[0345]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No 69. Köln, Dienstag, 8. August 1848.
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Deutschland.
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[ 38 ] Frankfurt, 5. Aug.
Die Centren und die Rechte wollen dem „edlen Gagern“ Repräsentationsgelder aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam als Abgesandter des Klubs aus dem „Würtemberger Hof“ zu Trützschler, um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die Sache ohne Diskussion abgemacht werde, um den „edlen Gagern“ nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern monatlich 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall 2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der National-Versammlung nur durch Exekution an den „lumpenbehangenen“ (Ausdruck Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was Gagern wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien „um sich“ zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen; dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit 1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte, setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in dieser Berechnung täusche, und daß man ihm 2000 fl. mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl. für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt wäre; doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl. bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf namentliche Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die Diskussion sofort durch den Ruf nach Schluß abschneiden würden. ‒ Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß wenigstens der Ministerpräsident ebensoviel wie Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die Grundrechte mit:
In Erwägung:
daß in mehreren deutschen Arbeiterbezirken seit langen Jahren Erwerbsmangel besteht, welcher zum größten Theil aus mangelhaften Regierungsgrundsätzen sich herleitet:
daß eine Beseitigung dieses Erwerbsmangels durch Hebung der Industriezweige in angemessenem Verhältnisse der vorhandenen Arbeitskräfte, mit Rücksicht auf die bereits gemachten Versuche und Erfahrungen, nicht in Aussicht steht:
daß die zur Ernährung erforderlichen Produkte in übervölkerten Arbeiterbezirken, z. B. im schlesischen Riesengebirge, nicht ausreichend erzeugt, sondern aus der Ferne bezogen und hierdurch vertheuert werden:
daß die seit der napoleonischen Kontinentalsperre im schlesischen Riesengebirge sinkende Linnenindustrie gegenwärtig eine Noth unter der Weber- und Spinner-Bevölkerung erzeugt hat, welche mehr als Hunderttausend Familien mit der Hungerpest bedroht:
daß die durch Hunger geschwächten Weber und Spinner zur Auswanderung in überseeische Gebiete unfähig geworden, und
daß diese, durch, von der Regierung verschuldeten, unglücklichen gesellschaftlichen Verhältnisse beispiellos bedrückten armen Genossen dem Verderben nicht Preis gegeben werden dürfen:
beantrage ich, die konstituirende deutsche National-Versammlung wolle beschließen:
daß im Interesse der erwerblosen vaterländischen Genossen, eine Kolonisirung im Innern des Vaterlandes hergestellt, und zu diesem Zwecke
a) die Staatsdomänen parcellirt, und an die Erwerblosen gegen jährliche, billig angemessene Renten überlassen,
b) der in todter Hand [#] Boden gleichfalls hierzu verwendet, und
c) alle die Anhäufung, resp. Ausdehnung des großen Grundbesitzes in Fideikommissen, Majoraten und sogenannten Rittergütern begünstigenden Bestimmungen und Verordnungen aufgehoben werden.
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[ 103 ] Berlin, 5. August.
Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion ‒ Konstabler.
Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2 Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß. Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10 Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu bringen.
Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v. Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen. Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe befreien.
Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind der Liebe ‒ oder der That ‒ aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift „mehrere Schutzmänner.“ Diese Anrede beginnt: „Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der Freiheit.“
„Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt.“
„Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief.“
Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja an allen Ecken bekannt gemacht.
Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der Einheit Deutschlands gewidmeten großen Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird. Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe des Museums herab gehalten werden.
Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder aufzunehmen, bis alle ihre billigen Vorschläge Seitens der Prinzipale angenommen worden.
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@facs0345
[ 14 ] Berlin, 5. August.
Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft „die Theekessels in Frankfurt, die an allem schuld sind“, oder das „Hurrah für Preußen“ etc. von dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch die Konstabler, und ‒ horribile dictu ‒ die Teltower Rübenbauern als Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen, warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen (!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: „Die Feinde der Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern das Symbol und die Kraft der Freiheit hassen.“ Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen. Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. ‒ Auch unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen Ehre besäßen.
Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können. Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit.
Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer Arbeitgeber.
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@facs0345
Berlin, 3. August.
Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj. des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen Kriegsmi-
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@facs0345
Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.
Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn;
Vieler Menschen Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat,
Auch bei Don Carlos so viel' unnennbare Leiden erduldet.
Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen.
Homer ist todt. Ich lebe. Das letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den Odüsseus, ‒ ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski.
Seltsame Vögel gab es auf Erden ‒ von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott ‒ nämlich ein Dichter.
Heine wohnt in Paris ‒ dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit.
Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf die Bären komme ‒ die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna!
Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann ‒ aber fort ist er, ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser Schnapphahnski?
Lieber Leser sei nicht unbescheiden! „Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel ist mir bewußt!“ Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große Publikum.
Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre thörichten Geschichten, ‒ wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie wieder zusammen.
Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln, damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt.
Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente eines Bosco'schen Taschenspielerlebens.
Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat, Autor ‒ Alles ist dieser Schnapphahnski ‒ ein liebenswürdig frecher Gesell. ‒ Doch zur Sache!
In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . . . . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als ein erster Stern.
Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen.
Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien stand.
Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung, und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen ‒ und man wird gestehen müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die schöne Gräfin S. machte.
Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede [0346] Phrase begleitete er so ausdrucksvoll mit der schneeweißen Hand, daß die arme Gräfin zuletzt nicht mehr widerstehen konnte und sich ihrem Husaren auf Gnade und Ungnade ergab. Glücklicher Ritter! Er durfte seinen jungen Schnurrbart auf die kußlichsten Lippen ganz Schlesiens drücken. Kaum der Schule entlaufen und schon ein Alexander, der eine Welt, ein Herz, eroberte!
So weit war Alles gut. Daß Schnapphahnski ein gräfliches Herz stahl: Niemand wird ihm das verdenken; und daß er seine Gräfin küßte: nun, das war seine verfluchte Schuldigkeit. Denn der Mensch soll küssen! In flammender Frakturschrift steht dies geschrieben in den rosigen Abend- und Morgenwolken. Der Mensch soll küssen! In kleiner Schrift steht es geschrieben auf dem Blatt jeder Rose, jeder Lilie.
Schnapphahnski küßte und er gehorchte dem Gesetz, das mehr als die Frakturschrift der brennenden Wolken und mehr als die kleine Schrift der Lilien und der Rosen die Lippen einer Gräfin verkündigten, einer liebenswürdigen schlesischen Gräfin.
Wie gesagt, bis zu diesem Augenblicke konnte man Schnapphahnski nicht den geringsten Vorwurf machen: er liebte und er ward geliebt, er küßte und er wurde geküßt.
Der edle Ritter war aber nicht zufrieden mit dem Schicksal gewöhnlicher Sterblicher; abenteuerlich juckte es in seinen Knochen; er überredete die Gräfin zur Flucht, er entführte sie. ‒ Der Ritter stand also in der dritten Phase seines Unternehmens. Zuerst geliebt, dann geküßt und nun entführt. ‒ Alle Ehemänner werden ihn des letztern wegen ernstlich tadeln; so etwas ist unhöflich ‒ ein Weib entführen: das ist nicht recht ‒ einen armen Ehemann mit seinen Hörnern und mit seinem Gram allein zurückzulassen, das ist hartherzig und unpolitisch; namentlich unpolitisch, denn wollte man jede Helena entführen, wie viele Städte würden da nicht das Schicksal Trojas theilen? welches Elend würde über die Welt kommen? Paris, Wien und Berlin würden in Rauch und Flammen untergehn ‒ aller Spaß hörte auf, mit den Nationalversammlungen hätte es ein Ende und mancher edle Ritter Schnapphahnski würde vergebens seine Beredsamkeit an den Mann zu bringen suchen.
Aber unser brauner Husar, mit den prallen jugendlichen Schenkeln und den lüsternen Augen, dachte weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft, als er die schlesische Helena lächelnd hinauf in den Wagen hob, um eiligst das Weite zu suchen.
Weshalb sollte er auch an die Zukunft denken? War die Gegenwart nicht schön genug? Ach, so herrlich fuhr es sich an der Seite des himmlischen Weibes. Die Vögel sangen, die Blumen schauten verwundert zu den Liebenden empor und die Rosse trabten hinweg ventre-à-terre, und ihre Mähnen flatterten im Winde.
Die Küsse, die man in solchen Augenblicken küßt, müssen nicht mit Millionen zu bezahlen sein. Glücklicher Schnapphahnski! Während er die Lust des Daseins schmeckte, lief dem geprellten Ehemanne gewiß bei jedem Kusse, ohne daß er wußte weshalb, ein eisiges Frösteln über den Nacken.
Wo war doch dieser Ehemann? Es ist wirklich merkwürdig, die Ehemänner sind tausendmal zu Hause, wenn es sich um eine wahre Lumperei handelt, aber der Teufel weiß wie es kommt, daß sie stets abwesend sind, wenn es sich um ihre Frisur dreht.
Wer weiß was aus der Frisur des Grafen S. geworden wäre, wenn nicht der Kutscher der Liebenden, ein tressengeschmückter Kerl, mit gewichstem Schnurrbart und schrägsitzendem Hute, plötzlich die Zügel der Rosse fest angezogen, und vom Bock hinunter und an den Wagenschlag springend, dem schönen Paris, dem braunen freiwilligen Husaren Schnapphahnski mitgetheilt hätte, daß ganz gegen die Fabel, der ehrenwerthe Ehemann, der Herr Menelaos, der Graf S. so eben im Begriff sei, ihnen auf's gemächlichste entgegen zu reiten.
Man kann sich die Stimmung Schnapphahnski's denken; er begriff nicht, wie die unsterblichen Götter so unverschämt sein konnten, dem lustigsten Husaren ganz Schlesiens auf so erbärmliche Weise in den Weg zu treten. Aber in den gefährlichsten Momenten zeigt sich die Bravour eines sinnreichen Junkers am eklatantesten.
„Gräfin“ ‒ sprach er zu der zitternden Helena ‒ „ich werde dich ewig im Herzen tragen. Aber so wahr ich Schnapphahnski heiße und vom reinsten preußischen Adel bin: höhere Rücksichten gebieten mir, in diesem Augenblicke auf dich zu verzichten, damit nicht aus deinem Raube ein zweiter trojanischer Krieg entspringe, städteverwüstend und hinraffend der Edlen viel aus der preußischen Heerschaar. Steige daher hinab auf die Landstraße, wo dich ein zärtlicher Gatte mit den liebenden Armen umfangen wird um dich zurückzuführen gen O. in Schlesien, wo das 4. Regiment der braunen Husaren steht, ein Regiment, dem ich auf ewig Lebewohl sage.“
Schnapphahnski schwieg und sein Herz klopfte wilder ‒ der Hr. Menelaos kam immer näher. Mochte die Thräne von den Wimpern der schönsten aller Frauen rieseln ‒ galant bot ihr der kühne Ritter den schützenden Arm und hob sie hinab.
Schnapphahnski selbst kehrte aber zurück in die harrende Karosse; der Kutscher strich seinen Bart und:
„Treibend schwang er die Geißel und rasch hin trabten die Rosse“
und Schnapphahnski ward nicht mehr gesehen.
Was sagen meine Leser zu dieser Geschichte? Ist sie nicht werth von einem preußischen Homer besungen zu werden?
Der Raub der Helena unterscheidet sich von dem Raub der Gräfin S. nur durch die Pointe. Der erstere endete damit, daß Troja in Flammen aufging, der andere fand darin seinen Schluß, daß der Graf S., indem er seine Gemahlin nach Hause zurückführte, den jungen Schnapphahnski den ‒ Stöcken seiner Lakaien empfahl.
Armer Schnapphahnski ‒ ‒ Rächenden Gespenstern gleich stehen die Bedienten des Grafen S. bis zur Stunde vor der Seele den irrenden Ritters. In der Stille des Gemaches, in dem Lärm der Gassen hat er keine Rast und keine Ruh. ‒ O, die Bedienten des Grafen S.! O, die verfluchten Lakaien aus O.! Die Jahre sind geschwunden und glücklich würde Schnapphahnski sein ‒ sitzt er nicht mit den Männern des Jahrhunderts auf ein und derselben Bank? lauscht nicht ein ganzes Volk seinen tönenden Worten? Aber ach, will er sich seines Schicksals freuen, da zuckt er, da schrickt er zusammen, denn sieh, durch das Wogen der Versammlung, über die Köpfe seiner Bewundrer schaut es plötzlich wie ein Gesicht aus O., wie ein Bedienter des Grafen S. ‒ und tief verhüllt der edle Ritter sein erbleichendes Antlitz.
(Forts. folgt.)
[Deutschland]
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@facs0346
[Fortsetzung] nisters v. Schreckenstein an die verschiedenen Generalkommando's abgesendet worden, welches folgendermaßen lautet:
„Einem etc. Generalkommando übersende ich anbei vidimirte Abschrift des von Sr. Maj. dem Könige unter'm heutigen Dato wegen Errichtung der provisorischen Centralgewalt in Deutschland erlassenen Armeebefehls, mit dem ergebensten Ersuchen, solchen den Truppen und resp. Militärbehörden bekannt zu machen, indem ich nur noch bemerke, wie es nach der Lage der Umstände angemessen erscheint, daß diese Bekanntmachung nicht am 6. August und daß noch weniger an diesem Tage oder bei der Bekanntmachung überhaupt eine Parade stattfinde.
Berlin, 29. Juli 1848.
Der Kriegsminister, (gez.) Frhr. v. Schreckenstein.“
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@typejArticle
@facs0346
[ 125 ] Magdeburg, aus der Citadelle, 2. August.
Wie lange werden die Parlamente ihre Zeitgenossen noch ungestraft Glauben machen dürfen, daß die Leute, welche getrieben von dem dunklen Bewußtsein ihres Elendes, nackt und waffenlos auf den Barrikaden die gerüstete Tyrannei überwanden, daß diese Leute geblutet haben, um sich von selbstgefälligen, unfruchtbaren Doktrinärs eine deutsche Kaiserposse aus längst begrabener Zeit mit dem Zusatze aller der politischen Institutionen aufdrängen zu lassen, die weit entfernt, im Kopfe und Herzen dieser deutschdümmelnden Michel zu wurzeln, die Früchte der französischen Revolution und nichts weiter sind, einer Revolution, die man um so weniger ehrt, je mehr man sie nachahmt, ohne sie zu verstehen. Was ist denn um Gotteswillen „deutsch“ an der ganzen Episode von dem ersten Worte unserer Constituants an bis jetzt, bis zu ihren letzten „rühmlichen“ Handlungen herab. Sie alle wetteifern, die unschuldigen Franzosen aufzuzehren; sie alle trampeln wie Wüthende gegen das arme Italien; sie alle begeifern Polen, nachdem sie es knebeln halfen; sie feiern Windisch-Grätz für die Erwürgung aufrührerischer „Czechen“; nun, so haben wir doch ein Recht zu fragen, was sie uns bieten werden, um uns Deutschland theuer zu machen. Haben sie Ideen bereit, die einem deutschen Geiste alleinig zugehören und nur in Deutschlands politischen Gränzen verwirklicht werden können; bringen sie uns die Freiheit von einem Tyrannen oder einer ganzen Kaste, deren Willkühr uns empörte; bringen sie uns eine neue Freiheit, die wir als Deutsche zu begrüßen ein volles Recht hätten? Nein, bewahre! sie bringen uns einen neuen Herrn, neue Heere und eine „Verfassung“, eine Magna Charta, über die wir weiter ein Wörtlein reden wollen, und das ist Alles! Also die Freiheit einer „Charte“, die schon die britischen Reichsbarone vor 652 Jahren beseligte, mit einigen Abänderungen, die man von Frankreich gelernt, und deren Verdienst es ist, die Herrschaft aus den grauen Stammbäumen heraus in die goldenen Truhen reicher Philister zu verlegen; die Freiheit einer solchen Charte, die weder eine Spur schöpferischer Kraft noch das geringste Maaß geschichtlichen Verständnisses an sich trägt, das soll die originelle Quelle eines neuen „Deutschlands“ sein!
Nein Ihr Herren, die wir des Schlendrians zeihen, Ihr werdet den Völkern nicht die Garantieen schmutziger Intreressen als eine nationale Freiheit aufhalsen wollen; Ihr werdet nicht Hermann's Lorbeere erndten; denn Ihr seid keine Hermanns und vor Allem, wir sind keine Cherusker, keine Barbaren. Es ist eine unerträgliche Heuchelei in diesen parlamentarischen Majoritäten, die, theils berüchtigte Werkzeuge einer wenig volksthümlichen Knuten-Diplomatie, theils die gelehrten, aber wahrlich wenig geistreichen Talleyrand's des reichen Bürgerthums, die, wiederholen wir, in dieser Zusammensetzung das arme deutsche Volk zu einem Jubel, einem Feste einladen, wobei die Wohlfahrt des verrathenen Proletariats als Opferlamm dem restaurirten Geldstaate geschlachtet wird. Dasselbe Volk, das die Fürsten überwand, wird sich nicht auf einen Schlag ein deutsches Britanien, d. h. eine feste Burg der industriellen Aristokratie erschaffen lassen, eine Verfassung, an deren Ruin die Volksfreunde über dem Kanal so eifrig arbeiten. Herr Gervinus, dieser schwindsüchtige ideenlose Professor als Redakteur einer deutschen Times, wenn er das Zeug selbst dazu hätte, das ist es, Ihr Männer der Barrikaden, wofür Ihr geblutet habt! Die deutsche Flotte, die Garantie der Geldherrschaft, die 900,000 Mann Soldaten und die 38 Zweikammersysteme, hört Ihr's, das ist der Inhalt deutscher Nationalität, die geliebte Hoffnung deutscher Börsenmänner, das Spielwerk für politische Kinder! das mit einem farbigen deutschen Bande zugeschnürt, mit Gensd'armen bewacht und durch die blutigen Heldenthaten der Generale bestätigt, das ist deutsche Freiheit, die, wie ein verbürgtes Gerücht wissen will, der förmlichen Anerkennung des russischen Nachbarn entgegen zu sehen hat (ist erfolgt in der Note von Nesselrode).
Wenn, was wir nicht glauben, die deutsche Zukunft der deutschen Gegenwart entspricht, welche Aussicht! Eine gesetzgebende Versammlung. Was da geschieht, wer zweifelt, wird sich in einer künstlichen Censur, in einem Redeverbot, erneuten Anklagen, Unterdrückungen und, was das Positive, in einem Kampfe der Schutzzöllner mit den Handelsfreien, d. h. der deutschen Fabrikanten mit den deutschen Banquiers zusammenfassen lassen. Diese Interessen werden sich die Hand reichen gegen die des Volkes, sie werden sich trennen sobald der Pöbel die „Arbeitskraft“ hungert ohne zu murren. Dazwischen der deutschen Altväter, d. h. der deutschen Fürsten absolutistische Melodie als Zwischengesang, die unerquicklichen Zänkereien zwischen Oestreich und Preußen, und ein Stück Australien von England abgetreten als „Asyl“ für den überflüssigen, verbrecherischen Auswurf eines versorgten Kapital-Organismus, das ist das moderne deutsche Kaiserreich sammt seinen herrlichen Hanse-Aspekten. Dabei fehlt den deutschen Professoren, die in Frankfurt den Kato spielen, nichts als einige Kourage von diesem römischen Haudegen und wir können mit Stolz sagen, mir nichts, dir nichts ein Jahrtausend verschlafen zu haben.
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@facs0346
[ 24 ] Aus der Provinz Sachsen, 5. August.
Die Skandale in unserer Provinz, provocirt durch Beamte und Militär, nehmen immer mehr zu, und der Oberpräsident v. Bonin und der Polizeiminister Kühlwetter scheinen keine Notiz davon zu nehmen. Das Recht der Stärke ist bei der Reaktion, welche Polizei und Militär zur Verfügung hat. Aus Erfurt vom 26. Juli berichtet die Thüringer Zeitung: als heute ein Zimmergesell den General v. Voß, Kommandant in Erfurt, auf der Straße mündlich um Gerechtigkeit hat wegen einer ihm zugefügten Beleidigung, wies ihn der General zurück: er solle schriftlich einkommen; als aber der Geselle sich nicht bescheiden wollte, entstand ein Wortwechsel, in Folge dessen der Bittende ausreißen zu müssen glaubte. Da, in seinem ritterlichen Heldenmuthe, zog ein den General begleitender Offizier den Degen und verfolgte so den Fliehenden. Der Hauptmann des 31. Regiments, welcher unlängst einen achtbaren Bürger in einer großen öffentlichen Versammlung an den Kopf geschlagen und auf eine gemeine Weise beschimpft hat, um ihn zu zwingen „ich bin ein Preuße“ zu singen, geht unangefochten umher. Aus Schkölen bei Naumburg berichtet man von einer erschrecklichen Polizeiwirthschaft. Einem ehrenwerthen, freisinnigen Manne wurde von der Regierung in Merseburg aufgegeben, sich aller mündlichen und schriftlichen Aeußerungen über Staats- und Kommunalangelegenheiten zu enthalten, widrigenfalls er des Landes verwiesen werden würde. Dem Bedrohten, welcher früher in England und Nord-Amerika und dann einige Jahre in Schkölen lebte, und hier seiner Mutter in einem kaufmännischen Geschäfte beistand, war von der Stadtverordnetenversammlung zu Schkölen das Ehrenbürgerrecht verliehen worden. Indessen hatte die Polizei ermittelt, daß eigentlich seine Heimath Camburg im Meiningschen, eine Stunde von Schkölen, sei. Die Landesverweisung sollte nun vor einigen Tagen wirklich vollstreckt werden. Hr. Berlet, (so heißt der Polizei-Verfolgte), wurde verhaftet, die Einwohnerschaft befreite ihn aber mit Gewalt. Die Einwohnerschaft und die Stadtverordneten hahen sich an den Minister Kühlwetter gewandt, und noch andere gräuliche Dinge des noch immer fortwühlenden Bureaukratismus zur Sprache gebracht. Hr. Kühlwetter will Thatsachen, einen Vertrauensmesser für seine Beamten hat er nicht, wie er in der Kammer sagte, indessen scheinen doch die „Berichte“ seiner getreuen Beamten einen Vertrauensmesser für ihn abzugeben. Die Berichte über die blutigen Ereignisse von Schweidnitz, Charlottenburg und Erfurt sollen ganz vortrefflich ausgefallen sein.
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@facs0346
[ ! ] Kassel, 8. August.
Die Kurhessische Ständekammer fährt fort fortzufahren ‒ in alter guter Weise nämlich. Das alte Wahlgesetz mit seinen indirekten Wahlen, mit den Altersbestimmung von 30 Jahren für aktive und passive Wählbarkeit, mit seinem hohen Zensus ‒ ist geblieben. Ja sogar der Adel hat das altständische Vorrecht behalten besonders vertreten zu werden. Prinzen, Standesherrn und 8 Deputirte der Ritterschaft, ein Stellvertreter adlicher Stifter, und ein Stellvertreter der Universität, den man als Prälat dazu rechnen muß ‒ sie bilden den dritten Theil der Kurhessischen Volksvertreter. Und wen und was vertreten sie? Ein paar adliche Familien und einige Hufen Landes, denn mit großem Grundbesitz ist der hessische Adel eben nicht gesegnet. Daß auch ihm nicht großer Verstand bescheert worden geht daraus hervor, daß er selbst sogar an sich selber den Mangel an Ueberfluß bemerkt. Er hat es durchgesetzt, daß auch Bürgerliche als Stellvertreter des Adels gewählt werden können. Diese bürgerlichen Köpfe sollen ausrichten was die adlichen nicht vermochten ‒ denn Hannibal ante portas. In Preußen soll der Adel fort ‒ in Frankfurt ebenfalls ‒ dem hessischen wird übel zu Muthe.
Alle Petitionen an die Ständekammer um ein neues Wahlgesetz haben Nichts gefruchtet. Der Herr Nebelthau wieß sie zurück und koste es seine Popularität. Welche Einbildungskraft! Der Mann will's sich Etwas kosten lassen, was er längst nicht mehr hat. ‒ Der Herr König, der Dichter, „der Mann des Fortschritts“ meinte, es seien eher ältere Leute nöthig als jüngere, eher ein Zügel (warum nicht ein Hemmschuh?) als ein Sporn. Der Abg. Thon, ein langweiliger trivialer süßlicher Mensch, der aus Allem einen Brei macht, und überall dabei ist ‒ dieser Herr that diesmal etwas Uebriges; er stellte der Ständeversammlung gerade zu ein testimonium paupertatis aus. Man brauche, sagte er, gar keine Intelligenz, nur Praxis und Erfahrung. Die Intelligenz gehöre nach Frankfurt. ‒ Herr Thon gehört weder nach Frankfurt, noch nach Kassel.
Der Abgeordnete Henkel ist eigentlich der einzige der Opposition macht, und mit ihm Knobel. Henkel war auch in Frankfurt; dort fand sein Ehrgeiz keine Befriedigung; er kehrte zu den väterlichen Laren zurück, wo die Köpfe noch seltener (unmöglich!) und also gesuchter sind, als in Frankfurt. Der Vicepräsident Schwarzenberg aber zieht vor Stellvertreter von Deutschland und von Kurhessen zugleich zu sein; einmal ist er hier, einmal dort; d. h. einmal in Frankfurt, einmal in Kassel. Wenn er in Deutschland ist, werden wir nicht viel von ihm gewahr; und wenn er in Hessen ist, auch nicht. Henkel hat ihn vergebens aufgefordert die Frankfurter Stelle aufzugeben, er erklärte sich für nothwendig hier und dort; und Henkel trug Nichts davon, als schiefe Gesichter, weil er gegen die Pietät gesündigt habe. Die Pietät ist die verfluchteste Tugend, von den tausenden, die unser guter Michel im Herzen trägt.
Jetzt versucht man von Hanau und Marburg aus einen neuen Sturm gegen das alte Wahlgesetz. Aber es giebt ein Drudenfüßchen in der Verfassung, darüber kann kein Hesse hinaus. Das ist der §. worin zu jeder Abänderung der Verfassung Einstimmigkeit verlangt wird, oder drei viertel der Stimmen auf 2 hintereinander folgenden Landtagen. Sobald also irgend ein guter Pfahlbürger sagt, Ich will nicht, so stehn die sämmtlichen ‒ Landstände am Berge und sagen ‒ das nächste mal, in 3 Jahren. In 3 Jahren!
Die Konstitutionellen ex professo, die Staatsdiener u. dgl. lachen die sich neuerhebende Wahlagitation aus; namentlich thut das ihr geistloses Organ, die Neue Hessische Zeitung. Die Kassler Konstitutionellen rüsten sich zu einem ungeheuren Feste für den 6. August. Heer, Bürgerwehr, Schutzwache soll dem Reichsverweser Hurrah bringen; Ball, Volksfest u. s. w. Daneben macht es sich ganz gut, daß der Kriegsminister abgedankt hat und sich kein neuer auffinden läßt ‒ wer erfährt, daß ihm das Glück werden könnte, legt sich sofort ins Bett. Endlich sollen sie einen alten pensionirten gichtbrüchigen General dazu bestimmt haben; ‒ der will nun wieder keine Uniform tragen und auf keine Parade gehn. Kann der Kriegsminister werden?
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@facs0346
[ 43 ] Marburg, 1. Aug.
Wohl nirgends war man, freilich nach früherer desto hartnäckigerer Weigerung so nachgiebig geworden von Seiten der Regierung als in Kurhessen. Alles Mögliche ward zugestanden ‒ und der Philister hielt eine Reihe von Fest- und Zweckessen. Nur hin und wieder hörte man eine einzelne Stimme, die man jedoch damals als albern nicht beachtete, welche sagte: im Jahr 1831 betrog uns die Büreaukratie, und heute betrügt uns die Bourgeoisie. Doch ist die Stimme jetzt durch die Thatsachen gerechtfertigt. Preßfreiheit ist uns gewährt, da thun sich alle Buchhändler und Drucker Kassels, mit Ausnahme zweier ehrenwerther Männer, zusammen, um mit konstitutionellem Takte eine freiwillige Censur einzuführen, und stellen an ihre Spitze den früheren Censor Arch. Dr. Rommel! Ja, bei uns geschieht Unerhörtes! ‒ Unsere Verfassung ist mangelhaft, unsere Gesetze sind schlecht, sie sollen auf verfassungsmäßigem Wege gemäß der Zugeständnisse des Monats März verbessert werden. Man läßt die alten, unter dem Einflusse Scheffers gewählten Stände zusammentreten, in der Hoffnung, sie würden schnell ein volksthümliches Wahlgesetz abfassen, und dann durch ihre Auflösung eine im Volke wurzelnde Kammer möglich machen. Statt dessen sitzen sie schon vier Monate zusammen, halten die Woche zwei Sitzungen, und das harrende Volk harrt vergeblich. Da endlich wird über das neue Wahlgesetz diskutirt ‒ und welches Monstrum wird geboren! Ein Drittel der Deputirten sendet der Ritterstand, der, abgesehen davon, daß er nach Aufhebung der Lehensverhältnisse auch nicht einmal den geringsten juristischen Anspruch darauf machen kann, noch weniger sich durch seinen Grundbesitz und seine Intelligenz dazu befähigt. Und wenn nun das Volk noch seine zwei Drittel frei wählen könnte; aber da ist wieder die Eintheilung in zwei Kurien, in Städter und Bauern; jeder Theil schickt 16 Deputirte, die er indirekt wählen muß; und die Wahlmänner müssen zu den höchst Besteuerten gehören. Horribile dictu! Und Alles dies geschieht von den Ständen selbst in einem Lande, wo die Regierung im Monat März die Volkssouveränetät anerkannt hat! Um dies Gesetz wieder zu vernichten und ein volksthümliches Wahlgesetz zu erzielen, hat eine Volksversammlung hierselbst ein Comite gewählt, welches Behufs dieser Angelegenheit die Agitation im ganzen Lande betreiben und sich nicht eher auflösen soll, als bis der Zweck erreicht ist. (In diesem Comite befinden sich: die Prof. Bayrhoffer, Fick, Hinkel, v. Sybel, Dr. Wild, Dr. Falck, Dr. Eichelberg, Müller, Eberhard, Sternberg, Trabert, Dronke, W. Schmidt.) Der erste Schritt, den das Comite beabsichtigt, ist folgende Petition im ganzen Lande zu verbreiten und sie dann als Monsterpetition abzuschicken.
Kurfürstliches Ministerium des Innern!
Die Endesunterzeichneten Einwohner Marburgs bitten nach Inhalt.
Das Kurhessische Volk hatte sich in den Märztagen gegen eine sofortige Auflösung der Ständeversammlung in der sicheren Erwartung erklärt, dieselbe werde auf der von Deutschland eingeschlagenen Bahn einer freien, volksthümlichen Entwickelung fortgehen und alsbald eine zeitgemäße Umgestaltung der Verfassung auf Grundlage des im März thatsächlich errungenen Standpunkts der Volkssouveränität vornehmen. Die Ständeversammlung hat dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt; sie hat sogar das alte Wahlgesetz bis auf einige unwesentliche Abänderungen beibehalten, und dadurch auch für die Zukunft die nothwendige Umgestaltung unserer Verfassung unmöglich gemacht.
Das abgeänderte Wahlgesetz behält den indirekten Wahlmodus bei, welcher, namentlich in einer Zeit der politischen Bewegung und einer rasch fortschreitenden Entwickelung, wie der unserigen, eine Einrichtung der Unmündigkeit, der Bevormundung und, wie die früheren Jahre gezeigt haben, der Intrigue ist. Insbesondere widerspricht es auch der Art unserer eigenen Parlamentswahlen. Nachdem das Borparlament, als der unmittelbare Ausdruck des Volkswillens, im Bewußtsein der Mündigkeit des deutschen Volks die direkte Wahl als Prinzip für ganz Deutschland ausgesprochen und die aktive und passive Wahlfähigkeit ohne Unterschied des Standes und Vermögens jedem [0347] volljährigen und selbstständigen Staatsangehörigen zuerkannt hatte, wurde auch in Kurhessen die Form der direkten Wahl nicht blos als die geeignetste gewählt, sondern auch als zweckmäßig und wohlausführbar erprobt. Der Wahlmodus aber, welcher den Zwecken der Nationalversammlung entsprach, wird auch wohl für die Kurhessische Volksvertretung nicht falsch und gefahrbringend sein.
Das neue Wahlgesetz behält sodann den Wahlcensus bei. Derselbe vernichtet aber vollkommen den Grundsatz der aus dem allgemein anerkannten Prinzip der Volkssouverainetät hervorgehenden gleichen politischen Berechtigung. Wo das Vermögen entscheidet, da kann die politische Befähigung, die Kraft der Intelligenz sich bei Feststellung der gesetzlichen Ordnung nicht frei entfalten; wo nur der Hochbesteuerte wählen und gewählt werden darf, da kann der politisch Hochbegabte, wenn ihn das Geschick nicht mit äußeren Glücksgütern beschenkt hat, von seiner politischen Freiheit keinen Gebrauch machen; er muß oft einem unfähigen Menschen nachstehen, dem, vielleicht ohne sein Verdienst, solche Güter zu Theil geworden sind; da machen am Ende der Besitz, das Geld und die Interessen des Geldes das Gesetz, aber nicht der Volksgeist; ‒ und das ist eines freien Staates unwürdig. Das neue Gesetz hebt zwar den Census für die Abgeordneten auf; allein dies ist nur eine scheinbare Verbesserung, da der Census für die Wahlmänner geblieben ist. Wenn der Wähler die Wahlmänner nicht aus allen Bürgern herausnehmen kann, so ist es ihm ja ganz unmöglich, diejenigen zu wählen, welche er vielleicht gerade für die tüchtigsten hält, und wie läßt sich außerdem erwarten, daß die Kaste der hochbesteuerten Wahlmänner ihren Abgeordneten aus einer unter ihr stehenden, unberechtigten Kaste wählen wird?
Das neue Gesetz hält ferner das Alter von 30 Jahren als Bedingung der Wählbarkeit fest. Die politische und moralische Befähigung eines Abgeordneten, welche bei den Wahlen allein in Betracht kommt, läßt sich nicht äußerlich einem bestimmten Lebensjahr bemessen; die persönliche Tüchtigkeit ist an kein bestimmtes Alter geknüpft. Die politische Selbstständigkeit, welche mit der Volljährigkeit erreicht wird, ist hier der allein richtige Maaßstab; unter den volljährigen Staatsbürgern mag der tüchtigste gewählt werden, sei dieser nun 25, 30 oder 40 Jahre alt.
Was uns aber am meisten in Erstaunen gesetzt hat, ist die Festhaltung der Wahl nach Ständen, namentlich der besondern Vertretung der Ritterschaft etc., eine Einrichtung, die nur im Mittelalter einen Sinn hatte. In Frankreich hat man den Adel abgeschafft, der neue preußische Verfassungsentwurf hebt die Vorrechte des Adels auf und erkennt nur noch freie und gleichberechtigte Staatsbürger an. Das neue Wahlgesetz dagegen, anstatt durch eine angemessene Eintheilung des Landes in eine entsprechende Zahl von Wahlbezirken allen Staatsbürgern einen gleichen Antheil bei den Wahlen und damit bei der Gesetzgebung zu sichern, läßt einen Stand im Besitze eines veralteten Privilegs. Es setzt ihn demnach über die andern Staatsbürger und bringt wieder den Kampf und die Herrschaft der Standesinteressen in die volksvertretende Kammer, und jenes Standesbewußtsein, welches so vielen Anstoß in Hessen fand und doch nur die nothwendige Folge des Wahlgesetzes ist. Unter diesen Umständen fordern wir Kurfürstliches Ministerium des Innern auf:
„der Ständeversammlung schleunigst ein neues Wahlgesetz nach den obigen
„Grundsätzen der direkten Wahl ohne Census, Standes- und Alters-
„beschränkungen vorzulegen und nach dessen Genehmigung die Stände-
„versammlung sofort aufzulösen und eine neue zu berufen, mit der
„Aufgabe, dem durch die politische Bewegung im März thatsächlich und
„moralisch errungenen Standpunkte der Volkssouverainetät gesetzliche
„Kraft zu geben.“
Respektvoll zeichnen Kurfürstl. Ministeriums des Innern
Marburg, 30. Juli. gehorsamste:
(Folgen die Unterschriften.)
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@facs0347
Hannover.
Der König von Hannover hat in Nachahmung des Königs von Preußen eine General-Ordre an die Armee in Bezug auf das Peucker'sche Circulair erlassen, welche mit andern Worten ungefähr dasselbe sagt, wie der preußische Armeebefehl. Die General-Ordre ist vom 6. August (ante-) datirt. Sie macht den Soldaten bekannt, daß der König seine Zustimmung zu der Wahl eines Reichsverwesers gegeben habe, und daß zu den Befugnissen desselben die Oberleitung der deutschen Heere ganz in derselben Weise, wie sie bisher dem Bundestage zugestanden habe, gehöre. Sobald es zum Schutze Deutschlands erforderlich sei, werde der König den Soldaten befehlen, sich den übrigen deutschen Heeresabtheilungen unter der Oberleitung des Reichsverwesers anzuschließen. Er sei überzeugt, daß sie unter dieser Oberleitung ihren alten Ruhm bewähren werden. Von einer Parade ist nicht die Rede und auch die Parade der Bürgerwehr ist (durch nicht zu beseitigende Aeußerlichkeiten, wie die „Morgenzeitung“ berichtet) bis zur nächsten Woche verschoben worden.
‒ In Braunschweig ist es zu unruhigen Auftritten gekommen. Die Bürger verlangten die militärische Huldigungsfeier; der Herzog versprach dem Beispiel der verbündeten Regierungen folgen zu wollen. Die Antwort genügte nicht; es wurde eine zweite Deputation abgeordnet. Der Erfolg derselben ist noch nicht bekannt.
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@facs0347
Prag, 2. Aug.
Dr. Brauner ist ‒ wie wir vernehmen ‒ bereits für unschuldig erklärt, aber ganz im Widerspruch hiemit noch immer nicht freigelassen worden. Auch die Uebergabe der Gefangenen an das Civilgericht soll trotz Ministerialbefehls noch nicht stattgefunden haben.
[(Const. Bl. a. B.)]
Graf Buquoy hat folgende Erklärung veröffentlicht:
„Nachdem sich bei der gegen mich eingeleiteten strengen Untersuchung über die mir zur Last gelegte Mitschuld an dem Verbrechen der Verschwörung und des Aufruhrs meine vollkommene Schuldlosigkeit herausgestellt hat, so bin ich Freitag den 28. Juli aus dem Untersuchungsverhafte auf dem Prager Schlosse entlassen worden. ‒ Da ich den Fall allerdings für möglich erachte, daß diese meine Schuldlosigkeits-Erklärung, deren Veröffentlichung ich seiner Zeit von der Untersuchungs-Behörde mit Zuversicht erwarte, zu einer neuerlichen Veranlassung von Erbitterung und Aufregung benützt werden könnte, so finde ich mich im Interesse der Ruhe meiner Vaterstadt Prag und zum Beweise, daß mir, trotz der in meinem Verhafte ausgestandenen schweren Leiden, jedes Gefühl persönlicher Feindseligkeit oder der Rache fremd ist ‒ bewogen, hiemit freiwillig und ungezwungen öffentlich zu erklären, daß nach denen mir im Laufe der Untersuchung zur Kenntniß gekommenen boshaften und rein erdichteten Denunciationen und absichtlich ausgestreuten Verläumdungen über meine vermeinte Theilnahme an den Prager Ereignissen, ich die von Seiten des kommandirenden Generals, Fürsten Windisch-Grätz über mich verhängte Verhaftung nicht nur allein für durchaus gerechtfertigt und im Gesetze gegründet finde, sondern daß ich auch gestehe, daß ich an seiner Stelle diese Verhaftung selber angeordnet haben würde. ‒ Das gleiche Motiv: von meiner Seite jede Veranlassung, wodurch die Ruhe und der Friede meiner Mitbürger neuerlich gestört werden könnte, zu beseitigen, hat mich auch allein bewogen, sogleich nach Aufhebung meines Verhafts von Prag abzureisen, und ich ersuche meine lieben Mitbürger, meine vielleicht längere Entfernung aus ihrer Mitte nicht etwa als eine Mißachtung oder Feindseligkeit auszulegen, sondern sie lediglich dem Wunsche zuzuschreiben: hiedurch jede Veranlassung einer durch meine Anwesenheit vielleicht ohne mein Wissen entstehenden Aufregung zu entfernen.
Schloß Rothenhaus, am 1. August 1848.
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@facs0347
[ 61 ] Wien, 3. August.
Angeblich zu Ehren der in Italien gzfallenen Helden der k. k. Armee, im Grunde jedoch, um seiner Antipathie wider die neulich stattgehabte revolutionäre Trauerfeier durch eine ähnliche Feier kund zu geben, hat das hiesige Militär in der Hofkirche zu den Augustinern, heute ein durch und durch schwarzgelbes Requiem abgehalten, an welchem sich die eitelsten, zugleich aber demüthigsten Nationalgarde-Offiziere betheiligt haben. ‒ Weder der Reichstag, noch der Ausschuß, noch auch die akademische Legion schienen mir in der Kirche vertreten zu sein. Wahrscheinlich hatte sie das Militär, welches in ihnen nur Rebellen erblickt, gar nicht eingeladen. Wie überall, so wurde auch hier das demüthig-wedelnde Bürgerthum der Nationalgarde vom Militär kaum beachtet. ‒ Die Aufregung wächst in den Vorstädten und in den benachbarten Ortschaften. Fast täglich finden Katzenmusiken statt, die mitunter, wie es gestern in der Alservorstadt geschehen, in Krawalle ausarten. ‒ Ein Bürger aus Linz hat eine eigene Reise hieher gemacht, um dem Sicherheitsausschusse von den drohenden Bewegungen des Militärs und von den Gerüchten Kenntniß zu geben, welche über die Pläne der Kamarilla in Oberöstreich verlauten. Man soll unter Anderm Willens sein, die Donau zu sperren. Daß es auf einen Schlag abgesehen, gewinnt in der Ueberzeugung des Publikums täglich mehr an Gewicht. ‒ Das Ministerium ist theils ohnmächtig, theils liebäugelt es noch immer mit der Kamarilla; sonst wäre die Ansammlung des Militärs in und um Wien, das feige Auftreten gegen die Bureaukratie, ja die Thatlosigkeit dieses Ministeriums ein Räthsel. Mit dem Vertrauensvotum über die geforderte Rückkehr des Kaisers in der Tasche, glaubt es schlafen zu können. Seine Thätigkeit beschränkt sich fast nur auf die Beantwortung einiger unbedeutenden Interpellationen. ‒ In Beziehung auf die Rückkehr des Kaisers äußert sich die öffentliche Meinung namentlich des Landvolks dahin, der Kaiser möge bleiben, wo er Lust habe, man brauche ihn nicht mehr. Die Aula soll dem Kaiser in einer eigenen Adresse die Erklärung gemacht haben, Oestreich würde sich selbst ein Oberhaupt wählen, wenn er keine Lust trage, sein Oberhaupt zu sein nach dem Willen des Volks.
Die Berathung des § 34 der Geschäftsordnung hat den Reichstag in seiner Sitzung vom 31. Juli an einen zweiten Prüfungsstein gebracht, an welchem er nicht verfehlte, zu stolpern. Es handelte sich von der Frage, wie der Ausschuß zu bilden sei, welcher den Entwurf der Konstitution des Reichs, der Provinzen und Gemeinden zu bearbeiten habe. Der Reichstag beschloß nach einer konfusen Debatte darüber, daß dieser Ausschuß in der Art gebildet werde, daß hiezu die Abgeordneten der einzelnen zehn Gouvernements aus sich je drei Mitglieder, daher zusammen dreißig, wählen sollen.
Die Folge dieses Beschlusses ist ein bedeutendes Uebergewicht des deutschen Elementes. Galizien mit 51/2 Mill. Einwohnern, Böhmen mit etwa 3 Millionen haben danach im Ausschuß nicht mehr Stimmen, als die kleinsten deutschen Provinzen von nur einigen hunderttausend Bewohnern. Der kleinen deutschen Provinzen gibt es aber viele, während Galizien nur eine große Provinz ist. Säße auch Ungarn im Wiener Reichstag, so würden seine 12 Mill. Seelen bei der Konstituirung des künftigen östreichischen Staatsrechts folgeweise ebenfalls nicht mehr zu sagen haben, als die 700,000 Seelen, welche das Erzherzogthum bewohnen. Die hiesige deutsche Partei hält die Annahme dieses § für einen Sieg; Vernünftigere sind dieser Meinung durchaus nicht. Kein Sieg, aber wohl ein im Namen des Deutschthums verübter Despotismus liegt darin. Es sitzen im Reichstage etwa 80 Abgeordnete, welche keine Silbe Deutsch verstehen und daher noch nicht wissen, was sie thun. Um keine ganz bedeutungslosen Gestalten zu bleiben, lassen sie sich als Werkzeuge verdollmetschender Anderer gebrauchen und dadurch mag denn jener Beschluß möglich geworden sein. Die Abgeordneten, denen das Germanenthum den Zwang der Sprache anthut, sind meistens polnisch-ruthenische Bauern aus Galizien. ‒ Oestreich ist bisher nur eine politische Fiktion gewesen. Das Haus Habsburg hatte während Jahrhunderten einen Länderfetzen nach dem andern an das Erzherzogthum angepappt, hatte sogar das römisch-deutsche Kaiserthum daran gepappt und dieses Staaten-Chaos bis in die neueste Zeit mit den Gewalten antidiluvianischer Finsterniß so ziemlich zusammen zu halten gewußt.
Jetzt aber ist es in diesem Chaos kühl geworden, die Bande fliegen auseinander, die Völker erkennen sich trotz des Wirrwar's und wollen sich auf die eigenen Beine stellen. Das Magyarenthum ist bereits mit einem entschiedenen Schritte vorangegangen, es hat sich vom erzherzoglichen Leibe losgerissen, und damit dem Fortbestand der Fiktion Oestreich, als dynastischem, einen Todesstoß gegeben. Die übrigen Völker werden, je mehr sie zur Erkenntniß ihrer eigenen Beine kommen, desgleichen thun und der Reichstag kann daher keine andere Folge haben, als den Todesstreich entweder vollends zu vollführen, oder ein ganz neues Oesterreich zu schaffen. Letzteres kann nur dann geschehen, wenn die verschiedenen Völker des gegenwärtigen Oesterreich ihrer Nationalität entsagen, um sich in einem demokratisch-künstlichen Staatenverbande eben so brüderlich zu umarmen, als sie sich in dem absolutistisch-künstlichen Staatenverbande ferngestanden haben. ‒ Mit Rücksicht auf diese Zustände nenne ich den Sieg des Deutschthums in der Reichstagssitzung vom 31. Juli einen durchaus falschen, und muß ihn einen unhaltbaren nennen, wenn ich erwäge, wie lächerlich sich das Deutschthum in Frankfurt macht und wie wenig das österreichische Deutschthum daher im Stande sein wird, in dem neuen österreichischen Staatenvereine auf die Dauer Oberwasser zu bleiben.
Die hiesige öffentliche Meinung will in Nesselrode's Note nichts Anderes erblicken, als das kombinirte Todesröcheln sämmtlicher von den Völkern Westeuropa's beschimpften Satrapen des Czaren.
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@facs0347
Wien, 1. Aug.
Nach Inhalt eines mir so eben von dem Landrechte, als Preßgericht, zugekommenen Dekretes vom 31. Juli d. J. ist in Folge der von mir überreichten Klage Hr. Mathias Emanuel Löbenstein wegen des in dem Blatte Nr. 53 der von ihm redigirten „Wiener Allgemeinen Zeitung“ enthaltenen Artikels: „Der Minister der Arbeit Ernst v. Schwarzer“ wegen Ehrenbeleidigung auf Grund des §. 14 des Preßgesetzes, in den Anklagestand versetzt, und ihm auch bereits die Anzeige von dieser Klage in seinem Blatte aufgetragen worden.
E. Schwarzer.
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@facs0347
[ * ] Wien, 1. Aug.
Batthiany ist fort, eben so Jellachich; ob aber die beabsichtigte Vermittelung zwischen Ungarn und Kroatien gelungen oder nicht, darüber konnte man bisher nichts Sicheres erfahren. Wahrscheinlich ist, daß keine Pazifikation zu Stande gekommen, oder, wäre sie's auf dem Papier, daß sie von der Wirklichkeit bald wieder ausgelöscht würde.
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@facs0347
Wien. Sitzung der konstituirenden Reichsversammlung vom 1. August.
Die in den Ausschuß für den Verfassungsentwurf getroffenen Wahlen werden vom präsidirenden Vizepräsidenten Strobach verlesen. Wiesenauer interpellirt das Ministerium in Betreff eines wüthenden Schmähartikels gegen ein Mitglied desselben. Der Arbeitsminister Schwarzer erwiedert, er habe be ider Alternative, die Sache vors Gericht zu bringen, oder zurückzutreten, das erstere vorgezogen. Vor dem Parlamente sich zu vertheidigen, hält er für unparlamentarisch; hier habe das Gericht zu verfahren und zu entscheiden. Er bittet schließlich das alte Ministerium, sich über das zwischen ihnen bestandene Verhältniß, zu erklären. Pillersdorf: Obgleich ihm der betreffende Zeitungsartikel unbekannt, so könne er sich doch, hierzu aufgefordert, über die literarische Verbindung unumwunden dahin aussprechen, daß er mit keinem Literaten in Verbindung gestanden. Er sei der Ansicht gewesen, die Presse selbst müsse die Irrthümer der Presse widerlegen; von ihm habe weder das eine noch das andere Journal eine Vergütung erhalten. Hiermit glaube er die gegen Hrn. Schwarzer vorgebrachte Beschuldigung hinreichend widerlegt, und bemerkt bloß noch, daß in solchen Fällen der Bestecher, nicht der Bestochene die härtere Strafe verdient.
Finanzminister Kraus bezeugt, daß aus den Finanzen niemals etwas an das fragliche Journal geleistet worden. Dieses, die „Allgem. Oester. Ztg.,“ deren Redakteur Hr. Schwarzer gewesen, habe amtliche Mittheilungen und Neuigkeiten zu erhalten gewünscht, sonst aber niemals in irgend einer Beziehung zum Ministerium Pillersdorf gestanden. Der beste Beweis seien wohl die oft sehr scharfen Angriffe des Blattes auf das Ministerium gewesen. Lange interpellirt wegen Krakau's. Diese Stadt ist ohne Anlaß Seitens der Bürger bombardirt worden. Der Staat sei unter Anderm verpflichtet, Schadenersatz zu leisten. Einer Krakauer Deputation sei am 17. Mai zu Wien eine strenge Untersuchung des Militairverfahrens verheißen worden. Am 19. Mai sei auch die betreffende Anweisung an die Hofkommission nach Krakau abgegangen. Allein seit diesen drei Monaten höre man keine Silbe weiter. Dobblhoff theilt mit, daß er bereits Jemanden abgeordnet, die Angelegenheit rasch zu Ende zu führen. Lange: Ich fordere Genugthuung und trage nochmals auf Vorlage der Aktenstücke an. Auch wegen der Nationalgarde, die bekanntlich aufgelöst worden und die trotz aller Verheißungen noch nicht reorganisirt ist, interpellirt er und erhält vom Minister befriedigende Zusicherung.
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@facs0347
Wien. Sitzung des konstituirenden Reichstages am 2. August.
Vorsitz: Vicepräsident Strobach.
Die Sitzung beginnt um halb 11 Uhr.
Minister Dobblhof giebt Auskunft über die gestern angeregten Verhältnisse wegen der Deputirten Dalmatiens. Zehn Wahlen seien, wie ihm nun bekannt, vollzogen, die eilfte in Cattaro noch nicht, und die Deputirten entschuldigten sich darum bisher noch nicht eingetroffen zu sein, da durch die Blockade Triests die Dampfbootverbindung gestört war.
Minister Schwarzer antwortete auf die gestern von Neuwall gestellten Fragen. Es ist wahr, daß der modenesische Pallast dem Staate 500,000 fl. gekostet habe, aber es ist dem nicht so, daß ihn der Hof ganz benütze, sondern nur zum Theile; ein großer Theil ist öffentlichen Zwecken gewidmet, ein kleiner Theil vom Hofe zur Unterbringung von Möbeln benützt. Er überlasse es dem Schicklichkeitsgefühle der Reichsversammlung ob es an der Zeit sei, jetzt zu entscheiden, ob eine Trennung zwischen Civilliste und Staatsschatz stattfinden solle und glaube, daß diese Spezialfrage bis zur Entscheidung aufzuschieben wäre. Zum Justiz- und Handelsministerialgebäude wurde das Batthyanische Palais, mit dem bis 1851 ein Kontrakt abgeschlossen ist, verwendet. Das Lichtensteinische Palais sei den 15. Februar auf neue [#] Jahre gemiethet worden, und zwar nicht um jährlich 9 sondern 11,000 fl. Fürst Lichtenstein erklärt nur für die Justiz und es werde ihm daher das Gebäude wieder zurückgestellt oder etwa anderweitig benützt werden. Er, Schwarzer, werde die Papiere über die Dikasterialgebäude im Hause niederlegen.
Trunner interpellirt den Minister Dobblhof. „Ich erlaube mir die Anfrage, ob es dem Minister des Innern bekannt, daß gestern Abends ein bedeutender Volksauflauf in der Hauptstraße der Alservorstadt stattgefunden habe, welcher Volksauflauf sich sogar der Person des Pfarrers bemächtigen wollte. Dieser Volksauflauf dauerte bis gegen Mitternacht, und ich behaupte, daß, wenn ein solcher Volksauflauf stattfinde, die Ruhe in Wien durch einen solchen Volksauflauf in Zweifel gesetzt sei. Ich erlaube mir zu fragen, ob der Herr Minister des Innern Maßregeln gegen diesen Volksauflauf bereits ergriffen hat oder gegen diesen Volksauflauf ergreifen wird, damit ein solcher Volksauflauf, wenn auch in Zukunft nicht unmöglich gemacht, doch wirksam erdrückt werde. Es sind gegen diesen Volksauflauf die strengsten Maßregeln unerläßlich, weil sonst die Reichsversammlung durch solche Volksaufläufe einer Unwahrheit gezeiht werden könnte, da sie in der abgesandten Adresse an Se. Majestät von Ruhe und Ordnung in Wien gesprochen habe.
Es würde mich wundern, wenn die 40,000 Mann Nationalgarden und die Militärbesatzung in Wien nicht hinreichen sollten, einen solchen Volksauflauf zu unterdrücken. ‒ Ich frage ferner den Minister der Justiz ob er gegen diesen Volksauflauf etwas veranlaßt hat, oder gegen diesen Volksauflauf veranlassen will, und die Anstifter bei diesem Volksauflauf zur Verantwortung ziehen wird. Ich meine das alte Gesetz steht noch aufrecht.“
Diese Rede wurde oft von Lachen und Zischen unterbrochen und der Präsident mußte mehrmals zur Ordnung rufen.
Prestl erlaubt sich vor der Antwort des Ministers das Wort zu nehmen, und sagt unter Beifall, es stehe wohl jedem Abgeordneten das Recht der Frage nicht aber zugleich des Urtheiles zu. Er beantrage, daß man bloß fragen aber nicht ausführen dürfe, da es sonst Manchem einfallen könnte die Versammlung eine Stunde lang mit nichts hinzuhalten.
Minister Doblhof. Der Fall sei ihm bekannt und es werden die Umstände erhoben. Bedenklich sei bei dem Falle nichts (Beifall), indem er nichts besonders Ernstes an sich habe und die ängstliche Besorgniß sei ganz ohne Anlaß. (Beifall.)
Justizminister Bach drückt aus, daß wenn das Ministerium über jeden Vorfall von einem Abgeordneten befragt und dann aufgefordert werde zu handeln, es den Anschein habe, als ob das Ministerium nicht seine Pflicht thue und erst dazu aufgefordert werden müsse, zugleich beschäftigten sich dann Abgeordnete mehr mit Justiz als mit dem eigentlichen Reichstage. (Beifall.)
Strobach will zur Tagesordnung übergehen, Sierokawsky das Ministerium interpelliren. Strohbach besteht auf Abstimmung über Tagesordnung. Abgestimmt; Majorität. Sierakowsky protestirt und sagt, das sei eine Gewalt gegen einen Einzelnen und verlangt Aufnahme des Protestes in das Protokoll.
Loehner verlangt zugleich, daß die Stunde in das Protokoll verzeichnet werde, damit es sich zeige, daß die Versammlung die Ordnung beachtet habe.
Es wird zur Tagesordnung übergegangen und über Ausdrücke und Bestimmungen in der Geschäftsordnung debattirt, welche nicht von Belang sind.
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@facs0347
Von der Eider, 1. Aug.
Aus guter Quelle erfahren wir, daß unsere Truppen nicht in Jütland einrücken, und man fügt hinzu, daß die Preußen durch das 9. Armeekorps ersetzt werden sollen. Das Hauptquartier des Generals Wrangel ist seit gestern nach Apenrade verlegt. Rußland soll neuerdings eine geheime Note an Preußen erlassen haben, wonach es das Einrücken der Deutschen in Jütland als casus belli ansehen würde.
Holland.
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@facs0347
[ 20 ]
Zwei Bataillone von Breda und Bergen-op-Zoom haben den Befehl erhalten, nach Limburg zu marschiren. ‒ Uebeigens droht Deutschland große Gefahr. Die beiden Helden Rogier und Cha-a-azal vindiziren in ihrem Journal, „L'Independance“ Limburg für Belgien!
Schweiz.
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@facs0347
Chur, 3. Aug.
Die lombardischen Nachrichten lauten immer kläglicher. Nach der gänzlichen Einnahme der Minciolinie (wobei Peschiera im Sturm genommen sein soll) ist nun auch die Ogliolinie aufgegeben und die Linie der Adda wenigstens schon durchbrochen (bei Codogno). Den 31. Juli zogen die Oestreicher in Cremona ein, wo sie sogar einen freundlichen Empfang gefunden haben sollen. Ein anderes östreichisches Corps (unter d'Aspre) hat etwas nördlicher von Soncino her Crema überfallen. Karl Albert hat versprochen, Mailand um jeden Preis zu decken; Brescia hält sich noch; man organisirt ein allgemeines Aufgebot. ‒ Der englische Gesandte am Turiner Hofe hat sich, wie es heißt, in Radetzky's Hauptquartier begeben, um durch Drohung mit einer englisch-französischen Intervention einen Waffenstillstand zu bewirken.
[(Republikano.)]
[0348]
Rußland.
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@facs0348
Petersburg, 29. Juli.
In einem Ukas vom 2. Juli heißt es: Zur Erleichterung der Geldumwürfe des Reichsschatzes und um demselben die Mittel zu verschaffen die außerordentlichen Ausgaben zu bestreiten, welche zur Bewahrung der Sicherheit der Gränzen des Reichs bei den jetzigen unruhigen Verhältnissen in verschiedenen Staaten Europas, nothwendig sind, haben Wir für nöthig erkannt, eine Emission von fünf neuen Serien der Reichsschatzbillete zu 3 Mill. Rubel Silber jede, zu gestatten und ermächtigen den Finanzminister die beiden ersten dieser Serien, zum Betrag von 6 Mill. sogleich ausgehen zu lassen mit Festsetzung des Anfangs des Prozentenlaufs vom 1. Juli 1848.
Ungarn.
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@facs0348
Szaska, 27. Juli.
So eben treffen in Szaska die ganze Masse der 2. Compagnie Bukavina, Nationalgarden und Landsturm ein, welche bei 1600 Mann stark den Paß Moldawa besetzt hielten. Da zugleich die Nachricht einläuft, daß Wucsics von Belgrad aus an der Spitze von 10,000 Serben nach Pancsova übertreten und die Offensive gegen das Banat ergreifen werde; nachdem ferner die Truppenkommandanten von Weiskirchen und Werschetz sich in der Linie auf Temesvar zurückzuziehen beabsichtigen, so wird das Banat wahrscheinlich in kurzer Zeit zum größten Theile in den Händen der Insurgenten sein. Während einerseits die Macht derselben stündlich wächst und ihre Energie außerordentlich ist, so daß fast an allen Punkten wo Insurgenten den vaterländischen Truppen gegenüberstehen, letztere in entschiedener Minderzahl sind, so wiegt sich Ungarn in einer unbegreiflichen Täuschung und träumt von einer Macht, welche nicht vorhanden ist, und von einem Patriotismus, welcher in Wirklichkeit sehr selten gefunden wird. Die Bewohner der Bergstädte fangen an sich mit ihren Habseligkeiten zu retten und sich nach Orten zurückzuziehen, welche wenigstens für den Augenblick weniger bedroht sind. Dazu kommt noch der Argwohn des Volkes, welches zu den höheren Offizieren und Truppenkommandanten kein Vertrauen hat, weil diese mit wenig Ausnahmen so kopf- und planlos operiren, daß die Furcht vor der Gefahr dadurch noch viel größer ist, als die Gefahr selbst.
[(A. Oestr. Z.)]
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@facs0348
N. Becskerek, 22. Juli.
Die im Zsablaer Sumpf liegenden Csaikisten feuern beständig auf unsere Leute; unlängst haben sie einen Gardisten gefangen, einem Andern den Arm durchschossen. Der griech. n. u. Bischof von Temesvar hat im Kikindaer Distrikt eine Rundreise gemacht und das verblendete Volk mit gutem Erfolg aufgeklärt.
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@facs0348
Weißkirchen, 20. Juli.
Hier hat sich aus Bürgern ein Sicherheitsausschuß gebildet. Die Vracsogaer Gränzer (eine halbe Stunde von uns) wollen bei Neudorf ein Lager errichten. Rajachich, nachdem er Theil genommen an den Berathungen zu Belgrad, kam nach Pancsova, um hier aufzuwiegeln, und beabsichtigte von da nach Kubinba in gleicher Absicht zu gehen, nahm jedoch, da er von den militärischen Vorkehrungen daselbst hörte, eine andere Richtung, und zog sich, nachdem er die Schätze der Petrovatzer Kirche geplündrrt, nach Zimony zurück, um dort in Sicherheit seine Intriguen fortspinnen zu können.
Aus Temesvar wird vom 25. gemeldet, daß Uzdin, eine von den treu gebliebenen 4 bei Pancsova gelegenen Ortschaften, durch eine Abtheilung des Perlesser Lagers gestürmt, und da die Empörer es nicht einnehmen konnten, in Brand gesteckt wurde, wobei 240 Häuser in Flammen aufgingen. Auf dem Kampfplatze blieben 4 Uzdiner und 14 Rebellen.
Italien.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
[ * ] Mailand, 30. Juli.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
Mailand, 30. Juli.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
Mailand, 1. Aug.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
Cremona, 29. Juli.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
[ 44 ] Genua, 29. Juli.
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@facs0348
Edition: [Friedrich Engels: Italien. 8. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 513.]
[ * ] Turin, 31. Juli.
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Donaufürstenthümer.
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Bucharest, 18. Juli.
Das Loos der Walachei ist entschieden! Alle Zweifel sind geschwunden. Gestern kamen zwei Briefe aus Konstantinopel von Jon Ghika an, welche melden daß 1) die Pforte die hiesige Konstitution anerkannt hat; 2) die französischen und englischen Gesandten diesem Beschluß ihre Zustimmung gegeben; 3) die Pforte gegen jeden Einmarsch russischer Truppen Protest eingelegt, indem sie erklärt sie sei stark genug nöthigenfalls mit bewaffneter Hand die Ruhe aufrecht zu halten; 4) daß die beabsichtigte Nationalgarde auf eine angemessene Zahl beschränkt werden soll; 5) die Pforte jeden Eingriff in ihre Rechte, resp. Verletzung der alten Traktate zwischen Türkei und Walachei zu ahnden entschlossen sei; 6) dieser Tage zur Ueberbringung der offiziellen Notifikation obiger Beschlüsse ein türkischer Bevollmächtigter hieherkommen werde. Mit Organisation der Nationalgarde fängt man endlich ernstlich an.
[(A. A. Z.)]
Französische Republik.
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Paris, 5. August.
Nächst der Interventionsfrage haben wir vielen Privatskandal. Allerlei saubere Geschichten laufen von Mund zu Mund. So ist die böse Welt den Herrn N. N. auf die Schliche der geheimen Verbindungen gerathen, die dieselben mit der gestürzten Dynastie unterhalten.
Das Abendblatt Messager sagt: Auf der Linie zwischen Paris und Claremont jagt ein Kourier den anderen. Zwei hohe Damen, von denen die Eine das volle Vertrauen der Herzogin von Orleans genießt, besorgen die Korrespondenz, die unter ihrer Adresse geführt wird. Die Exkönigin Marie Amelie ist die sichtbare Oberleiterin dieses Briefwechsels.
Ein Börsenbericht sagt: „Die Ausfuhr oder der Transport mittelst Privatfuhrwerks, Dampfschiffe und Eisenbahn an Geld von London über Boulogne nach Paris, belief sich vom 1. zum 30. Juni auf nahe an 33,000,000 Franken. Von dieser enormen Summe flossen anerkannt nur 15 Millionen in Industrie und Handel oder mit andern Worten, der Geldmarkt bezog kaum die Hälfte. An wen ging der Rest?“
‒ O'Reilly, naher Verwandter des berüchtigten Times-Korrespondenten, ist von Cavaignac zum Generalsekretär des neuen Polizei-Präfekten Dr. Ducoux ernannt worden.
‒ In Metz wird ein Bankkomptoir errichtet.
(Hierzu eine Beilage.)
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Schiffahrts-Anzeige. Köln, 7. August 1848.
Angekommen: Johann Rippert von Mannheim.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Joh. Linkewitz; nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr Ch. Königsfeld; nach Andernach und Neuwied H. Schumacher und Jakob. Schilowski; nach Bingen J. B. Mundschenk; nach Koblenz, der Mosel und Saar Jos. Zeiler; nach der Mosel, Trier und der Saar Frdr. Lauterborn; nach Mainz Joh. Kiefer; nach dem Niedermain C. Rees; nach dem Mittel- und Obermain C. Schleicher; nach Heilbronn H. Staab; nach Kannstadt und Stuttgart H. Klee; nach Worms und Mannheim Mart. Aulmich.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Kamps Köln Nr. 17
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Scholwerth Köln Nr. 3
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Wasserstand.
Köln, am 7 August. Rheinhöhe 7′ 2″
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Leise Anfrage.
Die Kölnische Zeitung hat in ihrer gestrigen Nummer das Fest für den Abgeordneten Franz Raveaux so idillisch und poetisch in allen Details mitgetheilt, daß es selbst herzerwärmend ist, indeß vermissen wir doch auch die Beschreibung des Empfangs des Kölnischen Stadtrathes bei Herrn Raveaux ‒ oder soll es vielleicht wahr sein, daß Hr. Raveaux seine Kollegen Stadträthe mit langen Nasen hat abziehen lassen???!!!
Z.
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Ist es wahr, daß die Kommission für das Fest-Essen auf dem Saale Gürzenich den Beschluß gefaßt hat, die Restauration, unter dem Namen eines hiesigen Konditors, einem außerstädtischen Konditor zu übertragen? Es heißt das, den Gastwirthen Kölns die Befähigung absprechen, für fürstliche Gourmands kochen zu können. O Klüngel, mußt du dann bei jeder Gelegenheit dich geltend machen?
Die Schwarz-roth-goldenen an die Schwarz-weißen.
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Illuminations-Gläser zu 71/2 Sgr. per Dutzend zu haben Walrafsplatz 149.
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Weberstraße Nro. 18 ‒ sind mehrere Zimmer zu vermiethen.
@typejAn
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THE BRUSSELS HERALD AND BRITISH AND CONTINENTALGAZETTE.
On and after Wednesday the 2nd of August 1848, will be published at Brussels the Brussels Herald and British and Continental Gazette with which will be incorporated the Brussels Herald and British Gazette, a newspaper established since 1827, the property in which has been purchased by the Proprietors of this new Journal. Complete arrangements have been made for the receipt (up to the hour of going to Press) of the latest news including every information as to continental funds, railroads and money markets. The Brussels Herald and British and Continental Gazette will thus form for Great Britain and her dependencies an authentic and circumstantial channel of intelligence on every subject affecting international interests. A portion of its columns will be specially devoted to the protection of English Property invested in Foreign undertakings.
As this Paper will circulate extensively not merely throughout the Continent but in England and the Colonies, it will form the best medium for Advertisements ever established in this Country, and the Proprietors being desirous of keeping pace with the economic principles of the age have fixed the terms of subscriptions and of advertisements at the lowest possible rates consistent with the efficient production of the Journal.
Published at Brussels every Wednesday and Saturday morning.
TERMS OF SUBSCRIPTION.
Terms of Advertisements.
Subscriptions and advertisements received in Brussels at the Office of the Paper, Passage St-Hubert, Galerie du Roi, No 5.
In London, by DEACON, 3 Walbrook and THOMAS, Catherine street Strand. And at all the Continental Post-Offices.
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Gefrornes verschiedener Gattungen.
In dem Besitze einer neuen Maschine, welche durch mechanische Vorrichtung jede Viertelstunde zwei verschiedene Sorten Eis liefert, was viel feiner und geschmackvoller wie das auf der bisherigen Weise erzielte ist, bin ich in den Stand gesetzt, allen Anforderungen sowohl in Qualität als Schnelligkeit zu entsprechen und den Preis à Portion in und außer dem Hause von 4 auf 3 Sgr. herunter zu setzen.
Täglich wird Vanill-, Himbeeren-, Johannis- und Citron-Eis bei mir angefertigt.
Franz Stollwerck im Deutschen Kaffeehause.
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Ein Pumpenmacher-Gehülfe, der in allen in dieses Fach einschlagenden Arbeiten gut erfahren ist, sucht eine Stelle.
Auskunft Waidmarkt Nro. 9.
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Ein Kapital von 3000 Thlr., welches 41/2 pCt. Zinsen einbringt und auf ein Ackergut bei Elberfeld eingetragen ist, soll ohne Unterhändler cedirt werden. Frankirte Briefe sub H B. besorgt die Expedition d. Bl.
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Zur Martinskirmeß empfehle ich meine Restauration mit guten Weinen und frischen Speisen.
J. Zimmermann, Kaufhaus 32.
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Fensterglas in allen Sorten billig zu haben an St. Agatha Nro. 3‒ bei Joh. F. König.
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Ein Hinterhaus oder Gartenwohnung zu vermiethen mit einem Extra-Eingange, enthält 6 Zimmer, Küche, Keller und Mitgebrauch der Bleiche und Garten, an St. Agatha Nro. 3‒.
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Zu vermiethen mehrere freundliche Zimmer nebst Keller-Abschluß und Mitgebrauch des Speichers. Kl. Telegraphenstr. N. 6 ‒
@typeimprint
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Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.