Deutschland.
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[7] Berlin, 14. Juni.
Abends 9 Uhr. Die Sitzung der Nationalversammlung war heute Morgen von großer
Masse bewaffneter Bürgerwachen umstellt.
Die Bevölkerung Berlins war über die Absperrung der Versammlung höchst
erbittert. Heute um vier Uhr fielen Reibungen am Zeughause vor, aus dem man
das Militär, das sich noch immer darin befindet, herausholen wollte. Eine
Deputation, größtentheils von Arbeitern, begab sich zum Kriegsminister, um
den Abzug des Militärs aus dem Zeughause und die Bewaffnung der Arbeiter zu
verlangen. Die Deputation ward am Palais desKriegsministers von Bürgerwehr
empfangen und verhaftet. Sogleich ward daselbst der Versuch einer Barrikade
gemacht, aber durch eine Bajonetattake vereitelt; mehrere Verwundungen
fielen dabei vor. Die unbewaffnete Masse stürzte erbittert fort. Eine große
Menge sammelte sich um das Zeughaus, die Bürgerwehr rückte in großer Zahl
heran. So eben, 81/2 Uhr, ist im Kastanienwalde und Zeughause Feuer gegeben
worden, ganz Berlin ist in großer Aufregung, Alles stürzt nach Waffen; unter
den Linden wird ein Trupp Bürgerwehr ganz friedlich entwaffnet. Der
Generalmarsch der Bürgerwehr wird durch die ganze Stadt geschlagen. Man
fürchtet heftige Zusammenstöße für die Nacht, die bei den aufgeregten Massen
kaum zu vermeiden sind. Die Erbitterung, welche durch Verwerfung des
Behrends'schen Antrags entstand, macht sich jetzt allgemein Luft.
‒ Die „Berliner Zeitungshalle“ bringt über die Ereignisse vom 14. Juni nur
die nachstehende kurze Notiz:
Nachmittags 1 Uhr. So eben begegnet mir ein großer Zug von Arbeitern, welche
ins Schloß gedrungen und nach vergeblichem Widerstand der dort aufgestellten
Bürgerwehr, die in den letzten Tagen an mehrern innern Zugängen des
Schlosses angebrachten eisernen Gitter herausgerissen haben; mit großem
Jubel ziehen sie mit einem Theil derselben nach der Universität und
übergeben sie den mit dreimaligem Hoch begrüßten Studenten zur
Aufbewahrung.
I. Kameraden! Unsere Stellung hat sich verändert! Zum
ersten Male werden wir durch das Gesetz aufgerufen unsere Freiheiten und
politischen Rechte zu beschützen. Ein Attentat auf diese hat stattgefunden;
denn welche größere Gefahr kann ihnen drohen, als wenn die Erwählten der
ganzen Nation nicht mehr mit vollkommenster Unabhängigkeit, sondern unter
dem Druck des Schrecks berathen müssen?! Die Freiheit der Discussion, in den
für das ganze edle Preußen geheiligten Räumen, in welchen sich die
Repräsentanten desselben versammelten, die Sicherheit und Unverletzlichkeit
ihrer Personen innerhalb unserer Mauern aufrecht zu erhalten, das ist die
Aufgabe die uns jetzt gestellt ist. Das ganze Vaterland hat uns seine
Erwählten anvertraut, und erwartet von uns seine Erwählten anvertraut, und
erwartet von uns ihre Beschirmung in allen Hinsichten; 16 Millionen haben
ihre Augen auf uns gerichtet und werden Rechenschaft von uns verlangen, wenn
sie die gesetzliche Freiheit verletzt glauben. Wir haben jetzt mithin die
höchsten Pflichten zu erfüllen, welche der Bürgerwehr obliegen! Ich werde
genöthigt werden, auf einige Zeit größere Anstrengungen als bisher zu
fordern, um dem Zwecke, wolle Gott ohne Anwendung von Gewalt, zu
entsprechen. Von dem klaren Erfassen und tüchtigen Sinn meiner Kameraden,
bin ich aber zu überzeugt, um einen Augenblick daran zu zweifeln, daß ich
auf ihre ganze Unterstützung rechnen kann, sowie auf die Willfährigkeit
aller Vaterlandsfreunde, sich den nöthigen Anordnungen zu unterwerfen, und
füge daher nur die Bitte hinzu, mich mit ihrem ehrenden Vertrauen zu
umgeben, das nach besten Kräften und Einsichten zu erwerben mein einziges
Bestreben sein soll, und worin meine Herren Beirather mit mir vollkommen
übereinstimmen.
Berlin, 13. Juni 1848.
Blesson.
II. Zum Tagesbefehle am 13. Juni. Um die
Sicherstellung des National-Versammlungs-Gebäudes zu bewirken und den
Anstand in der Umgegend desselben aufrecht zu erhalten, giebt morgen den 14.
d. M. Vormittag 11 Uhr das 19. Bataillon 200 Mann, geführt von 4 Hauptleuten
und dem Bataillons-Commandeur. Die Aufstellung wird folgende sein: An der
gewöhnlichen Stelle vor dem Hause rechts und links 25 Mann, hinter dem
Gebäude 20 Mann. Der Platz zwischen dem Finanz-Ministerium, der Königswache
und der Fruchthandlung wird nach allen Seiten so abgesperrt, daß eine freie
Passage nur zwischen der Fruchthandlung und der Universität bleibt, die in
gerader Richtung nach dem Bauhofe führt. Zwei Pikets von 10 Mann werden
vorgeschoben, das eine nach der Ecke des Finanz-Ministeriums, das andere bis
zur Statue von Scharnhorst, um die Passanten anzuweisen, während der Sitzung
nicht durch das Wäldchen, sondern um dasselbe herumzugehen. ‒ Das 8.
Bataillon sorgt für die Freihaltung des Kastanienwaldes hinter der
Universität, und ist bereit wenn es nöthig, das Brandenburger Thor zu
besetzen. Das 11. Bataillon ist ebenso zur Besetzung des Potsdamer Thores
bereit. ‒ Das 7. Bataillon hält sich in Bereitschaft, die Königswache zu
verstärken oder nach Umständen die Besatzung des
National-Versammlungs-Gebäudes zu unterstützen. ‒ Das 5. Bataillon ist
bereit zur Besetzung des Schlosses. ‒ Alle übrigen Bataillone werden
veranlaßt, etwanige zusammentretende Versammlungen durch starke Patrouillen
zu zerstreuen.
Ich mache im Voraus darauf aufmerksam, daß der Patrouillendienst
wahrscheinlich in den nächsten Tagen lebhaft wird unterhalten werden müssen,
worüber ich mir nach der Erfahrung des ersten Tages das Nähere vorbehalte,
halte mich aber verpflichtet, die Herren Bataillonskommandeure zu bitten,
ihre Aufmerksamkeit auf dergleichen Versammlungen, nicht auf die bloße Dauer
der Sitzung der Repräsentanten zu beschränken.
Wenn es gleich nicht in der Unmöglichkeit liegt, daß wir von den Waffen
hierbei Gebrauch machen müssen, so bitte ich stets eingedenk zu sein, daß es
das letzte Mittel ist und es immer unser Zweck sein muß, den Unordnungen
durch Aufforderung im Namen des Gesetzes abzuhelfen. Mit großer Ueberlegung
wollen daher die Herren Kommandeurs, nicht übereilt, einschreiten und
zufällige Aufläufe von solchen unterscheiden, welche eine Besorgniß erregen
können.
Die Aufforderung zum Auseinandergehen muß laut und fest ausgesprochen werden,
ohne deshalb etwas Barsches und Verletzendes hineinzulegen. Wo der Tambour
bei der Hand ist, muß vor jedesmaliger Aufforderung ein dreimaliger Wirbel
geschlagen werden und der Gebrauch der Waffen, im langsamen Schritte
vorgehend, nur dann eintreten, wenn man hartnäckigen Widerstand findet. ‒
Zeigt sich aber die Neigung zum Auseinandergehen, so muß der Marsch so
eingerichtet werden, daß die Leute Zeit haben sich zu entfernen.
Blesson.
‒ Die Bekanntmachung, durch welche die Urwähler und Wahlmänner des 3. Bezirks
zu einer Versammlung in der Geheimrath-Bauerschen Sache eingeladen werden
und welche gestern an den Mauern zu lesen war, ist folgendermaßen formulirt
:
In der am 10. d. M. stattgefundenen Versammlung der Urwähler und Wahlmänner
des hiesigen dritten größern Wahlbezirks, ist es zur Sprache gekommen, daß
der in demselben gewählte Abgeordnete Geh. Revisionsrath Bauer,
an dem Zuge nach den Gräbern der am 18. und 19. März gefallenen
Freiheitshelden nicht Theil genommen und dem
[0072]
Berends'schen
Antrage auf Anerkennung der Revolution seine Zustimmung nicht gegeben
hat.
Es wurde angenommen, daß ein Abgeordneter Berlins, der die Revolution und die
dadurch zur Geltung gekommene Souveränität des Volkes nicht anerkenne, auch
das Vertrauen seiner Wähler nicht besitzen könne. Demzufolge ist fast
einstimmig beschlossen worden, den Abgeordneten Bauer über die Gründe seines
Verhaltens zu hören. Da derselbe gegen eine zu diesem Zwecke an ihn
abgesendete Deputation eine sofortige Erklärung hierüber vor dem Vereine
ablehnte, für den Fall aber, daß er das Vertrauen seiner Mandanten verloren
habe, sein Mandat niederzulegen sich bereit erklärt hat, ist zur Erledigung
dieser wichtigen Angelegenheit eine neue Versammlung auf Mittwoch, den 14.
Juni, Abends 6 Uhr, im Konzertsaale des Schauspielhauses angesetzt worden,
zu welcher die gesammten Urwähler und Wahlmänner des dritten größeren
Wahlbezirks (der Wahlbezirke Nr. 39 bis incl. 63, 68 und 69) hiermit zu
recht zahlreichem Erscheinen eingeladen werden. Berlin, den 11. Juni 1848.
Das Vereins-Comité des 3. Wahlbezirks.
‒ Die preußische konstituirende Versammlung. (15.
Sitzung vom 14. Juni.) Die Sitzung wird Mittags 12 Uhr vom Präs. Milde
eröffnet. Gegen das Protokoll der 14. Sitzung findet sich kein erheblicher
Widerspruch. Der Präsident läßt ein von ihm an das Staatsministerium unterm
10. Juni gerichtetes Schreiben verlesen, dessen Inhalt sich auf die Vorfälle
vom Freitag bezieht. Der Präsident berichtet in demselben über die
Deputation, welche die vor der Singakademie versammelte Menge in Betreff der
Abstimmung über den Berends'schen Antrag an dem erwähnten Tage an ihn
gesandt, die Antwort, die er der Deputation ertheilt, die gegen die Herren
v. Arnim und Sydow geschehenen Thätlichkeiten, das Benehmen der in der Nähe
aufgestellten Bürgerwehr, welche, wie er aus guter Quelle wisse, sich des
Ministers v. Arnim anzunehmen geweigert habe. Am Schlusse des Schreibens
wird das Ministerium um strenge Untersuchung und gerichtliche Verfolgung der
Urheber und Vollstrecker jener Insulten, sowie um Schutz gegen größere
Zusammenrottungen in der Umgegend des Sitzungs-Gebäudes der
National-Versammlung ersucht. Abg. Temme beklagt die bedauerlichen Vorgänge,
würde jedoch einem Antrage auf Verlegung der National-Versammlung, eben so
wie einem kürzlich in Paris erlassenen Gesetz gegen Attroupements nicht
beistimmen. Das Gesetz vom 6. April reiche in letzterer Beziehung vollkommen
aus; man könne der Bürgerwehr fest vertrauen. Indeß wäre es nothwendig, daß
zum Zweck der Sicherstellung der National-Versammlung und ihrer einzelnen
Mitglieder ein aus folgenden 4 §§. bestehendes Gesetz erlassen würde: 1) Die
Versammlung zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung ist während
der Dauer ihrer Sitzungen unverletzlich; 2) ebenso jedes einzelne Mitglied
der Versammlung auch außerhalb derselben; 3) jede gegen die Versammlung oder
einzelne Mitglieder begangene Thätlichkeit und Beleidigung ist als
Hochverrath anzusehen, und wird 4) schon als solche, abgesehen von anderen
Strafbestimmungen, mit einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis 3 Jahren
belegt. ‒ Minister-Präsident Camphausen: Die
vorgefallenen Ereignisse seien im höchsten Grade beklagenswerth, und man
müsse ähnlichen Vorkommnissen für die Zukunft steuern, weil sonst in der
Provinz die Ansicht Raum gewinnen könnte, daß die National-Versammlung nicht
frei handle. „Da aber der Vorwurf die Regierung treffen könnte, daß sie
nicht die nöthigen Mittel angewendet, um solchen Ausschweifungen zu
begegnen, so halte ich es für meine Pflicht, Ihnen darzulegen, von welchen
Grundsätzen wir in dieser Beziehung geleitet werden. Als ich in das
Ministerium trat, war das Land noch von einem großen Sturme bewegt, zu
dessen Beilegung sich 2 Mittel darboten. Nach dem einem mußten wir
gewissermaßen als revolutionäre Regierung auftreten, die Begründung unserer
Zustände lediglich in den letzten Zeitereignissen suchen, und von diesem
Gesichtspunkte aus bei der Handhabung der Gesetze und der Herstellung der
Ordnung ausgehen. Der zweite Weg bot sich uns dadurch dar, daß wir mit den
gesetzlichen Mitteln, welche übrig geblieben waren, einstweilen
fortregierten, bis die Vereinigung mit der Nationalvertretung uns weitere
Mittel in die Hände geben würde. Den ersten Weg, den der revolutionären
Diktatur, hat das Ministerium, wenn es ihn einschlagen konnte, nicht
einschlagen wollen. Wir haben den zweiten betreten, und dieser Weg war nicht
leicht. Wir mußten, so weit uns der feste Halt fehlte, mit der öffentlichen
Meinung regieren, unsere Stärke häufig in der Passivität suchen, wir mußten
oft auf die Anwendung stärkerer Maßregeln Verzicht leisten, weil daraus der
Verdacht der Reaktion hätte entstehen können. Zur Aufrechthaltung der
öffentlichen Ordnung mußten wir uns auf die Bürgerwehr, auf ihre
Bereitwilligkeit und Gesinnung verlassen. Es ist uns gelungen, diese
Schwierigkeit zu überwinden; wir haben diesen Weg zurückgelegt bis zu dem
gegenwärtigen Zeitpunkt, wo aus unserer Vereinigung mit den Vertretern der
Nation eine starke und kräftige Regierung hervorgehen wird, deren Beschlüsse
das ganze Land und Berlin selbst wird anerkennen müssen, sollte diese
Versammlung auch als reaktionär verschrieen werden. Was die Sicherstellung
ihrer Berathungen anbetrifft, so würde ich eine Verlegung der Versammlung
weder für an der Zeit, noch für politisch halten.“ An der Tagesordnung ist
eine Interpellation des Abgeordneten Contzen an den
Minister der auswärtigen Angelegenheiten über dessen, dem Gerüchte nach
unter den Augen der Bürgerwehr erlittene Mißhandlung; da indeß Hr. v. Arnim
nicht gegenwärtig ist, so wird zu dem Antrage des Abg. Reichensperger
übergegangen : Die hohe Nationalversammlung wolle sofort eine Kommission mit
der Aufgabe ernennen, durch Vernehmung der betreffenden Abgeordneten
diejenigen Thatsachen festzustellen, durch welche an den letzten
Sitzungstagen die Würde die Nationalversammlung und die Sicherheit ihrer
Mitglieder verletzt oder bedroht worden ist; ‒ demnächst aber zu berichten,
welche Maßregeln zur Verhütung jeder Wiederkehr derartiger Vorkommnisse
ergriffen worden sind.
Reichensperger motivirt seinen Antrag. Es fordere die
Würde der Versammlung, daß sie ihre Unverletzlichkeit ausspreche. Er selbst
wünsche keine „draconischen“ Strafbestimmungen, aber es trage zur Ruhe bei,
wenn die Versammlung über die Märzrevolution und die letzten „Störungen“ ein
Votum erlasse.
Philipps beantragt Uebergehen zur Tagesordnung. „Ich
halte es für unnöthig und unpassend, daß sich die Versammlung auf
polizeiliche Bestimmungen einlasse.“ (Beifallsruf.)
Auerswald, Minister des Innern: Das Staatsministerium
habe das Schreiben des Präsidenten Milde nicht erst abgewartet, sondern
bereits früher den Berliner Magistrat auf die nöthigen Schritte bei
Vorfällen solcher Art aufmerksam gemacht.
v. Berg. Die Versammlung hat nicht das Recht den
Pflichten der Behörden vorzugreifen. Die Bürgerwehr ist nicht dazu da, an
schönen Tagen mit Federhüten einherzustolziren, es muß Ehrensache für sie
sein, die Vertreter des Volkes zu schützen. Ich verlange statt der
einfachen, eine motivirte Tagesordnung; die Versammlung möge erklären: „in
Erwartung, daß die Behörden für die Sicherheit der Versammlung pflichtmäßig
Sorge tragen werden, geht sie zur Tagesordnung über.“ Dann haben die
Behörden für die nöthig scheinenden Maßregeln, sei es eine Aufruhrakte
(Gelächter) oder sonst etwas, selbst Sorge zu tragen. (Der Antrag wird
unterstützt.)
Jung. Der Berg'sche Antrag stehe mit der Veranlassung
in keinem Verhältniß. Auch er, der Redner, habe einen Antrag auf motivirte
Tagesordnung eingereicht, nehme aber jetzt denselben zurück und trage auf
einfache Tagesordnung an. In England und Frankreich wisse man sich über
kleine Unbill erhaben. Vollends aber hier sei das Ereigniß zu unbedeutend,
um zu solch großartigen Mitteln zu schreiten. (Lärm in verschiedenem
Sinne.)
Ein anderer Redner gegen Reichensperger: es sei der Würde der Versammlung
nicht angemessen, der Polizei ins Handwerk zu greifen. Die Versammlung möge
dem Volk ein treuer Hüter sein, so werde sie auch am Volk einen treuen Hüter
haben. (Stürmischer Beifall der Linken.)
Baumstock erklärt unter großem Lärm und Gelächter, er
wolle sich auf den „welthistorischen Standpunkt“ stellen, er wolle Gesetze,
die ihn schützen; der Finanzminister Hansemann
versichert, daß er keine Furcht habe, daß er im Gegentheil aus Muth der
Gewalt des Volkes durch Gesetze entgegentreten wolle; die Versammlung wird
immer unruhiger und lärmt zur Abstimmung.
Dierschke. Man wolle gegen die kleinen Unbillen des
Volks die großartigsten Vorkehrungen treffen, die schändlichsten
reaktionären Umtriebe lasse man unberücksichtigt. In Schlesien cirkulirten
Adressen, worin gedroht werde, daß die pommer'schen Junker gen Berlin ziehen
würden … (Tobender Sturm in der Versammlung.)
Minister Auerswald. Anzeigen dieser Art sollten in
bestimmter Fassung nur niedergelegt werden.
Reichenbach. Hier haben Sie die Adresse. (Gelächter.
Lärm. Stürmischer Ruf zur Abstimmung.)
Noch zwei Redner und der Antragsteller erhalten das Wort. Bei der Abstimmung
wird zuerst der Antrag von Philipps auf einfache Tagesordnung verworfen;
ebenso die von Berg beantragte motivirte Tagesordnung; endlich aber erhält
auch der Antrag von Reichensperger nicht die Majorität.
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@facs | 0072 |
[103] Breslau, 17. Juni.
Voriges Jahr noch sagte man den Schlesiern Allerhöchste Schmeicheleien; „von
Gottes Gnaden“ wurde ihnen versichert: ihre Provinz sei und bleibe die
schönste Perle in der Krone Preußens. Solch' abgegriffene Redensarten gelten
als geistreich bei Denen, die mittelst jener „schönsten Perle“ gar angenehme
Geschäfte trieben. Die Uebrigen, das heißt 7/8 der ganzen Bevölkerung,
verbissen einstweilen ihren Ingrimm über jene Verhöhnung. Sie warteten des
Tages, der bald hereinbrechen mußte, um dann frei und bündig ihre
Gegenerklärung abzugeben.
Schlesiens Zustände sind seit den Märztagen in ihrem wahren Lichte
hervorgetreten; über die Gesinnung unter der Mehrzahl seiner Bewohner kann
nicht länger ein Zweifel bestehen.
Der vorherrschende Geist ist revolutionär. Er wird es so lange bleiben, bis
einerseits der mittelalterliche Unrath gänzlich hinweggefegt und
andererseits die moderne Beamten-, Polizei- und Bourgeois-Wirthschaft zu
Grabe getragen ist, mit Einem Wort, bis die Volkssouveränetät ungeschmälerte
Anerkennung und Verwirklichung gefunden.
Vor 3 Monaten war ein starkes politisches Bewußtsein hauptsächlich nur in
Breslau und einigen andern Städten vorhanden. Selbst in diesen gab es noch
gar viele Anhänger der Monarchie, gemüthliche Seelen, denen die Gewohnheit
zum Naturgesetz geworden. Noch größer war ihre Zahl in andern Theilen der
Provinz.
Seitdem hat sich die Stimmung, trotz der kurzen Zeit, mächtig geändert. Zu
dieser Umänderung hat allerdings der demokratische Central-Verein zu Breslau
in Verbindung mit seinen Zweig- und Bruder-Vereinen hier und in der Provinz
kräftig beigetragen. Allein viel wirksamer war jedenfalls die von der
reaktionären Partei ausgehende Propaganda. Durch die schamlosen Angriffe,
die sie namentlich gegen die hiesigen Demokraten richtete, durch ihre
wüthigen Aufforderungen, nach Breslau zu ziehen und die dortigen
Revolutionäre mit Stumpf und Stiel auszurotten, nöthigenfalls die Stadt dem
Boden gleich zu machen, durch ihre Drohungen, bald mit 20, bald mit 40
Tausend Mann gegen das Demokraten-Nest zu marschiren, durch ihre Intriguen,
den diesjährigen Breslauer Wollmarkt zu verhindern, durch ihre
Geldaustheilungen an Breslauer Arbeiter, um während des dennoch zu Stande
gekommenen Wollmarktes eine Emeute hervorzurufen, hat sie vielen den Staar
gestochen.
Sodann kam der saubere Verfassungsentwurf. Er fiel wie eine Bombe in
Schlesien hinein. Selbst die Herren Konstitutionellen, wenigstens der
biedermännische Theil derselben, schämte sich und ließ sein früheres
Geschrei gegen die Demokraten verstummen. Und nun gar die Aussicht auf eine
gezwungene Anleihe! Nein, das war doch zu stark! Seldst Gutsbesitzer, die
zuvor jeden Republikaner mit Haut und Haaren zum Frühstück verspeisen
wollten, standen plötzlich da und machten eine Miene, wie die Katzen, wenn's
donnert. In ihren Augen hatte jetzt die demokratische Partei doch so Unrecht
nicht.
Auf dem platten Lande bilden die gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse eine
selbstredende Propaganda. Nebstdem ist „Kilian
Raschke“ („Inhaber vum eisern Kreitze und Mitglied des
demokratischen Klubs“) mit seinen 3 Proklamationen an das Landvolk von
unberechenbaren Einfluß gewesen. Sein „Pauern, ufgepußt!“ hat z. B. in mehr
als 100,000 Exemplaren gedruckt werden müssen, um der Nachfrage zu
entsprechen.
Ist nun zwar die demokratische Partei durch ihre Zahl stark, so sind es die
Reaktionäre durch ihre Geldmittel und durch das Beamtenthum. Letzteres ist
bis auf wenige Ausnahmen unverändert geblieben und bietet alle Kräfte auf,
um sich die geliebten Fleischtöpfe nicht enreißen zu lassen. An diesem
Beamtenthum findet eben der hohe und niedere Adel in Schlesien, von dem es
wohl nirgens sonst in dem Grade wie bei uns wimmelt, seine beste Stütze.
Namentlich sind die Landräthe, sehr wenige ausgenommen, und in den Städten
die Magistrate die heftigsten Gegner der neuen Bewegung. Auch die
Stadtverordneten sind an vielen Arten nichts weiter, als ein Ausschuß von
Reaktionären.
Bei solchen widerstrebenden Elementen ist an ein Aufhören des Kampfes nicht
zu denken. Für die Einen handelt es sich um Beibehaltung ihrer Vorrechte,
für die Andern um Vernichtung derselben. Gutwillig geben die Ersteren nicht
nach. Drum wird die Gewalt entscheiden müssen.
Schließlich ist nicht zu übersehen, daß wir uns in einer geographischen Lage
befinden, die eine scharfe Sonderung der Parteien und einen heftigen
wechselseitigen Kampf bedingt.
Nicht weit von der russischen Gränze setzen die Reaktionäre ihre Hoffnung auf
Hülfe von Osten. An der russischen Gränze häufen sich täglich größere
Truppenmassen auf und binnen ein paar Wochen ist Alles zu einem
nachdrücklichen Schlage vorbereitet. Daß die russische Politik mit den
preußischen Reaktionären von Potsdam, Pommern, Posen und Schlesien Hand in
Hand geht, daran zweifelt hier schon lange Niemand mehr. Die Unentschiedenen
sind dadurch genöthigt, Partei zu ergreifen und die Verhältnisse zwingen sie
meist, sich zur demokratischen Fahne zu schlagen.
Aber selbst wenn die Russen wider allen Anschein nicht so schnell in
Deutschland einbrechen sollten, so ist doch in Schlesien ein baldiger Kampf
zwischen den Anhängern und denen des Alten und Neuen unvermeidlich. Die
gesammte Landbevölkerung ist in der höchsten Aufregung. Sie erwartete, daß
die Deputirten in Berlin sofort alle mittelalterlichen Lasten ohne
Entschädigung aufheben würden. Dies ist bis jetzt nicht geschehen und die
Erbittrung wächst mit jedem Tage. Sie wird noch vermehrt durch die Last
militärischer Einquartirung, durch das Herumziehen mobiler Kolonnen. Der
Faden der Geduld droht bald zu reißen. Dazu kommt das Elend in Oberschlesien
und das noch größere unter den Webern und Spinnern, nicht blos des Eulen-,
sondern des ganzen übrigen Gebirges.
Bestände die Berliner Nationalversammlung aus Männern, welche die Zeit
begriffen, sie würde durch energisches Auftreten, durch radikale Maßregeln,
durch schnelle Entscheidung dem bedrohlichen Zustande ein Ende machen. Wie
es jetzt steht, wird das Volk immer mehr zur Beherzigung des Spruches
hingedrängt: „Hilf dir selbst, so wird dir der Himmel helfen!“
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@facs | 0072 |
[8] Dortmund, 15. Juni.
Die Grafschaft Mark ist in Frankfurt wie in Berlin ausgezeichnet vertreten.
Von dem Ritter Vincke nicht zu sprechen, dem in's
Westphälische übersetzten Schwerin, haben wir Herrn
Höfken, und Herrn Harkort.
Herr Höfken, Dr. phil., Ex-Offizier, früher in
königl. spanischen Diensten, jetzt Privatdozent in Heidelberg, ist ein
Hattinger von Geburt. Als die Wahlen zur Nationalversammlung ausgeschrieben
wurden, erschien Herr Höfken in Dortmund und Bochum und stellte sich als
Kandidat. Er wurde zweimal gewählt, einmal als Stellvertreter und das
zweitemal, als Ritter Vincke abgelehnt, auch als Abgeordneter nach
Frankfurt.
Seelenvergnügt reist der Dr. Höfken nach Hause, setzt sich hin und schreibt
ein „tiefergebenstes“ Danksagungsschreiben an die hochgeehrtesten Herren
Wahlmänner des Wahlkreises. ‒ Der deutsche Briefstyl ist großer Dinge fähig;
aber diese überschwengliche in hochpoetischen Schwulst eingehüllte
Speichelleckerei des Dr. Höfken konnten selbst die „Hochgeehrtesten“ der
Kreise Bochum und Dortmund nicht ganz verdauen. Seine parlamentarische
Stellung bezeichnet Herr Höfken ebenfalls in diesem Schreiben, indem er in
ein begeistertes Lob des Ritters Vincke, des „Glanzpunktes der Grafschaft
Mark“ ausbricht und desgleichen des hochverehrten Herrn Vaters dieses
Glanzpunktes rühmlichst gedenkt. Seitdem hat der Dr. Höfken über Limburg und
Böhmen gesprochen, sich aber nicht verständlich machen können. Es ist das
leider nur zu oft das Loos der großen Männer unserer Gegend.
Herr Harkort, Abgeordneter des Kreises Hagen in
Berlin ist eine ächte märkische Lokalcelebrität. Jeder Markaner kennt den
verehrten Herrn Friedrich Harkort, den Menschenfreund, den Biedermann, den
Volksschriftsteller. Herr Fr. Harkort ist Gewerbsmann, Fabrikant, Kaufmann
und Krieger von 1815. Hr. Harkort hat einiges Weniges über Industrie und
Schulwesen geschrieben. Er war Vorstand des Dortmunder Gewerbvereins. Als
solcher trat er vor zwei Jahren mit seiner Lieblingsidee auf, nämlich der
Wiedereinführung des Zunftwesens. Hr. Harkort verabsäumte nicht die
reaktionäre Taktik und schmückte das Zopfthum seines Zunftwesens mit den
Bändern moderner Schlagwörter als Association, Organisation der Arbeit u. s.
w. aus. ‒ Nach diesem verschwand Hr. Harkort plötzlich wegen
Vermögenszerrüttung. Kurz vor den Wahlen erschien Fr. Harkort wieder in
verschiedenen westphälischen Wochenblättern mit einem Briefe an die Meister
und Arbeiter der Grafschaft Mark. In diesen Briefen suchte sich Herr Fr.
Harkort durch einen sogenannten populären, d. h. ungehobelten und von
Plattheiten strotzenden Bollerwagen-Styl zum märkischen Paul Louis Courrier
aufzuschwingen. Herr Fr. Harkort „kam auch von Paris“, und hatte daher den
besten Grund, seinen Markanern mitzutheilen, daß „dort die Tauben auch nicht
gebraten herumfliegen.“ Daran knüpfte Herr Harkort dann eine Schilderung der
französischen Republik, die nicht von Paris, sondern aus der Heulerphantasie
des Herrn Harkort kam. Ein so unverschämtes Lügengewebe ist nie gemacht
worden. Selbst nach den entstellten Berichten der deutschen Zeitungen über
Paris kann man ihm zwei Dutzend der handgreiflichsten Lügen nachweisen. Aber
diese Verdächtigungen der französischen Republik waren gerade, was die
märkischen und bergischen Fabrikanten für ihre Arbeiter bedurften. Tausende
und abermals tausende von Exemplaren wurden für Rechnung der Fabrikanten in
Elberfeld, Krefeld und der Mark gedruckt und gratis verbreitet. Ein solcher
Erfolg sicherte die Wahl des Hrn. Harkort, der nun in Berlin sitzt und
darauf anträgt, die Versammlung möge nach Potsdam verlegt werden.
Im Kreise Dortmund wurde nach Berlin Herr Ostermann, Jurist, gewählt, der
auch gegen die Anerkennung der Revolutioon stimmte. Ueberhaupt sitzt die
ganze Grafschaft Mark, wenn nicht auf der Rechten, so doch im rechten
Centrum.
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@facs | 0072 |
Frankfurt, 14. Juni.
(16. Sitzung der konstituirenden
Nationalversammlung.) Nach Verlesung des Protokolls zeigte der
Präsident an, daß die Abgeordneten Meyer von Lüneburg und Arnim von
Boitzenburg ausgetreten seien und Camphausen in der Versammlung nicht
erscheinen könne. An der Tagesordnung war die Berathung über den Bericht des
Verfassungs-Ausschusses in Betreff der luxemburger Frage. Auf den Wunsch der
luxemburger Abgeordneten wurde jedoch die Berathung ausgesetzt. ‒ Berathung
über den Bericht des Marine-Ausschusses:
v Möring
empfiehlt das System der Amerikaner, kleinere Schiffe zum Kriegsdienst
brauchbar zu machen, zur Nachahmung; erklärt sich für Fregatten und gegen
Corvetten, wünscht statt 4 Dampfschiffen zu 350 Pferdekraft, 10 zu 250
Pferdekraft, und will die 200 Kanonenboote ganz beseitigt wissen.
Wartensleben empfiehlt im Namen von Millionen
Küstenbewohnern die Annahme des Vorschlags. Es sei der erste Akt, wo das
Prinzip der Volkssouveränität sich durch die That aussprechen könne.
Wiesner gibt zu bedenkrn, daß die Versammlung heute
zum ersten Mal eine Steuer auferlegen solle. Das Volk seufze aber nach
Steuererleichterung. Jedenfalls dürfe man keine neue Steuer auferlegen, ehe
die Aussicht auf Abgabenverminderung dem Volke eröffnet sei. Der Redner
stimmt für Zurückweisung der Sache an den Ausschuß.
Tellkampf macht die Vortheile einer Flotte geltend.
Kaiser vertheidigt die Anwendung von Kanonenböten
(welche der Redner vor ihm „bewaffnete Nußschaalen“ genannt hatte) besonders
für die flachen Ufer der Ostsee. Von Ersparnissen am Landheer könne unter
jetzigen Umständen keine Rede sein.
Schlöffel:
Deutschland besitzt wohl einen Brunnen aus dem es die 6 Mill. Thlr. schöpfen
könne: es handle sich nur darum, ihn aufzufinden. Deutschland habe seit
Jahren viel Blut verloren; man möge Die aufsuchen, die das Blut bewahren.
Die darbenden Weber in Schlesien und die Handwerker und Industriellen in den
meisten übrigen Theilen Deutschlands seien außer Stande, neue Steuern zu
zahlen; ihre Vertreter könnten sie daher unmöglich bewilligen. Man möge sich
an die Großmuth der Privelegirten wenden. Wenn man das Volk mit neuen
Steuern belaste und den socialen Uebelständen nicht abhelfe, könnte der
politischen Revolution eine Hunger-Revolution folgen.
v.
Reden bemerkt, daß bereits Hülfssteuern ausgeschrieben seien, von
denen auch die Flotte bestritten werden könne. Allerdings würden sie vom
Volke erhoben, aber natürlich nur vom besitzenden Theile. Deutschland zähle
jetzt schon 40,000 tüchtige Matrosen, die im Ausland vor allen andern
gesucht würden. Ferner empfiehlt er die Bildung von Matrosen-Gemeinden wie
in Rußland und die Vertheilung von Prämien für die Armirung von Dampf- und
Kauffartheischiffen. Er stimmt für sofortige Bewilligung der ganzen Summe.
Wedekind erläutert, daß es sich nicht darum
handle, neue Steuern aufzulegen, sondern nur Ausgaben zu bewilligen, und in
den meisten Staaten werde hierzu keine neue Steuer erforderlich sein.
Jedenfalls würden die Schiffe reiche Zinsen tragen durch Kräftigung der
politischen Stellung Deutschlunds und durch Schutz des Privateigenthums. Der
Redner schlägt vor, die österr. Marine als Anfang der deutschen Flotte zu
benutzen, und kommt dann auch auf die preußische „Amazone“ zu sprechen,
bricht aber diesen Gegenstand ab, da die Versammlung einige Ungeduld zu
erkennen gibt.
Bally aus Oberschlesien glaubt, daß
Jeder gern seinen Beitrag zur Flotte geben werde; findet es aber bedenklich,
einer Steuer auszuschreiben, ehe eine entsprechende Einnahme nachgewiesen.
Man solle daher den Antrag ruhen lassen, bis eine Marine-Einnahme
ausgemittelt sei.
Ostendorf schildert die trostlose
Lage des Danziger Handels in Folge des Krieges mit Dänemark.
Roß zeigt die Correspondenz des Ausschusses vor, um
zu beweisen, daß der Ausschuß allerdings die Sache näher geprüft habe. In
nähere Details könne der Ausschuß nicht eingehen, wenn man nicht Gefahr
laufen solle, die eingeleiteten Unterhandlungen zu vereiteln.
Grobert aus Breslau findet die beabsichtigte Marine
zu klein und die Geldausgabe zu groß. Er will dem
[0073]
Bundestag
keine Einwirkung zugestehen; wenn das Volk und die Nationalversammlung
souverän sei, so habe diese die Steuer auszuschreiben. Eine Zwangssteuer
durch ganz Deutschland für die Flotte würde große Aufregung hervorrufen. Das
Volk werde nichts bezahlen, so lange nicht seine Vertreter in dieser
Versammlung ihm seine Freiheiten garantirt haben würden.
Zimmermann aus Stuttgart schlägt eine Nationalsubscription vor,
Eisenmann eine Einkommensteuer, bei welcher das
geringere Vermögen außer Anschlag bliebe,
Wesendonck
eine progressive Einkommensteuer.
Eisenstuck: „Wenn
ich“ sagte er „in die Tasche des Volkes greifen soll, will ich eine
verbriefte und versiegelte Garantie dafür haben, daß das von der
Souveränität bewilligte Geld von einer wirklich der Souveränität
verantwortlichen Behörde zu Nutzen und im Sinne des Volks verwendet wird; es
muß erst eine Centralgewalt bestehen, die lediglich die Beschlüsse der
Nationalversammlung zu vollziehen hat.“
Eisenmann:
Die 6 Millionen Thaler würden nicht so schnell eingehen; auch könne ja die
Versammlung sich die Controle nicht nehmen lassen. Die Versammlung möge
einen thatkräftigen Beschluß fassen. Es verstehe sich von selbst, daß man
den Armen nicht belasten dürfe.
Jordan aus
Brandenburg: Auch er habe keine Sympathie für den Bundestag und wünsche, daß
er baldmöglichst verschwinde; allein er sei leider noch da, und man könne
nicht umhin, sich dieses einzigen jetzt vorhandenen Organs zu bedienen.
Radowitz, Berichterstatter der Kommission, erklärt,
die Verwendung der Gelder werde derjenigen Behörde zufallen, welche die
Land- und Seemacht zu leiten haben werde. Präsident
v.
Gagern: Es seien nur Wenige in dieser Versammlung, die keine Marine
wollen. Die Ansicht, daß eine verantwortliche Behörde bestehen müsse, habe
allerdings vielen Grund; dafür werde aber in nächster Zeit gesorgt werden.
Es werde weder ein Ausschlag noch eine Verwendung der Gelder anders
geschehen, als durch diese verantwortliche Behörde. Was den Ausschlag
betreffe, so könne derselbe in Ermangelung einer gemeinschaftlichen
Vollzugsbehörde nur durch die Staaten geschehen; der Bundestag sei lediglich
die Vermittlungsbehörde.
Eisenstuck nimmt unter der
Bedingung, daß die Verwendung der Gelder und die Verantwortlichkeit dafür
lediglich der künftigen provisorischen Centralgewalt anheimfalle, seinen
Antrag auf Vertagung zurück;
Radowitz tritt der
obigen Erklärung bei, und der Ausschußantrag wird in dieser modifizirten
Fassung fast einstimmig und unter lebhaftem Beifall angenommen.