Deutschland
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Edition: [Friedrich Engels: Die Turiner Concordia. In: MEGA2 I/7. S. 402.]
[*] Köln, 23. Juli.
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[19] Köln, 23. Juli.
Wir erhalten fortwährend neue Belege über den heldenmüthigen, „ auch in
seiner Uebertreibung so schönen und herzerwärmenden“ Patriotismus, mit
welchem das jüdisch-germanische Kamaschenritterthum den jüngsten polnischen
Raub in's Werk gesetzt hat. Die glorreichen Pacifikations- und
Reorganisations-Pläne, welche mit den zweideutigen Konzessionen des Berliner
Revolutionsfiebers introduziert, von den deutschen Beamten und Juden in
Posen aufgenommen und durch die Kartätschen des General Pfuel (von
Höllenstein) zum erwünschten Durchbruch gebracht sind allmählig in ihrem
wahren Charakter zu Tage gekommen. Niemand wird die merkwürdige
Uebereinstimmung der Ereignisse in Posen, Krakau und Prag für einen bloßen
Zufall halten. Wir kommen aber um so eher auf das preußische Liebeswerk
zurück, als die freie deutsche Presse offenbaren Chorus darin macht in ihrer
gewohnten bedientenhaften National-Livree trotzähnlich hinter den Chrapnell-
und Höllenstein-Heroen einherzuziehen und auf dem Leichenfelde Polens den
Gemordeten noch den Tritt des Thieres in der Fabel zu geben.
Man kennt den „ Freiheitssinn“ der Deutschen. Die große Denkernation kämpft
überall in Gedanken mit, wenn in Paris, Italien, Griechenland eine Erhebung
statt findet, und „wenn hinten, weit in der Türkei
die Völker aufeinander schlagen.“
Sie hat auch der polnischen Tragödie zeitweilig ihre tiefgefühlten Sympathien
zu erkennen gegeben: während 1831 ihre Söhne an Ort und Stelle mit allem
Heroismus der Stockdressur die Polen schlachteten, zupften die deutschen
Weiber für die heimathlosen Flüchtlinge und Verbannten Charpie und die
Männer betoasteten in zweckessendem Heldenmuth die Freiheit, die unter den
Bajonetten ihrer eigenen Despoten fiel. Gegenwärtig, wo statt der
sympathetischen Gefühle, die Loslassung des alten Raubes auf der
Tagesordnung steht, versäumt jedoch der gesinnungswüthige Nationalismus kein
Mittel, den Polen ihr eingestandenes „letztes Gut, die Achtung der freien
Völker“ zu rauben; die alten Judenmährchen von Vergiftung der Brunnen und
Ermordung der Deutschen, tauchen wieder auf, und den Polen wird systematisch
jeder Weg der Vertheidigung gegen die Verläumdungen ihrer Sieger
abgeschnitten. Nicht allein den Polen, sondern ebensowohl auch dem General
Willisen haben u. A., wie wir aus einer Broschüre Koscielski's ersehen, die
Berliner Zeitungen, die Vossische, Spener'sche und Zeitungshalle die
Aufnahme rechtfertigender Inserate verweigert. Und
in der Frankfurter Nationalversammlung, die bisher über ihren Zweckessen in
der Mainluft noch keine Zeit für die Lage des zertretenen Polens finden
konnte, wird die Posener Frage an einem Tage, wo gerade die Bevollmächtigten
der polnischen Nation zur Ueberreichung neuer Denkschriften die Debatte um
24 Stunden vertagt verlangen, plötzlich mit rührender Eilfertigkeit auf die
Tagesordnung gesetzt, damit nach dem Antrag des Ritters Lychnowski und des
verkindeten Arndt die Polen, die keine Vertreter in den deutschen
Nationalausschüssen besitzen, nicht noch einmal vor dem Schluß Gehör
erhalten. Das war bisher die Gerechtigkeit, welche die Polen bei ihren
deutschen „Brüdern“ gefunden haben.
Kommen wir indeß wieder auf das preußische Reorganisationswerk zurück. Man
weiß, wie die Mission des ersten Reorganisationskommissarius Willisen an der
interessanten Säbeldiktatur der ihm untergebenen Generale scheiterte. Der
kommandirende General Colomb, dessen glückliche strategische Combinationen
die galizischen Mordscenen in Posen hauptsächlich hervorriefen und dem
General Pfuel (von Höllenstein) den Weg bahnten, hat sich seitdem zweimal in
einer öffentlichen Rechtfertigung versucht, zuerst in einer „offiziellen
Nachweisung“ und neuerdings in einer von seinem „Generalstabsmajor“
unterzeichneten und von ihm wenigstens censirten und approbirten
„aktenmäßigen Darlegung“. Der Erfolg der ersten ist durch die Nothwendigkeit
der zweiten Erklärung außer Zweifel gesetzt; wir würden uns auch auf die
letztere nicht bezogen haben, hätte sie nicht eine Erwiederung erhalten, die
in dem ordnungsmäßigen Deutschland von Gewicht ist, nämlich eine offene
Entgegnung des ersten Kommissarius, General
Willisen.
Die Adjutanten der Generale Colomb, Hirschfeld (v. Shrapnells) und Pfuel (v.
Höllenstein) mußten es natürlich sonderbar finden, daß man unter den Polen
überall Sympathieen und Achtung für Herrn Willisen hegte, für die
Liebesmaßregeln ihrer speziellen Herren aber wenig Dankbarkeit zeigte, und
der „Generalstabsmajor“ ist hieraus auf den Schluß gekommen, daß der
Reorganisationskomissarius mehr mit den Polen, als mit den „Truppen“
verkehrt habe. Sonderbares Benehmen, mit den zu „reorganisirenden“ Polen zu
verkehren! Was werden die Adjutanten jedoch sagen, wenn sie Herrn Willisen
erst die „Pläne“, welche er mit den Polen vorgehabt, offen darlegen
sehen?
„Ich habe mich nie von der Ansicht losmachen können,“ heißt es in der
Broschüre desselben, „daß unsere Herrschaft in Posen auf nichts anderem
beruhe, als auf der Gewalt, und mithin unermeßliche
Pflichten auflege,‥ vor allem aber die der Milde. Das ganze Geheimniß des
unermeßlichen Vertrauens, welches ich bei den Polen genossen, liegt darin,
daß ich während eines neunjährigen Aufenthalts unter ihnen diese Ansichten
nicht verborgen, zu einer Zeit, wo sie unter den Meinigen für die höchste Ketzerei galt, zur Zeit des entschiedenen
Germanisirens von 1832-1840. Ich bedauerte die falschen Wege der Regierung
…
Die Adjutanten und Generalstäbe sämmtlicher Armeekorps werden bei diesen
Worten in Entsetzen gerathen. Ein Offizier, ein „höherer“ Offizier („ was
des Beispiels wegen um so gefährlicher ist,“ ‒ General Tietzen;) hat es
gewagt, neun Jahre lang anderer „Ansicht“ als die obersten Staatsbehörden zu
sein! Wo ist die Zucht der inneren Fuchtel“ hin?
„Wenn ich bei solchen Ansichten, erzählt Hr. Willisen weiter, nur noch die
Umstände erwog, unter welchen die gegenwärtige Erhebung der polnischen
Nationalität stattgefunden hatte, wenn ich mir sagen mußte, sie seien durch
unsere eignen Thaten, durch den Triumphzug des
Volks mit den polnischen Gefangenen in Berlin,
durch den von der ganzen civilisirten Welt erhobenen Ruf: Polen soll frei,
die alte Sünde wieder gut gemacht werden!
hervorgerufen worden,.... wie konnte es mir da einfallen, gleich, so wie ich
ankam, mit Kartätschen zu reden?“
Der Besitz Polens eine „alte Sünde“; die Berliner Revolution ‒ „unsere ‒ ‒
des Volkes That“! Und es giebt kein „Ehrengericht“ für einen General!
„Ich war der Erste, der den Weg des Verständigens versuchte, und die Polen
haben mir ihn möglich gemacht, sogar dann noch, als
zuerst von Trennung des Landes die Rede war; nur wollten sie die
Scheidungslinie nicht von der deutschen Beamtenwelt gezogen haben.“
Als später die „Scheidungslinie“ immer enger gezogen wurde, je stärker die
pommer'schen und schlesischen Truppen das „pacificirte“ Land besetzten, war
es diese deutsche Beamtenwelt, welche jeden neuen Raub durch falsche
Berichte über die „vorwiegend deutsche“ Bevölkerung unterstützte, und den
ersten begründeten Verdacht der Polen rechtfertigte. Diese falschen Listen
über das Verhältniß der Bevölkerung bilden auch heute den letzten Vorwand
der deutschen Nationalfanatiker, welche in merkwürdiger Wahlverwandschaft
auch die Juden, die weder deutscher Abkunft noch einen deutschen Jargon
sprechen, zu den Ihrigen zählen. Herr Willisen bestätigt ebenfalls die
Berichte des Erzbischofs von Gnesen und Posen, welche nicht die Hälfte,
sondern höchstens den 6. Theil der Bevölkerung des Großherzogthums als
deutsch erweisen. Die Art, in welcher aber diese Deutschen nach Polen
gepfropft wurden, ist indeß durch die Kabinetsordre vom 13. März 1833
erklärt, wonach die subhastirten Polengüter in kleinen Parzellen an
lediglich deutsche Erwerber veräußert werden mußten:
der Fiskus, welcher die Taxen selbst machte, überließ den polnischen Boden
den Deutschen, die aus andernProvinzen kamen, oft
mit Erlaß der Kaufgeldzahlung, und schoß ihnen, in der sichern Aussicht, daß
die Güter den Taxwerth überwogen, selbst das Betriebskapital vor;
Spekulanten und Glücksritter, die ohne die geringsten Mittel nach Polen
kamen, bildeten den Kern der stammverwandten deutsch-jüdischen Bevölkerung,
welche die Sympathien der Krämer und Beutelschneider in Deutschland für sich
in Bewegung setzt.
„Durch den Weg der Verständigung, sagt Hr. Willisen, kam ich bald so weit,
daß, wäre nicht Posen durch einen strategischen Fehler, gegen den ich von
Anfang an mit aller Gewalt protestirt habe, statt des zehnfach wichtigeren
Breslau zur Hauptfestung dieses Theils unserer Gränze erhoben worden, eine
Ausgleichung der sich schneidend entgegengesetzten Interessen leicht zu
Stande gekommen wäre. Erst durch den strategisch fehlerhaften und enormen
Festungsbau und der damit zusammenhängenden heftigen, schnellen
Germanisirung ist es dahin gekommen, daß für jetzt eine überwiegend deutsche
und jüdische Bevölkerung in der Stadt Posen ihren Sitz hat.“
Der General Willisen hat nur von vornherein Einen Fehler begangen, indem er
die verheißene nationale Reorganisation Polens ernsthaft nahm. Diese
Verheißung war dem Schrecken und der Ohnmacht während der Märzrevolution
entrissen worden, und seine eigne „Vermittlung“ in Polen unter dem
Uebergangsministerium Camphausen war selbst nur ein Uebergang zu dem
„Pacificator der That“ General Pfuel (von Höllenstein), der seine Triumphe
gleich einem indianischen Häuptling nach den Scalps der Feinde zählt.
In dieser Weise auch ist es zu erklären, daß Hr. Willisen, wie er selbst
erzählt, stets mit den Ansichten „einiger Führerund
namentlich des Stabes“ zu kämpfen gehabt; daß die Konvention des
Kommissarius, unmittelbar nach ihrer Erfüllung durch die Polen, von der
preußischen Soldateska gebrochen wurde; und daß der General Colomb fünfmal die bestimmten Befehle, die Polen nicht
anzugreifen, ohne alle Provokation überschreiten konnte.
Hr. Willisen antwortet auf die Vorwürfe der deutsch-jüdischen Reaktion, daß
er die, ursprünglich gegen die Russen gebildeten polnischen Cadres durch die
Convention genehmigt habe: „neben einer freien
Presse im Großherzogthum Posen würde wohl die Formation einiger
Polen-Bataillone mit preußisch-polnischer Kokarde keinen größeren Einfluß
auf das eingeübt haben, was Rußland überhaupt gegen die europäische Revolution im Sinne gehabt.“ Herr Willisen hat indeß
diese von dem Ministerium bestätigte Konvention nicht mehr zu vertheidigen.
Der „Generalstabsmajor“ des General Colomb hat ihre Bedeutung und die ganze
Bedeutung des preußischen Säbelterrorismus in Posen in den Ausspruch
zusammengefaßt: daß die Konvention, welche nicht vom
Könige unmittelbar,sondern bloß vom Ministerium bestätigt
worden, gar nicht gültig gewesen sei.
Dies ist der wahre Inhalt des polnischen Liebeswerkes.
Die preußische Soldateska wüthete in Posen à l'honneur du roi; die Polen
fielen unter den Bajonetten und Kartätschen ihrer Pacificatoren als ein
Racheopfer für die Resultate der Revolution. Die Feuer der angezündeten
Dörfer waren das Morgenroth, welches den neuerstandenen absoluten
Königsthron verklärte; die durchwühlten Gräber, die geplünderten Kirchen,
das große Todtenfeld einer mit systematischer Verrätherei hingeschlachteten
Nation waren die Trophäen der „auch in ihrer Uebertreibung so schönen und
herzerwärmenden“ Herstellung der „Ordnung von Gottes Gnaden.“ Hony soit qui
mal y pense!
Möge Herr Hansemann immerhin die Berliner Vereinbarerversammlung, deren Reden
wie „trübe Regentropfen aus bleiernen Dachrinnen“ träufeln, mit der Kanzlei-Anerkennung der Revolution beruhigen; so
lange die Helden des polnischen Reorganisationswerkes auf freien Füßen
einherwandeln, wird die Revolution selbst sich nicht für beendigt
erklären.
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Edition: [Friedrich Engels: Die Debatte über den Jacobyschen Antrag. In: MEGA2 I/7. S. 341.]
[**]
Köln, 24. Juli.
Die Debatte über den Jacobyschen Antrag.
(Schluß).
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[0272]
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Frankfurt Sitzung vom 21. Juli.
(Schluß.)
Michelsens Antrag, den § 4 ganz wegzulassen, wurde
verworfen.
Für Stackingers Antrag zu diesem §: Mit der
Publikation gegenwärtiger Grundrechte hören die Wirkungen des bürgerlichen
Todes für die Zukunft auf; stimmte nur die Linke.
Das zu diesem § genehmigte Amendement von Spatz: die
Strafe des bürgerlichen Todes, wo sie ausgesprochen, aufzuheben, wenn nicht
dadurch bestehende Privatrechte verletzt werden, wurde nach Abstimmung durch
Zählen bei 433 Abgeordneten mit 238 für und 195 gegen adoptirt.
§ 5 wurde so angenommen: die Auswanderungs-Freiheit ist
von Staatswegen nicht beschränkt. Abzugsgelder dürfen nicht erhoben
werden.
Die Auswanderungs-Angelegenheit steht unter dem Schutze und der Fürsorge des Reichs.
N. B. die letzten Worte sind ein Amendement von Radowitz.
Auch bei § 5 erhebt sich zwischen dem Präsidenten v. Gagern und Beseler (für
den sich v. Soiron betheiligt) ein Streit über die Reihenfolge der
Abstimmungen, worin Beseler Recht behält.
Trotz der Ueberführung beharrt v. Gagern störrisch bei seiner Ansicht. Es
erhebt sich Lärm, viele Redner eilen zur Tribüne, wollen Aufklärungen geben,
wodurch es natürlich immer dunkler wird. ‒ Unter andern Kuriositäten
behauptet ein Redner: „wenn ein Deutscher ausgewandert sei, hörte er auf,
ein Deutscher zu sein.“ ‒ Nachdem eine Unzahl sich in dieser Formdebatte
erschöpft hat, will Hr. Fuchs, der immer anfängt,
wenn alle aufhören, noch sprechen; man schreit aber so sehr Schluß, daß Herr Fuchs in seinen Bau
zurückkehrt.
Hiermit schließt die Abstimmung über Art. I (§ 1-5) der Grundrechte. (Wunder!) und die Nr. 1 der obigen heutigen Tagesordnung ist erledigt. ‒ Mehr kann
natürlich nicht verlangt werden. ‒ Hr. v. Gagern unterbricht die
Tagesordnung durch Mittheilung zweier eben eingelaufenen Anträge.
1. Von Martini und Genossen (aus Westpreußen):
die Nationalversammlung wolle die laufende Reihe der Berathungen der §§ der
Grundrechte unterbrechen und vor allen Dingen zu §§ 7, 8, 9, 10, 22 und 27
übergehen.
2. Von Hennges aus Heilbron und mehreren Anderen:
die Nationalversammlung wolle dasselbe thun zu Gunsten der §§ 27 - 31.
Die in diesen Anträgen angezogenen Paragraphen handeln nämlich von den
ersten, wichtigsten und jetzt schon wieder so sehr angetasteten Rechten des
Volks: der Preßfreiheit, persönlichen Freiheit, dem
Associationsrecht, Briefgeheimniß u. s. w. Schon
bei Lesung der Anträge fängt es in dem vor Langeweile beinahe stockig
gewordenen See der Versammlung an zu wogen und zu brausen. Man merkt den
Sturm. Die Rechte bewegt sich, die Linke setzt sich in Positur.
Beseler (Greifswald) erhebt sich erzürnt gegen die
Anträge. Man würde die Verhandlungen über die Grundrechte aus dem
Zusammenhang reißen. Man solle doch ja die Arbeiten des
Verfassungsausschusses nicht auf diese Art (d. h. durch solche rebellische
Anträge) erschüttern.
Jetzt tritt Martini (aus Westpreußen) der
Antragsteller, ruhig und keck auf die Tribüne: er werde diese Anträge
motiviren. Er frägt ob man nicht schon wieder überall in Deutschland die in
den berührten §§ gegebenen Rechte verkümmert und
verletzt? (Bei dieser Frage über die verkümmerten Rechte brüllt und zischt die Rechte
unwillig.) Die Linke und Galerien schreit Bravo. Der Sturm beginnt. ‒ Der
Gott der Stürme v. Gagern unterbricht den Redner,
und will ihn an weiteren Erklärungen verhindern. Die Rechte lacht freudig über diese Praktik
oder Taktik des Präsidenten. Die Linke und Gallerien stürmen. Martini: der Redner steht ruhig mit unterschlagenen
Armen auf der Tribüne und sagt ungefähr: „Also so weit ist es gekommen, daß
die Nationalversammlung, wenn es sich um die verkümmerten Rechte des
deutschen Volkes handelt, nur höhnisches Lachen hat? Man verleugnet die
Revolution! (Donnerndes Bravo links.) Die Minister des deutschen Volks, von
diesem hingestellt, Rechte und Freiheiten zu vertreten, lassen dieselben
verkümmern. Sie verleugnen ihre Mutter, das Volk!
Diese ihre Mutter muß mit Schmerz erkennen, daß sie
Mißgeburten geboren hat. (Donnerndes Bravo
links. Wuthgebrüll rechts. Sturm der Gallerie.) Das alte System der
Verkümmerungen, Einsperrungen etc. sei wieder los. Das Versammlungsrecht
werde ebenfalls in die Luft gesetzt. (Rechts Hohngelächter!) Der Redner zur
Rechten gewendet: lachen Sie! Sie lachen? Wollen Sie das so fortgehen
lassen? (Rechts höhnisch: ja! Links und Galerien Wuth und Getümmel.) ‒ Gagern ruft den Redner zur Ordnung, aber nicht mit
der einem Präsidenten wohlanstehenden Ruhe, sondern mit leidenschaftlich
erregter Stimme. Martini entschuldigt seine Worte in
der logischsten Schlußfolge und mit klassischer Ruhe, welche gegen die
Leidenschaftlichkeit des Präsidenten und die Wuth der Versammlung wunderbar
kontrastirt. Endlich ruft man rechts und links nach Schluß, man ist
erschöpft, man hat sich auch genügend einmal gegenseitig ausgegiftet.
Beide Anträge, Martinis und Hennges's werden (nur von der Linken gebilligt) von der
Versammlung verworfen.
Jetzt kämen die Nr. 2 und 3 der Tagesordnung, (S. oben), aber es ist 2 1/4
Uhr Nachmittags, man ist ermattet, man schließt die heutige Sitzung.
Nach wenig Einrede beschließt man für Morgen eine Extra-Sitzung und setzt auf
die morgige Tagesordnung die beaux restes der Tagesordnung von heute.
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@facs | 0272 |
[*] Frankfurt, 22. Juli.
Sitzung der National-Versammlung. ‒ Präsident
Gagern.
Verlesung des Protokolls. 26 Mitglieder protestiren gegen die gestern von
Gagern verweigerte namentliche Abstimmung über Martiny's Antrag. Nach
einigen Einwendungen Gagern's wird der Protest zu den Akten gelegt.
Tagesordnung: Debatte über den Bericht des völkerrechtlichen Ausschusses.
Gagern mahnt vor allen Dingen zur Mäßigung und verliest dann die
Ausschußanträge.
Im von Wydenbrugkschen Ausschußbericht heißt es: „daß unsere äußere Politik
die Ehre und das Recht Deutschlands über jede andere Rücksicht setzen werde,
ist ein Grundsatz, welcher einer besondern positiven Anerkennung nicht
bedarf.“
Der Ausschuß glaubt aber hervorheben zu müssen, „daß Deutschland keinen
fremden Staat in der selbstständigen Entwicklung seiner innern
Angelegenheiten irgendwie hindern werde, oder je die Hand zu einem Kampfe
verschiedener Staaten um politische Prinzipien bieten wird. In der
folgerichtigen und thatkräftigen Durchführung dieser Grundsätze liegt die
Bürgschaft, daß die in der Geschichte fast beispiellos dastehende Bewegung,
welche den Welttheil ergriffen, nicht zu einem allgemeinen Völkerkampf
ausarten werde. Man ist vielmehr zu der Hoffnung berechtigt, daß der Frieden
Europas an den wenigen Punkten, an welchen er noch gestört ist, bald wieder
hergestellt sein wird.
Der Ausschuß ladet die National-Versammlung ein, sich mit diesen einfachen
obersten Grundsätzen der auswärtigen Politik einverstanden zu erklären.
Zu diesem Antrage stellt Hr. Ruge folgendes
Amendement: „Da der bewaffnete Frieden durch seine stehenden Heere den
Völkern Europas eine unerträgliche Bürde auflegt, und die bürgerlichen
Freiheiten stört, so möge man einen Völkerkongreß zu
allgemeiner Entwaffnung beantragen.“
Diesen Antrag unterstützen einige sechzig der Linken.
Ruge: Es ist dies eine Konsequenz der Revolution. Der
Sieg eines humanen Prinzips ist anerkannt (?). Der Ausschußbericht ist sehr
wahr. (!) Seit dem Christenthum ist der auch von Lamartine adoptirte
Grundsatz, für große Prinzipien Propaganda zu machen, wahr. Proselyten zu
machen, ist nothwendig. Die großen Prinzipien sind keine Utopien. Der
Menschengeist feiert den Sieg über alle Völker. (!) Seit der französischen
Revolution haben nur Parteimänner über Frankreich regiert, nicht die Könige.
Die heilige Allianz ist das alte Europa. Wir haben an ihre Stelle die
Völker-Allianz zu setzen. Die Völkerkongresse werden die wahren sein, die
diplomatischen sind die falschen. Ich schlage dem deutschen Volke vor, bei
diesem Völkerkongreß die Ehre der Initiative zu ergreifen. Der Redner lobt
Lamartine's Friedensprinzip. Lamartine will Vereinigung mit Deutschland um
jeden Preis. Lamartine ist ein großer Politiker. (!) In Frankreich verachtet
man die großen Männer nicht wie bei uns. (Klagelaut einer schönen Seele.)
Lamartine hat den Titel Gloire francaise gestürzt (!). Die Brutalität des
Kanonirens und Füsillirens hat er gestürzt. (Z. B. im Juni d. J.) Seit der
Zeit ist der Ruf der Franzosen ein anderer geworden. Die Franzosen werden
meinen Gedanken des Völkerkongresses ergreifen. (Meinen Gedanken! Vergleiche den Northern Star seit 1845 und
andere Blätter des Auslandes). Unsere Ansichten sind auch friedlich. Wir
sind ein philosophisches Volk. Wir haben
Vernunftgründe statt schlagender. Alle unsere Empörungen waren Empörungen
gegen das Militair. Wir wollen bürgerliche Freiheiten, keine
Militairwirthschaft. Wir wollen das Militair entwaffnen, die Bürger
bewaffnen. Alle Völker werden uns für unsere (!!) Idee danken. Von einem
solchen Kongreß können wir den Frieden Italiens und Polens erwarten. Selbst
Rußland wird dann rekonstituirt werden. (!)
Der Krieg gegen den Krieg wird der letzte Krieg sein. Es liegt in unserem
Idealismus große Gedanken anzuregen (!!). Die Franzosen, Engländer und
Deutsche werden sich zu diesem Gedanken einigen. Der Vorschlag hat alle
Prämissen des Gelingens für sich, (ist namentlich äußerst praktisch).So
werden wir den Militäralp los.
(Solch ein Gemisch von Trivialitäten und hohlen Phrasen und
phantastischverdrehten Projekten bringt der Redakteur der Vernunft der
Ereignisse in der Zuversicht vor, daß Galerie und Linke ihm als Redner der
Linken Unterstützung nicht versagen wird!)
Der Ausschuß trägt ferner darauf an.
II. „Die Nationalversammlung möge erklären, daß an der örtlichen „Gränze
Deutschlands den deutschen Streitkräften eine solche Stärke „zu geben ist,
daß sie der gegenüberstehenden Heeresmacht vollkom„men gewachsen sind.“
Minister Schmerling: Das Ministerium wird keine
andere Grundsätze kennen als die Ehre, Freiheit,
Unabhängigkeit Deutschlands. ‒ Die erste Aufgabe wird sein: ein Programm der
auswärtigen Politik zu geben. Man gebe dem Minister einige Tage Geduld. Von
mir können Sie erwarten, ich werde zu nichts
anderem die Hand bieten, als zur Ehre, Freiheit, Unabhängigkeit
Deutschlands.
Das Verlangen nach Vermehrung des Ostheeres werde wohl zu mobifiziren sein.
Wenn Krieg oder Vertheidigung nöthig, so wird sie eintreten.
Betreffs der Anerkennung der franz. Republik: Das Ministerium hat sich
entschieden, die deutsche Centralgewalt bei allen Völkern zu repräsentiren,
dies sei im Werk. Vorläufig seien hierzu die alten Gesandten ermächtigt. Das
Ministerium hat sich unumwunden für die Anerkennung der franz. Republik ausgesprochen (bravo
links).
Frankreich hat bezüglich der Freiheit wohlthätig auf Deutschland gewirkt.
(Bravo). Paris wird sofort mit einem Gesandten beschickt werden, der dies
aussprechen wird. (Bravo. Klatschen).
Vogt: (Gießen). Erwartet sehnsüchtig dies Programm des deutschen Ministeriums. Reden sind
immer zweideutig. Mit solchen Reden ist deshalb nichts abgethan; schwarz auf
weiß! ‒ Der Redner will auch entwaffneten Frieden. Das bisherige sonderbare
Gleichgewicht Europa's ist durch unsere Revolution erschüttert. Die Ehre der
Nationen steht viel höher als die Ehre ihrer Oberhäupter. (Bravo).
Der Redner spricht gegen Lichnowsky's letzthin ausgesprochene Ansicht über
Krieg mit Frankreich. Frankreich verdanken wir die Freiheit. Ich verweise
auf die Erklärungen der franz. National-Versammlung: „Brüderlicher Bund mit
Deutschland, Herstellung Polens, Freigebung Italiens.“
Ich habe die Parteien Frankreichs kennen gelernt, besonders die hier
gemeinten, nicht die Lychnowsky-Radowitz'schen. (Heiterkeit). Wenn
Frankreich um die socialistische Frage abzuwenden, wie Lychnowsky meint, ein
Heer an die Gränze sendet, wird gerade das entgegengesetzte eintreten, wird
die Partei der Ruhe unterdeß im Inneren gestürzt. Die Franzosen haben uns
einmal die Freiheit geschenkt, sie werden sie uns hoffentlich zum
zweitenmale unverkümmert bringen. (Bewegung!) Zu Rußland gekommen bekämpft
er jeden Antrag die Truppen an der Ostgränze zurückzuziehen.
Bassermann: Der Grundsatz der Propaganda führt zum
Zwiespalt, zum Krieg. Die Prinzipien der Philosophen sind unpraktisch. Was soll ein Völkerkongreß? (Zischen links und
Galerie). Das Militär hat in Paris sich gut gezeigt. (Bravo rechts. Zischen
links). Man müsse ein solches Militär applaudiren! (Links
Hohngelächter!)
Des Redners politischer Katechismus, den er nun folgen läßt, ist der
allerplatteste. Den Ausdruck, die Festungen seien Dummheiten, unterschreibe
ich nicht. Es ist jetzt eine Zeit in der die unbegreiflichsten Ansichten zu
Tage kommen. Der bewaffnete Frieden sei auf die Länge nicht möglich, aber
jetzt nöthig. ‒ Folgt eine Lobrede auf Guizot.
Die Intervention Englands in Dänemark müssen wir dankbar anerkennen.
(Zischen, viel Zischen!) Ich wünsche ein Bündnisse mit Frankreich und
England. (Bravo und Zischen).
Robert Blum: Die Fürsten der guten alten Zeit
glaubten die Geschichte gepachtet zu haben. Deswegen schlossen sie auf ihre
Hand so viele unheilvolle Bündnisse. Alle diese Bündnisse haben den Blick
von dem einen was Noth thut abgewendet: erst selbst
ein Volk werden würdig einzutreten in den Bund der Völker. Die
Fürstenbündnisse haben Deutschland herausgerissen aus dem Völkerbund. Diese
alte Zeit ist untergegangen durch die Gewalt.
Biedermann's Bekämpfen des Gedankens der Propaganda ist mir unbegreiflich.
Der Gedanke der neuen französischen Revolution wird Propaganda machen, trotz
Hrn. Bassermann.
Die Nothwendigkeit einer Waffnung aber sei gen Osten. Deswegen solle man hier
eine Heervermehrung dekretiren. Mit Erreichung des französischen Bündnisses
sei der europäische Friede hinlänglich gesichert.
Wurm (Hamburg): Der internationale Ausschuß hat
beschlossen, den Antrag, betreffs einer kräftigen Heeraufstellung gen Osten,
nicht zu modifiziren (Bravo). Man muß gegen Rußland rüsten, aber Rußland
wird sich vor Krieg hüten. In Bezug auf Frankreich ist er für den
Frieden.
Jahn stellt die Anträge: Gnesen, Glogau, Posen, Thorn
zu Bundesfestungen zu machen, und Reichstruppen in verschanzte Lager bei
Breslau und Bromberg zu legen.
v. Beckerath will wie Blum die Propaganda des
Gedankens (deklamirt lange und halb verständlich), Ruge's Völkerkongreß sei
eine Anticipation. hat Aeußerungen gegen England hier mit tiefem Bedauern
vernommen. (Bravo rechts, nein! links. Die Bänke der Abgeordneten werden
leerer.) Der Schluß seiner Rede geht spurlos vorüber.
v. Möhring gegen ein Bündniß mit Frankreich, weil er
Deutschland mehr wie Frankreich liebt. (Oh!) Frankreich hat uns eine
praktische Lehre gegeben, wohin die Theorien der Dichter und Philosophen
führen. ‒ Beginnt eine entsetzlich lange und wirre politische Rundschau.
Rußland sei ein furchtbarer Feind. Die einzigen Freunde der Deutschen sind
Nordamerika und wir selbst (rechts bravo). Folgt eine furchtbare
Zahlenberechnung, welche beweisen soll, Deutschland müsse ein starkes
Mitteleuropa bilden. Er stellt den Antrag: Bündniß mit Ungarn, Nordamerika,
Holland und England. Die Versammlung solle sich für die brave ungarische
Nation erheben. (Rechts und beide Centren erheben sich mit Geklatsch. Die
Linke sitzt tiefstill.
Man ist von allen Deklamationen endlich sehr angegriffen und schreit nach
Schluß der Debatte. Man stimmt ab; der Schluß wird beschlossen. (Die Linke
stimmt gegen den Schluß.)
v. Wydenbrugk, Berichterstatter: Es sei das erstemal,
daß das deutsche Volk zusammen über die auswärtigen Angelegenheiten berathe.
O schöner Tag! ‒ Er bleibt bei den Ausschußanträgen. Ruge's Antrag formell
unpraktisch. Die Idee des ewigen Friedens sei ein Ziel, aber ein sehr
fernes. Wenn (nach Vogt) die deutsche Freiheit weiter nichts wäre, als ein
französisches Geschenk, so gäbe er keinen Pfifferling drum. (Hurrah aller
Patrioten, rechts, Centren und Damen klatschen furchtbar.) Der deutsche
Adler braucht den Schutz des gallischen Hahns nicht. (Bravo aller Patrioten,
links tiefstill.)
Ruge: Er habe kein europäisches Parlament beantragt,
sondern wolle einen Völkerkongreß von den Diplomaten der Völker der neuern
Geschichte. (Wirklich!) Man ruft Schluß.
Endlich gelangt man halb 2 Uhr zur Abstimmung. Nach einer formellen, sehr
wirren Debatte über dieselbe, woran Rösler, Wernher (für seinen Freund
Biedermann), Soiron, Jordan, Simon (Trier) kurz Theil nehmen, wird gemach
zur Abstimmung geschritten.
Ausschußantrag 1. wird einstimmig bejaht.
Ruge's Amendement wird verworfen.
Biedermann's Antrag: „den Bericht ad II. und den
darin gefaßten Entschluß, mit Rücksicht auf den bereits über die
Heerverstärkung früher gefaßten Beschluß, der Centralgewalt zur weitern
Maßnahme zuzuweisen“, wird angenommen.
Ferner kommt zur Abstimmung ad III. des Ausschußberichts:
1. die Nationalversammlung wolle über die, Trutz- und Schutzbündnisse mit
verschiedenen Staaten, betreffenden Anträge zur motivirten Tagesordnung
übergehen;
2. erklären, daß sie die Anerkennung Frankreichs als Republik und die
Absendung eines Gesandten für Deutschland nach Paris bei der bevorstehenden
Anordnung von Gesandtschaften für Deutschland als selbstverstanden
betrachte.
Angenommen, Theil 2 einstimmig angenommen, mit Ausnahme des Hrn.
[0273]
Radowitz,der lächelnd sitzen blieb. Schluß der
Sitzung fast drei Uhr bei erstickender
Hitze.Tagesordnung für Montag:
die Posener
Frage.
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@facs | 0273 |
[103] Berlin, 22. Juli.
Gestern fand die Uniformirung unserer zunächst in Dienst tretenden
Schutzwachen statt. Morgen werden dieselben dem Polizeipräsidenten und ihrem
Obersten vorgestellt, und treten dann von Montag ab in Thätigkeit.Die zur
Wache Kommandirten werden nicht nur mit Hirschfängern, sondern auch mit
kleinen Flinten bewaffnet sein. Die Schutzmannschaft ist in vier Divisionen,
jede circa 500 Mann zählend, eingetheilt.Dem Ganzen steht ein Oberst und
jeder Division ein Hauptmann vor. Etwa vierzig Mann werden unter einem
besondern Hauptmann beritten gemacht und sind diese hauptsächlich für den
weitern Polizeibezirk von Berlin bestimmt, während der Dienst der
Schutzmannschaft zu Fuß sich vorzugsweise auf die Stadt beschränken
wird.
Ich habe Ihnen noch einen interessanten Vorfall, der sich vor Schluß der
gestrigen Sitzung der Vereinbarungskammer ereignete,mitzutheilen. Die
Geschäftsordnung schreibt vor, daß alle vier Wochen die Wahl des Präsidenten
und der Vizepräsidenten erneuert wird; ferner die Wahl des Präsidenten
erfolgt nach absoluter Majorität und in der Art, welche in Ansehung der
Wahlmänner durch das Wahlgesetz vom 8. April d. J. vorgeschrieben ist. Da
der jetzige Präsident Grabowam 27. Juni gewählt
worden ist, so war zu Montag eine Neuwahl angesetzt. Die Rechte beschloß
aber vorgestern in ihrer Abendversammlung, um den vorschriftsmäßigen
langweiligen Wahlakt zu umgehen,das ganze Präsidium durch Akklamation
wiederzuwählen. Demnach stellt Herr Haußmannvor
Schluß der gestrigen Sitzung den dringenden Antrag,„ daß abgesehen von der
Geschäftsordnung, bei der am 24.d.M. bevorstehenden Wahl des Präsidenten und
der Vizepräsidenten, der jetzige PräsidentGrabowaufs
Neue durch Akklamation wiedergewählt werde.“ Der Antrag wird sofort von der
ganzen Rechten und dem Centrum unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und
mehrere Stimmen von der Rechten verlangen, daß er ohne alle Diskussion
angenommen werde. Hr. Haußmannmeint nicht nöthig zu
haben, seinen Antrag zu motiviren, da er damit wohl vielen Wünschen
zuvorkomme.
Hr.v.Auerswaldder Aeltere eilt auf die Tribüne: So
sehr er auch mit dem beabsichtigten Erfolge einverstanden sei, so müsse er
den Antrag dennoch bekämpfen. Es sei ein schlechtes Präjudiz, wenn man die
Geschäftsordnung für einen Fall verletze. Er bitte daher den Antrag zu
verwerfen.
Hr. Schulz von Wanzleben stürmt von der linken Seite
auf die Tribüne: Wer Gesetze machen will, muß die selbstgegebenen zunächst
halten. Die Wahl des Präsidenten soll nach unserer Geschäftsordnung mittelst
Stimmzettel statt finden.Davon dürfen wr nicht abweichen und die Frage ist
erledigt. (Die Rechte ruft: Schluß!Schluß!)
Hr.Haußmann: Es ist nur meine Absicht gewesen, eine
einmalige Abweichung der Geschäftsordnung um so eher zu befürworten, als ja
derlei Abweichungen schon öfters und erst heute vorgekommen sind. (Die
Rechte ruft von Neuem:Schluß!große Aufregung).
Die Linke kann sich aber durchaus damit nicht einverstanden erklären. Von der
Rechten bestehet man aber noch auf dem Antrag.Da kommt
Hr.v.Lisiecki, er bestreitet, daß die Versammlung
einen, den Widerspruch in sich tragenden Beschluß fassen könne.Sobald auch
nur ein Mitglied seine Zustimmung verweigere, so ist das keine Wahl durch
Akklamation. Eine Wahl durch Akklamation ist es nur, wenn sie einstimmig
geschieht. Daher würde durch Annahme des Antrags die Minorität förmlich
gefangen genommen.
Hr.Haußmannerklärt nun, da sich Debatten über seinen
Antrag erhoben haben, so nehme er ihn zurück.(Bravo zur Linken).
Die Wiederwahl des Herrn Grabowzum Präsidenten ist
übrigens jedenfalls schon bei der ersten Abstimmung zu erwarten, da nur die
Linke und ein Theil des linken Centrums gegen ihn sind.
Als der König mit dem Prinzen von Preußen und dem Prinzen Karl vor einigen
Tagen, am Todestage ihrer Mutter, in Charlotenburg war, besichtigte er die
daselbst aufgestellte Schützengilde und sprach eben in heiterer Weise mit
einigen Schützen, da trat ein Mann an ihn heran mit dem exaltirten Ausruf:
„Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, der Krone zu
entsagen.“Der Sprecher wurde sofort verhaftet, und bei näherer
Untersuchung ergab sich, daß derselbe ein religiöser Schwärmer, keinesfalls
der demokratischen Partei, sondern dem Preußen-Verein „mit Gott für König
und Vaterland“zugethan ist.
Seit einigen Tagen cirkulirt hier ein Schreiben des Kriegsministers v.
Schreckenstein, worin derselbe dem interimistischen Kommandanten der
Bürgerwehr, Rimpler, erklärt: daß er sich für berechtigt halte, sobald er es
für angemessen finde, auch ohne die Bürgerwehr zu fragen, neues Militär nach
Berlin zu ziehen. Der Kriegsminister ignorirt also ganz die ministerielle
Bekanntmachung von Ende März, daß kein Militär ohne vorherige Bewilligung
der Bürgerwehr und der städtischen Behörden nach Berlin gezogen werden
solle. Diese Bekanntmachung wurde von den Vorgängern des jetzigen
Kriegsministers streng gehalten.
@xml:id | #ar055_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[15] Berlin, 22. Juli.
Eine große That ist heute geschehen, eine That, welche der Monarchie sicherer
auf die Beine helfen wird, als alle Verbote, Verhaftungen und Konfiskation ‒
der konstitutionelle Kongreßist heute
zusammengetreten. Unsere Stadt hat in Folge dieses Ereignisses eine ganz
andere Physiognomie angenommen. Ueberall versammeln sich Gruppen von
Neugierigen, die sich von der großen Tagesbegebenheit unterhalten. Fragt man
was giebts Neues? Woher kommen Sie? Wohin gehen Sie? So kann man sicher
sein, von nichts, als vom konstitutionellen Kongreß zu hören. Die
demokratischen Klubs, veröten, die radikalsten Schreier lassen den Kopf
hängen, und denken en masse nach dem Ohio auszuwandern. ‒ Die Sache kam aber
so. In dem konstitutionellen Klub kam ein großer Mann ‒ die Weltgeschichte
wird seinen Namen bewahren, ich aber hab' ihn vergessen ‒ auf den großen
Gedanken, einen Kongreß sämmtlicher konstitutionellen, patriotischer und
Denuncianten-Vereine zu veranstalten. Der Gedanke zündete.„Von Asiens
entlegnem Strande, von Phocis, vom Spartanerlande von allen Inseln kamen
sie, und horchen von dem Schaugerüste des Chores grauser Melodie.“Von
Breslau kam Hr. Dr. Hahn und Hr. Honigmann, Dr. juris utriusque, von Wesel
kam Hr. Blankenburg, von Halle, Hr. Professor Burmeister, von Leipzig, Hr.
Dr.Goeschen, von Weimar, Hr. Sause (oder Brause?), von Nürnberg, Hr. so und
so, und versammelten sich einmuthig mit Gott für König und Vaterland bei
Traiteur Mielentz unter den Linden Nr. 23. Die Versammlung war groß, der
Saal aber noch größer, so daß er eine Menge von Kongreßdeputirten, von
Klubmitgliedern, von Neugierigen, Berichterstattern und sehr viele leere
Stühle umfassen konnte. Die Mitglieder des Comite's von denen ich nur Hrn.
Stern, Prutz, Aegidi nenne, waren mit langen schwarz-roth-goldnen Schleifen,
die sie an den Aufschlägen des modernen Leibrocks trugen verziert, besonders
elegant nahm sich Hr. Aegidi aus, der Schwager der Deutschen Zeitung. Es
kamen bei der Debatte höchst wichtige Fragen zur Sprache, unter andern die,
ob der konstitutionelle Kongreß sich den Beschlüssen des Frankfurter
Parlaments fügen wolle?(Ich frage ob sich das Frankfurter Parlament den
Beschlüssen des konstitut.Kongresses fügen wird?) Graf Dyhrn aus Schlesien rief, man solle den Erzherzog Johann als
Reichsverweser begrüßen, nicht weil er ein Erzherzog sei,sondern weil er
Johann heiße! (Bravo!) Ein Redner meinte, man solle sich aller
Prinzipienfragen enthalten, worauf Hr. Dr. Stern als Sprecher meinte, er
müsse diesen Antrag zurückweisen, weil er selbst eine Prinzipienfrage
enthalte. Sämmtliche Redner sprachen ausgezeichnet; denn sie wurden alle mit
rauschendem Beifall belohnt, als sie geendet hatten Es wurde
beschlossen, daß man noch mehrere Sitzungen, vor allen aber zur Kräftigung
der deutschen Einheit morgen, am Sonntag ein großes Zweckessen halten wolle.
Die Deputirten von Stettin (Brunnemann, Maron, Fellechner)werden dem
letztern wahrscheinlich nicht beiwohnen, da sie noch während der Sitzung
ihren Austritt erklärten. Der Abgeordnete von Angerburg erklärte, daß er
sich der Abstimmung enthalten müsse,weil er die Tendenz des Kongresses nicht
kenne.
@xml:id | #ar055_008 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Berlin, 22.Juli.
Hr.Ladenberg der interimistische Verweser des Kultusministeriums, hat den
Bonner Privatdozenten auf ihren Antrag:„ daß die Vorschläge zu einer Reform
der Universitäten nicht andersals von der Gesammtheit aller akademischen
Lehrer aufgestellt und demnach bei den Berathungen auch die Privatdozenten
mit Stimmrecht zugezogen werden sollten “, einen abweisenden Bescheid
ertheilt. Aus der langen Deduktion des Herrn Ladenberg geht hervor, daß 1.
Das Ministerium nur die ordentlichen Professoren als„ vollberechtigte
Mitglieder der akademischen Corporation“ anerkennt, obwohl selbst
„ordentliche“Professoren sich für gleiche Berechtigung der außerordentlichen
und Privatdozenten verwendet haben; daß 2.die außerordentlichen Professoren
und Privatdozenten auch keinen„Rechtsanspruch“ auf Betheiligung an der
Reform-Berathung geltend machen können; daß es ihnen aber 3. nach dem
Assoziationsrecht unbenommen bleibt,neben der„vollberechtigten Berathung der
gereiften ordentlichen Professoren,“dem Ministerium selbstständige Anträge
zur Prüfung einzusenden.
@xml:id | #ar055_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Berlin, 22. Juli.
Das Polizei-Präsidium macht in dem Pr. Staats-Anzeiger bekannt, daß die neue
theils berittene, theils unberittene Polizeimannschaft unter dem Namen
Schutzmänner,„ nachdem die ausübende Polizei längere Zeit fast ganz gelähmt
gewesen“ ‒ nunmehr wenigstens theilweise sofort ins Leben treten solle. Ihre
Dienstkleidung besteht in einem dunkelblauen Rock mit gleichfarbigem
Stehkragen und zwei Reihen„ Knebelknöpfe,“dunkelgrauen Hosen, rundem Filzhut
mit Nummer und Seitengewehr; die Offiziere sind durch Abzeichen an Schulter
und Kragen unterschieden. Die unberittenen Schutzmänner sollen zu
fortdauerndem Patrouillendienst auf den Straßen, bei Tag wie bei Nacht
verwendet werden; die berittene Mannschaft thut den Dienst in der Umgegend.„
Den Schutzwachen sind alle Pflichten und Rechte der exekutiven
Polizeibeamten beigelegt;“ sie sind umgekleidete, mit Filzhüten versehene
Gendsarmen. Der Polizei-Präsident spricht dabei„ vertrauensvoll die
Erwartung“ aus, daß die Berliner Bürgerschaft diesem „neugegründeten
Institut“ (Costüm)ihr „Wohlwollen“schenken werde.“
@xml:id | #ar055_010 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Stettin, 20.Juli.
Während die hiesigen„Börsen-Nachrichten“im Einverständniß mit Herrn v.
Bülow-Cummerow den Patow'schen Gesetzentwurf wegen Aufhebung der
Feudallasten als„in seinen weitern Konsequenzen zum Kommunismus führend“ darstellen und über die Aussicht:daß die
pommerschen Grundbesitzer mit einer Grundsteuer von 10% belegt werden
sollen, lautes Geschrei erheben, ist ein anderer Theil unserer
Grundeigenthümer intelligent genug, die Beseitigung ihrer bisherigen
Privilegien als nothwendige Bedingung zu betrachten, um dem großen
Grundbesitz den politischen Einfluß zu verschaffen, dessen sie zur Förderung
ihrer Interessen bedürfen.Eine Anzahl Landwirthe aus den Kreisen
Soldin,Friedeberg,Pegritz und Ainswalde ist zu einem Verein „zur Wahrung der
Interessen des Grundbesitzes“zusammengetreten und hat ein Programm erlassen,
in welchem sie erklärten: Sie seien bereit alle Vorrechte aufzugeben, welche
bis jetzt großen Grundbesitzern zustehen. Nur durch ihre Gleichstellung mit
allen übrigen Staatsbürgern könne das Mißtrauen und die feindliche Stimmung
schwinden, welche jetzt gegen den großen Grundbesitzer unleugbar
vorherrsche. Diese Stimmung habe die Folge gehabt, daß die
Landwirthschaftliche Intelligenz in der Berliner Versammlung nur sehr
schwach vertreten sei. Der große Landwirth, von dem fast allein der
Fortschritt des landwirthschaftlichen Gewerbes ausgegangen, sei vorzugsweise
berufen die landwirtschaftlichen Interessen und also(?) den überwiegenden Theil des preußischen Volkes zu vertreten,
welcher sich derselben widme. So lange diese Vertretung nicht erreicht sei,
müßten die Grundbesitzer sich in Vereinen sammeln u. s. w.
Man sieht, diese Landeigenthümer erkennen die Lage der Dinge viel richtiger
als unsre Herren Bourgevis in den Städten. Sie sagen sich offen von jeder
Verbindung mit der feudalistischen Reaktionspartei los, mit welcher die
Letzteren in ein so herzliches Einverständniß getreten sind. Sie verlangen
keine andere Vorrechte als diejenigen, welche ihnen die moderne bürgerlicheGesellschaft gestattet; sie sehen daß sie nur
innerhalb dieser zu Macht und Einfluß gelangen können, und bemessen ihr
politisches Verhalten nach den Ansprüchen des Volkes, welches die Wahlen in Händen hat, und daß, wenn es sich
auch sonst in ökonomischen Dingen noch gar zu leicht täuschen und betrügen
läßt, doch zu der unerschütterlichen Ueberzeugung gelangt ist, daß seine
Lage sich nie bessern wird, wenn nicht vor allem sämmtliche Ueberreste
feudaler Privilegienherrschaft mit Stumpf und Stil ausgerottet werden.
@xml:id | #ar055_011 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
Königsberg, 19. Juli.
Aus Memel geht so eben die Nachricht ein, daß einige Offiziere des vor Kurzem
von hier dorthin dislocirten 1. Bataillons des 1. Infanterieregiments, bei
einem dieser Tage stattgefundenen Manöver durch Schüsse von Soldaten aus den
Gliedern der einen Hälfte des Bataillons, das den Feind markirte, verwundet
worden sind. Die Schüsse sollen wohl gezielt worden sein, denn es sind nur
Offiziere, und gerade diejenigen getroffen, die nicht beliebt gewesen sein
sollten. Die Ladung hat in Kugeln, bei einigen auch in Steinen
bestanden.
[(B.Z.)]
@xml:id | #ar055_012 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Heidelberg, 22. Juli.
Die Professoren-Zeitung enthält in einem Artikel über die Einheit Thüringens folgende Stelle:„Nein! soll die
Kleinstaaterei in Deutschland aufhören, was wir als ein Glück begrüßen
würden, so möge die Reichsversammlung zu Frankfurt den Muth haben, zu
erklären: Alle Staaten Deutschlands, die weniger als eine halbe Million
Einwohner besitzen, haben aufgehört, eine selbständige Existenz zu führen;
sie bilden den Kern und Stamm eines Reichslandes; das Reichsland wird von
dem Reichsministerium unmittelbar verwaltet; die Fürsten werden für das
gebrachte Opfer durch eine gute finanzielle Stellung entschädigt.“
Man sieht, das Gervinusblatt liebt es, zur Abwechselung einmal alles
historischen Rechtsbodens zu vergessen und wüthend revolutionär
umherzutoben. Warum aber dieses „ehrenwerthe“Organ teutonischer
Ungelahrtheit und modernsten Philisterthums blos einige thüringsche Fürsten
pensioniren, warum es nicht mit einiger Logik auch die übrigen 3 oder 4
Dutzend größerer oder kleinerer Vaterländer konfisziren und ihre Herrscher
in Ruhestand versetzen lassen will;das begreife außer Herrn Gervinus und
seinem Korrespondenten, wer da will und kann.
@xml:id | #ar055_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[7]Beyreuth, 21. Juli.
Man weiß, welchen Schaden bisher die Wildhege an Aeckern und Wiesen der
fränkischen Bauern angerichtet hat. Nach der Revolution suchten sich die
Letztern selbst vor den Verheerungen zu schützen; namentlich in dem
Besitzthum des Herzogs Alexander von Würtemberg, Schwiegersohn Louis
Philipp's, bei Beyreuth wurden die Hirsche niedergeschossen, aber als Beweis
bloßer Nothwehr auch liegen gelassen. Die jüngste erfreuliche Reaktion hat
indeß den Behörden wieder Muth zu Einschreitungen gegeben; überall in den
Landgerichten sind die„Jagdfrevler“ eingefangen und zur Untersuchung gezogen
worden. Die Stimmung des Landvolks über diese neue
Schutzlosigkeits-Erklärung ist sehr gereizt. Im Landgerichte Kadolzburg gab
die Verhaftung von drei Jagdfrevlern zu Unruhen Anlaß; die Bauern zogen mit
Knitteln bewaffnet vor das Haus des Gerichtsdieners, um die Freilassung der
Gefangenen zu verlangen, der Landrichter aber ließ die Schutzwehr
requiriren, welche in ihrem Polizeibewußtsein die„Rebellen“ auch mit Kolben
und Bajonetten auseinandertrieben.Die Kadolzburger Kleinbürger leben meist
von dem, was die Bauern an Gerichtstagen dort verzehren und einkaufen, und
die Letztern haben sich jetzt vereint,wenn sie am Landgericht zu thun haben,
nichts mehr auszugeben.
@xml:id | #ar055_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
Konstanz, 20. Juli.
In seiner heutigen Sitzung hat der hiesige Gemeinderath und große
Bürgerausschuß, auf den Antrag von 125 Gemeindebürgern, welche die
Freilassung des von Mathy verhafteten Redakteurs der „Seeblätter,“J.
Fickler, verlangten, mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, „die
großherzogliche Regierung zu ersuchen, den Bürger Fickler der so lange
dauernden Haft zu entheben, fürsorglich dessen Prozeß zu beschleunigen oder
die Entgegennahme einer Sicherheitsleistung zu bestimmen,wozu die Mittel
bereits vorhanden seien.“ Daß unsere Regierung diesem Ersuchen kein Gehör
geben wird, ist unzweifelhaft.
[(Fr.D.P.Z)]
@xml:id | #ar055_015 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Prag,20.Juli.
Windisch-Grätz erklärt in folgender Kundmachung den Belagerungszustandfür aufgehoben. Wir
theilen diese Proklamation vollständig mit. Die Sprache eines kleinen
östreichischen Attila in dem revolutionären Jahre 1848 verdient als Curiosum
in den Memoiaren der Zeit eingeschrieben zu worden:
„Ich ergreife die größtentheils freiwillig und ohne Anwendung ernstlicher
Maßregeln zu Stande gekommene Ablieferung der Waffen als einen willkommenen
Anlaß, den Belagerungszustand mit dem heutigen Tage aufzuheben, wiewohl ich
von vielen und achtbaren Seiten angegangen worden bin, denselben noch einige
Zeit fortbestehen zu lassen, wiewohl die Herstellung des Straßenpflasters
sehr langsam vorwärts schreitet,‒wiewohl leider noch immer einzelne Versuche
von Aufwieglungen vorkommen. Der zum großen Theil rechtliche und gesunde
Sinn der Einwohnerschaft Prags ließ sie endlich erkennen,daß die Tendenz
aller meiner Verfügungen von dem Prinzip ausgehe, jeder anarchischen oder
aufrührischen Erscheinung mit Energie zu begegnen, hierdurch jeden Einzelnen
in dem ungefährdeten, ungetrübten Genuße der uns Allerhöchst verliehenen
konstitutionellen Freiheit, zugleich in seinem ungehinderten Lebenserwerb zu
schützen. Dieses von vielen Seiten mir beurkundete richtige Erkennen meiner
nie verhehlten, offenkundigen Denkungsweise und Absichten dient mir als eine
Bürgschaft,daß alle gutgesinnten und redlichen Bewohner der Hauptstadt
sowohl,wie auch der auswärtigen Kreise, durch Wort und That gemeinsam zur
Erhaltung der Ruhe, Unterdrückung jedes Versuches, dieselbe zu stören, und
hiedurch zur Wiederbelebung des Handels und Verkehrs zusammenwirken werden.
Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche
sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund
erheben. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen,
welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht
ohne Grund erheben. Nachdem ich jedoch an dieses Zugeständniß den
aufrichtigen und lebhaften Wunsch knüpfe, durch dasselbe Vertrauen in die
Maßregeln der Regierung ‒ Beruhigung in die durch die bedauerlichen
Ereignisse geängstigten Gemüther ‒endlich in der ganzen Provinz Ruhe,
Frieden und ungestörten Lebensverkehr herbeizuführen, so sehe ich mich
bemüßigt, an alle Jene, welche es wagen wollten, durch aufrührerische
Umtriebe neues Unheil über Stadt und Land zu verbreiten, ein ernstes Wort zu
richten und hiermit laut und allgemein zu erklären:
1 tens: daß der geringste Versuch zu einem neuen Aufruhr das augenblickliche
Eintreten der strengsten militärischen Gewalt zur Folge haben wird;
2 tens: daß, wenn ich in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden sollte,
die Waffen gegen aufrührerische Unternehmungen, worunter ich Errichtung von
Barricaden und thätliche Angriffe auf das Militär zähle, ‒ brauchen zu
lassen, der erste Kanonenschuß, welchen ich gegen die Aufrührer zu richten
bemüßigt wäre, für die Publikation des Standrechtes zu gelten habe, nach
welchem ein Jeder unnachsichtlich nach dem Kriegsgesetze hingerichtet werden
wird, welcher
1. In einem Widerstand mit der Waffe in der Hand gegen die gesetzliche
Gewalt, oder
2. In Aufwieglungen zum Aufruhr ergriffen, oder
3. Sonst des Aufruhrs überwiesen wird.
Die zur Untersuchung der stattgehabten verbrecherischen Vorfälle
zusammengesetzte Commission verbleibt aber, um die Uebelthäter der
gesetzlichen Strafe zuzuführen, in ihrer bisherigen Wirksamkeit, jedoch wird
dieselbe unter Einem angewiesen, sich nunmehr bezüglich der Civilpersonen
nach den für letztere geltenden Strafgesetzen zu benehmen. Mit dieser
ernsten Sprache, welche zu führen meine noch nie verletzte Pflicht gegen den
Monarchen und den konstitutionellen Staat mir gebietet, verbürge ich jedem
Gutgesinnten nach meinem Wirkungskreise Schutz und Wahrnung seiner Rechte,
seines Eigenthums, seines Lebens, dem Frevler aber, welcher diese
anzutasten, welcher die öffentliche Ruhe zu stören wagt, diene sie als
Warnung.
Prag, 20. Juli 1848.
Fürst Windisch-Grätz.
kommandirender General.
@xml:id | #ar055_016 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Prag, 18. Juli.
Das hiesige „Constitutionnelle Blatt aus Böhmen,“welches, wie die
Gervinuszeitung, von Kölner Publicisten, die jedenfalls nicht der „N. Rh.
Z.“angehören, inspirirt wird, bringt von Zeit zu Zeit die beruhigende
Versicherung, die zu Köln angekündigte„Katholische
Zeitung“ werde dem Geschäft des Herrn Dumont keinen Eintrag thun.
Die Handelsbilanz des Herrn Dumont scheint die Bilanz der guten Sache, der Höhestand seines Geschäftsscheint derHöhestand der deutschen Freiheit zu sein. So
erklären wir uns wenigstens wenn Herr Dumont Reclamen gegen gegenwärtige
oder zukünftige Concurrenten unter der Form von politischen Bülletins in die
Welt schickt. Und Sie können sich denken welche Aufregung hier herrschte,
als alle Straßen Prag's flüsterten: Neues Bülletin aus
Köln. Die „Katholische Zeitung“wird dem Geschäft des Herrn Dumont nicht
schaden.
@xml:id | #ar055_017 |
@type | jArticle |
@facs | 0273 |
[*]Wien, 22. Juli.
Am 15. Juli hat der Reichsverweser eine Proklamation an das deutsche Volk
erlassen. Diese muß das Zei-
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
[0274]
@type | jAnnouncements |
@facs | 0274 |
Abfahrt der Dampfschiffe.
Kölnische Gesellschaft.
Täglich vom 15. April 1848 an.
Von | Köln | Morgens 51/4 Uhr nach Mainz. |
Von | Köln | Morgens 51/2 Uhr nach Arnheim. |
Von | Köln | Morgens 93/4, Nachm. 23/4 Uhr nach Koblenz. |
Von | Köln | Abends 10 Uhr nach Mannheim. |
Von | Bonn | Morgens 71/2, Mittags 121/2, Nachm. 5 und Nachts 121/4 Uhr rheinaufw. |
Von | Bonn | Morgens 11, Nachm. 11/2, 51/2, u. 73/4
Uhr rheinabwärts. |
Von | Koblenz | Morg. 8, 11, Nachm. 21/2 und 5 Uhr nach Köln. |
Von | Mainz | Morg 7, 101/4, Mittags 123/4 U. n. Köln. |
Von | Mannheim | Morgens 6 Uhr nach Köln. |
Von | Arnheim | Morgens 6 Uhr nach Köln. |
Niederländische Gesellschaft.
Vom 14. Mai 1848 von Köln.
Morgens | 4 Uhr | in einem Tage nach Arnheim, Nymwegen
und Rotterdam täglich (mit Ausnahme von
Samstag). |
Nachts | 12 Uhr | nach Koblenz, Mainz, Mannheim und Ludwigshafen täglich (mit Ausnahme von
Dienstag). |
Düsseldorfer Gesellschaft.
Täglich vom 21. Mai 1848 an.
Von | Köln | Morgens 53/4 Uhr nach Mainz. |
Von | Köln | Morgens 81/2 Uhr nach Koblenz. |
Von | Köln | Abends 41/2 Uhr nach Düsseldorf. |
Von | Köln | Abends 91/2 Uhr nach Mainz-Frankf. |
Von | Bonn | Morgens 8 und 11 Uhr, Abends 118/4 aufwärts. |
Von | Bonn | Morg. 81/2 Uhr nach Köln, Nachm. 1 u. 21/4 Uhr nach
Köln-Düsseld. |
Von | Koblenz | Morgens 6, 101/2, Mittags 12 nach Köln. |
Von | Mainz | Morgens 6 u. 73/4 Uhr n. Köln-Düsseldorf. |
Von | Mannheim | Nachmittags 31/4 Uhr nach Mainz. |
Von | Rotterdam | Morgens 61/2 Uhr, Monntag, Mittwoch und Samstag nach Köln. |
Von | Arnheim | Nachmittags 31/2 Uhr, Montag,
Mittwoch und Samstag nach
Köln. |
Rhein-Yssel-Gesellschaft.
Vom 1. April 1848 von Köln.
Abends 8 Uhr jeden Sonntag, Dienstag und Freitag nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim, Doesborgh, Zütphen, Deventer,
Zwolle, Kampen u. Amsterdam; in Verbindung
nach Hamburg und Hull.
Bonn-Kölner Eisenbahn.
Vom 15. April 1848 an.
Von Köln nach Bonn.
Morgens | 6 Uhr 30 Minut. |
Morgens | 10 Uhr 00 Minut. |
Vormittags | 11 Uhr 30 Minut. |
Nachmittags | 2 Uhr 50 Minut. |
Abends | 6 Uhr 45 Minut. |
Abends | 8 Uhr 30 Minut. |
Von Bonn nach Köln.
Morgens | 6 Uhr 00 Minut. |
Morgens | 8 Uhr 00 Minut. |
Mittags | 12 Uhr 00 Minut. |
Nachmittags | 2 Uhr 20 Minut. |
Abends | 5 Uhr 00 Minut. |
Abends | 8 Uhr 00 Minut. |
Während der schönen Jahreszeit fährt an jedem Sonn- u. Feiertage ein Extrazug
um 31/2 Nachm. nach Brühl u. 71/2 Abends v. Köln n. Brühl. ‒ Preise: I. Kl. 15 Sgr. II. Kl. 10 Sgr. ‒ III. Kl. 7
Sgr. 6 Pf. ‒ IV. Kl. 5 Sgr.
Köln-Mindener Eisenbahn.
Vom 15. April 1848 an.
Von Deutz nach Düsseldorf.
Morg. | 7 U. 30 M. b. Minden. |
Morg. | 10 U. 00 M. b. Düsseld. |
Nchm. | 4 U. 00 M. b. Hamm. |
Abds. | 6 U. 50 M. b. Düsseld. |
Abds. | 10 U. 00 M. b. Minden. |
Von Düsseldorf nach Deutz.
Morgens | 6 Uhr 00 Minut. |
Morgens | 8 Uhr 00 Minut. |
Nachmittags | 1 Uhr 5 Minut. |
Nachmittags | 3 Uhr 40 Minut. |
Abends | 7 Uhr 00 Minut. |
Preise: I. Kl. 1 Thlr. II. Kl. 20 Sgr. III. Kl. 15
Sgr. IV. Kl. 8 Sgr.
Rheinische Eisenbahn.
Vom 21 Mai 1848 an.
Von Köln nach Aachen.
Morgens 6 Uhr 30 M. ganz Belgien und direkter Anschluss nach Paris mit dem
Nachtzuge von Brüssel.
Morg. 10 Uhr 00 M. bis Antwerpen, Brüssel u. Gent.
Nachm. 3 U. 00 M. b. Lüttich.
Abends 6 Uhr 00 M. bis Aachen.
Von Aachen nach Köln.
Morg. 6 Uhr 45 im Anschluss an das Dampfschiff nach Koblenz, die Bonner und
Mindener Eisenbahn.
Morg. 11 Uhr 00 M. Anschluss an die Bonner und Mindener Eisenbahn.
Nachmittags 3 Uhr 00 M.
Abends 6 Uhr 30 M.
Preise: I. Kl. 2 Thlr. II. Kl. 1 Thlr. 15 Sgr. III.
Kl. 1 Thlr.
Von Aachen nach Belgien 61/2
u. 91/4 Uhr Morgens.
121/2 u. 53/4 Uhr Nachm.
Düsseldorf-Elberfelder-Eisenbahn.
Vom 15. April 1848 an.
Von Düsseldorf.
Morgens | 7 Uhr 00 Minut. |
Morgens | 9 Uhr 30 Minut. |
Mittags | 11 Uhr 45 Minut. |
Nachmittags | 2 Uhr 30 Minut. |
Nachmittags | 5 Uhr 30 Minut. |
Abends | 8 Uhr 15 Minut. |
Von Elberfeld.
Morgens | 6 Uhr 45 Minut |
Morgens | 9 Uhr 15 Minut |
Mittags | 11 Uhr 30 Minut |
Nachmittags | 2 Uhr 15 Minut |
Nachmittags | 5 Uhr 15 Minut |
Abends | 8 Uhr 00 Minut |
Preise: I. Kl. 25 Sgr. II. Kl. 18 Sgr. III. Kl. 12
Sgr. 6 Pf.
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 24. Juli 1848.
Angekommen: Den 22. Kapt. Wemmers von Rotterdam mit
4926 Ctr.; Kapt. Schüller von Amsterdam mit 2179 Ctr.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. I. A. Orts;
nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr A. Meyer; nach Andernach und
Neuwied I. Schilowski; D. Wiebel; nach Koblenz und der Mosel und Saar L.
Tillmann; nach der Mosel, nach Trier und der Saar I. Bayer; nach Mainz Joh.
Acker; nach dem Niedermain Fr. Gerling; nach dem Mittel- und Obermain C.
Hegewein; nach Heilbronn Fr. Schmidt; nach Kannstadt und Stuttgart L.
Hermanns; nach Worms und Mannheim And. Rauth.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. v. Emster, Köln Nr. 26 Ferner: Nach Amsterdam
Kapt. Kaefs, Köln Nr. 2
Wasserstand.
Köln, am 24. Juli. Rheinhöhe 9′ 2 1/2″.
Bekanntmachung.
Durch die allerhöchste Kabinets-Ordre vom 8. April. D. J. (Gesetzsmmlung aNr.
14) ist das Porto für Palpiergeld (Kassen-Anweisungen etc.) und
Staatspapiere be- Versendung mit der Post bedeutend ermäßigt worden. Es ließ
sich erwarten, daß sich in Folge dessen die Versendung, namentlich von
Kassen-Anweisungen, ohne Deklaration aufhören, oder
sich doch vermindern würde, und zwar im eigenen Interesse des Publikums,
weil wenn Briefe mit nicht deklarirten Kassen-Anweisungen verloren gehen,
gesetzlich kein Ersatz gewährt wird. Jene Erwartung hat sich jedoch nicht
erfüllt, im Gegentheil mehren sich die Reklamationen wegen Verlust von
dergleichen undeklarirt abgesandten Papieren. Insoweit bei der Versendung
undeklarirten Papiergeldes nur eine Porto-Ersparniß beabsichtigt wird,
scheint ganz übersehen zu werden, daß der dadurch zu erlangende Vortheil
verglichen mit der geringen Mehrausgabe für deklarirte Geldsendungen fast
durchgehends ganz unerheblich ist, jedenfalls aber mit der Gefahr, bei
unterlassener Deklaration in keinem Verhältnisse steht:
So kostet beispielsweise:
ein Brief von Köln nach Bonn, mit 50 Thlr. Kassen- Anweisungen, 1 1/4 Loth
schwer,
undeklarirt 2 Sgr.,
deklarirt 2 1/4 Sgr., mehr 1/4 Sgr.
ein Brief von Köln nach Minden mit 100 Thlr. Kassen
Anweisungen, 2 1/2 Loth schwer,
undeklarirt 9 Sgr.,
deklarirt 10 Sgr., mehr 1 Sgr.
ein Brief von Köln nach Berlin mit 200 Thlr. Kassen
Anweisungen, 2 Loth schwer,
undeklarirt 12 1/2 Sgr.,
deklarirt 16 1/2 Sgr., mehr 4 Sgr.
Das General-Postamt hält sich für verpflichtet, das Publikum hierauf
aufmerksam zu machen.
Berlin, den 21. Juni 1848.
General-Postamt.(gez.) v. Schaper.
Amtliche Bekanntmachung.
Mit Bezugnahme auf die diesseitige Bekanntmachung vom 12. d. M., wird hiermit
zur Kenntniß des betreffenden, handeltreibenden Publikums gebracht, daß der
Gemeinderath für den, am ersten Montage im Monat Oktober d. J. hier statt findenden großen
Waidviehmarkt, folgende Prämien für Viehhändler
bewilligt hat, nämlich:
- 1) für denjenigen, welcher den besten Ochsen zum
hiesigen Markte bringt, 100 Thaler,
- 2) für denjenigen, welcher den zweitbesten Ochsen zum
hiesigen Markte bringt, 50 Thaler,
- 3) für denjenigen, welcher die beste Kuh zum hiesigen
Markte bringt, 50 Thlr.,
- 4) für denjenigen, welcher die beste Verse zu Markte
bringt, 30 Thaler, und
- 5) für denjenigen, welcher das meiste Waidvieh zum
hiesigen Markte bringt, 20 Thaler.
Die Beurtheilung des Viehes, resp. die Zuerkennung der Prämien, wird durch
die für den hiesigen großen Viehmarkt bestehende Metzgerdeputation
erfolgen
Die in den Nummern 46 und 47 dieses Blattes enthaltene diesfällige
Bekanntmachung vom 15. d. Mts. ist dahin zu berichtigen, daß die Prämien nicht ausschließlich für niederländische, sondern
auch für andere Viehhändler bestimmt sind.
Köln, den 18. Juli. 1848.
Der königl. Oberbürgermeister, Steinberger.
Freiwilliger Mobilar-Verkauf.
Am Donnerstag den 27. Juli 1848 in den gewöhnlichen Vor- und
Nachmittagsstunden, wirg der Unterzeichnete in dem Hause Thieboldsgasse Nr.
79 zu Köln, die zu der Nachlassenschaft des verlebten Majors Hrn. v.
Mühlbach gehörigen Mobilargegenstände, bestehend in Stühlen, Sopha's
Bettstellen, in zwei schönen Schreibtischen, Bücherschränken, Kommoden,
einem Sekretär, alles von Mahagoniholz, Spiegeln in übergoldeten Rahmen,
Oelgemläden und sonstigen Bildern, Bettzeug, sehr schönen Fußteppichen,
Kleidungsstücken, sowie sonstigen Hausmobilien, und endlich in einem sich
noch in ganz guten Zustande befindlichen Wagen, dem Meist- und
Letztbietenden gegen gleich baare Zahlung öffentlich verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Penningsfeld.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Mittwoch den 26. Juli 1848, Morgens 9 Uhr, werden durch den
Unterzeichneten in Gefolge Rathskammerbeschlusses des Königlichen
Landgerichts zu Köln vom 17. Juli 1848, in dem Hause Waidmarkt Nr. 23 zu
Köln, mehrere Mobilar-Gegenstände, als Tische, Stühle, Schränke, 1
Fournaise, 2 Schreibpulte, 1 Kopiermaschine, Kommoden u. s. w. öffentlich
meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher, Penningsfeld.
Berliner Hof in Essen.
Einem verehrlichen Publikum beehre ich mich anzuzeigen, daß ich den von Herrn
Karl Preußner bewohnten Gasthof käuflich übernommen habe und mit dem ersten
August d. J., neu eingerichtet, antreten werde. Herr Preußner führt das
Geschäft bis dahin fort.
Indem ich um gefälligen Zuspruch bitte, gebe ich zugleich die Versicherung,
daß ich alles aufbieten werde, meinen geehrten Gönnern zu genügen.
W. H. Frischen,
aus Neuß.
Berichtigung eines falschen Gerüchtes.
In der Stadt hat man sich auszustreuen bemüht, als sei ich der Verfasser des
in Nro. 51 dieses Blattes enthaltenen Artikels über Herrn Peters und sein
Musikchor. Welche Ansicht und welche Tendenz diesem
falschen Gerüchte resp. dieser falschen Aussage untergeschoben
worden ist, will ich dahin gestellt sein lassen; auch nicht beurtheilen, ob
Musiker, welche im Dome und Theater angestellt sind und nur von zufälligen
Verdiensten sich und ihre Familie (die bei Manchem sehr zahlreich ist) zu
ernähren haben; auch will ich nicht erörtern, ob die Kunstleistungen eines Musikchors, wenn es sich um feierliche
Angelegenheiten des Domes handelt, zu welchem Kunstwerke ganz Deutschland
spendet, theuer oder billig
gestellt worden oder zu stellen sind; nur geht meine höfliche Bitte dahin,
der Herr Gerant d. Bl. möge die Güte haben, mir, so wie den Mitgliedern
meines Musikchors das Zeugniß zu geben, daß der fragliche Artikel weder von
mir noch von sämmtlichen Betheiligten meines Chores ausgegangen ist.
Im Auftrage meines Bürger-Wehr-Musikchors:
W. Herr, Lehrer.
Geschieht hiermit.
H. Korff,
Gerant der„Neuen Rheinischen Zeitung.“
Auf die gestrige „Antwort“ erkläre ich hiermit einfach, daß die Mitwirkung
des 1. Bürgerwehr-Musikchors bei dem etc. Festzuge von vornherein nur gegen
Bezahlung beantragt wurde.
Uebrigens ist dieses mein letztes Wort in dieser Angelegenheit.
J. Peters.
Mit der durch Hrn. J. Peters auf ausdrückliches Verlangen gestellten
Forderung hinsichlich des etc. Festzuges erklären wir uns einverstanden.
Namens des 1. Bürgerwehr Musikchors:
Der Vorstand.
Bei der Eröffnung meiner neuen Restauration empfehle ich ächt baierisch Bier,
vorzüglichen Wein, die große Flasche zu 3 Sgr., und köstliche Speisen.
Köln, den 22. Juli. 1848.
Franz Passmann Burgmauer Nr. 27.
Tanzlehrer Millewitsch
ertheilt fortwährend Unterricht, nach einem neuen Lehr Kursus in 5 Tagen.
Großen Griechenmarkt Nr. 33.
Frische Rheinfische sind zu den billigsten Preisen zu haben bei Joh. Lülsdorff, Lindgasse 21.
„Neue Rheinische Zeitung.“
Die 3. Einzahlung von 10 pCt. per Aktie, wird bis zum Mittwoch, den 26. d. M.
gegen Interims-Quittung eingezogen werden.
Köln, den 21. Juli 1848.
H. Korff, Gerant der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
Der freie Staatsbürger,
Volksblatt aus Franken, erscheint wöchentlich drei Mal und kostet im ganzen
Umfang des Königreichs Baiern jährlich 3 Fl., halbjährlich 1 Fl. 30 Krz.
Außerhalb Baiern findet ein entsprechender Postaufschlag Statt. Alle
Postämter nehmen Bestellungen an.
Dieses Volksblatt, das Organ der demokratischen Partei in und um Nürnberg,
besteht seit dem April d. J. und wird auch in Zukunft, wie bisher, allen
Anfechtungen der von der Bourgeoisie unterstützten Bureaukratie Trotz
bieten. Sein Gründer und Redakteur, Gustav Drezel, ist zwar durch brutale
Polizeiwillkür aus der hiesigen Stadt verwiesen, leitet aber aus der Ferne
das Blatt und unterstützt es durch seine Beiträge.
Nürnberg, im Juli.
Die Expedition des „freien Staatsbürgers.“
# Mobilar-Verkauf großen Griechenmarkt oder Kronenbüchel Nro. 3.
Herr P. I. F..... und E…
Ist Fräulein St. Agatha dieselbe Dame, mit welcher ich per Bataillons-Befehl
ein Ehebündniß schließen sollte, wovon Sie mir indeß ab- und zuriethen,
meinen Knecht diese Verbindung eingehen zu lassen, was denn auch geschah,
aber durch den Vater der Dame, Hrn. W… entdeckt, zu unangenehmen Scenen
Veranlassung gegeben hat; wobei zu bemerken, daß Hr. B‥ selbst eine
nachträgliche Vereinigung meiner Person mit Frl. St. Agatha auf's eifrigste
betrieb.
Kamphausen,
früherer Verlobter.
Aufruf an die Bürger Kölns.
Diejenigen Bürger Kölns, welche die Mahl- und Schlachtsteuer, die besondere
auf so ungerechte Weise auf die arbeitenden Klassen
lastet, aufgehoben wissen wollen, mögen sich vereinigen. Zu diesem Zwecke
liegen in nachbenannten Lokalen Listen zur Unterschrift offen:
Bei | Hrn. | Huthmacher, Martinstraße 31. |
Bei | Hrn. | Geuer, Rheingasse 25. |
Bei | Hrn. | Lölgen, Johannisstraße 2. |
Bei | Hrn. | Kreutzer, Weidengasse 11. |
Bei | Hrn. | Becker, Schildergasse 8 u. 10. |
Bei | Hrn. | Siemons, Mühlengasse 1. |
Bei | Hrn. | Kurth, große Sandkaul 34. |
M. Goldschmidt,
Obenmarspforte Nr. 28
vis-à-vis Hof-Konditor Mosler
erhielt eine neue Auswahl in Reise-Recessaire für Damen und Herren,
Arbeitskästchen, Thee- und Tabakkasten, empfiehlt sich damit zu den
billigsten Preisen.
Avis
Kleidermacher-Unterricht.
Die Kunst, zuschneiden zu erlernen, über jeden Wuchs des Menschen, welche bis
in's Unendliche übergeht, und zwar in drei Lexionen. Komödienstraße Nr. 93
erste Etage.
English newspapers in Brussels.
The Brussels Herald, established in 1827 is the only
English newspaper in Belgium. It is published every Saturday. Price per
quarter 5 francs, exclusive of postage out of Belgium. The Brussels Herald
is an excellent medium for all advertisements addressed to English residents
on the continent and English travellers. Office: ‒ 13 Rue des Boiteux,
Brussels.
Eine große Auswahl von Häusern sind zu billigen Preisen zu verkaufen und zu
vermiethen. Kapitalien gegen erste Hypotheke werden gesucht. Näheres bei J.
P. Spendeck, gr Neugasse 18.
Das wohl assortirte Lager von echtem Eau de Cologne eigener Fabrik, empfehlen
zu den billigsten Preisen, J. P. Spendeck & Comp. in Köln, große
Neugasse Nr. 18 nahe beim Dom und Altenmarkt.
Seit dem 1. Juni erscheint in der Vereins-Buchdruckerei zu Berlin und ist
durch alle Buchhandlungen und Postämter zu beziehen:
Das Volk.
Organ des Central-Comités für Arbeiter.
Eine sozial-politische Zeitschrift
Herausgegeben von Schriftsetzer Born.
Zu recht zahlreichen Abonnements für das beginnende Quartal laden wir hiermit
ein. Die Zeitschrift behandelt außer den Interessen der Arbeiter auch die
politischen Tagesangelegenheiten vom reindemokratischen Standpunkte. Einige
Exemplare des Monats Juni können ebenfalls noch bezogen werden und zwar zu
dem Preise von 6 2/3 Sgr.
Die Berliner Vereins-Buchdruckerei.
Wenn es dem Bevollmächtigten der Massa Bechem? in Nro. 53 der „ Neuen
Rheinischen Zeitung“ zu thun war, von der Lage des Falliments F.W. Bomnüter
& Komp. Kenntniß zu erhalten, dann hätte er besser gethan, sich dierkt
bei dem Syndik des Falliments zu erkundigen, und er würde erfahren haben,
daß die Endliquidation nahe bevorsteht; sollte der Einsender aber bezwecken,
durch seine Anfrage den Syndik des Falliments zu verdächtigen, dann finden
wir uns verpflichtet, der Wahrheit gemäß zu erklären, daß Seitens des
Syndiks die etc. Massa ganz im Interesse der Kreditoren gehandhabt worden
ist und die bis jetzt verflossene Zeit jedem Geschäftskundigen nicht
auffallend erscheinen wird.
Köln, 24. Juli. 1848.
Mehrere der bedeutensten Kreditoren der Massa F. W.
Bomnüter & Komp.
Gesuch einer Stelle als Handlungs-Gehülfe.
Für einen jungen Mann welcher fünf Jahre zur Zufriedenheit seines Prinzipalen
in einem Manufakturwaaren-Geschäft thätig war. Anträge erbittet J. P.
Spendeck in Köln, große Neugasse Nr. 18.
Für einen Gasthof wird eine erfahrene Haushälterin und ein Zimmermädchen
gesucht. Näheres bei J. P. Spendeck, gr. Neugasse Nr. 18.
Nicht zu übersehen.
Einem verehrten Handelsstande mache ich die ergebene Anzeige, daß ich an der
Frohngasse mit meinem Schiffe „Friedrich Wilhelm“ nach Mannheim und
Ludwigshafen in Ladung liege, und die Baumwoll-, Oel-, Thran und flüssigen
Waaren, in Fässer und Kisten zu 20 Kr, alle anderen Waaren zu 19 Kr., jedoch
Blei und Eisen zu 18 Kreuzer per 50 Kilogramm, exklusive Oktroi annehme; die
Güter, welche nicht an die Frohngasse gebracht werden können, nehme ich im
neuen Hafen an der Neugasse in Empfang.
F. J. Adams.
An D. & E.
Der Fuchs verliert die Haare aber nicht die Sprünge.
Ein donnerndes Lebehoch dem Jacob Harf aus Lülsdorf,
zu seinem Namenstage von seinem Sohne P.
Vivat Jacobus op der Hölzenbach!