[0085]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 20. Köln, Dienstag 20. Juni 1848.
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Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juli an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.
Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
Für Frankreich übernehmen Abonnements das Königliche Ober-Post-Amt in Aachen; für Belgien und Holland die Königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate : die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
@typecontents
@facs0085
Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Die Vereinbarungssitzung v. 17. Juni.) Dortmund. (Deutsche Einheit.) Berlin. (Ministerwechsel. ‒ v. Natzmer in Anklagezustand. ‒ Antrag Borchardt's. ‒ Andere Gerüchte über den Ministerwechsel. ‒ 34 amerikanische Schiffe unterwegs zur Befreiung der deutschen Häfen von der Blokade. ‒ Forderung der französischen Regierung. ‒ Blessons Erklärung.) Breslau. (Die Gegensätze in Schlesien.) Aus dem Großherzogthum Posen. (Präsidialrescript. ‒ Colomb's Abberufung.) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Wiesbaden. (Corruption.) Wien. (Arbeiterfrage.) Prag. (Stand der Dinge.) Schleswig-Holstein. (Friedensaussichten. ‒ Rückzug der Dänen.)
Ungarn. Pesth. (Militärrevolte.)
Französische Republik. Paris. (die Steuer von 45 Cts. auf dem Grundeigenthum. ‒ Kaution für die Presse projektirt. ‒ Bonapartistische Umtriebe. ‒ Die „république rouge“. ‒ Der „Faction des travailleurs“. ‒ Die Bourgeoisgarde“. ‒ Die „Tribune du peuple“. ‒ Der „Volcan“.)
Italien. Verona (die Piemontesen an der Etsch). ‒ Neapel (der König von Neapel und Karl Albert).
Großbritannien. London. (Parlamentsdebatten. ‒ Mehr Chartisten verhaftet. ‒ Tom Steele †. ‒ Olozaga flüchtet nach London. ‒ Handelsnachrichten.
Amtliche Nachrichten.
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@facs0085
Se. Maj. der König haben allergnädigst geruht :
Den bisherigen Kriegsminister, Generallieutenant Grafen v. Kanitz, auf sein Ansuchen in den Ruhestand zu versetzen und den Generallieutenant Freiherrn v. Schreckenstein zum Kriegsminister zu ernennen;
Dem Domänenrathe v. Hoevel in Dortmund den rothen Adler-Orden 3. Klasse mit der Schleife; so wie dem Glasermeister Euling in Sachsa, Regierungsbezirk Erfurt, dem evangelischen Schullehrer und Organisten Hilfe zu Seitendorf und dem katholischen Schullehrer Altmann zu Giersdorf, im Regierungsbezirk Liegnitz, das Allgemeine Ehrenzeichen; desgleichen
Dem Justizkommissarius und Notarius, Justizrath Franz Gelinek zu Breslau, den Charakter als geh. Justizrath zu verleihen.
Deutschland.
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Edition: [Friedrich Engels: Die Vereinbarungssitzung vom 17. Juni 1848. In: MEGA2 I/7. S. 138.]
[**]Köln, 19. Juni.
„Nichts gelernt und Nichts vergessen“ ‒
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[27]Dortmund, 17. Juni.
O einiges Deutschland! Du hast eine schöne Stadt verloren. An den Pfingstfeiertagen wurde von den Stationsgebäuden die schwarz-roth-goldene Fahne, die im Taumel der Freude durch Subscription angekauft worden, ganz sans façon ad acta gelegt, und dafür das Dortmunder Stadtwappen aufgehißt. Außerdem aber wehen noch drei Fahnen, eine sehr lange schwarz-weiße, eine weiße mit dem preußischen Wappen. Der gute Bürgermeister war sofort dankbar und zog die vom Rathhause wehende Tricolore ein. Wir steuern hier direkt auf den Urzustand los. Unser Beamten-Klub, der einen argen Lärm mit Händen und Füßen macht, wenn bei seinen Diskussionen auch nur das Wort Republik erwähnt wird, hat eine Adresse abgeschickt, daß die Nationalversammlung in Berlin verlegt werden soll. Wahrscheinlich ist die Nationalversammlung dankbar und kommt nach Dortmund. Die hiesigen Hohen, die auch dem Prinzen von Preußen anbieten wollten, hier zu residiren, fürchten blos die Nähe der Rheinländer, ‒ Der Zug, der vom Empfange des Prinzen in der Nacht zur Stadt zurückkehrte, machte einen Mordscandal mit Musik, Hurrah u. s. w., prügelte den Hund eines republikanisch gesinnten Kappenmachers etc. Den armen Dienstmädchen aber ist mit Androhung von Arrest durch Ausschellen verboten worden, am ersten Feiertage, wie dies hier gebräuchlich, im Zuge mit Gesang nach der Stadt zu kommen.
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@facs0085
[15] Berlin, 17. Juni.
In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung zeigte der Minister-Präsident an, daß die Minister v. Arnim, Schwerin und Caniz abgegangen und an die Stelle des letztern der General von Schreckenstein ernannt sei. Die beiden andern werden am künftigen Dienstag ihre Ernennung erhalten. Man bezeichnet hier den Präsident der Nat.-Vers. Milde und den Abgeordneten Rodbertus als Nachfolger von Schwerin und v. Arnim.
Seit der Erstürmung des Zeughauses ist hier nichts Erhebliches vorgefallen. Ein Infanterie-Hauptmann, v. Natzmer, welcher das Zeughaus mit einer Kompagnie Soldaten besetzt hatte, und ohne von seinen Waffen Gebrauch zu machen, abgezogen ist, soll vor das Kriegsgericht gestellt werden, worüber das Volk hier sehr aufgebracht ist.
Borchardt aus Köln stellte heute folgenden Antrag in der Nationalversammlung :
„Die hohe Versammlung wolle, in Betracht, daß nach den bestehenden Gesetzen, insbesondere nach dem Gesetze aus dem Monat April d. J., dem Militärstande das Associations- und Petitions-Recht gleich jedem andern Staatsbürger gebührt, durch einen sofort zu erlassenden Beschluß, dem Kriegsminister jede fernere Schmälerung des obenerwähnten Rechts des Militärstandes untersagen.“
Die Adreßdebatte hat noch immer nicht beginnen können, weil der Minister erst vor einigen Tagen der Adreß-Kommission einen weitläufigen Stoß mit Akten über die Vorgänge in Posen gegeben hat.
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@facs0085
Berlin, 15. Juni.
Nach einer uns zugehenden glaubwürdigen Mittheilung hat die französische Regierung an das diesseitige Gouvernement die Forderung gestellt, das gesammte Großherzogthum Posen mit Einschluß der abgegränzten deutschen Distrikte, im Interesse der Wiederherstellung eines selbstständigen polnischen Staates, freizugeben. Es soll von der Gewährung dieser Forderung die Erhaltung des Friedens zwischen Deutschland und Frankreich abhängig gemacht sein.
[(Rh.- u. M.-Z.)]
‒ Mit dem gestern (16.) Abends 8 Uhr hier eingetroffenen Eisenbahnzuge aus Hamburg wurde die Nachricht mitgebracht, daß in Hamburg ein amerikanisches Schiff kurz vor Abfahrt des Dampf-Zuges angekommen sei, welches berichtete : daß 34 amerikanische Schiffe nach Deutschland unterwegs wären, um die Blokade der deutschen Häfen aufzuheben.
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@facs0085
Berlin, 17. Juni.
Zur Würdigung der vom Major Blesson abgegebenen Erklärung:
[0086]
daß er keine Garantie für die Berliner Bürgerwehr übernehmen könne, und daß er nicht wisse, ob die bestellte Mannschaft erscheine, noch weniger, ob sie ihre Pflicht thun werde,
finden wir uns zu der Veröffentlichung veranlaßt:
daß am 14. d. M. die 59. Kompagnie sofort auf die ihr zugegangene Ordre um 7 Uhr Abends nach dem Zeughause ausgerückt ist, daselbst über anderthalb Stunden auf weitere Befehle gewartet und demnächst Seitens des Major Blesson nur die Ordre erhalten hat, in ihren Bezirk zurück zu rücken.
Diese Ordre hat die Kompagnie genöthigt, den Platz am Zeughause, zu dessen Vertheidigung sie nirgend verwendet worden, zu verlassen, nachdem dasselbe schon von verschiedenen anderen Kompagnieen geschehen war. In ihrem Bezirk hat hierauf die versammelte Kompagnie bis in die Nacht um 2 Uhr vergeblich auf weitere Befehle gewartet.
Berlin, den 17. Juni 1848.
Die 59. Kompagnie der Bürgerwehr.
‒ Nach der „D. Z.“ soll der bisherige Minister des Innern, Auerswald, an die Stelle des Grafen Schwerin treten, seinen Platz dagegen dem Herrn Pinder, Oberpräsidenten von Schlesien, abtreten. Für Arnim soll Usedom Minister der auswärtigen Angelegenheiten werden.
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@facs0086
Stettin, 16. Juni.
In den Katzenmusiken scheint ein kontagiöses Element zu sein; sie gehen wie die Cholera; sie kommen, nehmen überhand und verschwinden spurlos. Auch hier in Stettin sind sie aufgetaucht, und trotz des energischen Widerstandes, den die Bürgerwehr ihnen leistet, scheinen sie noch im Wachsen begriffen zu sein. Vor dem Büreau der „Königlich privilegirten Stettinischen Zeitung“ erscheinen sie seit einiger Zeit allabendlich; so auch gestern; von da zog die Menge nach dem Büreau der „Neuen Stettiner Zeitung“ und nach dem d. Bl., und brachten den beiden letzteren Serenaden, wunderliche Serenaden mit Posaunen! Man konnte, wenn man die Musik hörte, zweifelhaft sein, ob Serenade, ob Katzenmusik, wenn nicht die einmüthigen Hurrahs jeden Zweifel vernichtet hätten.
[(Osts.-Z.)]
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@facs0086
[103] Breslau, 12. Juni.
Schlesien befindet sich in einer schwierigeren, weil unglaublich verwickelteren Lage, als irgend ein anderer Theil Deutschlands, mit Ausnahme von Böhmen. Anderswo, wie in den Rheinlanden ist die Feudalität unter der französischen Herrschaft vollständig zertrümmert, oder sie hat sich wie in vielen Gegenden Nord- und Süddeutschlands in ihrer Reinheit erhalten. Bei uns dagegen lagern die verschiedenen Jahrhunderte des Mittelalters noch immer neben und über einander und in ihrer Mitte hat sich das moderne Leben die moderne Industrie umfangreich entwickelt. Bald haben wir's mit ungezählten Schaaren hohen und niederen Adels zu thun, die gleich verderblichen Heuschreckenschwärmen die Mühen des arbeitenden Volkes zu ihrem Vortheil vernichteten, bald stehen wir der Macht der großen Fabrikherrn und der Finanziers der hohen Bourgeoisie gegenüber. Nicht selten ist der feudale Grundherr, der sich auf seine Ahnen aus der Hunnenperiode stützt, und der moderne Industrie-Unternehmer, der das Volk im Namen der freien Konkurrenz ausbeutet, friedlich und gemüthlich in einer und derselben Person vereinigt.
Die Besitzer von Adelsprivilegien und die Kapitalisten denen die „freie Konkurrenz“ zum gewaltigen Monopol verhilft, sind sich über ihre Zwecke sehr klar. Sie bilden die Partei der Konservativen, die ihre Vorrechte möglichst ungeschmälert forterhalten wollen. Sie verfechten sie aus allen Kräften, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. Der neuen Bewegung stemmen sie sich als entschiedene Reaktionäre entgegen.
Auf der andern Seite drängt und stürmt die große Volksmasse mit ihren Forderungen heran. In diesen aber herrscht noch ein Wirrwarr der ganz den verschiedenen, oft völlig entgegengesetzten Verhältnissen und Lebenslagen entspricht, in welchen sich dieser oder jener Volkstheil bisher bewegte.
Im Shakespeare'schen Hexenkessel kann es nicht wunderlicher durch einander brodeln, als hier. Die Herren Reaktionäre rühren fleißig drin herum; sie glauben immer noch des Gebräues Meister zu werden. Sie kennen aber den Zauberspruch nicht oder wollen doch nichts von ihm wissen und so werden wir bald den Kessel übersprudeln, jene Herren aber verbrannt und versengt zu Boden liegen sehen. Dies Eine Resultat wenigstens kann nicht ausbleiben.
Wenden wir uns zuerst auf's platte Land. Da bestehen hier alle Feudallasten noch in voller Glorie; dort sind sie zum Theil, dort gänzlich, abgelöst, jedoch überall mit vielen Geldopfern, Abgabe von Aeckern und Uebernahme schwerer Renten, Seitens des Landvolks. Je nachdem das Eine oder Andere der Fall, ist auch der Haß und die Erbitterung gegen den Adel und die Rittergutsbesitzer überhaupt mehr oder minder groß. Die Zahl der Dörfer, wo alle und jede Feudallast durch Ablösung beseitigt worden, ist verhältnißmäßig gering. Gemeinsame Nahrung zieht aber der Volkshaß, die revolutionäre Stimmung der Landbewohner aus der bisherigen Patrimonialgerichtsbarkeit, der Polizeigewalt der Gutsherren, aus der ungerechten Steuervertheilung. Eine Menge Gutsherren tragen so gut wie gar nichts, oder doch im Verhältniß zu ihrer Einnahme unendlich wenig zu den Staatslasten bei.
Der „Bauer“ (Besitzer von mindestens 1/2 Hufe Landes, oft von 2, 3, 4 und mehr Hufen), würde zufriedengestellt sein, wenn die Feudallasten und andere gutsherrliche Vorrechte ohne Entschädigung aufhörten. Der „kleine Mann“ der nur einige Morgen Acker besitzt, verlangt schon mehr; verlangt, daß er noch so viel Acker bekomme, um mit seiner Familie sorgenfrei leben zu können. Der „Häusler“ ohne Acker verlangt also noch mehr. Nun kommt aber das ganze zahlreiche Proletariat des platten Landes: Inlieger, Hofeknechte etc. Die Leute sehen vor sich gewaltige Herrschaften, sehen in ihrer Nähe Majorats-, Standes- und andere Gutsherren, von denen Einer oft 40, 50 ja 100 Dörfer und Dominien nebst einer ungeheuren Fläche von Forst-, Wiese- und Ackerland besitzt. Wir wollen, rufen sie, so viel davon haben, daß wir endlich auch einmal als Menschen leben können. Dieses Proletariat ist gegen die „Bauern“ fast eben so erbittert, als gegen die „gnädigen“ Gutsherrschaften. Es will nun ebenfalls „Bauer“ werden, oder mindestens Freigärtner.
Zu diesem Widerstreit der Interessen gesellt sich an andern Orten, wo die moderne Baumwoll-, Leinen- und Eisenindustrie mit ihren Maschinen, wo ausgedehnter Bergbau betrieben wird, das ganz besondere Interesse des industriellen Proletariats. Soweit das industrielle Proletariat auf dem Lande existirt, wird es von den feudalen Lasten gedrückt und so zugleich im Namen der freien Konkurrenz und im Namen des Mittelalters exploitirt. Auch hier werden entgegengesetzte Forderungen laut: theils dringt man auf Abschaffung der Maschinen, theils auf Uebernahme derselben durch den Staat, theils ebenfalls auf Gewährung von Grund und Boden.
In den Städten spricht sich der Kleinbürger, der kleine Meister und mit ihm eine Anzahl Gesellen für Herstellung der alten Zünfte aus. Diesem reaktionären Verlangen gegenüber macht die Klasse der Kapitalisten die Nothwendigkeit und wohlthätigen Folgen der „freien Konkurrenz“ geltend.
Das städtische industrielle Proletariat ist das entschiedenste und aufgeklärteste. Es weist die Einen wie die Andern mit ihren Anpreisungen ab und fordert eine Umgestaltung seiner Stellung, welche nicht raktionär, sondern progressiv ist. Zwischen Stadt und Land fand außerdem bisher eine Trennung statt, die namentlich durch völlige Verschiedenheit der Gemeindeverfassung, mehr aber noch dadurch bedingt wurde, daß die städtischen Kommunen im Besitz von Kämmereigütern, Dominien und Vorwerken, zum Landbewohner im Verhältniß des gehaßten mittelalterlichen Gutsherren standen. Daher kommt es auch zum Theil, daß Magistrate und Stadtverordnete sich in Bezug auf Abschaffung der Feudallasten meist reaktionär verhalten. In den Dörfern entschied der Gutsherr; er ernannte die Schulzen und die Gerichtsleute. Ihm und dem Landrath (ebenfalls Gutsbesitzer) war die Dorfgemeinde in jeder Hinsicht preisgegeben. Die Stadt verwaltet sich wenigstens theilweise durch selbstgewählte Vertreter und Beamte. Die Städte waren somit bevorrechtet vor dem platten Lande.
Ferner wohnten ja gerade in jenen ein Theil der Leute, gegen welche das Landvolk mit am höchsten aufgebracht ist: die Juristen und Advokaten (Patrimonialrichter) und die Ablösungskommissionen. Auch die meisten Gutsherren besitzen Häuser in der Stadt und halten sich daselbst oft den größten Theil des Jahres auf und das Steueramt ist ebenfalls dort. Das Alles trug dazu bei, daß das Landvolk mit zornigem Auge auf die Städte blickte, wo seiner Ansicht nach „Müssiggänger“ schwelgten, wo ein Theil seiner Bedrücker in Karrossen einherfuhr und sich's von den Steuern und Abgaben der Landleute wohl sein ließ.
Daß die Städte es gewesen, von welchen die Revolution und damit der Anfang zu einer bessern Umgestaltung, der Dinge gemacht worden, das hat jene Spannung zwischen Stadt und Land bedeutend vermindert, aber noch nicht völlig aufgehoben; denn grade hier haben die Reaktionäre mit den ehrlosesten Mitteln fortwährend geschürt um nicht nur die frühere Trennung zu erhalten, sondern auch den alten Haß noch mehr zu entflammen. Zu diesen mannichfaltigen Gegensätzen kommen nun noch die Stamm- und Sprachverschiedenheiten, die Sonderung in Deutsche und Wasser-Polacken und bei dem nicht geringen unaufgeklärten und fanatischen Theile der Bevölkerung die Verschiedenheit der Religions-Bekenntnisse. Das Alles wird von den Reaktionären bestens benutzt. Doch kann ihnen keine Anstrengung zu ihrem Ziele verhelfen. Sie bewirken lediglich, daß der Ausbruch viel blutiger und heftiger wird und daß der herannahende Sturm sie selbst in erster Reihe zu Boden wirft und für immer hinwegfegt.
Die Russen sind es, die durch ihren Einmarsch den Sturm zum Ausbruch bringen werden. Sie werden in das unentwirrbare Durcheinander unsrer zahllosen Stände und Klassen Ordnung bringen; sie werden alle unterdrückten Klassen der Städte wie des Landes zur Vereinigung, zur Abwehr des gemeinsammen Feindes, zum Sturz der Reaktion zwingen. Schlesien wird bei einem russischen Einfall furchtbar leiden, aber Schlesien selbst hat zu seiner Reinigung von feudalem Unrath, zur Vereinfachung der Klassen- und Parteistellungen die russische Invasion wirklich nöthig.
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@facs0086
Aus dem Großh. Posen.
Es ist nothwendig, das Verhalten aller Derjenigen genau zu überwachen, welche sich bei den neuesten Ereignissen betheiligt haben.
Zu diesem Behufe bestimme ich Folgendes:
1) Alle Individuen, welche ihre Theilnahme an den jüngsten Ereignissen, sei es durch thätiges Eingreifen oder durch Förderung und Unterstützung des Aufstandes an den Tag gelegt haben, werden unter polizeiliche Aufsicht gestellt und zwar der Art,
daß Diejenigen, welche zu den höhern Ständen gehören, ohne besondere schriftliche Erlaubniß der Landräthe ihren jetzigen Wohn- und resp. Aufenthaltsort, Diejenigen aber, welche zu den niedern Ständen gehören, ohne eine solche Erlaubniß den Kreis nicht verlassen dürfen.
In der zu ertheilenden Erlaubniß ist der Zweck der Reise, der Ort, wohin dieselbe gerichtet ist, und die Dauer derselben deutlich und bestimmt auszudrücken.
Reisen nach Posen dürfen die Herren Landräthe nur dann gestatten, wenn das hiesige königliche Polizei-Direktorium seine Zustimmung hierzu ertheilt hat.
Zu Reisen außerhalb des Regierungsbezirks ist die Erlaubniß der königl. Regierung einzuholen.
2) Vorstehende Bestimmungen sind zur Kenntniß der Betheiligten mit dem Bemerken zu bringen, daß Kontraventionen gegen dieselben sofortige Verhaftung zur Folge haben würden.
3) Die Herren Landräthe haben ein Verzeichniß der in ihrem Kreise wohnenden Gutsbesitzer und Geistlichen, welche zu den sub 1 bezeichneten Individuen zu rechnen sind, anzulegen und Abschrift desselben mir einzureichen.
Es sind diese Personen vorzugsweise zu überwachen, und es ist mir über das Verhalten derselben von 4 zu 4 Wochen Bericht zu erstatten, wenn nicht besondere Wahrnehmungen zu einer sofortigen Anzeige veranlassen sollten.
Posen, den 25. Mai 1848.
Der Oberpräsident des Großherzogthums Posen,
(gez.) v. Beurmann.
An die sämmtliche Herren Landräthe der Provinz und das hiesige königliche Polizei-Direktorium.
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@facs0086
Posen, 14. Juni.
Alle Deutschen in unserer Stadt sind heute in der größten Bestürzung, weil gestern Abend die offizielle Nachricht hier eingegangen ist, daß unser kommandirender General Colomb plötzlich von hier abberufen und als Gouverneur nach Königsberg in Preußen versetzt worden ist. Da es hier nicht bekannt geworden, daß General Colomb eine Versetzung selbst nachgesucht, so ist Jedermann geneigt, dieselbe mit der Polenfrage in Verbindung, und mit der unfreiwilligen Versetzung des Chefs des Generalstabes Hrn. Olberg, in Zusammenhang zu bringen.
[(O.-P.-A.-Z.)]
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@typejArticle
@facs0086
Wiesbaden, 17. Juni.
Das geheime Protokoll des Bundestages beginnt seine Früchte zu tragen. Der Vorschlag des hessischen Gesandten zielte darauf hin, die Nationalversammlung im Interesse der Fürsten gegen die Nation zu gebrauchen, und deshalb Mitglieder der Versammlung zu gewinnen. ‒ Baiern hat die Sache begriffen, und darnach gehandelt. Es zahlt an Eisenmann eine Entschädigung von 12,000 fl. und an Behr eine Pension; damit glaubt es diese Männer gewonnen zu haben.
Beabsichtigte die Regierung von Baiern nicht, auf das Parlament einzuwirken, so war es ebensowohl eine Entschädigung an Wirth, Siebenpfeiffer's Erben etc. schuldig. ‒ Aber nein! es giebt sie nur denen, die im Parlament sitzen und macht sich dadurch selbst verdächtig; es verdächtigt aber auch diese Männer, deren Entschädigungsansprüche wohl begründet sind. Die diesen gewährte Ausnahme und die Art der Zahlung lassen den Akt der Gerechtigkeit nur als einen Gnadenakt oder als einen Bestechungsversuch ansehen.
[(F. Z.)]
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@typejArticle
@facs0086
[*] Frankfurt. Sitzung der Nationalversammlung von 17. Juni.
Eröffnung der Sitzung um halb eilf Uhr.
Der Präsident gibt in Betreff der gestern ausgeschriebenen Sitzung das Wort an:
Wesendonk: In der Sitzung vom vergangenen Mittwoch sei bestimmt worden, wie auch in dem Protokoll feststehe, daß gestern und nicht heute eine Sitzung Statt finden sollte, es lag also ein förmlicher Beschluß vor. ‒ Statt dessen sei gestern ein Cirkular des Präsidenten erschienen, worin gesagt ist, daß die Sitzung ausfallen müsse, weil die erwarteten Berichte nicht eingegangen seien. Es frage sich jetzt, wem es zustehe zu bestimmen, wann die Sitzung sein solle, der Versammlung oder dem Präsidenten?
Die Geschäftsordnung bestimme darüber nichts, dem Präsidenten liege es nur ob, die Tagesordnung jeder Sitzung zu bestimmen.
So viel er erfahren, habe der Präsident nicht allein, sondern die Versammlung zu bestimmen, wann Sitzung angesagt werden solle. Er sei weit entfernt annehmen zu wollen, daß aus irgend einem andern Grunde die Sitzung nicht gehalten worden, als wie es im Circular erwähnt ‒ (oh! oh!) es seien ihm aber doch Aeußerungen zu Ohren gekommen, die etwas Anderes schließen laßen könnten ‒ (Oh ‒ Oh ‒ Mißfallen) es handle sich aber jedenfalls darum, für die Folge eine bestimmte Form festzusetzen, und sie seien nicht hieher gesandt worden um zu feiern, sondern zu arbeiten! (Lautes Bravo der Gallerie.)
Nachdem sie vier Feiertage gehabt, hätten sie erst einen Tag gearbeitet, wenn also gestern nicht Kommissionsberichte vorgelegen hatden, um zu verhandeln, so würde die Versammlung vielleicht dennoch eben einen oder anderen Gegenstand zur Verhandlung aufgefunden haben, heute seien sie ja schon in demselben Falle, weil nicht einmal gedruckte Kommissionsberichte vorlägen. ‒ Für die Folge sei also eine bestimmte Entscheidung nöthig, desfalls trage er darauf an:
Daß ihre Sitzungen ausschließlich Sonn- und Feiertags und wo die Versammlung selbst es anders bestimme, unausgesetzt stattfänden.
Seine Absicht sei nicht, einen Tadel auszusprechen, er könne aber dem Präsidenten die Befugniß nicht einräumen, Sitzungen auszusetzen. Die Consequenzen müsse man ins Auge fassen, habe er dieses Recht, so könne er nicht allein einen Tag, sondern acht Tage und zwei Wochen lang die Sitzung aufheben, man würde ihm in diesem Falle eine discretionaire Gewalt geben, das dürfte nicht sein, die Versammlung müsse also die Sitzungstage selbst bestimmen.
Präsident: Ich bin nicht zweifelhaft gewesen, daß dem Vorsitzenden das Recht zustehen müsse, die Sitzung anzuberaumen oder nicht; er habe in letzter Sitzung bei Feststellung der Tagesordnung ausdrücklich gesagt, in der Voraussetzung, daß die Berichte bis dahin fertig, beraume ich die nächste Sitzung auf Freitag. Er sei vorgestern bei allen Ausschüssen und Vorständen gewesen, und es habe nichts vorgelegen um etwas zu verhandeln, und so habe er es nicht für gut befunden, eine Versammlung anzuberaumen, weil nichts auf der Tagesordnung gestanden, er versichere übrigens, daß kein anderer Grund vorhanden sei. ‒
Jordan Dr.: Es könne das Recht des Vorsitzenden in dem Falle, wo ein Gegenstand der Berathung nicht vorliege, die Sitzung aussetzen zu dürfen, nicht zweifelhaft sein. ‒
Es müsse aber von moralischer Seite die Frage aufgefaßt werden und da könne er es nicht billigen, daß man einen Tag nach dem andern vorüber gehen lasse, ohne zu handeln; kaum seien die Kalenderfeiertage vorüber, so kämen auch noch andere Feiertage. Er fährt fort:
Wir stehen noch müßig und sehen zu, wie die Feuersbrunst der Revolution um sich greift, und die Ereignisse sich wie Lawinen anhäufen. ‒ Im Süden Europas berichte man die feierliche Enthauptung eines Königs und wir sitzen hier und feiern und sprechen, was gehen uns diese Dinge, was gehen uns die Türken etc. an. (Bravo der Gallerie).
Jordan: Wo fremde Flotten deutsche Häfen bombardiren, sitzen wir hier und halten Feiertag. Wo in Prag der Slavenkongreß den deutschen Landen Abfall und Beeinträchtigung droht, sitzen wir abermals hier, sprechen, das geht uns nichts an und halten Feiertage. In Berlin sei auch schon wieder Blut geflossen, kaum daß sich die Uniform eines Generals ‒ gezeigt habe, und noch immer hielten wir Feiertage.
Präsident: Verweist den Redner, weil er lange genug eine Mißachtung gegen die gesammte Versammlung ausgesprochen.
(Siehe den Verfolg auf der vierten Seite.)
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@facs0086
Lübeck, 15. Juni.
Das Dampfboot „Malmö“ hat leider noch nicht die Bestätigung des Gerüchts, daß ein Waffenstillstand abgeschlossen sei, gebracht. Briefliche Nachrichten, die mit gedachtem Boote von Kopenhagen eingegangen sind, lauten übrigens sehr friedlich, so daß man doch wohl hoffen kann, daß die nächste Woche uns die Nachricht von einem abgeschlossenen Waffenstillstande bringt. Auch erfährt man aus Malmö selbst, daß die weitere Einschiffung der Schweden fistirt worden ist; als Grund dieser Maßregel vermuthet man die in Schweden allgemein werdende Abneigung gegen den Krieg. Ein Theil der schwedischen Flotte, bestehend aus einigen Fregatten, Briggs, Schoonern und Dampfböten, lag auf der Rhede von Malmö. ‒ Als Gerücht wird von Kopenhagen noch gemeldet, daß die russische Flotten-Abtheilung ansehnliche Landungstruppen, man schreibt von 11,000 Mann (?) am Bord habe. ‒ Die Kopenhagener Blätter vom 13. bringen keine neue Nachrichten von Erheblichkeit. General Bülau war mit vier Bataillonen von Alsen nach Jütland übergeführt worden.
[(B.-H.)]
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@facs0086
Flensburg, 13. Juni.
Das früher erwähnte Gefecht am ersten Pfingsttage zwischen Hadersleben und Christiansfeld hat sich nur auf die Vorposten beschränkt, die einige Kugeln gewechselt haben. Von unserer Seite sind es hauptsächlich die Bracklow'schen Scharfschützen gewesen. ‒ Hadersleben ist denselben Tag noch von dem deutschen Militär wieder geräumt und bald dararf von den Dänen besetzt worden.
[(R. T.)]
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@typejArticle
@facs0086
Apenrade, 12. Juni.
Nachdem die Kanonenböte seit einigen Tagen den hiesigen Hafen verlassen hatten, fing man an, in der Stadt etwas freier aufzuathmen. Gestern Nachmittag kehrten sie aber wieder, begleitet von einem Dampfschiffe, und legten sich wie gewöhnlich an der Chaussee hin. Letzteres entfernte sich gegen Abend und heute ist nur noch ein Boot sichtbar, etwa in der Mite des Fjords vor Anker liegend. ‒ Nördlich von uns stehen jetzt die schleswig-holsteinischen Truppen, an deren fortwährenden Bewegungen nun auch das bei uns einquartirte v. d. Tann'sche Corps (mit dem sich das Aldossersche hier gestern Morgen vereinigt hat), Theil nimmt. Südlich von uns stehen preußische Truppen, deren Vorposten sich der Stadt bis auf 1/8 Meile genähert haben und ihre Patrouillen auch durch die Stadt schicken. Gestern (11.) Morgens um 6 Uhr erschienen plötzlich circa 100 Mann vom Alexanderregiment, deren Anführer von unsern Anhöhen bemerkt haben wollte, daß der Schiffsbaumeister Andersen mit den dänischen Bòten signalisire. Letzterer mußte nun sofort seine dänische Flagge ausliefern, wurde nebst einigen andern dänischgesinnten Bürgern nach dem Marktplatz beschieden und nun mußten sie am ersten Pfingstfesttage eine erbauliche Straf- und Bußpredigt vom preußischen Hauptmann anhörenr Als Andersen zu seiner Entschuldigung das Wort nrhmen wollte, brachte ihn energisches „schweig Verräther!“ zum Stillschweigen, und damit, wie mit der Drohung im Wiederholungsfalle fortgeführt zu werden, wurde er denn für diesmal entlassen. Die Preußen zogen mit der dänischen Flagge ab, welche noch vom Kanonenboot ‒ nicht wissend, in wessen Händen sie sei ‒ durch einen Kanonenschuß salutirt wurde. Ihr Führer hätte den mehrgedachten Andersen ohne Weiteres mitgenommen; da indessen der dänische Befehlshaber der Kriegsschiffe, Steen Bille, sein Wort gegeben, keinen hiesigen Einwohner mehr wegschleppen, auch die Stadt nicht bombardiren lassen zu wollen, so ist vermuthlich darauf Rücksicht genommen worden.
[(S. H. Z.)]
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@facs0086
[7] Prag.
Nach den letzten Nachrichten über Dresden halten sich die Insurgenten, mit den Studenten und den Swornost an der Spitze, noch in vier engen Straßen um das Universitätsgebäude, wo ihre Barikaden von den Soldaten belagert, aber nicht beschossen werden. Die Thore sind von Soldaten und deutsch-böhmischen Nationalgarden besetzt. Die Stellung des Militärs ist jedoch noch immer nicht die günstigste, da die Czechische Partei jeden Augenblick im Rücken der Soldaten den Kampf wieder beginnen kann. Die Verbindung über die Moldau mit den Kleinseiten ist unterbrochen; die Kleinseite soll in den Händen der Bauern und Fabrikarbeiter sein. Die czechischen Führer benahmen sich im höchsten Grade feig; Franz Thun floh, Leo Thun mußte von seiner eignen Partei gefangen gehalten werden, die provisorische Regierung war verschwunden und erschien nur wieder um sich aufzulösen.
[*] Oesterreichische Blätter melden, daß die Piemontesen die Höhen von Rivoli genommen haben, und hart am rechten Etschufer stehen; die Tiroler Straße, welche hart am linken Ufer vorbeiführt, ist nur 300 Schritte entfernt, und kann mit leichter Mühe beschossen werden. Die Einnahme des wehrlosen Vicenza hat also den Oestreichern wenig Vortheil gebracht, da sie für die Verbindung nur den Umweg über Bassano frei haben.
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@typejArticle
@facs0086
Wien, im Juni.
Der provisorische Ausschuß der Bürger-Nationalgarde und Studenten ist eifrig bemüht die Sicherheit und Ruhe der Hauptstadt zu erhalten und die Hauptaufgabe, den Arbeitern Beschäftigung und Erwerb zu geben, nach Möglichkeit zu erfüllen. Bereits übee 14,000 Arbeiter sind dermalen mit Arbeit versorgt worden, allein die Zahl derselben dürfte nicht so leicht erschöpft werden, wenn man nicht kräftige Vorkehrungen trifft, den fortwährenden Zufluß solcher Individuen vom Lande her und aus den Nachbarprovinzen hintanzuhalten. Früher zählte man in Wien kaum 8-9000 solcher Arbeiter und nun gibt es deren hier über 15,000! Die Zahl derselben könnte aber bald noch weit größer werden. Bei dem Umstande, daß hier jeder Arbeiter 25 fr., jedes Weib 20 fr. und jedes Kind bis 15 fr. täglich bekommt, werden sich viele Arbeiterfamilien, die sonst eine Profession betrieben und in Werkstätten oder Fabriken beschäftigt waren, angelockt [0087] fühlen dies zu verlassen und mit Weib und Kindern die bequemere Erdschaufel zu ergreifen.
[(J. d. Oest. L.)]
Ungarn.
@xml:id#ar020_017
@typejArticle
@facs0087
Pesth, 12. Juni.
Eine schreckliche Militär-Revolte fand in der verflossenen Nacht in der großen Invaliden-Kaserne Statt. Schon längst ist es der Camarilla ein Dorn im Auge, daß die Ungarn und die Italiener so sehr sympathisiren, und sie suchte schon seit mehreren Wochen einen blutigen Zusammenstoß zwischen den Bürgern und gerade den italienischen Soldaten des hier garnisonirden Regiments Ceccopieri, bei welchem die Offiziere meist eingefleischte Illirer sind, herbeizuführen. Diese Offiziere hetzten die Italiener gegen die Freiwilligen der mobilen Nationalgarde auf, welche bisher noch keine Waffen haben, aber zum Theil mit den Italienern in der genannten Kaserne wohnen. Einmal kam es schon zu einem einzelnen bluigen Handeln welches einen Volksauflauf veranlaßte, der aber ohne weitere Folgen ablief, Gestern sollte es nun aber losgehen. Ein italienischer Soldat fing mit einem. Freiwilligen Händel an, stach zwei dazugekommene Freiwillige durch den Arm, und als er verhaftet in die Invalidenkaserne eingebracht ward, stürzten die Italiener über die Freiwilligen her und feuerten sogar aus den Fenstern auf dieselben. Dies geschah gegen 9 Uhr Abends. Auf den Lärm sammelte sich bald vieles Volk, die Sturmglocken wurden gegen 10 Uhr gezogen, die Trommeln allamirte die Nationalgarde. Aber die Thore der Kaserne waren gesperrt, im Innern dauerte der Kampf fort und die niederträchtigen Italiener feuerten sogar aus den Fenstern auf die wehrlose Volksmasse, welche vor der Kaserne zusammenströmte und vor Entsetzen wüthete. Unterdessen wurde der größte Theil des italienischen Regiments Ceccopieri, welches in den Ofener Kasernen lag entwaffnet. Die ungarischen Regimenter Wasa und Turßky rückten aus der Festung mit Kanonen gegen die Invalidenkaserne. Von dem Hauptthore derselben stürzten ein Adjutant und 2 Mann todt nieder, von Kugeln durchbohrt, welche aus den Fenstern fielen. Das Thor war bald geöffnet und das ungarische Militär wurde Meister der ganzen Kaserne. Der Kriegsminister, L. Meßaros, wäre dabei beinah von 2 Kugeln getroffen worden. Die Untersuchung nahm sofort ihren Anfang; die Hälfte der Italiener ergab sich augenblicklich, 2 Kompagnien wollen aber bis jetzt (10 Uhr Morgens) die Waffen nicht abgeben, was sie aber thun müssen, wenn sie nicht über den Haufen geschossen werden wollen. Die Nationalgarde war auf verschiedenen Plätzen aufgestellt, die angränzenden Straßen waren erleuchtet, das wüthende Volk wollte Barrikaden gegen die Invalidenkaserne aufführen, einige itaiienische Soldaten, welche ihm zufällig in die Hände geriethen, wurden gräßlich zugerichtet. Gegen 1 Uhr in der Nacht waren indeß alle Straßen geräumt und das Militär wachte über die Ruhe der so aufgeregten Stadt. Das Unglück ist zufälligerweise nicht so groß, als es hätte werden können. Im Innern der Kaserne war es finster und die Flintenschüsse trafen daher selten. Doch liegen 20 Freiwillige schwer verwunde darnieder, unter denen drei bereits den Geist aufgegeben haben sollen. Auch an zwei Mauerecken der Heerenstraße sah man heute früh viel Blut. Die Invaliden-Kaserne ist gegenwärtig von Militär umringt und Kanonen vor derselben aufgefahren. Auch die Nationalgarde rückt aus. Es cirkulirt ein Gerücht, nach welchem das Ministerium gestern Nacht von einer hochgestellten Person in Wien die Anzeige erhalten, daß es noch an demselben Tage losgehen werde. Einige versichern sogar, daß man bereits einem Komplott auf der Spur sei, dessen Fäden sich bis zur Camarilla nach Innsbruck ziehen. Wir wissen nicht, ob etwas Wahres daran ist. Aber darin konzentrirt sich die allgemeine Ueberzeugung, daß die reaktionäre Camarilla schon seit Wochen das italienische Regiment Ceccopieri durch die illirischen Offiziere bearbeiten läßt. Diese Italiener wollten, von den Offizieren verleitet, anfangs auf die ungarische Verfassung nicht schwören. Mehrere Gemeine vom Regiment haben im Radilkalkör auf's Feierlichste betheuert, daß die Offiziere es immerfort aufzuwiegeln suchen.
[(Bresl. Z.)]
Italien.
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@facs0087
Neapel, 5. Juni.
Es bestätigt sich, daß in Folge der königlichen Schreckensherrschaft die Provinzen eine Absperrung der Hauptstadt beginnen. In Oberitalien erklären sich die neapolitanischen Truppen für unmittelbaren Anschluß an Karl Albert. Römische Blätter melden als verbürgte Nachricht: „Cosenza hat eine Provinzialversammlung von Deputirten zur Bildung einer festen provisorischen Regierung berufen; in Basilicat besteht bereits eine solche, und man gießt Glocken in Kanonen um, während 12,000 Bewaffnete nach Calabrien gegangen sind. Am 2. Juni kam in Neapel ein Courier von Karl Albert an, der schleunige Bezahlung der Ausgaben für die neapolitanischen Freiwilligen und Truppen in der Lombardei und neuen Truppenzuzug der Neapolitaner verlangte, sonst würde der Sardinierkönig, wenn er ohne neapolitanische Beihülfe Italien befreit hätte, vor den Thoren Neapels erscheinen; Pepe endlich hat dem König von Neapel sagen lassen, wenn er nicht zum Kriege beitrage, werde er sicherlich durch Karl Albert vom Throne gestürzt werden.
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@facs0087
Mailand, 14. Juni.
Man erwartet nächstens einen Angriff der Piemontesen auf Verona.
[(Z. Z.)]
Französische Republik.
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@facs0087
[15] Paris, 17. Juni.
Die Zulagesteuer von 15 Ctms. auf das Grundeigenthum war eine der unklügsten Maßregeln. Es ist bekannt, daß die Bauern in der ersten französischen Revolution die einzigen waren, deren materielle Interessen unmittelbar gehoben wurden. Und dennoch waren sie die ersten, die Widerstand leisteten, sobald die Gesetze des Maximums, die Zwangsgesetze über den Verkauf der Ackerbauprodukte u. dgl., Gesetze, welche damals die Rettung der Republik gebot, diesen undankbaren und kleinlichegoistischen Söhnen derselben einige Opfer auferlegten. Schon hieraus können Sie schließen, welche Wirkung die Zulagesteuer von 45 Ctms. in den Provinzen auf dem Lande hervorrufen mußte. Diese Steuer ist der Schlüssel der bonapartistischen und legitimistischen Bewegung auf dem Lande und drei Viertel von Frankreich ist Land.
Die Auferlegung dieser Steuer ist aber an und für sich, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ein Fehlgriff. Die 45 Ctms. sollen auf das Grundeigenthum fallen. Unser Bauer ist aber nur nomineller Grundeigenthümer. In der Wirklichkeit fließt die Grundrente in die Tasche der Hypothekenbesitzer, der Getraidehändler, der Wucherer, der Hussiers, der Advokaten und der Notare. Der Bauer selbst erhält keinen angemessenen Arbeitslohn, viel weniger Profit und Grundrente. Er befindet sich trotz seines Eigenthumstitels meist in der Lage des irischen Sklaven. Es fehlte der Regierung der Muth, die wirklichen, nicht nominellen Besitzer der Grundrente zu belasten und so hat sie die ackerbauende Bevölkerung, die zudem keine andere Richtschnur als ihr unmittelbar materielles Interesse kennt, der Republik entfremdet. Die Folge davon war nicht nur die Wahl Louis Bonapartes in den Departementen. Gefährlichere Syptome zeigten sich schon in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung. Pierre Lerroux bestieg die Tribüne, um der Versammlung anzuzeigen, daß er so eben Privatbriefe aus dem Creuze-Departement erhalten, welche ihm anzeigen, daß in Gueret Bürgerwehr und Landbewohner wegen Zahlung der 45 Centimensteuer in fürchterlichem Kampfe gegen einander ausgebrochen seien und bereits Bruderblut geflossen sei.
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@facs0087
[12] Paris, 17. Juni.
Die reaktionäre Regierung Frankreichs ha das merkwürdige Talent, es nach und nach mit allen Parteien zu verderben. Die mächtigste Partei, an welcher sie sich jetzt vergreift, ist die der ganzen Presse, und man weiß, daß die Journalisten in Frankreich nicht mit sich spassen lassen. Ein Journal in der Provinz wurde von dem Unterkommissär des Departements aufgefordert, Kaution zu stellen, widrigenfalls es nach den „noch in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden sollte.“ Nun sind aber nach der Februar-Revolution eine Menge Blätter entstanden, die alle keine Kaution zahlten. Der Volksrepräsentant Boulay forderte daher den Justizminister auf, sich über die Absichten der Regierung zu erklären. Der Erklärung dieses Ministers gemäß, beabsichtigt die Regierung den „normalen Zustand“ der Presse wieder herbeizuführen. Um allen Meinungen ihren freien Manifestationen während der Wahlen zu lassen, habe man bisheran keine Kaution gefordert. Doch jetzt beschäftige man sich damit, ein Gesetz auszuarbeiten, das die gemilderte Ausgabe der früheren Gesetze über die Presse sei, um dem Staate bei Preßvergehen eine Garantie in Händen zu geben. Der Gerant des Courrier fr. hat bereits energisch protestirt. Nach dem 24. Februar war die Kaution faktisch abgeschafft, und wenn die alten Journale ihre Kaution nicht zurückgezogen, so geschah es blos, um den Schatz nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Die Wiedereinführung der Kaution wäre ein neuer Sieg der großen Kapitalisten.
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@facs0087
[15]Paris, 16. Juni.
Die Bauern der 4 Departements Seine, Sarthe, Yonne und Charente inférieure haben Louis Napoleon zum Volksrepräsentanten erkoren, nachdem seine Agenten ihnen versichert, der sauveur werde ohne Weitres die lästigen 45 Centimes die seit Februar von jedem Franken Abgabe mehr erhoben werden, streichen und vielleicht das bereits Gezahlte ihnen ersetzen. Die 30000 Bauern des pariser Weichbildes sind auf's höchste für den „jungen Heros“ begeistert, sie die vor 3 Wochen nur ganz dunkel von seiner Existenz etwas gewußt, haben erklärt sie würden die Waffen ergreifen, wofern die Rationalassemblee den Antrag der Regierungskommission, seine Wahl zu vernichten durchließe. Allenthalben kann man jetzt des Prätendenten Bildnisse und Biographien zu kaufen, ja geschenkt bekommen; hier und da flogen sie aus Fenstern und Kabriolets auf die erstaunden Köpfe der Pariser. Leider ist es erwiesen daß selbst nicht bestochene Ouvriers mit Chorus machten, gradehin es aussprachen: eine Bourgeoisie- und Boutiquierrepublik gewähre dem Volk noch weniger Aussichten als eine pupuläre Diktatur. Soweit geht bereits das Verzweifeln, daß die Chefs der Nationalwerkstätten und die Delegirten der ehemaligen Kommission des Luxemburg ihm durch folgende Affiche entgegentreten mußten: „An alle Arbeiter! Wir, Eure Freunde und Brüder, wir die mit Euch auf den glorreichen Barrikaden fochten und einen das Volk drückenden Thron abermals zerschmettern halfen, beschwören Euch der Vernunft und der Ehre Gehör zu geben. Leihet nicht Euren tapfern Arm den Ränkeschieden die wieder einen Thron und eine Krone verfertigen wollen; das französische Volk ist über solches gefährliche Spielzeug jetzt hinaus. Arbeiter! gedenkt der großen Leiden während 18 Jahren, und unsrer großen That im Februar; gedenkt der Hoffnungen die unsre Kinder auf uns setzen, vergeßt nicht daß das Auge Europas uns französische Arbeiter erwartungsvoll beobachtet. Brüder! Kein französischer Bürger darf einen andern Titel als den eines Bürgers beanspruchen, weiset also jeder Anmaßung den Weg. Es lebe die Republik.“ gez: P. Viucard Präsid., Blum Vicepräsid., Jullien, Lefour, Sekretäre von der Luxemburger Arbeitskommission, Bacon Präsid., Gaulin Sekretär, Ardillon, Petit-Bonnard Lieutenants von den Nationalwerkstätten. Und der energische Sibert, Brigadier der letztern, erließ folgenden Anschlag: „An alle Arbeiter im Namen Aller! Brüder, erwacht, Ihr die Ihr Euch betäubt oder betäuben lassen, erwacht und ergreift das Schild der Ehre welches eine niederträchtige Bande Euch entwinden will. Es ist hohe Zeit, eine grausige Schlinge wird uns Allen gestellt, man schleicht im Dunkeln, man drückt uns Gold in die arbeitslosen Hände, man giebt uns Wein zu trinken, um unsern Rausch auszubeuten. Ha, die Verruchten! sie wähnen, mit Wein und Gold könnten sie eine demokratische sociale Revolution zu Falle bringen! Brüder, seid wachsam, es geht um das Heil des Volkes; wenn wir uns diesmal wieder betrügen lassen, dann wehe uns, dann sind wir werth des ärgsten Fluches. Darum auf und stoßt weit, weit von Euch die Versucher! Es lebe die demokratische sociale Republik!“ Die Epoque ein kleines ironisches Blättchen die als Affische erscheint, ruft: „Der große Prinz aus dem Abendland naht! geschwind einen Thron und Champagner her, insonderheit Champagner wie in Strasbourg und Boulogne.“
Der Gamin de Paris sagt: „Franzosen, Arbeiter, Ihr deren Schweiß den Boden düngt aus dem die Staatsernte emporwächst zu Nutz und Frommen der Bourgeoisie, Ihr deren Blut und Thränen die große Maschine netzt die den s. g. Nationalreichthum producirt, Ihr deren Mütter und Töchter, Schwestern und Frauen von den Seigneurs des Mammon gemiethet und gekauft werden, Ihr die Ihr seit 1789 den Erdball erschüttert habt: Ihr wollt Euch doch wohl jetzt nicht unter den Stiefelabsatz des Däumlings bücken, der einige Phrasen seines Oheims, des verstorbenen Riesen, auswendig gelernt und nur zu intrigiren weiß mit Hülfe des Geldes und der Volksverräther? Der Oheim hat die Anarchie erstickt und der Nation Ruhm geschenkt, dafür hat sie ihn bewundert und angebetet zu seiner Zeit; heute aber sind sie beide quitt mit einander, Napoleon der Kaiser und Frankreich die Republik. Fluch dem Tollhäusler der diese alte Tragödie in einer modernen Komödie nachäffen will; Fluch und Widerstand ihm bis auf den Tod!“
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@facs0087
[15] Paris, 17. Juni.
Das kleine Blatt: La Republique rouge spricht sich über den „Lordmayor“ der „guten“ Stadt Paris aus: ‚So seltsam stand es bei uns noch nie, die ganze Munizipaladministration resumirt sich in einem einzigen Manne. Er aspirirt offenbar nach dem Präsidentensessel. Jetzt thront er behaglich im Pallast des Hotel de Ville; wäre das Volk dabei um Rath zu fragen, er müßte bald wieder in sein Journalbüreau, gewiß sehr heilsam für dies Journal …“ Er gilt als Hauptanstifter des Gesetzes gegen die Zusammenrottirungen unter freiem Himmel; gegen dasselbe wird die Gesellschaft „der Menschen- und Bürgerrechte“ einen Protest einreichen. Das Journal „Assemblee nationale“ verlangt jetzt Herstellung des bonapartischen Throns und ersucht den Prinzen Louis, recht bald die Bourbons zurückzurufen; bei diesem Anlaß ruft die Republique rouge: „Wir alle gehen dem Abgrund zu; der Proletarier hungert, der Bourgeois bettelt; der Kredit ist erstorben; der Handel gelähmt, kann nicht mehr die Adern des Gesellschaftskörpers durchströmen. Und was das Schlimmste, selbst die großartigsten Erschütterungen bieten keine Hoffnung mehr; die Luft ist unathembar geworden; im Palast Luxemburg die fünf Männer, ängstlich nach der Macht haschend, die ihnen täglich entschlüpft; im Hotel de ville, eine Unzahl kleinlicher Komplotte unter Direktion des Lordmayor; in der Nationalassemblee bemüht man sich, die Leiche der verstorbenen Charte zu galvanisiren. Gerechter Himmel! wäre dies wirklich das Geschick des großen Volks, von Guizot auf Marrast, von Marrast auf Thiers zu kommen?“
Ein anderes Blättchen: Le Tocsin des Travailleurs sagt: „Die Deputirten fragen: bekommen wir einen Präsidenten? das Volk fragt: bekommen wir Brod? Die Deputirten: bekommen wir eine oder zwei Kammern? das Volk: bekommen wir Brod? Das ist das uralte Lied; es ähnelt ziemlich der Antwort des armen Weibes, die mit einer weiblichen Deputation zur provisorischen Regierung zog und von einem Bourgeois hören mußte: sie solle lieber daheim bleiben und Strümpfe ausbessern oder Suppen kochen; „ganz richtig, rief sie, wir Frauen hier gehen zur Regierung um Strümpfe und Suppen für die, welche beide nicht haben, zu verlangen.“ Diese echten Proletariatszeitungen sind nicht einig über das Projekt des Riesenbankets von einigen Tausend Arbeitern à 5 Sous per Kopf; der Père Duchene ist zwar noch dafür und verwahrt sich gegen das Gerücht von aristokratischen Geldzuschüssen in die Banketskasse, aber es ist mindestens auf einige Wochen ausgesetzt; die Nationalgarde scheint so erbittert zu sein, daß sie den ersten Angriff zu machen im Stande wäre. Bourgeoisartillerie ist jetzt neu einexerzirt. Freilich stehen viele Ouvriers in Reih und Glied und möglich, daß in den einzelnen Kompagnien der Bürgerwehr selber der Kampf entbrennt; möglich auch das Gegentheil; die Entwickelung geht jetzt so, daß die Pariser selbst nicht über eben Geschehenes sich Rechenschaft ablegen, noch das bald Nothwendige vorauszusehen wagen.
‒ Ein Journal: „Le Tribun du peuple“ wird erscheinen und sich speziell gegen den Favoritismus, die Aemterhäufung und dgl. wenden. Der Licentiat Laviron sagt im Programm: „Der Bürger Buchez sprach Namens der provisorischen Regierung es aus, die Republik ist verpflichtet, alle ihre Kinder zu ernähren; eine Regierung ist verantwortlich für Elend, welches nicht selbst verschuldet ist. So redete einst, daß heißt vor einigen Wochen Bürger Buchez. Wir, der Klub der Literaten, sind überzeugt, daß ein schändlicher Hochverrath darin liegt, einigen Individuen Ueberflüssiges preiszugeben während viele andere noch nicht das Nothwendige besitzen. Wir opponiren gegen die schamlose Kumulirung und Exploitation aller Art, die seit unserm Februar recht an der Tagesordnung zu sein, sich recht zu brüsten scheint. Blickt umher, überall im Dunkeln schleichende Protektion, überall hündisches Antichambriren und Kriechen. Der Faullenzer triumphirt nach wie vor dem Februar über die Arbeitenden. Die Sieger hatten die Thorheit begangen, nicht sogleich mit eignen Händen die Mißbräuche zu entwurzeln. Wir, Klub der Literaten Hommes lettrés (Nro. 5 rue de I'lale), das französische Wort hat nicht die schlechte Bedeutung, die sich an das deutsche knüpft. sind entschlossen, sämmtliche öffentliche Beamten Revue zu passiren, vom obersten bis zum untersten Range; unser Blatt wird ihre Titel Ansprüche, Wirksamkeit, Arbeitszeit und Jahrgehalt unerbittlich nach der Statistik publiciren und kritisiren. Fakta sollen seine Waffe sein, nichts als Fakta um dadurch das Ungeheuer der Korruption zu schlagen.“ Allerdings sieht es ungefähr wie unter Louis Philipp aus; z. B. unser Herr Paguerre, dieser libraire democrate par excellence, dieser père de famille modèle, dieser citogen intègre wie der National ihn nannte und nennt, bekleidet fünf gut bezahlte Posten und führt dabei seinen Buchhandel fort; die Gesandtschaftsstellen werden statt an erlesene Demokraten an Legitimisten und Philippisten gegeben, und der Minister des Auswärtigen ist eher für drei supplicirende Comtessen als für einen Barrikadenmann zu sprechen. Das Blatt „Le Volcan“ geschrieben von La citoyen ne sans peur sagt in seiner letzten Nummer: „Die Exekutivkommission hat durch das Gesetz gegen die Zusammenschaarungen unter freiem Himmel eine klägliche Menschenunkenntniß verrathen; sie sollte wissen, daß in Paris ein Monument, z. B. schlecht beschützt ist durch die Aufschrift: Verunreinigung ist verboten, und hieraus konnte sie auf den Erfolg des Zusammenrottirungsverbotes schließen. Zudem sind seine Strafen so kolossal, daß sie gleichsam zum Trotzen recht herausfordern. Ihr Herren von Luxembourg, Ihr habt einen gefährlichen Gewitterableiter neben Euch aufgestellt.“
Großbritannien.
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@facs0087
[20] London, 17. Juni.
Oberhaus-Sitzung vom 16. Juni. Der Earl Fitzhardinge überreichte zwei Petitionen, die eine vom Pächter des Haymarket Theater, die andere vom gesammten Personale des Lyceum-Theaters unterschrieben. Die Petenten verlangen Schutz gegen die Konkurrenz fremder Schauspieler; mit Ausnahme der italienischen Oper soll nirgends sonst ein fremder Schauspieler geduldet werden. Obgleich sie den schmählichen Aufruhr in Drury-Lane gegen französische Schauspieler nicht billigen, so sind sie in der That doch ganz von demselben Geiste beseelt, der sich in dem Benehmen der Tumultuanten vom Drury-Láne Theater zeigte. Die Lords Beaumort, Brougham, Herz, v. Cleveland und Spencer waren einstimmig gegen die Petitionen, deren Illiberalität dem englischen Namen dem englischen Namen nirgends zur Ehre gereichen könne. Lord Stanley machte sodann einen Versuch, ob nicht ein Bischen Getraidezoll im Gegensatz zu dem früheren Parlamentsbeschluß beizubehalten wäre. Er verlange das nicht als Schutzzoll, sondern zum Zweck erhöhter Staatseinnahmen. Er wünsche daher, daß der jetzt bestehende Zoll noch auf 5-6 Monate verlängert und dann vom nächsten Parlament entschieden werde, ob es nicht vortheilhaft sei, eine kleine feste Abgabe von eingeführtem Getraide fortzuerheben. Das Haus ging auf dieses protektionistische „Wünschchen“ nicht weiter ein.
Unterhaus-Sitzung vom 16. Juni. Lord John Russel setzte seinen Plan der Aufhilfe für Westindien auseinander, der hauptsächlich darin besteht, daß den dortigen Pflanzern zu den bereits geliehenen 160,000 Pfd. Sterl. noch 1/2 Million vorgeschossen. oder eine Anleihe von diesem Betrage durch den Staat garantirt werden soll, um ihnen die Einführung „freier“ (!!) Arbeit möglich zu machen. Der zweite Theil des Planes betrifft Abänderung der jetzigen, für Zucker gesetzlich bestimmten Zollscala.
Lord J. Russel fand wenig Beifall. Die westindischen Pflanzer klagen, daß der Plan nur ihren Ruin beschleunige, die Freihandelsmänner wenden ein, daß man Jamaica auf Kosten des ohnehin durch Geschäftsstockung, Pauperismus etc. leidenden Lancashire helfen wolle. Das Haus stimmte schließlich dafür, daß es den Russel'schen Plan nächsten Montag in Comité-Berathung nehmen will. Zuletzt gaben noch die Schifffahrtsgesetze zu einer sehr heftigen, mitunter scharf persönlichen Debatte namentlich zwischen Disraeli und Hawes, Hudson und Hume etc. Veranlassung. Die Gegner der Aufhebung jener Gesetze stemmten sich mit aller Macht dawider, daß sich das Haus zur Comité bilde. Als dies bei der Abstimmung dennoch mit einer Majorität von 87 beschlossen wurde, legten sie der weitern Berathung so viele formelle Hindernisse in den Weg, daß man die Comit-Sitzung endigen und zu den übrigen Gegenständen der Tagesordnung übergehen mußte.
Schluß der Sitzung um Mitternacht.
‒In Bingley (Yorkshire) sind vorigen Donnerstag früh wiederum 5 Chartisten aus ihren Betten geholt und nach York Castle in's Gefängniß geschleppt worden.
‒ Dem progressistischen Deputirten Olozaga ist seine Flucht aus Spanien gelungen. Er langte gestern wohlbehalten in London an.
‒Tom Steele, der mit O'Connell so lange für Repeal kämpfte, es aber, ungleich O'Connell, mit Irland aufrichtig und ehrlich meinte und die Repealfrage nicht als Milchkuh zur Befriedigung seiner Selbstsucht benutzte, ist dieser Tage in einem Wirthshaus zu London als ‒ Pauper (hilfloser Proletarier) gestorben.
‒Consols schlossen zu 831/2, 5/8 für Rechnung. ‒ Der Colonialmarkt befand sich während dieser Woche für die meisten Artikel in großer Flauheit.
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@facs0087
Pfuel nach Berlin berufen.
[0088]
[Deutschland]
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@facs0088
(Verfolg von Frankfurt.)
Jordan: Er bedaure, daß man ihm den Vorwurf der Mißachtung der Versammlung mache, er sei überzeugt, daß die größere Zahl die Ansicht mit ihm theile, daß es zu nichts führen könne, müßig zu sein, und eben deshalb habe er darüber gesprochen. Es frage sich, was das Volk draussen dazu sagen werde; nichts anderes, als was es immer gesagt: man täuscht uns. Die Träger, die so lange das Bestehende gestützt, sie hätten so lange schon geseufzt, sich gewaltig geschüttelt, und drohten das ganze herrliche Gebäude europäischer Cultur in Trümmer zu werfen, man möge sie nicht zu lange warten lassen, er fürchte, daß es einst wieder zu spät sein könne. ‒ Wir müssten den Geist, der draußen als schäumender Most jähre, herein nehmen und zu veredlen trachten, diesen Geist ‒ das Bewußtsein der Revolution. (Bravo! Bravo!)
Fischer. Es könne ihm gar nicht in die Seele kommen, daß diese Versammlung aus Furcht etwas thun oder lassen werde. Er glaube nicht, daß sie jemals zu handeln haben würden, blos weil es so oder so sein solle. Aber es sei auch wahr, daß die Aufregung des Volkes eine große sei, es herrsche große Mißstimmung, große Ungeduld!
Die Aufregung habe nicht blos niedere Schichten des Volkes, unterdrückte Arbeiter, Bauern sondern auch ganz andere Stände, intelligente Bürger, ja fast alle Stände ergriffen. (Zwei bis drei rufen Bravo).
Es seien viele Fremde, eine Propaganda für Unzufriedenheit hier, er wünsche aber daß die Debatte in dieser Weise nicht weiter gehe (Bravo der Rechten) und man nur etwas Bestimmtes für die Zukunft feststellen möge. Er schlägt vor:
um das Versäumte wieder gut zu machen, morgen Sonntag eine Sitzung zu halten, in Erwägung, daß der Dienst für's Vaterland ein reiner Gottesdienst sei.
(Am Schluß der Sitzung fiel der Antrag durch.)
Venedey. Er klage auch gegen die Versammlung darüber, daß sie so langsam vorschreite und die Sitzung gestern nicht gehalten, heute habe man auch so zu sagen nichts auf der Tagesordnung gehabt; und jetzt lägen doch 2-4 Anträge vor.
Er habe nicht in der Versammlung, sondern außerhalb derselben Klagen gegen sie gehört, er habe gehört, daß man sie verhöhnt. (Mißfallen, Gemurmel).
Die Nation sei in ihnen zum erstenmale versammelt, sie seien vom Volke gewählt, und wer gegen sie käme mit Spott und Hohn, der verrathe auch die Nation. Und während sie nichts thäten und müßig wären, handelten andere. Er klage hierüber keinen Einzelnen, ja Niemanden an, aber der Bundestag handle rascher wie sie, er führe seine Geschäfte schneller, und das bringe ihnen großen Nachtheil. Er erinnere hier an den Raveaur'schen Antrag, wo es erst geheißen: es sei zu früh, und kurze Zeit darauf schon wieder: es sei zu spät. Während sie in diesem Augenblicke vielleicht die gegenwärtige Verhandlung aussetzen würden, wie man auch die gestrige ausgesetzt habe, habe der Bundestag an den König von Sardinien eine Botschaft geschickt, deren Folgen man heute noch nicht kennen könne.
Der Fortschritte seien wenige, man hänge immer noch am Alten: z. B. frage er, ob die Generale aus der Junkerschule entfernt seien, wer die Diplomatie anlangend in London und wer in Petersburg verhandle?
Er sei gekommen, um ein Wort zu sagen, was ihm lange auf dem Herzen gelegen, er sei 18 Jahre Flüchtling in Frankreich gewesen, habe aber Deutschland nicht aus den Augen verloren, jetzt könne er nur wünschen, daß man von heute an rasch Alles vorwärts schaffen möge. (Bravo.)
Simon aus Trier: Man habe mehrmals auf Gründe hingedeutet, aus welchen man wohl Ferien gemacht haben könne, er wolle diese Gründe, mit denen man sich herumtrage, sagen, es solle geschehen sein, weil die demokratischen Vereine hier seien. (Unwillen der Rechten.) Meine Herren, ich wollte Ihnen nicht sagen, was angenehm ist.
Wiewohl Ihnen hier schon ein unwillkommenes Wort entgegen geworfen ist, komme ich auf einen zweiten Grund, man sagt: die Berichterstattung in wichtigen Dingen müßte erst immer dem 34. Bunde der verschiedenen Staaten mitgetheilt werden.
Der 3. wahre Grund sei aber wohl der, daß die Kommissionen so weit noch nicht vorgerückt seien.
Er unterstütze zunächst den Wesendonk'schen Antrag, aber wenn wir auch unausgesetzte Sitzungen und die Kommissionen keine Berichte haben, so fehlt das Nothwendigste, der Stoff. Deshalb trage er darauf an:die Nationalversammlung beschließe
1) daß kein Deputirter, wenn er Berichterstatter eines Ausschusses ist, so lange der Bericht nicht vorliegt, in einen andern Ausschuß gewählt werden kann;
2) jedem Mitgliede, welches Mitglied mehrer Ausschüsse sei, soll es freistehen, sich für Sitzungen bei andern Ausschüssen zu entschuldigen;
3) trage er darauf an:
daß der Vorsitzende des Ausschusses zur Begutachtung der Centralgewalt in der heutigen Sitzung Auskunft ertheile.
Er begreife nicht, wie man 14 Tage auf diese Berichte warten könne. ‒ Die vorigen Redner hätten die Stimmung des Volkes geschildert; man müsse also mit etwas Positivem entgegenkommen; diese Annäherung sei nöthig und müsse stattfinden, nur dann könnten sie der Blitzableiter der Sturmwolke für Deutschlands Schicksal werden.
Rösler erinnert (gegen Venedey) an Börne, der auch viel Spott und Hohn über Deutschland ausgegossen habe; er wisse nicht, fügte er hinzu, ob Börne auch ein Vaterlandsverräther gewesen sei. In einer andern Versammlung, mit welcher er (Redner) keineswegs sympathisire, sei die Aeußerung gefallen: wir müssen rasch handeln; wir haben keine Diäten und können keine Ferien halten, wie die Nationalversammlung. Der Redner meint, die Tagesordnung sei nicht immer das Wesentliche; die Interpellationen seien oft von weit größerer Bedeutung. So z. B. die Triestiner Frage. Die Bundesversammlung sei hierin der Nationalversammlung zuvorgekommen. Er mache der Bundesversammlung keinen Vorwurf hieraus; sie suche ihr Leben, d. h. die Achtung Deutschlands zu erhalten, und habe offenbar in den letzten drei Wochen Manches besser gethan, als wir. Da sei ferner die Frage von der Unverletzlichkeit der Parlamentsmitglieder, zu deren Anwendung sich vielleicht nächstens Gelegenheit finden werde: es wäre gewiß besser, wenn dies durch ein Gesetz vorher bestimmt sei, als wenn durch Diskussionen hierüber die Leidenschaften aufgeregt würden. Auch der Legitimations-Ausschuß habe seit 18 Tagen nichts von sich hören lassen. Der Bericht über die Centralgewalt sei schon vor 8 Tagen in den Zeitungen zu lesen gewesen und doch bis heute nicht erstattet. Bassermann: Bei den Arbeiten des Verfassungsausschusses habe es an Erfahrungen gefehlt; noch Niemand sei in dem Fall gewesen, ein Verfassung für ganz Deutschland zu entwerfen. Dazu seien noch vier Anträge gekommen. In einer Sache, die auf Jahrhunderte hinaus (Widerspruch links), sei es auch nur auf 50, auf 10 Jahre, Dauer haben soll, dürfe man nichts übereilen. Der Bericht sei übrigens fertig; der Berichterstatter, der auch während der Pfingst-Feiertage nicht unthätig gewesen, werde ihn, wenn seine Gesundheit es erlaube, am Dienstag vorlegen. Wenn tägliche Sitzungen stattfänden, würden die Ausschußarbeiten noch mehr aufgehalten, wir würden dann keine Centralgewalt haben, welche Ereignissen wie in Prag, Wien, Triest etc. entgegenzutreten vermöge. Wenn das Volk auch jetzt murre, werde es doch zufriedengestellt sein, wenn das zu schaffende Werk würdig ins Leben trete. Ein großer Theil des Volkes wünsche, daß man nicht mehr aufrege, das Ansehen der National-Versammlung zu schwächen suche. Drohungen einer Einschreitung der Massen müsse man auf das Strengste mißbilligen. Wenn das Volk nicht die Achtung vor sich selbst hätte, die es seiner Souveränetät schuldig sei, dann wäre es dieser Souveränetät nicht werth. Heisterbergk weist auf die Gefahren hin, die Deutschland umgeben: eine vielleicht nicht genug beschützte Gränze im Osten, im Süden ein unvolksthümlicher Krieg; es sei an der Zeit, mit dem einzigen Volk im Westen, das uns Sympathien zeige, ein Bündniß zu schließen. Giskra fragt: „was hätten wir in Neapel thun sollen? wenn der König gehenkt worden, geschieht es ihm recht. Was hätten wir für Triest thun sollen? Der Bundestag hat bereits den Casus belli erklärt. Ich lobe das vom Bundestag; es muß nicht alles Gute von uns ausgehen.“ Redner wirft der Linken vor, daß sie es gewesen, die stets fremdartige Dinge in die Verhandlungen geworfen, und diese aufgehalten habe. Auch er gehöre zur Linken. (Die Linke erklärt, daß sie den Redner nicht mehr als den Ihrigen anerkenne. Stimme im Centrum: Wir acceptiren ihn!). Nachdem hierauf v. Lindenau, Wiederhold, Auerswald, v. Rönne und Jaup für die verschiedenen Ausschüsse Bericht erstattet haben, wurden die Anträge von Simon, Wesendonck, Wigard etc. in Betreff der Geschäftsbehandlung an die verschiedenen Ausschüsse verwiesen. Die übrigen Berathungsgegenstände dieser Sitzung wurden bereits im gestrigen Berichte angegeben. Wir verweilen deshalb bloß bei den Anträgen von Vogt und Zimmermann in Betreff der diplomatischen Verhältnisse, und von Schöffel wegen Unverletzlichkeit der Reichstagsmitglieder. Vogt und Zimmermann beantragen: „Die Nationalversammlung möge beschließen: bis die Regelung der diplomatischen Beziehungen Deutschlands im In- oder Auslande durch die National-Versammlung erfolgt sein wird, macht dieselbe sämmtliche Regierungen der Einzelstaaten Deutschlands für die Schritte und Handlungen ihrer Gesandten verantwortlich und verlangt, daß die Gesandten einzig und allein mit den verantwortlichen Ministern der Einzelstaaten diplomatischen Verkehr pflegen.“ ‒ Vogt begründet den Antrag durch Hinweisung auf den Umstand, daß der preußische Gesandte in Wien dem Kaiser nach Innsbruck gefolgt sei. Der preußische Minister des Auswärtigen führe zur Rechtfertigung an, daß der Gesandte bei der Person des Fürsten accreditirt sei; allein der preußische Minister zeige dadurch, daß er noch keinen Begriff von einem konstitutionellen Ministerium und einem konstitutionellen Fürsten habe. Der konstitutionelle Fürst könne nur durch seine verantwortlichen Minister unterhandeln. Die Sache sei dringend, weil neben den ehrlichen Ministern in Deutschland noch eine Camarilla bestehe. Wenn man zugebe, daß die Gesandten mit der Camarilla und den Hofschranzen unterhandeln, statt mit den verantwortlichen Ministern, dann lasse sich das Resultat voraussehen. Louis Philipps Sturz sei hauptsächlich deßhalb erfolgt, weil die Gesandten hinter dem Rücken des verantwortlichen Ministeriums mit dem König verkehrten und dieser eine eigene Politik neben jener seiner Minister hatte. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt des rein konstitutionellen Systems stelle, und Das sei doch das Wenigste, was geschehen könne (Gelächter), müsse hier Abhülfe getroffen werden. Graf Wartensleben fragt: ob Vogt Beweise habe, daß in Innsbruck Etwas ohne Zuziehung des konstitutionellen Ministeriums in Wien und Berlin geschehe? Mühlfeld bemerkt, daß sowohl der deutsche, als der ungarische Minister des Auswärtigen sich beim Kaiser befänden. v. Beckrath ist zwar sehr erfreut über den Eifer, den die linke Seite für das konst. System zeigt, findet aber die Sache nicht so dringend, um von der gewöhnlichen Geschäftsordnung abzuweichen. Jahn: In Innsbruck sei noch ein dänischer Gesandter; er müsse ausgewiesen werden, weil Deutschland mit Dänemark im Kriege sei. Neuwall: In Kopenhagen verweilte auch noch ein österreichischer Gesandter; und dieses diplomatische Verhältniß mit Oesterreich trage nicht wenig dazu bei, den Hochmuth Dänemarks zu steigern. Arndt: Auch in England sei der Gesandte bei der Person des Fürsten accreditirt; man dürfe übrigens voraussetzen, daß der Fürst seine Verhandlungen mit den Gesandten den Ministern mittheile. Kapp: Wir leben nicht in so fest begründeten constitut. Zuständen wie England; wir stehen auf einem vulkanischen Boden. (Gelächter rechts.) Lachen Sie nur; die unterirdischen vulkanischen Mächte werden anders sprechen; beschwören Sie sie nicht herauf durch Hohngelächter! Ich nehme dieses Hohnlachen als Ehrenbezeugung. Wenn wir einen festen Zustand wollen, dürfen wir keinen Augenblick Ruhe gönnen jener Regierung, die hinter den Regierungen steht. Berger aus Wien: Nicht das ungarische Ministerium sei in Innsbruck, sondern nur 2 Minister. Der ungarische Minister des Auswärtigrn gehöre Deutschland nicht an. Ein anderes Mitglied aus Oesterreich rechtfertigt den fortdauernden Verkehr mit Dänemark dadurch, daß Oesterreich kein rein deutscher Staat sei. Raveaur: Wenn das wahr wäre, dann würden unsere Beschlüsse über Schleswig-Holstein leere Phrasen sein. Er wundere sich, daß gerade Jene, die stets von Ordnung und Einheit in Deutschland sprechen, sich Allem widersetzen, was diese Gesinnungen zu bethätigen bezwecke. Er hält den Antrag für dringend. Sommaruga erläutert, daß der dänische Gesandte bei dem Kaiser in dessen Eigenschaft als König von Ungarn, Dalmatien etc. verweile. Vogt führt gegen Wartensleben, der Beweise gefordert, die Zeitungsnachricht an, daß der preußische Gesandte Graf Schulenburg den König von Neapel wegen seines Sieges über das Volk beglückwünscht habe. Vogts und Zimmermanns Antrag wird an den internationalen Ausschuß verwiesen. Schlöffel's Antrag auf ein Gesetz, welches Unverletzlichkeit der Mitglieder der Nationalversammlung ausspreche, und jedes Zuwiderhandeln eines Beamten oder einer Behörde als Hochverrath erkläre, wird von Leue und Wesendock (mit Hinweisung auf den Fall mit dem Abg. Peter) als dringend unterstützt, von der Versammlung jedoch bis zur bevorstehenden Berichterstattung über ähnliche Anträge vertagt.
Handels-Nachrichten.
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Druckfehler.
In der in der Beilage zu Nr. 16 gedruckten Bonner Adresse nach Frankfurt finden sich folgende Fehler. 1. Absatz, für Freiheit soll seyn Einheit; 3. Absatz und der dabei : und die dabei; 7. Absatz, jener : jeder; 8. Absatz, Proteste : Protest; 10. Absatz, Losung : Lösung; 11. Absatz, Frankf. : französische; 13. Absatz, Obermier : Obernier; der Name des zweiten Stellvertreters Müller fehlt unter den Unterschriften, die übrigens nicht veröffentlicht werden sollten.
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Schiffahrts-Anzeige. Köln, 19. Juni 1848.
Angekommen: Kapitain Willemsen von Amsterdam mit 5109 Ctnr. ‒ Kapt. Wilson von Rotterdam mit 4423 Ctnr.
In Ladung: Nach Ruhrort b. Emmerich H. Lübbers; Nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr Joh. Budberg, C. Kaiser, C. Roesener und Math. Pera; nach Koblenz und der Mosel und Saar Jak Tillmann; nach der Mosel, nach Trier und der Saar R. Pisbach; nach Bingen I. B. Mundschenk; nach Mainz Anton Bender; nach dem Niedermain Ph. Würges; nach dem Mittel- und Obermain B. Krans; nach Heilbronn H. Bechert; nach Kannstadt und Stuttgart Peter Kühnle; nach Worms und Mannheim I. B. Mundschenk I.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Jurrius, Köln Nr. 18.
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Schüller, Köln Nr. 30.
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Wasserstand.
Köln, am 19 Juni. Rheinhöhe 8′ 41/2″.
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Bekanntmachung.
Bei dem Ablaufe des 2. Quartals werden die betreffenden Zeitungs-Interessenten darauf aufmerksam gemacht, daß die Bestellungen auf auswärtige Zeitschriften pro 3. Quartal resp. 2. Semester c. bis zum 22. d. M. bei der hiesigen Ober-Postamts-Zeitungsexpedition gemacht sein müssen, wenn eine rechtzeitige und vollständige Lieferung der Zeitungen erfolgen soll, und daß nur solche Bestellungen berücksichtigt werden können, für welche die Vorausbezahlung des Betrages stattgefunden hat.
Köln, den 14. Juni 1845.
Ober-Postamt.
Rehfeldt.
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Bekanntmachung.
Dienstag den 27. Juni 1848, Vormittags 10 Uhr, sollen auf dem Flur der Brief- und Paket-Annahme circa 500 Pfund Makulatur-Papier und ein altes unbrauchbar gewordenes Felleisen öffentlich an den Meistbietenden verkauft werden.
Köln, den 17. Juni 1848.
Ober-Postamt
Rehfeldt.
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Die admittirten Gläubiger des Falliments des in Köln wohnenden Kürschners und Handelsmannes Kaspar Theodor Everhard König werden hiermit eingeladen, sich Dienstag den 27. laufenden Monats Juni, Nachmittags 4 Uhr, im Sekretariate des hiesigen Handelsgerichts zu dem 8. Kap. I. Tit. III. Buches des Handelsgesetzbuches angegebenen Zwecke zu versammeln.
Köln, den 18. Juni 1848
Der prvisorische Syndik:
Rob. Nücker,
Adv.-Anw.
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Vorzüglich guter alter limburger Käse, so wie schöne holländischer Maikäse, billigst, Sandbahn Nro. 6.
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Ein Bäckergesell, welcher einer Bäckerei selbstständig vorzustehen vermag, und sich hierüber durch Zeugnisse ausweisen kann, wird gesucht. Die Expedition sagt wo.
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Buchen-Holz-Vorrath.
1 bis 5 Zoll dick, 21/2 Fuß breit (2zöllig 20-22 Pf.), so wie sämmtliches Nutzholz empfiehlt I. Kiegel, Komödienstraße 18.
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Ein evangelischer Kandidat sucht eine Stelle als Hauslehrer. Derselke erbietet sich auch gegen freie Wohnung einzelne Privatstunden in den atlen Sprachen bder im Französischen zu ertheilen. Bescheid in der Schildergasse Nro. 78 im Unterhaus.
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Das Haus Malzbüchel Nr. 7 ist zu verkaufen oder zu vermiethen, oder auch nur das Unterhaus zu vermithen.
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Frucht- und Gerißscheffel in großer Auswahl und sehr billigen Preisen, Bollwerk Nro. 21 bei J. B. Zündorff.
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Ein Omnibus und andere Wagen für Landpartien zu vermiethen, kleine Sandkaul Nr. 2 bei E. I. Küpper.
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Harmonie
von Musikern der kölner Bürgerwehr heute Dienstag, Abends von 7 bis 11 Uhr, bei A. Steinstraßer, auf den Perlenpfuhl.
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Bei mir ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Des
Republikaners
(Freibürgers)
Rechte und Pflichten.
Köln.
M. Becker (Mauritius-Steinweg).
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Geschäfts-Eröffnung.
Wir beehren uns hiermit anzuzeigen, daß wir in dem Hause
Apostelnstraße Nr. 7 hierselbst eine Liqueur- und Weinessigfabrik
etablirt haben und empfehlen unsere sämmtliche in diese Fächer einschlagende Artikel en gros & en detail zu billigstem Preise.
Köln im Juni 1848.
Frank & Comp.
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Die von dem Herrn Kommandanten und Offizieren der hiesigen Bürgerwehr genehmigte Auszeichnung, Schärpe und Porte d'épées, nach dem von mir gelieferten Muster, empfehle ich hiermit bestens.
Lützenkirchen, Posamentirer, Schildergasse Nr. 19
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Limonade-Essenz
Sterngasse Nr. 9 u. 11.
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Frische Rheinfische sind zu den billigsten Preisen zu haben bei Joh. Lülsdorff, Lindgasse 21.
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Rum, Cognac und Arrac
Sterngasse Nro. 9 u. 11.
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English newspapers in Brussels.
The Brussels Herald, established in 1827, is the only English newspaper in Belgium. It is published every Saturday. Price per quarter 5 francs, exclusive of postage out of Belgium. The Brussels Herald is an excellent medium for all advertisements addressed to English residents on the continent and English travellers. Office : ‒ 13 Rue des Boiteux, Brussels.
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Bei Gelegenheit der St. Apostel-Kirmes,
heute
von Nachmittags 3 Uhr,
große Harmonie
von dem Musikchor des Königl. Preußischen
8 Husaren-Regiments
in dem am städtischen Garten gelegenen elegant dekorirten
Kölner Zelte.
Täglich Kirnerbsen und Erdbeerkalteschaale.
Franz Stollwerck.
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Täglich frisch:
oberländ. Brod, Knoblauchwürstchen, Schwartemagen. Kümmelkäschen, Backfische, echt baierisch Bier, vorzügl. Weine und Liqueure in der Restauration der oberländischen Küche Langgasse Nro. 1.
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15 à 1600 Thlr. gegen dreifachen Werth auf erste Hypotheke gesucht. Die Expedition sagt wo.
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Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.