Französische Republik.
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@facs | 0117 |
[
*
] Paris, 23. Juni.
Negeraufstand in Martinique. Der Constitutionel gibt folgenden Bericht über
die Ereignisse, deren Theater Martinique war.
„Die Agitation, die zu Martinique herrschte in Folge der Verkündigung der
bevorstehenden Emancipation, kam zuerst zum Durchbruch zu Prêcheur, einem
nahe an der Stadt St. Pierre gelegenen Flecken. Fünf Neger, die ihre
Faschinenmesser gegen ihren Herrn erhoben, wurden Samstag den 20. Mai
arretirt und ins Gefängniß nach St. Pierre abgeführt. Die Wuth, welche diese
Maßregel hervorrief, war so groß, daß man allgemein einen Aufstand für den
folgenden Tag befürchtete. An diesem Tag begaben sich die Weißen, ihrer
Gewohnheit gemäß, mit Frau und Kind nach dem Flecken Prêcheur, um dem
Sonntagsgottesdienst beizuwohnen; ber sie hatten sich aus Vorsorge
bewaffnet.
Gegen Abend sah man von den Bergen eine Anzahl Neger herabsteigen. Gensdarmen
wurden ihnen entgegen geschickt. Sie forderten die Banden auf sich zu
zerstreuen, und hieben nach ihrer Weigerung auf sie ein. Mehre Schwarzen
wurden zu Boden geschlagen, aber die andern umzingelten die Gensdarmerie und
zwangen sie, sich in den Flecken zurückzuziehn, der angegriffen wurde. Die
Weißen vertheidigten sich von Haus zu Haus: im Maße als die Schwarzen ein
Haus stürmten, steckten sie es in Brand. Als die Nacht heranbrach, fuhr man
fort sich zu schlagen, unter der Beleuchtung des Brandes. Die Weißen
verloren eine große Anzahl von Individuen. Die Staatsgoelette, die Mèsange,
die unweit des Fleckens Anker geworfen hatte, setzte darauf 50 Mann ans
Land. Sie kamen grade zur rechten Zeit an, um den Rest der Bevölkerung zu
retten, der, in den Kirchthurm mit Frau und Kindern geflüchtet, sich hier
noch vertheidigte, ohne diese Hülfe aber sicher unterlegen wäre. Die
Matrosen entwickelten ihre gewohnte Tapferkeit. Während ein Theil des
Detachement die Rebellen zurückstieß und sie kämpfend aus dem Flecken
hinausführte, organisirte und beschützte der andere Theil am Bord der
Mêsonge die Einschiffung der Familien, die dem Mißgeschicke entgangen. Man
versichert, daß die Schwarzen auf ihrer Flucht mehre Landhäuser in Brand
steckten.
Unterdessen hatte man von St. Pierre eine Abtheilung Infanterie entsandt,
die, wie man sagt, anlangte, als alles geendet war und die bei ihrer
Rückkehr von den Insurgenten geneckt wurden. Woher kamen die Musketen und
Pistolen, die sich in den Händen der Schwarzen befanden? Wer hatte ihnen
diese Waffen geliefert? Einer unserer Insurgenten behauptet, sie seien von
der Insel Dominique, einer benachbarten englischen Colonie, ihnen
zugeschickt worden.
Der Gegenstoß dieser Empörung in Saint Pierre war unvermeidlich. Am Montag
22. Mai kamen die Schwarzen der umliegenden Wohnungen, mit denen sich
wahrscheinlich der größte Theil der Insurgenten von Prêcheur vereinigt
hatte, um in Masse die Befreiung der am vorhergehenden Freitag in jener
Kommune verhafteten Schwarzen, und der im Gefängniß befindlichen Schwarzen
überhaupt zu verlangen. Man verweigerte dies anfangs, aber unter der
Herrschaft des Schreckens, der sich in der Stadt verbreitete, glaubte die
städtische Behörde nachgeben zu müssen. Die Gefangenen wurden entlassen.
Mehrere Farbige bemühten sich sehr, sich zwischen die empörten Schwarzen und
die Einwohner ins Mittel zu legen. Aber der Erfolg dieser Vermittlung
dauerte nicht lange. Die Kühnheit der Unruhstifter wuchs nur durch die
Befreiung ihrer Kameraden. Mit lautem Geschrei verlangten sie die sofortige
Emancipation. Der provisorische Gouverneur, der im Fort de France residirt,
kam jetzt auf dem Schauplatz der Unordnung an. Die Mehrzahl der Einwohner
von Saint-Pierre, denen die Schwierigkeit der Lage einleuchtete, vereinigten
ihre Bitten mit den Drohungen der Rebellen, um die Proklamation der
Abschaffung der Sklaverei zu erhalten. Der Gouverneur zauderte und berief
sich darauf, daß dieser Fall in seinen Instruktionen nicht vorgesehen sei.
Da ereignete sich ein entsetzliches Unglück.
Die Rebellen glaubten, daß man in einem, Hrn. Sauvis gehörenden Hause, ein
Waffendepot errichtet habe. Dies Haus war ein großes, schönes Gebäude im
höheren Theile der Stadt, und umgeben von Gärten, die von hohen Mauern
eingeschlossen waren. Die Menge stürzte dahin. 35 Personen hatten sich dort
geflüchtet, Weiber, kleine Kinder, erwachsene, schöne, junge Mädchen. Nur
drei oder vier Männer befanden sich unter ihnen. Die Aufrührer stürmten und
sprengten die Thüre; ein Greis, Hr. Desalaye, trat vor und befahl ihnen,
sein Haus zu räumen. Man antwortete mit Geschrei, Drohungen und der
Aufforderung die Waffen abzuliefern, die sie bei ihm versteckt glaubten. Der
Unglückliche, einer Regung unvorsichtigen Zorns gehorchend, schoß ein Pistol
ab auf den Vorlautesten und streckte ihn todt nieder. Sogleich stürzte man
über ihn her; er wurde in Stücke gerissen und das Haus gestürmt. Die
Flüchtlinge waren auf das erste Stockwerk gestiegen; die Schwarzen dachten
nicht daran, sie zu verfolgen. Der Gedanke einer infernalischen Rache stieg
in ihnen empor. Sie führten ihn sofort aus. Die Treppen wurden abgerissen,
damit Keiner entwischen könne und dann das Haus in Flammen gesetzt. 33
Personen verbrannten ‒ schreckliche Nachahmung der Gräuel von San
Domingo!
Die Feuersbrunst griff in der Stadt um sich: 19 Häuser sind, unsern Briefen
zufolge verbrannt. Der Courrier de la Martinique, der sich augenscheinlich
noch nicht von dem Schrecken befreien kann, der die ganze Kolonie
beherrscht, spricht nur von 6 verbrannten Htzusen. Während des Brandes
wurden mehrere durch die Straßen fliehende Einwohner, von den Haufen
rasender Neger überfallen, die die Fackel in der einen, das Faschinenmesser
in der andern Hand, die Stadt durchzogen. Man führt indeß Züge von
Aufopferung von Seiten Schwarzer und Farbiger an, die sich dem Tode
aussetzten, um einigen dieser Weißen das Leben zu retten.
Großbritannien.
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@facs | 0117 |
Das Exekutiv-Comité der Chartisten hat folgenden Aufruf an's Volk
erlassen:
„Das Recht, sich öffentlich zu versammeln, ist wie wir voraussahen,
gewaltsamer Weise vernichtet worden. Wir machten die gesetzliche Anzeige der
beabsichtigten Meetings und setzten ihren Zweck: über unsere Beschwerden zu
debattiren, über Empfang von Adressen zu berichten und beim Parlament um
Freilassung der politischen Gefangenen zu petitioniren, auseinander.
Die Regierung gab niemals eine Antwort darauf, sandte uns auch keinerlei
Mittheilung zu, wie die Times fälschlich behaupten, mit alleiniger Ausnahme
der schon im „Star“ veröffentlichten Kundmachung.
Die Whigs haben durch die That erklärt, daß es in unserem Lande keine
Verfassung, ja, was noch schmählicher, kein anderes Gesetz giebt, als das
der brutalen Gewalt. Unsere Plakate wurden herabgerissen, der Zettelankleber
festgenommen und unser Eigenthum von der Polizei gestohlen.
Wir verpflichteten uns, um der politischen Gefangenen willen, Ruhe und
Ordnung aufrecht zu halten und zu beweisen, daß wir nicht Angreifer, sondern
nur Vertheidiger alter und durch die Zeit geheiligter Rechte sind. Wir
hielten unser Wort. Das im Unterhause durch Sir G. Grey gegebene
Versprechen, friedliche Meetings auf keine Weise stören zu wollen, ist von
den Whigs schmählich gebrochen und dadurch ihre Hinterlist und
Zweizüngigkeit abermals an den Tag gelegt worden. Die Presse, mit ein oder
zwei ehrenwerthen Ausnahmen, die ganze Mittelklasse und beide Häuser des
Parlaments haben alle Scheußlichkeiten der Regierung gebilligt. Zu andern
Zeiten hätten die verrätherischen Handlungen der Minister ihnen den Kopf
gekostet.
Die ganze Frage dreht sich jetzt um völlig offene und absichtliche
Feindschaft gegen alle und jede Reform. Halten wir die Whigs in der falschen
haßgebärenden Lage, die sie selbst sich erwählt haben, fest. Ueber den
Aus-ngang entscheide das Volk durch rasche, unvergleichliche, überwältigende
Masse-Organisation.
Die Millionen müssen sich organisiren. „Unser altes und neues Recht!“ sei die
Parole. Ein tödtlich gehaßter Feind ist mächtiger Antrieb zum Handeln.
Vermeidet heimliche Pläne und Verschwörungen. Das Versammlungsrecht ist als
Losungswort stark genug, um jede Regierung zur Flucht zu zwingen. Natürlich
werden überall Spione benutzt werden. Ihrem Gewerbe wird durch offenes
Handeln am leichtesten begegnet.
Möge der Mittelklasse, die über eine vorgebliche Niederlage der Chartisten
jubelt, zu Gemüth geführt werden, daß sie, ohne das Volk, jedem Kampfe mit
der Aristokratie machtlos ist. Die Spezial-Constablers haben die Rolle einer
ruchlosen, blutdürstigen Aristokratie gespielt… Die Mittelklasse muß die
Folgen dieser verderblichen Politik in dem nahenden Kampfe auf sich nehmen
und die Regierung ihrem unausweichlichen Schicksal erliegen, wenn die
Grundlage aller Macht ‒ das öffentliche Vertrauen ‒ geschwunden ist.
Auch die feindliche Presse sollte nicht übersehen, daß für den Fall einer
fremden Invasion nichts gefährlicher als eine rechtlose und folglich
mißvergnügte Bevölkerung im Lande zu haben. Die dumpfe Gleichgültigkeit
eines geknechteten Volkes, der Mangel einer Miliz, und die völlige
Indifferenz Seitens der Chartisten würden Regierung und Aristokratie
zwischen zwei Feuer bringen. Unsere Agitation darf keinen Augenblick ruhen;
das Werk der Organisation muß kräftiger betrieben werden, als je. Es ist
Alles aufgeboten, um den Gefangenen die besten Vertheidiger, und ihren
Familien Unterstützung zu verschaffen. Wir fordern Euch auf, in diesem
besondern Augenblick unsere Bemühungen zu verstärken. Wir folgen den
Ereignissen mit wachsamen Auge. Die Berichte aus den Provinzen lauten
erfreulich und nach allen vor uns liegenden Beweisen glauben wir, daß die
Regierung in einer falschen, wir in einer besser gewordenen Stellung sind.
Daß Volk und die Regierung noch nie zuvor so entschieden im offenen Kampfe
mit einander waren, muß Jedem einleuchten. Festigkeit, Klugheit und
Wachsamkeit sind jetzt für uns Alle nöthig. Bleibt sich das Volk nur selbst
treu, so ist der Tag nahe, wo die Freiheit durch Verwirklichung der
herrlichen Grundsätze der Charter strahlend bei uns einzieht.
M'Douall, J. M'Crae, Ernest Jones, Samuel Kydd, James Leach.
[Deutschland]
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@facs | 0117 |
Köln, 23. Juni.
Das Comité des hiesigen sogenannten Bürgervereins, der nach seinem Statut den
Beruf hat, der demokratischen Gesellschaft im Stollwerck'schen Saale
gegenüber die wahre Meinung Kölns zu vertreten, ist ungehalten, daß die
Demokratie nicht blos hier in Köln, sondern in ganz Deutschland rasch voran
schreitet, während die Träger seiner Meinung kaum mehr bemerkbar sind. Um so
unbegreiflicher, da nach der innigsten Ueberzeugung des Bürgervereins die in
seinem Schoße gehegte Gesinnung überall von der bei weitem größten Mehrzahl
getheilt wird, während die Demokratie nur in den Köpfen einiger weniger
Schreier spukt. Nach einer reiflich gepflogenen Berathung ist er zu dem
Beschlusse gekommen, in die Fußstapfen der Demokraten zu treten und überall
in ganz Deutschland auf die Bildung gleichgesinnter Vereine hinzuwirken, mit
ihnen in Verbindung zu treten, eine Centralgewalt festzusetzen und
nöthigenfalls auch einen Kongreß abzuhalten. Die öffentliche Verbreitung
eines mit einem inhaltschweren Glaubensbekenntnisse ausgeschmückten Aufrufs
wird zweifelsohne ähnliche Bürgervereine in ganz Deutschland wie Pilze aus
der Erde hervorschießen machen. Dieses Unternehmen wurde in der letzten
Dienstagsversammlung dem Vereine vom Vorsitzenden unter gleichzeitiger
Vorlegung des vom Comité entworfenen Aufrufes mit dem Bemerken angekündigt,
da in der Liste ihres Vereins über tausend Namen verzeichnet seien, es jetzt
an der Zeit sei, seine Thätigkeit auch nach Außen hin auszudehnen. Ein
Vereinsmitglied wagte indeß die leise Aeußerung: schaue man in dem Saale um
sich, so scheine der Verein noch nicht so viele Mitglieder zu zählen. Auf
die Einzeichnung in die Liste, auf Zahlung von 5 Sgr. und auf Namen könne es
wohl nicht ankommen; jedenfalls scheine die Theilnahme der eingetragenen
Mitglieder an dem Vereinszwecke ihm eine so geringe zu sein, daß er es für
zweckmäßiger halte, zunächst darauf hinzuarbeiten, daß die eingeschriebenen
Mitglieder sich mehr am Vereine betheiligen und der Verein selbst erst unter
den Bürgern Kölns eine größere Theilnahme finde. Mehrr Redner stimmten
ähnlichen Trauergesang an. Da erhob sich Roderich
Benedix, wie er selbst bescheiden andeutete, ursprünglicher
Erfinder des Plans zur Rettung des Bürgervereins. Zwei Mittel hatte er
bereit, um dem Verein Theilnahme zu verschaffen ‒ nach Innen und nach Außen.
Erstes Mittel war die Verdächtigung der Demokraten. Man schelte das Streben
der Demokraten ein Streben nach „Aufruhr, Mord und
Raub.“ Man führe als Beweis an das Organ der
Demokraten, die „Neue Rheinische Zeitung.“ Diese
vertheidige nicht blos solche Verbrechen, sie charakterisire und belobe sie
als patriotische Heldenthaten.
Aber noch ein anderes Mittel hatte Herr Benedix bereit. Der Bürgerverein
repräsentirt keine Partei, wie der Stollwerk'sche Verein. Wie dem abhelfen?
Ganz einfach! Der Verein beschließe, der
Bürgerverein sei eine Partei und wolle eine Partei sein. Dahin lautete der wohlmeinende Vorschlag des Herrn Benedix. Figaro! Du hättest das
nicht gefunden!
Durch viele Zwischenreden und Anträge (die Debatten, woran nur der Bürger
Schlechter, bekannt durch die Schlechteriana in der Köln. Zeitg., anhaltend
und mit vielem Ruhm sich betheiligte, waren überhaupt höchst erbaulich) kam
man zur Schlußsitzung, ohne daß über jenen Rettungsantrag abgestimmt wurde.
Sollte aber nächstens dieser Antrag des Herrn R. Benedix, in dessen Augen
die Berliner Barrikadenhelden nichts weniger als Freiheitskämpfer, sondern
gemeine proletarische Attentäter, Aufrührer und Mörder sind, dem die
Erstürmung des Zeughauses zum Zweck der Selbstbewaffnung durch das Berliner
Volk als ein Raub erscheint, sollte sein Antrag von dem Kölner Bürgerverein
nächstens zum Beschluß erhoben werden, sollte dieser Verein gar beschließen, eine Partei zu
sein und sein zu wollen,
dann wehe euch Demokraten, dann finis Poloniae!
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@facs | 0117 |
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@facs | 0117 |
Berncastel, 18. Juni.
So eben cirkulirt die nachstehende von hier aus bereits mit mehreren hundert
Unterschriften versehene Adresse in dem Kreise, an Hrn. Abgeordneten A.
Reichensperger in Berlin.
So viel uns bekannt geworden, dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß in
den benachbarten Kreisen, welche sich mit uns in gleicher Lage befinden,
ähnliche Adressen vorbereitet werden.
„Ihre unterzeichneten Urwähler und Wahlmänner haben Sie und viele andere
Deputirten aus der Rheinprovinz in der Reihe derjenigen gefunden, welche auf
den Berendschen Antrag für die motivirte Tagesordnung gestimmt, d. h. die
Thatsache der Märzrevolution abgeläugnet haben.
Die Stimmung unseres Kreises konnte und durfte Ihnen nicht unbekannt bleiben.
Dieselbe erhellet aus den in mehreren zahlreichen Kreisvolksversammlungen
gepflogenen Berathungen und in deren Folge gefaßten in einigen Programmen
niedergelegten Beschlüssen; aus der allgemeinen unmittelbar auf die
Nachricht von dem siegreichen Freiheitskampfe unserer Berliner Brüder
entstandenen Volksbegeisterung, welche sich sowohl in religiösen, als auch
in politischen und socialen Beziehungen in der erhabensten Weise durch die
Feier von Seelenmessen in allen Kirchen für die gefallenen Helden, durch die
milden Spenden für die verwundeten und hinterbliebenen Angehörigen der für
die Freiheit Getödteten, so wie endlich durch das Aufpflanzen des bisda hin
geächteten deutschen Banners, kund gab.
[0118]
Der Kreis, welchen Sie leider zu vertreten die Ehre hatten, insbesondere die
Kreisstadt, hat in allen diesen Beziehungen ein herzerhebendes Beispiel
gegeben, sowohl durch den religiösen Pomp der Todtenfeier, als auch durch
die Höhe der milden Beiträge, welche von keinem Theile des Vaterlandes mit
gleicher Seelenzahl übertroffen wurde, ein um so eclatanterer Beweis, als
Ihnen die traurige Lage des Kreises und vorzüglich der dazu gehörigen
Moselbewohner bekannt ist.
Eben so unbegreiflich, wie Ihr Votum, erscheint uns Ihr desfallsiges
Raisonnement, worin Sie das glorreichste Faktum in der vaterländischen
Geschichte beschimpft und wahrlich eine schlechte „Geschichte gemacht“
haben.
Wir fordern Sie auf und erwarten von Ihnen, daß Sie Ihrem „Publikandum“ vom
16. Mai d. J. und Ihrem spätern Schreiben getreu, fortan in der Frankfurter
Versammlung wegbleiben und die Vertretung unserer theuersten Interessen
Ihrem gefeierten Stellvertreter überlassen, auch unserm Wunsche gemäß der
allgemeinen deutschen Volkssache Ihre Kräfte reiner und besser widmen
werden, als es bisher geschehen ist.
Berncastel, den 18. Juni 1848.
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@facs | 0118 |
Gevelsberg (Grafschaft Mark), 22. Juni.
Man hat seit einigen Monaten in allerlei reaktionären Winkelblättchen eine
Menge von wuthschnaubenden Adressen gegen Wühler, Anarchisten, Republikaner
und Rebellen gelesen, die Alle aus der Mark, aus dem Kreise Hagen etc.
datirt waren. Man mußte glauben, unsere phlegmatischen Markaner seien durch
die Revolution in ein delirium tremens des Fanatismus versetzt worden. Dem
ist aber keineswegs so. Man muß nur wissen, wie und
von wem solche Adressen fabrizirt werden. Hier
ein Beispiel. Die nachstehende Adresse, gewiß die schönste von allen
bisherigen, wurde gestern von Hrn. Lieutenant Harkort auf Harkorten, Vetter
des Hrn. Fr. Harkort Wohlgeboren, an einem hiesigen Landwehrmann geschickt,
wanderte aber ohne auch nur Eine Unterschrift zu erhalten, zurück:
„An Ein hohes Ministerium zu Berlin.
Vernarbte Wunden, die viele unter uns empfingen im großen Kampfe für die
Freiheit Preußens und Deutschlands, schmerzen und bluten aufs Neue bei der
schauderhaften Nachricht über die letzten Berliner Ereignisse, so
schmachvoll, wie die vaterländische Geschichte bis dahin kein Beispiel
aufzuweisen hat. Doch diesen Aufrührern ist nichts mehr heilig und
unantastbar: das Zeughaus ist erstürmt, unsere Waffen, unsere Fahnen, die
von dem zerstörenden Geschütz der Feinde wohl zersplittert, nicht aber den
Händen tapferer Krieger entrissen werden konnten, sie, die über Brüder uns
zum Siege führten, sind vom rohen Pöbel, aufgestachelt durch die
nichtsnutzigen landesverrätherischen Leidenschaften der republikanischen
anarchischen Partei, deren Anführer der gesunde Sinn der wahren
Vaterlandsfreunde längst gerichtet, und welche die rächende Nemesis schon
erreichen wird, geraubt, zerstört, geschändet durch verbrecherische Hände. ‒
Worte vermögen nicht zu sagen unsern Schmerz ob dieser Unthat, und wir
unterlassen es, weiter auf die Katastrophe, als Nachhall und Folge einer am
18. und 19. März ungestraft verübten Emeute zurückzugehen; nur um Eins
müssen wir dringend bitten: strenge Untersuchung und Strafe der Missethäter
und Räuber des National- und unseres Eigenthums.
Wolle ein hohes Ministerium, gestärkt durch den neuen Kriegsminister, auf den
wir unser Hoffnung setzen, dessen Name aber allen Landesverräthern und
besonders denen Berlins, Schrecken (weil der Mann
Schreckenstein heißt!) und Furcht einflößen möchte, von jetzt an durch
kräftiges und energisches Verfahren unser Vertrauen rechtfertigen, Maßregeln
ergreifen, welche dem theuren Vaterlande Ruhe und Ordnung, worunter nur
Freiheit gedeihen kann, zurückgeben.
Das ganze Land fordert Genugthuung für die Vorgänge am 17. c., vollständige
Sicherung und Unabhängigkeit seiner Abgeordneten-Versammlung, was nur durch
schleunige Verlegung derselben nach einer andern Stadt erreicht werden kann.
Und wenn die Soldaten, unsere Brüder der Unterstützung bedürfen, wolle ein
hohes Ministerium uns nach Berlin berufen, um die Rebellen zu züchtigen; die
Berliner Landwehr aber, welche durch ihre Aufforderung die Pflichten des
Soldaten so sehr verletzt hat, in unsere Berge senden, um hier
Vaterlandsliebe und Treue zu erlernen.“
Kreis Hagen, den 19. Juni Z848
Die Krieger und Wehrmänner.
Da Herr Feiedrich Harckort mit seinem Antrage, die Vereinbarungsversammlung
nach einem andern Orte zu verlegen, gänzlich durchgefallen ist, machen seine
Herren Vettern den geistreichen Vorschlag, mit ihrem Anhange einen Kreuzzug
nach Berlin zur Züchtigung der Aufrührer zu unternehmen.
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@facs | 0118 |
Der provisorische Central-Ausschuß zu Frankfurt a. M. an die
demokratischen Vereine Deutschlands.
Der unterzeichnete von dem Demokraten-Kongreß zu Frankfurt a. M. gewählte
provisorische Central-Ausschuß hat die Funktion erhalten, bis zu der
definitiven Konstituirung des Central-Komité's zu Berlin theils die
Beziehung und Organisation der Vereine vorläufig zu vermitteln, theils bei
außerordentlichen Ereignissen den Kongreß sofort wieder zu berufen.
Der ersteren Aufgabe kommt derselbe zunächst durch Folgendes nach.
1) Die Vereine erhalten anliegend gedruckte Exemplare der Beschlüsse des
Kongresses, nebst Verzeichniß der Mitglieder, welche an demselben Theil
genommen haben und bei ihm vertreten waren. Dieselben werden aufgefordert,
sofort Vereins- und Volksversammlungen zu halten, die Beschlüsse vorzutragen
und zu allgemeiner klarer Einsicht zu erheben.
2) Nach Beschluß des Kongresses soll in Berlin ein Central-Komité bestehen,
welches unmittelbar durch eine Reihe von Kreis-Komité's mit allen Vereinen
in steter Verbindung stehen wird. Nach den gemachten Vorschlägen würden
Mannheim, Stuttgart, Bamberg, Wien, Berlin, Köln, Frankfurt, Marburg, Halle,
Leipzig, Breslau, Stettin, Königsberg, Hamburg, die geeignetsten Orte für
die Kreis-Komité's sein. Ist nun auch die definitive Organisation dem
Central-Komité in Berlin überlassen worden, so fordern wir die einzelnen
Kreise, in dem durch obiges Städteverzeichniß ungefähr bezeichneten Umfange,
auf, sofort Konferenzen aus allen Vereinen ihres Kreises zu berufen, einen
Kreisausschuß von etwa 3 bis 7 Männern an einem Hauptorte zu bilden, und
uns, oder dem Central-Komité in Berlin, wenn dasselbe bereits konstituirt
ist, sofort Anzeige zu machen. Die einzelnen Kreise müssen sich dann weiter
in Bezirke gliedern, und diese Bezirksausschüsse bilden, welche in nächster
Verbindindung mit den Kreisausschüssen stehen.
3) Die Kreisausschüsse haben dann unverzüglich dafür zu sorgen, daß ein
Verzeichniß der in ihren Kreisen bestehenden Bezirke und Vereine, so wie der
Mitgliederzahl der letzteren aufgestellt, und an das Central-Komité
eingesendet werde.
4) Alle Vereine haben dafür zu sorgen, daß sowohl das Wesen der
demokratischen Republik immer klarer von Allen begriffen und bei allen
Gelegenheiten für das Ganze Deutschlands und im Einzelnen als praktische
Forderung geltend gemacht, als auch zur Sicherung der Volkssouverainität
eine möglichst allgemeine Bewaffnung des Volkes eingeführt werde. Dieselben
werden insbesondere aufgefordert, überall und sofort die Beschlüsse des
demokratisch n Kongresses zu vollziehen und weiter zu führen, also
namentlich an die deutsche Nationalversammlung die Forderung der deutschen
demokratischen Republik, der Einberufung Heckers in
die Nationalversammlung, der Freigebung der wegen der badischen
Volkserhebung in Haft Gehaltenen und der Zurückberufung der Geflüchteten zu
stellen. Diese Forderungen müssen möglichst zahlreich unterschrieben, und
sonstige Aktenstücke den Kreis-Komité's und durch diese dem Central-Komité
abschriftlich und mit Angabe der Unterschriften mitgetheilt werden.
5) Die Ausschüsse und Vereine werden aufgefordert, mit allen Kräften auf die
Bildung von neuen Vereinen hinzuwirken, und möglichst schnell die Entstehung
von solchen, wie den Wachsthum der Mitgliederzahl und die Verhältnisse zu
dem sonstigen Publikum den Kreis-Ausschüssen, und diese dem Central-Komité
anzuzeigen.
6) Die demokratischen Vereine haben sich, wo dieses noch nicht geschehen sein
sollte, überall mit den Arbeiter- und Turnvereinen in innige Beziehung zu
setzen, und dieselben zur Einreihung in den Bund der demokratischen
Republikaner zu bestimmen.
7) Zu der öffentlichen Bekanntmachung der Verhältnisse der demokratischen
Vereine und der Aktenstücke sind die Neue Rheinische Zeitung, die Mannheimer
Abendzeitung, die Zeitungshalle in Berlin bestimmt worden. Außerdem ist
wünschenwerth, daß dieselben auch der Reform von Ruge und Oppenheim, so wie der
Oesterreichischen Zeitung mitgetheilt werden. Zugleich forden wir die
Vereine auf, mit allen ihnen zu Gebot stehenden Mitteln für die Verbreitung
unserer Ideen durch Aufsätze und Korrespondenzen in Zeitungen und
Wochenschriften zu wirken.
8) Die Vereine werden aufgefordert, die von den Abgeordneten bereits
gezeichneten, aber nicht gezahlten Beiträge für das Central-Komité bis auf
Weiteres schleunigst nach Frankfurt a. M. unter der Adresse:
An den Herrn Gustav Hörfel zu Frankfurt a. M.
einzusenden, so wie weitere Beiträge zu erheben und eben dahin zu
schicken
9) Die Adresse an den provisorischen Central-Ausschuß in Frankfurt a. M.
ist:
An den Abgeordneten der Nationalversammlung Mohr zu
Frankfurt am Main.
Die Adresse an das Central-Komité wird den Vereinen nach Konstituirung
desselben sofort mitgetheilt werden.
Frankfurt am Main, den 20. Juni 1848.
Der provisorische Central-Ausschuß der demokratischen Vereine in Frankfurt a.
M. Zitz. Bayrhoffer. Ronge. Metternich, Mohr.