@type | jFeuilleton |
@facs | 0163 |
@xml:id | #ar033_004a |
@type | jArticle |
@facs | 0163 |
Heuler und Wühler.
Hießen Whig und hießen Tory,
Hießen Welf und Ghibelline.
Doch
zu Köln am Vater Rheine
Heißen Heuler sie und Wühler.
Wildrepublikan'sche Eber
Wühlen einerseits die Wühler;
Konstitutionelle Wölfe
Heulen schlimmer noch die Heuler.
Welch' Getöse! Herzerschütternd.
Ja, vom Dom zum köln'schen
Zelte,
Ja, vom Thürmchen bis zum Bay'nhaus
Poltert's, rast es,
grunzt und brummt es.
O entsetzlich ist's! ‒ Kam sonst der
Abend, sieh, da küßten wir
und
Tanzten; streuten Blumen, sangen
Vivat, Vivat,
Hosiannah!
Gingen froh zum alten Vater,
Trinkrath Thibus, dort die Römer
Keck zu schwingen, bis daß Eos
Stieg empor mit Rosenfingern.
Aber jetzt? ‒ O Zeus, du weißt es:
Unter Ebern, unter Wölfen,
Was ich leide, unter diesen
Deutschen souveränen Bestien.
[G. W.]
@xml:id | #ar033_005 |
@type | jArticle |
@facs | 0163 |
Rachel und die Marseillaise.
Protestiren sollte man dagegen, daß Mademoiselle Rachel, die weltberühmte
Schauspielerin, auf dem ersten Theater Frankreichs namentlich dann wenn der
Eintritt für Alle frei ist, jenes schreckliche Lied die Marseillaise singt.
Die fürchterliche Fertigkeit dieser Künstlerin, die schlechtesten und die
wildesten Leidenschaften der menschlichen Brust, als da sind Wuth, Zorn,
Raserei und Bosheit, nachzuahmen, kennt Jedermann, durch das Singen der
Marseillaise erregt sie indeß einen wahren Tumult des Enthusiasmus. Zu einer
Zeit, wo alle Pariser Theater leer waren und keine andern Zuschauer hatten
als die nackten, bloßen Bänke, war das Theatre français Nacht für Nacht bis
zu den Gallerien hinauf vollgepropft, weil Jeder diesem seltsamsten aller
Schauspiele zuzusehen wünschte. Wenn man die Schwelle des Theaters
überschritt, so war es natürlich, daß man in Rachel'n eine Jungfrau von
Orleans zu schauen dachte, welche ein Volk zur Schlacht und zum Siege leiten
würde. Aber wie getäuscht fand man sich in seinen poetischen Phantastereien,
wenn sie nun beim Singen jener patriotischen Hymne, zwar groß, energisch und
gewaltig aber dennoch voll von Haß, voll von Rache und Blutdurst erschien!
„Zu den Waffen“ ruft sie, wie der Satan dem Chor der Verfluchten kommandirt
haben mag. Nicht für einen Augenblick ist sie jener rächende Engel, den der
Himmel einem armen, gepeinigten Lande zum Schutze hinabschickt, nein, dem
Dämon der Finsterniß gleicht sie, Zerstörung und Tod verbreitend aus der
bloßen Lust am Tode und der Zerstörung. „Ihre Verehrer nennen sie eine
Muse“; nun wohl, so ist sie die Muse der Rache, die Muse der Bosheit, die
Muse des Blutes! Sie dämpft ihre Stimme bei den Worten: „Amour sacré de la
patrie“ ‒ aber mit welcher infernalischen Bitterkeit singt sie dieselben!
Nicht ein einziger Hauch der Liebe ist in ihrer Stimme; jeder Ton athmet nur
Haß, Haß, Haß, mit aller Bitterkeit des entsetzlichsten Hasses. Wie leuchtet
ihr Auge von Wuth, Zorn und Rache bei dem ganzen Vortrage! Man glaubt
unwillkührlich, sie müsse ein persönliches Unrecht an der Gesellschaft zu
rächen haben, so leicht und natürlich entfließt die blutdürstigste aller
Rasereien ihren bebenden Lippen; ein kalter Schauer durchzuckt uns vom Kopf
bis zur Zehe, unser Haar sträubt sich, und gern möchten wir uns vor Abscheu
und Schrecken hinwegwenden, wenn sie uns nicht fesselte durch ihre
grandios-energischen Bewegungen, durch den ganzen Reiz ihrer plastischen
Schönheit. Ja, wollte ein Bildhauer das wahre Modell eines Racheengels
studieren, er könnte kein besseres finden als an der Rachel, wenn sie die
Marseillaise singt. Das Gefesseltsein der Zuhörer macht aber eben das
Gefährliche des ganzen Vortrages. Hunderte von Zuschauern, welche wie rasend
applaudiren, verlassen das Theater, indem sie unwillkührlich die
schrecklichsten und tödtlichsten Leidenschaften der menschlichen Brust mit
der Marseillaise in Verbindung bringen. Wuth durchtobt sie mit der
Erinnerung an das Vernommene, vor ihren Augen schwebt die Gestalt der
dämonischen Künstlerin, und ohne zu wissen, murmeln sie die Melodie jenes
Liedes mit demselben Gefühle des Hasses, der Rache und des Blutdurstes.
O wehe dieser Künstlerin, welche die Bürger Frankreichs mit solchen
Gesinnungen erfüllt; wehe derjenigen, die ihrer Gewalt über die Massen
bewußt, sie so entsetzlich mißbraucht; wehe ihr, die statt zu beruhigen nur
aufregt und zur Raserei hinwegreißt. Ja, Wehe und Fluch diesem schrecklichen
Weibe!
[(Blackwood's Magazine.)]
@xml:id | #ar033_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0163 |
‒ Hier in Berlin trug es sich kürzlich zu, daß einem Laufburschen der
Hayn'schen Druckerei, welcher zufällig ein rothes Federchen an seine Mütze
gesteckt hatte, dieses Federchen von einem Bürgerwehrpiket gewaltsam von der
Mütze gerissen wurde; von den Ochsen ist es übrigens bekannt, daß sie,
gleich den Putern, einen Widerwillen gegen die rothe Farbe haben.
[(B. Z.-H.)]
[Deutschland]
@xml:id | #ar033_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0164 |
[Fortsetzung] heim wollte diese Maßregel noch
damit rechtfertigen, daß er hinzusetzte, man wisse nicht, aus welchen
Gründen die Freischärler in Schleswig entlassen worden wären. Der
Interpellant Abgeordnete Gladbach beurkundete nun
zuerst die Ehrenhaftigkeit der Freischärler, indem er den Abschied verlas,
den dieselben vom General-Kommando in Schleswig-Holstein erhalten, dann
produzirte er einen Schubzettel, den einer der Freischärler zum sofortigen
Antritt seiner Reise von Spandau nach Magdeburg in seine Heimath erhalten
hatte; auf diesem Zettel stand, daß der Freischärler N. N. sich laut Ministerialbefehl sofort nach Magdeburg begeben
müsse. Dieser Beweis, daß das Ministerium die
Entwaffnung befohlen und vier Freischärler sogar gezwungen hatte, sich
sofort mit Zurücklassung ihrer Waffen in die Heimath zu begeben, daß es
demnach nicht ein Befehl des Polizeipräsidenten war, wie Herr Griesheim
erklärt hatte, brachte eine allgemeine Entrüstung auf der Linken hervor, man
gab laut seine Verachtung über eine solche Taktik zu erkennen, während die
Rechte und das Ministerium stumm diese Demonstration hinnahmen. Der
Abgeordnete Gladbach frug, ob denn etwa in Spandau ein besonderes russisches
Ministerium Befehle gebe, nannte das ganze Verfahren eine russische Politik,
aber die Zeiten wären jetzt so, daß man dem Czaar eher den Fehdehandschuh
hinwerfen müsse, als in seine Politik eingehen. Der Minister des Innern, Kühlwetter, wollte hierauf das Ministerium
entschuldigen, beschuldigte es aber nur noch mehr. Er sagte, daß diese
Angelegenheit laut den Akten, die er zur Hand habe, vom vorigen Ministerium
ausgegangen sei. Der Hamburger Gesandte hätte die Mittheilung gemacht, daß
bewaffnete Banden, deren anarchisches Treiben zu
befürchten wäre, hier ankommen würden. Auch er, der Minister des Innern,
werde nie dulden, daß bewaffnete Banden das Land durchzögen und im
Wiederholungsfalle ebenso handeln. Was soll man dazu sagen? Herr Kühlwetter
nennt achtzehn Freischärler, welche am 24. und vier, welche am 25. in Spandau entwaffnet,
theilweise festgenommen und an ihrer Weiterreise verhindert wurden, die
freilich mit der Eisenbahn von Hamburg nach Berlin reisten, bewaffnete Banden, welche das Land durchziehen! Ließ
man nicht im April hunderte von Freischärlern sich ruhig in Berlin bewaffnen
und nach Schleswig-Holstein ziehen und jetzt bei ihrer Zurückkunft, nachdem
sie ehrenhaft gekämpft, jetzt sieht man sie als bewaffnete Banden an, die
das Land beunruhigen. Der Grund ist aber ganz anderswo zu suchen. Man
fürchtet die demokratische Gesinnung der Zurückkehrenden, man war froh, daß
sie das Land verließen und möchte sie nach ihrer Rückkehr, nach der alten
Art unschädlich machen. Aber wie schwach muß diese Regierung sich fühlen,
sie fürchtet sich vor achtzehn und vier Männern, welche bewaffnet sind.
Eine Interpellation des Abgeordneten Behnsch betraf
die dänische Frage. Er berichtete, wie die englischen, französischen und
sogar die unter Censur erscheinenden russischen Blätter, die demnach nichts
Unwahres über Rußland mittheilen dürften, den am 24. Mai statt gefundenen
Rückzug der preußischen Truppen aus Jütland nur als Folge einer russischen
Note angesehen hätten, die mit einer Kriegserklärung gedroht habe. Der
Ministerpräsident erwiederte: Nach den Pariser Februar-Ereignissen machte
Rußland die Anzeige, daß es gedenke, eine Stellung bewaffneter Defensive
einzunehmen. Alle Nachrichten, die uns zugehen, weisen darauf hin, daß
Rußland in seiner Stellung verharrt. Das Gerücht, daß Rußland an Dänemark
das Anerbieten einer bewaffneten Unterstützung gemacht, ist unrichtig.
Rußland wünscht die baldige Ausgleichung, im Interesse des allgemeinen
Friedens. Auf eine weitere Erklärung wollte sich der Präsident nicht
einlassen. Hier ist besonders zu berücksichtigen, daß der Abgeordnete
Behnsch eine Aufklärung über eine Note verlangte, die der preußische
Gesandte am 8. April von Sonderburg an das dänische Ministerium erlassen
haben soll, worin erklärt wird, daß Preußen nur deshalb in
Schleswig-Holstein intervenire, um die republikanischen
Schaaren abzuhalten, welche sich sonst in Masse dahin begeben
würden, um für ihre Ideen zu kämpfen. Von der Ehre und dem Interesse
Deutschlands, welche die Thronrede des Königs als Grund des dänischen
Krieges angebe, ist in dieser Note keiner Erwähnung geschehen. Der
Ministerpräsident lehnte es wiederholt ab, sich auf diese Frage einzulassen,
weil er nur auf den gedruckten Interpellations-Antrag vorbereitet sei.
Die Politik des Ministeriums liegt nun offen vor. Die auswärtigen
Angelegenheiten werden noch ganz wie vor der Revolution im dynastischen
Interesse geleitet. Im Innern wendet man täglich sich mehr dem Polizeisystem
zu. Die Reaktion wird stets kühner, unterstützt von der Partei der
Fabrikanten, Kaufleute und Fondsbesitzer, welche glauben, mit den alten
Zuständen, mit der alten Ruhe auch den frühern Glanz wieder
herzustellen.
Der Student Mohnecke, dessen Verhaftung vor 8 Tagen
geschah, stand heute vor dem Kammergericht, wegen Anklage auf
Majestätsbeleidigung, die in einer dem Druck übergebenen demokratischen
Thronrede enthalten sein soll. Der Angeklagte wurde, trotz seiner glänzend
durchgeführten Vertheidigungsrede, worin er besonders hervorhob, daß man
jetzt, nach einer Revolution, wo unbeschränkte Preßfreiheit bestehe, wo
Geschwornengerichte zur Aburtheilung der Preßvergehen vom Könige verheißen,
nicht nach dem allgemeinen Landrecht urtheilen könne, ‒ zu zwei und ein halb
Jahr Festungsarrest und Verlust der Nationalkokarde verurtheilt. ‒
Dergleichen Preßprozesse stehen uns noch viele hier in Aussicht.
In Folge eines Streites, den eine große Masse Erdarbeiter dieser Tage mit
ihren Unternehmern hatte, haben die Stadtverordneten gestern beschlossen,
die Staatsbehörden zu ersuchen, daß zwei Bataillone Infanterie und ein
Kavallerieregiment sofort in der Umgegend Berlins Standquartier erhalte.
Bereits sind die Fouriere des gegenwärtig in Potsdam garnisonirenden ersten
Garderegiments, das uns noch vom 18. März in gutem Andenken ist, heute
Mittag hier eingetroffen.
Auch haben diese Stadtbehörden beschlossen, eine Deputation zum Könige
zusenden, um ihm einen getreuen Bericht von dem
Zustande der Hauptstadt zu erstatten, und die weitere Entschließung Sr.
Majestät ehrerbietigst zu gewärtigen. ‒ Was darunter zu verstehen sei, kann
man sich leicht denken. Man will den König nach Berlin zurück haben, da die
Spießbürger von der Rückkehr des Königs, die Rückkehr der frühern
Geschäftsthätigkeit erwarten. „Wir wollen dem Könige einen Wink geben, sagte
einer der Stadtverordneten, wie die lockern Bande wieder anzuknüpfen
sind.“
@xml:id | #ar033_008 |
@type | jArticle |
@facs | 0164 |
Berlin, 28. Juli.
Gestern Abend sollte dem Justiz-Kommissarius Ahlemann aus Samter, der hier,
jedoch ohne bewaffnetes Gefolge, angekommen ist, eine Katzenmusik gebracht
werden. Ein großer Menschenhaufe wälzte sich bereits dem Dönhofsplatze zu,
auf welchem Herr Ahlemann wohnt, zerstreute sich jedoch unterwegs auf
Zureden einzelner Bürgerwehrmänner.
Ueber die Zeughaus-Angelegenheit werden jetzt die verschiedenartigsten
Gerüchte laut. Es ist schwierig, hier Unglaubliches und Wahrscheinliches zu
scheiden. Wir geben, was wir hören und ganz so wie wir es hören: Die gegen
Hrn. v. Natzmer eingeleitete Untersuchung soll ergeben haben, daß das
Attentat auf das Zeughaus ein angelegtes Komplott gewesen ist, dessen Grund
nicht im Volke und in der demokratischen Partei, sondern in der Reaktion zu
suchen sei. Das Komplott soll bis in die höchsten Regionen reichen, und ‒
Hr. v. Natzmer selbst initiirt gewesen sein. Wir müssen es Jedem überlassen,
was er hiervon glauben will. Wir erinnern aber an die Widersprüche in der
Blesson'schen Denkschrift, an die fabelhaften Meldungen, die Hrn. v. Blesson
gemacht sein sollen, ohne daß er die Meldenden anzugeben vermag; wir
erinnern an das Gespräch, welches die Zeitungs-Halle mittheilte (zwischen
Blesson und einem Mitgliede der Schützengilde), wir erinnern endlich an den
wunderbaren Umstand, daß die Staatsanwaltschaft noch nicht im Stande gewesen
ist, zu ermitteln, von wem der erste Schuß aus der Volksmenge ausgegangen,
und wer die „drei unbekannten Männer in grünen Blousen“ waren, die, obwohl
sie in den Reihen der Bürgerwehr gestanden haben, doch von Niemanden, nicht
einmal so weit, gekannt wurden, daß man anzugeben vermag, ob sie überhaupt
zur Bürgerwehr gehört haben. Sogar der Lieutenant Techow, ein Kandidat zum
Bürgerwehr-Kommando, der deshalb zur Untersuchung gezogen und verhaftet ist,
weil man ihn beschuldigt, den Hauptmann Natzmer durch Vorspiegelungen zur
Preisgebung des Zeughauses vermocht zu haben, wird als ein in die Intrigue
Eingeweihter bezeichnet. Von verschiedenen Seiten werden Schritte
vorbereitet, um die sofortige Veröffentlichung der bisherigen Ergebnisse der
Untersuchung zu bewirken. Es wird noch angeführt, daß das Militär in Potsdam
am 14. um 73/4 Uhr bereits Marschordre erhalten habe, während hier der erste
Schuß nach 8 Uhr gefallen ist.
[(Osts. Z.)]
@xml:id | #ar033_009 |
@type | jArticle |
@facs | 0164 |
[50] Frankfurt, 29. Juni.
Fortsetzung des gestrigen Artikels:
Die Perfidie dieses Verfahrens mußte die Linke auf das höchste empören. Noch
nie hatte die Paulskirche das Schauspiel so stürmischer Debatten geboten,
das Toben in der Versammlung wie von den Galerien war fürchterlich; selbst
die Damen-Galerie nahm Theil an der allgemeinen Entrüstung. Die Linke
erklärte anfangs, wenn diese Amendements zur Verhandlung oder Abstimmung
kämen, werden auch sie hier ihrerseits einen Sturm von neuen Amendements
einbringen. Als der Vicepräsident über deren Zulassung abstimmen will,
drohte sie der weiteren Verhandlung ganz zu enthalten. Aus den Centren
erhobte sich Stimme auf Stimme um die Antragsteller zu veranlassen ihre
Amendements zurückzuziehen; alle erkennen an, wie sehr die Linke bemüht
gewesen die Eintracht zu finden, die Diskussion zu beschleunigen, ‒
Bassermann gibt nach und zieht seinerseits sein Amendement zurück, nicht
aber v. Auerswald, nicht Heckscher. Kolossal war die Schwäche der Gründe
welche die Rechte für die Amendements brachte. Da ward ein alles längst
beseitigtes Amendement aus der Vergessenheit hervorgezogen und behauptet
dessen angebliche Zurückziehung beruhe auf einem Irrthum ‒ es war längst mit
dem Beschluß die Debatte auf nur sieben Amendements zu beschränken gefallen,
‒ da sollte die Rede von Gagern materiell dasselbe Amendement enthalten ‒
aber eine einzelne ausgesprochene Ansicht, der Wunsch eines Redners ist doch
noch kein Antrag, ‒ ja Heckscher ging zur sinnlosen Behauptung fort: ein
bestehendes Amendement fordere Bezeichnung des Präsidenten von den
Regierungen, dies sei mehr als sein Amendement verlange; wer nun ein Recht
auf das Mehr habe, habe auch das Recht auf das Weniger, also ‒ habe er das
Recht sein Amendement zu stellen. Und Heckscher gilt für einen der
ausgezeichnersten Juristen Hamburgs! Der Vicepräsident der sich an diesem
Tage auffallend zur Rechten hinneigte, wollte über die Zulässigkeit des
Amendements abstimmen lassen, die Linke erklärt dies für Gewalt, für
moralischen Zwang, weigert sich an der Abstimmung Theil zu nehmen und legt
Protest dagegen ein. Neuer Sturm, neue Mahnungen von verschiedenen Seiten
die Amendements zurückzunehmen; selbst v. Vincke ist gegen die Abstimmung,
da begeht endlich Ruge den plumpen, dieses pommerschen Radikalen würdigen
Fehler, zu behaupten nicht die Majorität, sondern die Geschäftsordnung gebe
den Ausschlag, darum habe nicht eine Abstimmung, sondern der Präsident,
dessen Sache es sei die Geschäftsordnung zu handhaben, zu entscheiden. Daß
der Vicepräsident Soiron für die Amendements war, konnte keinen Unbefangenen
entgangen sein; und, wie vorauszusehen, es entschied die Zulässigkeit der
Amendements.
Was in der langen Motivirung dieses Machtspruchs einem entfernten Grunde
ähnelte, was die Versicherung Soirons er könne eine Modifikation nicht
zurückweisen, von der man (wer ist dieses man? die Rechte!) geglaubt habe,
daß er sie aufnehmen werde weil sie in der Rede des
Präsidenten von Gagern gelegen habe. Hr. v. Soiron soll an der
Sonntagsberathung der Rechten in der Mainlust Theil genommen, also
von vorn herein sich einer Partei angeschlossen, und die unpartheiische
Stellung des Präsidenten gänzlich aufgegeben haben. Das wird die wahre
Begründung seiner Begründung sein. Wie raffinirt der ganze Plan ins Werk
gesetzt wurde, zeigt das Auftreten Welkers, der sofort nach dieser
Entscheidung seinen frühern Antrag die Diskussion neu aufzunehmen, ‒ womit
er dem Bassermann'schen etc. Amendements hatte Bahn brechen wollen,
zurückzog. Die Linke hatte natürlich Welkers ersten Vorschlag angenommen und
die Amendements waren auf den Präsidententisch losgefluthet. Der Beginn
einer endlosen Diskussion war vorauszusehen. Neue Bitten und Beschwörungen
um Zurücknahme von den Centren, da erklärt endlich v. Auerswald, daß er sein
Amendement unter der Bedingung fallen lasse, wenn sowohl Heckscher ein
gleiches thue, als auch die übrigen neu eingebrachten Amendements
zurückgenommen würden. Alles lag nun zunächst an Heckscher. Soiron schien
vorauszusehen, Heckscher werde nicht nachgeben, und schlug darum sofort vor,
die Sitzung abzubrechen, um Heckscher Gelegenheit zu geben, sich mit seinen
Freunden zu berathen. Die Versammlung erklärte sich unter großem Tumult
dagegen. Heckscher unterstützte Soirons Vorschlag und endlich ward die
Sitzung auf drei Stunden unterbrochen, um Nachmittags 5 Uhr Heckschers
Erklärung zu vernehmen. Nachmittags ward es noch schlimmer. Heckscher
erklärt, er habe keine Zeit gehabt sich mit seiner
Partei zu berathen ‒ von 2-5 Uhr? und seiner Ueberzeugung gemäß, nehme er
seinen Antrag nicht zurück. So hatte die Versammlung umsonst drei Stunden
verloren. Von der allgemeinen Indignation die diese Verkündigung herbeirief,
ist es unmöglich ein Bild zu geben. Neue Fluthen von neuen Anträgen, man
verlangt deren Verlesung; ein Redner erklärt er sehe ein, daß alle Anträge
gehört werden mußten, können auch erst Enkel und Urenkel dazu über sie zu
beschließen; da betritt Heckscher nochmals die Rednerbühne, große Spannung ‒
er beginnt: Es wird bei den neuen Amendements die man uns in so schöner
Fülle ankündigt, und die schon im Voraus ehe man sie
kennt den Beifall der Gallerien haben ‒ ‒ ‒ weiter konnte er nicht
sprechen. Allenthalben der Ruf zur Ordnung, wegen dieser Verdächtigung der
Linken, als habe sie mit den Galerien sich in Einverständniß gesetzt. Der
Vicepräsident weigert sich, zum Erstaunen und zur Entrüstung aller, den
Redner zur Ordnung zu rufen. Da entsteht ein so furchtbarer Tumult daß er
sich genöthigt sieht die Sitzung erst auf eine halbe Stunde dann ganz zu
schließen. Der Abend wird zu Friedensunterhandlungen benutzt. Natürlich
durften die, welche sich Heckschers zu Ausführung ihrer Plane bedient hatten
ihn nicht verlassen.
Sehr fein hatten Bassermann und v. Auerswald ihre Anträge zurückgezogen, so
daß Hecker als der einzige Friedestörer erschien. Dadurch ward er auf immer
von denen getrennt, mit denen er bisher theilweise gestimmt hatte, und seine
Mitwirkung an den Bestrebungen der freisinnigen Partei durch den auf einmal
in ihm, dem Republikaner, erwachten wüthenden Monarchismus für immer
zerstört. Am andern Morgen erklärte v. Gagern er finde keinen Grund,
Heckscher zur Ordnung zu rufen (! ! !) wohl aber habe dieser von seinen
Freunden eine Erklärung erhalten (sie wird verlesen), daß er ohne seiner
Ehre etwas zu vergeben, von der Rednerbühne erklären könne, seine Worte
seien mißverstanden worden, er habe nicht beleidigen wollen, glaube auch
nichts beleidigendes gesagt zu haben u. s. w. Was sein Amendement betrifft,
so schlägt v. Gagern vor, es fallen zu lassen, denen aber, die dafür
gestimmt haben würden, zu gestatten, eine Erklärung zu Protokoll zu geben,
daß sie im Vertrauen auf die Zustimmung der Regierungen für die Wahl eines
Reichsverwesers gestimmt hätten. Als nun Heckscher die Rednerbühne bestieg,
erwartete alle Welt auch die wirkliche Abgabe jener Erklärung. Auch das
geschah nicht. Er bestätigte sie nur stillschweigend, indem er nicht
widersprach, vielmehr äußerte er, der vorgelesenen Erklärung hinzufügen zu
müssen, daß er seine Rathgeber mit ihrer Ehre für ihren Rath verantwortlich
mache. Sein Amendement nahm er zurück. Und die Linke? auch die Linke
beruhigt sich. Blum bewährte nochmals sein ‒ fast möchten wir sagen leider!
‒ schon öfters bewährtes Talent zum Ruhe- und Friedensstifter, und
verzichtete im Namen der Linken auf den Ruf zur Ordnung, auf die
eingebrachten Amendements, auf die beabsichtigte Appellation an die
Versammlung gegen die gestrige Entscheidung des Vicepräsidenten, auf den
Widerspruch gegen die Aufnahme des Hecker'schen Amendements in das Protokoll
‒ kurz auf alles Mögliche. Hinter dem Vertreter stehen seine Wähler, sie
sind mit ihm beleidigt, sind bei seiner Nachgiebigkeit betheiligt. Und wer
sich und mit sich seine Wähler immer wieder einer Majorität fügt, die
Widerrechtlichkeiten auf Widerrechtlichkeiten häuft, wer immer wieder die
Hand vertrauensvoll Gegnern zur Versöhnung hinreicht, die ‒ die Folge wirds
gleich zeigen ‒ nichts anders im Sinne haben, als sofort die Versöhnung
wieder zu brechen; wer außerdem persönliche Beleidigungen so ganz ungerügt
hingehen läßt, oder sich mit einer so geringen Genugthuung begnügt (sie
bestand ja nur darin, daß Andre erklärten, Heckscher könne erklären, ohne
daß Heckscher wirklich erklärt hätte), der läßt mit sich und seinen Wählern
ein wunderliches Spiel treiben. ‒ Die Sache selbst erheische kein Opfer,
welcher Schaden, wenn das Gesetz über die Centralgewalt nicht zu Stande
gekommen wäre? ‒ Die Bereitwilligkeit der andern Seite, zur Vereinigung zu
kommen, zeigte sich gleich darauf im schönsten Lichte. Der Vicepräsident
hatte der gestrigen Beschlüsse unerachtet die Bestimmung des Stedmann'schen
Amendements in sein Programm aufgenommen. Darüber beginnt denn von Neuem der
gestrige Streit, und die beruhigten und versöhnlich gestimmten Gemüther
erhitzen sich wieder. Schon provocirt der unglückliche Ruge auf's Neue auf
Entscheidung nach der Geschäftsordnung, schon stellt der Vizepräsident unter
heftigem Widerspruch die Frage, da protestirt von Dieskau gegen die
Abstimmung; man verliest das gestrige Protokoll, und Stedmann nimmt sein
Amendement zurück. Beseler nimmt es wieder auf. Neuer Streit darüber, ob
diese Wiederaufnahme zulässig sei. Blum erhebt sich endlich mit seiner
ganzen Energie, und fordert auf das Entschiedenste Festhalten am Gesetz, von
dem er sich auch nicht das geringste verkümmern lassen will. Umsonst. Noch
treten mehrere Redner auf, von Gagern versucht umsonst zu vermitteln, selbst
der Vicepräsident macht einen Anlauf, sich in die Debatte zu mischen, da
erklärt Schaffrath im Namen der Linken, sie nehme an der weitern Berathung
keinen Antheil. Nun erst, nachdem es zum äußersten gekommen, rückt die
Rechte mit ihrem wahren Plane heraus. Beseler zieht das aufgenommene
Amendement in der Voraussetzung zurück, daß auch der Antrag: die
Centralgewalt habe die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkünden und
zu vollziehen, ‒ der ganz in Folge der geschlossenen Uebereinkunft im
Programm steht ‒ falle.
Man wollte also die Linke ermüden, reizen, auf's äußerste bringen und ihr
dann einen neuen Versöhnungsvorschlag machen durch den sie ihre einzige
Errungenschaft aufgab und sich gefallen ließ, daß das künftige Oberhaupt der
Centralgewalt von der Verpflichtung der Beschlüsse der National-Versammlung
zu vollziehen, befreit würde. ‒ So hätte die Rechte außerdem ein Veto für
jenes Oberhaupt stillschweigend erlangt, ohne es auf die trügerischen
Chancen einer Abstimmung ankommtn zu lassen. Der Vice-Präsident war aber in
diesen Plan offenbar nicht eingeweiht, er scheint den Vorbehalt Beselers
überhört zu haben und erklärte nunmehr die Sache für erledigt. Auch kam
jener Vorbehalt nicht weiter zur Sprache; sondern endlich geht man an's
wirkliche Abstimmen. Die Abstimmung zeigt, daß der Rechten ihr Plan, das
Ansehen der Linken zu untergraben und den Eindruck ihrer Gründe zu
vermischen, überhaupt Verwirrung in die Centren und in die Reihen der
Unentschiedenen zu bringen, vollkommen gelungen war. Die Abstimmungen über
die Vorfragen hatten die bekannten, größtentheils der Rechten günstige
Resultate.
Der Mittwoch beginnt mit neuen Häckeleien. Biedermann will den Ausschuß
interpelliren, ob mit der vorgeschlagenen Unverantwortlichkeit des
Rechtsverwesers eine parlamentarische Unverantwortlichkeit oder eine
persönliche Unverletzlichkeit geschaffen werden solle, allein die Rechte
tobt so lange bis er die Rednerbühne verläßt. Vice-Präsident hilft ihm mit
der Klingel endlich wieder hinauf und er kommt zum Wort. Dahlmann erwidert,
der Ausschuß werde an dem halten was er einmal ausgesprochen, darum gebe er
keine Antwort. Er will eine Verlesung an diese Erklärung anknüpfen, wird
aber von der Linken unterbrochen, und vom Vice-Präsidenten mit den Worten:
entweder eine Antwort oder keine Antwort, von der Tribüne gejagt. Es kommt
zur Abstimmung über die Unverantwortlichkeit. Sie wird angenommen, nachdem
selbst Mittermaier, der einen Vorbehalt machen wollte, von der Rechten, die
entsetzlich tobte und durch Schreien die Verhandlungen zu beherrschen
suchte, nicht zum Worte zugelassen worden war.
Wie sehr dies Gesetz ein Triumph der Reaktion sei, geht am besten aus dem
schneidenden Widerspruch, den es in sich trägt, hervor. Die Schlußbestimmung
lautet: Sobald das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und in
Ausführung gebracht ist, hört die Thätigkeit der provisorischen
Centralgewalt auf. Da nun aber ausdrücklich abgelehnt wurde, dem
Reichsverweser die Verpflichtung aufzulegen, die Beschlüsse der Versammlung
zu vollziehen, so kann er ganz ruhig sagen: Nach dem Gesetze habe ich nicht
die Verpflichtung den Beschluß über die Verfassung zu vollziehen, a so
vollziehe ich ihn nicht; wohl aber habe ich das Recht Reichsverweser zu
bleiben, bis das Verfassungswerk vollzogen ist, also ‒ bleibe ich
Reichsverweser bis an mein höchst seliges Ende!
So wurde der provisorische deutsche Kaiser gemacht.
@xml:id | #ar033_010 |
@type | jArticle |
@facs | 0164 |
Frankfurt, 29. Juni.
Die Reichstagszeitung gibt folgende Andeutungen über die Prager Ereignisse:
„Das Dunkel beginnt allmälig sich zu zerstreuen, und es läßt sich bereits
erkennen, daß der Sieg Windisch-Grätz' in seinem Zweck und seiner letzten
Konsequenz ein Triumph des Absolutismus über die Freiheit war. Die
Aristokratie in Böhmen, zu welcher dieser Mensch gehört, hegte lange die
Hoffnung, daß der Slavenkongreß und die czechische Partei sie und den nach
den Maitagen aus Wien geflüchteten Hochadel zum Bundesgenossen annehmen
werde, um gemeinsam die errungene Freiheit in Oesterreich niederkämpfen und
die österreichische Dynastengewalt in ihrer alten Unumschränktheit
herstellen zu kennen. Fürst Windisch-Grätz hielt es deshalb nicht unter
seiner Würde, mit dem Slavenkongreß zu liebäugeln und selbst in den
Sitzungen desselben zu erscheinen. Als aber die slavische Partei ein solches
Bündniß zu solchem Zwecke von sich wies, als in allen drei Sektionen dieses
Kongresses beschlossen ward, daß nur auf demokratischer Basis die Slaven
Oesterreichs sich konstituiren können; daß Brüderschaft mit allen freien
Nationen zu schließen sei und nie ein Krieg aus Gründen der
Nationalverschiedenheit begonnen werden dürfe, daß endlich nie und nimmer
irgend ein Bündniß mit einer despotischen Regierung zu schließen oder mit
solcher gemeinschaftliche Sache zu machen sei ‒ da verkehrte sich die
anfängliche Annäherung in tiefen Haß und man führte geflissentlich den
Zusammenstoß herbei, der zu jener barbarischen That, dem Bombardement Prags,
führte, welche als solche zu brandmarken das deutsche Volk, fühlt es sich
der Freiheit würdig, nicht anstehen darf.
Wir erinnern, daß die N. Rh. Ztg. gleich von Anfang an die Erhebung der
Czechen als einen Kampf gegen den Absolutismus aufgefaßt hat.
@xml:id | #ar033_011 |
@type | jArticle |
@facs | 0164 |
[*] Kassel, 29. Juni.
Aus unserer Nachbarstadt Rotenburg verlauten wiederum Nachrichten von
blutigen Excessen zwischen Mili-
[0165]
tär und Volk; es heißt, daß
die Stadt, welche sich in vollem Aufruhr befindet,
an
mehreren Orten in Brand stehe.
Französische Republik.
@xml:id | #ar033_012 |
@type | jArticle |
@facs | 0165 |
[*]
Die Leser der „Neuen Rheinischen Zeitung“ haben wir fortwährend auf die
Intriguen der Partei des „National,“ verkörpert in Marrast, aufmerksam gemacht.
[#]
‒ Man hat die Nationalgarden von Belleville aufgelöst. Die Auflösung eines
Korps Nationalgarde nach dem andern beweist, wie wenig wirkliche Sympathien
die Junirevolution besaß und daß sie nur die Auflehnung einer „geringen
Minorität“ gegen das ganze Land war.
‒ Folgendes Faktum, von der „Union“ mitgetheilt, das in der
Nationalversammlung zu Interpellationen Anlaß geben wird, wirft ein neues
Licht auf die Intriguen der Partei des National und erklärt, warum der Maire
von Paris, Marrast und der ihm angehörige Pentarch
Marie gleichzeitig die Arbeiter zur Verzweiflung
zu treiben suchten. Man höre:
„Eine telegraphische Depesche von Paris,
veröffentlicht durch ein algierisches Journal, l'Akhbar, kündigte unter dem 15. Juni die
Abdankung der Exekutiv-Kommission und ihre Ersetzung durch die Herren Marrast, Berger und Cavaignac an.“ Und
unter wessen Obhut steht der algierische Telegraph? Unter der des
Kriegsministers. Und wer war Kriegsminister? Cavaignac.
Der „Peuple constituant“ sagt: „Nach dem Lügenblatt,
dem Constitutionnel, soll Herr Deflotte,
Schiffslieutenant, am Abend des 22. Juni, in der Sitzung des Club du peuple,
die Schlacht vom 23. vorher angesagt haben. Dieses Anekdötchen ist gänzlich
erdichtet.
Seit einigen Tagen treiben gewisse Journale einen unwürdigen Handel mit
schauerlich gehässigen Chroniken. Pistole und Dolch sind schon abgegriffene
Effektmittel. Die Vergiftung spielt eine mannigfach variirte Rolle. Sie
verfielfacht sich unter allen Formen. Hier Frauen, die vergifteten
Brandtwein verkaufen; dort Hausirer, die den Soldaten vergiftete Cigarren
anbieten, deren tödtliche Folgen sie sofort verspüren. Wir sprechen nicht
einmal von den Verstümmlungen, abgeschnittnen Köpfen, blutwilden
Rachethaten, deren Wiederholungen sich von selbst versteht bei Leuten,
welche die Plünderung und die Nothzucht organisirt
hatten. Bei jedem Gefangnen, wer weiß es nicht, hat man
Beweisstücke dieser unbarmherzigen Teufelswuth gefunden. Vor allem, sagt
man, wollten die Insurgenten tödten. Die einfache Kugel, die gehackte Kugel,
gewöhnliches Geschoß, geben nicht sicher genug den Tod. Stücke von oxydirtem
Kupfer, oder besser noch, kleine Kupferröhren, gefüllt mit Pulver, und
dergestalt mit einem Zunder versehn, daß sie in der Wunde sich entladen
mußten, ‒ mit solchen Ingredienzen luden die Insurgenten ihre Gewehre. Wir
brechen ab; denn, um ernsthbft zu sprechen, sind diese Berichte die Folge
eines extravaganten Deliriums, oder der feigen Berechnung
einer Partei, die, wie immer, auf die Verläumdung spekulirt! Soll
dies Gemälde der Infamie ein Portrait unsrer Nation sein?
‒ Man liest im Moniteur: „Es ist unmöglich, alle
Verläumdungen aufzuzählen, welche mehre Journale täglich
veröffentlichen.
‒ Die Gesellschaft der Menschenrechte erklärt, der Insurrektion der letzten
Tage fremd geblieben zu sein. Diese Gesellschaft besteht aus 35,000 Mann,
und behält sich den Kampf der Zukunft vor.
Die „Nation“ berichtet:
„Es herrscht große Uebertreibung in dem, was gesagt und gedruckt worden ist
über die Zahl der Galeerensklaven und freigelassenen Sträflinge, die sich in
den Reihen der Insurgenten befunden haben sollen. Unzweifelhaft, in diesen
Tagen, wie in allen Tagen des Bürgerkriegs, haben der Justiz Verfallene
einige Missethaten zu begehn versucht, aber bis zu diesem
Augenblick hat man positiv nur zwanzig
Korrektionelsträflinge, einen einzigen Galeerensklaven, der den
Bann gebrochen hatte, Namens Boulard, und einen
entlassenen Gefängnißsträfling, Namens Clément, mit dem Beinamen, Longue-Epée, unter den
Gefangenen entdeckt.
@xml:id | #ar033_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0165 |
Paris.
Man weiß, daß eine große Anzahl von Insurgenten in dem Keller der
Conciergerie eingesperrt waren. Zwei Tage befanden sie sich hier, von einem
Augenblick zum andern erwartend, daß die Sieger sie unter dem Vorwand des
Belagerungszustandes von Paris niederschießen würden. Da begannen sie in
ihrer Einsamkeit sich durch Singen ihrer Lieder zu unterhalten. Der
Polizeikommissar gebot ihnen Schweigen; und als sie fortfuhren zu singen,
öffnete der Beamte den Kranen einer Pumpe, welche in den Keller geht. Das
Wasser strömte hinein, bis es den Gefangenen an die Waden reichte. Sie
fuhren fort zu singen. Es wurde neues Wasser hinuntergelassen, bis es über
die Knie der Verhafteten reichte; aber noch immer sangen sie weiter. Erst
als das Wasser an ihre Schultern ging, hielten sie in ihren Liedern ein, um
von ihren Peinigern nicht wirklich ersäuft zu werden! Das ist die Rache der
„honetten Republik,“ der Republik der Biedermänner an wehrlosen, nur nach
einem beispiellosen Heldenkampf gefallenen Demokraten!
‒ Als einen neuen Beweis, wie sehr die Arbeiter in dem Kampf gegen die
Bourgeoisie von „Raub- und Plünderungsgelüsten“ beseelt waren, theilt die
„Ere nouvelle“ unter Anderem die Notiz mit, daß ein Insurgententrupp, der
das Collége Heinrich IV. besetzt hielt, und dem es an allen Lebensmitteln
fehlte, sich doch weigerte, die Vorräthe des Hauses anzurühren; sie sagten,
wir wollen nicht das Brod dieser Kinder verzehren.
‒ Die Nachricht von der Verhaftung Kersausie's bestätigt
sich nicht.
‒ Die Zahl der in die Katakomben gedrängten Insurgenten soll sich über
Tausend belaufen. Sie haben sich in diesen furchtbaren Gängen bereits
zerstreut und verirrt, und man hört an verschiedenen Stellen aus den
unterirdischen Gewölben verzweiflungsvolle Hülferufe erschallen.
[(Nation)]
@xml:id | #ar033_014 |
@type | jArticle |
@facs | 0165 |
[17] Paris, 30. Juni.
Die noch existirenden Journale hüten sich die Wahrheit zu sagen. Wie auf
Nadeln stelzen selbst die besten einher und verschweigen alles was der
souveränen Klasse mißliebig sein könnte. Kein einziges wagt die
„Heldenthaten“ der Mobilgarde z. B. im rechten Lichte darzustellen. Diese
Gamins de Paris und Herumtreiber welche militärisch gedrillt, von der
Bourgeoisie mit 30 Sous per Tag besoldet sind, und von Anfang an speziell
geliebkost wurden, hatten erwiesenermaßen vom ersten Revolutionstage ab eine erhebliche Lohnerhöhung bekommen. Die Bourgeois
geizten diesmal sogar mit seinen Weinen und Liqueuren nicht, um die
Offiziere derselben zu enthusiasmiren, und gaben den Gemeinen vollauf des
Schnapses. Das wirkte. Im Faubourg St. Jacques stahlen die Mobilen und
nothzüchtigten; was die Siegerpartei jetzt dahin umdreht, die Insurgenten
hätten im Faubourg St. Antoine ein Erziehungsinstitut junger Mädchen
entehrt. Es ist aber notorisch daß die Insurgenten überall, das äußerste
Ende des Faubourg St. Marcel (wo Lumpenproletariat seit undenklichen Zeiten
haust) ausgenommen, meist als Ehrenmänner sich betrugon; die beiden
Geistlichen die dem verwundeten Erzbischof im Faubourg St. Antoine zur Seite
standen, die vielen Deputirten die Bewohner des Gymnasiums Henri IV., alle
sind einstimmig darüber. Mit raffinirter Tücke hebt
dagegen die Bourgeoispresse einzelne Racheakte der wider eine ungeheure
Uebermacht ringenden Kämpfer hervor; ja macht ihnen selbst zum Vorwurf, die
geringe Quantität durch die Qualität der Waffen ersetzen gewollt zu haben.
So schreien jetzt die Leute über Skandal wegen der s. g. gehackten Kugeln,
d. h. Kugeln die in der Eile nicht gegossen, sondern aus Metallstreifen
zusammengerollt, und wegen der in Fingerhüte gegossenen; auch die
Schwefelsäure- und Terpentinspritzen mißfallen jetzt denselben Bourgeois die
sie vor einigen Monaten im Straßenkampf zu Messina, Palermo und Mailand gar
heroisch gefunden hatten.
So eben höre ich aus glaubhafter Quelle folgendes: ein Mobiler stürmt am
Samstag eine Barrikade und nimmt seinen Bruder gefangen; einige Minuten
drauf ruft er einige Kameraden und schießt ihn mit ihnen nieder. Nach den
Schreckenstagen rühmt er sich dessen in einer Weinstube, und wird von einem
Anwesenden dafür mit der Flasche zu Boden geschlagen. Der Schwager des
Mobilen geht zufällig vorbei und ruft: Gottlob, jetzt brauche nicht mehr ich
diese Elenden zu schlagen, ich suchte ihn schon seit drei Tagen. Die
Gefangenen werden, mit auf den Rücken geschnürten Armen, zu Tausenden auf
einander gestapelt; man giebt ihnen weder Luft noch Wasser; sie verfaulen im Schmutz. Viele sollen Thränen
vergießen, was die Herren Bourgeois in der Kammer als ‒ Zeichen der Reue mit wohliger Schadenfreude bemerken. Ein andrer
Fall von Mobilheroismus: ein Insurgent war abgeschnitten, er weigert aber
sich zu ergeben und verschießt die letzte Patrone: da sinkt er verwundet
nieder und die jungen Helden à 30 Sous per Tag, diese Munizipalgardisten der
Assemblée, stopfen ihm hohnlachend und bis zum Ersticken Kommisbrod in den
Mund, mit dem Geschrei: Mange, canaille de voleur. Am Clos St. Lazare
mordeten sie eine halbe Stunde lang alle Frauen, Greise und Kinder die sie
in den Kellern versteckt fanden, und überließen der
Bourgeoisgarde das chavalereske Füsiliren der mit den Waffen in der Hand
ergriffnen männlichen Gefangnen.
Die Meinung der echten Boutiquiers ist, Cabet, Considerant und ‒ Proudhon
müßten in 8 Tagen gehenkt werden; Lamartine und Ledru-Rollin wünscht man
gleichfalls den Strang. Wahrscheinlich kommen sie in Anklage. Lamartine ist
ein niederträchtiger Bube (un lâche) schrie mir ein Nationalgardist der
10ten Legion im Kafé zu: „denn ohne ihn hätte mein Rock nicht diese Flecken
vom Gehirn und Blut meines Serganten.“
In dem Hospitälern die ich in Erfüllung meiner ärztlichen Pflicht täglich
besuche, werden von den wachthaltenden Herren Studiosen die pöbelhaftesten
Ausdrücke neben dem Bette verwundeter Insurgenten ausgesprochen. Ich
erstaunte über diese Spitze bürgerlicher Demoralisation, und bekam den
erbaulichen Bescheid: es sei ja schon honnett, daß
man dieserlei Leute aufnehme. Unvermeidlich unter solchen Umständen ist es,
daß nicht wenige der verwundeten Besiegten in ein Delirium und Rasen
verfallen, welches mit dem Wundfieber gar nichts gemein hat; man hat
mehrmals vom Zwangskamisol Gebrauch zu machen für gut erachtet. Sonderbar
auch, daß im St. Louisspital gerade die Wunden der Insurgenten dem Brande
anheimfallen, ohne daß etwas dagegen geschieht. Uebrigens haben die
Blessirten es kaum schlimmer als die gefangenen Insurgenten; bei letztern
finden sich zahlreiche Quetschwunden durch den engen Raum in den die
Bourgeoisie sie zusammenstaucht, und Gangrän und Typhus strecken die
unentrinnbare Kralle über alle aus die im Tuilerienschloß, in der Präfektur
u. s. w. seit 4 Tage ohne Suppe und Wasser blieben; die Banlieuehelden
stehen Schildwache vor den Gittern und haben bereits ein halb Dutzend Verschmachtender, welche Luft schöpfen kamen, mit Bayonett
und Schuß getödtet, und die Leichen in Mitten der Lebenden verwesen
lassen. Freilich, dieserlei steht nicht in der Tagespresse, und
wird auch wohl gar von gedungenen deutschen Journalfabrikanten abgeleugnet
werden.
‒ Die Ex-Munizipalgardisten, welche sich in Paris oder der Umgegend befinden,
haben sich bei der I. Militär-Division zu melden und ihre Wohnung
anzugeben.
‒ Eine Anzeige des Gouverneurs der Bank benachrichtigt die Aktionäre, daß die
Dividende des ersten Semesters mit 30 Franken per Aktie à 1000 und resp.
1200 Franken für sie von übermorgen an bereit liege.
‒ Das Kriegsgericht, das seit drei Tagen die eingesperrten Insurgenten
unaufhörlich verhört, hat seine Urtel noch nicht gefällt. Die fürchterliche
Härte, mit der man die Gefangenen behandelt, trieb bereits mehrere derselben
zum Selbstmorde. Noch diesen Morgen schnitt sich einer der Unglücklichen in
der Abbaye die Gurgel ab. Andere haben den Verstand verloren.
@xml:id | #ar033_015 |
@type | jArticle |
@facs | 0165 |
Nationalversammlung, Sitzung vom 30. Juni.
Präsident Marie eröffnet dieselbe um 1 Uhr mit einer Rede, in der er der
Versammlung für das ihm bewiesene Vertrauen dankte und seine ganze Galle
gegen die Sozialisten, die er als Väter der letzten Schlacht darstellte,
ausgoß. „Bürgerrepräsentanten, begann er, Ihr habt mich zu Eurem Präsidenten
gewählt, das ist unter den gegenwärtigen schwierigen Umständen ein Beweis
großen Vertrauens. Ich werde mich anstrengen, Eurem Vertrauen durch meine
ganze Aufopferung zu entsprechen. Die verhängnißvollen Tage, die Frankreich
in so tiefe Trauer stürzten, haben für Alle sehr ernste Pflichten
geschaffen, das weiß ich, doch ich will mich ihnen unterziehen. Die Republik
bleibt rein und fest und wird mächtig und furchtbar werden, denn die
Anarchie vermöchte sie nicht zu bekämpfen und wird sie nie besiegen. Nein,
es war nicht das Februarvolk, das die verbrecherischen Barrikaden
errichtete, auf denen, dem Himmel sei Dank, nie die Fahne der Republik
wehte! Nein, nicht die Republik hat die Republik (die dreifarbige, die rothe
Fahne) sondern die Republik hat die Barbarei
bekämpft (Beifall). Der Sieg war für uns in den Urtheilen der Menschheit
geschrieben; an uns ist es, Bürger, ihn aufrecht zu erhalten durch die
Weisheit unserer Arbeiten, durch die Entschlossenheit unseres Auftretens und
durch die fortwährende aber gemässigte Entwickelung der mit der Republik
ausgesprochenen Grundsätze. Frankreich weiß das und wird Euch dafür
erkenntlich sein. Aber ihr bedürft all Eures Muthes, einen festen Willen, um
Eure Aufgabe zu lösen. Mit der Ruhe in der Hauptstadt, mit der Ordnung
überall, wird es uns möglich sein, alle Leiden zu mildern, allen Uebeln zu
helfen und alle Erwerbsquellen von Neuem hervorsprudeln zu machen. Ich freue
mich, daß Ihr mich an diesen Platz riefet, wo ich zur Lösung dieser edeln
Aufgabe doppelt beitragen kann.“
Schließlich preist Marie, dem zur Stillung aller
Leiden als Glied des Vollziehungsausschusses schon die schönste Gelegenheit
geboten worden war, aber von ihm schlecht benutzt wurde, noch die Verdienste
seines Vorgängers, des so eben zum Minister des Innern ernannten Senard.
Nach dieser Rede, die natürlich großen Beifall erregte, zog der Präsident
die Bureau in der üblichen Weise. Dann schritt die Versammlung zur
Tagesordnung, nämlich zur Berathung des Wahlgesetzes für Gemeinde-,
Arrondissements- und Departementsräthe, denen die vorige Regierung einen
ziemlich engen Kreis angewiesen hatte. Favart liest seinen desfälligen
Bericht vor, und es entspann sich eine lange Debatte, der jedoch Niemand
wesentliche Aufmerksamkeit schenkte. Für das Ausland möge genügen, daß
dieses Gesetz, neue Wahlen, für die Stadträthe bis zum 1. August und für die
Bezirks- und Departementsräthe bis zum 1. September circa vorschreibt. (4
Uhr.)
(Nach 4 Uhr.) Der einzige Punkt der im Verlaufe der dreistündigen Debatte zu
ziemlich heftiger Besprechung Veranlassung gab, bestand in einem Amendement
das Picard zum § 6 als dritten Abschnitt stellte und also lautet:
„Der Maire und seine Adjoints sind von und aus dem Gemeinderath zu
wählen.“
Dieses Amendement stieß auf harten Widerspruch, weil man es, obgleich mit dem
Verfassungsentwurf völlig im Einklange, für die Centralstaatsgewalt
gefährlich hielt. Der Maire, von dem Gemeinderath ernannt, würde zum Sklaven
desselben herabsinken.
Senard, Minister des Innern, selbst rieth zur Vorsicht, namentlich unter den
gegenwärtigen Umständen, wo sich leicht Sonderbundsgelüste in einzelnen
Stadträthen fühlbar machen könnten.
Die Debatte wurde um 6 Uhr abgebrochen und auf Morgen verschoben.
Recurt, Minister der Staatsbauten, besteigt die Bühne und verlangt einen
Kredit von 6,000,000 Frs. für die Lyoner Bahn.
Delongrais protestirt heftig, kann aber doch nicht hindern, daß der Kredit
morgen schon diskutirt und wahrscheinlich bewilligt wird.
Zum Schlusse wählt der Präsident eine Deputation von 9 Gliedern, welche
morgen die Leiche des Generals Negrier nach Bille begleiten soll. (7
Uhr.)
Großbritannien.
@xml:id | #ar033_016 |
@type | jArticle |
@facs | 0165 |
[*] London, 30. Juni.
Nach einer kurzen Diskussion über weniger wichtige Gegenstände ging gestern
das Unterhaus zu der vertagten Debatte der Zuckergesetze über. Zuerst erhob
sich Sir Robert Inglis und drückte sein Erstaunen darüber aus, daß mit zwei
Ausnahmen, noch kein einziger Redner in den früheren Debatten die mit der
Abschaffung der Zuckerzölle zusammenhängende Frage der Emancipation der
Sclaven berührt habe. Die Vorschläge des Gouvernements würden nur vom
materiellen und nicht vom moralischen Standpunkte aus diskutirt. Die im
Jahre 1846 eingetretene Ermäßigung der Zuckerzölle habe den Sclaven-Import
nach Brasilien allein um 73,000 Individuen vergrößert und ohne Uebertreibung
könne man annehmen, daß in Folge jenes Gesetzes jährlich 300,000 Sclaven von
den Afrikanischen Küsten aus verschifft wurden. Sir Robert las dann einzelne
Stellen aus einem „fünfzig Tage an Bord eines Sclavenschiffes“ genannten
Werke vor, in dem erzählt wurde, daß von einer Ladung von 400 Sclaven,
während eines Sturmes, in einer Nacht 54 Personen in ihrem Bestreben an den
Lucken des Verdecks etwas frische Luft zu schöpfen den schrecklichsten Tod
fanden. Das seien die Folgen jener traurigen Aufmunterungen, die man durch
die Gesetze der letzten Jahre dem Sclavenhandel gegeben habe. Er glaube, daß
der ärmste Mann in England gern seinen Zucker etwas theuerer bezahlen als so
scheußliche Vorgänge unterstützen wolle. Er widersetze sich daher den
Vorschlägen des Gouvernements und stimme für das Amendement Sir G.
Pakington's.
Hr. Barkly bemerkte dann, daß man die Unterstützung,
welche den westindischen Pflanzern zu Theil werden solle, nur so lange Zeit
bewilligen könne, als sie zur Erlangung einer größern Anzahl Arbeiter und
einem besseren Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern nöthig sei.
Nach ihm, handle es sich um eine feste Steuer von 5 Shilling per Zentner für
eine lange, oder um eine von 10 Sh. per Zentner für eine kurze Zeit und er
glaube, daß der letztere Satz günstiger für England und zugleich von mehr
Nutzen für die Kolonien sein werde. Er widerlegte dann die verschiedenen
Reden der ministeriellen Seite und leugnete die oft erwähnte mangelhafte
Bebauung der westindischen Kolonien, indem er sich stark dagegen aussprach,
daß man den Sclavenzucker anderer Länder mit dem englischen
Emancipationszucker konkurriren lasse. Die Frage sei, ob man die ganze
Sclaven-Emancipation nur als ein bloßes Experiment betrachten und alle
Anstrengungen und Ausgaben der letzten 50 Jahre, um ihr ein Ende zu machen,
als gar nicht geschehen betrachten wolle.
Hr. Labouchere erwiederte darauf, daß das ganze Land
nun einmal dieselben Zollsätze für ausländischen und westindischen Zucker
verlange, und daß nichts schädlicher sein würde, als die Kolonien jetzt
auf's Neue bedeutend zu protegiren, um sie dann doch später, wenn jener
Schutz aufhöre, der ausländischen Konkurrenz zu überlassen. Die
Zuckergesetze von 1846 hätten zwar nicht den erwarteten günstigen Erfolg
gehabt; die finanziellen Verwicklungen seien indeß mehr Schuld hieran, als
der Geist jener Gesetze. Er theile die Indignation Sir R. Inglis in Betreff
jener Greuel des Sclavenhandels, er sei aber davon überzeugt, daß man
zuletzt mit freier Arbeit siegen werde, wenn man fortfahre, keine Sclaverei
in den britischen Besitzungen zu dulden, und nur eine gewisse Anzahl freier
Arbeiter einwandern lasse, um die übertriebenen Lohnforderungen der
emancipirten Neger zu balanciren.
Hr. Goulburn suchte seinen Vorgänger zu widerlegen;
er erkannte die Noth der Kolonien an, glaubte aber, daß die vorgeschlagenen
Maßregeln des Gouvernements unzureichend seien.
Sir Robert Peel erhob sich da, wie immer unmittelbar
vor dem Schluß einer jeden großen Debatte, und warf die Gewalt seiner
Beredsamkeit zu Gunsten der ministeriellen Vorschläge in die Wegschaale. Sir
Robert beleuchtete die Frage noch einmal von allen Seiten; er glaube, auf
demselben Wege kommerziellen Aenderungen, den er früher betreten, fort
wandern zu müssen. Das System der Sklaverei werde vor dem Geiste der Zeit
bald überall fallen müssen. Er glaube, daß man durch die fraglichen
Propositionen nicht zu demselben zurückzukehren gezwungen sei; durch
Maßregeln, welche den gegenwärtigen Weltzuständen angemessen seinen, werde
man den Triumph der freien Arbeit sichern und dadurch schließlich auch die
Prosperität der Kolonieen. Nachdem noch Lord John Russel, Hr. Muntz und Hr.
Anstey gesprochen hatten, schitt man zur Abstimmung. Für die ministeriellen
Propositionen waren 260 Stimmen; gegen dieselben 245. ‒ Majorität für die
Minister 15 Stimmen.
[0166]
@xml:id | #ar033_017 |
@type | jArticle |
@facs | 0166 |
[*] London, 30. Juni.
Es wird für deutsche Leser nicht ohne Interesse sein, noch einige Ansichten
eines der hiesigen Bourgeois-Blätter, des „Londoner Telegraph,“ über die
Juni-Revolution kennen zu lernen. Dadurch dürfte noch Manchem über die
Jämmerlichkeit und Gemeinheit deutscher Bourgeois-Zeitungen ein Licht
aufgehen, das grade in jetziger Zeit sehr Noth thut. „Was den heroischen
Muth anlangt“, sagt der „Telegraph“, womit die Insurgenten gefochten haben,
so bedarf es hierüber keines Wortes. Die einzige Thatsache, daß ungefähr
30,000 Arbeiter vier Tage lang eine fünfmal größere Macht an Linientruppen
National- und Mobilgarden und eine furchtbare Artillerie in Schach hielten,
spricht mehr als ganze Bücher.
Vielen Lesern wird es schwer fallen, den Zweck der Insurrektion zu begreifen.
Es wird ihnen seltsam vorkommen, daß ein Volk im Besitz einer
republikanischen Regierung mit unbeschränkter (?) Preßfreiheit, allgemeinem
Stimmrecht, Vereinigungs- und Versammlungsrecht, wenige Monate nach einer
volksthümlichen Revolution den Versuch macht, mit Waffengewalt die von ihm
selbst errichtete Regierung zu stürzen.
Allein es ist hier im Auge zu behalten, daß die letzte Revolution eine
soziale war. Die Arbeiter selbst verstehen darunter die Verbesserung ihres
Looses, Garantie dauernder Beschäftigung gegen gutes Tagelohn und Annäherung
ihrer gesellschaftlichen Stellung an die der Bourgeois-Klasse. Nun, diese
soziale Revolution glaubten sie im Februar erreicht zu haben. Aber sie sahen
oder glaubten zu sehen, daß mit einer National-Versammlung, wie die
gegenwärtige zusammengesetzt ist, auch nicht die entfernteste
Wahrscheinlichkeit gegeben sei, als würde von ihr auch nur ein Versuch zu
ernstlicher Verbesserung des Arbeiterlooses gemacht werden.
Daraus entsprang unter ihnen eine große Unzufriedenheit. Diese ward natürlich
durch die Noth, welche sie in den letzten vier Monaten wegen Arbeitsmangel
erduldet, in keiner Art gemindert. Ferner an einer andern Stelle: „Soll die
Intelligenz in Europa, die jetzt mit der Armuth und dem Elend der großen
Masse sich beschäftigt, im Stande sein, die Gesellschaft friedlich einer
glücklicheren Zukunft entgegen zu führen, so muß sie vor allen Dingen frei
sein. Jede Hoffnung hätte ein Ende, jede Anstrengung der Intelligenz hörte
auf, wenn letztere durch irgend eine bestehende Gewalt oder Theorie in
Fesseln gelegt würde. Deshalb bedauern wir tief, daß die Intelligenz
Frankreichs, die raisonnirenden Fähigkeiten der französischen Nation, die
einen wesentlichen Theil der für die ganze menschliche Gesellschaft
nothwendigen Fähigkeiten bilden, blos unter der Diktatur des Militärgesetzes
thätig sein soll . . . . . . In einer Zeit, wo die Gesellschaft mit
beispiellosen Schwierigkeiten kämpft, wo die gewöhnliche Weisheit der
Staatsmänner vollständig bankerutt macht, wo es erwiesen ist, daß die
Hemmschuh-Gesetze, die von jenen Staatsmännern fast allein begriffen oder
studirt werden, schlimmer als nutzlos, ja wirklich destruktiv sind; in einer
solchen Zeit ist die ganze Welt tief dabei interessirt, daß die Intelligenz
Frankreichs und Europas freien, ungehinderten Spielraum habe . . . . Unsere
Kollegen sind folglich Verräther an sich selbst, Verräther an ihrer großen
Aufgabe, wenn sie mit einem Male zu der Fesselung der Intelligenz durch die
Dekrete eines Cavaignac, eines Thiers oder eines Russel ihre Zustimmung
geben und sich mit den in dieser Art abgesteckten Gränzen begnügen.“
@type | jAnnouncements |
@facs | 0166 |
Civilstand der Stadt Köln.
Geburten
29. Juni. Hel., T. v. Peter Schmitz, Schneider, gr. Griechenm. ‒ Heinr., S.
v. Friedr. Wilh. Gülich, Konditor, Josephstr. ‒ Henriette, T. v. Karl
Hamacher, Wollenwaarenfabrik., Straßburgerg. ‒ Kath., T. v. Wilh. Lehen,
Glaser u. Anstr., Streitzeuggasse. ‒ Anna, T. v. Joh. Wolf, Tagl., gr.
Spitzeng. ‒ Karl Ludwig, S. v. Wilh. Weiskopf, Polizeibote, Poststraße. ‒
Franz, S. v. Eduard Müller, Kaufm., Rheinaustr. ‒ Zwei uneheliche
Knaben.
30. Juni. Valent., S. v. Heinr. Hamacher, Steinh., Perlengr. ‒ Anna Kath.
Adelh., T. v. Joh. Heinen, Werkführer, Kämmerg. ‒ Franz Peter, S. v. Franz
Jos. Dolleschall, Kaufm., Hunnenrücken. ‒ Sophia Marg. Louise, T. v. Peter
Jos. Valter, Schuster, Poststr. ‒ Joh. Hub., S. v. Peter Jos. Hermanns,
Bäckermeister, Breitstr. ‒ Joh. Heinr., S. v. Joh. Heinrich Röseler,
Schuster, unter Gottesgnaden. ‒ Barbara, T. v. Jos. Hausmann, Schreiner,
Waisengasse. ‒ Barbara, T. v. Kaspar Münnig, Zimmerm., Thürmchenswall.
Sterbefälle.
29. Juni. Georg Eduard Heinr. Karl Baur, 10 M. alt, Rheinberg. ‒ Jakob
Klütsch, Rentner, Wittwer, 58 J. alt, vor St. Martin. ‒ Jos. Mertens,
Zimmermann, 32 J. alt, Baiardsgasse. ‒ Gertr. Inder, 23 J. alt, unverh.,
Weidengasse.
30. Juni. Martin Dr, Involid-Unteroffizier, 48 J. alt, verheir.,
Kranenbaumerhof. ‒ Peter Jos. Badorff, Weinmackler, 64 J. alt, verh.,
Georgstr. ‒ Elis. Schumacher, 2 J. 5 M. alt, Achterstr. ‒ Joh. Jos. Elvira
Westermann, 2 M. 20 T. alt, Bobgasse. ‒ Hermann Napoleon Dominikus Gauthier,
61/2 M. alt, Stephenstr. ‒ Anna Clara Roesberg, Wwe. Cloodt, 89 J. alt,
Minoritenspital.
Heirathsankündigungen.
2. Juli. Joh. Wilh Bonjean, Bäcker, Ehrenstr. und Anna Maria Katharina
Bürhenne, Weißbüttengasse. ‒ Andr. Friedr. Christian Kayser, Musiklehrer, u.
Gertr. Elis. Butterweck, beide Komödienstr. ‒ Fried. Wilh. Sebold,
Artillerie-Unteroffizier, Dominikanerkaserne und Marg. Rungenberg,
Mariengarteng. ‒ Joh. Karl Gottl. Linke, Wwr., Steueraufseher und Joh.
Helena Schwärztzky, beide Ankerstr. ‒ Friedr. Karl August Jos. Zündorf,
Wwr., Rendant der Kölnischen Feuerversicherungs-Gesellschaft,
Altenbergerstr. und Anna Kath. Josepha Hubertina Hartmann, Becherg. ‒ Wilh.
Hubert Bernardo, ohne Gew., Josephstr. und Agnes Jungbluth, Thieboldsgasse.
‒ Ignatz Strodel, Schreiner und Gertr. Richarz, beide Kranenbaumerhof. ‒
Abraham Tongern, Mühlenmeister zu Nirm und Maria Marg. Rouet,
Pantaleonstraße. ‒ Arnold Hummelsheim, Handlungsdiener, Kämmergasse und
Kath. Stoffel, Severinstr. ‒ Peter Heidgen, Schreiner, Follerstr. und Anna
Maria Pick, Altenm. ‒ Joh. Friedr. Franke, Maurermeister, Thieboldsgasse und
Anna Kath. Schäffer, Probsteigasse.
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 2. Juli 1848.
Angekommen: Hub. Stammel von Mannheim.
Abgefahren: Jos. Zeiler nach Koblenz; J. M. Deiß nach
der Saar; X Sommer nach Mannheim; Peter Kühnle nach Kannstadt.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Joh Linkewitz;
nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Ducoffre; nach Andernach und
Neuwied M. Pera und P. Gies; nach Koblenz und der Mosel und Saar P. G.
Schlägel; nach der Mosel, nach Trier und der Saar M. Zens; nach Bingen Wb.
Jonas; nach Mainz J. Hirschmann; nach dem Niedermain Philipp Würges; nach
dem Mittel- und Obermain Seb. Seelig; nach Heilbronn Fr. Kühnle; nach
Kannstadt und Stuttgart L. Hermanns; nach Worms und Mannheim A. L. Müller;
nach Antwerpen M. Lamers.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Willemsen, Köln Nr. 6.
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Wilson, Köln Nr. 30.
Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffes
Hartmann.
Wasserstand.
Köln, am 2. Juli. Rheinhöhe 8′ 9″.
Was ist ein Volksvertreter?
Ein Mann, der die Interessen des Volks mit allen ihm zu Gebote stehenden
Kräften vertreten soll; sich also des in ihn gesetzten Vertrauens würdig
zeigt. ‒ Wenn er dies aber nicht thut, sondern sich zum Fürstendiener herab
würdigt und bei der geringsten Gefahr sich aus dem Staube macht, so ist er
nicht würdig, die hohe Stellung eines Volksvertreters einzunehmen und er ist
werth, daß sie ihn mit Schimpf und Schande wieder abgenommen wird.
Doppelt Erbarmen!!!
Dem mitleiderregenden Vertheidiger der Brutalitäten einzelner Wehrmänner, der
würdig ist, die Stelle eines Cavaignac zu bekleiden.
Für Pferdeliebhaber!
Im Laufe der nächsten Woche sollen von Seiten der Bürgerwehr-Kavallerie
mehrere ausrangirte Pferde verkauft werden. Man bittet die Herren
Pferdeliebhaber doch recht zahlreich zu erscheinen. ‒ Der Tag des Verkaufs
soll noch näher angegeben werden.
Augengläser in verschiedenen Einfassungen für Kurz-,
Weitsichtige und Staaroperirte, empfiehlt zu billigen Preisen
J. Salomon Sohn, Optikus,
Hochstraße- und Schildergasse-Ecke 2.
Es hat Jemand seinen Verstand verloren. Der redliche Finder wird gebeten, ihn
gegen eine mäßige Vergütung in der Expedition der Kölnischen Zeitung wieder
abzuliefern.
Revolution in Köln!!!
Sollten die zwei bei Herrn Heuser am Neumarkt auf dem Speicher wohnenden
Pferde nicht dieselben sein, welche bei der letzten Kölner Revolution
abhanden gekommen sind?
Vier herzhafte Bürgergardisten haben bei dem neulichen mitternächtlichen
Krawall einen Gefangenen gemacht. Derselbe ist aber beim Transport
entsprungen.
Man bittet diesen Entflohenen sich zur Beruhigung der Kölner Bürgerwehr auf
der Hauptwache gefälligst stellen zu wollen.
Mißverständnissen vorzubeugen, bemerke ich hierdurch, daß ich nicht
„Lausberg“, sondern „Flohthal“ heiße und daß mich Briefe nur unter dieser
Adresse treffen.
Citoyen Schlechter wird freundlichst gebeten, seine letzte Rede im
Bürgerverein dem Publiko nicht vorenthalten zu wollen.
Einige Bürgergardisten statten hierdurch dem muthigen Kölner Knaben, der am
Donnerstag Abend am Waidmarkt die Insurgenten mittelst eines Schwärmers
zerstreute, ihren tiefgefühlten Dank ab.
Ein Mädchen, welches die Küche, so wie fein Nähen versteht, und mehrjährige
gute Zeugnisse hat, sucht Dienst als Köchin oder zweite Magd. Bescheid gr.
Neugasse 18.
Der Beachtung demokratischer Vereine empfohlen!
Der Wächter an der Ostsee.
Demokratisches Organ.
Herausgegeben
von W. Lüders.
Alles für das Volk, Alles durch das Volk! Die Souveränität des Volkes werde
eine Wahrheit. Bildung, Freiheit und Wohlstand für Alle durch Humanisirung
unseres Staats- und gesellschaftlichen Lebens.
Das Blatt erscheint in Stettin sechsmal wöchentlich, wird durch die Post
täglich, durch den Buchhandel einmal wöchentlich versandt. Preis
vierteljährlich auf allen preuß. Postämtern 1 Thlr. Probenummern werden
durch die Post gratis geliefert, sind auf dem Ober-Postamte in Köln
vorräthig.
Es werden baldigst ein oder mehrere Kapitalisten zur Betreibung eines
Geschäfts gewünscht, welches einen zuverläßigen Gewinn von 10 pCt. täglich
abwirft. Man wende sich an Herrn Singer, Hotel Victoria in Köln.
On demande desuite un ou plusieurs Capitalistes pour exploiter une industrie
dont le produit assuré est de 10 pCt. par jour, avec tout sécurité.
S'adresser à Mons. Singer, Hôtel Victoria à Cologne.
„Neue Rheinische Zeitung.“
Das Expeditions-Büreau der Zeitung ist täglich von Morgens 8-1 Uhr und
Nachmittags von 2-7 Uhr geöffnet; an Sonn- und Festtagen nur von Morgens 8-1
Uhr. Inserate zur Aufnahme in die nächste Nummer werden bis 1 Uhr entgegen
genommen.
Ein Mädchen von guter Familie, in allen häuslichen so wie Handarbeiten
angeführt, sucht in einem soliden Hause eine Stelle, wo sie der Hausfrau als
Stütze dienen kann, oder auch in einem Laden. Dieselbe sieht mehr auf gute
Behandlung, als auf großes Salair. Gef. Offerten unter J. C. besorgt die
Expedition d. Blattes.
Ein starker Aufwartsjunge, eine Köchin und ein zweites Mädchen gesucht, große
Neugasse Nr. 36.
Gesuch einer Stelle als Handlungsgehülfe, für einen
soliden jungen Mann, welcher seit mehreren Jahren im Kolonial-, Farb- und
Droguerie-Waarengeschäft thätig war und die besten Zeugnisse seiner
Fähigkeiten und Leistungen besitzt. Näheres bei J. P. Spendeck in Köln,
große Neugasse Nro. 18.
Ein Mädchen wird gesucht für einen Spezereiladen und Hausarbeit. Ein
gebildetes Frauenzimmer, mit guten Attesten versehen, wünscht als
Kammerjungfer oder Haushälterin placirt zu werden. Ein Kompagnon, ein
kautionsfähiger Reisender, ein Lehrling werden gesucht. Näheres bei J. P.
Spendeck in Köln, gr. Neugasse 18.
Eine durchaus erfahrene Haushälterin und eine Kammerjungfer, brave Jünglinge
wünschen als Lehrlinge in Handlungshäusern placirt zu werden. Anträge
erbittet J. P. Spendeck in Köln, gr. Neugasse Nro. 18.
Ein in der Mitte der Stadt gelegenes Unterhaus mit 2 geräumigen Zimmern,
Küche, Keller nebst der Belle-Etage 5 Zimmern, Mitgebrauch des Gartens und
Bleiche ist billig zu vermiethen. Näheres bei J. P. Spendeck, große Neugasse
Nro. 18.
Eine große Auswahl von Häusern sind zu billigen Preisen zu verkaufen und zu
vermiethen. Kapitalien gegen erste Hypotheke werden gesucht. Näheres bei J.
P. Spendeck, gr. Neugasse 18.
Das wohl assortirte Lager von echtem Eau de Cologne eigener Fabrik, empfehlen
zu den billigsten Preisen, J. P. Spendeck & Comp. in Köln, große
Neugasse Nr. 18 nahe beim Dom und Altenmarkt.
Oeffentlichen Dank!
Allen meinen Nachbaren, welche sich meiner selbst, so wie meiner Familie
angenommen haben, während zweier Tage, welche ich im hiesigen Arreste
zugebracht, auf Grund von verläumderischer heimlicher Denunciation.
C. Keil, Schenkwirth, große Sandkaul 32.
Gesuch einer Stelle für das Reisefach für einen
kautionsfähigen Mann in dem Alter von 33 Jahren, welcher mehrere Jahre in
einem Manufakturwaaren-Geschäft auf dem Comptoir und auf Reisen im
Zollverein, der Rheinprovinz, Westphalen etc. beschäftigt war und über seine
Persönlichkeit und Leistungen die besten Zeugnisse besitzt. Näheres bei J.
P. Spendeck in Köln, große Neugasse Nr. 18.
Bitte um Arbeit.
Ein Familienvater einer Frau nebst 3 Kindern, welcher auf Verordnung seiner
Aerzte wegen Brustschwäche seiner Profession durchaus entsagen mußte, sucht
in dieser bedrängten Lage eine ihm passende Beschäftigung, sei es um
Kommissionen zu verrichten oder irgend eine andere Stellung, welche die
Existenz und das Brod der Seinigen sichert.
Anerbietungen werden gerne entgegengenommen in der Expedition dieses
Blattes
Meine RESTAURATION auf dem sogenannten Knabengarten,
ganz in der Nähe des Bahnhofes zu Bonn (Lokal des Dioramas) empfehle ich
einem geehrten Publikum bestens. Gleichzeitig, um etwaigen Irrthümern
vorzubeugen, verfehle ich nicht in Erinnerung zu bringen, daß unsre seit
langen Jahren bestehende Gastwirthschaft „zum alten
Keller“ am Rheinthor, wie bisher unverändert fortgeführt wird.
Bonn am 1. Juni 1848.
Joh. Gebh. Behr.