Deutschland.
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@facs | 0327 |
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*
] Köln, 4. August.
Nach Beschluß des Demokratischen Congresses zu Frankfurt, welcher Köln zum Vorort für die
preußische Rheinprovinz bestimmt, und die dortigen Demokratischen Vereine beauftragt hat,
einen Kreiscongreß zur Organisation der demokratischen Partei in der Provinz zusammen zu
berufen, ladet der Centralausschuß der hiesigen Vereine alle in der Rheinprovinz bestehenden
Vereine mit demokratischer Tendenz ein, Abgeordnete zu diesem Congresse zu ernennen, welcher
Sonntag den 13. August hier stattfinden wird. Die Deputirten haben sich zu melden im obern
Saale des Stollwerk'schen Lokals.
Der Centralausschuß der 3 demokratischen Vereine in Köln.Schneider II.
Marx. (Für die demokratische Gesellschaft).Moll. Schapper.(Für
den Arbeiterverein). Becker.
Schützendorf. (Für
den Verein für Arbeiter und Arbeitgeber).
In einem Augenblick, wo unter der Firma von wandelnden „konstitutionellen“ Congressen die
Reaktion ihre Kräfte im ganzen Staate mustert und zusammenzieht, braucht den Demokraten die
Nothwendigkeit eines energischen Entgegenwirkens nicht ausführlicher entwickelt zu werden. Sie
haben blos von denselben Freiheiten Gebrauch zu machen, deren sich der Verein „Mit Gott für
König und Vaterland“ und seine Zweigvereine erfreuen.
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@facs | 0327 |
Edition: [Karl Marx/Friedrich Engels: Dr. Gottschalk. In: MEGA2 I/7. S. 489.]
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*
] Köln, 4. August.
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@facs | 0327 |
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*
] Köln, 4. Aug.
Gestern Abend wurden hier zwei Feste gefeiert, ‒ ein schwarz-roth-goldnes am Rhein und bis
hinauf zur Hochstraße, wo der Deputirte Kölns zur Nationalversammlung, Hr. Franz Raveaux, mit
Musik, Illumination und deutschen Fahnen empfangen wurde ‒ und ein schwarz-weißes in der
Kaserne am Neumarkt, wo unter dem Schall der Pauken und Trompeten wahrscheinlich der
Geburtstag Friedrich Wilhelms III. gefeiert wurde. Den ganzen Tag wurde die schwarz-weiße
Fahne geschwenkt, vom Morgen bis tief in die Nacht gespielt und gesungen: Heil dir im etc.,
und Ich bin ein Preuße u. s. w., dazwischen geschrieen, gelärmt zum großen Skandal der
Nachbarn. Das Altpreußenthum feierte eine seiner letzten Orgien, deren Lärmen um so
schauerlicher war, als ganz im Gegensatz zu den wogenden Menschenmassen am Rhein, hier auf dem
Neumarkt die tiefste Einsamkeit herrschte, und die Herren Preußen gänzlich en famille
waren.
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@facs | 0327 |
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X
]Köln, 4. Aug.
Unsre Verwickelungen mit dem öffentlichen Ministerium gehen ihren Gang. Am vorigen Montag
war der Gerant Korff wieder vor den Instruktionsrichter geladen, und
gestern waren zwei unsrer Redakteure, Dronke und Engels, als Zeugen
citirt. Dronke ist auf einige Zeit abwesend, Engels erschien, wurde jedoch nicht eidlich
vernommen, da man vermuthet daß der neulich in unsren Büreaux konfiszirte Zettel von seiner
Handschrift ist, und es also möglich ist, daß auch er in die Anklage verwickelt wird. ‒ Man
sieht, das öffentliche Ministerium ist nicht damit zufrieden daß der Gerant als
verantwortlicher Herausgeber fungirt. Es soll der Redakteur en Chef implicirt, es soll der
Verfasser des fraglichen Artikels entdeckt, es sollen die Redakteure, von denen Jeder der Verfasser des fraglichen Artikels sein kann, veranlaßt werden,
gegen einander,ja möglicherweise gegen sich
selbst Zeugniß ablegen.
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@facs | 0327 |
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!!!
] Frankfurt, 2. August.
53. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. ‒ Beginn der Sitzung 1/4 10 Uhr.
‒ Tagesordnung: Fortsetzung der Diskussion des §. 6. (Art. II. der Grundrechte).
Wigard: Man solle von jetzt an, wie dem Berichterstatter des
Ausschusses, so auch einem von denen die dem Minoritätsgutachten im Ausschuß schuß beigetreten
sind, das Wort geben.
Dies wird von der Versammlung genehmigt.
Es beginnt die Diskussion über die Fortsetzung des §. 6. Art. II. und zwar über den
Satz:
„Die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten, gleich zugänglich.“
Es scheint, daß Niemand hierüber diskutiren will, nach einer Pause meldet sich Hr. Linde aus Mainz: (ah! ah!) Er spricht unter großer Unruhe und
unverständlich von der wissenschaftlichen und moralischen Qualifikation zu Staatsämtern. ‒ Man
müsse den Staatsbeamten größere Sicherheit, Selbstständigkeit und Unabhängigkeit garantieren.
(Schluß!) Dieser Gegenstand sei sehr wichtig. Theilnahmlosigkeit und Geschrei nach Schluß.
Beseler: Grundzüge einer Dienstpragmatik zu entwerfen, gehört nicht
in die Grundrechte. Hier soll bloß diskutirt werden, daß jeder Deutsche gleich berechtigt zu
Aemtern.
Wernher (der Gestikulant) wie Befehler.
Man kommt zu Punkt 4 des §. 6., lautend:
„Die Wehrpflicht ist für alle gleich.“
Scheller: Für das Minoritätsgutachten, hat den Zusatz beantragt:
„Eine Stellvertretung findet nicht statt“, und zwar aus drei Gründen:
[Nehmlich die Stellvertretung].
1) Weil sie der Gleichheit vor dem Gesetz widerstreitet.
2) Weil sie einen Unterschied zwischen Arm und Reich macht.
3) Weil sie die vollständige Organisation in der Wehrkraft verhindert.
Wiegard. Ueber das Minoritäts-Gutachten. Jeder Deutsche soll Waffen
tragen dürfen. Die Verpflichtung zur Bürgerwehr genüge nicht, die sich zur Bürgerwehr nicht
qualifiziren, sollen auch Waffen tragen dürfen.
Major Teichert. (Preuße). Die Wehrpflicht sei die heiligste Pflicht.
Stellvertretung dürfe nicht stattfinden.
Die Menoniten die früher nicht zu dienen brauchten, sollen auch dienen. (Alles dienen!)
[Preußische Majorität].
Künsberg ganz unverständlich. Man solle nur ein Minimum der Rechte
feststellen, um nicht zu lange zu machen und hinter Einzelstaaten zurückzubleiben.
Stavenhagen. (Preuß. Stabsoffizier). Schluß!
Meint nicht, daß man die Wehrpflicht unter die Grundrechte bringen
könne. Das Militär sein ist eine Pflicht. (Ja, Hr. Stavenhagen für den
preußischen Gardeoffizier, für den Bürger ein Recht!)
Daß Stellvertretung nicht zulässig, ist der Militärausschuß einverstanden. ‒ Doch das
Minoritäts-Erachten, daß nämlich jeder Deutsche Waffen tragen darf,
möge man zurücknehmen.
Mittermeier. Der Satz: Die Wehrpflicht ist allen gleich, würde
unvollständig sein, ohne den Zusatz: Die Stellvertretung ist unerlaubt. ‒ Er denkt mit Freuden
an die schöne Organisation, die dieser Satz dem preußischen Heere gegeben, dem Siegreichen, er denkt mit Vergnügen der Zeit, wo er im preußischen Heere
gedient hat. (Bravo rechts!) Unter denen die beim Militär gedient
hätten, kämen die wenigsten Verbrechen vor. ‒ Billigt es daß die preußischen Unteroffiziere,
wenn sie ausgedient, Civil-Anstellungen haben. (Großes Bravo).
Nach ihm wird der Schluß der Debatte beschlossen.
Moritz Mohl verlangt namentliche Abstimmung über sein Amendement.
(Siehe unten).
Wiegard will, daß immer einer, der dem Minoritätsgutachten
beigetreten, auch beim Schluß der Debatte noch reden dürfe, wie der Ausschußberichterstatter.
‒ (Abstimmung hierüber entscheidet mit nein. Nur links ja!)
Gagern. Es thut mir leid, daß ich Ihnen das Wort nicht geben
kann.
Berichterstatter Beseler. Nochmals für die Ausschuß-Anträge. Mit dem
allgemeinen an die Spitze gestellten Prinzip: Alle Deutschen sind gleich
vor dem Gesetz, habe der Ausschuß das moderne Staatsbürgerthum
bezeichnen wollen. Es sei damit nicht gesagt, daß alle Gesetze für alle gleich seien. Die Belgier, Franzosen und einige deutsche
Konstitutionen haben auch diesen Satz an die Spitze gestellt. Betreffend den Punkt II. des §.
habe der Ausschuß sich nicht verhehlt, daß er viel (? oh!) thue die Privilegien abzuschneiden,
aber (die Kühnheit!) doch habe er es gethan!
Nicht ohne Bedauern hat der Ausschuß auch die Hand gelegt an die Familien des hohen Adels,
die Standesherrschaften, aber der Ausschuß habe geglaubt unsere große Zeit fordere große
Opfer. Aber, (nun steckt Hr. Beseler die wahre Flagge auf) gestern sei ganz wunderlich hier über den Adel gesprochen worden. Die Polemik gegen
den Adel war eine ungerechte. (Hohngelächter!)
Den Tschopper die gestern hier unpassend (von Rösler) als Beispiel
aufgeführt worden, stellt er die v. Stein die Humboldt's entgegen. (Rechts sehr brav, links
ergänzt man höhnisch dies Register). Der Adel habe auch- eine historisch-soziale Bedeutung.
(Verwunderung). Das exclusive Junker thum sei zwar eine Schattenseite, aber der Familiensinn sei eine Lichtseite. (Zischen). Dem Adel den Titel nehmen,
heißt ihm ein Stück Namen nehmen. (Wird ausgelacht!) Ihm das Wappen nehmen greift ein in
Privatrechte. (Verhöhnende Unterbrechungen).
Gagern sehr ergrimmt: man lasse die Unterbrechungen.
Redner: man habe gesagt, der Adel sei unpopulär, sei er deshalb unrecht und unnöthig. Wir hier müssen nicht
fragen was populär (Volksvertreter!) oder unpopulär, sondern was recht
oder unrecht! (Bravo rechts, lautes Zischen Gallerien).
Sie werden viele achtbare Familien kränken. (Oho! Laute Verhöhnung!)
Der Redner wiederholt mit weinerlicher Stimme: Sie werden viele achtbare Familien kränken.
Viele adlige Krieger, zu einer Zeit, wo das Vaterland seine Krieger braucht. (Rechts
Bravogebrüll, links Gezisch). Mit der namentlichen Abstimmung über die Aufhebung des Adels
werden wir wieder revolutionär. (Nun?) (Große Aufregung).
Die Majorität in dieser Versammlung ist nicht revolutionär (bei Gott nicht!) und wird
dagegen stimmen. ‒ (Unterbrechungen aller Art). Hr. Beseler weint. So
lange ich Berichterstatter bin, will ich meine Gründe entwickeln. Blum
(vom Platze): Der Ausschuß hat andere Gründe gehabt, gegen die
Aufhebung des Adels zu stimmen. (Bravo links).
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@facs | 0327 |
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@facs | 0327 |
Kriegserklärung
der Schwarz-Weißen, gegen die Schwarz-Roth-Goldnen
Annoncen.
(Schluß.)
Wie gesagt, die Schwarz-Weißen Annoncen stehen in offener Fehde mit den
Schwarz-Roth-Goldnen. Die Letzteren halten sich noch etwas zurück. Die Erstern werden aber mit
jedem Tage hitziger, und wie muthige Trompeter sprengen sie über die löschpapierne Fläche der
Vossischen Zeitung. Da haben wir z. B. unsern Wehrreiter im 20. Landwehr-Kavallerie-Regiment:
Schlesinger; das ist so ein Haupt Annoncenhahn.
„Kameraden! ‒ ruft er der preußischen Landwehr zu ‒ Werdet Ihr auf Befehl des
Reichs-Kriegsministers von Peuker, am 6. Aug. d. J. dem Erzherzog Johann von Oesterreich als
Reichsverweser Deutschlands huldigen ??? Ich nicht! Nach Preußens Könige huldige ich nur
Einem, und dieser ist, der edle Prinz von Preußen! Ihm bringe ich ein dreimaliges Hurrah und
rufe wiederholentlich: Er lebe als General en Chef der Heere Preußens! Ich bin kein
Oesterreicher! Ich bin ein Preuße, Schwarz und Weiß sind meine Farben.“ Kann man sich einen
muthigeren Wehrreiter denken als diesen Schlesinger in Charlottenburg?
Man braucht nur die Annonce zu lesen, und der ganze Mann steht vor einem, wie er leibt und
lebt. „Kameraden! ‒“ ruft Schlesinger aus. Man sieht, wie er mit dem Fuße auf die Erde
stampft, wie er den blonden Schnurrbart streicht, und wie sich sein rothwangiges, von
Sommersprossen übersätes Antlitz, in martialische Falten verzieht. „Kameraden! ‒“ die Anrede
hat etwas feierlich verwogenes; man meint nicht anders, als daß Schlesinger uns mittheilen
würde, wie er kleine Kinder fräße, Thürklinken, Schuhnägel, Branntweingläser, Ratten und
Mäuse. „Kameraden!“ sagt Schlesinger. „Werdet ihr dem Erzherzog Johann huldigen?“ Man sieht,
wie Schlesinger seinen Handschuh auszieht, um ihn sofort zur Fehde hinzuwerfen, falls man
seine Frage bejahen werde. Aber er wartet die Antwort gar nicht ab. „Ich nicht!“ setzt er
hinzu, und die Zähne blitzen durch seinen Schnurrbart. Schlesinger's Herz pocht in volleren
Schlägen; seine grauen Katzen-Augen flammen vor Entrüstung. Schlesinger ist schön, trotz des
blonden Schnurrbarts und trotz der Sommersprossen.
„Nach Preußens König huldige ich nur Einem, und dieser ist der edle Prinz von Preußen!“ Man
meint, der Kulminationspunkt der Schlesinger'schen Beredsamkeit sei gekommen. Der Wehrreiter
Schlesinger macht einen Eindruck, den man für's ganze Leben im Gedächtniß behält. Aber da
kommt noch das beste. „Ich bin ein Preuße, Schwarz und Weiß sind meine Farben!“ ‒ Da haben
wir's! Wie Gottes Cherub vor dem Paradies, steht der Wehrreiter Schlesinger vor dem Thron. Gut
gebrüllt Schlesinger! Du hast einen Doppelkümmel verdient, echten Brandenburger Doppelkümmel ‒
Schlesinger, ich achte Dir!
Nach der Annonce des einzelnen Wehrreiters, kommt eine Adresse der westpreußischen Landwehr
des Conitzer Kreises. Was wir eben aus einem einzigen Munde vernahmen, es wird uns jetzt
massenweis entgegengedonnert.
„Die Frankfurter Bundesversammlung hat zum 6. August eine Huldigung für den deutschen
Reichsverweser erlassen. Darauf erklären wir: Daß wir demselben nicht huldigen, sondern unserm
preußischen Könige allein treu bleiben werden! Ein braver Soldat kann nur einem Herrn dienen,
und wir hoffen mit Zuversicht, daß alle unsere Kameraden diesem Beispiel folgen werden. ‒“
Edle westpreußische Landwehr, man sieht, daß du dankbar für deine genossenen Komißbrode
bist. So etwas thut wohl. Man merkt doch, daß man in Preußen ist. Diese kühlen blonden
Conitzer können nur eine Liebe haben. Saint-Just sagte, die Welt sei
leer seit den Römern. Die Conitzer Landwehr ruft aus: Es giebt nichts, außer Preußen! Wie wird
sich Schlesinger freuen, wenn er die Adresse dieser Westpreußen lies't!
Dem tapfern Wehrreiter und den westpreußischen Landwehrleuten folgt Herr F. v. Bülow. Die
Vossischen Erben haben an diesem Manne einen Goldmann. Seine Annoncen sind lang wie die
Langeweile; theilweise groß gedruckt. ‒ Die Vossischen Erben werden diesen Mitarbeiter zu
schätzen wissen. Der Herr v. Bülow giebt eine geschichtliche Abhandlung, die mit 1810 beginnt
und mit 1814 endet. „Wer“ ‒ fährt er dann fort, „wer hat der Frankfurter Nationalversammlung
die Macht gegeben, den 16 Millionen Einwohnern des preußischen Staates ihre mit Blut erkauften
Rechte zu nehmen? Ist denn das ganze preußische Volk befragt worden, ob es den Erzherzog
Johann statt seines konstitutionellen Königs, zum Oberfeldherrn haben will?“
Der Herr von Bülow hat Recht. Die Frankfurter Versammlung nimmt sich Sachen heraus, die
haarsträubend sind. Sie kehrt sich weder an Belzebub noch an Herrn von Bülow ‒ diese
Versammlung! Diese zusammengelaufenen Professoren und Advokaten! Ist es nicht eine
Schande?
Ein Herr Brm. in Potsdam ist derselben Meinung; er weiß, wie es mit der Frankfurter
Versammlung aussieht: „die Bestimmungen über die Central-Gewalt in Deutschland sind nur ein
bloßer Entwurf Dreier, sonst berühmter, Professoren, die hier aber bloß bekundet haben, daß
nicht alle hochglänzenden und überkonsequenten Theorien für die Praxis taugen.“ Herr Brm. ist
ein praktischer Mann; aus ihm kann noch etwas werden ‒ Herr Brm.; wenn er auch gerade kein
Abgeordneter zu der Frankfurter Versammlung wird ‒ Herr Brm. Jedenfalls hat er eine Zukunft ‒
Herr Brm. Er wird sich einen Namen machen ‒ Herr Brm. ‒ einen schönen
Namen hat er schon.
Die Vossische Zeitung ist reich an Annoncen, reich wie das Meer an Fischen, wie der Himmel
an Sternen, wie eine Kaserne an Flöhen.
Die Annonce des Wehrreiters, der Conitzer Landwehr, des Hrn. von Bülow und des Herrn Brm. ‒
Alles das wird indeß von einer Anzeige des Dr. W. Bötticher übertroffen. Wir schwören
hierdurch bei Allem, was uns nicht heilig ist, daß wir diese Anzeige unverstümmelt abschreiben
wollen: [Fortsetzung]
[Deutschland]
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@facs | 0328 |
[Fortsetzung] Beseler fährt fort unter Bravo rechts und Gezisch
und Verlachung der Linken und Gallerien. Es folgen Gefühlsrodomontaden. Er kommt auf die Orden
zu sprechen: Werden sie den alten Kriegern das eiserne Kreuz von der Brust reißen wollen?
(ohne Eindruck!) Man solle solche Kleinigkeiten weglassen, die Grundrechte in gröberen Zügen
entwerfen.
Minima non curat praetor! ‒ Das Waffenrecht betreffend, dies sei zu keiner Zeit, unter
keiner Regierung sehr beschränkt gewesen. (Bewunderung und Widerspruch). Die Linkeund Hr. v. Stavenhagen bekommen vom Präsidenten Rüffel wegen der in
Beselers Rede eingestreuten Pfefferkörner. Bei Beselers Abtritt langes Bravo rechts, längeres
Zischen links, und ein ganz langer Pfiff auf den Gallerien.
Benedey betritt empört die Tribüne und bemerkt unter langem
Bravorufen, Hr. Beseler habe keinen Bericht erstattet, sondern die Parteien in seiner
Jeremiade theils zu verletzen, theils zu reizen, theils zu übertölpeln gesucht.
Jetzt bringt auch Hr. Wiegard einen Protest, gegen die Weigerung der National-Versammlung,
einen Berichterstatter des Minoritäts-Gutachtens am Schluß der Debatte hören zu wollen.
Dieser gerechte Protest wird von dem über Hrn. Benedeys und Wiegards Anmaßungen erbosten
Präsidenten ad Akta gelegt, mit der Bemerkung: Minoritäts-Gutachten seien
nicht mehr zu berücksichtigen wie Amendements einzelner. Hierdurch, d. h. durch diesen
Ausspruch und dies Benehmen von Gagern's (des Edlen) und durch die Approbation der Rechten und
Centren, der Sklaven des Gottes, wird das gerechte Verlangen Wiegards, und die Möglichkeit der
Motivirung des Minoritäts-Gutachtens, auf despotische Weise verweigert! ‒
Jetzt werden die verschiedenen Amendements verlesen. ‒ Dann folgt die gewöhnliche (diesmal
dreiviertelstündige) Abstimmung-und Formdebatte worin dem Präsidenten sein Logik-Mangel
demonstrirt wird. Wohl, Briegleb, v. Soiron, Schaffrath, Schwetschke, Plathner nehmen daran
Theil. ‒
Abstimmung (enfin!)
1) Der Satz des Ausschusses: Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetz.
Angenommen fast einstimmig
2) Zweiter Ausschußsatz: Standesprivilegien finden nicht statt. Angenommen.
Folgt eine weitere Unterbrechung in der Abstimmung, ob nun das Minoritäts-Gutachten oder
Mohls Amendement kommen solle.
Cell aus Trier will namentliche Abstimmung über das
Minoritäts-Gutachten. (Rechts und Centren:zu spät!)
v. Gagern gewährt die namentliche Abstimmung aus eigener
Machtvollkommenheit. Folgt also:
3) Namentliche Abstimmung, über das Minoritäts-Gutachten: „Alle
Standesprivilegien, sowie der Adel selbst sind aufgehoben.
Anwesend waren 449 Stimmen.
Verworfen haben 282 Stimmen.
Angenommen 167 Stimmen.
Also der Adel bleibt! (Ich nenne Ihnen einige Stimmen: Für
Beibehaltung des Adels haben unter andern gestimmt, Uhland, der
deutsche Dichter. Die Bassermanns, die Mathy, Welker, Mittermeier und Konsorten. Der Hr.
Schriftsteller Laube (um der Frau v. Rumptsch keinen Tort anzuthun). Der Fürstenfreund
Sylvester Jordan. Der berühmte Hr. Leue. Hr. v.
Beckerrath,
dessen Wiege am Webstuhl seines Vaters gestanden, und
der keinen Ahnen kennt! ‒ Jahn, Arndt, v. Binke und Lychnowsky unter heiterem Ausbruch der
Freude der Gallerien.
Gegen den Adel: Siskra, v. Jostein, (unter Bravo) v. Trützschler, v.
Wydenbrugk (unter lautem Bravo), Stedtmann (mit furchtsamer Stimme), v. Goltz, Rösler (Dels),
Franz Raveaur u. s. w.
4) Jacob Grimms Amendement verworfen. Es lautet: Aller rechtliche
Unterschied zwischen Adel, Bürger und Bauer hört auf, Erhebung in den Adelstand und Erhöhung
von niederem in höheren Adel findet nicht statt.
5) Vogt's Hohn-Amendement: daß jeder der Lust hat sich adeln könne, verworfen. 6. 7. 8. 9.
Amendements von Dewes, Grimm, Ahrens und Mölling verworfen.
Die weitere Abstimmung haben unsere Leser in der gestrigen Nummer gefunden.
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@facs | 0328 |
[
*
] Frankfurt, 3. Aug., 6 Uhr Nachm.
So eben kommt der Reichsverweser hier wieder an.
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@facs | 0328 |
[
*
] Frankfurt, 3. Aug.
In der heutigen Sitzung der National-Versammlung wurde der Bericht des Ausschusses über die
Wahl Hecker's in Thiengen vorgelegt. Der Ausschuß beantragt, die Wahl
für ungültig und unwirksam zu erklären, und die badische Regierung zur Anordnung einer neuen
Wahl zu veranlassen. Nach Erstattung dieses Berichts wurde die Berathung über § 7 der
Grundrechte eröffnet.
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@facs | 0328 |
[
103
] Berlin, 2. Aug.
Da die Sekretäre der Vereinbarerversammlung bei Anfertigung der Protokolle sehr oft sich des
Wortes „Kammer“ bedienten, welches auch in dem gestern verlesenen wiederholt geschah, so
stellte der Abgeordnete Schulze von Wanzleben den Antrag, dieses Wort
aus den Protokollen fortan zu verbannen und statt dessen nur „Versammlung“ zu gebrauchen, und wurde durch Abstimmung angenommen. Der Präsident
verkündigte unter großer Heiterkeit das Ergebniß jener Abstimmung dahin: „die Kammer ist also beschlußmäßig aus unserer Versammlung verbannt.“ Nach dreimonatlichen Verhandlungen ist die Versammlung jetzt
demnach so weit gekommen die eine Hälfte ihres Namens festzustellen. Vielleicht erfahren wir
nach den nächsten drei Monaten die andere Hälfte.
Es war allgemein aufgefallen, daß der „Staats-Anzeiger“ vom 24. Juli in seinem „amtlichen
Theile“ die Ankunft des Staats-Ministers Camphausen anzeigte. Man ist
allgemein der Ansicht, daß in allen konstitutionellen Staaten ein Minister, der seine
Entlassung nimmt, nichts anderes bleibt als Bürger, in diesem Falle zugleich Abgeordneter oder
Vereinbarer. In Folge dessen hat sich auch der Abgeordnete Petersen
veranlaßt gefunden folgenden dringenden Gesetzvorschlag zu beantragen:
„Jeder Minister, welcher sein Amt niederlegt, verliert damit das Recht auf den Titel und
Rang eines Ministers und hat aus seinem Amte kein Recht auf anderweite Anstellung im
Staatsdienst.
„Nur wenn der ausscheidende Minister vor seinem Eintritt in das Ministerium ein
unmittelbares Staatsamt verwaltet hat, findet hiervon insofern eine Ausnahme statt, als der
ausscheidende Minister befugt ist, eine Anstellung gleichen Ranges und Gehaltes mit dieser
früheren Stellung zu verlangen.
„Der Fall der Pensionirung nach dem Pensions-Reglement fällt nicht unter dieses Gesetz.“
Mit Eintritt Preußens in die konstitutionelle-monarchische Staatsform, läßt sich nach den
Erscheinungen anderer Länder abnehmen, daß ein Personenwechsel in dem Ministerium viel
häufiger als früher eintreten wird, wenigstens möglich ist. Es ist daher erforderlich, daß der
Staat gegen die hieraus hervorgehenden Uebelstände in Bezug auf die abtretenden Minister
gesichert werde. Die Ausnahme der ferneren Anstellungspflicht für die früheren Beamten
rechtfertigt wohl die Billigkeit.
Eine Anzahl politischer und Preß-Prozesse sind wieder zur öffentlichen Verhandlung
herangereift. Der Handlungsdiener Müller, welcher beschuldigt ist, die
Arbeiter am Plötzensee zur gewaltsamen Befreiung des jüngern Schlöffel
aufgefordert zu haben, wird in diesen Tagen vor den Schranken erscheinen. Ueber den
Schriftsteller Thiele, (genannt Leid-Brandt) wegen des von ihm
verfaßten Flugblattes, „der König und das Volk,“ sowie über den Verleger und Drucker des
Blattes, den Buchhändler Schlesinger und den Druckereibesitzer Schiementz, hat die Anklagekammer des Kriminalgerichts jetzt gleichfalls
die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen. Ein Bürger ist der Majestätsbeleidigung
durch mündliche Aeußerung angeklagt. Das Verfahren gegen alle diese Personen gründet sich auf
die Denunciationen des Generalmajors Plümicke, der sich als
Vorsitzender des Preußenvereins das Denunciren zum Berufe gemacht hat, und auf dessen
wiederholte Eingaben die Anklage gegen den Drucker und Verleger des obengenannten Flugblattes
erhoben werden mußte, da er sich auf einen veralteten Landsrechtsparagraphen bezieht.
Die Vereinbarer machen Riesenfortschritte. Am Anfange dieses Berichtes machen wir die
Mittheilung, daß die Vereinbarer schon so weit gekommen sind, die eine Hälfte ihres Namens
festzustellen. Soeben kommt uns aber die Mittheilung zu, daß der Abgeordnete Pastor Müller folgenden Antrag gestellt hat, der aber wohl erst in einigen
Wochen zur Berathung kommen wird.
Antrag: „Die Namen der hohen Versammlung betreffend, und dahinzielend an
die Stelle zweier unpassend gewordenen Namen einen passenden und definitiven für dieselbe zu
sanctioniren.“
In Erwägung, daß die Krone selbst längst den Wirkungskreis der zunächst zur Vereinbarung der
preußischen Staatsverfassung berufenen Versammlung über die in diesem Namen bezeichnete Grenze
der Wirksamkeit erweitert hat;
In Erwägung, daß es auch das preußische Volk nicht anders weiß und versteht, als daß diese
Versammlung, im Verein mit der Krone, eine konstituirende in jeder Hinsicht und im vollen
Umfange sei, beschließt die hohe Versammlung, nach zuvor nachgesuchter und
erfolgter Zustimmung der Krone, den Namen einer Versammlung zur Vereinbarungder
Preußischen Staatsverfassung abzulegen.
In ferner Erwägung, daß es nur eine deutsche Nation gibt und geben kann, die in der
Nationalversammlung zu Frankfurt nunmehr ihre volle Vertretung, und in der dort begründeten
Centralgewalt auch eine gemeinsame Verwaltung für ihre Gesammtinteressen gefunden hat, und
demnach auch der in Gebrauch gekommene Name „Preußische Nationalversammlung“ nicht länger
passend erscheint, beschließt die hohe Versammlung auch diesen Namen außer
Gebrauch zu setzen.
In schließlicher Erwägung, daß die hohe Versammlung nicht ohne Namen bleiben kann, und daß
ihr Name der Würde der Krone, wie ihrer eigenen, der Bedeutung Preußens als einer der
Großmächte Europas, seiner glorreichen Geschichte, die es längst zum Reiche machte,
entsprechen, zugleich aber auch ihre Wirksamkeit erschöpfend bezeichnen muß, beschließt die
hohe Versammlung, nach zuvor nachgesuchter und erfolgter Zustimmung der Krone, „sich die erste Preußische konstituirende Reichstagsversammlung“ zu
nennen.
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@facs | 0328 |
[
15
] Berlin, 2. Aug.
Er ist da! ‒ oder vielmehr er war da. ‒ Wer war da? Der Prinz. Welcher Prinz? Der Prinz von
Preußen. Er hätte schon früher kommen sollen, aber er konnte nicht kommen. Heute endlich
langte er, von einem kleinen Häuflein treuer, mit ellenlangen schwarz-weißen Kokarden
bewaffneter Preußen und Konstabler mit Hurrah empfangen, mit seiner Frau und seinem Sohne hier
an. Die Rührung und Freude, die den erlauchten Gästen allseitig entgegenkam, war eine mehr
innerliche, da sie sich äußerlich fast gar nicht kund gab. Leider war es uns auch diesmal
nicht vergönnt, uns der hohen Herrschaften länger als einige Stunden zu erfreuen, da Se. k.
Hoh. bereits um 11 Uhr sich nach dem Stettiner Bahnhof begab, um zu den ihm sehnsüchtig
entgegenharrenden Pommern zu reisen. Möge der Prinz in Stettin mit ebenso viel Segenswünschen
empfangen werden, als man ihm hier nachschickt!
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@facs | 0328 |
Berlin, 2. August.
Die Offiziere, deren Verurtheilung durch das Kriegsgericht bereits gemeldet ist, befinden
sich jetzt schon auf den ihnen zuerkannten Festungen, nämlich Hauptmann Ratzmer in Colberg,
Lieutenant Techow in Magdeburg und der Lieutenant Arnould in Stettin.
‒ Die große Mehrzahl der Bürgerwehr-Kompagnien hat sich jetzt dahin erklärt, die neue oder
Königswache dem Militär zur Besetzung überlassen zu wollen.
[(B. Z.)]
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@facs | 0328 |
[
119
]Berlin, 2. August.
Eine Anzahl Studenten war nach einem Etablissement hinter Charlottenburg hinausgefahren, um
dort ein kleines Gelage zu feiern. Als sie spät Abends, die Wagen mit schwarz-roth-goldenen
Fahnen geschmückt, durch Charlottenburg zurückfuhren, wo bekanntlich einige Bataillone des
zweiten Garderegiments in Garnison liegen, da stürzte plötzlich ein Grenadier auf den ersten
Wagen los, riß die aufgesteckte deutsche Fahne herunter und lief mit seinem Raube davon. Die
Studenten sprangen sofort vom Wagen, eilten dem Soldaten nach und nahmen ihm die Fahne wieder
ab. In demselben Augenblicke aber brachen aus allen Ecken und Häusern Soldaten hervor,
vollständig bewaffnet, fielen mit dem Ausruf: „das sind die verfluchten Barrikadenbauer!
Schlagt sie todt!“ über die Studenten her, stachen mit den Bajonetten und hieben mit den
Kolben auf sie los. Die anwesenden Offiziere wollten die Gemeinen von dem Exzesse abhalten,
fanden jedoch keinen Gehorsam. Es entspann sich ein hitziger Kampf, in dem die Studenten mit
ihren Stöcken, Pfeifen und den Waffen, die sie den Soldaten abnahmen, sich wacker
vertheidigten, bis die Charlottenburger Bürgerwehr herannahte, Studenten und Soldaten vom
Platze trieb und den Kampfplatz behauptete. In Folge dieses Attentats wurde heute eine
zahlreich besuchte Studentenversammlung abgehalten, in der man beschloß, den Verlauf der
ganzen Angelegenheit an das Ministerium zu berichten und auf strenge Bestrafung der Schuldigen
zu dringen. Außerdem beschloß man, um sich sofort eine vorläufige Genugthuung zu verschaffen,
einen großen Zug nach Charlottenburg für heute Abend mit einer großen deutschen Fahne.
In derselben Studentenversammlung ward noch eine sehr interessante Notiz mitgetheilt. Der
Rektor Müller (der große Johannes Müller!) nämlich hätte einige Studenten zu sich kommen
lassen, und ihnen angezeigt, daß am 3. August, am Geburtstage des verstorbenen Königs, eine
patriotische Feier stattfinden, d. h. die schwarz-weiße Fahne auf dem Balkon der Universität
aufgezogen werden solle. Es würde, meinte er, sehr übel von obenher aufgenommen werden, wenn
dies nicht geschähe. Die Studenten erklärten, dieser Akt würde großen Widerspruch in der
Studentenschaft hervorrufen. Und so ist auch heute in der Versammlung beschlossen worden, wenn
die schwarz-weiße Fahne am 3. wirklich aufgezogen wird, so soll ein Plakat die Berliner
Bevölkerung davon in Kenntniß setzen, daß es nicht mit der Zustimmung der Studentenschaft
geschehen sei.
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@facs | 0328 |
Berlin, 2. August.
Ritter Bunsen ist hier angekommen und Camphausen nach Köln
abgereist.
‒ Heute hat sich ein zweiter Cholerafall in der Stadt ereignet. Der Kranke zeigte ganz die
gewöhnlichen Cholerasymptome. Wie wir erfahren, soll derselbe, um im Publikum keine Scheu vor
der Charité hervorzubringen, nach dem Krankenhause gebracht werden.
[(B.Z.H.)]
@xml:id | #ar066_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0328 |
‒ [
*
] Unser Korrespondenzbericht über die gestrige Sitzung der
Vereinbarungsversammlung kommt uns zufällig erst heute zu. Da wir bei Empfang der
stenographischen Berichte ohnehin darauf zurückkommen, lassen wir diese verspätete Mittheilung
ganz weg.
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@type | jArticle |
@facs | 0328 |
Stettin, 31. Juli.
Die hier herrschende Stimmung ist nicht geeignet den Prinzen von Preußen, abgesehen von
dessen Unwohlsein, zu veranlassen, seinen Plan hierherzukommen, bald zu verwirklichen. Wie man
hört, haben auf die Veranlassung der erwarteten Ankunft des Prinzen, unter der Bürgerwehr, die
aufgefordert wurde, sich in Parade aufzustellen, starke Differenzen sich kund gegeben, und hat
ein ansehnlicher Theil erklärt, nicht daran, wie überhaupt nicht an Paraden theilnehmen zu
wollen. Unsere Stadtverordneten, die gestern zur Berathung über die Empfangsfeierlichkeiten
zusammenberufen waren, erschienen so spärlich, daß die Versammlung nicht beschlußfähig war.
[(B. Z.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0328 |
[
X
] Aus Franken, 29. Juli.
Immer herrlicher, immer duftender brechen die „edlen Blüthen“ des Partikularismus und der
Reaktion in unserm Polizeistaate hervor. Die Demokraten verschwinden mehr und mehr, haben's
auch sehr nöthig: denn man hat endlich die Entdeckung gemacht, daß nur diese verdammten Wühler
Schuld daran sind, daß so wenig Kinderspielwaaren u. s. w. verkauft wurden in den letzten wir
Monaten. Um so zahlloser wird das Herr der Gensd'armen mit und ohne Livree. Der Presse ist das
Amt des Hetzers und Denucianten zugetheilt. „Wie lange soll es noch dauern?“ ruft der
Korrespondent von und für Deutschland jeden andern Tag in einem Denunciantenartikel, bis
nämlich die Demokraten sammt und sonders gefangen und gehängt werden. Er jammert unaufhörlich
über die „unbegreifliche Gleichgültigkeit“ der Behörden gegen die Umtriebe der Wühler. Ein
anderes würdiges Exemplar der fränkischen Tagspresse, der Nürnberger Kurier, verbirgt seine
Ausfälle gegen die Demokraten unter Strömmen eines kanngießernder Liberalismus: [Fortsetzung]
@type | jFeuilleton |
@facs | 0328 |
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@type | jArticle |
@facs | 0328 |
[Fortsetzung] O Land, Land, Land! höre des Herrn Wort.
[(Jerem. 22, 29.)]
1) „ Niemand kann zweien Herren dienen. Entweder er wird einen hassen und den andern lieben, oder wird einem anhangen und den andern verachten.“ Matth. 6, 24.
Wer das liest, der merke jetzt darauf!
2) „Wer das Schwert nimmt (Gewalt sich anmaßt gegen die Obrigkeit),
der soll durchs Schwert umkommen“ (Todesstrafe erleiden durch die
Obrigkeit. Röm. 13, 2. 4.) Matth. 26, 52. Wer das liest, der merke
jetzt darauf! denn so spricht der, dem „alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden“ (Matth. 28, 18.) und der
kein Gesetz, auch nicht das vom Gewissen
bezeugte und ins Herz geschriebene Vernunftgesetz (Röm. 2, 15.) je auflöst (Matth. 5, 17.), der Richter
der Lebendigen und der Todten.
Dr. W. Bötticher.
Herrliche unverstümmelte Anzeige! Ist dieser Dr. Bötticher nicht bibelfest? Wie viele
protestantisch-pietistische Kränzchen und Conventikelchen hat der Herr Doktor nicht
durchmachen müssen, ehe es ihm gelang, so gewandt mit Bibel-Citaten um sich zu werfen! Dieser
hamsterfromme Doktor ist nicht weniger gegen die Schwarz-Roth-Goldenen erbos't, als der
tapfere Schlesinger. „Niemand kann zweien Herrn dienen“ sagt der Herr Doktor uns: „wer sich
Gewalt anmaßt, der soll durch's Schwert umkommen“. Entweder müßt ihr zu dem Schwarz-Weißen
oder zu dem Schwarz-Roth-Goldenen treten. Der blasse, theeberauschte Doktor ist unerbittlich.
„Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ O ihr Schwarz-Weißen, hört des Herrn Wort, des Dr.
Bötticher!
Wenn der Dr. Bötticher vor lauter Bibelsprüchen eigentlich gar nicht zu Worte kommt, so
drückt sich der vormalige Gymnasiallehrer A. Drahn um so verständlicher und kürzer aus.
„Warum aus einem Lande einen Fürsten wählen, wo bis jetzt der Stock regierte?“ Stockfisch
von einem Gymnasiallehrer, hast du nicht selbst dein halbes Leben lang den Stock geführt und
deine Jungen geprügelt? Die Vossische ist unerschöpflich. Auch in Versen führt sie die
Schwarz-Weiße Begeisterung Berlins mit sich. Da singt ein Mensch, Namens Julius Spatz:
„Es schallt dem Landesvater,
Ein dreifach donnernd Hoch!
Es ist der beste Rather,
Doch ach, ein Volk es log.
Sein Herz bleibt groß und edel
Er manches gleich vergißt,
Sonst müßte mancher Schädel
Längst hängen am Gericht.“
Es graußt uns. Selig der, welcher vergessen kann! Mit Herr v. H. in einer andern Annonce
rufen wir aus: „Vergessen wir die Vergangenheit, schwarz wie die tief ergreifende
Sonnenfinsterniß.“ Kann man sich etwas schöneres denken? ‒ „schwarz wie die tief ergreifende
Sonnenfinsterniß!“ Man sieht, daß die Schwarz-Weißen köstliche Kerle zu ihren Vertheidigern
haben. Tief ergreift uns ihre schwarze Verstandesfinsterniß.
Ein außerordentliches Schriftstück ist indeß auch noch „der letzte Wunsch eines 94jährigen
preußischen Veteranen“:
Gnädiger Gott, gewähre die letzte der Bitten,
Einem zitternden Greis, der treu im Dienste des Staates
Gekämpft, geblutet für seine geliebten Monarchen! ‒
Laß ihn noch sehen vor seinem nahen Ende,
Seinen König und Herrn gebietend, doch auch geliebet
Von seinem Volk, und herrschend im preußischen Lande! ‒
Nicht unterthänig sei Er dem fremden Fürstengeschlechte,
Nicht unterthänig Sein Volk, das kühn errang sich die Freiheit. ‒
Laßt ihn noch sehen, wie frei der preußische Adler
Hebet sein Haupt, dreist zu der Sonne empor,
Ohne die Fänge des Doppeladlers zu fürchten,
Noch sie zu suchen zum Schutz, weder von Ost noch von Süd. ‒
Potsdam, im Juli 1848.
z. P.
Die Poesie dieses alten Maulwurfs hat etwas rührendes. Einem 94jährigen Veteranen ist es
nicht übel zu nehmen, daß er Schwarz-Weiß bleiben will sein Leben lang, und daß er die
Schwarz-Roth-Goldne Kouleure haßt, die Farbe, die er einst an Pfeifenquästen sah, und an
revolutionären Pfeifenköpfen.
Mit geschwungener Krücke steht dieser 94jährige Veteran vor der Thür seiner Hütte, brummend
und polternd, um sich die junge, lasterhafte Welt vom Leibe zu halten, die mit ihren Gelusten
so frech vorüberstürmt, und auch gern den alten Mann mit hinein in ihren Strudel reißen mögte.
Was bei dem sommersprossigen Wehrreiter der reine Schnaps-Enthusiasmus, was bei den
Landwehrmännern des Conitzer Kreises die bloße Komißbrodbegeisterung, was bei Herrn von Bülow
und Herr Brm die göttliche berlinische Affektation, was bei dem Dr. W. Böttiger der blasse,
protestantische Thee-Pietismus und was bei den Dichtern Schatz und v. H. die tiefergreifende
schwarz-weiße Verstandesverfinsterung zuwege brachte, das kommt in dem zornigen Gebet des
94jährigen Veteranen endlich als etwas Natürliches, wirklich Empfundenes zum Vorschein und der
Spott geht uns aus, die Waffe des Humors versagt uns den Dienst, wir eilen dem würdigen
Veteranen entgegen, wir drücken ihm die Hand und wir bitten ihn, sich ruhig in sein ehrliches
Grab zu legen, wo Niemand seinen Schlummer stören wird,
bis zu der Stund,
Wo die Posaune tönet
Und wo des Himmels goldner Grund
Vom
Schritt der Helden dröhnet.
So haben wir denn die Vossische Zeitung mit ihren Annoncen und Kriegserklärungen so
aufmerksam wie möglich durchstudirt.
Wir sehnten uns nach Berlin ‒ aber auf einmal vergeht uns wieder alle Luft.
Am Ufer des schönsten aller Ströme stehen wir; die Sonne lacht herab auf unsere Hügel,
unsere Thäler. Wir schwingen unsre Römer und die kleinen lustigen Gassenbuben singen durch die
Straßen der alten, der heiligen Stadt Köln:
„Freiheit und Republik,
Wären wir erst die Preußen quick. “
[Deutschland]
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
[Fortsetzung] man weiß indessen recht wohl daß er das Organ des
Ministers Lerchenfeld ist, der ihn zu liberalen Phrasen ausdrücklich autorisirt hat. Die Post
übt nachweislich Censur; Bestellungen auf demokratische Blätter weist
sie zurück, und wir kennen 2 Blätter in Franken, bei deren Redaktionen täglich Beschwerden
darüber einlaufen, daß man die Blätter durch die Post nicht erhalte. Die konstitutionellen
Vereine verfassen Vertrauensadressen über Vertrauensadressen an das Parlament, wüthen
ebenfalls gegen die„Wühler“, fließen über von Liberalismus und Deutschthum, sobald das
Parlament einmal einen Anlauf zu energischem Auftreten nimmt, wie kürzlich gegen Hannover.
lassen aber unfehlbar Deutschland und Parlament im Stich sobald es der baierischen Regierung
einfällt, exclusiv baierisch zu sein und sich den Beschlüssen des Parlamentes zu wiedersetzen,
und dies hat besagte Regierung sehr stark im Sinn. In Altbaiern, wo das Volk noch ganz in der
Waldursprünglichkeit religiöser und politischer Unwissenheit lebt, glaubt sie ohnehin
gewonnenes Spiel zu haben; in dem katholischen Franken läßt sie jetzt ihre Pfaffen „wühlen“,
die bereits bei einer Zusammenkunft in Würzburg erklärt haben, die sogenannte
Nationalversammlung sei, als eine revolutionäre Versammlung, gar keiner Adresse zu würdigen.
Die Beamten und Offiziere müssen das Uebrige thun. Diese kettet man durch Begünstigungen,
durch königliche Ansprachen u. s. w. immer enger an den Thron. So gerüstet erwartet man den
günstigen Augenblick, um dem Parlament offen in's Gesicht zu lachen, und wer weiß, ob dieses
Bairen, wo nun einmal, unter allen deutschen Staaten, die Ideen der Revolution am wenigsten
Wurzel gefaßt haben, wo in den meisten Gegenden noch eine wahre politische Barbarei herrscht,
der Centralgewalt, wenn sie je einmal energisch auftreten sollte, nicht mehr zu schaffen macht
als der König von Preußen und sein Ministerium der That. Die Polizeiausweisungen werden
nachgerade hochkomisch.
In Bamberg hat man vor einigen Tagen den Dr. Brendel (den Verfasser
des offenen Briefs an Dr. Eisenmann), der nicht bloß ein geborner Baier, sondern sogar in
Bamberg am Krankenhaus als Arzt angestellt ist, ausgewiesen, weil er
einen Verein gegründet hat. Die Krankenhausverwaltung hat nun erklärt, daß ihn die Anstalt
jetzt nicht entbehren könne; es ist aber zu bezweifeln, ob die Polizei auf solche
Unwesentlichkeit reflektirt. ‒ Gegen den Abg. Titus, hat man richtig
so eine Art Vertrauensvotum zusammengebracht. Unter 124 Wahlmännern haben es 63 unterzeichnet,
also die absolute Majorität. Was Titus, was die Urwähler thun werden,
ist noch unbekannt. ‒ Der verhaßte Redakteur Sticht wird vom
Landgericht in Nürnberg auf Hochverrath und Majestätsbeleidigung inquirirt und befindet sich
im strengsten Verhaft. Kein Mensch darf zu ihm ‒ als ob in Betreff eines unschuldigen, seit
länger als 2 Monaten gedruckten Zeitungsartikels Kollisionen Statt finden könnten!
Nachschrift. So eben erfahre ich, daß in Bamberg mehre Verhaftungen vorgenommen wurden.
Brendel hat sich durch die Flucht der seinigen entzogen. Es kommt immer besser!
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
München, 1. Aug.
Nachdem man sich im Publikum schon mit den verschiedenartigsten Zweifeln getragen hatte,
ist gestern Abend von Seite unseres Kriegsministeriums eine Ordre an sämmtliche Garnisonen
abgegangen, wonach der Huldigungsakt am 6. d. M. genau nach der Vorschrift des
Reichskriegsministeriums zu vollziehen ist.
[(Fr. I.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
Darmstadt, 1. Aug.
Zufolge der Erklärung des Reichskriegsministers, daß der Bundeskrieg gegen Dänemark kräftig
fortgesetzt werde, und auch Bundestruppen Oestreichs, dann vom 7., 8. und 9. Armeekorps daran
Theil nehmen sollen, erfährt man, daß das großherzogliche 4. Infanterieregiment mit einer
Batterie von 6 Geschützen nach Schleswig-Holstein abgehen wird.
[(Fr. I.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
Karlsruhe, 1. Aug.
Wie man vernimmt, ist ein Theil des 8. Armeekorps beordert, nach Schleswig-Holstein
aufzubrechen, um die im Felde stehenden Reichstruppen zu verstärken. Die badische Abtheilung
wird aus 4000 Mann und einer Batterie Artillerie zu 8 Geschützen bestehen und mit der
großherzoglich hess. Abtheilung eine Brigade bilden, welche mit einer würtembergischen
Brigade unter einem würtembergischen Divisionskommandanten vereinigt wird. Das Kommando der
badisch-hessischen Brigade übernimmt Oberst v. Röder. Es ist dazu von jedem der 5
Infanterieregimenter ein Bataillon bestimmt. Die Mobilmachung muß so beeilt werden, daß die
Bataillone Montag den 7. August in ihren gegenwärtigen Stationen zum Abmarsch bereit
sind.
[(Karlsr. Z.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
Schleswig, 30. Juli.
Man will die bestimmte Nachricht haben, daß 10 (nach Andern 14) dänische Schiffe Truppen
nach Alsen hingebracht haben. Der Rückzug der Dänen von Beile tiefer in Jütland hinein
bezweckt offenbar, daß General Wrangel folgen soll, damit von Alsen her irgendwo ein Einfall
ins Land geschehen könne. Allein schon nahen neue Truppen.
[(H. C.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
Apenrade, 31. Juli.
Morgen wird das Hauptquartier von Hadersleben hierher verlegt; doch wird versichert, daß
dies keinen andern Grund hat, als daß der Obergeneral den Truppen in Sundewitt näher sein
will, bis die erwarteten Verstärkungen eintreffen und die Occupation von Jütland mit
entschiedenem Erfolg bewerkstelligt werden kann.
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@facs | 0329 |
[
*
]Prag.
Um unseren Lesern zu zeigen, wie die Blätter, welche am meisten Gift gegen die Böhmen
spieen und ganz besonders zur unrichtigen Würdigung der Ereignisse in Prag beitrugen, jetzt
gezwungen sind, unsere unpatriotische Auffassung zu der ihrigen zu machen, theilen wir
folgenden Artikel der „D. A. Z.“ mit:
Prag, 28. Juli. Die Prager Bevölkerung hat endlich unter dem neuen Ministerium eine
Genugthuung erhalten, die so lange und immer vergeblich unter dem Pillersdorf'schen
nachgesucht wurde, indem das Schicksal von Hunderten im Prager Schlosse dem Einfluß einer
ihre Untersuchungen in das Dunkel der alten Metternich'schen Zeit hüllenden Justiz
preisgegebener Personen durch die Erklärung des Ministers Bach, daß der Aufruhrprozeß
öffentlich und mit Beziehung von Geschworenen geführt werden solle, die Bürgschaft der
Publizität erhält. Wir werden nun sehen, inwieweit alle jene abscheulichen Beschuldigungen
sich als wahr erweisen werden, und wir hoffen, daß es diesen öffentlichen Sitzungen gelingen
wird, den Schandfleck einer beabsichtigten Bartholomäusnacht von der neuern Geschichte
Böhmens zu waschen, der ihr mit von den meisten deutschen Journalen aufgebürdet wurde, und
der wohl in der perfiden Brust einer Medicis, aber nicht in dem Busen eines Volkes keimen
konnte, das an sich brav, sich seit Jahrhunderten durch deutsche Bildung und deutsche
Industrie zu einer Kulturstufe herangearbeitet hat, die mit der aller andern civilisirten
Völker rivalisiren kann. —Der Belagerungszustand, welcher in den letzten Tagen wenig mehr als
nominell aufgehoben war, begibt sich nach und nach immer mehr seiner Beeinträchtigungen; die
Privatwaffen werden ihren Eigenthümern wieder zugestellt und die Nationalgarde insoweit
wieder organisirt, daß jede Compagnie 60 Aerargewehre erhält. Die Stimmung gegen das Militär
ist noch immer sehr gereizt; nicht sowohl in Folge des wirklichen Widerstandes oder weil man
es als Unterdrücker der Volksbewegungen betrachtet, sondern weil jetzt, nachdem die Presse
und die Redakteure nicht mehr direkt Bomben, Shrapnels oder ein Sommerlogis auf dem Hradschin
zu befürchten haben, Scenen aus dem letzten Kampfe publizirt werden,
welche man wirklich kaum Kabylen oder Huronen zutrauen könnte.
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
[
61
]Wien, 31. Juli.
Folgendes in die von dem konstituirenden Reichstag an den Kaiser erlassene Adresse, welche
demselben durch eine Deputation von Abgeordneten, unter denen der Reichstagspräsident, nach
Innsbruck überbracht werden soll:
Euer Majestät!
Der von Ew. Majestät zur Konstituirung des Vaterlandes berufene Reichstag hat, im
Vorschritt zu seinen nächsten Aufgaben begriffen, durch das Ministerium die höchst betrübende
Mittheilung empfangen, daß Ew. Majestät Ihre oder die Gegenwart eines Stellvertreters in Wien
nicht für nothwendig erachten, in so lange nicht der Reichstag seine Gesetze festgestellt
habe, und daß Sie vor Allem die Ueberzeugung von der Sicherung des freien Handelns der
gesetzgebenden Versammlung zu gewinnen wünschten, weil Ew. Majestät diesen Beweis väterlicher
Vorsorge und Liebe Ihren Völkern schuldig zu sein glauben.
Eine solche Darlegung aus dem Munde des konstitutionellen Monarchen in dem Augenblicke, da
alle Augen der österreichischen Völker in ernster Erwartung hierher gerichtet sind, muß die
Vertreter Oesterreichs mit den bangsten Besorgnissen für das Wohl, ja für den Bestand des
Kaiserstaates erfüllen, und sie fühlen sich in der Ausübung ihrer unverbrüchlichen Pflicht,
wenn sie Ew. Majestät die Ueberzeugung aussprechen, daß die geheiligte Person des
Staatsoberhauptes nicht länger mehr im Schwerpunkte der konstitutionellen Monarchie, am Sitze
der Reichsversammlung, an der Spitze der Staatsgeschäfte entbehrt werden kann. Aus welchem
Beweggrunde auch sich Ew. Majestät zu der Entfernung aus Ihrer Residenz bestimmt haben mögen;
jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo alle Interessen des Reiches und der Krone in der Einen
Nothwendigkeit Ihrer Rückkehr zusammenfließen, Ihrer Rückkehr an den Ort, wo die von Ew.
Majestät selbst berufenen Vertreter des einigen Volkes in dem Aufbau des neuen
konstitutionellen österreichischen Kaiserstaates begriffen sind, ‒ an den Ort, wo die einzig
gesetzlichen Rathgeber Ew Majestät, die verantwortlichen Minister, diesen Aufbau mitwirkend
fördern. Diese Eintracht des Zusammenwirkens möge Ew. Majestät auch Bürgschaft für dessen
Freiheit sein.
Im Angesichte Oesterreichs, im Angesichte Deutschlands, ja im Angesichte Europa's spricht
es die Reichsversammlung einhellig aus, daß sie im vollen Bewußtsein der Freiheit die
Konstituirung des Vaterlandes berathe.
Die Männer Oesterreichs, die das Vertrauen des freien Volkes hierher gesendet hat, sie würden es als einen Verrath an den Rechten desselben ansehen, wenn sie an
einem Orte verblieben, wo sie nicht der vollsten Freiheit der Berathung und des Handelns
gewiß wären. Daß aber die Reichsversammlung tagt und aus ihrer Mitte Abgeordnete aller
Landesgebiete an Ew. Majestät zu dem Ende sendet, daß der konstitutionelle Kaiser dem
ruhmvoll begonnenen Verfassungswerke jene Weihe gebe, die des Volkes treue Pietät aus seiner
unmittelbaren Gegenwart abzuleiten bereit ist, dieß Ew. Majestät ist der sicherste Beweis,
die unbestreitbare Garantie, daß das freie Handeln der gesetzgebenden Versammlung in jeder
Hinsicht gesichert ist. Den Dank hierfür zuerkennt die Reichsversammlung vor Allen der
bewundernswerthen Mäßigung, Ordnungsliebe und Loyalität der Bevölkerung Wiens, so wie der
aufopfernden Hingebung der Nationalgarde. Unter diesen sichersten aller Garantien fordern die Völker Oesterreichs durch ihre in Wien versammelten Vertreter,
als den von Ew. Maj. zugesicherten Beweis väterlicher Vorsorge und Liebe die ungesäumte
Rückkehr Ew. Maj. in Ihre treue Residenz, indem Sie nunmehr der bestimmten endlichen
Erfüllung der bei so vielfachen Anlässen wiederholten Versprechungen zuversichtlich entgegen
sehen, denn nur dadurch, daß sich Ew. Majestät persönlich an den Sitz des Reichstages und in
die Mitte Ihres verantwortlichen Ministeriums begeben, kann jenen Gefahren des Mißtrauens,
der Verführung und Anarchie vorgebeugt werden, welche die Krone und die Dynastie Euer
Majestät zubedrohen vermöchten ‒ nur dadurch können die Segnungen,
welche das Vaterherz Ew. Majestät Ihren Völkern zugedacht hat, im Strahle des Friedens und
der Freiheit zur Reife kommen.Wir beschwören Ew. Maj., hören Sie nicht den
Rath falscher Rathgeber, hören Sie die Stimme, die Forderungen Ihrer treuen Völker!
Im Namen des konstituirenden Reichstages.
(Hier sollen die Unterschriften sämmtlicher Deputirten folgen.)
Ich habe diese Adresse gestern eine energische genannt, und sie ist es wahrlich im
Rückblick auf die bisherigen Zustände der östreichischen Völker; sie es namentlich im
Vergleich zu den Berliner und Frankfurter Adressen. Keine Nationalversammlung Deutschlands
hat sich so rasch und entschieden auf den demokratischen Standpunkt gestellt, als die
östreichische dadurch gethan, daß sie ohne Umschweife die Revolution anerkannte und die
Rückkehr des Kaisers forderte. Darum ist Wien gegenwärtig zweifellos die freieste Stadt
Deutschlands, und darum blickt der Wiener mit stolzer Genugthuung auf Berlin hin. Er weiß,
daß er sich nimmer gefallen lassen würde, was dort geschieht. Der Wiener darf selbst über die
demokratischen Organe Berlins mitleidig lächeln, wenn er z. B. den leitenden Aufsatz der
Zeitungshalle vom 29. liest.
Der Reichsverweser hat in einem Straßenplakate heute von den Wienern Abschied genommen und
ermahnt sie zum Vertrauen in den Reichstag und in das Ministerium,indem er seinerseits, von Liebe zu Deutschland durchglüht, ohne
aufzuhören ein Oestreicher zu bleiben, in Frankfurt seine neue Würde kräftigst handhaben
wolle. Man sagt, er würde über Innsbruck reisen. Die Popularität Johanns ist ebenso lau, als
die Entrüstung gegen den Hof, ja gegen den Kaiser, groß ist; der dynastische Nimbus scheint
total verschwunden. Was das Ministerium betrifft, so scheint mir namenlich Dobblhof sehr bald
wieder umgeblasen zu werden. Als der Fackelzugabend vorgestern im Ausschuß zur Sprache kam, führte Rasziail an, Dobblhof habe auf seine Frage, weßhal er
zugebe, daß Jellachich so gefährlich-festlich empfangen werde, geantwortet, er könne den
Slaven nicht verbieten, was die Ungarn am Tage vorher Esterhazy gebracht. Das Militär hat den
Befehl erhalten, vor dem in corpore erscheinenden Reichstag Honneurs zu machen. — Gestern
überbrachten 900 aus Mähren hierhergekommene Nationalgarden der hiesigen Garde eine prächtige
Fahne. — Der Dichter und Ex Oberkommandant der Garde und Legion, Pannasch, hat in einem
wunderbar stylisirten Deutsch eine Rechtfertigung seines Benehmens in den Straßen anschlagen
lassen. In einem andern Plakat versichert der Ausschuß die Bevölkerung Wiens, daß die Juden
keineswegs die separatistisch-egoistischen Tendenzen verfolgen, die man ihnen aufbürde. ‒ Die
Rache der Völker scheint, an derselben Stelle zu erwachen, wo einst
ihre Knechtung stattgefunden. Der Reichstag hält seine Sitzungen nämlich in denselben Räumen,
worin, unter dem Scheine von 20,000 Kerzen, von gekrönten Häuptern und Diplomaten einst jene
berüchtigten Akten berathen wurden, unter denen die Welt so lange geseufzt hat und noch
blutet. ‒ Der Wiener Reichstag sitzt an der Stelle des Wiener Kongresses.
Die Arbeiter besuchen an Sonntagen keine Kirchen mehr, sondern sie lassen sich ihre Messe
auf dem Glacis lesen. Bei dieser Gelegenheit wurde gestern eine Adresse an den Reichstag
unter sie verbreitet, in welcher die Einsetzung eines nur aus Arbeitern bestehenden
Ministeriums, ferner Aufhebung aller Konsumtionssteuern, Errichtung von Arbeitshäusern,
Erziehung, Einrichtung großer, unentgeltlicher Lesehallen u. s. w. verlangt wird. Am
Nachmittag sollte, zufolge des Aufrufs eines Arbeiters, den man Wien's O'Connell zu nennen
pflegt, ein Arbeiter monster-meeting stattfinden, welches der Ausschuß indessen zu verhindern
wußte. Dessenungeachtet sollen sich die Arbeiter in großer Anzahl in der Meidlings versammelt
haben. ‒ Die neue Kamarilla-Zeitung, „Presse“ genannt, soll aus Innsbruck 40,000 Gulden Münze
erhalten haben. Sie wird überall auf den Gassen um einen Kreuzer verkauft, obwohl sie in
großem Format erscheint. Die Wiener Zeitung wird immer grämlicher und nimmt keinen Anstand
ganz entstellte Reichstagsberichte zu bringen. Dieser Uebelstand ist groß, weil die
Stenographien erst acht Tage nach der Sitzung erscheinen. Der Postaufschlag auswärtiger
Zeitungen ist immer noch so bedeutend, daß die Neue Rheinische Zeitung auf etwa 40 Gulden
Münze, d. h. an 30 Thaler zu stehen kommt.
@xml:id | #ar066_026 |
@type | jArticle |
@facs | 0329 |
[
*
]Wien, 30. Juli.
Das Stockpreußenthum, die ganze reaktionäre Sippschaft von Hinterpommern an bis
Westphalen, könnte die Artikel der „Allgem. Oestr. Ztg.“ über die preußische Reaktion in
ihren Verhältnissen zu Oestreich“ mit Nutzen lesen, wenn diese Leute überhaupt für etwas
Anderes, als ihren Egoismus, ihre Herrsch-Geld-und Privilegiensucht Ohr und Sinn hätten. Das
gedachte Journal schließt heute seinen Artikel mit folgenden Worten:
„Wird Oesterreich es ruhig ansehen, daß der König von Preußen schon jetzt die deutsche
„Freiheit“ hintenansetzt? Glaubt Deutschland, daß die blutigen Revolutionen Oesterreichs
dazu dienen werden, damit König von Preußen und sein Kriegsminister Schreckenstein die
Herrschaft übernehmen sollen? Deutschland gib acht, damit die Wirthschaft, welche jetzt in
Preußen, Hannover, Baiern getrieben wird, nicht die Veranlassung gebe zu einer unglücklichen
Trennung zwischen Oesterreich und Deutschland. So viel steht fest, daß die Männer in
Oesterreich, welche bis zur Stiftung der Executivgewalt mit aller Kraft für den Anschluß an
Deutschland gearbeitet, es nicht ruhig zusehen werden, daß die Reaktion Deutschlands auch
das freie Oesterreich mit in das reaktionäre Labyrinth ziehe. Oesterreich hat eine
praktische, gesunde, körnige Bevölkerung, die bewiesen hat, daß sie zu kämpfen, zu sterben
bereit ist, wenn es die Freiheit erheischt, dieses Oesterreich weiß aber jetzt, daß in
Deutschland die Reaktion herrscht, daß sie täglich mehr Boden gewinnt, daß die Revolution
eigentlich fruchtlos vorüberging, daß der ganze Gewinn, welchen Deutschland aus den
Revolutionen zog, nur den Königen zu Gute kommt.“
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@type | jArticle |
@facs | 0329 |
Innsbruck, 29. Juli.
Ein eben aus dem Hauptquartier des Feldmarschalls Radetzky aus Balleggio an Se. Maj. den
Kaiser in Innsbruck angekommener Courier bringt die officielle Nachricht daß bei Volta das
zweite Armeekorps am 26. Abends und 27. früh zwei siegreiche aber blutige Gefechte bestanden
hat. Die piemontesische Armee sey in vollem Rückzug nach Cremona begriffen, und werde
herzhaft verfolgt.
[(A. Z.)]
Französische Republik.
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@facs | 0329 |
Edition: [Karl Marx: Proudhons Rede gegen Thiers. In: MEGA2 I/7. S. 492.]
[
*
] Paris, 3. August.
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@facs | 0329 |
[
12
] Paris, 1. Aug.
Der National sagt über Italien:
„Wir möchten uns freuen über den letzten Schlag, den die Italiener erlitten, wenn er die
Einstellung aller jener Zwistigkeiten und Rivalitäten zur Folge haben könnte, welche der
italienischen Sache mehr geschadet haben, als die Oesterreicher. Im Gefühle der gemeinsamen
Gefahr vereint, einer Gefahr, die ihre Existenz als Nation in Rede stellt, müssen die
Italiener ihre innern Streitigkeiten bis auf den Tag des Sieges verschieben. Es handelt sich
jetzt weder um einen König noch um einen Präsidenten, wohl aber um einen Degen. Wo eine Armee ist, möge man sich ihr anschließen, wo ein fähiger General, möge
man ihm gehorchen.
„Während dieser Anstrengungen von Seiten Italiens, wird Frankreich nicht unthätig bleiben.
Frankreichs Wort wird auf der Waagschaale Deutschlands sich fühlbar machen: denn hinter diesem
Worte, wenn Deutschland ihm kein Gehör schenken sollte, stehen Bataillone mit Bayonetten. Aber
wie gesagt, wir hegen noch immer die Hoffnung, daß Italien der fremden Hülfe sich entschlagen,
und allein seine Unabhängigkeit erobern kann. Die Hauptsache ist vereint zu sein.
„Und jetzt, da wir Italien die Wahrheit gesagt haben, wollen wir auch einen
freundschaftlichen Rath Deutschland's Volke geben. Wir haben mit warmer Theilnahme
Deutschlands Wiedererwachen und Tendenzen zur Einheit begrüßt. Um seiner Emanzipation in
keiner Weise Hindernisse in den Weg zu legen, enthielten wir uns jeder direkten sowohl als
indirekten Drohung von irgend einer Agression, und desavouirten jede Eroberungs-Idee.
Deutschland hat ganz nach seinem Wohlgefallen seine Einheit konstituiren können. So möge es
dann auch nicht bei Andern sich an einem Recht vergreifen, auf welches es so eifersüchtig
ist.
„Aber seit einiger Zeit scheint es sich von dem Respekt der Nationalitäten entfernen zu
wollen. Erstens ist das polnische Element in dem Großherzogthume Polen geopfert worden; dann
hat man Schleswig angegriffen, und zuletzt Venedig und Limburg, das man der deutschen
Konföderation einverleiben will. Die Invasionspolitik scheint also in Deutschland die
Ueberhand zu bekommen. Was ist die Folge davon? Der Panslavismus macht ungeheure Fortschritte
und die Polen, durch die Gräuel in Gallizien und die Besetzung Krakau's aufs höchste gereizt,
sind geneigt sich an den Czar anzuschließen, wenn er ihnen nur in etwa Konzessionen macht. Die
neuen Ereignisse in Posen haben noch mehr dazu beigetragen und die so nothwendige Verbindung
zwischen der slavischen und germanischen Race wird mit jedem Tage schwieriger.
„Wird Deutschland dem Wachsthume Rußlands gleichgültig zusehen? Während Oesterreich
Gallizien und Krakau bloßstellt, um die Mailänder niederzutreten, warten 150,000 Russen in
Polen nur auf ein Zeichen von Nikolas, um über die Gränze zu marschiren.
„Es wäre unvorsichtig von Seiten Deutschlands, in Rußland eine Stütze zu suchen.“
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] Paris, 1. Aug.
Zwei Mitglieder der prov. Regierung der Walachei schrieben an Edgar Quinet, Professor des
College de France: „Theurer, werther Meister! Ihren Lehren danken wir's, daß wir uns stark
fühlten und unserm Rumanenvolke die Fesseln lösten. Sie, geliebter Lehrer, und Michelet
streuten den Samen in unsre Herzen, den wir jetzt zu Saaten aufsprießen zu sehen hoffen. Ja,
Sie sagten es uns in den unvergeßlichen Vorlesungen: lux fiat et lux esto… Wir schulden Ihren
Feuerworten ewigen Dank. Wie der macedonische Alexander sagte: ich habe zwei Väter, Philipp
dem Fleisch, Aristoteles dem Geist nach: so hat unsere Rumania zwei Mütter, dem Fleisch nach
das Donauland, dem Geist nach Frankreichs Republik… Was auch immer noch uns hier am schwarzen
Meere, weit von Paris, wo wir zu Ihren Füßen horchten, treffen mag, wir werden uns freuen, daß
Gott und Frankreich uns lieben.… Theurer Meister! sprechen Sie für unser Volk, auf daß es
nicht verrathen werde an die östlichen und nordischen Barbaren; wir schauen nach dem Himmel
und nach Frankreich wenn unsre eigene Macht von der russischen Uebermacht bedroht wird. Es
lebe Rumania und die französische Republik.“ Gezeichnet: Brattiano und Rosetti, Sekretäre des
Provisoriums.
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Paris, 2. Aug.
Die Lyoner Telegraphenlinie ist in unaufhörlicher Thätigkeit. Man hört, Cavaignac sei
entschlossen nicht in Piemont einzurücken, wohl aber Ancona zu
besetzen, um den Kirchenstaat gegen eine neue Ueberrumpelung zu schützen.
‒ Hr. Girardin, dessen „Presse“ heute in der Nationalversammlung besprochen wird, hat in
Ermangelung seines Journals bereits zwei Feuerbrände gegen den General Cavaignac geschleudert.
Den Einen unter dem Titel „Documens pour servir à l'histoire. Liberté de la presse,“ der
zweite trägt den Titel Histoire d'un mois.
‒ Der Bruch innerhalb der Linken scheint vollständig. Wir haben
jetzt zwei Berge. Der Eine nennt seinen Klub Réunion démocratique absolue, wird von Germain
Sarrut präsidirt, will den Kultus respektirt sehen, das Eigenthum beschützen, die Familie
lieben und die allgemeine Brüderlichkeit, und Kostenfreiheit des niedern und höhern
Schulunterrichts einführen. Die andere Hälfte des Berges, unter Bac, will auch den Arbeitern
schmeicheln, und nannte sich bisher sozialistisch; aber der Proudhon'sche Sozialismus führe zu
weit. Wir haben also a) Rue Poitiers mit 380, b) das Palais Exroyal mit 150, c) das Institut
mit 200, d) Reunion democratique absolue und e) die sogenannten Kommunisten.
‒ Bouchard, Berichterstatter der Untersuchungskommission der Mai- und Juni-Ereignisse
sollte in der Sitzung der Nationalversammlung seinen Bericht vorlesen. Dieser Vortrag ist aber
auf morgen verschoben worden, und zwar in Folge wichtiger Enthüllungen, welche die Verhaftung
dreier Repräsentanten zur Folge haben dürfte. Wer sind diese drei? Man vermuthet: Caussidiere,
Ledru-Rollin und Louis Blanc. Die Verhöre der übrigen provisorischen Regierungsglieder und
Constantins, des ehemaligen Adjudanten des Generals Subervic, sollen sehr interessante
Aufschlüsse über jene Ereignisse entfalten.