Deutschland.
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Edition: [Friedrich Engels: Waffenstillstandsunterhandlungen mit Dänemark abgebrochen. In: MEGA2 I/7. S. 428.]
[
*
] Köln, 27. Juli.
Wir erhalten soeben Briefe aus Kopenhagen, nach denen
die Waffenstillstands-Unterhandlungen nun also wirklich
abgebrochen sind. Am 21. Juli sind der schwedische und
großbritannische Gesandte, so wie die übrigen in's Hauptquartier abgegangnen
Diplomaten, unverrichteter Sache nach Kopenhagen
zurückgekommen. Obgleich General Naumann dem General Wrangel den bestimmten Befehl des Königs von Preußen überbracht
hatte, den Waffenstillstand zu unterzeichnen, obgleich der Waffenstillstand
von preußischer und dänischer Seite schon ratificirt war, so weigerte sich Wrangel doch ebenso bestimmt, und stellte statt
dessen neue Bedingungen auf, die von dänischer Seite entschieden
zurückgewiesen wurden. Er soll nicht einmal den fremden Diplomaten eine
Audienz bewilligt haben. Den Dänen war besonders die Bedingung Wrangel's
zuwider, daß er die schließliche Genehmigung dem
Reichsverweser vorbehielt.
Wir verdanken es also der Festigkeit des General Wrangel allein, wenn
Deutschland diesmal vor einem der schmählichsten Verträge bewahrt wird, die
die Geschichte kennt.
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Edition: [Friedrich Engels: Waffenstillstandsunterhandlungen mit Dänemark abgebrochen. In: MEGA2 I/7. S. 428.]
[
*
] Köln, 27. Juli.
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Edition: [Friedrich Engels: Die Auflösung der demokratischen Vereine in Baden. In: MEGA2 I/7. S. 426.]
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**
]
Köln, 27. Juli.
Die reaktionären Polizeimaßregeln gegen das Associationsrecht folgen sich
Schlag auf Schlag.
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[
19
] Köln, 27. Juli.
Wir hatten seit einiger Zeit die Frankfurter Nationalversammlung aus den
Augen verloren. Die Berichte des Herrn Heckscher über die verschiedenen
Hoffeste, über die Umarmung weißgekleideter Jungfrauen und das „Schalet und
Gekröse“; die vergebenen Versuche der Linken, durch die Appellation an ihre
Wähler einen Bettelpfennig Popularität für ihre liebenswürdige Lahmheit zu
erlangen; die „kühnen Griffe“ des edlen Gagern und die unbegriffene Kühnheit
des stellvertretenden Soiron in dem großen Nationalfrühlingskonzert: ‒ Alles
dies war ohne Zweifel sehr anmuthig und belehrend, doch nicht so sehr, daß
wir nicht die Verhandlungen über das erste „große Ergebniß“, die
„Grundrechte des deutschen Volks“, hätten abwarten sollen.
Die Nationalversammlung hat das deutsche Volk vorspielsweise mit dem
Reichsverweser, dem „vicaire de l'empire“, beschenkt. Warum sollte die Ruhe
und Großmuth des Volkes nach seiner Revolution nicht diesen Lohn
verdienen?
„Den Frommen schenkt's der Herr im Traum,
Weißt
nicht, wie dir geschah!
Du kriegst ein Kind und merkst es
kaum,
Jungfrau Germania.“
Zugleich war dieser Akt die „Erledigung eines tiefgefühlten Bedürfnisses.“
Die Versammlung sollte Beschlüsse fassen, und sah, daß sie achtunddreißigmal
die Macht nicht hatte, sie auszuführen. Sie schuf daher die Macht, um ihr
die Ausführung der Beschlüsse gerade nicht zu
übertragen. Einfache Lösung der Schwierigkeiten! Die Versammlung denkt, und
der Verweser lenkt. Ihre Beschlüsse haben weniger Verantwortlichkeit als das
Dasein des Reichsverwesers, denn sie werden nur ausgeführt, wenn es dem
Verweser gefällt, und dem Verweser wird es zugeschrieben, wenn ein
schlechter Beschluß zur Ausführung kömmt. Die Nationalversammlung selbst hat
ihren Beschlüssen die Bedeutung jeder Petition und Adresse gegeben. Die
Berliner Vereinbarungsversammlung steht gerade so hoch über der
Nationalversammlung, wie der Wiener Reichstag über den Berliner
Vereinbarern.
Der Berathung über die Grundrechte liegen zwei Entwürfe vor, von dem
Verfassungs- und dem Volkswirtschaftlichen Ausschuß. „Erst durch
Feststellung der Grundrechte“, erklärt der Berichterstatter des letzteren, „
kann der Boden gewonnen werden, auf welchem sich ein dauernder Wohlstand des
deutschen Volkes aufbauen läßt, und eine vernünftige Lösung der großen
sozialen Probleme der Gegenwart möglich ist.“ Die Polizei-Ordnung über
Heimaths- und Abzugs-Recht ist daher nichts Geringeres als die
nationalökonomische Grundlage, auf welchem die Weisen der Frankfurter
Versammlung die „soziale Bewegung“ in „Angriff nehmen“.
Es ist natürlich, daß die Versammlung hier, wo sie zum ersten Mal ein
positives Gesetz berathen, vollständig im Unklaren darüber ist, wie sie den
„Angriff“ in „Angriff nehmen“ soll. Die dreißigste Sitzung, in welcher die
Entwürfe nebst einigen fünfzig Sonderanträgen und Amendements verlesen
werden, geht lediglich mit der Berathung hin, wie die Berathung selbst
anzufassen sei. Diese Sitzung bietet heiteres Interesse, um die Kräfte der
souveränen Versammlung zu betrachten.
Zuerst belehrt uns Hr. Beseler als Berichterstatter des
Verfassungsausschusses über die Anstrengungen, aus denen diese Lebensfrucht
des deutschen Volks hervorgegangen ist.
„Meine Herren, das große Werk, mit dessen Ausführung wir durch das deutsche
Volk betraut sind, die Errichtung einer Gesammtverfassung für Deutschland
ist bisher von uns nicht unmittelbar in Angriff
genommen worden. Nur vorbereitend haben wir dafür
thätig sein können. Der Ausschuß hat seine Arbeiten zu Anfang der Sitzungen
begonnen, zu einer Zeit also, wo die Mitglieder der Nationalversammlung sich
noch nicht haben kennen lernen, gewissermaßen also
das große Werk noch am Anfang seiner Bildung war.“ ‒
Der Mangel der Bekanntschaften war die erste Schwierigkeit.
Folgt dann das Bekenntniß, daß diese Grundrechte, welche bei dem anfangs
mangelnden gemüthlichen Zusammenleben der Abgeordneten, den Ausschuß zwei
Monate lang beschäftigten, das Geringste enthalten, was dem deutschen Volk
gewährleistet werden kann, und daß es „bei dieser Auswahl allerdings nicht
möglich gewesen, nach streng abgemessenen Prinzipien
dasjenige festzustellen, was gerade zu diesen Rechten gehört und was nicht.“
Der Ausschuß hat das Verfassungswerk überhaupt nur deshalb mit den
„Grundrechten“ begonnen, weil ihm dies ein „neutrales Gebiet“ schien, „wo
die Abweichung der Ansichten noch keine bestimmte Ausbildung erhalten
hatte.“
Und aus diesem Grunde, weil der Entwurf das Geringste enthält, was man
anständiger Weise dem harrenden Volk hinwerfen muß, schlägt der Ausschuß
vor, die Sache nicht zu übereilen, sondern eine zweimalige Berathung und
Abstimmung eintreten zu lassen. Eine solche Wiederholung gewähre den
Vortheil, daß der Entwurf selbst erst „in die Schichten des Volks dringe“,
bevor die definitive Entscheidung erfolge.
Anmuthige Vorsicht des Ausschusses, der als Vorspiel zu dem einheitlichen
Verfassungswerk für die deutschen Staaten erst die einheitliche
Bekanntschaft (Schmollis) der Abgeordneten unter einander erwarten will!
Bewunderungswürdige Thätigkeit, welche sich zuerst ein „neutrales Gebiet“
sucht, um hier „ohne strenge Prinzipien und ohne Feststellung dessen, was
gerade dazu gehört“, die geringsten Gemeinplätze für die Mandatgeber
auszuwählen!
Der Präsident setzt die Frage der doppelten Abstimmung zur Berathung aus, und
Herr Löwe von Kalbe schwingt sich auf die Tribüne.
Herr Löwe von Kalbe theilt die Ansicht des Ausschusses nicht, daß „viele von
diesen Fragen der Nation neu seien und erst in diese hineindringen müssen“;
im Gegentheil soll „die Versammlung die Arbeit des allgemeinen Geistes, die
seit 33 Jahren geschehen ist, legalisiren“.
Sodann aber hält es Hr. Löwe von Kalbe für „gefährlich“, die öffentliche
Meinung mit dem Inhalt der hier zu diskutirenden Fragen bekannt zu machen.
„Mit vielen dieser Fragen hat sich das Volk schon mit den Waffen in der Hand
beschäftigt, sie sind nicht friedlich diskutirt worden. ‒ Wollen Sie, daß
diese Fragen sich erneuern?“
Herr Löwe von Kalbe hat Recht; das Eindringen des Entwurfs in die
„Volksschichten“ könnte zur Revolution führen: das Volk hat seine
„Grundrechte“ schon in Berlin und Wien auf den Barrikaden diskutirt: suchen
wir also schnell darüber hinwegzukommen!
Herr Tellkampf von Breslau kann dies nicht einsehen: die moralische Kraft der
Versammlung flößt ihm das größte Zutrauen ein. Uebrigens versteht er die
doppelte Berathung dahin, daß zuerst Paragraph für Paragraph durchgenommen
und erst bei der zweiten Berathung „größere Reden“ gehalten werden. Mit der
allgemeinen Berathung zu beginnen, hat seine Unannehmlichkeiten, wie die
Berathung über die Centralgewalt gezeigt hat: dort hat man „eine allgemeine
Berathung gehalten, ist aber nicht zur Berathung über die einzelnen Punkte
gekommen; darum wurde dann auch so summarisch mit dem Gegenstande verfahren,
so daß bei der Abstimmung viele Mitglieder unserer Versammlung sich im Zweifel befanden, ob sie über die oft zu weit und
oft zu eng gefaßten Fragen mit Ja oder Nein stimmen sollten.“
Welches Bekenntniß haben wir hier! Bei der Abstimmung über die Centralgewalt
haben „viele Mitglieder“ gegen ihre „strikte Ueberzeugung“ stimmen müssen!
Die Geschichte der Centralgewalt ist um einen neuen Zwischenfall reicher,
zumal da weder von dem Bureau noch von der Rechten eine Reklamation gegen
dies merkwürdige Geständniß erfolgt.
Hr. Rösler aus Oels, der sich für Beschleunigung ausspricht, erklärt, daß
derjenige, welcher sich nicht reif und gründlich mit den vorliegenden Fragen
beschäftigt habe, ehe er Abgeordneter geworden, die Wahl nicht hätte
annehmen sollen; die erste Berathung und Abstimmung durch eine zweite
umzustoßen, sei ein geistiges Armuthszeugniß für die Versammlung.
Diese Behauptung schwört den Zorn Biedermann Bassermanns herauf.
„Wenn hier gesagt worden ist: wer nicht weiß, wie er hier zu stimmen hat, der
hätte die Wahl nicht annehmen sollen, so meine ich, diejenigen hätten die
Wahl nicht annehmen sollen, die die Aufstellung eines Verfassungswerkes für
ein so zersplittertes Land für eine so leichte Sache halten.“
Hr. Rösler meint, daß Hr. Bassermann nicht in die Versammlung gehöre, und der
Patriot Bassermann erklärt Hrn. Rösler für unreif. Hoffentlich werden beide
„parlamentarisch gebildete“ Männer an ihre Wähler appelliren.
Nachdem mehrere andere Redner wiederholt und ausgeführt haben, was schon
gesagt worden ist, wird nach Schluß der Debatte gerufen.
Der Präsident: „M. H., Sie werden doch wohl Herrn Behr noch anhören
wollen.“
Hr. Behr kömmt auf die Tribüne, um zu erklären, daß sich die Versammlung auf
„bekanntem Boden“ befinde. Die Versammlung ruft wiederholt nach Schluß, und
der Präsident entschließt sich zur Fragestellung.
Neue Unruhe. Hr. Neuwall aus Brünn verlangt, daß sein Antrag zuerst zur
Abstimmung komme, weil er den Kommissionsantrag ausschließe; der Präsident
findet, daß der Kommissionsantrag zuerst zur Berathung kommen müsse, weil er
den Antrag des Hrn. Neuwall ausschließe. Es entsteht abermaliger Lärm. Hr.
Reden aus Berlin verlangt zu wissen, ob bei der zweiten Berathung die
Beschlüsse der ersten zu Grunde gelegt werden sollen; die Versicherung, daß
sich dies von selbst verstehe, beruhigt sein Gewissen nicht, da es nicht in
der „Redaktion des Antrages“ liege. Endlich kömmt man zur Abstimmung, durch
welche zweimalige Berathung und Abstimmung beschlossen wird; aber die Frage,
ob bei der ersten Abstimmung der Namensaufruf unterbleiben soll, erregt von
Neuem Verwirrung. Es fällt einer „Stimme von der Linken“ ein, daß die
Abstimmung über diese Frage gegen die Geschäftsordnung sei, da 50 Mitglieder
stets namentliche Abstimmung verlangen können. Nach immer größerem Lärm und
Widerspruch erklärt der Jurist Reichensperger, daß die Geschäftsordnung
schon früher gebrochen worden sei, und daß man sich also auch diesmal nicht
daran zu binden brauche. Der Präsident bittet, daß man die ganze Frage
einstweilen beruhen lasse; (Widerspruch und Lärm). „Nun, so werde ich die
Frage stellen.“ (Lärm von der andern Seite.) Zuletzt wird die Frage
gestellt, ‒ nicht über die Abstimmung bei der ersten Berathung, sondern ob
man nach der Geschäftsordnung über diese Abstimmung abstimmen könne. Der
Knäuel wird glücklich entwirrt, indem die Versammlung die Abstimmung über
namentliche Abstimmung für unzulässig erklärt, und nach dieser glücklichen
Vorbereitung wird die Berathung des Entwurfs vertagt.
Wir werden ihrem ersten Verlauf in einem besondern Artikel weiter folgen.
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[
*
] Köln, 27. Juli.
Wir erhalten so eben den Entwurf der neuen Gemeindeordnung, aus der wir die
wichtigsten Artikel im Folgenden mittheilen. Der Entwurf stammt aus dem
Ministerium des Innern, soll aber erst noch einmal durch eine Kommission, zu
welcher mehrere Deputirte zugezogen sind, berathen werden, bevor er der
Vereinbarungsversammlung übergeben wird.
Entwurf der Gemeindeordnung (im Schooß der Regierung ausgearbeitet).
§ 3. Jede Bürgermeisterei hat eine Bürgermeistereiversammlung und einen
Bürgermeister. Die Bürgermeistereiversammlung wird von den Gemeindewählern,
der Bürgermeister von der Bürgermeistereiversammlung gewählt.
§ 4. Jeder preußische Staatsbürger welcher seit einem Jahre in einer Gemeinde
gewohnt, das 24. Jahr vollendet hat und nicht in Folge rechtskräftigen
richterlichen Urtheils der bürgerlichen Rechte ganz oder theilweise
entbehrt, kann zum Mitglied gewählt werden.
§ 5. Alle in der Gemeinde wohnenden Personen sind zur Theilnahme an den
Gemeindelasten verpflichtet.
§ 6. Die Zahl der Mitglieder des Gemeinderaths mit Einschluß des
Gemeindevorstands beträgt in Gemeinden von weniger als 500 Einw. 7, bei 500
bis 1000 Einw. 9, bis zu 2500 Einw. 11, bis zu 5000 Einw. 13, bis zu 100,000
Einw. steigt die Zahl für jede 2500 um 1 Mitglied, und weiter um 1 Mitglied
für je 100,000 Einwohner.
§ 10. (Census.) Gemeindewähler sind alle Männer, welche die in § 4
bezeichneten Eigenschaften und entweder Grundbesitz in der Gemeinde oder ein
bestimmtes jährliches Einkommen haben, nämlich:
in Gemeinden von weniger als 2500 Einw. Grundbesitz an Werth von mindestens
200 Thlr. oder Einkommen von 150 Thlrn.; in Gemeinden bis 5000 Einw.
Grundbesitz von 300 Thlrn. oder Einkommen von 175 Thlrn.; in Gemeinden über
5000 Einw. Grundbesitz von mindestens 5000 Thlrn. oder Einkommen von 200
Thlrn.
§ 11. Eine Liste der Gemeindewähler wird von dem Gemeindevorstand geführt und
alljährlich im April berichtigt. Neue Aufnahmen in die Listen sind zu keiner
andern Zeit zulässig.
§ 12. Ueber Einwendungen gegen die Richtigkeit der Liste entscheidet der
Gemeinderath. Innerhalb 10 Tagen nach Mittheilung der Entscheidung ist
Berufung an den Bezirksausschuß gültig, der binnen 4 Wochen entscheidet.
§ 13. Die Mitglieder des Gemeinderaths werden auf 6 Jahre gewählt. Alle 2
Jahre scheidet ein Drittheil aus.
§ 17. Zu den Wahlversammlungen haben nur die Wähler Zutritt.
§ 23. Der Bezirksausschuß kann die Wahl auf erfolgte Beschwerde oder von Amtswegen für ungültig erklären.
§ 25. Die Mitglieder des Gemeindevorstandes werden von dem Gemeinderath aus
seiner Mitte durch absolute Stimmenmehrheit, mittelst verdeckter Stimmzettel
auf 6 Jahre gewählt.
§ 27. Die gewählten Gemeindevorsteher und Beigeordneten bedürfen der Bestätigung der Regierung. Die Bestätigung steht
zu:
in Gemeinden von weniger als 2500 Einw. dem Kreishauptmann, in Gemeinden bis
10,000 Einw. dem Landeshauptmann, in größeren dem König.
Die Bestätigung kann nur mit Zustimmung des Bezirksausschusses versagt
werden. Tritt dieser Fall ein, so steht der Staatsregierung die
unbeschränkte Ernennung aus den Gemeindewählern zu.
In Gemeinden, in welchen die Polizeiverwaltung nicht der Gemeindebehörde
überlassen, sondern einer Königlichen Behörde übertragen ist, werden von dem
Gemeinderath 3 Candidaten vorgeschlagen, aus welchen der König den
Gemeindevorsteher ernennt.
§ 28. Die Mitglieder des Gemeindevorstandes leisten vor ihrem Amtsantritt in
öffentlicher Sitzung des Gemeinderathes den nachfolgenden Eid:
[0288]
[Spaltenumbruch]
„Ich schwöre Treue dem Könige, Gehorsam der Verfassung und den Gesetzen des
Preußischen Staates.
§ 41. Die Sitzungen des Gemeinderaths sind öffentlich, wenn derselbe nicht
aus besondern Gründen eine Ausnahme beschließt. Persönliche Angelegenheiten
dürfen nicht öffentlich verhandelt werden.
§ 45. Der Gemeinderath kann die Gemeinde zur Leistung von Diensten (Hand- und
Spanndiensten) verpflichten, die Dienste werden in Geld abgeschätzt, die
Vertheilung geschieht nach dem Maßstabe der direkten Staatssteuern.
Abweichungen von dieser Vertheilungsart bedürfen der Genehmigung des
Bezirksausschusses. Die Dienste können mit Ausnahme von Nothfällen, durch
taugliche Stellvertreter abgeleistet oder nach der Abschätzung an die
Gemeindekasse bezahlt werden.
§ 49. In Bezug auf die Behandlung der Gemeindewandlungen verbleibt es bei den
für die einzelnen Landestheile erlassenen Gesetzen und Bestimmungen.
§ 69. Der Bürgermeister wird von der Bürgermeisterei-Versammlung auf
mindestens 6 Jahre gewählt. Diese Wahl ist nicht auf Einwohner der
Bürgermeisterei beschränkt.
Die Bürgermeisterei-Versammlung wählt ferner einen oder mehrere Beigeordnete
aus den Gemeindewählern der Bürgermeisterei auf 6 Jahre.
Die Zahl der Beigeordneten wird von dem Bezirks-Ausschuß festgesetzt. Die
gewählten Bürgermeister und Beigeordneten bedürfen in Bürgermeistereien von
weniger als 1000 Einw. der Bestätigung des Landeshauptmanns, in
Bürgermeistereien von mehr als 10,000 Einw. der Bestätigung des Königs.
§ 79. Die Oberaufsicht über die Gemeinden und Bürgermeistereien wird von dem
Minister des Innern, dem Landeshauptmann und dem Kreishauptmann, als Organe
der Staatsregierung geführt.
Die Polizeiverwaltung steht unter der Leitung dieser Behörden.
Die nichtpolizeilichen Angelegenheiten sind der Aufsicht des
Bezirksausschusses überwiesen, welcher dem Kreishauptmann Aufträge ertheilen
und denselben zur Erledigung einzelner Geschäfte oder Geschäftszweige
ermächtigen kann.
§ 80. Beschwerden über Entscheidungen in Gemeinde-Angelegenheiten sind nur
innerhalb 4 Wochen nach der Zustellung oder Bekanntmachung zulässig, sofern
sie nicht überhaupt durch die Bestimmungen dieses Gesetzes ausgeschlossen
oder an andere Fristen geknüpft sind.
§ 81. Wenn der Gemeinderath oder die Bürgermeistereiversammlung einen
Beschluß gefaßt hat, welcher deren Befugnisse überschreitet, die Gesetze
oder das allgemeine Interesse verletzt, so hat der Gemeindevorsteher,
beziehungsweise der Bürgermeister, die Ausführung zu versagen. Derselbe ist
sodann verpflichtet, sofort die Entscheidung des Bezirksausschusses
einzuholen und den Gemeinderath, beziehungsweise die
Bürgermeistereiversammlung davon zu benachrichtigen. Der Bezirksausschuß muß
innerhalb 6 Wochen entscheiden, ob der Beschluß dessen Ausführung versagt
ist, ausgeführt werden soll oder nicht.
Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses steht sowohl dem
Landeshauptmann als dem Gemeinderathe oder der Bürgermeisterei-Versammlung
innerhalb 10 Tagen die Berufung an den Minister des Innern zu.
§. 83. Der König kann einen Gemeinderath oder eine
Bürgermeisterei-Versammlung vorläufig ihrer Verrichtungen entheben und
dieselben besonderen Kommissarien übertragen. Die schließliche Bestimmung
erfolgt alsdann durch ein Gesetz.
§. 84. In Betreff der Suspension, Entsetzung und unfreiwilligen Entlassung
der Bürgermeister, Vorsteher und sonstigen Gemeindebeamten kommen die darauf
bezüglichen besonderen Gesetze zur Anwendung.
Wir werden auf diesen Entwurf, welcher Wahl nach Census, Bestätigung der
Regierung, Eidesleistung zur „Treue für den König“, Beschränkung der
Oeffentlichkeit, und ein Recht des Königs zur Suspension der Versammlungen
enthält, später ausführlich zurückkommen.
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[
!!!
]Frankfurt, 25. Juli.
‒ 47.Sitzung der Nationalversammlung. ‒ Tagesordnung:
Fortsetzung der Debatte über die Posener Frage. ‒ Präsident v. Gagern. ‒
Verlesung des Protokolls.
v. Radowitz: Sieht mit Bedauern, daß
Konfekkionsstreit sich in diese politische Frage mische. Wenn es hierin um
Vertheidigung der katholischen Kirche handle, so würden in dieser
Versammlung alle Rücksichten schwinden. Dies ist nicht so ! ‒ Daß ein
katholisches Land durch Aufnahme in den deutschen Bund an seinem Glauben
gefährdet werde, weise ich entschieden zurück.(Dieser Pfiff des Herrn v.
Radowitz soll ihm 200 katholische Stimmen in der Versammlung retten; gestern
als Jordan die Proklamation des katholischen Klerus an die polnischen Bauern
verlas, sagte Hr. v. Radowitz: das ist ein ungeschickter
Mensch, das hätte er ja nicht lesen sollen.) Der Redner macht mit
Wehmuth aufmerksam auf die 10 Millionen preußischer Thaler, die Posens
Befestigung kostet, und die man zu verlieren riskirt. Wer den Ausschußantrag
verwerfen will, muß entweder wollen, daß die ganze Provinz Posen polnisch
oder ganz deutsch werde. Das erste sei unmöglich, und wer das zweite will,
will 1 1/2 Millionen Deutsche einem künftigen Polenreiche opfern. Dies wäre
eine Theilung Deutschlands. (rechts sehr brav, links oh!) Gott bewahre uns
davor! (Bravo!) Frankreichs Kriegsdrohung, wenn Polen nicht freigegeben
würde, sei kein Recht, und weißt Hr. v. R. muthig zurück. (Bravo und
Zischen.) Eine solche Zumuthung wie die von der Linken betreffs Polens
stellen, wäre in jeder Kammer eines andern Landes unmöglich. Daß sie hier
möglich, lobe er nicht und tadle er nicht. Das liegt im deutschen Charakter.
Er nennt die Polen ein providentielles Volk.
Schufelka: Nach dem ausgezeichneten Redner vor mir
muß ich fürchten, poetisch sentimental zu erscheinen. Diese Frage muß vom
Standpunkt des Herzens und Gefühls, nicht blos des
kalten Verstandes betrachtet werden. Er weist die grausame Beurtheilung des
Polencharakters zurück, diese nehme man nur vor, um sein Gewissen zu
beschwichtigen. Miser res sacra! Die Worte, die hier gesprochen worden,
seien Dolchstiche in verblutende Herzen. Hr. Jordan hat vergessen, die uns
zu gut kommenden Stellen der Polengeschichte hervorzuheben, z. B. die
Verbindung der Polen mit den Deutschen gegen die Türken (Johann Sobiesky).
Was Jordan von einem Polenrausch gesagt, sei nicht
mehr anwendbar, nüchterne Sympathien, gegründet auf Rechtsprinzipien, seien
an dessen Stelle getreten Betreffs des polnischen Adels, wenn er auch die
Verderbniß desselben zugebe, könne kein Demokrat soweit gehen, ihn ganz
auszurotten à la Galizien. (Zischen rechts.) Den polnischen Bauer betreffend
und dessen Roheit etc., bei uns sei dies nicht viel anders. Alle
Geschichtsmänner, die auf höherm Standpunkt, haben Polens Theilung verdammt;
jetzt das Gegentheil behaupten wollen, und den Grund der Humanisirung vorzuschieben, sei eine Floskel. Jordan habe das
unpassende, das schauerliche Wort ausgesprochen,
Polen war nach der ersten Theilung schon eine
Leiche, dann seien die Könige, die es noch
einmal getheilt, Leichenzerreißer, Hyänen, und die Nationalversammlung
sei der Todtengräber (Moritz Arndt und die Rechte lärmen.) Der Redner; ich werde wohl hier und jetzt Redefreiheit
haben, nachdem sie mir so lange von der Polizei untersagt war. Wäre Polen
todt, wir müßten es auferwecken. Den Hrn. Radowitz
blamirt der Redner wegen seiner Theilungsansichten. (man lacht Hrn. v. R.
aus.) Schuselka fährt fort: Das ist nicht zum
Lachen. Sogar der König von Preußen, Friedrich Wilhelm III, hat eine nöthige
Organisirung, der Polen anerkannt, sie gewollt aber nicht gekonnt. Das
Vorparlament und der Fünfziger-Ausschuß haben sich dieser Ansicht geneigt
gezeigt. Wenn der Nationalversammlung die Endentscheidung in dieser neuen
Theilung gegeben sei, so sei dies gegen alles Staatsrecht, denn die ersten
Theilungen waren einseitig beschlossen.‒ Wenn wir dies thun, kommen wir in
Widerspruch mit drei andern von unsern Beschlüssen (betreffs Tyrols, Böhmens
und Schleswigs). Ferner kommen wir im Konflikt mit Frankreich und Rußland.
Die Franzosen sind sehr aufmerksam auf diese Versammlung.
Rußland wird das Stückchen Polen, was Preußen freigiebt, nehmen.
Er begreift gar nicht den Zarsinn der Versammlung Rußland gegenüber. In
Deutschland spricht man davon, daß diese Posener Angelegenheit zum
absichtlichen Kriegsgrund hingeworfen ward, um die Demokratie durch Krieg zu
unterdrücken.‒AntragDie Nationalversammlung
wolle die einseitige Theilung Polens weder vom staatsrechtlichen Punkte,
noch vom nationalen billigen, sondern möge die preußische Regierung
auffordern, die selbstständige Verwaltung Posens mit Wahrung beider
Nationalitäten auszusprechen und die Theilung der Provinz bis auf weiteres
zu verschieben. Nur ja möge man nicht die Ausschußanträge annehmen.
(Bravo.)
Folgt der Grafv Wartensleben: Sein Herz schlägt für
Polen. Wenn erein Pole wäre, würde er aus dem
kleinen ihm zugestandenen Theil einen Stamm bilden für die Zukunft. Der
Wille der preußischen Nation sei (unterstützend ihren König) in dieser Sache
maßgebend, die Versammlung habe nur formell diesen Willen zu ratifiziren.
(Beim Schluß ein sehr dünnes Bravo.)
Janizewski(Pole): Beschuldigungen sind von dieser
Tribüne gegen die Polen geschleudert, Mängel und Fehler von Jahrhunderten
auf einen Haufen geworfen. Er hat eine höhere Pflicht zu erfüllen als auf
diese Erbärmlichkeiten zu erwidern. Aber das müsse er sagen, so wie von hier
aus seien die Polen selbst von den Russennicht
verhöhnt worden. Zwei Vorwürfe will er widerlegen: bei dem Polenthum
vorgeworfenen Kampf gegen den Germanismus. Er könne sagen, wer diesen Kampf
angeregt. (Die Rechte schreit: er solle es sagen. Gagern weist die Rechte
zurecht.) Die preuß. Untersuchungskommission werde diese Vorwürfe zu recht
bringen. Dies Urtheil solle man erwarten. Er könne nicht einzelne Bilder,
eine ganze Bildergallerievon Niederträchtigkeiten
der Deutschen geben. Er hasse aber diese Art Gründe.
Er hat andre als Recriminationen. Der zweite Vorwurf als haben die Deutschenden Wohlstand Posens gegründet, sei
gleichfalls falsch. ‒ Der Redner verliest hierbei eine Kabinetsordre vom 13.
März 1833, welche den Nachweis liefert, daß von preußischer Regierung
offiziell die subhastirten polnischen Grundstücke nur an Deutsche verkauft werden sollen. ‒
Zur Sache! soll das Großherzogthum zum deutschen Bunde gehören, so müsse es
deutsches Bundesgebiet sein. Nur dann auch könne eine deutsche
National-Versammlung in dieser Sache entscheiden, dies sei aber unwahr.
(Beim geschichtlichen Nachweis dieser Unwahrheit unterhalten sich Hr. v.
Radowitz und der edle Fürst Lychnowsky lächelnd von Allotriis). Man hat die
Einverleibung Posens in den deutschen Bund mit solcher Eile betrieben, als
ob man befürchte, daß bei verändertem Beamtenpersonal sich der Volkswille
aus dem Lande flüchten werde. Seine Committenten
hätten gegen jede Wahl zum Parlament protestirt; als
sie dazu gesetzlich gezwungen haben sie ihn, vom
polnischen Comite gewählt, überzeugt, daß bei seiner Kenntniß der Sachlage
er nie zugeben werde, daß Posen eine deutsche Provinz werde. (Schallendes
langes Bravo und Händeklatschen links und Gallerie). Diese Wahl habe er
angenommen im Vertrauen auf die Gerechtigkeit der deutschen Nation.
Ueberall in Posen, so weist er numerisch nach, sei die polnische Bevölkerung
überwiegend. Soll also der Volkswille entscheiden, so müsse man warten bis
das Statistische festgestellt sei. Ueber eine Demarkationslinie könnte man
nur mit einem Staate Polen verhandeln, es sei aber
kein Polen da. Man übe also einen Akt der Gewalt. Jene Fürsten in Wien haben
zwar den polnischen Staat getheilt, aber die Nation haben sie immer, obschon unter drei fremden
Sceptern, noch anerkannt. ‒ Von diesen Dreien dürfe
jetzt nicht der eine (d. preußische) eigenmächtig verfügen, deshalb dürfe
Preußen nicht eine polnische Provinz dem Bundestag anbieten, noch dieser sie
annehmen. ‒ Dieses Grundes bediene er sich mit Schmerz, nur um zu zeigen,
daß das heutige Unrecht noch größer ist als die Theilungen. Heute vernichtet
man die Nation,damals den Staat. Soll zu
diesem Unrecht die Versammlung die Hand
bieten.(Schallendes Bravo!) Ferner ist etwa die
deutsche Nation gefährdet durch eine sogenannte Reorganisation Posens? ‒ hat
man in dieser Reorganisation nicht bloß Billiges
verlangt? Hierüber hat eine Kommission berathen, die überwiegend Deutsch
war. Wer bedarf da Schutz, die Deutschen gegen die Polen, oder umgekehrt.
Und wäre ein Schutz nöthig, hat Deutschland keinen
andern Schutz als eine Theilung? Schützt etwa Deutschland seine
Brüder in England, Frankreich etc. in dieser Weise? (Hohngelächterrechts übertönendes Bravo der Linken und Gallerien).
Der Redner giebt jetzt noch eine Beurtheilung der konkreten Wahlen in Polen.
Konnte man damals in Polen frei wählen wo schon das Martialgesetz galt?
(Links sehr gut, ausgezeichnet, rechts Zischen). Zur Zeit der Wahlen durfte
kein Pole auf der Straße sich zeigen; man war quasi vogelfrei.
Der Redner ruft die deutschen Sympathien nicht an, er ist
nicht gekommen als Bettler, er fordert Recht! (Langanhaltendes
Bravo). Man solle nur das unangetastet lassen was sogar die Gerechtigkeit der Fürsten
verschonte! Was gewinnt Deutschland in dieser Sache? 500,000 erbitterte Feinde! Was für Staatsbürger! Man hat die Polen verschluckt, aber verdauen wird man sie
schwerlich! (Donnerndes Bravo). Sie, meine Herren, selbst Deutsche,
wollen zu Gericht sitzen in ihrer eigenen Sache? Seien Sie gerecht. Ich will nur Gerechtigkeit, nur Gerechtigkeit!
(Begeisterter, langer Beifall).
Kerst aus Polen verlangt aufmerksames Gehör für seine
lange Entgegnung auf Janiczewski's Rede und seine lange Vertheidigung des
deutschen Anrechts. Erfolg dieses Verlangens. Rechts und links Leeren der
Bänke, Frühstückengehn, Theilnamlosigkeit an der Debatte. Im ganzen Saale
kaum 200 Abgeordnete. Kerst's Rede hat zuletzt nur noch einen andächtigen
Zuhörer.‒ Hrn. Christ. Clemens aus Bonn bekämpft die
Anträge des Ausschusses. Zwei Punkte stehen fest für mich 1) es muß die
Polen'sche Frage hier in einer für immer Deutschland Ehre bringenden Art
entschieden werden. 2) Die Zustände in Polen können nicht fortbestehen wie
sie gegenwärtig.
Der Posener Landtag war mit 26 Stimmen gegen 17 für die Nichteinverleibung in
den deutschen Bund.
Konfessionelles habe wohl influirt. (Rechts wird man
unruhig, Linke schreit Redefreiheit. Präsident verweist die
Rechte). Der Redner stellt Anträge die den
Ausschußanträgen widersprechen und meint bei Annahme seiner Anträge würde
sich die Versammlung wenigstens nicht viel vergeben (man schreit
Schluß).
Ostendorf aus Westphalen wirft dem vorigen Redner
Ungründlichkeit vor und ist so gründlich, Jordan's Rede nicht
nachzusprechen, sondern sogar abzulesen. Warum nicht die Polenlieder desselben Berliner Literaten, der in der vorigen
Versammlung davor gewarnt hat, „poetische Sentimentalitäten“ (Jordan's
Polenlieder) ernst zu nehmen. So ist aber der Berliner Literat).
(So eben erfahre ich, daß im Ganzen nur 72 Redner eingeschrieben sind).
Schmidt(Löwenberg) macht den vorigen Redner
lächerlich, der gesagt habe, mit Jordan's Rede sei das Thema erschöpft.
(Heiterkeit.) Nicht 20 seien in der Versammlung, die einen klaren Blick in
die Posener Ereignisse hätten. Selbst er könne es nicht (Gelächter rechts),
trotzdem er sein subjektives Urtheil darüber, da er lange in Posen gewesen,
gebildet habe. Bekämpft v. Radowitz Ansicht, als würden durch gänzliche
Hingebung Posens an Polen 11/2 Mill. deutsche Brüder geopfert. Man habe nur
Rücksicht auf die Petitionen um Einverleibung Posens genommen, nicht auf die
Protestationen dagegen. (Mißbilligung der Rechten.) Er macht diese
Mißbilligung lächerlich. (Die ganze Versammlung lacht.) Wie man jetzt auf
einmal dazu käme, die Posener Juden Brüder zu nennen? (Großes Lachen und
Bravo.) Auch bei der thatsächlichen gezogenen Demarkationslinie habe der
Ausschuß die Versammlung mit statistischer Begründung im Stich gelassen. Das
ist zu bedauern. (Rechts: Schluß! Links: Ruhe!) Auch die zweite
Demarkationslinie ist eine die polnische Nation tief verletzende. Der Redner
kennt die Statistik genau, er zeigt, daß der Ausschuß falsch berichtet hat.
Jeder andere Weg sei besser, nur nicht auf die Ausschußanträge eingehen.
Wenn Sie dies thun gegen das verpfändete Wort des Fünfziger-Ausschusses, so
haben sie das Pfand der deutschen Ehre nicht eingelöst. Die Konsequenz ist:
daß sie das Vorparlament desavouiren.(Rechts einige
Stimmen: Ja!) Sie werden damit sagen, daß sie sich selbst der Idee der Wiederherstellung Polens entfremden.
(Bravo!) Er verliest einige Stellen aus des Abgeordneten v. Flottwells,
früheren Posener Ober-Präsidenten, Buche über Posen, worin dieser sagt: daß
den Polen eine Reorganisation und Bewahrung der Nationalität versprochen,
und trotz dieses Versprechens auf die schon damals stattgehabten
Germanisirungsversuche Posens hingewiesen wird. (Rechts: Nicht weiter lesen.
Links höhnisches Gelächter).Antrag des Redners:
Vorarbeiten zu liefern zu endlicher Entscheidung in dieser Sache.
Der Einwand, diese Verzögerung werde Gefahr bringen, sei falsch. ‒ Man würde
sich in Polen freuen, wenn der Beschluß aufgehoben werde. Zuletzt weist er
auf den Verdacht hin, die Presse habe durch die in den letzten
Zeitungsblättern angekündigten neuen Schilderhebungen in Posen auf den
Beschluß der Versammlung einwirken wollen. Am Tage der Einreichung des
Ausschußberichtes über diese Sache sei eine Deputation bei v. Gagern
gewesen, die einen neuen bevorstehenden Aufruhr in Polen denuncirt hätte.
(Geschrei in der Versammlung: Ist das wahr?) Gagern erklärt sich für die
Unwahrheit dieses Ausspruches. (Zischen rechts; lautes Bravo links und
Gallerien).
Lychnowsky(der ritterliche Deklamator) will sich so
kurz wie möglich fassen. Seine Rede besteht fast nur aus Angriffen auf die
Redner von der Linken und Ausfällen gegen einzelne Punkte, die er nach
Gutdünken planlos aus ihren Reden herausreißt. Janiczewski habe gesagt: „er
berufe sich nicht auf die Sympathien für die Polen;“ doch hätte er es sehr
stark gethan; aber die Polen besäßen jene Sympathien nur noch in einzelnen
Fraktionen. Warum? Weil bei allen Rebellionen aller Länder die Polen an der
Spitze.
Unter andern fängt der Redner eine Periode seiner Rede also an: Für das
historische Recht meine Herren, gibt es kein Datum nicht. (Gelächter). Der Redner weiß nicht, weshalb man lacht und
wiederholt den Satz mit erhöhter Stimme (stärkeres Gelächter); er wiederholt
ihn zum dritten Male mit höchster Stimmlage (ungeheures Gelächter); endlich
verbessert er sich: für das historische Recht gibt es kein Datum (Bravo); er
entrüstet sich über diese Verläugnung des historischen Rechts. Die Polen
würden sich nicht begnügen mit Posen, er müßte einen schlechten Begriff von
ihnen haben, wenn sie dieses thäten. Sie würden einen Hafen haben wollen,
sie würden Danzig nehmen wollen. Dies würde Blut geben, viel Blut! Wehe!
Wehe! Er interpellirt den Ministerpräsidenten, welcher nicht da ist. (Die
Linke schreit: abgekartete Sache). Da interpellirt er auch den
Kriegsminister: ob der Besitz des Ostens sicher sei, möglich sei, ohne die
Festung Posen.
So fährt er mit Komödiantenstreichen fort und ersetzt durch Forciren der
Stimme, was ihm an Gründen abgeht. Er schließt mit dem Arndt'schen Verse:
„So weit die deutsche Zunge klingt, und Gott im Himmel Lieder singt,“ soll
das deutsche Reich gehen. Moritz Arndt, der zunächst der Tribüne sitzt,
weint vor tiefster Rührung, rechts und Centren eklatiren in schallendem
Applaus, links Zischen. Auf den Gallerien Schweigen.
Nach ihm wird abgestimmt, die Riesendebatte aufs neue bis morgen 9 Uhr zu
vertagen. Schluß der Sitzung 1/24 Uhr. Von den 72 Rednern haben kaum ein
Dutzend gesprochen.
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@facs | 0288 |
[
*
]Frankfurt, 26. Juli.
Die um 9 1/4 Uhr begonnene Sitzung, in welcher Ruge, Wiesner, Thinnes
(bairischer Domkapitular) für Löwe, Sänger, Giskra
gegen die Polen, Venedey als Mann des
Justemilieu, auftraten, endigt damit, daß der Schluß
der Debatte ausgesprochen, die Abstimmung aber auf morgen 9 Uhr vertagt
wird. Es ist auf namentliche Abstimmung angetragen.
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@facs | 0288 |
[
31
]Düsseldorf, 24. Juli.
Ich bin in den Stand gesetzt, über die Verhaftung des Bürgers Julius Wulff in
Düsseldorf und über die ihm nach dem Code pénal zur Last gelegten
„Verbrechen“ Näheres mitzutheilen. Ihre Leser mögen daraus ersehen,
inwieweit die Behauptung, daß die alten Gesetze
nicht auf die Rede-, Preß-und Versammlungsfreiheit angewendet werden können,
ohne diese illusorisch zu machen, gegründet ist.
Der Bürger Julius Wulff in Düsseldorf ist am 8. Juli in aller Frühe durch den
Oberprokurator Schnaase, Instruktionsrichter Merrem und Polizeidirektor
Huthsteiner in Begleitung einiger Gensdarmen verhaftet und in das hiesige
Arresthaus abgeführt worden. Derselbe ist der Uebertretung der Art. 102 und
293 des Strafgesetzbuches angeklagt worden, oder,
wie es in dem Verhaftsbefehle heißt, beschuldigt, aufreizende Reden gehalten
und Schriften verbreitet zu haben.
Die Art. 291‒ 294 des Code pénal handeln von unerlaubten
Gesellschaften oder Versammlungen. Der Art. 293 bestimmt, daß, wenn
in einer „unerlaubten“ Versammlung durch Reden, durch Vorlesung oder
Vertheilung von Schriften und dergl. irgend eine Anreizung zu Verbrechen
oder Vergehen stattgefunden, der Chef dieser Versammlung mit einer Geldbuße
von 100 bis 300 Fr. und Gefängniß von 3 Monaten bis zu 2 Jahren bestraft
werde. Man braucht kein Jurist zu sein, um zu wissen, daß es gegenwärtig, wo
sämmtliche Staatsbürger, mit alleiniger Ausnahme des Militärs, das freie
Versammlungsrecht haben, keine unerlaubten
Gesellschaften und Vereinigungen mehr geben kann. Es ist also hinsichtlich
der Anwendung des Art. 293 eine unbegreifliche Uebereilung, ein Mißgriff
seitens der Staatsbehörde geschehen.
Aber wenn es mit dem Art. 293 nicht geht, so geht es vielleicht mit dem Art.
102. In den Art. 86 bis 90 Code pénal ist die Rede von Majestätsbeleidigung. Der Code kennt keine Majestätsbeleidigung im
Sinne des Allgem. preuß. Landrechts, wonach eine einfache Injurie gegen den
König zu einem Verbrechen gestempelt wird, der Code versteht unter
Majestätsbeleidigung ein Attentat oder Komplott d. h. einen bereits vollzogenen resp.
begonnenen, oder einen unter Verschworenen beschlossenen Angriff gegen das
Leben oder die Person des Kaisers resp. Königs. Eine solche
Majestätsbeleidigung wird gleich dem Elternmorde bestraft, also mit Abhauen
der rechten Hand und darnach des Kopfes. Die Art. 91 bis 101 Code pénal
reden von Verbrechen, die dahin zielen, die Ruhe des Staates durch
Bürgerkrieg, durch gesetzwidrigen Gebrauch der bewaffneten Macht, durch
öffentliche Verheerung und Plünderung zu stören. Es wird hier ebenfalls
zwischen Attentat und Komplot unterschieden. Es muß entweder schon zur That geschritten
oder verabredet sein, dazu schreiten zu wollen. Ein Hauptmerkmal bei diesen
Verbrechen, welche ebenfalls mit dem Tode bestraft werden, ist, daß sie nur
mitHülfe vonWaffen
ausgeführt werden können.
In dem Art. 102 wird nun endlich bestimmt, daß als der in den Art. 86 bis 101
erwähnten Verbrechen schuldig bestraft werden Alle diejenigen, welche durch
Reden in öffentlichen Versammlungen oder durch Anschlagzettel oder
Druckschriften die Bürger unmittelbar (directement) anreizen, sie zu
begehen. Sind diese Anfforderungen von keinem Erfolge gewesen, so wird die
Todesstrafe in die Strafe der Deportation verwandelt.
Der Volksklub hat stets öffentliche Versammlungen gehalten. Es stand Jedem,
also auch der Staatsbehörde, frei, sich über das Thun und Treiben daselbst
zu unterrichten. Es ist fast in jeder Versammlung von dem einen oder dem
andern Mitgliede, so auch von dem Angeklagten, vor allen thörichten,
„ungesetzlichen“ Handlungen, ja einmal ausdrücklich vor Uebertretung des
Art. 102 gewarn worden. Kann bei solchen Umständen,
deren
Richtigkeit durch Hunderte von Zeugen bewiesen werden kann, die
Staatsbehörde durch den Art. 102 die ect. Wulff rechtfertigen? Klagt
vielleicht das allgemeine Gerücht denselben obiger Verbrechen an? Im
Gegentheil, es wird Niemand ihn im Ernste der genannten Verbrechen zu
beschuldigen wagen. In seinen Pa-
[0289]
pieren ist nichts
Verfängliches gefunden. Weit entfernt, daß man ihn der Uebertretung des Art
102 überführen kann, liegt nicht einmal ein
gegründeter Verdacht gegen ihn vor; es steht daher zu erwarten,
daß er bald aus der Haft entlassen werden wird, wenn die Behörde ihm nicht
aus der Verbreitung des „republikanischen Katechismus“ ein
Verbrechen machen will.
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@type | jArticle |
@facs | 0289 |
[
38
] Bernkastel, 23. Juli.
Gestern wurde hierselbst in Folge eines Preßvergehens die Verhaftung eines
ansäßigen allgemein beliebten Bürgers, mit imponirendem Kraftaufwand
vorgenommen. Der „Gefahndete“ hatte einige mißliebige Artikel in einem
hiesigen Provinzialblatt veröffentlicht.
Am Morgen unmittelbar nach der Ankunft des Staatsprokurators John und des
Untersuchungsrichters Mathieu schritt die ganze exekutive Gewalt von
Bernkastel, bestehend aus einem berittenen und einem Fuß-Gensdarmen, unter
der persönlichen Leitung des genannten Staatsprokurators zu der Arrestation,
die in einem fremden Hause statt fand, wo sich eben der Arrestant
aufhielt.
Bald nach dem Verhör wurde der Verhaftete auf einem andern Wege, als die
zusammengelaufene Volksmenge erwartete, „nach Trier abgeführt.“
Die Frauen drängten die Männer zur gewaltsamen Befreiung des Gefangenen. Die
Männer widerstanden der lockenden „Verführung „auf das Anrathen Ihres
Korrespondenten, beschlossen vielmehr eine Volksversammlung abzuhalten,
welche heute statt fand und sehr zahlreich besucht war.“
Man faßte den einstimmigen Beschluß, daß sofort für den unbemittelten
Mitbürger die Kaution in Geld gestellt und seine provisorische Freilassung
gefordert werden sollte, sowie, daß zur Beseitigung der zwei angeblich in
den incriminirten Zeitungsartikeln verläumdeten Beamten (Friedensrichter
Voll und Bürgermeister Schwan) die geeigneten Schritte gethan werden
müßten.
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@facs | 0289 |
[
14
] Herford, 26. Juli.
Herr Dallmann, Colonus aus Elverdissen, dessen
Einsicht bis dato über die bäuerlichen und pietistischen Angelegenheiten von
Elverdissen nicht hinausging und der erst von der Reaktionspartei in Berlin
erfuhr, er sei ein Mann von exceptionellen Geistesgaben und könne zum
Winkelried an den Destruktiven werden. Herr Dallmann hat nachfolgende offene Erklärung an die Wähler des Kreises erlassen.
Diese „offene“ Erklärung ist mit der größten Heimlichkeit an konservative Wähler vertheilt
worden. Den Argusaugen des landräthlichen Bureaus sogar scheint sie entzogen
worden zu sein.
Offene Erklärung an die Wähler des Kreises.
Die Deputirten der Provinz Westphalen haben ihren Sitz in der preußischen
Nationalversammlung eingenommen, in der Ueberzeugung, daß das Wahlgesetz vom
8. April d. J. der Rechtsboden sei, auf dem sie stehen und daß ihre
Vollmacht vorab dahin laute: eine Verfassung mit der Krone zu
vereinbaren.
Indem sie eine große geistige Bewegung Europas und des Vaterlandes
anerkennen, verwerfen sie die sogenannte Berliner
Revolution mit ihren gefährlichen Consequenzen der Volkssouveränetät und Infragestellung aller
Rechtszustände.
Westphalen will keine Reaktion, sondern das volle Maaß
gesetzlicher Freiheit auf den Grundlagen der Intelligenz und
gesichert vor roher Gewalt. Die Provinz will nicht
den Eid verletzen, welchen sie dem Könige geschworen hat, nicht von der
Vergangenheit scheiden, wie der verlorene Sohn vom Hause seines Vaters; sie
will das alte Kleinod der Treue bewahren auf dem freien Erbe ihrer
Väter.
Die Vertreter Westphalens haben das Ministerium Camphausen unterstützt wie
ein Mann, im Interesse der Ordnung und
Gesetzlichkeit, unter deren Schutz allein die Nahrungsquellen sich ergießen;
sie haben es um so freudiger gethan, weil dieses Ministerium ihrer
Ueberzeugung entsprach.
Camphausen, der Mann von großer politischer Fähigkeit und trefflicher
Gesinnung ist vom Schauplatz abgetreten als schlichter Bürger, begleitet von
der Hochachtung aller Parteien, welche ihm als Votum des Vertrauens den
Präsidentenstuhl in der Kammer angeboten. Darin liegt die Rechtfertigung
unseres politischen Handelns dem Lande gegenüber.
Das neue Ministerium Auerswald hat in seinem Programm eine Anerkennung der
Märzrevolution in unbestimmten Ausdrücken ausgesprochen, welcher wir nicht
beitreten können.
Es ist auf rother Erde nicht Sitte, die Ueberzeugung des Mannes zu wechseln
wie ein Kleid.
Die hier erschienenen zahlreichen Deputationen aus Rheinland und Westphalen
geben die feste Zusicherung, daß unsere Grundsätze die der entschiedenen
Mehrzahl unserer Machtgeber sind, und ermahnen uns, gesinnungstreu auf dem
bisherigen Rechtsboden zu verharren.
Demgemäß erklären wir hiermit öffentlich, daß uns das Programm des
Ministeriums Auerswald nicht genügt, in dem seine unklare Fassung unser
politisches Glaubensbekenntniß nicht enthält.
Insofern das Ministerium wirklich ein Ministerium der That sein wird, werden
wir jede Maaßregel zur Herstellung der Ruhe und Ordnung und den
Fortschritten der Zeit angemessenen Gesetzesvorschläge, ohne
Parteirücksichten unterstützen.
Auf welcher Seite des Hauses wir künftig auch sitzen mögen, wir werden
folgerecht die ausgesprochene Gesinnung unseres Landes mit Ehren zu
vertreten streben.
Um in schwierigen Zeitenkein Aufsehen durch
Kollektivunterschriften zu erregen, ist beschlossen worden, diese Erklärung
von jedem einzelnen Deputirten an seine Wähler abgehen zu lassen.
Berlin, 17. Juli 1848.
gez. Dallmann.
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@facs | 0289 |
[
15
] Berlin, 24. Juli.
Kuhr aus Preußen (zur Linken gehörend) ist
beschuldigt worden, bei Gelegenheit des Zeughaussturmes am 14. Juni, Waffen
aus dem Zeughause entnommen zu haben. Der bisherige Staatsanwalt beim
Kammergericht, Herr v. Kirchmann hat, da nach dem neuen Gesetze die
gerichtliche Verfolgung eines Deputirten ohne Genehmigung der
Nationalversammlung nicht stattfinden darf, bei derselben einen Antrag
eingereicht, welcher die Bewilligung, den erwähnten Abgeordneten in
Anklagezustand versetzen zu dürfen, betrifft. Der Antrag wurde den
Abtheilungen zur Vorberathung überwiesen; dieselben entschieden sich zum
größten Theil dafür, und ebenso die aus den einzelnen Abtheilungen gebildete
Central-Abtheilung. Wir werden also nächstens das interessante Schauspiel
haben, wenn, wie zu erwarten, die Majorität der Nationalversammlung sich
ebenfalls für gerichtliche Verfolgung ausspricht, einen des gemeinen
Diebstahls beschuldigten Deputirten vor den Schranken des Gerichts gestellt
und zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt zu sehen.
Wie unsere Regierung die nationale Reorganisation des Großherzogthums Posen
auffaßt, können Sie daraus ersehen, daß das polnische Gymnasium in Posen
trotz aller Vorstellungen des Erzbischofs Przyluski und anderer Polen, noch
immer geschlossen ist. Der frühere Kultusminister, Graf Schwerin, hatte die
Eröffnung des Gymnasiums bereits befohlen, da protestirte der General Pfuel
und der Oberpräsident Beurmann, ebenso die Posener Stadtbehörden. Schwerin
trat ab und Rodbertus an seine Stelle. Dieser war dem Gymnasium günstiger,
allein er fand bei den übrigen Ministern Widerspruch. Und so ist die Sache,
nachdem Rodbertus abgetreten, noch immer unentschieden. Eine Bevölkerung von
18,000 Polen, die, selbst nach Angabe der Deutschen, in der Stadt Posen
lebt, wird so verhindert, ihre Jugend unterrichten zu lassen. Und das nennt
man Achtung der Nationalität! Freilich, die preußische Regierung erklärt,
daß der ganze Kreis zum deutschen Bunde gehört; also sind mit einem Mal alle
Polen daraus verschwunden, oder haben wenigstens plötzlich ihre
Muttersprache verloren!
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@facs | 0289 |
[
14
] Berlin, 25. Juli.
Ueber den alten Polizeistaat ist jetzt mit
Bestimmtheit entschieden, er ist gefallen, an seine Stelle der Konstablerstaat getreten. Seit gestern sind nämlich
die früher militärisch gekleideten Polizeidiener verschwunden und die
Straßen dicht mit bürgerlich gekleideten Konstablern besetzt. Die
militärische Polizei hat der bürgerlichen Platz machen müssen, das wahre
Zeichen des Umschwunges in Preußen, der die Bourgeoisie scheinbar zur
Herrschaft gebracht. Diese bürgerliche Einrichtung kostet den Staat jährlich
allein für die Stadt Berlin 300,000 Thlr. Doch was liegt den großen
Kapitalisten daran, der Mittelstand und die Arbeiterklasse zahlen ja diese
neue Sicherheit des Bourgeoisthums. Uebrigens eignet sich die Einrichtung
ganz besonders zum Spioniren. Unter Boltshaufen und besonders am Abend sind
diese Leute kaum zu erkennen. Gestern Abend war bei Gelegenheit der
Einführung der Konstabler seit langer Zeit wieder einmal Lindenklub, d. h.
jene zufällige Versammlung, die sich sonst Abends immer unter den Linden an
der Ecke von Kranzler einfand. Ich drängte mich in die Masse hinein, die
heftig über die Konstabler diskutirte, bemerkte aber bald, daß ein Theil
dieses Klubs aus Konstablern selbst bestand, die mit dem ruhigsten Anschein
der Diskussion zuhörten. Da die Konstabler den Straßenklub nachgerade
auseinander sprengen wollten, kam es zu einigen Handgreiflichkeiten, denen
sie weichen mußten. Begierig ist man nun, was die Regierung aus den frühern
Polizeimannschaften und der Gendarmerie machen will. Einstweilen bestehen
sie noch neben den Konstablern, vielleicht sollen die Provinzen damit
beglückt werden?
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@facs | 0289 |
[
103
] Berlin, 25. Juli.
Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung wurde zuerst
ein dringender Antrag des Abgeordneten von Unruh,
über Bildung der Spezialkommission für die Verhältnisse des
Handwerkerstandes und deren Verhältniß zu der Fachkommission für Handel,
Gewerbe und Arbeit, wie sie sich vorkommenden Falls gegenseitig zu ergänzen
haben, angenommen.
Hierauf folgt eine dringliche Interpellation des Abgeordneten v. Pokrzywincki an das Staats-Ministerium, „ob das
Ministerium geneigt sei über den Bau und die Richtung der Ostbahn der
Versammlung die nöthigen Mittheilungen zu machen? und weßhalb das
Ministerium den Bau der Ostbahn bei Driesen anfangen ließ, ohne vorher die
Genehmigung wegen Richtung dieser Bahn von der Versammlung einzuholen?“
Die Interpellation wurde dadurch motivirt, daß diese Bahn für die davon
berührten Provinzen sehr wichtig sei. Bereits dem ersten vereinigten
Landtage waren Vorlagen zum Baue dieser Bahn gemacht, ihre Nützlichkeit und
Zweckmäßigkeit, sowie die Nothwendigkeit der Bahn für die Provinz Preußen
wurde anerkannt, nur im Betreff der Geldbewilligung konnte man sich nicht
einigen. Daß der Bau der Ostbahn bald zur Ausführung komme ist um so mehr
nothwendig, da es in der Provinz Preußen mitunter noch an den nöthigen
Kommunikationswegen fehlt und die Nothwendigkeit der schnellen Verbindung
mit dieser Provinz anerkannt ist. Die Richtung, welche die Bahn nehmen soll,
ist für die betreffenden Bezirke sehr wichtig. Die Regierung hat sich aber
berufen gefühlt, die Arbeiten der Bahn an Punkten beginnen zu lassen, in
einer Richtung, die vom vereinigten Landtage sogar sehr stark angegriffen
war.
Der Finanzminister Hansemann antwortete: Ich werde
mich bemühen kurz zu sein. Die Regierung hat schon früher erklärt, sowie die
Verhältnisse günstiger würden, sowie das Vertrauen zurückkehre, würde sie
großartige Arbeiten im ganzen Lande beginnen lassen, wo auch die Ostbahn
berücksichtigt werden sollte. Die Verhältnisse haben sich gebessert, das
Vertrauen hat sich wieder eingestellt. Die Regierung ist nun gegenwärtig
beschäftigt einen Gesetzentwurf vorzubereiten und der Versammlung
vorzulegen. Bei dieser Gelegenheit und nicht bei gegenwärtiger
Interpellation wird das Ministerium in eine nähere Debatte über diese Frage
eingehen.
Bauer aus Krotoschin: Die Unternehmungen des Staates
und die Unternehmungen der Privatgesellschaften sind sehr verschiedener
Natur. Der Staat muß nur das Wohl der Gesammtheit im Auge haben, dagegen
eine Privatgesellschaft den pecuniären Vortheil berücksichtigen muß. Die
Richtung, welche die Regierung beim Bau der Ostbahn einschlagen läßt, nimmt
aber keine Rücksicht auf das Gesammtwohl. Wir müssen darauf bestehen die
Richtung der Bahn selbst festzustellen. Das Ministerium will uns zwar
Vorlagen machen, hat aber die Richtung schon bestimmt und in Angriff
genommen, demnach hätten wir nur noch über die Geldbewilligung zu
bestimmen.
Finanzminister Hansemann: Ich muß dabei bleiben, daß
bei Vorlage des Gesetzes die Versammlung auch über die Richtung der Ostbahn
bestimmen kann, da es ihr freisteht, das Geld für die Richtung zu
bewilligen, die sie beliebt.
Abg. Gladbach: Der Herr Finanzminister sagte uns, daß
das Vertrauen zurückgekehrt sei, das will ich glauben, aber ich möchte den
Punkt, wann das geschehen ist, kennen, da, wie ich glaube, die Arbeiten an
der Ostbahn schon früher angefangen haben.
Finanzm. Hansemann: Das Ministerium hat seine Pflicht
immer erkannt und auf seine eigene Verantwortlichkeit die Arbeiten an der
Ostbahn beschlossen, um brodlosen Arbeitern Beschäftigung zu geben.
Hiermit ist diese Interpellation geschlossen. Der Abgeordnete Borchardt will einen dringenden Antrag, um Aufhebung
der Gesetzesstellen über den frechen Tadel der Gesetze, und Suspendirung der
auf Grund dieser Gesetzesstelle eingeleiteten Untersuchungen und
Verhaftungen bis zur Revision der Strafgesetze. Dieser Antrag wird aber für
nicht dringend gehalten und auf die Tagesordnung gesetzt.
Der Vorsitzende der Verfassungs-Kommission, Abg. Waldeck, macht noch mehrere Mittheilungen über die bisherigen
Arbeiten dieser Kommission. Außer vielen Mittheilungen, die wir schon in der
letzten Zeit mitgetheilt haben, ist nur noch zu bemerken: Die Erblichkeit
der königlichen Gewalt in der männlichen Linie, nach dem Rechte der
Erstgeburt. Mündigkeit des Königs im achtzehnten Jahre. Die Regentschaft
wird bei der Unmündigkeit des Königs durch ein Gesetz bestimmt. Die
Regentschaft darf nur aus einer Person bestehen, welche auch denselben Eid
auf die Verfassung leisten muß wie der König. Dem König steht die Verleihung
von Orden und andern Auszeichnungen zu. Die Kammern werden regelmäßig im
September jeden Jahres einberufen. Werden sie nicht berufen, so versammeln
sich die Kammern am letzten Tage des Monats September von selbst. Ebenso
zehn Tage nach dem Tode eines Königs. Die Verf.-Kommission fand es ferner
nicht für angemessen, das Großherzogthum Posen von der Verfassung
auszuschließen.‒ Schließlich ist noch zu bemerken, daß die
Verfassungs-Kommission nur noch einige Sitzungen mit der Redaktion des
Entwurfs und der Feststellung der Motive zu halten haben wird.
Hierauf entwickelt sich eine sehr lange Verhandlung über den
Kommissionsbericht die zur Geschäftsordnung eingegangenen
Abänderungsvorschläge betreffend. Sie sind ohne alles Interesse, bis auf
diejenigen die Einbringung und Behandlung der Interpellationen betreffend.
Es waren mehrere Anträge eingegangen, wonach jede Interpellation von der
Majorität oder von 50 bis 100 Mitgliedern unterstützt werden sollte, ehe sie
gestellt werden könne. Besonders sprach der Abg. Baumstark sich stark gegen die Zulassung von Interpellationen aus,
die nur wie bisher die Zustimmung von 25 Mitgliedern nöthig hätten. Er ist
dagegen, weil, wie Andere sagen, die Interpellationen uns von der Berathung
des Verfassungsentwurfs abhalten, und das Land mit Sehnsucht auf unsere
eigentliche Thätigkeit harre. Dem kann ich nicht beistimmen. Wir haben sehr
viel gethan. Wenn das Land und die Presse in unsere Abtheilungsarbeiten
hineinsehen könnte, würden sie anders urtheilen. Es ist mir sogar sehr lieb,
daß wir nicht gleich in den ersten Wochen die Verfassung berathen haben,
denn die Versammlung mußte sich erst näher kennen lernen und sich in
verschiedene Parteien theilen. Aber die Interpellationen haben uns bisher
nichts genützt; aus den Antworten ist größtentheils nichts geworden, weil
die Fragen nichts taugten.
Abgeordneter Stein widerlegt alle Angriffe auf das
unumschränkte Interpellationsrecht auf's Glänzendste. Man will die
Interpellationen beschränken, weil einiger, Mißbrauch dabei vorkommen soll.
Da dies nun geschehen, will man große Beschränkungen einführen, wie es die
frühern Regierungen thaten, welche die Presse durch Einführung der Censur
einschränkten, um den möglichen Mißbräuchen vorzubeugen. Sehen wir nach
England, nach Frankreich und nach allen freien Staaten, sie haben das Recht
der Interpellationen noch in viel ausgedehnterm Maße, sie knüpfen eine
längere Debatte daran, bis die Frage vollständig erledigt scheint. Auch
können wir keinen Unterschied machen, ob die Interpellationen inländische
oder ausländische Gegenstände betreffen, wie das von einem geehrten
Mitgliede beantragt ist. Der Präsident würde wohl manchmal in Verlegenheit
kommen, wie er die Frage zu nehmen habe, und wie die inländische von der
ausländischen zu scheiden sei. ‒ Ich bin für die Beibehaltung der bisherigen
Ordnung und für den Zusatz, daß sich eine Debatte an die Interpellation
knüpfen könne.
Die Abstimmung entscheidet im Sinne der Linken, obgleich die Rechte bei der
Fragstellung nochmals alles Mögliche versuchte, damit der Beschluß in ihrem
Sinne ausfalle. Das unumschränkte Recht der Interpellation bleibt
gewahrt.
Nachdem noch mehrere andere vorgeschlagene Aenderungen der Geschäftsordnung
verworfen worden sind, wird auch der Antrag auf Erbauung eines
interimistischen Sitzungslokals für die Versammlung, da das jetzige,
hinsichtlich des Zuhörerraumes, zu beschränkt sei, und noch andere
Nachtheile mit sich führe, verworfen, dagegen der Antrag auf Erbauung eines
Lokals für die Preußischen Kammern, in der Art angenommen, daß die
Versammlung beschloß: „das hohe Staatsministerium zu ersuchen, die
Herstellung eines hinlänglich geräumigen und angemessen eingerichteten
Gebäudes für die Versammlungen der Preußischen Nationalvertretung baldigst
vorzubereiten.“
Nachdem der Abgeordnete Dierschke an den
Ministerpräsidenten noch die Bitte gerichtet hatte, den Kriegsminister zu
ersuchen, in den nächsten Sitzungen anwesend zu sein, da er einige
Interpellationen an denselben gestellt habe, die wahrscheinlich alsdann auf
der Tagesordnung sein würden, der Kriegsminister aber seit einigen Wochen
die Sitzungen mit seiner Gegenwart nicht beehrt habe, wurde die Sitzung
geschlossen.
Das Ministerium hat auch in der heutigen Sitzung noch keine Erklärung in
Betreff seines Verhaltens zur deutschen Centralgewalt in Frankfurt,
abgegeben. Die verschiedensten Gerüchte sind darüber im Umlauf, welche durch
die eilige Berufung des Hrn. Camphausen und v. Beckerath noch vermehrt wurden. Die Ankunft des
Herrn Staatsminister Camphausen veröffentlichte der Staatsanzeiger in seinem
amtlichen Theile, und Hr. v. Beckerath wurde heute in der Singakademie ‒ dem
Sitzungslokale der Vereinbarungsversammlung ‒ bemerkt. Die Angelegenheiten,
für welche man den Rath solcher Männer einholt, müssen sehr dringender Natur
sein. Der Aufenthalt dieser Männer in Frankfurt, hat ihnen natürlich den
vollen Einblick in die dortige Lage der Dinge gestattet. Man behauptet hier
sogar, daß es vorzüglich auf den Rath Camphausens
geschehe, daß Preußen sich nicht der Souveränetät der Frankfurter
Versammlung unterwirft. Nach den Ansichten des Herrn Camphausen hat die
deutsche Nationalversammlung keine klare Vorstellung über den Begriff der
Volkssouveränetät.
Das Ministerium soll sich nun nach Berathung mit den Herren Camphausen und v.
Beckerath dahin entschlossen haben, sich keinesfalls unter den
rücksichtslosen Befehl der deutschen Reichsgewalt zu stellen. Um nun die
Vermittlung zwischen Frankfurt und Preußen zu regeln, wird Herr Camphausen dorthin abgehn, und als preußischer
Gesandter daselbst auftreten, in der Weise, daß er förmlich bei dem
deutschen Reichsverweser akkreditirt wird. In der gestern Abend
stattgefundenen Volksversammlung des demokratischen Klubs machte dessen
Präsident Schramm die Anzeige, daß beschlossen
worden sei, die Erlaubniß des Polizeipräsidenten zu den Volksversammlungen
nicht einzuholen, da dieses nicht gesetzlich begründet sei, und man wollte
es auf ein Erkenntniß des Polizeirichters ankommen lassen. Dieser Beschluß
wurde mit großem Beifall von der versammelten Volksmenge aufgenommen, und
man ist nun begierig, wie sich der Polizeipräsident in dieser Sache
verhalten wird. Bekanntlich hat er eine Strafe von 5-50 Thlr. für jeden
Redner festgesetzt, welche Verordnung auch vom Minister Kühlwetter bestätigt
worden ist.
Die Central-Abtheilung für das Heerwesen hat sich, ungeachtet sehr
entschiedener und eifriger Gegenvorstellungen des Herrn v. Griesheim, als Stellvertreter des Kriegsministers für Aufhebung der Kadettenhäusererklärt.
Es ist hier von einer Allianz zwischen Preußen, Baiern, Hannover und
Braunschweig die Rede, welche den Zweck haben soll, die Selbstständigkeit
der Einzelstaaten Deutschlands der Centralgewalt gegenüber zu wahren. Ein
schöner Anfang zur Einheit Deutschlands!
Vorgestern fand sich an den Straßenecken ein „Aufruf an das Volk“, vom
hiesigen Preußenverein. Es wird das Aufgehen Preußens in Deutschland beklagt
und zur offenen Widersetzlichkeit gegen die deutsche Nationalversammlung
provocirt. Auf Antrag des Dr. Bracht aus Elberfeld hat der kostitutionelle
Kongreß in seiner heutigen Sitzung folgenden Protest beschlossen und bereits
veröffentlicht:
„Der konstitutionelle Kongreß in Veranlassung eines „an das Volk“
erlassenenen Aufrufs unterzeichnet der„Preußenverein für konstitutionelles
Königthum“ erklärt hiermit seine tiefste Entrüstung über diesen Versuch, die
so herrlich angebahnte Einheit des deutschen Volkes, diese einzige Grundlage
unserer Zukunft, zu stören; er erblickt darin eine Auflehnung gegen den
gesetzlich ausgesprochenen Willen der Nation, die eben so gefährlich ist und
eben so leicht zum Bürgerkriege führen würde, wie die selbstsüchtigen
Bestrebungen der Anarchisten.“
Außer diesem Aufruf des Preußenvereins treten noch manche, bis jetzt
allerdings nur vereinzelte Erscheinungen auf, welche eine Reaktion des
specifischen Preußenthums gegen die Frankfurter Beschlüsse erwarten lassen.
Die „Deutsche Wehrzeitung“, herausgegeben von einer Gesellschaft deutscher
Offiziere und Militärbeamten, eine neue Zeitschrift, welche der
militärischen Fraktion der Reaktionspartei in Potsdam, als Organ zu dienen
bestimmt ist, spricht sich in gleicher Weise Namens der Armee unumwunden
aus.„Die Armee werde zeigen, daß sie außer ihrer Treue und Anhänglichkeit
auch einen Willen hat, einen Willen, dem sie
nöthigenfalls auch Nachdruck zu geben entschlossen ist.“
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Berlin, 25. Juli.
Die Angaben über die Summen der bereits für die freiwillig-gezwungene Anleihe
geschehenen Einzahlungen sind sehr übertrieben worden. Die B. Z. bemerkt:
„Es sind noch nicht drei Millionen eingegangen. Wenige bedenken, wie schwer
es nur mechanisch ist, Zahlungen von Millionen in kurzer Zeit zu leisten.
Wenn täglich fünfzigtausend Thaler eingezahlt werden, würde es doch (nach
Abzug der Sonntage) eines vollen Jahres bedürfen, um fünfzehn Millionen
einzuzahlen. Die großen Zeichnungen von zehn, zwanzig, dreißigtausend Thaler
sind aber nicht so häufig, um in der schnellen Abwickelung des Geschäfts,
die vielen kleinen zu übertragen.‒ Möge man daher noch immer eifrig
beisteuern und nicht glauben, daß dieses bedeutende Geschäft
(Siehe den Verfolg in der Beilage).
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