Deutschland.
@xml:id | #ar040_001_c |
@type | jArticle |
@facs | 0197 |
Edition: [Karl Marx: Die Fortdauer der Ministerkrisis. In: MEGA2 I/7. S. 297.]
[*] Köln, 9. Juli.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id | #ar040_002 |
@type | jArticle |
@facs | 0197 |
[*] Köln, 7. Juli.
Herr Tischlermeister Heinrich Johnen ersucht uns
folgende Reklamation aufzunehmen:
Am 6. Juli gegen 6 Uhr Morgens wurde an Johnen's Schlafzimmer geklopft und
herein traten 3 Gendarmen und 2 Polizeidiener und erklärten dem Johnen, er
sei im Namen des Gesetzes verhaftet. Johnen blieb indeß ruhig in seinem
Bette liegen und gab den Heren zu verstehen, es müsse hier ein Irrthum
obwalten, das müsse ein anderer Johnen sein. Dieser Meinung war auch der
Polizeidiener Schwartz, welcher bei der Verhaftung zugegen; er
berathschlagte sich mit den Gendarmen und die angefangene Jagd wurde nun bei
einem andern Johnen fortgesetzt.
Ungefähr eine Stunde später erschienen die Herren der heiligen Hermandad von
neuem in seiner Wohnung mit dem Bemerken, er müsse mit, es könne kein
anderer Johnen sein, als er. Da Johnen sich unschuldig wußte, so leistete er
keinen ferneren Widerstand, er wurde sorgfältig in einen Fiaker gepackt und
es wurde ihm bedeutet, er würde zum Instruktionsrichter geführt; der Wagen
rollte indeß durch verschiedene Straßen und vor dem neuen Civilarresthause
wurde Halt gemacht.
Dort angekommen wurden die üblichen Formalitäten an ihm vollzogen und er
alsdann in dem neuen nach pensylvanischer Art gebauten Flügel, in eine Zelle
eingesperrt.
Nicht lange währte es, so erschien ein Aufseher in seinem Käficht und brachte
ihm Wolle zum Auseinanderzupfen, mit dem Bemerken, dies sei etwas um etwaige
Grillen zu vertreiben. Nachher hatte er das Vergnügen, die Bekanntschaft des
Hrn. Direktors und Inspektors der Anstalt zu machen, dieselben erkundigten
sich nach seinem Namen und Stand u. s. w. Er protestirte gegen seine
Verhaftung und ersuchte die Herren, ihn sobald wie möglich dem
Instruktionsrichter vorführen zu lassen, um seine Unschuld zu beweisen. Dies
letztere geschah gegen halb zehn Uhr.
Das Interrogatoire begann wie gewöhnlich; der Herr Instruktionsrichter
verwunderte sich, daß man mich arretirt habe, indem der Johnen, den man
wirklich verhaften sollte, in der Foller- oder Weberstraße wohnen müsse.
Zugleich wurde Johnen gefragt, ob er drei Jahre in Paris (welch groß Verbrechen, in Paris gewesen zu sein) und ob er in dem
Wirthshause bei Hilgers in der Zollstraße aufrührerische Reden gehalten. Auf
dies Alles gab Johnen verneinende Antwort, das Protokoll wurde geschlossen
und trotzdem, daß der Instruktionsrichter die Ueberzeugung hatte, daß Johnen
nicht der rechte sei, den man verhaften wollte, wurde derselbe erst gegen
Abend sechs Uhr aus dem Arrest entlassen.
Ist dies nicht wieder ein Beispielchen, auf welche Art und Weise die
Staatsbehörde Arrestationen anordnet und ausführen läßt; gleichviel ob es
der Rechte oder Unrechte ist, wird ein Bürger aus seinem Geschäft und von
seiner Familie weggeholt, arretirt wie ein großer Verbrecher, dann wegen
Mangel an Beweis, oder weil man einen Mißgriff gemacht hat, wieder in
Freiheit gesetzt.
@xml:id | #ar040_003 |
@type | jArticle |
@facs | 0197 |
[19] Köln, 9. Juli.
(Forts. des gestr. Artikels).Es war ein
eigenthümliches Geschick bei diesem merkwürdigen Pacifikationsverfahren, daß
die ordnungswüthige Bureaukratie zur Bekämpfung der polnischen
„Anarchistengelüste“ sich der Anarchie in ihren eigenen Reihen bediente. Die
gerühmte preußische Disziplin im Heere war verschwunden, der wohlgeordnete
Beamtenstaat in voller Auflösung begriffen.
Oder geschah es etwa mit Bewilligung der Oberbehörden, wenn der Assessor
Göldner aus Schubin am 27. April ein Detaschement von 10 Husaren zu dem
Gutsbesitzer Sadowski nach Slupy dirigirte, und denselben ohne den
geringsten Anlaß, als er mit seiner Mutter und seiner Schwägerin am Tische
saß, niederschießen und seine Leiche unter Spott und Gelächter verstümmeln
ließ!
Geschah es im Interesse der von dem Oberpräsidenten „angebahnten“
Reorganisation, wenn der Regierungspräsident Schleinitz zu Bromberg die
herausforderndsten Proklamationen erließ, und durch die willkürlichsten
Verhaftungen, namentlich der Priester, in anfangs ruhigen Distrikten die
wüthendste Erbitterung gegen die Deutschen hervorrief?
Wo war die steife Zucht des vielgeliebten Kamaschenthums, wenn der General
Hirschfeld (von Shrapnell) gleich einem Hüser von Mainz die an ihn
gesendeten Parlamentäre einer bedrohten Stadt vor der Wuth seiner Soldaten
nicht schützen zu können erklärte, und wenn diese Parlamentäre in seinem
Beisein, Angesichts der Offiziere, von der wohldressirten Soldateska auf das
Barbarischste gemißhandelt wurden?
Die Offiziere achteten der wirklichen oder scheinbaren Befehle ihrer
Vorgesetzten, der Konvention des kön. Kommissarius nicht mehr; ganze Banden
durchstreiften auf eigene Hand raubend, plündernd, brandschatzend die
Gegenden, und hausten überall wie in einem eroberten, vogelfreien Lande.
Am 9. April überfiel eine Abtheilung Dragoner, von zwei Offizieren befehligt,
die Stadt Miéscisko, und schossen im Vorbeiziehen auf die grade vor der
Kirche versammelte Menge, wobei ein Schulze todt blieb, und eine Frau schwer
verwundet wurde.
Ebenfalls am 9. April überfiel eine Abtheilung Infanterie die Stadt Znin,
nachdem sie vorher schon in der Umgegend und namentlich in der Wohnung des
Dekans in Gora die größten Exzesse getrieben hatte. Die vor der Kirche
versammelte Menge wollte zu den Waffen greifen, aber der Graf Viktor Potocki
forderte sie zur Ordnung auf, als Schüsse des Militärs ihn von hinten zu
Boden streckten.
Am 15. April drangen zwei Kompagnieen des 15. Landwehr-Regiments nach
Wreschen, und in die Wohnung des Grafen Poninski, wo sie die hochschwangere
Gräfin mit Bajonetten „kitzelten“, und beim Abzug einen Beutel mit 150
Thalern fortführten.
An demselben Tage rückte das 5. Husaren-Regiment nach dem Dorfe Nekla bei
Wreschen und raubte dort bei dem Ortspfarrer, einem Förster, einem
pensionirten Hauptmann und zwei Bürgern an Geld und Geldeswerth 1521
Thaler.
Bei all diesem Treiben war in sofern zwar „Ordnung“ nicht zu verkennen, daß
die Anarchie nicht ausnahmsweise, sondern systematisch auf der Tagesordnung
stand. Nicht bloß die unteren Offiziere und gemeinen Soldaten trieben ihr
Geschäft auf eigne Hand, die Maßregeln des kön. Kommissarius wurden auch von
den Generalen willkührlich verletzt oder systematisch durchkreuzt.
Als die Kunde von dem ersten Bruch der Konvention durch den Angriff auf das
Polen-Lager in Trzemeszno die Erbitterung in der drohendsten Weise
steigerte, ersuchten die Polenführer, um den friedlichen Erfolg der
Konvention nicht zu vereiteln, den kommandirenden General Colomb um eine
dreitägige Verlängerung der Frist zur Auflösung der Lager. Der kommandirende
General ging darauf ein; nichts destoweniger rückte der General Hirschfeld
trotz des Befehls des Kommissarius, sich konventionsgemäß eine Meile von den
Lagern entfernt zu halten, auf die Stadt Wreschen. Die Polen, um jede
Veranlassung zu neuen blutigen Konflikten zu vermeiden, räumten die ihnen
für ihre Stämme (Cadres) durch die Konvention zugewiesene Stadt und
verlegten mit Bewilligung des Kommissarius ihre Cadres nach Neustadt.
Der Kommissarius, um sich davon an Ort und Stelle zu überzeugen, wie weit die
Bedingungen der Konvention von Seiten der Polen erfüllt waren, hatte die
Cadres und alle Orte inspizirt, wo die polnischen Truppen stationirt waren.
Ueberall hatte er Zucht und Ordnung gefunden, und die Versicherungen der
Zufriedenheit der deutschen Einwohner erhalten; die deutschen Einwohner von Schroda gaben die schriftliche Erklärung,
daß sie während der polnischen Kantonirung sich der größten Ordnung erfreut,
von den preußischen Truppen aber nach ihrem Einrücken die blutigsten Exzesse
zu erleiden gehabt; die Städte Neustadt, Miloslaw, Pleschen, Grätz gaben
ähnliche Versicherungen und an der Spitze der Unterschriften der letztern
Stadt stand der Name des Justizkommissarius Colomb, eines Neffen des
kommandirenden Generals. Der Kommissarius erklärte hierauf in der
Proklamation von Boguszyn v. 17. April, daß das Land pacifizirt sei und die
Reorganisation beginnen solle, und gab dem General die Erfüllung der nach
der Konvention obliegenden Bedingungen auf, nämlich 1) einen höhern preuß.
Offizier zur Beaufsichtigung der polnischen Cadres zu bestimmen, 2) die
polnischen Cadres selbst in die Posen'sche Division einzustellen und 3) alle
militärischen Maßregeln zu fistiren.
Der General Colomb fand für gut, von Alle dem nichts zu thun, und trotz
wiederholter Aufforderungen des Generals Willisen blieben alle Bedingungen
der Konvention unerfüllt.
Welche Vollmachten aber konnten wohl den General Colomb berechtigen, den von
dem kön. Kommissarius getroffenen Maßregeln auf eigene Hand entgegen zu
treten und eine unerhörte schlächterartige Metzelei zu veranlassen?
Und wenn er keine Autorisation hierzu besaß, wie konnte es geschehen, daß
dieser Mensch trotz aller Reklamationen der Deutschen und Polen nicht zur
Rechenschaft gezogen wurde?
Diese Fragen treffen das Ministerium Camphausen-Schwerin-Auerswald, welches
die Berichte des Erzbischofs von Gnesen und Posen, die Deputationen des
polnischen Nationalcomité's und selbst die Anklagen von Deutschen gegen die
Gräuel der fanatisirten Soldateska unbeachtet ließ. Das Ministerium
Camphausen, wir hoffen es, wird eines Tages für alles durch seine Schuld in
Polen vergossene Blut, für alle dort verübte Greuel noch verantwortlich
gemacht werden.
Hätte der General Colomb dem Befehl des Kommissarius gemäß rechtzeitig einen
höhern Offizier zur Oberaufsicht der polnischen Kadres gesandt, so wäre
manche Unordnung vermieden worden, die später als Vorwand eines
Konventionsbruches diente;
hätte er die polnischen Stämme in die Posensche Division eingestellt, so
würden sie aufgehört haben Truppen zu bilden, die man später mit Kartätschen
und Shrapnells niederzumetzeln für gut fand;
hätte er die militärischen Maßregeln fistirt, d. h. die wüthenden, aller
Subordination entbehrenden fliegenden Kolonnen zurückgezogen, die nach den
Aussagen aller Deutschen Schrecken und Flucht verbreiten, so wäre alles
Blutbad zwischen zwei bis dahin friedlich nebeneinanderwohnenden
Nationalitäten vermieden worden.
Der General Colomb, der von Anfang an die Absicht einer friedlichen
Reorganisation nicht theilte, sondern die Polen auf dem Schlachtfelde zum
Aufgeben ihrer nationalen Forderung zu zwingen entschlossen, konsequent, die
Macht des kön. Kommissarius überall zu brechen.
Als der Letztere beim Abschluß der Konvention in der in Belagerungszustand
erklärten Stadt Posen von dem deutschen und jüdischen Lumpenproletariat
beschimpft und seine Wohnung in Gegenwart der obersten Militärbehörden fast
erstürmt worden wäre, erklärte ihm der General Colomb, der von den Haufen
mit Hurrah begrüßt wurde, daß er ihn nicht schützen könne und ihm rathe, nach Berlin zurückzukehren. Die Beamten, die
Landräthe, Kreiskommissäre, welche bei der Reorganisation auf die Straße
gesetzt zu werden fürchteten, erklärten offen, daß sie von dem Kommissarius
keine Befehle annähmen. Alle Vorbereitungen zu einer unbeschränkten Diktatur
der dem Kommissarius untergeordneten Generäle, waren angebahnt.
Der königl. Kommissarius sah die Unmöglichkeit ein, bei diesem Treiben der
Behörden, seine Mission fortsetzen zu können, und entschloß sich, nach
Berlin zu gehen, um dort die Sachlage darzulegen.
Seine Abreise war die Losung zu allgemeinen offenen Gewaltthätigkeiten gegen
die Polen. Die Generale Colomb, Wedell, Hirschfeld (von Shrapnells) waren
des letzten schwachen Zügels enthoben, alle Berichte und Anklagen waren in
Berlin ohne Rücksicht geblieben, und die losgelassene Meute der wüthenden
Soldateska sollte den letzten Schrei des „pacificirten“, wehrlosen Landes
ersticken.
(Schluß folgt.)
@xml:id | #ar040_004 |
@type | jArticle |
@facs | 0197 |
[15] Köln, 7. Juli.
Die „Köln. Ztg.“ erzählt in ihrer Nr. 188 ganz gemüthlich, daß der
Gemeinderath von Köln in seiner Sitzung v. 3. d. beschlossen habe, eine
Deputation an den Hrn. Minister (a. D.) Camphausen zu entsenden, um
demselben „die dankende Anerkennung des Gemeinderathes
für dessen politische Wirksamkeit auszusprechen.“ Der Umstand, daß
Herr Dumont, Redakteur des fraglichen Blattes, in seiner Eigenschaft als
Stadtrath persönlich zugegen war in der beregten Sitzung, so wie die
Bestimmtheit mit der die ganze idyllische Feier mit allen ihren
Nebenumständen erzählt wird, läßt eigentlich an der Wahrheit des Gesagten
keinen Zweifel aufkommen, und dennoch ist die Hauptsache, das Motiv der
Demonstration, ‒ eine Lüge. ‒ Der Gemeinderath hatte
in seiner Mitte zu einem „kollegialischen Besuch“ bei seinem frühern
Mitgliede, des Hrn. Minister a. D. aufgefordert, und war die Sache auch in
diesem Sinne verhandelt und beschlossen worden; von der politischen
Wirksamkeit des Exministers war dabei durchaus nicht die
Rede.
Wären, was längst schon beschlossen worden ist, die Sitzungen unseres
Gemeinderaths öffentlich, dann würde der zeitweilige Stadtrath und
Zeitungs-Redakteur, Hr. Jos. Dumont sich wohl schwerlich eine solche arge
Mystifikation des Publikums haben zu Schulden kommen lassen.
Sollte übrigens die politische Wirksamkeit des Ministers a. D. wirklich eine
derartige vielbedeutende Demonstration des Kölner Gemeinderaths verdient
haben, dann war es Pflicht desselben, das Volk, was dieses Verdienst
bestimmt nicht gekannt zu haben scheint, darüber durch irgend eine
Proklamation gehörig aufzuklären; ‒ die Katzenmusiken und Scandale vor dem
Wohnhause des Ministers hier in Köln würden dann zweifelsohne nicht
stattgefunden haben. ‒
Das Zusammentreffen der Kölner Deputation mit den Abgeordneten der Stadt
Mülheim an der Ruhr ist wichtig. Schade, daß die Kölner nicht einen Tag
früher gekommen waren, dann hätten sie sogar den Herrn Exminister Eichhorn
mit seinem Kollegen Camphausen in Konferenz treffen können ‒ ‒ ‒ und das ist
noch wichtiger!
@xml:id | #ar040_005 |
@type | jArticle |
@facs | 0197 |
[9] Düsseldorf, 8. Juli.
Hr. Julius Wulff, Präsident des hiesigen Volksklubbs, erhielt heute Morgen um
6 Uhr einen Besuch des Oberprokurators Hrn. Schnase, der sich bis jetzt (8
Uhr) in Gesellschaft zweier Schreiber mit Durchforschung der vorgefundenen
Papiere beschäftigt. Zwei Polizeidiener und eine Droschke warten vor der
Hausthüre, wonach es scheint als ob die Haussuchung wohl mit einer
Verhaftung enden könnte. Ob man nach Hrn. Wulff die übrigen Mißliebigen der
Reihe nach vernehmen wird, müssen wir erwarten.
Nachschrift. Herr Wulff ist wirklich verhaftet
worden. Man soll in seinen Papieren Nichts gefunden haben. Auch bei dem
stellvertretenden Präsidenten, Herrn Rockmann, stattete der Oberprokurator
Schnaase, ein Instruktionsrichter und mehre Polizeibeamte Besuch ab. Schon
um halb sechs Uhr Morgens hatten sich zwei Polizeikommssäre bei demselben
eingefunden, welche ihn bis zur Ankunft der bezeichneten Herren überwachten.
Auch seine Papiere wurden durchsucht, nachdem man ihm vergebens sein Ehren-
[0198]
wort darüber abverlangt hatte, ob er auf den Klub
bezügliche Papiere habe. Da sich jedoch Nichts vorfand, so entfernte man
sich ohne weitere Erklärung. Man spricht noch von andern Verhaftungen.
@xml:id | #ar040_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
[103] Berlin, 7. Juli.
Alles war gespannt auf die heutige Sitzung der Vereinbarungsversammlung. Die
vier Tribünen waren überfüllt von Neugierigen, welche die Nachricht von der
Abdankung der Minister vernommen hatten. Aber sie hörten kein Wörtchen
darüber, und obgleich die Ihnen von mir mitgetheilte Nachricht über
eingereichte Entlassung mehrerer Minister wirklich begründet war, so glaubte
das Ministerium darüber keine Mittheilung machen zu dürfen. So viel konnte
man jedoch aus den heutigen Antworten und Reden der Minister Hansemann, Kühlwetter und Milde entnehmen, daß sie ihrerseits an nichts weniger denken, als
an eine Abdankung. Sie halten sich für unerschütterlich und halten fest an
ihren bisher ausgesprochenen Grundsätzen, auf ihre Majorität in der
Versammlung fußend, die heute wieder tapfer im Sinne des Ministeriums mit
Händen und Füßen diejenigen bekämpfte, die dasselbe angriffen.
Nach Eröffnung der heutigen Sitzung ließ der Präsident Grabow zuerst drei
Proteste verlesen. Der erste Protest, von 140-150 Mitgliedern der Linken und
des Centrums unterzeichnet, protestirt gegen das ungerechte und der Würde
der Versammlung nicht entsprechende Benehmen, bei der stattgehabten
Abstimmung zu Ende der letzten Sitzung über den die posen'sche Angelegenheit
betreffenden Antrag und erkennt schließlich nur die erste namentliche
Abstimmung als zu Recht bestehend an. ‒ Der Abgeordnete Wachsmuth protestirt
ebenfalls gegen die letzten Abstimmungen, obgleich er bei der namentlichen
mit „nein“ gestimmt, muß er sie dennoch als zu Recht bestehend annehmen. ‒
Die Abgeordneten Neumann und Harossowitz erklären, daß sie, in der
Voraussetzung, daß alle andern Fragen durch die Annahme der ersten erledigt
seien, den Saal verlassen hatten und protestiren gegen die nachfolgenden
Abstimmungen. ‒ Endlich verliest der Abgeordnete Kirchmann einen Protest von
25 Mitgliedern des linken Centrums, welche in Betracht, daß der angenommene
Beschluß, der Kommission in Ausführung ihrer Aufträge freie Hand zu lassen,
im Widerspruch damit stehe, daß sie sich nicht zur Feststellung der
Thatsachen an Ort und Stelle begeben dürfe, diese Frage mit „ja“ beantwortet
haben. ‒ Hierauf stellte Dr. D'Ester den Antrag, „daß der am 4. Juli zu Ende
der Sitzung gefaßte Beschluß aufgehoben werde.“ ‒ Es wurde über sofortige
Zulassung dieses Antrags zur Debatte abgestimmt, aber mit 226 gegen 151
verneint und kommt dieser Antrag daher erst auf die nächste
Tagesordnung.
Das Ministerium hat zwei Gesetzvorlagen, über „die Errichtung der Bürgerwehr“
und die zweite „die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei
öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens“ an die Versammlung zur
Berathung eingesendet, welche in die Abtheilungen verwiesen werden.
Dr. Johann Jacobi stellt folgenden Antrag: „die hohe
Versammlung wolle erklären, daß die preußische konstituirende Versammlung
den von der deutschen Nationalversammlung gefaßten Beschluß, einen
unverantwortlichen Reichsverweser zu wählen, nicht billigen könne; daß aber
der deutschen Nationalversammlung wohl zustand, diesen Beschluß ohne
Mitwirkung der Regierungen zu fassen, und daß die preußische Regierung nicht
befugt gewesen, einen Vorbehalt geltend zu machen.“ ‒ Dieser bedeutungsvolle
Antrag ist von der Majorität unterstützt worden, und
kommt auf den Wunsch des Antragstellers in der nächsten Sitzung, welche
Dienstag stattfindet, zuerst zur Berathung. ‒ Es ist bemerkenswerth, daß
sich noch viele Mitglieder der Rechten, zur Unterstützung der Dringlichkeit
der Berathung dieses radikalen Antrages erhoben, als die Majorität die zur
Feststellung der Dringlichkeit nothwendig ist, zweifelhaft war.
Eine sehr interessante Debatte entspann sich bei Gelegenheit des Antrages des
Abgeordneten Grebel aus St. Goar: „Da einerseits zur
Begründung des von dem Herrn Finanz-Minister in ganz nahe Aussicht
gestellten Gesetz-Entwurfes über eine Zwangsanleihe, die Angabe, daß der
Staatsschatz und die Finanzen erschöpft seien, durchaus nicht genügt,
sondern genau nachgewiesen werden muß, wohin das Geld gekommen ist, damit
einer ähnlichen Katastrophe künftig vorgebeugt werden kann, und andererseits
zur gründlichen Diskussion über diese Zwangsanleihe (gegen deren Bewilligung
ich so lange protestiren werde, als nicht ein, mit den gegebenen
Versprechungen übereinstimmendes, ganz freisinniges Staatsgrundgesetz
festgestellt ist) die Einsicht der Bücher und Beläge der Verwaltung der
Finanzen und des Staatsschatzes unumgänglich nöthig ist, so trage ich darauf
an, die Nationalversammlung wolle wegen der großen Dringlichkeit dieses
Gegenstandes, sofort den Beschluß fassen, daß der Herr Finanzminister
ersucht werde, zum Zwecke der Debatte über die beabsichtigte Zwangsanleihe,
einer zu wählenden Kommission die Einsicht sämmtlicher Bücher und Beläge
über die Verwaltung der Finanzen und des Staatsschatzes vom Jahr 1840 an bis
auf die Gegenwart zu gestatten.“
Die Versammlung genehmigte fast einstimmig die
Dringlichkeit der Sache und fast alle Redner griffen das Finanzsystem
des Ministers und sein beharrliches Stillschweigen über die
Finanzverhältnisse des Staats an. Das Volk verlangt eine
Rechnungslegung; es hat Steuern und Abgaben gezahlt und will wissen wo die
Ueberschüsse der Finanzjahre geblieben sind. Man weiß, daß unter dem
verstorbenen König eine sparsame Finanzwirthschaft vorgeherrscht hat; man
sprach von dem großen und angefüllten Staatsschatz, den selbst der jetzige
Finanzminister als Abgeordneter des ersten vereinigten Landtags auf
wenigstens dreißig Millionen veranschlagte. Wo ist dieses Geld geblieben? Es
sind über das Verschwinden des Staatsschatzes Gerüchte im Volke verbreitet,
die an bestimmte Namen geknüpft sind.
Der Finanzminister Hansemann muß oftmals das Wort
ergreifen, um die vielen Gegner zu bekämpfen, aber es scheint vergebens,
seine Versicherungen scheinen keinen Glauben zu
finden. Es melden sich nur Redner der Linken um gegen den Minister zu
sprechen, und die Rechte hört alles ruhig an. Den
vorjährigen Ausspruch, „bei Geldfragen hört die Gemüthlichkeit auf“ scheint
die ganze Versammlung adoptiren zu wollen. Die Reden des Ministers sind
ungefähr in Folgendem zusammengefaßt. Bei Einbringung der neuen Steuer- und
Finanzgesetze, die für nächste Woche bevorstehen, wird das Ministerium auch
einen ausführlichen Bericht über den Stand der Finanzen vorlegen. ‒ Die
Gerüchte, daß früher große Summen im Staatsschatz gewesen, die in der
letzten Zeit verringert wurden, sind völlig unrichtig. Die Ereignisse der
letzten Jahre, waren vollkommen hinreichend den frühern blühenden Zustand
der Finanzen herunterzubringen. Die in Folge schlechter Erndten erlebten
Nothjahre haben nicht allein große Ausgaben veranlaßt, sondern auch die
Einnahmen vermindert. Auch unsere Freiheit, die wir Alle mit Freuden
begrüßen, hat dem Staat Opfer auferlegt und eine allgemeine Stockung der
Gewerbe mit sich gebracht. Man wird es natürlich finden, daß solche
Ereignisse Handel und Industrie zerstören. Die beabsichtigte Zwangsanleihe
soll den Kredit wieder herstellen und das gesunkene Vertrauen wird wieder
erweckt werden, welcher Fall schon eingetreten zu sein scheint, wenn man das
gegenwärtige Steigen aller Kourse an der Börse beobachtet. ‒ Es ist nicht
die Absicht des Ministeriums Geldbewilligungen von der Versammlung zu
veranlassen, ohne dieselben gehörig zu motiviren. ‒ Die Gerüchte vom
Verschwinden des Staatsschatzes sind völlig ungegründet, denn er hatte sich
in den letzten sechs bis sieben Jahren nur vermehrt.
Alle Redner verlangen die Einsetzung der Kommission zur Untersuchung der
Finanz- und Schatz-Angelegenheiten, aber der Minister will durchaus nicht
darauf eingehen. Er verspricht nur baldige Vorlagen und will sich nicht
entscheiden. Da nimmt noch Graf Reichenbach das
Wort: Sie erinnern sich Alle noch, als bei Eröffnung unserer Sitzungen die
Minister den Ausspruch thaten, daß sie mit Sehnsucht dem Augenblick
entgegensehen, die Prinzipienfragen zur Sprache zu bringen und machten
damals sogar eine Kabinetsfrage daraus. Seitdem hat es sich jedoch stets geweigert, näher auf die beantragten wichtigen
Fragen einzugehen und solche immer verschoben. Heute war dem Hrn.
Finanzminister Gelegenheit gegeben, sich über Prinzipien auszusprechen. Es
war ihm heute Gelegenheit gegeben, sich zu erklären, ob er für
Verzehrungssteuer oder direkte Einkommensteuern ist. Er erklärte aber, auf
diese Fragen nicht eingehen zu wollen und verweist jedesmal auf baldigst zu
machende Gesetzvorlagen.
Der Finanzminister sieht endlich ein, daß er unterliegen würde, da alle Anträge auf Tagesordnung und motivirte
Tagesordnung, die von der Rechten ausgehen, nicht angenommen werden. Da
entschließt er sich, einem von Parrisius gestellten
mildernden Amendement sich anzuschließen, was aber eigentlich
dasselbe wie der ursprüngliche Antrag besagt,
nämlich: „Den Herrn Finanzminister aufzufordern, der
Nationalversammlung über die Verwendung der Finanzen und des
Staatsschatzes von 1840 an, die nöthigen Vorlagen zu machen, und dazu
eine Kommission von 16 Mitgliedern niederzusetzen.“ Der
Antragsteller erklärt sich ebenfalls mit dem Amendement einverstanden, und
so wird dasselbe einstimmig angenommen.
In Folge dieser halben Niederlage des Finanzministers, schien sich das
Ministerium nun vorgenommen zu haben, mit der Versammlung zu schmollen. Denn
auf zwölf bis fünfzehn verschiedene Interpellationen, die den obigen
Verhandlungen folgten, war weder vom Finanzminister noch vom Kriegsminister
eine genügende Antwort zu erhalten. Besonders kurz fertigte der Letztere
alle, seiner Ansicht nach wohl unbescheidene, Fragesteller ab. Der
Interpellation des Abg. Philipps: „welche Maßregeln
die Regierung zum Schutze der russischen Gränze getroffen habe?“ entgegnete
der Kriegsminister, daß diese Frage nicht geeignet sei, in der Versammlung beantwortet
zu werden! Andern Interpellanten wurde nur geantwortet, man könne darauf
nicht eingehen. Auch wegen des bekannten Vorfalls, wo durch die Tyrannei
eines Majors, achtzehn Soldaten bei einem Marsche in der größten Hitze vor
Durst förmlich verschmachteten und todt am Wege liegen
blieben, war eine Interpellation gestellt. Aber der Kriegsminister
hatte noch keinen Bericht vom General-Kommando hierüber, und als der
Abgeordnete Gladbach darauf drang, daß der Minister,
wie es das Reglement vorschreibt, einen Tag feststelle, an dem er genaue
Antwort ertheilen wolle, so versprach er es in 14 Tagen zu thun.
Die heutige Sitzung zeugte zwar die große Schwäche des Ministeriums in seiner
ganzen Blöße, aber auch die Unentschiedenheit und Inkonsequenz der
Vereinbarer, die sich in ihrer Bewußtlosigkeit mitunter zu einem guten
Schritt verleiten läßt, den sie dann aber auch, so wie es möglich ist,
ungeschehen zu machen sucht. Anträge der äußersten Linken, läßt die Rechte
zum größten Theil nie das Licht der Welt erblicken, sie erdrückt dieselben
durch ihr Getrampel und Geschrei, ehe sie entwickelt werden können.
@xml:id | #ar040_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
Berlin, 7. Juli.
Heute werden ein Kavallerieregiment und zwei Bataillone des 12.
Infanterieregiments (doch nicht dasjenige Bataillon, welches am 18. März
hier gewesen) hier einrücken. Der Magistrat hat diese Truppen zur größeren
Sicherstellung der Stadt und Umgegend requirirt. ‒ Das 1. und 2. Bataillon
des 2. Garderegiments sind am 5. Juli von Magdeburg nach Potsdam
abgegangen.
‒ Das Kriegsgericht hat seinen Ausspruch über die in Untersuchung gewesenen
drei Offiziere, den Hauptmann v. Natzmer, den
Premier-Lieutenant seiner Kompagnie, und den Premier-Lieutenant Techow, bereits gethan. Jedoch ist die Bestätigung
noch nicht erfolgt. So lange bleibt der Ausspruch unpublizirt. Die
Angeklagten sind inzwischen nach der Festung Spandau abgeführt worden.
‒ Von den zum Abgang nach der Ostbahn angemeldeten Arbeitern hatten sich heut
nur etliche und fünfzig eingefunden, während 70 ausblieben.
[(Voss. Z.)]
@xml:id | #ar040_008 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
Berlin, 8. Juli.
Kaum hatte sich hier die Nachricht von dem Einrücken des Militärs verbreitet,
als auch von allen Seiten Proteste dagegen einlaufen. Die Bürgerwehr wurde
in den Bataillonen zusammenberufen, und fast einstimmig erklärte man sich
gegen das Militär. Das vierte Bataillon theilte einstimmig die Entrüstung
über diese Maßregel, fußend auf die gegebenen Verheißungen, daß kein Militär
ohne Zustimmung der Bürgerwehr einrücken soll. Es ernannte sofort eine
Deputation, sandte dieselbe an den Kommandeur der Bürgerwehr, und da
derselbe nicht zu Hause war, legte die Deputation Namens des Bataillons
schriftlichen Protest ein, indem man die Verantwortung dieser Maßregel bei
zu erwartenden Unruhen lediglich auf die wälzte von denen sie ausgegangen. ‒
Es wurden heute früh mehrere Gesuche dieserhalb bei der Nationalversammlung
verbreitet.
[(B. Z. H.)]
@xml:id | #ar040_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
Potsdam, 5. Juli.
(Privatmittheilung.) Der Oberpräsident Meding hat
nunmehr auf wiederholtes Ansuchen wegen geschwächter Gesundheit, seine
Entlassung erhalten. Seine Stellung ist dem vormaligen Ministerverweser v. Patow angetragen.
@xml:id | #ar040_010 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
[104] Halle, 5. Juli.
Den Herren Konstitutionellen hiesiger Stadt und Umgegend wird nun wohl das
Gelüst, Volksversammlungen abzuhalten, für längere Zeit vergangen sein. Der
hiesige „konstitutionelle Klub“ hatte gestern eine solche veranstaltet.
Eigentlich sollte das Programm des neuen Ministeriums und dann die
Arbeiterfrage berathen werden. Statt dessen fiel es einem wüthigen
Konstitutionellen ein, die Frage: ob Konstitution? ob Republik? gleich von
vorn herein aufs Tapet zu bringen. Das wirkte wie ein elektrischer Schlag.
Die Aufregung wurde um so größer, als der Redner ohne Beweise vorzuführen,
die Republik kurzweg durch gnädigen Machtspruch als etwas Unpassendes,
Unsinniges etc. bezeichnete. Es antworteten ihm darauf einige Republikaner
und der Beifallssturm, der sich erhob, wie die Mißbilligung, die gegen den
ersten Herrn laut wurde, müssen die Herrn von der Konstitution überzeugt
haben, daß für sie hier ein sehr ungesundes Terrain ist.
@xml:id | #ar040_011 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
Eisleben, 4. Juli.
Die auf dem „freien“ Durchzuge begriffenen, in Begleitung einer Kompagnie
Füselier hieher gebrachten Polen haben sich fortwährend durch ihr
bescheidenes, reelles Auftreten Achtung und Liebe erworben. Das hat indeß
nicht verhindern können, daß am Ende vorigen Monats ihr Kapitain Micolofsk
und Offizier Babienski unter Hasarenbedeckung zur Festung Magdeburg
abgeführt wurden. Beim Appell jenes Tages wurde nämlich von dem hiesigen,
als Kommandant ihnen beigegebenen Husaren-Lieutenant v. Wenge mehrere Male
unter Drohungen verlangt: es habe in seiner Gegenwart Jeder sich ganz
lautlos zu verhalten. Ueber die Art, wie dies geschah, machte Babienski dem
Lieutenant v. W. Gegenvorstellungen, ihm bemerkend, daß man seinen
Landsleuten freien Durchzug gestatte, daß sie ganz wider Willen hieher
gebracht worden wären und auf so despotische Weise nicht behandelt zu sein
wünschten. Fur diese Antwort wurde B. arretirt; Kapitain Micolofski nahm
sich seines Kameraden an und suchte den Hrn. v. W. zu überzeugen, daß er ein
Unrecht begehe, worauf auch dieser sofort dasselbe Schicksal hatte. Diese
Vorgänge konnten ihre Einwirkung nicht verfehlen und man beschloß die
Arrestanten zur Wache (dem Arrestlokal) zu begleiten, in deren Spalierräumen
sich die Polen der 1. und 3. Kompagnie aufstellten und ruhig erklärten, sie
wollten sämmtlich arretirt sein, wenn man es für gut fände, ihre Fuhrer
länger inne zu behalten. Der Chef des hiesigen Militärs, Rittmeister v.
Rohr, gab als Antwort den Befehl zum „Antreten“ und ließ sämmtliche Namen
notiren. Nachdem dies geschehen, wurde ihnen befohlen, ohne auch nur ein
Wort des Widerspruchs etc. sofort sich in ihre Quartire zu begeben, was sie
denn auch thaten. Einige Stunden nachher wurden, schweren Verbrechern
gleich, die beiden Arretirten unter starker Eskorte zur Festung Magdeburg
abgeführt.
[(B. Ztg.-H.)]
@xml:id | #ar040_012 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
Hannover, 3. Juli.
Eine schon seit 8-10 Tagen andauernde Aufregung unter der Bevölkerung
Göttingens, bei der sich Studenden wie Bürger betheiligen sollen, scheit
seit einigen Tagen einen besorglichern Charakter angenommen zu haben, sodaß
das Ministerium Veranlassung gefunden hat, ein Bataillon der hildesheimer
Garnison in Eilmärschen dahin aufbrechen zu lassen.
[(W.-Z.)]
@xml:id | #ar040_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
[*] Butzbach, 2. Juli.
Unsere Stadt hat beim Ableben des Großherzogs Ludwig II. von Hessen sich aus
dem Grunde geweigert, das übliche Trauergeläute zu vollziehen, weil unter
der Regierung desselben der in Butzbach stets verehrte Weidig im Gefängnisse
zu Darmstadt den geheimnißvollen Kerkertod erlitten hat und Georgi mit dem
ersten hessischen Orden decorirt und bis jetzt weder zur Verantwortung
gezogen, noch aus dem Staatsdienst entfernt worden ist.
@xml:id | #ar040_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0198 |
[*] Frankfurt, 7. Juli.
(33. Sitzung der deutschen Nationalversammlung.) Nach Erstattung mehrerer
Ausschußberichte über Petitionen und Anträge, worunter einer von Elberfelder
Bürgern, welche in Bezug auf die von Blum angeregte Korrespondenz zwischen
der preußischen und andern deutschen Regierungen verlangen, daß Blum seine
Quelle nenne (!), führt die Tagesordnung zur Berathung des Gumbrecht'schen Antrags auf Einsetzung eines
besondern Ausschusses für Kirchen- und Schulangelegenheiten. Mehrere Redner
erklären sich gegen einen gemeinschaftlichen Ausschuß, indem sie die
Nothwendigkeit der Trennung der Schule von der Kirche hervorheben. Reinhard z. B. hofft das Schlepptau, an welchem
bisher die Schule hinter der Kirche her geschleppt worden, bald gekappt zu
sehen. Die höhern Lehranstalten hätten sich bereits von der Vormundschaft
der Kirche losgesagt; nur die Volksschule werde noch festgehalten. Der Keim
und Anfang des Proletariats liege in der bisherigen so schauderhaften
Erziehung. „Wenn Sie, sagt Rösler von Oels, die
Schule mit der Kirche zusammenwerfen, so sprechen Sie ein schweres Präjudiz
aus; sprechen Sie es nicht aus. Wir Lehrer sind von jeher gewohnt, uns mit
schwachen Hoffnungen zu trösten; lassen Sie uns wenigstens diese Hoffnung.“
‒ Andere Redner, wie Lassaulx und Dieringer, erklären sich gegen jeden Ausschuß; die Kirche werde
sich selbst organisiren; die Schule möge man den Partikulargesetzgebungen
überlassen. Es sei nicht Sache der Nationalversammlung in's Einzelne zu
gehen; die Petitionen könnten vom Verfassungsausschuß erledigt werden. ‒ Eisenmann wünscht zwei getrennte Kommissionen mit
einem gemeinschaftlichen Präsidium. Bei der Abstimmung wurde der Ausschuß
für Kirchenangelegenheiten verworfen, jener für Schulangelegenheiten (aus 15
Mitgliedern bestehend) angenommen. ‒ Der Ausschuß für Wehrangelegenheiten,
dessen Bericht nun zur Berathung gelangte, hatte folgende Anträge
gestellt:
„Eine hohe Nationalversammlung wolle die deutschen Regierungen durch den
Bundestag einladen lassen, ihre Bundeskontingentstruppen nach Verhältniß der
Waffengattungen auf diejenige Zahl zu bringen, welche dieselben nach Maßgabe
des bestehenden Procentsatzes bei der gegenwärtigen, durch die letzte
Volkszählung festgestellten Bevölkerung wirklich haben müssen; die
Ausführung dieser Maßregel aber in möglichst kurzer Frist zu sichern.“ ‒
„Eine hohe Nationalversammlung wolle ferner beschließen, die einzelnen
deutschen Regierungen einladen zu lassen: 1) so schnell als möglich die
Vorbereitungen zu einer allgemeinen Volksbewaffnung vornehmen zu lassen,
deren Grundzüge die in der Arbeit begriffene allgemeine Wehrverfassung
demnächst enthalten wird; 2) in Betracht, daß diese allgemeine
Volksbewaffnung so schnell und so genügend, als die Verhältnisse es
erheischen, nicht wird in's Leben treten können, als ersten Bann dieser
Volkswehr die verlangte Zahl von 340,000 Mann des Baldigsten in folgender
Maßgabe in bereiten Stand bringen zu lassen: Die verlangte Verstärkung von
340,000 Mann, nach Maßgabe der Bevölkerung auf die einzelnen deutschen
Staaten repartirt, wird durch die betreffenden Regierungen sofort auf
gesetzlichem Wege zur Aushebung designirt (ohne einstweilen wirklich
ausgehoben zu werden), wobei freiwillige Anmeldungen zu erleichtern sind;
diese so designirten Mannschaften werden, ohne sie dadurch in ihrer
bürgerlichen Beschäftigung zu behindern, in den einzelnen Gemein den und
Bezirken, so weit als thunlich, in freien Stunden in taktischen Bewegungen
kriegsmäßig geübt; ‒ es wird sofort durch die unter den Waffen befindlichen
Bundestruppen die Bildung einer hinreichenden Anzahl kleinerer Cadres
vorbereitet, welche bei Ausbruch eines Krieges der eben bezeichneten, neu
auszuhebenden Volkswehr von 340,000 Mann als Anhaltspunkt ihrer ferneren
Formation dienen. Die deutschen Regierungen werden endlich ersucht, ohne
Verzug und ohne Unterbrechung für Beschaffung von Waffen, Munition und
nothwendigster Bekleidung für diese Verstärkung aus der Volkswehr Sorge
tragen zu wollen.“
Radowitz weis't nach, daß Frankreich 350,000, Rußland
400,000 Mann zu einem Angriffskrieg gegen Deutschland aufstellen könne und
daß die zu einem solchen Kriege erforderliche deutsche Heeresmacht 700,000
Mann betragen müsse. Deutschland könne auf keine Allianz rechnen und müsse
sich selbst genügen. Radowitz beantragt als Amendement, die deutschen
Regierungen aufzufordern, ihre Kontingente (ersten Aufgebot) auf 11/2
Prozent der Bevölkerung nach der neuesten Zählung zu erhöhen, den hieraus
hervorgehenden Mehrbedarf an Mannschaft sofort zu bezeichnen und bereit zu
halten und ihre Vorräthe an Kriegsmaterial jeder Art mit dieser vermehrten
Leistung in Uebereinstimmung zu bringen. Wiesner ist
gegen eine Vermehrung des stehenden Heeres; die Bürgerwehr könne im Innern
treffliche Dienste leisten; einen Krieg mit Frankreich fürchte er nicht. Die
Diskussion ergeht sich über das Verhältniß der stehenden Heere zum Volke,
über das Experiment der Volksbewaffnung, über die Aussichten zum Kriege.
Blum: Wir seien sonst so besonnen, jetzt wollten wir
rüsten, als ob wir von Frankreich und Rußland zugleich angegriffen werden
sollten. Die Hand, welche Frankreich anbiete, sei unter gerechten und
billigen Bedingungen anzunehmen. Das stehende Heer koste schon über die
Hälfte eines auf's Höchste gespannten Staatshaushalts. Das Heer sei völlig
auf dem alten Fuße geblieben, man verwehre ihm die Theilnahme an den
Errungenschaften der Neuzeit. Man solle seine Mittel zur Hebung der
Industrie, des Handels und Verkehrs verwenden; dann werde sich im Volke ein
Geist erzeugen, den keine Vermehrung der stehenden Heere zu wecken
vermöge.
Reh beantragt, die Abstimmung auf acht Tage zu
verschieben, weil der Ausschußbericht Vielen erst heute zugekommen, auch die
Centralgewalt in naher Aussicht stehe. Dieser Antrag wird angenommen. Die
Sitzung dauert um 11/2 Uhr noch fort.
[(Frankf. Bl.)]
Französische Republik.
@xml:id | #ar040_024 |
@type | jArticle |
@facs | 0199 |
Paris, 7. Juli.
Emil Girardin veröffentlicht in allen Journalen von
Paris folgenden Brief: „Ohne Motiv arretirt und während 11 Tagen im Sekret
gehalten, ohne daß auch nur die fernste Anzeige gegen mich oder eine noch so
unwahrscheinliche Denunciation vorlag: kaum der Form wegen verhört, endlich
eben so unregelmäßig entlassen, wie ich eingesperrt worden bin, ohne daß
irgend ein Aktenstück mich noch in Kenntniß gesetzt hätte, warum ich meiner
Freiheit den 25. Juni beraubt und warum sie mir den 5. Juli zurückgegeben
wurde ‒ ist mein erster Akt gegen diese Sequestration des Journals „La
Presse“ zu protestiren, gegen dieses doppelte Attentat an der Freiheit und
am Eigenthum, das ich mir zu besprechen vorbehalte, sobald die „Presse“
wieder erscheinen wird, deren ganzes Material sich noch fortwährend unter
Siegel befindet.
Lamartine richtet folgenden Brief an den
Constitutionnell: aus Respekt vor der Krise meines Landes, wie aus Respekt
vor dem gesunden Menschenverstand des Publikums, ließ ich diesen Strom von
Bosheit, Verläumdung und Abgeschmacktheit, der immer während einiger Zeit
die Namen, die Handlungen, die Absichten der Männer herabzieht, welche die
Ereignisse in Revolutionstagen erheben oder stürzen, stumm an mir vorüber
rauschen. Das Licht wird sich von selbst machen und den Thatsachen, wie den
Menschen ihre wahre Physionomie wiedergeben. Ich warte nicht mit Ungeduld
auf Gerechtigkeit, denn ich zweifle nicht an der Zukunft. Aber so eben lese
ich ein Fragment von einem Artikel des Journal des
Debats, worin man den Wahnwitz der Verläumdung bis zu folgenden
Beschuldigungen treibt: (Folgt das in der gestrigen Nummer unsern Lesern
mitgetheilte Mährchen von dem Barrikadenkomite u. s.
w.). Ich gestehe, daß zum erstenmal die Lektüre dieser gehässigen Zeilen
mich das Stillschweigen brechen läßt, das ich mir bis zum Tag der
Erklärungen auferlegt hatte. Mich in einen Professor des Bürgerkriegs
verwandelt zu sehn, in einen Verbreiter der Schlächterei, mich, der jeden
Tag seit vier Monaten seine Brust dargeboten hat, um meinen Mitbürgern einen
Blutstropfen zu ersparen. Auf eine solche Verläumdung giebt es keine
Antwort. Ein Schrei der Entrüstung eclatirt aus dem Tiefsten meiner Seele
und nur diesen bitte ich Sie, einzuregistiren.
‒ Gestern fand auf dem Revolutionsplatz der Trauergottesdienst der für die
Vertheidigung der Republik gefallenen Bürger Statt. So lautet wenigstens der
offizielle Titel des Programms, denn unter dem Ruf: „es lebe die Republik!“
hatte man von beiden Seiten gekämpft und dieselbe Ceremonie hätte
wahrscheinlich für die entgegengesetzte Partei stattgefunden, wenn sie den
Sieg davon getragen. Uebrigens war das Gebet bei dieser Gelegenheit
exklusiv. Man zeigte sich nur hülfreich für den Sieger. Man wollte nicht
sehen, daß es auf beiden Seiten Wittwen und Waisen giebt, die gleichmäßig
leiden. Sind wir gut unterrichtet, so subordiniren selbst die
Wohlthätigkeitsbüreaus ihre Austheilungen, so weit sie mit den letzten
Ereignissen zusammenhängen, einer unerbittlichen Inquisition. Die
Subskriptionen strömen über von der einen Seite, während man kaum unter dem
Mantel den Almosenteller für die andern zu verstecken wagt. Und dennoch, man
vergesse es nicht, im Schooß des besiegten Paris accumulirte sich das Elend,
unter dem Stachel des Hungers stand es auf. Mindestens lasse man ihm seinen
Antheil am öffentlichen Mitleid. Man konspirirt nicht, wenn man dem Armen
giebt.
[(La Réforme.)]
@xml:id | #ar040_025 |
@type | jArticle |
@facs | 0199 |
National-Versammlung. Sitzung vom 7. Juli. Portalis
eröffnet sie um 2 Uhr. Paguerre erhält zuerst das Wort über die
Tagesordnung. Er kommt auf die Bonjeauschen Angriffe in der letzten Sitzung
gegen den kleinen Volksschullehrerkatechismus „Manuel républicain“ zurück,
welche den Sturz des Unterrichtsministers Carnot herbeigeführt haben und
verwahrt sich gegen die darin enthaltenen kommunistischen Ideen. Er sei zwar
Verleger desselben, habe aber Regierungsgeschäfte halber nicht Zeit gehabt,
das Manuscript durchzulesen. Seine Buchhändler-Commis hätten dasselbe
geprüft und zum Druck befördert. Mit der Hand auf dem Herzen, berief er sich
auf seine ganze Vergangenheit, um der Versammlung zu beweisen, daß er kein
Sozialist oder Kommunist sei Nach dieser ächtbuchhändlerischen
Entschuldigung stattete Oudinot im Namen des Kriegsausschusses seinen
Bericht über den Remillyschen Antrag auf Errichtung eines Lagers von 50,000
Mann zum Schutze der National-Versammlung ab. Cavaignac erklärte der
letzteren, daß ihre Wünsche in dieser Beziehung von ihm übereilt worden
seien, denn das Lager existire schon. Trousseau will zwar nicht gegen die
übermäßige Dauer des Belagerungsstandes von Paris protestiren, aber er
möchte doch gern die Absichten kennen, die der Konseilpräsident
rücksichtlich der sequestrirten Journale hege? Cavaignac bedauerte diese
schreckliche Waffe (arme terrible) noch länger anwenden zu müssen. Der
Zustand von Paris erlaube noch nicht, den Belagerungszustand aufzuheben!
In diesem Augenblick erfährt man im Saale, daß in voriger Nacht ein neues
Treffen zwischen einem Insurgenten-Korps und den Linientruppen in den
Steinbrüchen von Montmartre stattgefunden habe, wobei die Arbeiter fünf
Todte und mehrere Verwundete verloren.
Rücksichtlich der Journale wich der Konsailpräsident ganz aus. Aber Ribaud de
la Ribiere drang von Neuem auf Antwort, da ein Avis diesen Morgen im
Moniteur diejenigen Journale aufgefordert habe, welche seit dem 27. Juni
erschienen, bis zum 12. Juli den im Gesetze vom 11. Dezember 1830 gestellten
Kautionsförmlichkeiten zu genügen.
Cavaignac verspricht, sobald es der Zustand der Gemüther erlaube, dem
Gedanken alle Freiheit wiederzugeben, selbst dem der Regierung feindlichen.
Allein vorläufig müsse er an seinen provisorischen Maßregeln festhalten.
Eine Rückkehr zu den Septembergesetzen habe man nicht zu fürchten.
Hiermit waren die Incidienzen aus und die Versammlung schritt zur
Tagesordnung. Sie genehmigte 150,000 Franken für arme Schullehrer. Dann
berieth sie die Gesetzentwürfe rücksichtlich der Sparkasse, wobei Charles
Dupin, Gouin, Goudchaux das Wort führten. Perrée (vom Siecle) bekämpfte den
Entwurf und will einen neuen Plan der Rückzahlung vorlegen. Diese
Finanz-Diskussion beschäftigte die Redner noch um vier Uhr.
(Nach 4 Uhr.) Die Sparkassen-Diskussion füllt die ganze übrige Sitzung. Im
Gegensatze zu dem Entwurfe der provisorischen Regierung und des
Finanzausschusses schlug bekanntlich Goudchaux vor, die Sparkassen-Antheile
sowohl als die Schatzbons in 3 pCt. Renten zum Kourse von 52 und in 5 pCt.
zu 75 à 80 umzuwandeln, während der Finanzausschuß und die provisorische
Regierung nur die Conversion in fünfprozentigen Renten vorschlug, um den
Reichen wie den Armen zu nivelliren. Garnier Pages vertheidigte mit
Lebhaftigkeit den ursprünglichen Vorschlag. Delongrais erklärte rund heraus,
daß eine Conversion in 3 pCt. dem Börsenspiele Thür und Riegel öffne. Auch
Berryer drang auf Umwandlung in 5 pCt. und machte sich somit zum Advokaten
der provisorischen Regierung und des Finanz-Ausschusses, dessen Conclusion
er früher bekämpft hatte.
Allein Goudchaux und J. Lasteyie bewiesen wiederholt, daß das Interesse des
Reichen auch das Interesse des Armen sei (wörtlich) und die Versammlung
entschied die Umwandlung der Schatzbons in 3 pCt. Rente.
Goudchaux empfahl den Kours von 55. Kein Zweifel, daß ihm die Versammlung
auch diese Ziffer nachbetet. Die Börsenwölfe (das Spiel ist bekanntlich in
Paris in 3 pCt.) können Allelujah siegen. Sie haben gesiegt. (61/2 Uhr.)
‒ Der Moniteur und die übrigen Blätter bringen heute mehr oder weniger
geschmeichelte Schilderungen der gestrigen bürgerlichen Todtenfeier. Das
Journal des Debats, diese alte Schlange, giebt zu verstehen, daß die
Arbeiter die Absicht gehegt hätten, die Nationalversammlung und die
Julisäule durch eine Höllenmaschine in die Luft zu sprengen. Dieses Gerücht,
wie die vielen anderen Tagesgeschichten, gehört aber in das Bereich der
Fabeln, welche die müßige Bürgerwehr in den Wachtstuben erfindet.
‒ Eine telegraphische Depesche hat die Regierung benachrichtigt, daß die
Arbeiter das Arsenal in Toulon in Brand zu stecken versucht hätten. Sind
dabei etwa keine Engländer im Spiele? Die Regierung hat einen Kommissarius
dahin geschickt, die Sache zu untersuchen.
‒ Die Ausschreier des Proudhon'schen „Representant du Peuple“ wurden gestern
von der gegen die sozialistischen Ideen dieses Blatts ergrimmten
fashionablen Bürgerwehr auf den Boulevards arg gemißhandelt. Diese Herren
wollen die neuen Ideen mit Fäusten todtschlagen.
‒ In Lyon nahm die Polizei zu einem andern Mittel Zuflucht. Sie steckte einen
ihrer Schergen in einen blauen Kittel, verband sein Gesicht und schleppte
ihn unter gräulichen Stößen über die Straßen, um die Erbitterung seiner
vermeintlichen Kameraden herauszulocken. Es bildete sich alsbald in der That
ein Haufe Neugieriger um den Transportirten; allein die Proletarier des
Viertels von Croix Rousse haben scharfe Augen. Sie erkannten den Betrug und
gingen nicht in die Falle. Die gewünschte Emeute fiel in's Wasser.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0200 |
Civilstand der Stadt Köln.
Geburten.
6. Juli. Math., S. v. Paul Oster, Ackerer, Friesenstraße. ‒ Math., S. v.
Lambert Marx, Schuhmacher, gr. Sandkaul. ‒ Peter, S. v. Joh. Passin, Tagl.,
Löhrgasse. ‒ Engelbert Math., S. v. Johann Develle, Friseur, Komödienstraße.
‒ Benedikt, S. von Konrad Schütz, Tagl., gr. Spitzengasse. ‒ Friedrich, S.
von Michel Krause, Schreiner, Rinkenpfuhl. ‒ Elis., T. v. Johann Peter Löhe,
Tagl., Salzgasse. ‒ Kath., T. v. Wilh. Langen, Schreiner, Ortmannsgasse. ‒
Elis., T. v. Michel Nußbaum, Taglöhner, Weidengasse. ‒ Hubert, S. v. Jos.
Krings, Schuhmacher, Maximinstr. ‒ Ein uneheliches Mädchen.
7. Juli. Anna Kath. Hubertina, T. v. Jos. Ferd. Düssel, Optikus und Glaser,
Komödienstraße. ‒ Jakob, S. v. Salom. Rothschild, Kaufm., Ehrenstr. ‒
Ferdinand, S. v. Konrad Siegert, Maurermeister, Poststr. ‒ Kath., T. v.
Peter Jos. Frings, Schuhmacher, Severinstr. ‒ Marg, T. v. Jos. Klünter,
Bäcker, Thieboldsgasse. ‒ Elisabeth, T. von Franz Hausmann, Fuhrmann,
Bayenstr. ‒ Apollonia, T. v. Peter Lörchen, Tagl, Weiherstr. ‒ Elis., T. v.
Christoph Odendahl, Schreinergeselle, gr. Brinkgasse. ‒ Math., T. v. Leonard
Massen Tagl., Zugasse.
Sterbefälle.
6. Juli. Math. Jos. Faßbender, Spezereihändler, 36 J alt, verh., Severinstr.
‒ Anton Hasselsweiler, Posamentier, 48 J. alt, verh. Komödienstraße. ‒
August Knopp, Dampfschifffahrtfaktor, 67 J. alt, verh, alte Mauer an Apost.
‒ Anna Sib. Schuhmacher, 3 J. 6 M. alt, Achterstr. ‒ Brunona Johanna Jakobe
Vogel, 7 M. alt, Gereonsdrisch. ‒ Gertrud Franziska Wilhelmina Wintz, 4 M.
alt, Follerstr.
7. Juii. Theodor Herkenrath. unverh., Maurer, 27 J. alt, Severinstraße. ‒
Marg. Heidendahl, Wittwe Disch, 49 J. alt, Breitstr.
Heirathsankündigungen.
9. Juli. Karl Ferd. Aug. Schmidtmann, Privatsekretär, Follerstr. und Anna
Maria Fleischer, Severinstr ‒ Wilh. Franz Ludw. Lückgen, Wittwer, Schreiner,
mit Magdalena Horst, Wittwe Hüttgen, beide alte Mauer am Bach. ‒ Peter
Albert Wimmar Albert Hub. Grüsser, Conditor, alten Markt und Anna Maria
Gemünd, gr. Sandkaul. ‒ Joh. Heinr. Herkrath, Schreiner, Hämergasse und
Maria Josephina Müngersdorf, Mariengartenkloster. ‒ Moses Rhee, Kaufm, gr.
Neugasse und Pauline Meyerson zu Osnabrück. ‒ Zacharias Schommer, Wittwer,
Schneider, Perlengraben und Maria Gertrud Lessenich, Wittwe Tillmann zu
Deutz. ‒ Heinr. Suthof, Schreiner, Peterstr. und Gertr. Weiß, kl.
Griechenmarkt. ‒ Peter Franz Peitz, Wittwer, Taglöhner und Maria Kath.
Lichtenberg, beide Friedrichstr.
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 9. Juli 1848.
Abgefahren: P. G. Schlägel nach Koblenz. Seb. Seelig
nach dem Obermain.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich W. Pesch; nach
Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr C. Königsfeld; nach Andernach und
Neuwied H. Schumacher und G. Krämer; nach Koblenz und der Mosel und Saar G.
Weidner; nach der Mosel, nach Trier und der Saar M. Zens; nach Bingen Wb.
Jonas; nach Mainz Val. Pfaff; nach dem Niedermain Philipp Würges; nach dem
Mittel- und Obermain Friedr. Seelig; nach Heilbronn Fr. Schmidt; nach
Kannstadt und Stuttgart L. Hermanns; nach Worms und Mannheim A. L. Müller;
nach Antwerpen M. Lamers.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Singendonk, Köln Nr. 10.
Ferner: Nach
Amsterdam Kapt. Wilson, Köln Nr. 1.
Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffes
Hartmann.
Im Verlage von L. Sommer (vorm. Strauß), in Wien,
Stadt, Dorotheergasse Nr. 1108, und durch alle Postämter kann pränumirt
werden auf das 2. Semester der Allgemeinen Oesterreichischen Zeitung. Hauptredakteur:
Ernst v. Schwarzer.
Die Allgemeine Oesterreichische Zeitung erscheint täglich, und zwar: Morgens ein ganzer
Bogen, Abends ein halber, und so oft es nothwendig
wird, auch Abends ein ganzer Bogen.
Die Abendbeilage wird nicht, wie dies bei der Wiener Zeitung der Fall ist,
besonders bezahlt.
Pränumeration für das Morgen- und Abendblatt zusammen halbjährig: nämlich vom
Juli bis Dezember 9 Fl., vierteljährig vom Juli bis
September 4 Fl. 30 Kr. C.-M.
Mit täglicher Postversendung halbjährig 11 Fl.
C.-M.
Von nun an auch vierteljährig mit täglicher Postversendung 5 Fl. 20 Kr. C.-M.
Wasserstand.
Köln, am 9 Juli. Rheinhöhe 9′ 10″.
Bekanntmachung.
In meiner Bekanntmachung vom 12. April c. ist die Abfahrt der Personenpost
aus Brühl nach Lechenich, auf 8 Uhr Abends festgesetzt.
Dem Wunsche der Bewohner von Lechenich und Umgegend gemäß, habe ich
angeordnet: daß diese Post von jetzt ab unmittelbar nach der Ankunft des 5.
Dampfwagenzuges aus Köln, abfahren soll, und daß die mit der Post nach
Lechenich reisenden Personen sich des zu dieser Zeit auf dem Bahnhofe
aufgestellten Euskirchener Postwagens, ‒ soweit der Raum desselben das
gestattet, ‒ bis zum Brühler Posthause unentgeltlich bedienen können.
Köln, den 8. Juli 1848.
Ober-Postamt Rehfeldt.
Ein Handlungsgehülfe sucht eine Stelle in einer Kolonial- oder
Materialwaaren-Handlung. Bescheid bei der Expedition dieses Blattes.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Mittwoch, den zwölften Juli 1848, Vormitags 9 Uhr, wird der Unterzeichnete
auf dem Waidmarkte zu Köln mehrere Mobilien, bestehend in Wanduhren,
Stühlen, Tischen, einer Kommode, einem Stubenofen, einer neuen Badewanne,
vier Schirmlampen, fünf Vogelskörben etc. etc. etc. dem Meistbietenden gegen
baare Zahlung öffentlich verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Gassen.
Freiwilliger Verkauf eines Pferdes.
Am Dienstag, den 11. Juli c, Vormittags 11 Uhr, wird der Unterzeichnete auf
dem Marktplatze in der Apostelnstraße zu Köln, ein zum Reiten und Fahren
geeignetes Pferd, dunkelbraune Stute, öffentlich an den Meistbietenden gegen
gleich baare Zahlung verkaufen.
Köln, den 8. Juli 1848.
Fr. Happel, Gerichtsvollzieher.
Herrnkleider werden gewaschen u. repar. Herzogstr. 11.
Sehr traurig berührt mich die Nachricht von den Unruhen in Köln! ich bin
schon seit dem 22. d. v. M. aus Eurer Mitte auf meine Kosten, und obgleich
man Anstand nahm, meine gute Sache zurückzuweisen, und mir die Vorträge zu
verweigern, so werde ich den Herrn Ministern doch zeigen, daß ich der Bürger
Schlechter von Köln bin, dem keine eiserne Thüren den Weg sperren können,
ich gebe Ihnen meinen Wort, ich richte zur Besserung der Stände ‒ Handwerker
‒ Bürger, Handel-, Militär- und Beamtensache was aus ‒ habet doch noch etwas
Geduld und ich bringe gute Nachricht ‒ ich habe es dem Vater meines
Tageslichtes geschworen ‒ es muß Rettung ‒ Hülfe ‒ und Besserung kommen.
Berlin 5/648.
Euer bekannter Mitbürger Schlechter.
Täglich frische neue fette holländische Häringe, feine Sardellen bei Theodor
Kutteus, Perlenpfuhl Nr. 11.
Verpachtung der Mineralquelle zu Birresborn.
Diese im Kreise Prüm bei Birresborn gelegene Mineralquelle, deren Wasser in
der ganzen Rheinprovinz vortheilhaft bekannt ist, wird sammt dem dazu
gehörigen Wohnhause und Oekonomie-Gebäuden, Garten und Bering, am Donnerstag
den 20. Juli d. J., des Nachmittags 3 Uhr, in Trier auf
dem Stadthause, entweder auf 1 Jahr, oder auf 3, oder auf 3, 6, 9
Jahre, in Folge Verfügung Königlich Hochlöblicher Regierung dahier, vom 28.
dieses, öffentlich verpachtet.
Der Pacht beginnt am 1I. August 1848.
Die Bedingungen sind bei der unterzeichneten Verwaltung einzusehen.
Trier, den 30. Juni 1848.
Die Verwaltungs-Kommission der vereinigten
Hospitien.