Deutschland.
@xml:id | #ar067_001_c |
@type | jArticle |
@facs | 0333 |
Edition: [Friedrich Engels: Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung. In: MEGA2 I/7. S. 501.]
[
**
]
Köln, 4. Aug..
Die Berliner Versammlung bringt uns von Zeit zu Zeit allerlei altpreußischen Schmutz an's
Tageslicht, und gerade jetzt, wo die schwarz-weiße Ritterschaft täglich unverschämter wird,
sind dergleichen Enthüllungen sehr brauchbar.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
[Spaltenumbruch]
@xml:id | #ar067_002 |
@type | jArticle |
@facs | 0333 |
[
!!!
] Frankfurt, 3. Aug.
Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Beginn 9 1/4 Uhr. Tagesordnung:
Diskussion des §. 7. der Grundrechte.
Bei Beginn der Sitzung sind kaum 150 Abgeordnete da. Gegen das Protokoll reklamirt von
Lassaulx, weil man ihn gestern nicht hat hören wollen, als er gegen
das Minoritätsgutachten sprechen wollte, wofür Wiegard gesprochen; man
habe mit gewohnter Ungeduld die Debatte geschlossen und den letzten Satz des §. 7. (wie ich
Ihnen gestern schon bemerkte) so gut wie aus Versehen angenommen. (Rechts Bravo.) v. Gagern: dies sei keine Reklamation. Lassaulx
bittet, künftig nicht so zum Schluß der Debatte zu eilen, wenn die Versammlung durchaus die
Debatte schließen wolle, solle der Präsident es nicht zugeben. (Lärm.) Janiczewski tritt aus der Versammlung aus, weil er nach dem Beschluß über Posen nicht
mehr bleiben könne.
Antrag von Wernher, Raveaux etc. Die Urlaubsgesuche, worüber die
Versammlung zu entscheiden hat, einem eigenen Ausschuß zu überweisen.
Wernher poltert einige Worte zur Begründung seines Antrages.
(Anstatt diesen Antrag, wie ganz natürlich, anzunehmen, wird 3/4 Stunden darüber debattirt um
ihn dann zu verwerfen.) Angenommen wird ein neuer Antrag von Römer aus
Stuttgart, daß die Beurlaubungen dem Büreau zur Prüfung zu übergeben
seien.
Wiedemann aus Düsseldorf erstattet Namens des Ausschusses für Wahlen
Bericht in der Hecker'schen Wahlangelegenheit. Der Ausschuß hat mit
der Baden'schen Regierung sich hierüber verständigt. Von 142 Wählern, worunter 134 anwesend
waren, wurde Hecker mit 77 Stimmen gewählt. Die Baden'sche Regierung protestirt gegen diese
Wahl eines Hochverräthers, und überläßt es der Entscheidung der Nationalversammlung, ob nicht
der ganze Wahlbezirk, der einen solchen verrätherischen Burschen gewählt, des Wahlrechtes
überhaupt verlustig gehen solle.
Hiezu im Gegensatz erfolgte das bekannte Schreiben Heckers an den Präsidenten der
Nationalversammlung und an diese selbst. Bei Verlesung des Schreibens, welches beginnt:
„Bürger Präsident und Bürger Vertreter“ herrscht die tiefste Stille. Dies Schreiben wird
unterstützt von nicht weniger als 12 Petitionen verschiedener demokratischer Vereine mit aber
und abertausend Unterschriften. Der Ausschuß hat sich nun gefragt, ob Hecker gewählt werden
könne.
Jetzt folgt die bekannte lange Serie seiner Verbrechen, der ganze Aufstand wird wiederholt.
Das Resultat: formelle Bedenken gegen die Wahl fehlen, materielle
(und diese zu erwägen steht der Nationalversammlung zu) sind im Uebermaß da. Hecker hat
versucht, die Republik einführen zu wollen zu einer Zeit, wo bereits die neue Freiheit
angebahnt gewesen. (Oh Weh!) Daß Baden Republik, und gar mit bewaffneter Hand eingeführt,
gewollt, sei überall unerwiesen. Hecker wollte seinen Sonderwillen dem widerstrebenden
Vaterland aufbringen; also sei er ein Hochverräther gegen Baden und Deutschland, also unwürdig
unter den Vertretern Deutschlands zu sitzen. (Tiefe schaudervolle Stille.) Seine Aufnahme
würde als Hohn erscheinen. Seine Wahl ist ungültig. Eine neue Wahl ist vorzunehmen. Die Frage,
ob der Wahlbezirk noch wahlberechtigt, wird verneint. (?) Es sei unverzüglich eine neue Wahl
vorzunehmen. (Tiefe Ruhe unten, oben Zischen.)
Folgt ein dringlicher AntragBenedey's, das Reichsministerium zu
veranlassen, in Italien, nachdem der östreichischen Regierung nun hinlängliche Genugthuung
geworden, Frieden zu schließen.
Gagern bemerkt, Benedey könne seinen Antrag fallen lassen, weil eine
Interpellation gleichen Inhalts bereits von Wichmann an den Minister gestellt worden sei, und
binnen wenigen Tagen beantwortet werden würde. Hierauf Uebergang zur Tagesordnung um 10 3/4
Uhr.
Diskussion über §. 7. Artikel II. der Grundrechte, welcher also lautet: Artikel II. §.
7.
A. Antrag des Verfassungs-Ausschusses.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie
stattfinden.
Die Verhaftung einer Person soll ‒ außer im Fall der Ergreifung auf frischer That ‒ nur
geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls.
Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24
Stunden dem Verhafteten vorgewiesen werden.
Minoritäts-Erachten. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu
bestimmden Kaution [oder Bürgschaft (Hergenhahn, Wigard)] der Haft entlassen werden, sofern
nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen.
(Welcker, Römer, v. Beckerrath, Wippermann, Tellkampf, Ahrens, Mittermaier).
Die Freiheit der Person ist unverletzlich, die Todesstrafe und die Strafe der körperlichen
Züchtigung abgeschafft.
(Wigard, Blum, Scheller, Römer).
Die Strafe der körperlichen Züchtigung ist aufgehoben.
(Hergenhahn, Scheller, R. Mohl, Ahrens, Tellkampf, v. Beckerrath, Schüler, Wigard).
Die Todesstrafe für politische Verbrechen ist abgeschafft.
(Ahrens,; Wigard, Hergenhahn, Simon, Wippermann, Scheller, Mittermaier, Bassermann).
Hiezu werden Amendements verlesen, deren Zahl Legion. Die Debatte beginnt.
Kunsberg aus Ansbach nimmt sein Amendement zurück.
Leue. Die persönliche Freiheit ist die erste aller Freiheiten. Die
Punkte des Verfassungs-Ausschusses sind hiefür nicht ausreichend. Es sei vorzüglich der
Grundsatz zu sichern, und müsse den Bestimmungen über persönliche Freiheit vorausgehen: daß
jede gesetzwidrige Verhaftung ein Ver-
[0334]
[Spaltenumbruch] brechen. Alle Fälle, in denen die Verhaftung eines Bürgers möglich, müssen im
Gesetz vollständig angegeben sein, Ausnahmsfälle als ein Verbrechen angesehen werden.
Doch seien Verhaftungen wohl zu unterscheiden von polizeilichen Verwahrungen,, (!!) letztere seien oft nöthig. Wer, wie ich, weiß, wie
segensreich das stille und geräuschlose Verdienst der Polizei ist (!!!) wird den polizeilichen
Verwahrungen nicht entgegenstreben.
Aber eine Bestrafung für unrechtmäßige Verhaftungen müsse
stattfinden. Diese Unrechtmäßigkeiten liegen nicht am Richter sondern an der
Verwaltungsbehörde und gegen diese sei kein besonderer Schutz. Es giebt gewisse diensteifrige
und leidenschaftliche Staatsanwälte. Durch eine 30jährige Erfahrung haben wir (endlich)
begriffen, daß eine Beschwerde über Mißbräuche, an die Behörden von denen der Mißbrauch
ausgegangen, nutzlos war. (Gelächter und Bravo). Es muß deshalb für den unrechtmäßig
Verhafteten einen Entschädigungsanspruch, einen unverjährbaren, einen nie aufzuhebenden, nach
meinem Antrag von wenigstens 5 Thlr. für den Tag, geben. Dies wird helfen. (Bravo).
Reichensperger. Es handelt sich hier um die praktische Seite der
Freiheit. Dies ist der wichtigste Theil. Er beurtheilt die einzelnen Sätze des §. 7. wie sie
der Ausschuß gegeben und will dieselben nach seinen Anträgen folgendermaßen gefaßt:
Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
Die Verhaftung einer Person soll ‒ außer im Fall der Ergreifung auf frischer That ‒ nur in
Kraft eines richterlichen Befehls geschehen.
Jede in Verwahrung genommene Person ist binnen 24 Stunden nach der Verhaftung einem
richterlichen Beamten vorzustellen.
Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen werden.
Er schließt mit der Bemerkung, daß er die Schwärmerei für die Polizei nicht in dem Grade wie
Hr. Leue theile.
Mittermaier begründet seine Amendements. Das Verwahrungsrecht, was
Hr. Leue wolle, könne man der Polizei nicht nehmen. Ein Hauptantrag von ihm sei: „Der
Verhaftete muß binnen 24 Stunden vernommen und ihm seine Anschuldigungsgründe mitgetheilt
werden. Wenn man die letztern nicht genau angeben könne, dürfe auch keine Verhaftung
stattfinden. (Bravo). Ferner: die Freilassung eines Verhafteten gegen Kaution muß unter jeder Bedingung stattfinden; in England und Nordamerika haben
das Vorrecht nicht bloß die Reichen. (?) Er legt zum Schluß der Versammlung ans Herz nicht auf
eine Kriminalprozeßordnung zu warten, sondern diese Anträge in die Grundrechte aufzunehmen.
(Lautes Bravo von allen Seiten).
Rauwerk: Der § 7 muß so scharf als möglich gefaßt werden. (Der
Redner spricht sehr unverständlich. Links und rechts sind fast alle Bänke leer.) Leue's
Unterschied zwischen Polizeivergehen und Verbrechen sei nicht so scharf zu zeichnen. Er stellt
zwei Amendements:
1) Ein Verhaftsbefehl darf nur auf gerichtliches Urtheil, wenn dringende Anzeichen eines
Verbrechens vorliegen, ausgefertigt werden.
2) Schuldhaft findet nicht mehr statt.
Den letzten Antrag betreffend, könne weder der Gläubiger noch der Staat ein Interesse an der
Verhaftung haben. In Frankreich wolle man zwar den erst kürzlich abgeschafften Personenarrest
für Schulden wieder aufnehmen, aber die französische Revolution befinde sich auch im
Wendekreise des Krebses.
Grävel aus Frankfurt a. d. O. entwickelt seine Amendements, eine
wahre Rarität; sie lauten:
Ein Jeder ist seiner Person, der Verfügung darüber und seines Willens eigner Herr, so weit
er dadurch keine auf sich habende Obliegenheit verletzt. Nur die äußerlichen Handlungen
unterliegen dem Staatsgesetze und der Staatsgewalt; über die innerlichen ist Niemand
Rechenschaft zu geben schuldig. Die bloße Kundgebung oder Mittheilung seiner Gedanken oder
Urtheile, selbst seiner Wünsche und Vorsätze durch Rede oder Schrift macht an sich noch jene
innerlichen Thätigkeiten nicht zu äußerlichen Handlungen, dasern damit nicht eine Abrede
begonnen wird, (§ 9) oder die Lüge hinzukommt, worüber § 10 des Mehreren.
Wegen der persönlichen Verhaftungen ziehe ich die Mittermaier'sche Fassung vor; (da die
Polizeibeamten ebenso Staatsbeamte sind, als die richterlichen) in Ansehung der persönlichen
Haft für Privatschulden ist lediglich auf die Maßgaben der Prozeß- und Exekutionsordnung zu
verweisen.
Der Redner wird oft durch den Ruf: Schluß! unterbrochen; spricht aber sehr langsam, sehr
lange, sehr unverständlich, sehr schlecht bis zu Ende.
Freudentheil aus Stade beantragt einen unbedeutenden Zusatz. Nach
ihm sollen sprechen: Tellkampf und Ahrens, sind aber frühstücken gegangen, kommt also
Werner aus Coblenz (unter gänzlicher Theilnahmlosigkeit): Das
Amendement: „Die Schuldhaft aufzuheben, solle man nicht acceptiren.“ Zu dem Punkte II des § 7,
und zwar zu dem Satz: „Ausnahmsgerichte sollen nicht stattfinden,“ beantragt er den Zusatz:
Auch außerordentliche Kommissionen sollen nicht stattfinden.
Spatz: Das höchste Gut des Bürgers ist die persönliche Freiheit,
diese ist unterworfen 1) Eingriffen von außen, 2) Eingriffen von uns selbst. Vor den ersteren
soll der Entwurf uns schützen, aber gegen den Eingriff von uns selbst schützt der Entwurf uns
nicht. Ich stelle also den Antrag, die Freiheit der Person ist nicht bloß unverletzlich,
sondern auch unveräußerlich (?) Bei Absatz 4 des § 7 sei zu streichen das „innerhalb 24
Stunden“. Eine solche Beschränkung ließe sich nicht in allen Fällen durchführen.
Nach Spatz spricht noch einer (trotzdem man gewaltig nach Schluß schreit) und verändert im
Absatz 4 des § 7 die Worte: „Der Verhaftbefehl soll dem Verhafteten vorgewiesen und zugestellt werden“. Jetzt scheint die Ungeduld auf's Höchste gestiegen;
denn ein Abgeordneter beantragt nicht bloß den Schluß der Debatte, sondern auch Verwerfung
sämmtlicher Amendements, die ja nur Redaktionsunterschiede machen.
Nach der Frage des Präsidenten beschließt man den Schluß der Debatte.
Folgt die Berathung über die Abschaffung der verschiedenen Strafen.
Leue gegen Abschaffung der Todesstrafe, besonders bei politischen
Verbrechen. Ob politische oder gewöhnliche Verbrechen, sei gleichbedeutend.
Scheller für die Abschaffung, und zwar 1) der körperlichen
Züchtigung. Den Vertheidigern und Liebhabern dieser Strafe wird er nicht erst sagen, auf welch
tiefem chinesischem Standpunkt sie stehen. Diese Strafe ziehe herbei: „Demoralisation und
Erbitterung des Bestraften.“
2) Für Abschaffung der Todesstrafe. Kein Mensch dürfe einem andern eine Minute seines
Daseins rauben, in welcher er sich für das Jenseits vorbereiten könne. (Die Gründe des Hrn.
Scheller sind ungefähr der Art, wie sie ein Tertianer in einer Ausarbeitung „über Abschaffung
der Todesstrafe“ vorbringen möchte). Bei politischen Verbrechen sei diese Strafe ganz
unzulässig, denn der Begriff der politischen Verbrechen ändere sich alle Tage. In 25 Jahren
werde diese Strafe gewiß aufgehoben werden und dann solle man wenigstens sagen, daß schon heut
zu Tage wenigstens ein Mann (nämlich Hr. Scheller) für ihre Aufhebung gestimmt.
Der alte Moritz Arndt trotz furchtbarem Geschrei nach Schluß: Er
stehe hier im Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes, (weiß Gott, wenn Gott nicht barmherzig,
stünde Arndt nicht hier) und verlange Beibehaltung der Todesstrafe für Elternmorde und besonders für politische Verbrechen. Für diese
die Todesstrafe aufheben zu wollen, sei das Ungeheuerste.
Spatz beantragt: „Die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und
körperlichen Züchtigung können nicht statt finden“
Jordan aus Marburg: Die Todesstrafe ist gegen das christliche
Prinzip. An die Stelle der Strafe soll Besserung treten. Diese Besserung ist ganz
ausgeschlossen, wenn man den Lebensfaden abschneidet. Ob jedoch diese Anordnung in die
Grundrechte gehöre, ist zweifelhaft.
Roßmäsler (man schreit stark Schluß): Das Menschenleben sei etwas
mehr werth, als die Aufmerksamkeit einer Stunde. Meine Haare sind noch nicht grau genug
geworden, um über eine solche Sache gehörig zu sprechen, aber mein Gefühl möge Ihnen einige
Worte sagen. Man hat bisher gesagt, die Frage über Leben und Tod gehöre nicht in die
Grundrechte. Wie? Sie wollen die Unverletzlichkeit der Wohnung des Körpers hier deklariren,
aber die Unverletzlichkeit der Wohnung des Geistes nicht? (Lauter Beifall links.) Er spricht
gegen die Todesstrafe. Man hebe es auf, das schauderhafte Recht der Begnadigung. Wollen Sie
nicht in den Grundrechten einen Leib ohne Herz bilden, so schaffen Sie die Todesstrafe ab.
(Bravo).
Vogel aus Dillingen (Geistlicher): Die Todesstrafe für politische
Verbrechen muß abgeschafft werden. Wer weiß, wer von Ihnen hier vor 40 Jahren ein politischer
Verbrecher gewesen wäre? (Links Ruf: vor 4 Monaten noch). Die ersten Christen sind auch als
politische Verbrecher gemordet worden. Die Ermordung politischer Verbrecher mindert die
politischen Verbrechen nicht, sondern mehrt sie, wie ja der Tod der Märtyrer immer zur
Verbreitung ihrer Lehre beigetragen. (Langes Bravo links).
Behr (der sich vorgenommen hat, über jeden Paragraphen der
Grundrechte zu sprechen) spricht ganz unverständlich und tritt ab, nachdem ihm der Präsident
gesagt hat, daß er Sachen spräche, die gar nicht hierher gehörten
Hierauf spricht noch v. Buttel gegen die Todesstrafe, da aber große
Unruhe ensteht und die Aufmerksamkeit gänzlich verloren und es auch 3 1/4 Uhr ist, wird die
Debatte für heute geschlossen.
Morgen um 9 Uhr Fortsetzung.
@xml:id | #ar067_003 |
@type | jArticle |
@facs | 0334 |
[
14
] Berlin, 3. Aug.
Den Borussomanen ist heute der „Geist des 3. Aug.“ erschienen, und hat ihnen tellergroße
schwarz-weiße Kokarden an die Hüten geklebt. Das ist aber auch Alles. Eine Prozession nach dem
Kreuzberge, um den Manen der alten Freiheitskrieger ein Hoch zu bringen, scheint aus
Gespensterfurcht nicht zu Stande gekommen zu sein. Dagegen haben sie eine kleine Satisfaktion
durch das Aushängen einer schwarz-weißen Fahne am Universitätsgebäude erhalten. Der Senat
hatte diese preuß. Demonstration zur Lebensfrage gemacht; wenn sich die Studenten
widersetzten, so stand eine vorläufige Schließung der Universität in Aussicht. ‒ Die Studenten
sind überhaupt sehr in der Klemme. Vorgestern wurden sie in Charlottenburg von den dort
stationirten Gardisten arg mißhandelt; gestern Abend begingen sie die Naivetät in einer Anzahl
von etwa 200 unbewaffnet wiederum mit der deutschen Fahne nach Charlottenburg zu fahren, und
hatten die Genugthuung von der Charlottenburger civilisirten Straßenbevölkerung ganz wie am
vorigen Abend, d. h. mit Steinwürfen nach Hause geschickt zu werden. Die Standhaftigkeit
unsrer Musensöhne bei dieser Gelegenheit will man eben nicht loben. Unsre Berliner Bürger sind
aber durch diese Schmach höchst entrüstet, und eine ernsthafte Fehde zwischen dem großen
Charlottenburg und dem kleinen Berlin steht bestimmt in Aussicht. Ob diese Kriegsfrage
schneller entschieden wird als die schleswig-holsteinische, ist zu bezweifeln; wie die Dänen
im Besitze der Seemacht, so haben die Charlottenburger die Landmacht für sich. Es wimmelt dort
von Kriegern, die ihren Muth an den Berlinern kühlen möchten. Unsre 2000 Constabler hatten
gestern Abend viel Arbeit, konnten jedoch das große Werk der Linden-Reinigung nicht zu Stande
bringen. Hier mochten 10‒20,000 Menschen bis 12 Uhr lustwandeln; nach dieser Stunde waren fast
Alle nach Hause gewandelt; und die einzelnen Nachzügler wurden nun freilich durch die erboßten
Schutzgötter arg geplagt. ‒ Zum Bürgergeneral ist heute der interimistischen Kommandeur Rimpler gewählt. ‒ In die Kammer wurde heute statt des ausgetretenen v.
Kirchmann der Ex-Minister Bornemann mit 63 von 110 Stimmen gewählt.
Hr. v. Kirchmann erhielt 31, Bruno Bauer 15 Stimmen, Dr. Schweizer eine. Die liberale Partei
hatte sich sehr für Bauer angestrengt, allein die kritische Kritik war nicht durchzubringen. ‒
Am 6. Aug. wird nicht allein von den Studenten sondern auch von allen demokratischen Klubs
eine schwarz-roth-goldne Feier veranstaltet. Art und Weise der Demonstration soll erst Freitag
bestimmt werden. Man spricht auch von einem großen Volksbankett. ‒ Ueberhaupt hat Berlin durch
das dreiste Auftreten der schwarz-weißen Reaktionäre und das unverschämte Benehmen der
Konstabler wieder neues Leben erhalten.
@xml:id | #ar067_004 |
@type | jArticle |
@facs | 0334 |
[
103
] Berlin, 3. August.
Die Anzeige des Staatsanwalts im Staatsanzeiger, nach welcher der Redakteur Held eine von ihm neulich gemachte Bemerkung: „es gäbe hier in Berlin
Vereine, die sich verbündet hätten durch Ablegung von Meineiden die Führer der demokratischen
Partei auf die Festung zu bringen, diese Aussage in einem deshalb mit ihm abgehaltenen Verhör
nicht habe beweisen können, auch als Gottesläugner die Eidesleistung verweigert habe,“ ‒ ist
auf eine hinterlistige Weise, von aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen der Heldschen
Aussagen, welche zu Protokoll genommen wurden, gebildet. Die Reaktionspartei benutzte diese
Anzeige, indem sie dieselbe auf ihre eigene Kosten an allen Straßenecken veröffentlichen ließ
um dem Volksmann Held, der ihr schon längst ein Dorn im Auge ist, damit zu schaden. Dadurch
sah sich Held veranlaßt den Hergang der Sache in einem Riesenplakat mit der Ueberschrift: „Ich
und der Staatsanwalt,“ ebenfalls zu veröffentlichen. Die Absicht der Reaktion wurde dadurch so
klar an den Tag gelegt, daß Held nur noch mehr in der Gunst des Volkes stieg, wie die
Ständchen beweisen, die er vorgestern und gestern Abend erhielt. Das Erste, am vorgestrigen
Abend ging von dem Linden-Klub an der bekannten, politischen Ecke, aus. Dieser Klub, welcher
sich allabendlich von selbst unter den Linden bildet, hat seit, dem Erlaß des
Polizei-Präsidenten, wonach solche Versammlungen verboten sind, sich nur immer mehr und mehr
vergrößert. Die altpreußische Parthei verliert seit einigen Tagen immer mehr und mehr an
Terrain. Die Preußenthümler wollten den heutigen Tag, als den Geburtstag des verstorbenen
Königs, früher zu einer großen Demonstration benutzen, er ging aber ganz ruhig vorüber.
Dagegen wird der 6. August hier großartig von der demokratischen Partei begangen werden. ‒
Die Aufregung, die vor acht Tagen durch die Konstabler hervorgerufen, durch die
schwarz-weißen Fahnen sich vergrößert, ist seit gestern durch den Konflikt der Studenten mit
den Gardisten in Charlottenburg zu einem Punkte gediehen, die demjenigen in den Tagen vor den
18. März gleichzustellen ist. ‒ Gestern Abend zogen etwa hundert Studenten nach Charlottenburg
und nahmen, als Demonstration gegen die vorgestrigen Vorfälle daselbst, eine
schwarz-roth-goldene Fahne mit hinaus. Sie feierten dort ungestört den Abschied ihres Führers
des Stud. v. Salis und begaben sich ruhig auf den Rückweg. Als sie
aber Charlottenburg verlassen hatten, trafen sie am Wege einen Haufen Gardisten und
Straßenbuben, welche sie mit einem furchtbaren Steinhagel empfingen und davon liefen. Es sind
dadurch mehrfache Verwundungen vorgekommen und ein Student ist so schwer verletzt, daß man an
seinem Aufkommen zweifelt. Als die Verwundeten gegen 10 Uhr Abends nach Berlin zurückgebracht
wurden und diese Nachricht sich im „Linden-Klub“ verbreitete, der gestern ungemein zahlreich
besucht und eben durch die von dem Held'schen Ständchen zurückkehrende Masse noch sehr
verstärkt war, wurde Alles in die größte Aufregung versetzt. Man wollte sogleich in Masse nach
Charlottenburg ziehen um Rache zu nehmen. Einige Volksredner bestiegen aber einen Pfeiler und
hielten das Volk von diesem Schritte ab, der zu nichts führen könne. Man kam endlich überein
zum Kriegsminister zu ziehen um von ihm vermittelst einer Deputation, eclatante Genugthuung
wegen der Charlottenburger Vorfälle zu fordern. ‒ Dies waren die ersten öffentlichen Reden,
die bisjetzt unter den Linden gehalten wurden, denn bisher unterhielt man sich nur in den
einzelnen Haufen. Die Konstablers wagten nicht einzuschreiten. Die ganze Masse setzte sich
hierauf in Bewegung und zog zum Kriegsministerium. Hier wurden aber noch vor Ankunft des
Volks, die Wachen eingezogen und die Thore gesperrt. Man verlangte Einlaß für die Deputation,
es wurde aber nicht geöffnet. Man klopfte und schrie, alles vergebens. Währenddem schickt aber
der tapfere General von Schreckenstein zu der Bürgerwehr, die nach einer halben Stunde ankommt
und das Volk entfernt. Verhaftungen oder andere Excesse sind dabei nicht vorgefallen.
Der Verkauf von Flugschriften, von Witzblättern findet trotz der früheren Verbote ohne
Unterbrechung statt. Hunderten solcher wandernder Händler begegnet man zu jeder Tageszeit. Die
Polizei wagt nicht ernstlich Dem entgegenzutreten, aber dennoch hat sie seit einiger Zeit
ungefähr 60 Personen wegen Vertriebs von Flugschriften, als Uebertreter der Gewerbeordnung,
zur Untersuchung gezogen. Ein Theil ist bereits zu einer Strafe von 3 ‒ 5 Thlrn. oder
verhältnißmäßiger Freiheitsstrafe verurtheilt worden. Die Angeklagten sind meist arme Leute,
die mit dem kleinen Verdienst die Ihrigen ernährten.
Die morgen statt findende Sitzung der Vereinbarerversammlung verspricht sehr interessant,
aber vielleicht auch sehr wichtig zu werden. Verschiedene dringende Interpellationen und
Anträge bedrohen das Ministerium. Die Opposition wird morgen ihre ganze Kraft entfalten. Ihre
frühern Parteigänger Rodbertus und v. Berg
sind wieder mit ihrem ganzen Anhange zurückgekehrt und werden morgen gegen das Ministerium
auftreten. Die äußerste Rechte schmollt auch mit dem Ministerium, denn ihre Führer
Reichensperger und Baumstark fehlten bei der letzten Abendgesellschaft des
Ministerpräsidenten. Man erwartet von dem Schweidnitzer Abgeordneten, Teichmann, an den heute eine Deputation der Schweidnitzer Bürgerschaft eingetroffen
ist, eine Interpellation über die Vorfälle in jener Stadt. Ebenso soll morgen über die
Charlottenburger Vorfälle interpellirt werden. Auch der Antrag auf sofortige Aufhebung der
Konstabler wird gestellt. Der Minister Kühlwetter soll erklärt haben,
aus der Aufrechthaltung des Institus der Konstabler eine Kabinetsfrage
machen zu wollen; man sagt, daß er geäußert habe: „er werde mit den Konstablern stehen und
fallen.“ Möchte nur auch Hr. Hansemann, der das Steigen des Kredits
von dem Bestehen dieses Polizei-Instituts abhängig erklärt hat, mit derselben Alternative
eintreten, denn die Majorität gegen das Fortbestehen dieses Instituts scheint gewiß.
Es soll heute eine Vereinigung zwischen den feiernden Buchdruckereigehülfen und den
Prinzipalen zu Stande gekommen sein.
@xml:id | #ar067_005 |
@type | jArticle |
@facs | 0334 |
[
40
] Berlin, 3. Aug.
Ein großer Theil der Setzer und Drucker arbeitet seit zwei Tagen nicht. Mehrere Journale
erschienen gar nicht, oder nur in kleinen von den Lehrlingen gesetzten Blättern. Die
Staatsgewalt hat einschreiten wollen gegen diese erste materielle Erscheinung der Association
und des neuen socialen Lebens; sie muß aber gefunden haben, daß es dagegen ein Strafrecht
nicht mehr giebt. Das Mißtrauensvotum der Volksversammlung in Halle für den Dr. Niemeyer
entspricht der Meinung aller hiesigen Freisinnigen über ihn, es entspricht seiner Abstimmung
bei allen Prinzip-Fragen, die er stets gegen den Fortschritt richtete: Er hat die Revolution
verleugnet, er hat zu Gunsten des schmählichen Verfassungs-Entwurfes gestimmt, er hat keine
Vollmacht geben wollen zur Untersuchung des Blutbades in Posen, er hat gegen den Jacoby'schen
Antrag sich erklärt. Ueber den anderen Halle'schen Deputirten sagt „die ewige Lampe“, ein gut
redigirtes Berliner Witzblatt, in ihrer „Gallerie der preußischen Nationalversammlung“
folgendes: „Upmeyer, Oekonom zu Borgholzhausen, für Halle schwärmt für die politische
Stallfütterung, für das Bohnenstroh des Rückschritts und für die Naturalisation der
Hamstertaschen; sonst ein Figurant, der wenig hört, niemals redet, selten etwas versteht, und
demzufolge votirt.„
@xml:id | #ar067_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0334 |
[
119
] Berlin, 3. Aug.
Heute, als am Geburtstage des verstorbenen Königs, sollten großartige Demonstrationen zu
Gunsten des Preußenthums stattfinden. Man hat bis jetzt jedoch noch nichts davon bemerken
können. Nur ist das Königspalais bekränzt und auf der Universität wurde eine schwarz-weiße
Fahne aufgesteckt, und auch dies letztere ist nicht abgelaufen ohne eine Gegendemonstration
hervorzurufen. Die Studenten hingen vor der Universität an ihrem schwarzen Brett eine deutsche
Fahne auf und hefteten ein Plakat darunter, in welchem sie dem Berliner Volk anzeigen, daß die
schwarz-weiße Fahne von dem Senat „auf höhere Anordnung“ aufgesteckt sei. Auf dringendes
Bitten des Rektors Müller wurde noch hinzugeschrieben: „neben der deutschen Fahne.“ Gegen die
„höhere Anordnung“ hatte er nichts einzuwenden. Die großen Männer der freien Wissenschaft
schämen sich auch gar nicht einmal, es einzugestehen, daß sie eine politische Meinung auf
Befehl dokumentiren.
‒[
*
] Die großartige Anklage des Hrn. Held vor dem Publikum durch
den Staatsanwalt beim Kammergericht, als habe Hr. Held absichtlich falsche Nachrichten
veröffentlicht, löst sich jetzt vollständig in Heiterkeit auf. Hr. Held hatte ein Plakat als
Antwort anschlagen lassen, und die Zusammenstellung seiner angeblichen Aussagen angegriffen.
Der Staatsanwalt veröffentlicht jetzt das ganze Protokoll, aus dem ziemlich deutlich
hervorgeght daß Hr. Held den Staatsanwalt bei der Vernehmung stark zum
Besten gehabt hat.
@xml:id | #ar067_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0334 |
[
15
] Berlin, 3. Aug.
Hier noch einige Details über die neuen Angriffe auf die Studenten in Charlottenburg. Eine
bedeutende Anzahl wurde mehr oder weniger erheblich verletzt; Mehreren flogen Steine von mehr
als Faustgröße an den Schädel, so, daß sie im Blute schwimmend, besinnungslos niederfielen und
in diesem Zustande nach Haus gebracht werden mußten. Der Student Rechenberg flüchtete in ein
Gebäude, sechs bis acht Soldaten und ein Gensdarm stürzten ihm nach. Im Zimmer des Hauses
angekommen, kroch er unter das Bett, allein man zog ihn hervor, und nun fielen die Soldaten
mit geschwungenen Säbeln über ihn her. Rechenberg rettete sich in eine Ecke, ergriff einen
Stuhl und suchte sich gegen die auf ihn Eindringenden zu vertheidigen. Doch ein Säbelhieb traf
ihn schwer auf den Kopf, die Kräfte drohten ihn zu verlassen. Da ergreift er den Augenblick,
stürzt durch die geöffnete Thür und schwingt sich über das Geländer von zwei Treppen glücklich
hinunter. Noch sind bei weitem nicht alle Einzelnheiten dieses nichtswürdigen Ueberfalls
aufgedeckt, aber soviel steht fest, daß eine große Zahl der Studenten, und mehrere sehr
gefährlich verwundet worden sind. Vor dem Brandenburger Thor sammelten sie sich denn wieder
und zogen, von donnernden Lebehochs des Volks begleitet, die Linden herunter. Dies Attentat
und das vom vorhergegangenen Abend, haben natürlich tiefe Aufregung im Volke hervorgebracht ‒
es fehlt nur noch, daß der König mit dem Prinzen von Preußen in die Stadt kommt, und daß noch
ein Regiment hereingezogen werde ‒ und die Ereignisse des 18. März erleben eine neue
verbesserte Auflage. Wahrscheinlich werden die geschilderten Scenen morgen Gegenstand einer
Interpellation an das Ministerium werden; die Linke wird Ach und Weh schreien, die Rechte wird
toben und trampeln; Schreckenstein wird das alles mit olympischer Ruhe anhören, und sich dann
der Soldaten, seiner lieben Kinder, annehmen, und aus Berichten, welche er einer
unpartheiischen Behörde, dem Militärkommando verdankt, zeigen, daß die Anklagen ganz
unbegründet sind und auf purer Verläumdung beruhen. Der Hauptmann des bewaffneten
Studentenkorps hat bereits den Inhalt des über diesen Gegenstand an den Kriegsmini-
[0335]
[Spaltenumbruch] ster abgefaßten Berichtes erfahren; nach diesem Bericht ist die Schuld allein auf
Seiten der Studenten; das Militär hat von seinen Bajonetten aus Nothwehr Gebrauch gemacht; die
Aufwiegler und Republikaner sind einzig die Veranlasser der Excessen.
Heute, als am 3. August um 12 Uhr, war große Feierlichkeit in der Aula der Universität zu
Ehren eines verstorbenen königlichen Geburtstages. Unter den zahlreich erschienenen Gästen
bemerkte ich unter andern Kühlwetter, Märcker, Rodbertus u. a. In feierlicher Amtstracht, doch
nicht stark vertreten, marschirte das hochgelehrte Universitätspersonal, den derzeitigen
Großmufti, Joannes Müllerus an der Spitze, aus dem Senatssaal in die Aula. Nachdem der
akademische Chor das Nisi dominus aedificaverit domum gesungen, bestieg der Rektor die Tribüne
und verlas in deutscher Sprache die schrecklich langweilige Festrede.
Gestern haben die Professores ordinarii ihre neuen Wahlen gehalten; der Theologe Nitzsch, früher in Bonn, ist Rektor, Ehrenberg
Dekan der medizinischen, Trendelenburg der philosophischen, Hengstenberg Dekan der theologischen Fakultät geworden; den der
juristischen habe ich nicht erfahren können. Die Amtszeit der genannten Herrn beginnt
bekanntlich mit dem 15. Oktober.
Daß in unserer Stadt die ächte epidemische Choleraausgebrochen ist,
haben Sie wohl schon erfahren. In der Charité sind bereits zweigestorben, zweiliegen daselbst schwer danieder und in der
Stadt selbst waren heute Morgen sechs andere Fälle. Die Sektion der
Gestorben, deren einer ich selbst bei wohnte, hat alle Merkmale der Cholera ergeben.
@xml:id | #ar067_008 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
121
]Schweidnitz, 2. August.
Zur Feier des dritten August werden morgen hier in Schweidnitz Neun, von Militär erschossene Bürger, beerdigt, eine große Anzahl liegt
schwer verwundet danieder.
Die Ursache dieses Blutbades war eine Katzenmusik, die Montag Abend dem Kommandanten,
General Rollas zu Rosey, gebracht wurde, der aus manchen Ursachen beim Volke verhaßt war, und
dem auch eine gewisse Neigung zum schönen Geschlecht nachgesagt wird, die ihn zum Gegenstand
manches Spottes gemacht hat. Das Erbieten der Bürgerwehr, gegen die Ruhestörer einzuschreiten,
wurde abgelehnt, und eine Kompagnie des 22. Regiments besetzte das Kommandanturgebäude; der
Platz war bald darauf gänzlich gesäubert. Trotzdem besetzte eine Kompagnie der Bürger-Schützen
und der Bürgerwehr die beiden Seiten des Ringes. Zu dieser Zeit erschien aus einer der
Seitengassen des Ringes eine neue Kompagnie des 22. Regiments, welche schon in der Petersgasse
geladen hatte, und in demselben Moment Feuer gab, als sie auf dem Ring anlangte. 21 Bürger stürzten, theils getödtet, theils schwer verwundet, außerdem
eine hochschwangere Frau. Die Bürger und Schützen waren ohne Munition und eine Gegenwehr
unmöglich. Die Stadt wurde vom Kommandanten in Belagerungszustand erklärt, alle Thore
geschlossen und auf dem Ringe Kanonen aufgefahren.
Erst am Morgen erschien das Vorgefallene in seiner ganzen Entsetzlichkeit. General v. Aster,
der zufällig anwesend war, hob den Belagerungszustand auf, der Kommandant erhielt Stubenarrest
und Major v. Thilo verwaltet provisorisch sein Amt. Der Bürgermeister Berlin, ein Freund des Kommandanten, sattsam bekannt aus früheren Vorgängen, wurde
genöthigt abzudanken, zu gleicher Zeit dekrecirte die Stadtverordneten-Versammlung seine
Absetzung. Heute früh ist eine Deputation aus Schweidnitz in Berlin angelangt, die bereits
beim Kriegsminister Audienz gehabt hat. Es wurde ihnen die strengste Gerechtigkeit
versprochen.
@xml:id | #ar067_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
] Jena, 1. August.
Der demokratische Kongreß hatte Jena zum Kreisort für Thüringen ernannt. Nach der von hier
ergangenen Einladung trat nun gestern der demokratische Kongreß Thüringens in hiesiger Stadt
zusammen. Es waren 40 Deputirte anwesend und von 15 Vereinen hierher gesandt.
@xml:id | #ar067_010 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
Dresden, 1. August.
In Folge der Mainzer Buchdruckergehülfenversammlung und der dabei gefaßten Beschlüsse haben
mit dem heutigen Tage bei uns fast sämmtliche (102) Buchdruckergehülfen zu arbeiten aufgehört
und in unsern Druckereien ist es demnach sehr still und unheimlich; bis jetzt ist auch noch
keine Aussicht vorhanden, daß die entstandenen Differenzen so bald ausgeglichen werden
sollten, denn nach einer Erklärung der Gehülfen im hiesigen Anzeiger sind diese entschlossen,
Alles daran zu setzen und nicht nachzugeben.
[(D. A. Z.)]
@xml:id | #ar067_011 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
] Prag, 1. Aug.
Graf Leo Thun, der kürzlich abgesetzte Gubernial-Präsident, richtete
unterm 25. Juli an den Minister des Innern zu Wien ein Schreiben, worin er über die Absetzung
bitterlich klagt, und besonders darüber, daß ihm nicht einmal der Grund mitgetheilt worden. Er
verlangt dies ausdrücklich, ja er fordert die Antwort mit umgehender Post, und die Verfügung,
daß ihm in kürzester Frist die Leitung der Landesregierung abgenommen werde. Hierauf erhielt
Leo Thun vom Minister des Innern (Doblhoff) folgendes Schreiben:
Hochgeborner Graf! Die Zuschrift vom 25. d. M., worin Euer
Hochgeboren mich um die Angabe der Gründe ersuchen, welche den Ministerrath bewogen, Seiner
Majestät eine neue Besetzung der Gubernial-Präsidentenstelle in Prag vorzutragen, ist mir
heute zugekommen, und ich beeile mich, den Wunsch wegen umgehender Beantwortung zu erfüllen.
Euer Hochgeboren werden vollkommen mit dem Grundsatze des Ministeriums einverstanden sein, daß
die Präsidenten des Guberniums als politische Personen betrachtet werden müssen. Mit dem
Systeme, welches fällt, müssen also auch nothwendig jene hochstehenden politischen Personen
fallen, welche im Sinne jenes Systems mit an der Regierung theilnahmen. Und die Stellung eines
Gubernial-Präsidenten ist einerseits viel zu wichtig, andererseits ist nicht anzunehmen, daß
ein hoher Beamte anders, als im Sinne jener Regierung, welche ihn durch ihr Zutrauen an die
Spitze eines Landes gestellt, sein Amt verwalten werde. Das Ministerium glaubt nicht in der
Nothwendigkeit zu sein, sich öffentlich über diese seine Maßregel auszusprechen, denn, indem
es nur dem Reichstage und der öffentlichen Meinung Rechenschaft über seine Schritte schuldig
ist, mußte es von daher die Beurtheilung seiner Maßregel erwarten, ohne durch irgend eine
Erklärung dieser vorgreifen zu können. Uebrigens hat das Ministerium bereits Gelegenheit
gehabt, in dem, auf zwei auf einander folgenden Tagen in der Prager Zeitung abgedruckten
Artikel „An meine Landsleute“ zu bemerken, daß Euer Hochgeboren bereits am 20. öffentlich die
politischen Grundsätze vertheidigt, welche Sie geleitet haben. Die gewünschte Verfügung wegen
Anahme der Leitung der Landesregierung wird in möglichst kurzer Frist ganz nach dem Wunsche
Eurer Hochwohlgeboren erfolgen. Genehmigen etc.
@xml:id | #ar067_012 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
61
] Wien, 1. August.
Wir gehen in Eilmärschen einer sturmvollen Epoche entgegen. Die Erklärung des Kaisers, daß
er vorläufig nicht kommen werde, die mit Hülfe Fellachichs gemachte durch und durch
schwarzgelbe Demonstration und die Abreise des Reichsverwesers haben nicht nur den Reichstag,
sondern die ganze Bevölkerung Wiens in ein aufgeregtes Meer verwandelt, dem die Dynastie und
Kamarilla, verbleiben sie in ihrem Trotze, unterliegen muß. Binnen acht Tagen werden die
Würfel geworfen sein. Kehrt die nach Innsbruck abgereiste Deputation zur Ueberreichung der
Adresse unverrichteter Sache hierher zurück, so ist die „Provisorische
Regierung“schon fertig; denn Alles ist vorbedacht worden; das Ministerium wird abtreten
und vom Reichstag wir eine Exekutivgewalt ernannt werden. Dann wird sich's zeigen, ob
Innsbruck im Stande sein wird, in Oesterreich einen Bürgerkrieg hervorzurufen, oder ob
vielleicht die Majestät von Ungarn gegen die neue Majestät von Oesterreich zu Felde zu ziehen
Lust hat. Es wird ein toller Tanz werden, in welchem Windischgrätz und Fellachich das
Orchester der Kanonen zu leiten sich beeilen werden.
Ein Plakat, die Abwesenheit des Kaisers betreffend, welches heute Morgen in den Straßen
angeheftet wurde, hat die Aufregung noch vermehrt. Der Verfasser wurde vor den
Sicherheits-Ausschuß gebracht, man beantragte seine Verhaftung. Allein der
Sicherheits-Ausschuß erklärte, in den Plakaten dazu keine Veranlassung zu finden. Die
anstößigsten Stellen des Plakats sind folgende:
Wenn aber unser Kaiserhaus durch den offenen Trotz, der der Nation gegenüber bereits in
Mißachtung und Hohn ausartet, seinen ferneren Bestand zu befestigen glaubt, so ist dies ein
eben so trauriger als unglücklicher Irrthum. Noch einige Zeit auf diesem Wege fortgefahren,
und das Volk wird sich in der anfänglichen Anarchie einer werdenden Republik behaglicher
finden, als in unseren gegenwärtigen trostlosen Zuständen. Diese zu verbessern, ist aber die
unbedingte Rückkehr des Kaisers erforderlich. Und darum sollen wir nicht bitten, fordern
müssen, fordern dürfen wir sie. Denn was istder Kaiser?
Der erste Diener des Staates und sonst nichts mehr. Er ist unsertwegen
da, wir aber nicht seinetwegen. Und darum darf er nicht taub sein, wenn ihn die Stimme des
Volkes ruft; denn dies ist die Mahnung an seine Pflicht, und diese Pflicht ist die Erfüllung
des Gesammtwillens der Nation. Wenn er diese Pflicht hintan setzt, hat er freiwillig aufgehört
zu sein, was er war, eine Majestät, denn die Majestät, die Hoheit ist ihm vom Volke geliehen,
das in ihm den Vollstrecker seines Willens, den es in frei gegebenen Gesetzen ausspricht,
ehrt. Darum keine Monarchen von Gottes Gnaden mehr, wir brauchen Monarchen von Volks
Vertrauen.
Wenn also unser Kaiser, den wir zu sehr bemitleiden, um ihm vom
Herzen zürnen zu können, nicht zurückkehren will, wenn er dadurch einen neuen Beweis seiner
Schwäche, seine Bevormundung durch eine nichtswürdige Hofpartei an den Tag legt, wenn er so
aus Unkenntniß des wahren Sachverhaltes das mächtigste Werkzeug wird, seinen eigenen Thron zu
untergraben, den Verband seiner Völker zu lockern, dann ‒ dann sind wir es uns, sind es der
Dinastie schuldig, ihn zu bitten, eine Krone nieder zu legen, deren
Pflichten er entweder nicht gewachsen ist, oder welche ihm zuwider sind.
Julius Krenn,Garde der akademischen Legion
@xml:id | #ar067_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
]Wien, 1. August.
Sitzung der konstituirenden Reichsversammlung vom 31. Juli. ‒ Sierakowski stellt den Antrag,
die Versammlung möge beschließen:
1) eine Proklamation zu verfassen, welche die Provinzen von den Maßregeln, die der Reichstag
wegen der Rückkehr des Kaisers nach Wien getroffen, unterrichte.
2) Eine Kommission aus 9 Mitgliedern mit der Redaktion dieses Entwurfes beauftragen.
3) Die Minister des Innern und Krieges mit der Verbreitung der Proklamation an die ihnen
untergeordneten Organe zu betrauen.
Hierauf kam § 34 der Geschäftsordnung, ‒ die Bildung der Kommissionen für den Entwurf der
Reichs- und Gemeindeverfassung betreffend ‒ zur Debatte. Kautsits beantragt, die Kommission
möge mit Abfassung der Konstitution überhaupt und ohne nähere Instruktion betraut werden.
Angenommen. Ueber die Form, wie die Kommission zu wählen, ward lang und heftig gestritten und
am Ende die ursprüngliche Fassung beibehalten. In der weitern Diskussion traten wiederholt
nationelle Eifersüchteleien zu Tage. Am Schluß verlangt der zur Deputation nach Innsbruck
mitgewählte Borrosch Instruktionen. Die Versammlung beschließt, der Deputation keine zu
ertheilen. Der Präsident der Versammlung und Führer der Deputation dankt für dieses Vertrauen
mit dem Bemerken, daß er Alles, was er bei dieser Sendung zu thun veranlaßt sein könne, auch
zu zu verantworten bereit sein werde.
@xml:id | #ar067_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
] Wien, 1. August.
Unter den Nachrichten aus Italien befindet sich auch die, daß am 27. nach beendigtem Gefecht
in d'Aspre's Hauptquartier 2 piemontesische Generale und ein Oberst mit dem Antrag auf einen
Waffenstillstand von Seite Karl Albert's erschienen, wobei der Oglio als Demarkationslinie
bezeichnet wurde. d'Aspre ging darauf nicht ein, sondern legte andere Bedingungen vor, die
hinwieder bei den Italiänern keinen Eingang fanden.
@xml:id | #ar067_015 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
] Göttingen, 31. Juli.
Gestern fand auf den Ruinen der Plest eine Volksversammlung Statt, wobei ein Demokrat
präsidirte. Ein Domainenpächter Mähler und ein Assessor Blumenbach (Enkel des Naturforschers)
wurden wegen Lärmens entfernt, kamen aber bald mit bewaffneten Tagelöhnern von der Mählerschen
Pachtung wieder und überfielen die Versammlung mit Sensen, Büchsen und Dreschflegeln. Viele
wurden verwundet, mehrere gefährlich. Auf die Fliehenden wurde in Bovenden aus den Häusern
geschossen, und die Untergebenen des Mähler verfolgten sie mit dem Ruf: nieder mit den
Aufwieglern, nieder mit den Republikanern!
Auf die Nachricht von diesen Exzessen rückte ein Theil der Göttinger Bürgerwehr aus, doch
gelang es ihr nur die Verwundeten einzubringen. Sie war schwach genug sich von der Besetzung
von Bovenden und der Verhaftung der Schuldigen durch Phrasen und Versprechungen abhalten zu
lassen. Es fragt sich ob die reaktionären Urheber dieses Ueberfalls je zur Verantwortung
gezogen werden.
@xml:id | #ar067_016 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
[
*
] Hannover, 2. August.
Buchdrucker Stegen, dessen Verhaftung wir vor 5 Wochen meldeten, ist wieder freigelassen.
Man konnte ihm beim besten Willen nichts anhaben.
@xml:id | #ar067_017 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
Mainz, 2. August.
Der Vorsitzende des hiesigen demokratischen Vereins, der Bürger J. P. Schöppler, der
Buchdrucker und Buchhändler Joseph Wirth und ein Zettelanschläger, sind von der Staatsbehörde
wegen des Plakats, das den Protest des demokratischen Vereins zu Gießen gegen die
großherzogliche Verordnung vom 6. Juli enthielt, gerichtlich belangt und gestern vollständig
freigesprochenworden. Die Fassung des Urtheils wird als eine
gründliche und ausgezeichnete gerühmt, und soll ganz dazu geeignet seyn, der Staatsbehörde
Fingerzeige zur Vermeidung ähnlicher Mißgriffe zu geben.
[(Fr. J.)]
@xml:id | #ar067_018 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
Hamburg, 3. Aug.
Zur Wiederlegung einer Masse falscher Gerüchte, die sich in Betreff Wrangel's und der
Waffenstillstandsverhandlungen mit Dänemark verbreitet haben, enthält die „Börsenhalle“ einen
längeren Artikel, dem wir Folgendes entnehmen: „Wir wissen aus authentischer Quelle, daß ein
einstimmiger Beschluß des nun aufgelösten Bundestages den Abschluß nicht nur des Friedens,
sondern auch der Friedenspräliminarien und eines Waffenstillstandes an die Bestätigung des
Bundestages knüpfte.“ Weiterhin heißt es: „Wenn auch die Malmöer unterhandelnden Diplomaten
der alten Schule, deren Begriffe nicht über die prinzipielle Nichtswürdigkeit der alten
öffentlichen Zustände Deutschlands hinausgehen, keinen Zweifel in die Annahme ihrer
Uebereinkunft setzten, so kann doch die Ueberraschung des neuen preußischen Kabinets über die
Nichtratifikation der ihm von seinen Vorgängern überlieferten Friedenspräliminarien unmöglich
so groß gewesen sein und müssen diese Staatsmänner darauf gefaßt gewesen sein, daß weder der
Bundestag seine Sterbestunde, noch der Reichsverweser seinen Regierungsantritt, gerade durch
die Ratifikation solcher Friedenspräliminarien, vor der öffentlichen Meinung zu bezeichnen,
Lust verspürte. Die Dänen selbst hatten in ihren ministeriellen Organen die Schmach dieser
Bedingungen für Deutschland am besten auseinander gesetzt.“
@xml:id | #ar067_019 |
@type | jArticle |
@facs | 0335 |
Apenrade, 2. Aug.
Heute gegen Mittag gerieht die Stadt etwas in Allarm. Es hieß, die Garden, von denen man
gestern behauptet hatte, sie würden wohl einige Wochen hier stehen bleiben, hätten die Ordre
bekommen, sich marschfertig zu halten, die Dänen seien wieder über die Königsau vorgedrungen
und ständen in der Nähe von Christiansfeld; endlich wollte man bei Wittstedt Kanonendonner
gehört haben. Wir halten das Letztere für unwahrscheinlich und haben überhaupt nicht gehört,
als das Rollen des Donners, welches einen starken Regen accompagnirte.
[(Bürs. H.)]
@type | jAnnouncements |
@facs | 0336 |
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 5. August 1848.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich H. Lübbers; nach Düsseldorf bis
Mühlheim an der Ruhr Ch. Königsfeld; nach Andernach und Neuwied H. Schumacher; nach Bingen J.
B. Mundschenk; nach Koblenz, der Mosel und Saar Jos. Zeiler; nach der Mosel, Trier und der
Saar Frdr. Lauterborn; nach Mainz Joh. Acker; nach dem Niedermain C. Rees; nach dem Mittel-
und Obermain C. Schleicher; nach Heilbronn H. Staab; nach Kannstadt und Stuttgart H. Klee;
nach Worms und Mannheim Mart. Aulmich.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Kamps Köln Nr. 17
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Scholwerth
Köln Nr. 3
Wasserstand.
Köln, am 5. August. Rheinhöhe 7′ 4″
Civilstand der Stadt Köln.
Geburten.
2. August. Emilie, T. v. Moses Jakob Schlicher, Weißgerber, Poststraße. ‒ Joh. Heinr., S. v.
Joh. Heinr. Wolff, Schenkwirth, Neumarkt. ‒ Sibilla, T. v Konrad Stupp, Tischlermeister,
Paulstraße. ‒ Anna Maria, T. v. Mathias Kremer, Taglöhner, Entenpfuhl. ‒ Ein unehel.
Mädchen.
Sterbefälle.
2. August. Kath. Biesen, geb. Schmitz, 65 J. alt, Cunibertskloster. ‒ Maria Elis. Röseler,
geb. Klefisch, 28 J. alt, Kaygasse. ‒ Gert. Rösberg, 8 M. alt, Katharinengraben. ‒ Joh. Heinr.
Dahmen, Dekorationsmaler, 36 J. alt, unverh., Altenbergerstraße. ‒ Joh. Heckrath, 5 W. alt,
Pfeilstraße. ‒ Christ. Söhnchen, ohne Gewerbe, früher Steinhauer, 56 J. alt, Wwr., auf der
Ruhr. ‒ Peter Jos. Döhren, 8 W alt, Blaubach. ‒ Sib. Schmitz, 86 J. alt, unverh., Bolzengasse.
‒ Math. Becker, Gerbertaglöhner, 74 J. alt, verh., Schemmengasse. ‒ Karl Viktor Risse, 2 M.
alt, unter Goldschmid.
Heirathen.
2. August. Pet. Iltgen, Weißgerber, von hier, und Anna Maria Müller, von Thurn. ‒ Theod.
Lucas, Dampfschiffmatrose, von Emmerich, mit Kath. Herrmann, von Wehrheim. ‒ Chr. Jos.
Frechem, Glaser, und Maria Anna Nadelmann, beide von hier. ‒ Karl Friedrich Leitner,
Eisenbahn-Depot-Verwalter, Wwr., von Kowahlen, mit Jos. Elis. Jansen, v Düsseldorf. ‒ Heinrich
Herkenrath, Gärtner, von hier, mit Sib. Kentenich, von Hemmerich. ‒ Wilh. Hub. Bernardo, ohne
Gewerbe, mit Agnes Jungbluth beide von hier. ‒ Gust. Herm. Eduard Samuel Weichold, Schuster,
von Schweidnitz, mit Marg. Schneider, von Dattenberg. ‒ Peter Lautershausen, Taglöhner, mit
Franc. Bolkenius, beide von hier. ‒ Joh. Wilh. Luckenbach, Wwr, Büchsenmacher, von Valbert,
mit Anna Maria Denseler, von Bochem.
Brodpreis der Stadt Köln.
vom 6. August bis zum 12. Aug.
Ein Schwarzbrod, wiegend 8 Pfund soll kosten 4 Sgr. 7 Pf.
Köln, den 6. Aug. 1848.
Königliche Polizei-Direktion. Geyer.
Bekanntmachung.
Nach einer Benachrichtigung des Königlichen Haupt-Post-Amts in Stuttgart, ist die Adresse zu
einem am 17. v. M. hier zur Post gegebenen Packete an Wagner in Stuttgart, Sign. J. W. 1200
Thlr. Werth., 2 Pfd. schwer, abhanden gekommen, und das Packet nicht zu bestellen. Der
unbekannte Absender desselben wird daher aufgefordert, eine neue Adresse anzufertigen und
diese, bei Vorzeigung des Auslieferungs-Scheines, dem hiesigen Ober-Post-Amte zu
übergeben.
Köln, den 2. August 1848.
Der Ober-Post-Direktor, Rehfeld.
Von dem unterzeichneten Fest-Comite wurde nachstehender Brief an die hiesigen Gastwirthe
gerichtet:
P. P.
Am 14., 15. Und 16. August d. J. wird, wie bekannt, das 600jährige Dombaufest gefeiert, und
es steht in Aussicht, daß der Reichsverweser Erzherzog Johann, mehrere Monarchen, viele
Mitglieder der National-Versammlung in Frankfurt und sonstige Dombaufreunde zahlreich dabei
erscheinen werden.
Damit die Köln besuchenden Fremden keine Gelegenheit finden, sich über Mißbräuche und
Ueberhebungen der Wirthe Kölns zu beklagen, und damit Köln in dieser Hinsicht nach Außen nicht
könne verschrien werden, hat das unterzeichnete Fest-Comite beschlossen, die hiesigen
Gastwirthe zu ersuchen, ihre vollständige und möglichst billigen Preis-Gourante zeitig
einzureichen, um davon den ankommenden Fremden Kenntniß geben zu können.
Somit werden denn auch Sie höflichst ersucht, dazu beitragen zu wollen, daß die Köln
besuchenden Fremden die Preise der Gasthöfe im Voraus kennen lernen können, und werden
demgemäß gebeten, Ihre ausführlichen Preis-Gourante zeitig dem unterzeichneten Fest Comite
zugehen lassen zu wollen, damit beim Zuweisen der Fremden auch auf Ihren Gasthof gehörige
Rücksicht genommen werden kann.
Köln, den 22. Juli 1848.
Mit aller Achtung Das Fest-Comite des Central-Dombau-Vereins.
Meisterschaft.
Dienstag, den 8. August, Abends 8 Uhr, allgemeine Versammlung im Stammhause bei Herrn
Reusch.
Köln, 5. August 1848.
Der Vorstand.
Bürger Schlechter!
Als Patent-Pfeifen-Drechsler, Dichter und Demokrat sind Sie längst rühmlichst bekannt, daß
Sie aber auch Buchhändler geworden sind, ist sehr unrecht von Sie!
Das verehrte Mitglied des Krätzchesmächersch-Vereins, Herr Baumeister Butz, wird hiermit
freundlich gebeten, seine im Namen des Vereins in Königswinter unserm Deputirten Herrn Franz
Raveaux gehaltene inhaltschwere Rede veröffentlichen zu wollen, andernfalls aber nicht weiter
deshalb zu renommiren.
Bestellungen auf die in Hannover erscheinenden Vaterlandsblätter des
Dr. Schläger nehmen alle Postämter des In- und Auslandes an.
Abonnements-Preis 1/4 Jahr 3/4 Thlr. Inserat-Gebühr für die Zeile 8 Pf.
Deutsche Anwaltversammlung in Dresden.
Eine große Anzahl von Kollegen aller deutschen Länder hat den Wunsch ausgesprochen, im
laufenden Jahre eine allgemeine deutsche Anwaltversammlung
in Dresden zu halten. Der hiesige Advokatenverein hat in Folge der an
ihn ergangenen, ehrenvollen Aufforderung zur Einleitung der Versammlung die Unterzeichneten
mit Ausführung des Nöthigen beauftragt. Demnach ist der Anwaltstag für Deutschland auf den 27., 28. und 29. August dieses Jahres anberaumt worden, und ergeht
hierdurch an alle Anwälte Deutschlands die Einladung, auf diesem Anwaltstage, am Vorabende
eines für das gemeinsame Vaterland neu zu schaffenden Rechtszustandes, recht zahlreich zu
erscheinen.
Anmeldungen der Kommenden und vorzutragender Berathungsgegenstände erbitten wir uns, wo
möglich bis zum 19. August d. J., unter Adresse des mitunterzeichneten Kollegen Schmalz
(Klostergasse Nro. 7). Dresden, am 30. Juli 1848.
Der provisorische Comite für die deutsche Anwaltsversammlung.
Zenker. Fleck. Heinz. Schmalz. Peschel.
THE BRUSSELS HERALD AND BRITISH AND
CONTINENTALGAZETTE.
On and after Wednesday the 2nd of August 1848, will be published at Brussels the Brussels Herald and British and Continental Gazette with which will be
incorporated the Brussels Herald and British Gazette, a newspaper
established since 1827, the property in which has been purchased by the Proprietors of this
new Journal. Complete arrangements have been made for the receipt (up to the hour of going to
Press) of the latest news including every information as to continental funds, railroads and
money markets. The Brussels Herald and British and Continental Gazette
will thus form for Great Britain and her dependencies an authentic and circumstantial channel
of intelligence on every subject affecting international interests. A portion of ist columns
will be specially devoted to the protection of English Property invested in Foreign
undertakings.
As this Paper will circulate extensively not merely throughout the Continent but in England
and the Colonies, it will form the best medium for Advertisements ever established in this
Country, and the Proprietors being desirous of keeping pace with the economic principles of
the age have fixed the terms of subscriptions and of advertisements at the lowest possible
rates consistent with the efficient production of the Journal.
Published at Brussels every Wednesday and Saturday morning.
TERMS OF SUBSCRIPTION.
(Paid in advance.)
And at all the Continental Post- Offices.
L'UNION CONSTITUTIONNELLE, Journal de l'arrondissement de
Verviers.
Cette feuille est la plus repandue d'un des principaux centres industriels de la
Belgique.
Prix d'abonnement: Frs. 7 par trimestre. Annonees: 20 Centimes la ligne.
S'adresser franco aux bureau de ce journal.
Anzeige.
Einer der Unterzeichneten in dieser Stadt angekommen, macht seine ergebenste Anzeige, daß er
von der löblichen Behörde die Bewilligung erhalten, sein erfundenes und von unzähligen
Zeugnissen geheilter Personen, darunter selbst sehr geschickter Aerzte, bestätigte
Kunstfertigkeit in gänzlicher Vertilgung der Hühneraugen mittelst
eines ganz unschmerzhaften Pflasters zum Vortheile des hierortigen Publikums ausüben zu
dürfen.
Er erlaubt sich demnach das verehrte Publikum aller Stände von den nähern Umständen dieser
Kunstausübung in Kenntniß zu setzen und seine Dienste zu empfehlen.
1. Die gänzliche Heilung selbst tief eingewurzelter und 30-40 Jahre alter Hühneraugen
erfolgt in 9, längstens 12 Tagen ohne allen Schmerz.
2. Der Preis eines solchen Pflasters nebst Gebrauchsanweisung ist einzeln 2 Sgr., im Dutzend
20 Sgr., und ist in seiner Wohnung obern Marsplatz Nro. 6 in seiner Abwesenheit zu haben,
woselbst auch Bestellungen abgegeben werden können. Von 6 bis 8 Uhr Vormittags, von 12 bis 5
Uhr Abends ist er täglich zur Behandlung in seiner Wohnung zu treffen.
3. Auf Verlangen begiebt er sich in die resp. Wohnungen, um die Behandlung der Füße selbst
zu besorgen (was Jedem sehr zu empfehlen ist), in welchem Falle ein beliebiges Honorar nach
gänzlicher Heilung des Uebels bezahlt wird.
4. Das Heilmittel ist von mehreren Physikarten medizinisch untersucht und für durchaus
unschädlich erklärt.
5. Auf Dienstboten und Unbemittelte wird billige Rücksicht genommen. Der Aufenthalt in
hiesiger Stadt wird einige Wochen dauern.
Gebrüder Lentner, aus Schwatz in Tyrol.
Am 18. Und 19. August d. J. wird auf Anstehen der Zülpicher Kirchenverwaltung der
Mobilarnachlaß des zu Bessenich bei Zülpich verlebten Geistlichen Herrn Scheper versteigert;
am ersten Tage die Bibliothek, welche von Bedeutung, meist theologischen, geschichtlichen und
belletristischen Inhalts, demnach die Kupferstiche, Möbel ‒ gut gehalten ‒ u. s. w. Anfang
Morgens 9 Uhr im Bessenicher Vikariehause.
Zülpich den 3. August 1848.
Pfahl, Notar.
Ein Pumpenmacher-Gehülfe, der in allen in dieses Fach einschlagenden
Arbeiten gut erfahren ist, sucht eine Stelle. Auskunft Waidmarkt Nro. 9.
Ein Hinterhaus oder Gartenwohnung zu vermiethen mit einem Extra-Eingange, enthält 6 Zimmer,
Küche, Keller und Mitgebrauch der Bleiche und Garten, an St. Agatha Nro. 3‒.
Fensterglas in allen Sorten billig zu haben an St. Agatha Nro. 3 ‒
bei Joh. F. König.
Pompier-Kranken-Kasse.
Die Mitglieder der Pompier-Kranken-Kasse werden zu einer General-Versammlung auf Sonntag,
den 6. d. M., Vormittags 10 Uhr, im Rathhaussaale zu einer Berathung in Betreff der bei dem
Bankhause A. Schaafhausen deponirten Kranken-Kassen-Fonds hierdurch ergebenst eingeladen.
Köln, den 2. August 1848.
Für den Vorstand der Krankenkasse:
Der Stadtbaumeister, Harperath.
Ein Kapital von 3000 Thlr., welches 4 1/2 pCt. Zinsen einbringt und auf ein Ackergut bei
Elberfeld eingetragen ist, soll ohne Unterhändler cedirt werden. Frankirte Briefe sub H B.
besorgt die Expedition d. Bl.
Wegen eingetretener Hindernisse findet die Verlosung von Tisch und Kleiderschrank am
Dienstag, den 8. August, bei Herrn Decker in der Salzgasse Nro. 7 Statt.
M. Becker.
Gefrornes verschiedener Gattungen.
In dem Besitze einer neuen Maschine, welche durch mechanische Vorrichtung jede Viertelstunde
zwei verschiedene Sorten Eis liefert, was viel feiner und geschmackvoller wie das auf der
bisherigen Weise erzielte ist, bin ich in den Stand gesetzt, allen Anforderungen sowohl in
Qualität als Schnelligkeit zu entsprechen und den Preis à Portion in und außer dem Hause von 4 auf 3 Sgr. herunter zu setzen.
Täglich wird Vanill-, Himbeeren-, Johannis- und Citron-Eis bei mir angefertigt.
Franz Stollwerckim Deutschen Kaffeehause.
Zur Martinskirmeß empfehle ich meine Restauration mit guten Weinen und frischen Speisen.
J. Zimmermann,Kaufhaus 32.
Verpachtung der Ackerländereien zum Gute Zuckerberg gehörig.
Am Samstag, den 19. d. M., Nachmittags 3 Uhr, läßt der Unterzeichnete in dem Hause des
Gastwirthes Volk zu Rippes, die zu der vorgedachten Besitzung gehörigen Acker- und
Pflanzländereien, zum Theil in der Gemeinde Wichl, zum Theil dicht beim Garten des Gutes, zum
Theil am Rippes und im Riehterfelde gelegen, zusammen 50 Morgen umfassend, auf sechs
nacheinanderfolgende Jahre verpachten.
Dübyen.
Der Gemüsegarten zum Gute Zuckerberg am Thürmchen gehörig, soll an eine kleine solide
Gärtnerfamilie unter der Hand auf annehmbare Bedingungen verpachtet werden.
Es werden dem Garten beigegeben: eine geräumige Wohnung, Pferde-, Kuh- und Schweineställe
und eine große Scheune. Das Nähere bei dem Unterzeichneten.
Dübyen.
Verschiedene Kapitalien sind auf gute ländliche Hypotheken
disponibel bei Dübyen, Notar.
Großer Kriegs-Ballon.
Während der Festlichkeiten, die bei Gelegenheit des 600jährigen Dombau-Jubiläums
veranstaltet werden, gedenkt Herr A. Corwell aus London mit seinem
großen Kriegsballon hier seine 104. Luftfahrt zu machen, und wird derselbe in Begleitung
mehrerer Herren ein Bombardement in der Luft ausführen.
Dieses zur einstweiligen Nachricht. Die Anschlagzettel werden später das Nähere besagen.
Eine große Auswahl von Häusern sind zu billigen Preisen zu verkaufen und zu vermiethen.
Kapitalien gegen erste Hypotheke werden gesucht. Näheres bei J. P. Spendeck, gr. Neugasse
18.
Das wohl assortirte Lager von echtem Eau de Cologne eigener Fabrik, empfehlen zu den
billigsten Preisen, J. P. Spendeck & Comp. In Köln, große Neugasse Nr. 18 nahe beim Dom
und Altenmarkt.
Zu vermiethen mehrere freundliche Zimmer nebst Keller-Abschluß und
Mitgebrauch des Speichers. Kl. Telegraphenstr. N. 6 ‒
Ein junger Mann sucht eine Komptoir- oder Reise-Stelle und kann gute Zeugnisse aufweisen.
Die Expedition sagt wer.
Roheis in Blöcken stets vorräthig.
per | Eimer | zu | | 10 Sgr. |
per | 1 Ctr. | zu | 1 Thlr. | |
per | 2 Ctr. | zu | 1 Thlr. | 25 Sgr. |
per | 3 Ctr. | zu | 2 Thlr. | 18 Sgr. |
per | 4 Ctr. | zu | 3 Thlr. | 6 Sgr. |
per | 5 Ctr. | zu | 3 Thlr. | 15 Sgr. |
in größern Parthien zu stets billigeren Preisen. Zum größern Transporte eignen sich Fässer
am besten.
Gebr. Josti, Glogerstraße Nro. 1.
Ein tüchtiger Ladengehülfe, mit guten Zeugnissen versehen, sucht eine Stelle in einem
Kolonial-oder Material-Waarengeschäft, und könnte auch bei seinen vielseitigen Bekanntschaften
die Platzgeschäfte besorgen. Die Expedition sagt wer.
Weberstraße Nro. 18 ‒ sind mehrere Zimmer zu vermiethen.
Ein ausgezeichnetes Lager-Bier Buttermarkt Nro. 20.
Theater.
Sonntag, den 6. August:
Robert der Teufel, große Oper in 5 Akten von Meyerbeer.
Robert, C. Bahrds. Bertram, E. Schott. Isabella, Frau Dressler-Pollert. Alice, Frln.
Jacques.