in den Weg zu treten. Aber in den
gefährlichsten Momenten zeigt sich die Bravour eines sinnreichen Junkers am
eklatantesten.
„Gräfin“ ‒ sprach er zu der zitternden Helena ‒ „ich werde dich ewig im
Herzen tragen. Aber so wahr ich Schnapphahnski heiße und vom reinsten
preußischen Adel bin: höhere Rücksichten gebieten mir, in diesem Augenblicke
auf dich zu verzichten, damit nicht aus deinem Raube ein zweiter
trojanischer Krieg entspringe, städteverwüstend und hinraffend der Edlen
viel aus der preußischen Heerschaar. Steige daher hinab auf die Landstraße,
wo dich ein zärtlicher Gatte mit den liebenden Armen umfangen wird um dich
zurückzuführen gen O. in Schlesien, wo das 4. Regiment der braunen Husaren
steht, ein Regiment, dem ich auf ewig Lebewohl sage.“
Schnapphahnski schwieg und sein Herz klopfte wilder ‒ der Hr. Menelaos kam
immer näher. Mochte die Thräne von den Wimpern der schönsten aller Frauen
rieseln ‒ galant bot ihr der kühne Ritter den schützenden Arm und hob sie
hinab.
Schnapphahnski selbst kehrte aber zurück in die harrende Karosse; der
Kutscher strich seinen Bart und:
„Treibend schwang er die Geißel und rasch hin trabten
die Rosse“
und Schnapphahnski ward nicht mehr gesehen.
Was sagen meine Leser zu dieser Geschichte? Ist sie nicht werth von einem
preußischen Homer besungen zu werden?
Der Raub der Helena unterscheidet sich von dem Raub der Gräfin S. nur durch
die Pointe. Der erstere endete damit, daß Troja in Flammen aufging, der
andere fand darin seinen Schluß, daß der Graf S., indem er seine Gemahlin
nach Hause zurückführte, den jungen Schnapphahnski den ‒ Stöcken seiner
Lakaien empfahl.
Armer Schnapphahnski ‒ ‒ Rächenden Gespenstern gleich stehen die Bedienten
des Grafen S. bis zur Stunde vor der Seele den irrenden Ritters. In der
Stille des Gemaches, in dem Lärm der Gassen hat er keine Rast und keine Ruh.
‒ O, die Bedienten des Grafen S.! O, die verfluchten Lakaien aus O.! Die
Jahre sind geschwunden und glücklich würde Schnapphahnski sein ‒ sitzt er
nicht mit den Männern des Jahrhunderts auf ein und derselben Bank? lauscht
nicht ein ganzes Volk seinen tönenden Worten? Aber ach, will er sich seines
Schicksals freuen, da zuckt er, da schrickt er zusammen, denn sieh, durch
das Wogen der Versammlung, über die Köpfe seiner Bewundrer schaut es
plötzlich wie ein Gesicht aus O., wie ein Bedienter des Grafen S. ‒ und tief
verhüllt der edle Ritter sein erbleichendes Antlitz.
(Forts. folgt.)
[Deutschland]
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[Fortsetzung] nisters v. Schreckenstein an die
verschiedenen Generalkommando's abgesendet worden, welches folgendermaßen
lautet:
„Einem etc. Generalkommando übersende ich anbei vidimirte Abschrift des von
Sr. Maj. dem Könige unter'm heutigen Dato wegen Errichtung der
provisorischen Centralgewalt in Deutschland erlassenen Armeebefehls, mit dem
ergebensten Ersuchen, solchen den Truppen und resp. Militärbehörden bekannt
zu machen, indem ich nur noch bemerke, wie es nach der Lage der Umstände
angemessen erscheint, daß diese Bekanntmachung nicht am 6. August und daß
noch weniger an diesem Tage oder bei der Bekanntmachung überhaupt eine
Parade stattfinde.
Berlin, 29. Juli 1848.
Der Kriegsminister, (gez.) Frhr. v. Schreckenstein.“
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[
125
] Magdeburg, aus der Citadelle, 2.
August.
Wie lange werden die Parlamente ihre Zeitgenossen noch ungestraft Glauben
machen dürfen, daß die Leute, welche getrieben von dem dunklen Bewußtsein
ihres Elendes, nackt und waffenlos auf den Barrikaden die gerüstete Tyrannei
überwanden, daß diese Leute geblutet haben, um sich von selbstgefälligen,
unfruchtbaren Doktrinärs eine deutsche Kaiserposse aus längst begrabener
Zeit mit dem Zusatze aller der politischen Institutionen aufdrängen zu
lassen, die weit entfernt, im Kopfe und Herzen dieser deutschdümmelnden
Michel zu wurzeln, die Früchte der französischen Revolution und nichts
weiter sind, einer Revolution, die man um so weniger ehrt, je mehr man sie
nachahmt, ohne sie zu verstehen. Was ist denn um Gotteswillen „deutsch“ an der ganzen Episode von dem ersten Worte
unserer Constituants an bis jetzt, bis zu ihren letzten „rühmlichen“
Handlungen herab. Sie alle wetteifern, die unschuldigen Franzosen
aufzuzehren; sie alle trampeln wie Wüthende gegen das arme Italien; sie alle
begeifern Polen, nachdem sie es knebeln halfen; sie feiern Windisch-Grätz
für die Erwürgung aufrührerischer „Czechen“; nun, so haben wir doch ein
Recht zu fragen, was sie uns bieten werden, um uns Deutschland theuer zu
machen. Haben sie Ideen bereit, die einem deutschen Geiste alleinig
zugehören und nur in Deutschlands politischen Gränzen verwirklicht werden
können; bringen sie uns die Freiheit von einem Tyrannen oder einer ganzen
Kaste, deren Willkühr uns empörte; bringen sie uns eine neue Freiheit, die wir als Deutsche zu
begrüßen ein volles Recht hätten? Nein, bewahre! sie bringen uns einen neuen
Herrn, neue Heere und eine „Verfassung“, eine Magna
Charta, über die wir weiter ein Wörtlein reden wollen, und das ist Alles!
Also die Freiheit einer „Charte“, die schon die
britischen Reichsbarone vor 652 Jahren beseligte, mit einigen Abänderungen,
die man von Frankreich gelernt, und deren Verdienst es ist, die Herrschaft
aus den grauen Stammbäumen heraus in die goldenen Truhen reicher Philister
zu verlegen; die Freiheit einer solchen Charte, die weder eine Spur
schöpferischer Kraft noch das geringste Maaß geschichtlichen Verständnisses
an sich trägt, das soll die originelle Quelle eines neuen „Deutschlands“ sein!
Nein Ihr Herren, die wir des Schlendrians zeihen, Ihr werdet den Völkern
nicht die Garantieen schmutziger Intreressen als eine nationale Freiheit aufhalsen wollen; Ihr werdet nicht Hermann's
Lorbeere erndten; denn Ihr seid keine Hermanns und vor Allem, wir sind keine
Cherusker, keine Barbaren. Es ist eine unerträgliche Heuchelei in diesen
parlamentarischen Majoritäten, die, theils berüchtigte Werkzeuge einer wenig
volksthümlichen Knuten-Diplomatie, theils die gelehrten, aber wahrlich wenig
geistreichen Talleyrand's des reichen Bürgerthums, die, wiederholen wir, in
dieser Zusammensetzung das arme deutsche Volk zu einem Jubel, einem Feste
einladen, wobei die Wohlfahrt des verrathenen Proletariats als Opferlamm dem
restaurirten Geldstaate geschlachtet wird. Dasselbe Volk, das die Fürsten
überwand, wird sich nicht auf einen Schlag ein deutsches Britanien, d. h.
eine feste Burg der industriellen Aristokratie erschaffen lassen, eine
Verfassung, an deren Ruin die Volksfreunde über dem Kanal so eifrig
arbeiten. Herr Gervinus, dieser schwindsüchtige ideenlose Professor als
Redakteur einer deutschen Times, wenn er das Zeug selbst dazu hätte, das ist es, Ihr Männer der Barrikaden, wofür Ihr
geblutet habt! Die deutsche Flotte, die Garantie der Geldherrschaft, die 900,000 Mann Soldaten und die 38
Zweikammersysteme, hört Ihr's, das ist der Inhalt deutscher Nationalität,
die geliebte Hoffnung deutscher Börsenmänner, das Spielwerk für politische Kinder! das mit einem farbigen deutschen
Bande zugeschnürt, mit Gensd'armen bewacht und durch die blutigen
Heldenthaten der Generale bestätigt, das ist deutsche Freiheit, die, wie ein
verbürgtes Gerücht wissen will, der förmlichen Anerkennung des russischen
Nachbarn entgegen zu sehen hat (ist erfolgt in der Note von Nesselrode).
Wenn, was wir nicht glauben, die deutsche Zukunft der deutschen Gegenwart
entspricht, welche Aussicht! Eine gesetzgebende Versammlung. Was da
geschieht, wer zweifelt, wird sich in einer künstlichen Censur, in einem
Redeverbot, erneuten Anklagen, Unterdrückungen und, was das Positive, in
einem Kampfe der Schutzzöllner mit den Handelsfreien, d. h. der deutschen
Fabrikanten mit den deutschen Banquiers zusammenfassen lassen. Diese
Interessen werden sich die Hand reichen gegen die des Volkes, sie werden
sich trennen sobald der Pöbel die „Arbeitskraft“
hungert ohne zu murren. Dazwischen der deutschen Altväter, d. h. der
deutschen Fürsten absolutistische Melodie als Zwischengesang, die
unerquicklichen Zänkereien zwischen Oestreich und Preußen, und ein Stück
Australien von England abgetreten als „Asyl“ für den überflüssigen,
verbrecherischen Auswurf eines versorgten Kapital-Organismus, das ist das
moderne deutsche Kaiserreich sammt seinen herrlichen Hanse-Aspekten. Dabei
fehlt den deutschen Professoren, die in Frankfurt den Kato spielen, nichts
als einige Kourage von diesem römischen Haudegen und wir können mit Stolz
sagen, mir nichts, dir nichts ein Jahrtausend verschlafen zu haben.
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@facs | 0346 |
[
24
] Aus der Provinz Sachsen, 5.
August.
Die Skandale in unserer Provinz, provocirt durch Beamte und Militär, nehmen
immer mehr zu, und der Oberpräsident v. Bonin und der Polizeiminister
Kühlwetter scheinen keine Notiz davon zu nehmen. Das Recht der Stärke ist
bei der Reaktion, welche Polizei und Militär zur Verfügung hat. Aus Erfurt
vom 26. Juli berichtet die Thüringer Zeitung: als heute ein Zimmergesell den
General v. Voß, Kommandant in Erfurt, auf der Straße mündlich um
Gerechtigkeit hat wegen einer ihm zugefügten Beleidigung, wies ihn der
General zurück: er solle schriftlich einkommen; als aber der Geselle sich
nicht bescheiden wollte, entstand ein Wortwechsel, in Folge dessen der
Bittende ausreißen zu müssen glaubte. Da, in seinem ritterlichen
Heldenmuthe, zog ein den General begleitender Offizier den Degen und
verfolgte so den Fliehenden. Der Hauptmann des 31. Regiments, welcher
unlängst einen achtbaren Bürger in einer großen öffentlichen Versammlung an
den Kopf geschlagen und auf eine gemeine Weise beschimpft hat, um ihn zu
zwingen „ich bin ein Preuße“ zu singen, geht unangefochten umher. Aus
Schkölen bei Naumburg berichtet man von einer erschrecklichen
Polizeiwirthschaft. Einem ehrenwerthen, freisinnigen Manne wurde von der
Regierung in Merseburg aufgegeben, sich aller mündlichen und schriftlichen
Aeußerungen über Staats- und Kommunalangelegenheiten zu enthalten,
widrigenfalls er des Landes verwiesen werden würde. Dem Bedrohten, welcher
früher in England und Nord-Amerika und dann einige Jahre in Schkölen lebte,
und hier seiner Mutter in einem kaufmännischen Geschäfte beistand, war von
der Stadtverordnetenversammlung zu Schkölen das Ehrenbürgerrecht verliehen
worden. Indessen hatte die Polizei ermittelt, daß eigentlich seine Heimath
Camburg im Meiningschen, eine Stunde von Schkölen, sei. Die Landesverweisung
sollte nun vor einigen Tagen wirklich vollstreckt werden. Hr. Berlet, (so
heißt der Polizei-Verfolgte), wurde verhaftet, die Einwohnerschaft befreite
ihn aber mit Gewalt. Die Einwohnerschaft und die Stadtverordneten hahen sich
an den Minister Kühlwetter gewandt, und noch andere gräuliche Dinge des noch
immer fortwühlenden Bureaukratismus zur Sprache gebracht. Hr. Kühlwetter
will Thatsachen, einen Vertrauensmesser für seine Beamten hat er nicht, wie
er in der Kammer sagte, indessen scheinen doch die „Berichte“ seiner
getreuen Beamten einen Vertrauensmesser für ihn abzugeben. Die Berichte über
die blutigen Ereignisse von Schweidnitz, Charlottenburg und Erfurt sollen
ganz vortrefflich ausgefallen sein.
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@facs | 0346 |
[
!
] Kassel, 8. August.
Die Kurhessische Ständekammer fährt fort fortzufahren ‒ in alter guter Weise
nämlich. Das alte Wahlgesetz mit seinen indirekten Wahlen, mit den
Altersbestimmung von 30 Jahren für aktive und passive Wählbarkeit, mit seinem hohen Zensus ‒ ist
geblieben. Ja sogar der Adel hat das altständische Vorrecht behalten
besonders vertreten zu werden. Prinzen, Standesherrn und 8 Deputirte der
Ritterschaft, ein Stellvertreter adlicher Stifter, und ein Stellvertreter
der Universität, den man als Prälat dazu rechnen muß ‒ sie bilden den
dritten Theil der Kurhessischen Volksvertreter. Und wen und was vertreten
sie? Ein paar adliche Familien und einige Hufen Landes, denn mit großem
Grundbesitz ist der hessische Adel eben nicht gesegnet. Daß auch ihm nicht
großer Verstand bescheert worden geht daraus hervor, daß er selbst sogar an
sich selber den Mangel an Ueberfluß bemerkt. Er hat es durchgesetzt, daß
auch Bürgerliche als Stellvertreter des Adels gewählt werden können. Diese
bürgerlichen Köpfe sollen ausrichten was die adlichen nicht vermochten ‒
denn Hannibal ante portas. In Preußen soll der Adel fort ‒ in Frankfurt
ebenfalls ‒ dem hessischen wird übel zu Muthe.
Alle Petitionen an die Ständekammer um ein neues Wahlgesetz haben Nichts
gefruchtet. Der Herr Nebelthau wieß sie zurück und
koste es seine Popularität. Welche Einbildungskraft! Der Mann will's sich
Etwas kosten lassen, was er längst nicht mehr hat. ‒ Der Herr König, der Dichter, „der Mann des Fortschritts“
meinte, es seien eher ältere Leute nöthig als jüngere, eher ein Zügel (warum
nicht ein Hemmschuh?) als ein Sporn. Der Abg. Thon,
ein langweiliger trivialer süßlicher Mensch, der aus Allem einen Brei macht,
und überall dabei ist ‒ dieser Herr that diesmal etwas Uebriges; er stellte
der Ständeversammlung gerade zu ein testimonium paupertatis aus. Man
brauche, sagte er, gar keine Intelligenz, nur Praxis und Erfahrung. Die
Intelligenz gehöre nach Frankfurt. ‒ Herr Thon gehört weder nach Frankfurt,
noch nach Kassel.
Der Abgeordnete Henkel ist eigentlich der einzige der Opposition macht, und
mit ihm Knobel. Henkel war auch in Frankfurt; dort fand sein Ehrgeiz keine
Befriedigung; er kehrte zu den väterlichen Laren zurück, wo die Köpfe noch
seltener (unmöglich!) und also gesuchter sind, als
in Frankfurt. Der Vicepräsident Schwarzenberg aber zieht vor Stellvertreter
von Deutschland und von Kurhessen zugleich zu sein; einmal ist er hier,
einmal dort; d. h. einmal in Frankfurt, einmal in Kassel. Wenn er in
Deutschland ist, werden wir nicht viel von ihm gewahr; und wenn er in Hessen
ist, auch nicht. Henkel hat ihn vergebens aufgefordert die Frankfurter
Stelle aufzugeben, er erklärte sich für nothwendig hier und dort; und Henkel
trug Nichts davon, als schiefe Gesichter, weil er gegen die Pietät gesündigt
habe. Die Pietät ist die verfluchteste Tugend, von den tausenden, die unser
guter Michel im Herzen trägt.
Jetzt versucht man von Hanau und Marburg aus einen neuen Sturm gegen das alte
Wahlgesetz. Aber es giebt ein Drudenfüßchen in der Verfassung, darüber kann
kein Hesse hinaus. Das ist der §. worin zu jeder Abänderung der Verfassung
Einstimmigkeit verlangt wird, oder drei viertel der Stimmen auf 2
hintereinander folgenden Landtagen. Sobald also irgend ein guter Pfahlbürger
sagt, Ich will nicht, so stehn die sämmtlichen ‒
Landstände am Berge und sagen ‒ das nächste mal, in 3 Jahren. In 3
Jahren!
Die Konstitutionellen ex professo, die Staatsdiener u. dgl. lachen die sich
neuerhebende Wahlagitation aus; namentlich thut das ihr geistloses Organ,
die Neue Hessische Zeitung. Die Kassler Konstitutionellen rüsten sich zu
einem ungeheuren Feste für den 6. August. Heer, Bürgerwehr, Schutzwache soll
dem Reichsverweser Hurrah bringen; Ball, Volksfest u. s. w. Daneben macht es
sich ganz gut, daß der Kriegsminister abgedankt hat und sich kein neuer
auffinden läßt ‒ wer erfährt, daß ihm das Glück werden könnte, legt sich
sofort ins Bett. Endlich sollen sie einen alten pensionirten gichtbrüchigen
General dazu bestimmt haben; ‒ der will nun wieder keine Uniform tragen und
auf keine Parade gehn. Kann der Kriegsminister
werden?
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@facs | 0346 |
[
43
] Marburg, 1. Aug.
Wohl nirgends war man, freilich nach früherer desto hartnäckigerer Weigerung
so nachgiebig geworden von Seiten der Regierung als in Kurhessen. Alles
Mögliche ward zugestanden ‒ und der Philister hielt eine Reihe von Fest- und
Zweckessen. Nur hin und wieder hörte man eine einzelne Stimme, die man
jedoch damals als albern nicht beachtete, welche sagte: im Jahr 1831 betrog
uns die Büreaukratie, und heute betrügt uns die Bourgeoisie. Doch ist die
Stimme jetzt durch die Thatsachen gerechtfertigt. Preßfreiheit ist uns
gewährt, da thun sich alle Buchhändler und Drucker Kassels, mit Ausnahme
zweier ehrenwerther Männer, zusammen, um mit konstitutionellem Takte eine freiwillige Censur einzuführen, und
stellen an ihre Spitze den früheren Censor Arch. Dr. Rommel! Ja, bei uns
geschieht Unerhörtes! ‒ Unsere Verfassung ist mangelhaft, unsere Gesetze
sind schlecht, sie sollen auf verfassungsmäßigem Wege gemäß der
Zugeständnisse des Monats März verbessert werden. Man läßt die alten, unter
dem Einflusse Scheffers gewählten Stände zusammentreten, in der Hoffnung,
sie würden schnell ein volksthümliches Wahlgesetz abfassen, und dann durch
ihre Auflösung eine im Volke wurzelnde Kammer möglich machen. Statt dessen
sitzen sie schon vier Monate zusammen, halten die Woche zwei Sitzungen, und
das harrende Volk harrt vergeblich. Da endlich wird über das neue Wahlgesetz
diskutirt ‒ und welches Monstrum wird geboren! Ein Drittel der Deputirten
sendet der Ritterstand, der, abgesehen davon, daß er nach Aufhebung der
Lehensverhältnisse auch nicht einmal den geringsten juristischen Anspruch
darauf machen kann, noch weniger sich durch seinen Grundbesitz und seine
Intelligenz dazu befähigt. Und wenn nun das Volk noch seine zwei Drittel
frei wählen könnte; aber da ist wieder die Eintheilung in zwei Kurien, in
Städter und Bauern; jeder Theil schickt 16 Deputirte, die er indirekt wählen muß; und die Wahlmänner müssen zu
den höchst Besteuerten gehören. Horribile dictu! Und Alles dies geschieht
von den Ständen selbst in einem Lande, wo die Regierung im Monat März die
Volkssouveränetät anerkannt hat! Um dies Gesetz wieder zu vernichten und ein
volksthümliches Wahlgesetz zu erzielen, hat eine Volksversammlung hierselbst
ein Comite gewählt, welches Behufs dieser Angelegenheit die Agitation im
ganzen Lande betreiben und sich nicht eher auflösen soll, als bis der Zweck
erreicht ist. (In diesem Comite befinden sich: die Prof. Bayrhoffer, Fick,
Hinkel, v. Sybel, Dr. Wild, Dr. Falck, Dr. Eichelberg, Müller, Eberhard,
Sternberg, Trabert, Dronke, W. Schmidt.) Der erste Schritt, den das Comite
beabsichtigt, ist folgende Petition im ganzen Lande zu verbreiten und sie
dann als Monsterpetition abzuschicken.
Kurfürstliches Ministerium des Innern!
Die Endesunterzeichneten Einwohner Marburgs bitten nach Inhalt.
Das Kurhessische Volk hatte sich in den Märztagen gegen eine sofortige
Auflösung der Ständeversammlung in der sicheren Erwartung erklärt, dieselbe
werde auf der von Deutschland eingeschlagenen Bahn einer freien,
volksthümlichen Entwickelung fortgehen und alsbald eine zeitgemäße
Umgestaltung der Verfassung auf Grundlage des im März thatsächlich
errungenen Standpunkts der Volkssouveränität vornehmen. Die
Ständeversammlung hat dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt; sie hat sogar
das alte Wahlgesetz bis auf einige unwesentliche Abänderungen beibehalten,
und dadurch auch für die Zukunft die nothwendige Umgestaltung unserer
Verfassung unmöglich gemacht.
Das abgeänderte Wahlgesetz behält den indirekten Wahlmodus bei, welcher,
namentlich in einer Zeit der politischen Bewegung und einer rasch
fortschreitenden Entwickelung, wie der unserigen, eine Einrichtung der
Unmündigkeit, der Bevormundung und, wie die früheren Jahre gezeigt haben,
der Intrigue ist. Insbesondere widerspricht es auch der Art unserer eigenen
Parlamentswahlen. Nachdem das Borparlament, als der unmittelbare Ausdruck
des Volkswillens, im Bewußtsein der Mündigkeit des deutschen Volks die
direkte Wahl als Prinzip für ganz Deutschland ausgesprochen und die aktive
und passive Wahlfähigkeit ohne Unterschied des Standes und Vermögens jedem
[0347]
volljährigen und selbstständigen Staatsangehörigen
zuerkannt hatte, wurde auch in Kurhessen die Form der direkten Wahl nicht
blos als die geeignetste gewählt, sondern auch als zweckmäßig und
wohlausführbar erprobt. Der Wahlmodus aber, welcher den Zwecken der
Nationalversammlung entsprach, wird auch wohl für die Kurhessische
Volksvertretung nicht falsch und gefahrbringend sein.
Das neue Wahlgesetz behält sodann den Wahlcensus bei. Derselbe vernichtet
aber vollkommen den Grundsatz der aus dem allgemein anerkannten Prinzip der
Volkssouverainetät hervorgehenden gleichen politischen Berechtigung. Wo das
Vermögen entscheidet, da kann die politische Befähigung, die Kraft der
Intelligenz sich bei Feststellung der gesetzlichen Ordnung nicht frei
entfalten; wo nur der Hochbesteuerte wählen und gewählt werden darf, da kann
der politisch Hochbegabte, wenn ihn das Geschick nicht mit äußeren
Glücksgütern beschenkt hat, von seiner politischen Freiheit keinen Gebrauch
machen; er muß oft einem unfähigen Menschen nachstehen, dem, vielleicht ohne
sein Verdienst, solche Güter zu Theil geworden sind; da machen am Ende der
Besitz, das Geld und die Interessen des Geldes das Gesetz, aber nicht der
Volksgeist; ‒ und das ist eines freien Staates unwürdig. Das neue Gesetz
hebt zwar den Census für die Abgeordneten auf; allein dies ist nur eine
scheinbare Verbesserung, da der Census für die Wahlmänner geblieben ist.
Wenn der Wähler die Wahlmänner nicht aus allen Bürgern herausnehmen kann, so
ist es ihm ja ganz unmöglich, diejenigen zu wählen, welche er vielleicht
gerade für die tüchtigsten hält, und wie läßt sich außerdem erwarten, daß
die Kaste der hochbesteuerten Wahlmänner ihren Abgeordneten aus einer unter
ihr stehenden, unberechtigten Kaste wählen wird?
Das neue Gesetz hält ferner das Alter von 30 Jahren als Bedingung der
Wählbarkeit fest. Die politische und moralische Befähigung eines
Abgeordneten, welche bei den Wahlen allein in Betracht kommt, läßt sich
nicht äußerlich einem bestimmten Lebensjahr bemessen; die persönliche
Tüchtigkeit ist an kein bestimmtes Alter geknüpft. Die politische
Selbstständigkeit, welche mit der Volljährigkeit erreicht wird, ist hier der
allein richtige Maaßstab; unter den volljährigen Staatsbürgern mag der
tüchtigste gewählt werden, sei dieser nun 25, 30 oder 40 Jahre alt.
Was uns aber am meisten in Erstaunen gesetzt hat, ist die Festhaltung der
Wahl nach Ständen, namentlich der besondern Vertretung der Ritterschaft
etc., eine Einrichtung, die nur im Mittelalter einen Sinn hatte. In
Frankreich hat man den Adel abgeschafft, der neue preußische
Verfassungsentwurf hebt die Vorrechte des Adels auf und erkennt nur noch
freie und gleichberechtigte Staatsbürger an. Das neue Wahlgesetz dagegen,
anstatt durch eine angemessene Eintheilung des Landes in eine entsprechende
Zahl von Wahlbezirken allen Staatsbürgern einen gleichen Antheil bei den
Wahlen und damit bei der Gesetzgebung zu sichern, läßt einen Stand im
Besitze eines veralteten Privilegs. Es setzt ihn demnach über die andern
Staatsbürger und bringt wieder den Kampf und die Herrschaft der
Standesinteressen in die volksvertretende Kammer, und jenes
Standesbewußtsein, welches so vielen Anstoß in Hessen fand und doch nur die
nothwendige Folge des Wahlgesetzes ist. Unter diesen Umständen fordern wir
Kurfürstliches Ministerium des Innern auf:
„der Ständeversammlung schleunigst ein neues Wahlgesetz nach
den obigen
„Grundsätzen der direkten Wahl ohne Census, Standes- und
Alters-
„beschränkungen vorzulegen und nach dessen Genehmigung die
Stände-
„versammlung sofort aufzulösen und eine neue zu berufen, mit
der
„Aufgabe, dem durch die politische Bewegung im März thatsächlich
und
„moralisch errungenen Standpunkte der Volkssouverainetät
gesetzliche
„Kraft zu geben.“
Respektvoll zeichnen Kurfürstl. Ministeriums des Innern
Marburg, 30. Juli. gehorsamste:
(Folgen die
Unterschriften.)
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
Hannover.
Der König von Hannover hat in Nachahmung des Königs von Preußen eine
General-Ordre an die Armee in Bezug auf das Peucker'sche Circulair erlassen,
welche mit andern Worten ungefähr dasselbe sagt, wie der preußische
Armeebefehl. Die General-Ordre ist vom 6. August (ante-) datirt. Sie macht
den Soldaten bekannt, daß der König seine Zustimmung zu der Wahl eines
Reichsverwesers gegeben habe, und daß zu den Befugnissen desselben die
Oberleitung der deutschen Heere ganz in derselben Weise, wie sie bisher dem
Bundestage zugestanden habe, gehöre. Sobald es zum Schutze Deutschlands
erforderlich sei, werde der König den Soldaten befehlen, sich den übrigen
deutschen Heeresabtheilungen unter der Oberleitung des Reichsverwesers
anzuschließen. Er sei überzeugt, daß sie unter dieser Oberleitung ihren
alten Ruhm bewähren werden. Von einer Parade ist nicht die Rede und auch die
Parade der Bürgerwehr ist (durch nicht zu beseitigende Aeußerlichkeiten, wie
die „Morgenzeitung“ berichtet) bis zur nächsten Woche verschoben worden.
‒ In Braunschweig ist es zu unruhigen Auftritten
gekommen. Die Bürger verlangten die militärische Huldigungsfeier; der Herzog
versprach dem Beispiel der verbündeten Regierungen folgen zu wollen. Die
Antwort genügte nicht; es wurde eine zweite Deputation abgeordnet. Der
Erfolg derselben ist noch nicht bekannt.
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
Prag, 2. Aug.
Dr. Brauner ist ‒ wie wir vernehmen ‒ bereits für unschuldig erklärt, aber
ganz im Widerspruch hiemit noch immer nicht freigelassen worden. Auch die
Uebergabe der Gefangenen an das Civilgericht soll trotz Ministerialbefehls
noch nicht stattgefunden haben.
[(Const. Bl. a. B.)]
Graf Buquoy hat folgende Erklärung veröffentlicht:
„Nachdem sich bei der gegen mich eingeleiteten strengen Untersuchung über die
mir zur Last gelegte Mitschuld an dem Verbrechen der Verschwörung und des
Aufruhrs meine vollkommene Schuldlosigkeit herausgestellt hat, so bin ich
Freitag den 28. Juli aus dem Untersuchungsverhafte auf dem Prager Schlosse
entlassen worden. ‒ Da ich den Fall allerdings für möglich erachte, daß
diese meine Schuldlosigkeits-Erklärung, deren Veröffentlichung ich seiner
Zeit von der Untersuchungs-Behörde mit Zuversicht erwarte, zu einer
neuerlichen Veranlassung von Erbitterung und Aufregung benützt werden
könnte, so finde ich mich im Interesse der Ruhe meiner Vaterstadt Prag und
zum Beweise, daß mir, trotz der in meinem Verhafte ausgestandenen schweren
Leiden, jedes Gefühl persönlicher Feindseligkeit oder der Rache fremd ist ‒
bewogen, hiemit freiwillig und ungezwungen öffentlich zu erklären, daß nach
denen mir im Laufe der Untersuchung zur Kenntniß gekommenen boshaften und
rein erdichteten Denunciationen und absichtlich ausgestreuten Verläumdungen
über meine vermeinte Theilnahme an den Prager Ereignissen, ich die von
Seiten des kommandirenden Generals, Fürsten Windisch-Grätz über mich
verhängte Verhaftung nicht nur allein für durchaus gerechtfertigt und im
Gesetze gegründet finde, sondern daß ich auch gestehe, daß ich an seiner
Stelle diese Verhaftung selber angeordnet haben würde. ‒ Das gleiche Motiv:
von meiner Seite jede Veranlassung, wodurch die Ruhe und der Friede meiner
Mitbürger neuerlich gestört werden könnte, zu beseitigen, hat mich auch
allein bewogen, sogleich nach Aufhebung meines Verhafts von Prag abzureisen,
und ich ersuche meine lieben Mitbürger, meine vielleicht längere Entfernung
aus ihrer Mitte nicht etwa als eine Mißachtung oder Feindseligkeit
auszulegen, sondern sie lediglich dem Wunsche zuzuschreiben: hiedurch jede
Veranlassung einer durch meine Anwesenheit vielleicht ohne mein Wissen
entstehenden Aufregung zu entfernen.
Schloß Rothenhaus, am 1. August 1848.
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
[
61
] Wien, 3. August.
Angeblich zu Ehren der in Italien gzfallenen Helden der k. k. Armee, im
Grunde jedoch, um seiner Antipathie wider die neulich stattgehabte
revolutionäre Trauerfeier durch eine ähnliche Feier kund zu geben, hat das
hiesige Militär in der Hofkirche zu den Augustinern, heute ein durch und
durch schwarzgelbes Requiem abgehalten, an welchem sich die eitelsten,
zugleich aber demüthigsten Nationalgarde-Offiziere betheiligt haben. ‒ Weder
der Reichstag, noch der Ausschuß, noch auch die akademische Legion schienen
mir in der Kirche vertreten zu sein. Wahrscheinlich hatte sie das Militär,
welches in ihnen nur Rebellen erblickt, gar nicht eingeladen. Wie überall,
so wurde auch hier das demüthig-wedelnde Bürgerthum der Nationalgarde vom
Militär kaum beachtet. ‒ Die Aufregung wächst in den Vorstädten und in den
benachbarten Ortschaften. Fast täglich finden Katzenmusiken statt, die
mitunter, wie es gestern in der Alservorstadt geschehen, in Krawalle
ausarten. ‒ Ein Bürger aus Linz hat eine eigene Reise hieher gemacht, um dem
Sicherheitsausschusse von den drohenden Bewegungen des Militärs und von den
Gerüchten Kenntniß zu geben, welche über die Pläne der Kamarilla in
Oberöstreich verlauten. Man soll unter Anderm Willens sein, die Donau zu
sperren. Daß es auf einen Schlag abgesehen, gewinnt in der Ueberzeugung des
Publikums täglich mehr an Gewicht. ‒ Das Ministerium ist theils ohnmächtig,
theils liebäugelt es noch immer mit der Kamarilla; sonst wäre die Ansammlung
des Militärs in und um Wien, das feige Auftreten gegen die Bureaukratie, ja
die Thatlosigkeit dieses Ministeriums ein Räthsel. Mit dem Vertrauensvotum
über die geforderte Rückkehr des Kaisers in der Tasche, glaubt es schlafen
zu können. Seine Thätigkeit beschränkt sich fast nur auf die Beantwortung
einiger unbedeutenden Interpellationen. ‒ In Beziehung auf die Rückkehr des
Kaisers äußert sich die öffentliche Meinung namentlich des Landvolks dahin,
der Kaiser möge bleiben, wo er Lust habe, man brauche ihn nicht mehr. Die
Aula soll dem Kaiser in einer eigenen Adresse die Erklärung gemacht haben,
Oestreich würde sich selbst ein Oberhaupt wählen, wenn er keine Lust trage,
sein Oberhaupt zu sein nach dem Willen des Volks.
Die Berathung des § 34 der Geschäftsordnung hat den Reichstag in seiner
Sitzung vom 31. Juli an einen zweiten Prüfungsstein gebracht, an welchem er
nicht verfehlte, zu stolpern. Es handelte sich von der Frage, wie der
Ausschuß zu bilden sei, welcher den Entwurf der Konstitution des Reichs, der Provinzen und Gemeinden zu bearbeiten habe. Der
Reichstag beschloß nach einer konfusen Debatte darüber, daß dieser Ausschuß
in der Art gebildet werde, daß hiezu die Abgeordneten der
einzelnen zehn Gouvernements aus sich je drei Mitglieder, daher zusammen
dreißig, wählen sollen.
Die Folge dieses Beschlusses ist ein bedeutendes Uebergewicht des deutschen
Elementes. Galizien mit 51/2 Mill. Einwohnern, Böhmen mit etwa 3 Millionen
haben danach im Ausschuß nicht mehr Stimmen, als die kleinsten deutschen
Provinzen von nur einigen hunderttausend Bewohnern. Der kleinen deutschen
Provinzen gibt es aber viele, während Galizien nur eine große Provinz ist. Säße auch Ungarn im Wiener Reichstag, so
würden seine 12 Mill. Seelen bei der Konstituirung des künftigen
östreichischen Staatsrechts folgeweise ebenfalls nicht mehr zu sagen haben,
als die 700,000 Seelen, welche das Erzherzogthum bewohnen. Die hiesige
deutsche Partei hält die Annahme dieses § für einen Sieg; Vernünftigere sind
dieser Meinung durchaus nicht. Kein Sieg, aber wohl ein im Namen des
Deutschthums verübter Despotismus liegt darin. Es sitzen im Reichstage etwa
80 Abgeordnete, welche keine Silbe Deutsch verstehen und daher noch nicht
wissen, was sie thun. Um keine ganz bedeutungslosen Gestalten zu bleiben,
lassen sie sich als Werkzeuge verdollmetschender Anderer gebrauchen und
dadurch mag denn jener Beschluß möglich geworden sein. Die Abgeordneten,
denen das Germanenthum den Zwang der Sprache anthut, sind meistens
polnisch-ruthenische Bauern aus Galizien. ‒ Oestreich ist bisher nur eine
politische Fiktion gewesen. Das Haus Habsburg hatte während Jahrhunderten
einen Länderfetzen nach dem andern an das Erzherzogthum angepappt, hatte
sogar das römisch-deutsche Kaiserthum daran gepappt und dieses Staaten-Chaos
bis in die neueste Zeit mit den Gewalten antidiluvianischer Finsterniß so
ziemlich zusammen zu halten gewußt.
Jetzt aber ist es in diesem Chaos kühl geworden, die Bande fliegen
auseinander, die Völker erkennen sich trotz des Wirrwar's und wollen sich
auf die eigenen Beine stellen. Das Magyarenthum ist
bereits mit einem entschiedenen Schritte vorangegangen, es hat sich vom
erzherzoglichen Leibe losgerissen, und damit dem Fortbestand der Fiktion
Oestreich, als dynastischem, einen Todesstoß gegeben. Die übrigen Völker
werden, je mehr sie zur Erkenntniß ihrer eigenen Beine kommen, desgleichen
thun und der Reichstag kann daher keine andere Folge haben, als den
Todesstreich entweder vollends zu vollführen, oder ein ganz neues
Oesterreich zu schaffen. Letzteres kann nur dann geschehen, wenn die
verschiedenen Völker des gegenwärtigen Oesterreich ihrer Nationalität
entsagen, um sich in einem demokratisch-künstlichen Staatenverbande eben so
brüderlich zu umarmen, als sie sich in dem absolutistisch-künstlichen
Staatenverbande ferngestanden haben. ‒ Mit Rücksicht auf diese Zustände
nenne ich den Sieg des Deutschthums in der Reichstagssitzung vom 31. Juli
einen durchaus falschen, und muß ihn einen unhaltbaren nennen, wenn ich
erwäge, wie lächerlich sich das Deutschthum in Frankfurt macht und wie wenig
das österreichische Deutschthum daher im Stande sein wird, in dem neuen
österreichischen Staatenvereine auf die Dauer Oberwasser zu bleiben.
Die hiesige öffentliche Meinung will in Nesselrode's Note nichts Anderes
erblicken, als das kombinirte Todesröcheln sämmtlicher von den Völkern
Westeuropa's beschimpften Satrapen des Czaren.
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@facs | 0347 |
Wien, 1. Aug.
Nach Inhalt eines mir so eben von dem Landrechte, als Preßgericht,
zugekommenen Dekretes vom 31. Juli d. J. ist in Folge der von mir
überreichten Klage Hr. Mathias Emanuel Löbenstein wegen des in dem Blatte
Nr. 53 der von ihm redigirten „Wiener Allgemeinen Zeitung“ enthaltenen
Artikels: „Der Minister der Arbeit Ernst v. Schwarzer“ wegen
Ehrenbeleidigung auf Grund des §. 14 des Preßgesetzes, in den Anklagestand
versetzt, und ihm auch bereits die Anzeige von dieser Klage in seinem Blatte
aufgetragen worden.
E. Schwarzer.
@xml:id | #ar069_015 |
@type | jArticle |
@facs | 0347 |
[
*
] Wien, 1. Aug.
Batthiany ist fort, eben so Jellachich; ob aber die beabsichtigte
Vermittelung zwischen Ungarn und Kroatien gelungen oder nicht, darüber
konnte man bisher nichts Sicheres erfahren. Wahrscheinlich ist, daß keine
Pazifikation zu Stande gekommen, oder, wäre sie's auf dem Papier, daß sie
von der Wirklichkeit bald wieder ausgelöscht würde.
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
Wien. Sitzung der konstituirenden Reichsversammlung vom 1.
August.
Die in den Ausschuß für den Verfassungsentwurf getroffenen Wahlen werden vom
präsidirenden Vizepräsidenten Strobach verlesen. Wiesenauer interpellirt das Ministerium in Betreff eines wüthenden
Schmähartikels gegen ein Mitglied desselben. Der Arbeitsminister Schwarzer erwiedert, er habe be ider Alternative,
die Sache vors Gericht zu bringen, oder zurückzutreten, das erstere
vorgezogen. Vor dem Parlamente sich zu vertheidigen, hält er für
unparlamentarisch; hier habe das Gericht zu
verfahren und zu entscheiden. Er bittet schließlich das alte Ministerium,
sich über das zwischen ihnen bestandene Verhältniß, zu erklären. Pillersdorf: Obgleich ihm der betreffende
Zeitungsartikel unbekannt, so könne er sich doch, hierzu aufgefordert, über
die literarische Verbindung unumwunden dahin aussprechen, daß er mit keinem
Literaten in Verbindung gestanden. Er sei der Ansicht gewesen, die Presse
selbst müsse die Irrthümer der Presse widerlegen; von ihm habe weder das
eine noch das andere Journal eine Vergütung erhalten. Hiermit glaube er die
gegen Hrn. Schwarzer vorgebrachte Beschuldigung hinreichend widerlegt, und
bemerkt bloß noch, daß in solchen Fällen der Bestecher, nicht der Bestochene
die härtere Strafe verdient.
Finanzminister Kraus bezeugt, daß aus den Finanzen
niemals etwas an das fragliche Journal geleistet worden. Dieses, die
„Allgem. Oester. Ztg.,“ deren Redakteur Hr. Schwarzer gewesen, habe amtliche
Mittheilungen und Neuigkeiten zu erhalten gewünscht, sonst aber niemals in
irgend einer Beziehung zum Ministerium Pillersdorf gestanden. Der beste
Beweis seien wohl die oft sehr scharfen Angriffe des Blattes auf das
Ministerium gewesen. Lange interpellirt wegen
Krakau's. Diese Stadt ist ohne Anlaß Seitens der Bürger bombardirt worden.
Der Staat sei unter Anderm verpflichtet, Schadenersatz zu leisten. Einer
Krakauer Deputation sei am 17. Mai zu Wien eine strenge Untersuchung des
Militairverfahrens verheißen worden. Am 19. Mai sei auch die betreffende
Anweisung an die Hofkommission nach Krakau abgegangen. Allein seit diesen
drei Monaten höre man keine Silbe weiter. Dobblhoff
theilt mit, daß er bereits Jemanden abgeordnet, die Angelegenheit rasch zu
Ende zu führen. Lange: Ich fordere Genugthuung und
trage nochmals auf Vorlage der Aktenstücke an. Auch wegen der Nationalgarde,
die bekanntlich aufgelöst worden und die trotz aller Verheißungen noch nicht
reorganisirt ist, interpellirt er und erhält vom Minister befriedigende
Zusicherung.
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
Wien. Sitzung des konstituirenden Reichstages am 2. August.
Vorsitz: Vicepräsident Strobach.
Die Sitzung beginnt um halb 11 Uhr.
Minister Dobblhof giebt Auskunft über die gestern angeregten Verhältnisse
wegen der Deputirten Dalmatiens. Zehn Wahlen seien, wie ihm nun bekannt,
vollzogen, die eilfte in Cattaro noch nicht, und die Deputirten
entschuldigten sich darum bisher noch nicht eingetroffen zu sein, da durch
die Blockade Triests die Dampfbootverbindung gestört war.
Minister Schwarzer antwortete auf die gestern von Neuwall gestellten Fragen.
Es ist wahr, daß der modenesische Pallast dem Staate 500,000 fl. gekostet
habe, aber es ist dem nicht so, daß ihn der Hof ganz benütze, sondern nur
zum Theile; ein großer Theil ist öffentlichen Zwecken gewidmet, ein kleiner
Theil vom Hofe zur Unterbringung von Möbeln benützt. Er überlasse es dem
Schicklichkeitsgefühle der Reichsversammlung ob es an der Zeit sei, jetzt zu
entscheiden, ob eine Trennung zwischen Civilliste und Staatsschatz
stattfinden solle und glaube, daß diese Spezialfrage bis zur Entscheidung
aufzuschieben wäre. Zum Justiz- und Handelsministerialgebäude wurde das
Batthyanische Palais, mit dem bis 1851 ein Kontrakt abgeschlossen ist,
verwendet. Das Lichtensteinische Palais sei den 15. Februar auf neue [#]
Jahre gemiethet worden, und zwar nicht um jährlich 9 sondern 11,000 fl.
Fürst Lichtenstein erklärt nur für die Justiz und es werde ihm daher das
Gebäude wieder zurückgestellt oder etwa anderweitig benützt werden. Er,
Schwarzer, werde die Papiere über die Dikasterialgebäude im Hause
niederlegen.
Trunner interpellirt den Minister Dobblhof. „Ich erlaube mir die Anfrage, ob
es dem Minister des Innern bekannt, daß gestern Abends ein bedeutender
Volksauflauf in der Hauptstraße der Alservorstadt stattgefunden habe,
welcher Volksauflauf sich sogar der Person des Pfarrers bemächtigen wollte.
Dieser Volksauflauf dauerte bis gegen Mitternacht, und ich behaupte, daß,
wenn ein solcher Volksauflauf stattfinde, die Ruhe in Wien durch einen
solchen Volksauflauf in Zweifel gesetzt sei. Ich erlaube mir zu fragen, ob
der Herr Minister des Innern Maßregeln gegen diesen Volksauflauf bereits
ergriffen hat oder gegen diesen Volksauflauf ergreifen wird, damit ein
solcher Volksauflauf, wenn auch in Zukunft nicht unmöglich gemacht, doch
wirksam erdrückt werde. Es sind gegen diesen Volksauflauf die strengsten
Maßregeln unerläßlich, weil sonst die Reichsversammlung durch solche
Volksaufläufe einer Unwahrheit gezeiht werden könnte, da sie in der
abgesandten Adresse an Se. Majestät von Ruhe und Ordnung in Wien gesprochen
habe.
Es würde mich wundern, wenn die 40,000 Mann Nationalgarden und die
Militärbesatzung in Wien nicht hinreichen sollten, einen solchen
Volksauflauf zu unterdrücken. ‒ Ich frage ferner den Minister der Justiz ob
er gegen diesen Volksauflauf etwas veranlaßt hat, oder gegen diesen
Volksauflauf veranlassen will, und die Anstifter bei diesem Volksauflauf zur
Verantwortung ziehen wird. Ich meine das alte Gesetz steht noch
aufrecht.“
Diese Rede wurde oft von Lachen und Zischen unterbrochen und der Präsident
mußte mehrmals zur Ordnung rufen.
Prestl erlaubt sich vor der Antwort des Ministers das Wort zu nehmen, und
sagt unter Beifall, es stehe wohl jedem Abgeordneten das Recht der Frage
nicht aber zugleich des Urtheiles zu. Er beantrage, daß man bloß fragen aber
nicht ausführen dürfe, da es sonst Manchem einfallen könnte die Versammlung
eine Stunde lang mit nichts hinzuhalten.
Minister Doblhof. Der Fall sei ihm bekannt und es werden die Umstände
erhoben. Bedenklich sei bei dem Falle nichts (Beifall), indem er nichts
besonders Ernstes an sich habe und die ängstliche Besorgniß sei ganz ohne
Anlaß. (Beifall.)
Justizminister Bach drückt aus, daß wenn das Ministerium über jeden Vorfall
von einem Abgeordneten befragt und dann aufgefordert werde zu handeln, es
den Anschein habe, als ob das Ministerium nicht seine Pflicht thue und erst
dazu aufgefordert werden müsse, zugleich beschäftigten sich dann Abgeordnete
mehr mit Justiz als mit dem eigentlichen Reichstage. (Beifall.)
Strobach will zur Tagesordnung übergehen, Sierokawsky das Ministerium
interpelliren. Strohbach besteht auf Abstimmung über Tagesordnung.
Abgestimmt; Majorität. Sierakowsky protestirt und sagt, das sei eine Gewalt
gegen einen Einzelnen und verlangt Aufnahme des Protestes in das
Protokoll.
Loehner verlangt zugleich, daß die Stunde in das Protokoll verzeichnet werde,
damit es sich zeige, daß die Versammlung die Ordnung beachtet habe.
Es wird zur Tagesordnung übergegangen und über Ausdrücke und Bestimmungen in
der Geschäftsordnung debattirt, welche nicht von Belang sind.
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@type | jArticle |
@facs | 0347 |
Von der Eider, 1. Aug.
Aus guter Quelle erfahren wir, daß unsere Truppen nicht in Jütland einrücken,
und man fügt hinzu, daß die Preußen durch das 9. Armeekorps ersetzt werden
sollen. Das Hauptquartier des Generals Wrangel ist seit gestern nach
Apenrade verlegt. Rußland soll neuerdings eine geheime Note an Preußen
erlassen haben, wonach es das Einrücken der Deutschen in Jütland als casus
belli ansehen würde.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0348 |
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 7. August 1848.
Angekommen: Johann Rippert von Mannheim.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Joh. Linkewitz;
nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr Ch. Königsfeld; nach Andernach und
Neuwied H. Schumacher und Jakob. Schilowski; nach Bingen J. B. Mundschenk;
nach Koblenz, der Mosel und Saar Jos. Zeiler; nach der Mosel, Trier und der
Saar Frdr. Lauterborn; nach Mainz Joh. Kiefer; nach dem Niedermain C. Rees;
nach dem Mittel- und Obermain C. Schleicher; nach Heilbronn H. Staab; nach
Kannstadt und Stuttgart H. Klee; nach Worms und Mannheim Mart. Aulmich.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Kamps Köln Nr. 17
Ferner: Nach Amsterdam
Kapt. Scholwerth Köln Nr. 3
Wasserstand.
Köln, am 7 August. Rheinhöhe 7′ 2″
Leise Anfrage.
Die Kölnische Zeitung hat in ihrer gestrigen Nummer das Fest für den
Abgeordneten Franz Raveaux so idillisch und poetisch in allen Details
mitgetheilt, daß es selbst herzerwärmend ist, indeß vermissen wir doch auch
die Beschreibung des Empfangs des Kölnischen Stadtrathes bei Herrn Raveaux ‒
oder soll es vielleicht wahr sein, daß Hr. Raveaux seine Kollegen Stadträthe
mit langen Nasen hat abziehen lassen???!!!
Z.
Ist es wahr, daß die Kommission für das Fest-Essen auf dem Saale Gürzenich
den Beschluß gefaßt hat, die Restauration, unter dem Namen eines hiesigen
Konditors, einem außerstädtischen Konditor zu übertragen? Es heißt das, den
Gastwirthen Kölns die Befähigung absprechen, für fürstliche Gourmands kochen
zu können. O Klüngel, mußt du dann bei jeder Gelegenheit dich geltend
machen?
Die Schwarz-roth-goldenen an die Schwarz-weißen.
Illuminations-Gläser
zu 71/2 Sgr. per Dutzend zu haben
Walrafsplatz 149.
Weberstraße Nro. 18 ‒ sind mehrere Zimmer zu
vermiethen.
THE BRUSSELS HERALD AND BRITISH
AND CONTINENTALGAZETTE.
On and after Wednesday the 2nd of August 1848, will be published at Brussels
the Brussels Herald and British and Continental
Gazette with which will be incorporated the Brussels Herald and British Gazette, a newspaper established since
1827, the property in which has been purchased by the Proprietors of this
new Journal. Complete arrangements have been made for the receipt (up to the
hour of going to Press) of the latest news including every information as to
continental funds, railroads and money markets. The Brussels Herald and British and Continental Gazette will thus form
for Great Britain and her dependencies an authentic and circumstantial
channel of intelligence on every subject affecting international interests.
A portion of its columns will be specially devoted to the protection of
English Property invested in Foreign undertakings.
As this Paper will circulate extensively not merely throughout the Continent
but in England and the Colonies, it will form the best medium for
Advertisements ever established in this Country, and the Proprietors being
desirous of keeping pace with the economic principles of the age have fixed
the terms of subscriptions and of advertisements at the lowest possible
rates consistent with the efficient production of the Journal.
Published at Brussels every Wednesday and Saturday morning.
TERMS OF SUBSCRIPTION.
Terms of Advertisements.
Subscriptions and advertisements received in Brussels at the Office of the
Paper, Passage St-Hubert, Galerie du Roi, No 5.
In London, by DEACON, 3 Walbrook and THOMAS, Catherine street Strand. And at all the
Continental Post-Offices.
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