Deutschland.
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Edition: [Karl Marx/Friedrich Engels: Inkompetenzerklärung der Versammlungen zu Frankfurt und Berlin. In: MEGA2 I/7. S. 105.]
[*]Köln, 11.
Juni.
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[19]Köln, 12.
Juni.
(Die frankfurter Nationalversammlung.) Die zweite Abstufung ist ebensosehr
von der Wehmuth der „Gesinnungstüchtigen“ entfernt, wie sie die schroffen
Herausforderungen der äußersten Linken zu vermeiden sucht Franz Raveaux, der
durch seine Anträge die Linke zu vertreten und durch seine freiwilligen
Modifikationen den Centren zur „Verständigung“ zu helfen weiß, kann zu
dieser Fraktion gezählt werden. Ihr gewandtester und erfolgreichster
Sprecher ist Robert Blum, der als der Führer der ganzen Linken anzusehen
ist. Seine Rede imponirt durch eine kalte Ruhe, eine Ruhe, die ihn auch dann
nicht verläßt, wenn er in höchster Kraft des Ausdrucks seine
niederschmetternden Anklagen der Rechten entgegenwirft. Als bei der
Verhandlung über die Mainzer Angelegenheit der Antrag auf Abberufung der
preußischen Garnison von der Linken durch Schilderungen des preußischen
Soldatenübermuthes unterstützt, und von der Rechten durch Invektiven gegen
die Mainzer Bürgerschaft angegriffen, trat Blum für den Antrag der Linken
mit dem kurzen Bemerken dazwischen, daß es gar nicht auf Recht oder Unrecht,
sondern auf vorläufige Trennung zweier streitenden Parteien ankomme. Seine
Ausdrucksweise ist derb und körnig, aber er weiß stets, wie weit er zu gehen
hat, und seine kalte Ruhe läßt sich durch keinen Eingriff in ihren
Aussprüchen beirren. Der Präsident unterbrach ihn jüngst mit dem Bemerken,
daß eine seiner Behauptungen zu weit gehe; Blum aber wendete sich um, und
sagte: Herr Präsident, das ist eine Meinungsverscheidenheit zwischen Ihnen
und mir
Auf der äußersten Linken finden wir ein buntes Gemisch der verschiedensten
Elemente. Wer hätte erwartet, daß auch Arnold Ruge, der kühle blonde Denker,
zu diesen „Aeußersten“ gehörte? Zwar haben wir den großen Mann, welcher nach
Heine's trefflicher Charakteristik den Hegel ins Pommerische übersetzt, noch
nicht auf der Tribune gesehen, aber Großes, Niegeschehenes steht uns noch
bevor.
In seinem Wahlmanifest an die Breslauer, hat der denkende Weltanschauer die
Aufgabe des Jahrhunderts im Allgemeinen und die Ruge'sche Deputirten-Aufgabe
im Besonderen in den tiefgedachten Ausspruch zusammengefaßt: „Redigiren wie
die Vernunft der Ereignisse!“ Auch sahen wir zweimal schon, als die Debatte
in einen allgemeinen tobenden Sturm der Parteien ausgebrochen war, den
Redakteur der „Vernunft der Ereignisse“ mit vielverkündender Lebhaftigkeit
nach der Tribüne stürzen, wenn auch beidemal wieder vor den Stufen langsam
und nachdenklich umkehren. Möge daher das harrende Volk sich beruhigen!
Seine Erlösung, die Uebersetzung der „Vernunft der Ereignisse“ ist an den
Stufen der Tribüne in der frankfurter Paulskirche angelangt! Wenn auch
vielleicht
„Atta-Troll gleich, dem Tendenzbär,
Sehr schlecht tanzend, doch
Gesinnung
Tragend in der zott'gen Hochbrust“,
ist der Redakteur der Vernunft der Ereignisse jedenfalls
Kein Talent, doch ein Charakter.
Herr Jordan aus Berlin, der bisher gleichfalls zu den Aeußersten gehörte,
sieht sich gegenwärtig in seiner Stellung bedroht. Als Herr Jordan in einem
märkischen, namenlosen Bezirk als Kandidat auftrat, wurde er gewählt unter
dem Versprechen, für die konstitutionelle Monarchie zu wirken. Seine Wähler
haben ihn in diesem Augenblick aufgefordert, ihre „Besorgnisse“ zu
zerstreuen, und seinen Verheißungen nachzukommen. Was wird Herr Jordan thun?
Wird er dem „Vertrauen“ seiner Wähler fernerhin nachkommen, oder wird er
seine Deputirtenvollmacht niederlegen? Vielleicht wird er den Ausweg
ergreifen, keines von beiden zu thun.
Der „Kern“ der Aeußersten, die Herren Zitz, Kapp, Titus, Rühl, Vogt, Peter
(der Exstatthalter Hecker's), Brentano und die übrigen aus Baden noch
erwarteten Deputirten, bildet eine Opposition von Bedeutnng. Von denjenigen,
welche, wenn die Minorität zur Gewalt komme, auch zur Thatkraft und
Organisation zu schreiten wüßten, ist Schloeffel wohl der Erste.
Bei dem Resultat der bisherigen Abstimmungen war der Einfluß eines Mannes
nicht zu verkennen, den sich die Majorität zu ihrem Präsidenten erkoren hat.
Der „edle Gagern“ hat diese „hohe Auszeichnung“ nur dem Tod seines Bruders
zu verdanken, welcher in dem Kampf für die Fürsten gegen die Vorkämpfer der
deutschen Republik fiel; seine Wahl konnte und sollte für die reaktionäre
Majorität nur eine Demonstration sein. Die Art, wie Ehren-Gagern bisher die
Debatte leitete, hat bewiesen, daß er wenigstens nicht undankbar ist. Bei
der Verhandlung über die Mainzer Angelegenheit, wo es sich darum handelte,
ob ein preußischer General in einer hessischen Stadt, die zufällig auch
Bundesfestung ist, das Recht habe, die von der Landesregierung garantirte
Preßfreiheit und Bürgerbewaffnung zu suspendiren, und wegen eines, noch dazu
von ihm selbst provocirten Kampfes Einzelner mit Einzelnen eine ganze Stadt
mit Mord und Brand zu bedrohen, bei dieser Frage hat der „edle Gagern,“ der
wahrscheinlich als hessischer Minister kompromittirt zu werden fürchtete,
die Ehre des „unparteiischen Präsidenten“ so weit dem mitschuldigen Minister
geopfert, daß er den Abgeordneten Zitz mit einer persönlichen Beleidigung
unterbrach; er hat bei dieser und zwei andern Gelegenheiten die
Fragestellung im Interesse seiner wohlgesinnten Majorität eskamotirt, indem
er statt des weitern dem engern Antrag die Priorität gab, und so die
Minorität zwang, aus Furcht daß der weitere vielleicht durch die Centren zum
Fall gebracht würde, wenigstens dem engern Antrag ihre Stimmen zu geben.
Dafür hat Ehren-Gagern den Dank der wohlgesinnten Pfahlbürger erworben,
welche ihm ihre Rührung mit Fackelglanz und Hornmusik vors Haus trugen, und
mit Entzücken seinen salbungsvollen Erbauungssegen einsogen. Wie ein alter
Wetterfrosch hat er sich zuweilen auch der Linken zugeneigt, da nämlich, wo
auf einen Antrag nichts ankam, und wo die Centren voraussichtlich mit der
Linken stimmten. Die Centren, und auch die Linke haben solchem
rücksichtsvollen Benehmen jedesmal die gebührende Akklamation gezollt, denn
‒ ein solches Benehmen
freut einen jeden Biedermann sehr,
Biedermann, Bassermann, Eisenmann sehr.
Der „edle Gagern“ ist somit der Mann des Tages; ein Band seligen
Verständnisses umschlingt ihn mit der Versammlung; er ist der Versammlung
werth, wie die Versammlung seiner werth ist.
Es steht zu hoffen, daß die Lebenstage der Frankfurter Nationalversammlung
still und schmerzlos hingehen werden.
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[X]Berlin, 9.
Juni.
Gestern hatte der Berends'sche Antrag gesiegt. Heute unterlag er mit 177
Stimmen gegen 196. Hr. Hansemann hatte die Zeit benutzt und seine
schlesischen Bauern abgefüttert, so daß die Dankbaren wie ein Mann gegen die Anerkennung der Märzrevolution stimmten. Das
ministerielle Banket war jedenfalls entscheidender als die augenverdrehende
Beredsamkeit des Pietistenpredigers Jonas, der sich vernehmen ließ, wie
folgt:
Er sei der Ueberzeugung, daß man zur Tagesordnung übergehe. Es sei hier von
einer Anerkennung der Revolution die Rede. Es sei auseinandergesetzt worden,
was Revolution bedeutet. Es kamen jedoch dabei Verwechselungen vor, man
scheidet nicht scharf genug zwischen Reform und Revolution. Eine Reform
werde hervorgerufen durch die lebendige Ueberzeugung mit Uebereinstimmung
des Gesetzes, Revolution dagegen durch eine prinzipielle Ueberzeugung auf
dem Wege der Gewalt. Hier sei aber weiter nichts, als eine Aenderung der
Verfassung geschehen. Diese Veränderung sei groß, wir sind vom absoluten zum
konstitutionellen Königthum übergegangen. Es gebe gewiß Niemand, der dies
freudiger begrüßt, als er. Wir bedürften derselben, damit die Regierung
Nichts ohne das Volk, sondern Alles durch und für das Volk thue. Frägt man:
wie diese Veränderung zu Stande gekommen, so antwortet man durch den 18. und
19. März. Er wolle die Kämpfer nicht herabsetzen, sie standen gegenüber
einer großen Armee (Ruf: z. Sache); das gereiche ihnen und dem Volke zur
Ehre (wiederholter Ruf auf auf beiden Seiten. zur Sache); aber trotzdem
könne die That nicht als ein sittliches Vorbild aufgestellt werden. Die
Revolution läuft unserem religiösen und sittlichen Gefühl schnurstracks
entgegen. (Stürmischer Ruf von allen Seiten: abtreten; es wird vielseitig
dagegen protestirt den Redner weiter sprechen zu lassen.) Seiner
Beurtheilung nach kann man die Anerkennung der Revolution nicht als
sittliches Vorbild aussprechen. Er bestreitet der Versammlung das Recht über
die Frage abzustimmen. Ueber sittliche Prinzipien könne keine Versammlung
abstimmen, es sei eben so, als wolle man darüber abstimmen, ob es einen Gott
gebe. (Lärm und Toben).
Der Abgeordnete Zachariä hatte nämlich den Antrag gestellt: „In Erwägung, daß
das Verdienst der Kämpfer des März unbestritten ist, und daß die hohe
Versammlung nicht berufen ist, Urtheile auszustellen, sondern die Verfassung
zu vereinbaren, beschließt die Versammlung zur Tagesordnung zu
überzugehen.“
Die Linke hob nicht genug hervor, daß die Versammlung mit Annahme dieser motivirten Tagesordnung ihre eigene Competenz beschränkt hat und die das Grundprinzip des
vorgelegten Verfassungsentwurfs votirt hat. Sie hat nun erklärt, daß ihr
Beruf darin besteht, die Verfassung zu „vereinbaren“, das heißt, einen Compromiß mit dem Königthume
abzuschließen.
Die terroristische Rechte, an deren Spitze die rheinischen Juristen stehen,
ließ heute wieder Jacobi nicht aussprechen, dessen Ruhe und Gemessenheit
allerdings diesen Pfahlbürgern Achtung einflößen könnte.
Sie fürchtete eben seine schneidende Logik und darum griff sie wieder zu den
alten Mitteln, sie scharrte und lärmte auf alle Weise. D'Ester wußte einmal
mit seiner kräftigen Stimme, trotz des Lärms, der sich gegen ihn erhob,
durchzudringen und erwarb sich dabei den stürmischen Beifall der Linken,
indem er gegenüber dem Minister Hansemann die Versammlung darauf aufmerksam
machte, daß nicht durch die Annahme des Berends'schen Amendements, sondern
durch die Verwerfung desselben die Ruhe des Landes gefährdet sei.
Im Volke herrschte eine allgemeine Erbitterung über diesen Beschluß. Es hatte
sich vor der Singakademie haufenweise zusammengeschaart, in der
unzweideutigen Absicht, dem Minister Camphausen
einem sehr summarischen Lynchverfahren zu unterwerfen. Zwei Blousenmänner
waren sogar in den Sitzungssaal eingedrungen. Zum Glück für Herrn Camphausen
wurden auf den Schrei „die Minister kommen,“ der Minister v. Arnim und der
Prediger Sydow, die zuerst sich präsentirten, durch ein mit Stößen und
Insulten begleitetes Fangspiel von der Singakademie bis in die
Universitäts-Aula expedirt. Die Masse verzog sich nun von der Singakademie
nach der Aula und so entwischte Camphausen und Hansemann. In der Aula
befreiten die Studenten Herrn v. Arnim. Sie und einige Abgeordnete der
Linken warnten vor solchen Schritten. Stimmen aus dem Publikum: „Man hat uns
keinen andern Weg gelassen.“ Vielleicht giebt dieser Vorfall der Versammlung
den Vorwand, einen längst von ihr gehegten Wunsch ‒ die
Verlegung der Versammlung von Berlin nach Potsdam ‒ zu
verwirklichen. Unterdessen sind schon sämmtliche Kostbarkeiten und
werthvolle Mobilien unserer Aristokraten und Bourgeois von Berlin nach
Potsdam emigrirt und die Herren haben daselbst ihr Hauptquartier
aufgeschlagen, während sie Berlin im Fluge auf einige Stunden mit ihrer
Gegenwart beehren. Die Gährung ist außerordentlich und in einigen Tagen
werden wir ein Ministerium Arnim besitzen, wenn die gewaffnete Gewalt siegt
oder eine zweite Revolution wird eklatiren, deren Existenz nicht so
problematischer Natur ist, wie die Märzrevolution nach der Ansicht unserer
Versammlung und ihrer Minister ist. Wie die Würfel auch fallen mögen, das
Ministerium Camphausen ist verloren.
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@facs | 0053 |
[*]Frankfurt
a/M., 10. Juni.
Wiederum ein Mißtrauensakt gegen das Volk, wiederum ein Vertrauensakt gegen
den deutschen Bund! Doch, Gagern hat ja bei dem Raveaux'schen Antrage
behauptet, kein Beschluß könne der Nationalversammlung Schande machen.
Die schleswig'sche Angelegenheit war's, um die es sich heute handelte. Schon
in dem Umstande, daß Heckscher Berichterstatter war, lag eine schlimme
Vorbedeutung. Heckscher macht es wie Biedermann, er spricht über alles mit
der gründlichsten Breite, hütet sich aber stets vor die Pointe. Doch heute
dürfte die Pointe nicht fehlen; er war ja Kommissions-Berichterstatter, er
mußte ex officio einen Antrag stellen, und so stellte er denn nach einer
vier enggedruckte Seiten langen historischen Vorlesung den folgenden:
„Die deutsche Nationalversammlung erklärt, daß die schleswigsche Sache, als
eine Angelegenheit der deutschen Nation, zu dem Bereich ihrer Wirksamkeit
gehört und verlangt, daß bei dem Abschlusse des Friedens mit der Krone
Dänemark das Recht der Herzogthümer Schleswig und Holstein und die Ehre
Deutschlands gewahrt werde.“
Dazu:
„Auch spricht die deutsche Nationalversammlung die zuversichtliche Erwartung
aus, in der Voraussetzung, daß der Rückzug der deutschen Bundestruppen nach
dem Süden Schleswigs strategischen Gründen beizumessen sei, daß für die
erforderliche Verstärkung des Bundesheeres in Schleswig-Holstein, so wie für
die Sicherstellung des durch den erwähnten Rückzug den feindlichen Einfällen
etwa blosgestellten nördlichen Schleswigs schleunige und wirksame Fürsorge
getroffen werde.“ Variation des Gagern'schen. Im Vertrauen, daß die
Regierungen ihre Schuldigkeit thun, wollen wir nichts thun. Und wie rührend
er zu beschwören wußte, man möge ja doch nichts weiter thun, denn ‒ thun sei
gefährlich! Fast hätte er bei seinem Antrage geweint, der gute Herr
Heckscher, und wenig fehlte, daß auch Dahlmann weinte und die andern Herren
Redner, und die ganze Paulskirche wäre auf's Haar ein großes Thränenbad
geworden, so rührsam und allerliebst sprachen sie, so wohlgesetzt und
überaus fleißig ausgeführt waren ihre Reden! die eine länger als die andere.
Vogt aus Gießen fuhr in seiner gesunden praktischen Weise die Leute vom
schönen Wort hart an, und verlangte höchst merkwürdiger Weise zu wissen,
worüber man denn eigentlich rede und was man wolle? Er seinerseits schien
das zu wissen, denn er sprach von einem bestimmten Antrage, den man stellen
müsse, er wollte wissen, weshalb Jütland geräumt sei, wer den Befehl und aus
welchen Gründen gegeben, er wolle den Befehl, die Truppen aus den
feindlichen Rheinlanden und Baden zu ziehen, um sie gegen die Dänen zu
führen und an die russische Gränze, die offen da liege, während man sogar
„halboffiziell“ von einem russischen Kriege rede. Er wollte beim Frieden
nicht bloß Schleswig und Holstein deutsch sehen, sondern auch
[0054]
die halbe dänische Flotte, welche diesen Ländern mit Recht gebühre,
herausheben, und dergleichen mehr.
Sie können sich denken, daß ein im Sinne der Vogt'schen Worte von Riesser
gestellter Antrag, die „gebührende“ Zurückweisung seitens der Rechten
anfuhr. Wozu hat denn die Kommission einen Antrag gemacht, wenn man ihn
nicht annehmen soll? Das meinte Gagern auch, und
wollte ihn sogleich zur Abstimmung bringen. Da aber die Linke sich sträubte,
so wurde noch etwas pro u. contra geredet und endlich „nach unbeschreiblich
vielen, entzückenden, beklatschten“ Worten von Waitz ein Antrag gestellt,
von dem der Präsident „die Ueberzeugung“ aussprach, die Mehrheit werde sich
für denselben statt des Heckscherschen entscheiden. „von Gagern hat's
gesagt, und Gagern ist ein ehrenwerther Mann!“ wie konnte die Rechte
verneinen? Also wurde der vermittelnde Waitz'sche Antrag angenommen, das
heißt in seiner ersten Hälfte, worin eben auch nicht viel gesagt ist, wenn
der Schluß fortbleibt. Er heißt:
„Die deutsche Nationalversammlung erklärt, daß die schleswig'sche Sache als
eine Angelegenheit der deutschen Nation, zu dem Bereiche ihrer Wirksamkeit
gehört, und verlangt, daß energische Maßregeln getroffen werden, um den
Krieg zu Ende zu führen, daß aber bei dem Abschluß des Friedens mit der
Krone Dänemark das Recht der Herzogthümer Schleswig und Holstein und die
Ehre Deutschlands gewahrt werde, und ‒ dies ist der fragliche zweite Theil ‒
die Genehmigung des abzuschließenden Friedens der Nationalversammlung
vorbehalten sei.“
Durch Annahme des Schlußsatzes wäre allerdings eine bestimmte Gewalt den
Regierungen gegenüber in die Hand genommen worden: wie konnte man das aber
wagen? Was hätte der Bund, dessen Gesandter von Schmerling so gleißende
Verheißungen echtdeutscher Tendenzen gegeben hatte, dazu gesagt? Nein, die
Gefahr konnte man nicht wagen: also erklärte man sich „souverän und
kompetent, zu erwarten, daß das Nöthige geschehe, natürlich nicht von selbst
oder durch die Nationalversammlung, sondern durch den Bund“, und strich den
bedenklichen Schluß. Venedey erklärte mit Recht, daß in der Annahme oder
Verwerfung des Schlußsatzes die Kompetenz- oder Inkompetenzerklärung der
Nationalversammlung liege. Er beantrage deßhalb namentliche Abstimmung. Als
dies nach langem Streit zugestanden worden, erlaubte man zwischenträglich
noch Herrn Bassermann das Wort, um zu erklären, der Verfassungsausschuß sei
mit den Grundrechten der deutschen Staatsbürger
fertig geworden, (genau so,) was eine ironische Heiterkeit erregte
und erzielte dann das Resultat der namentlichen Abstimmung dahin, daß der
fragliche Satz des Antrags mit 275 gegen 200 verworfen wurde. Werfen auch
wir damit diese Sitzung bei Seite. ‒ Vogt aus Gießen erklärt gestern im
deutschen Hofe, daß er bestimmt wisse, Rußland habe den Krieg an Preußen
erklärt.
‒ Die Minderheit des Ausschusses für eine provisorische Regierung welche die
in voriger Nummer besprochene provisorische Regierung nicht wollen, stellte folgenden Antrag:
Die konstituirende Nationalversammlung beschließt:
1) Sie wählt mit absoluter Stimmenmehrheit eins ihrer
Mitglieder zum Vorsitzenden eines Vollziehungsausschusses.
2) Dieser Vorsitzende gesellt sich nach freier Wahl vier Genossen zu, die gemeinschaftlich mit ihm den
Vollziehungsausschuß bilden.
3) Der Vollziehungsausschuß hat die Beschlüsse der Nationalversammlung
auszuführen und die Vertretung Deutschlands nach Außen zu übernehmen.
4) Derselbe ist der Nationalversammlung verantwortlich und muß sich
zurückziehen, wenn die Mehrheit der Versammlung gegen ihn ist.
5) Die Nationalversammlung wählt in diesem Falle einen andern Vorsitzenden,
welcher einen neuen Vollziehungsausschuß ernennt, der. wie oben angegeben,
zusammengesetzt ist.
6) Der Vollziehungsausschuß vertheilt die verschiedenen Geschäftszweige unter
seinen Mitgliedern nach eigener Wahl.
7) Dieser Vollziehungsausschuß besteht so lange, bis die deutsche
Bundesgewalt durch die Nationalversammlung bestimmt und eingesetzt ist.
Frankfurt, 6. Juni 1848.
Rob. Blum. W. A. v. Trützschler.
@xml:id | #ar012-013_006 |
@type | jArticle |
@facs | 0054 |
[8]
Trier, 7. Juni.
Die commercielle Lage im Regierungsbezirk Trier nimmt von Tag zu Tag einen
immer bedenklichern Charakter an. Jeglicher Handel und Wandel stockt auf
eine kaum zu beschreibende Weise; fast sämmtliche Gewerbe mit wenig
Ausnahmen, liegen total darnieder, von einer Moselschifffahrt kann kaum noch
die Rede sein; die Halfen an der Saar treiben bereits ihre Pferde in die
Wälder, und sitzen müßig ohne alle Beschäftigung zu Haus. Die königl.
Magazine sind sämmtlich gefüllt, somit keine Nachfrage nach Früchten,
stündlich sinken die Preise. Der Landmann, der in der gegenwärtigen
Jahreszeit viel zu schaffen hat, beschäftigt zwar viele Hände, auch einzelne
Communen haben Wegebauten unternommen; allein wie lang kann dies anhalten?
Von Geldzahlungen an jene Arbeiter, ist seit lange nicht mehr die Rede, die
Zahlung geschieht durch Viktualien-Lieferungen, und wem damit nicht gedient
ist, dem wird sein Guthaben in ein Conto-Buch eingetragen, und er muß es
abwarten, ob bessere Zeiten ihm Geld oder das leere Nachsuchen bringen. Alle
großen Fabriken haben bereits vor Monaten über zwei Drittel ihrer Arbeiter
entlassen, mit dem Rest derselben arbeiten einige zwar annoch auf das Lager,
da kein Absatz da ist, die meisten aber zahlen lieber einen geringern Lohn,
und geben den Arbeitern wenig oder gar keine Beschäftigung, weil sie auf
diese Weise einem noch größern Verluste zu entgehen suchen.
In Saarbrücken und der Umgegend, wo eine größere Anzahl von Fabrikarbeitern
als in der übrigen Provinz zusammengedrängt sind, hat die Noth derselben
einen grausenerregenden Höhepunkt bereits erreicht. Von 6 Glasfabriken
stehen 4 gänzlich still, die beiden übrigen, welche vor Kurzem noch 50
Arbeiter beschäftigten, beschäftigen zur Zeit noch 8. Die Kohlenbergwerke
stehen fast verödet; wo man früher tausend regsame Hände beschäftigt sah,
schleppen jetzt sich höchstens hundert mit abgehärmten Gesichtern dahin.
@xml:id | #ar012-013_007 |
@type | jArticle |
@facs | 0054 |
[*]
Trier. 9. Juni.
Die Kölner Zeitung vom 8ten bringt ein Referat aus der Sitzung vom 5. Juni
der Versammlung zur Vereinbarung der preußischen Verfassung, in Bezug auf
die Valdenairesche Einberufung, welches lautet:
„Der Referent Abg. Reichensperger ist, wie aus einer persönlichen Bemerkung
hervorgeht, zu Aachen bei der Untersuchung als Richter betheiligt gewesen,
später aber ohne Antheil an derselben geblieben. Seine Versicherung, daß das Gericht den Verhältnissen der Zeit in Trier die
weiteste Rechnung getragen, daß aber deßungeachtet die politische Aufregung
den Boden der Gesetze so tief unterwühlt habe, daß keine Rücksicht mehr
ausgereicht, wird unter großen Lärm und fortwährende Unterbrechung als nicht
zur Sache gehörend, abgewiesen.“
Wie kann Herr Reichensperger bei der Valdenaireschen Untersuchung als Richter
betheiligt gewesen, da nicht er, sondern sein älterer Bruder
Instruktionsrichter in Trier ist? Wir ersuchen ihn, dies Räthsel zu
lösen.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
[24]
Heidelberg, 10. Juni.
Die demokratische Partei hat einen entschiedenen, glänzenden Sieg davon
getragen. Bei der gestern Statt gefundenen Wahl für Heidelberg, Wiesloch, Weinheim ging Professor Hagen mit 73 gegen 69 Stimmen aus der Wahlurne, als Abgeordneter
für Frankfurt hervor. Sein Gegenkandidat war das badische Kammermitglied Buhl. Wer die enormen Anstrengungen der Gegenpartei
und namentlich der Apostel der „Deutschen Zeitung“ zur Hintertreibung dieser
Wahl kennt, der wird den Jubel erklärlich finden, mit welchem der gestrige
Tag von der demokratischen Partei gefeiert wurde. Sie versammelte sich
Mittags zu einem einfachen Mahle, Toaste auf die deutsche Republik und zum
Schluß immer auf Hecker ausgebracht wurden. Abends
erhielt der Neugewählte ein Fackelständchen. Der Gefeierte erwiderte auf
ein, von einem Bürger und einem Studenten ausgebrachtes Hoch, mit dem warm
ausgesprochenen und stürmisch aufge-aufgenommenen Bekenntniß, er wolle, so
viel es an ihm läge, die erste Hälfte der Napoleonischen Prophezeihung „in
50 Jahre sei Europa ein Freistaat oder ein Kosackenstaat“ zu verwirklichen
suchen.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Thiengen, 7. Juni.
Bei der heute stattgehabten Wahl eines Abgeordneten zum deutschen Parlament
wurde Dr. Friedrich Hecker mit 77 Stimmen erwählt. Gegenkandidat war Buhl
von Ettlingen, welcher 56 Stimmen erhielt.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Villingen.
Den 6. Juni fand hier die Wahl zu der National-Versammlung für die Aemter
Tryberg, Hornberg, Villingen, Donaueschingen und Neustadt statt. Gewählt
wurde der Abgeordnete K. Mez von Freiburg. Von den 150 Wahlmännern waren 146
anwesend. Bei der ersten Abstimmung fielen 5 Stimmen auf Würth von Konstanz,
70 auf K. Mez und 71 auf Fr. Hecker. Damit war keine absolute Mehrheit
erzielt und mußte darum eine zweite vorgenommen werden. Hier erhielt Hecker
sowohl als Mez jeder 73 Stimmen. Nun mußte das Loos entscheiden, und es
entschied für Mez.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz (Schleswig-Holstein). In: MEGA2 I/7. S. 106.]
[*]
Schleswig-Holstein.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Breslau, 7. Juni.
Die lang erwarteten inländischen Fabrikanten sind bis jetzt nur in sehr
kleiner Anzahl eingetroffen, wohl aber sind noch einige bedeutende
niederländische und belgische Fabrikanten angekommen, die gestern und heute
äußerst thätig waren. Bei allem dem und obgleich auch die Engländer stark
kauften, sind doch im Ganzen kaum 9000 Ctr. verkauft worden, wobei die
bisherige Preisreduktion von 20-30 Thlr. per Centner stattgefunden.
[(A. O. Z.)]
@xml:id | #ar012-013_013 |
@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Greifswald, 8. Juni.
Hohe Nationalversammlung! Die Wichtigkeit der Ihnen vom Volke übertragenen
Arbeiten, die Besorgniß, welche der von der Regierung vorbereitete
Verfassungsentwurf in uns für die Zukunft des Vaterlandes hervorgerufen, und
die Absicht, Ihnen in der Erforschung des öffentlichen Bedürfnisses entgegen
zu kommen, veranlaßt die unterzeichneten Vereine zu folgender Erklärung. Da
wir die Hauptmomente einer konstitutionellen Verfassung auf breitester
Grundlage: „die Anerkennung des Volkswillens als Gesetz und die gleiche
Berechtigung Aller“ in dem vorgelegten Verfassungsentwurfe vermissen, so
müssen wir es widerreden, daß er dem Gerechtigkeitsgefühle und den
Anforderungen unserer Zeit entspreche. Wir protestiren daher gegen das Recht
der „Vereinbarung,“ welches die Regierung beansprucht, gegen das alleinige
Recht des Königs, Krieg und Frieden zu erklären, gegen die Beschränkung des
Versammlungsrechts der Bürger und Soldaten, gegen das Zweikammersystem, und
insbesondere gegen jene „organische“ Zusammensetzung der ersten Kammer. Wir
erwarten zuversichtlich, daß es Einer Hohen Nationalversammlung gefallen
möge, neben andern dem Staate zum Heil gereichenden Bestimmungen Gesetze
über die durchgreifende Einführung der Schwurgerichte, über vollständige
Volksbewaffnung und Unentgeltlichkeit des Volksunterrichts zu geben, ‒ im
Uebrigen aber jenen Verfassungsentwurf nicht zur Grundlage Ihrer
Verhandlungen zu machen, sondern einen neuen, der Volkssouveränität
entsprechenden in Ihrer Mitte ausarbeiten zu lassen. Greifswald, den 6. Juni
1848.
Der Volksverein.
(238 Mitglieder)
Der Bürgerverein.
(191 Mitglieder.)
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Elbing, 8. Juni.
Die Unterzeichneten fühlen sich gedrungen, öffentlich das System der Lüge und
Verläumdung zu mißbilligen, durch welches eine kleine reaktionäre Partei die
Bevölkerung der Provinzen gegen die der Hauptstadt aufzureizen versucht. Sie
glauben damit eine heilige Pflicht zu erfüllen, weil die edle, gemäßigte
Haltung des Berliner Volkes ihnen die höchste Anerkennung abnöthigt und weil
der Ernst der Zeit vor Allem zur Einigkeit, zu unerschütterlichem Festhalten
an der Sache des Vaterlandes, an der des Rechts und der Freiheit uns
auffordert.
Elbing, den 7. Juni 1848.
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@type | jArticle |
@facs | 0054 |
[19]
Dortmund, 11. Juni.
Der westphälische „alte Standpunkt“ ist seit dem Erscheinen Ihrer Zeitung
doppelt indignirt über den verderblichen Einfluß des „Westens.“ Jenem
Einfluß des Westens soll und muß aber entgegengewirkt werden, und um diesem
„tiefgefühlten dringenden Bedürfniß“ zu entsprechen, hat sich nun ein
genialer Kopf aufgethan, und ist mit dem sublimen Gedanken niedergekommen,
hier in Dortmund, an dem Schneidepunkte mehrerer Eisenbahnen in spe eine
„Hauptzeitung“ auf Aktien zu gründen. Die Nachrichten aus dem Westen, sagt
er, könnten hier wohl ebenso zeitig eintreffen als in Köln, und an geistigen
Kräften für räsonnirende Artikel wäre ja hier kein Mangel. Tüchtige, für die
gute alte Sache lebende und sterbende Korrespondenten würden sich auch
finden. Es käme also lediglich darauf an, recht fleißig Aktien zu
unterzeichnen, um ‒ den ganzen hinterländischen Osten in die Tasche zu
stecken.
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@facs | 0054 |
Wien, 7. Juni.
In der gestrigen Abendsitzung des Ausschusses der Bürger, der Nationalgarde
und der Studenten überreichten 80 steiermärkische Deputirte aus Grätz eine
mehre Klaster lange mit Tausenden Unterschriften versehene Adresse an die
Bürger Wiens, in der sie ihre Freundschaft und Anhänglichkeit an die
Residenz ausdrückten, und nicht blos Alles billigen, was in Wien bisher seit
den Märztagen geschehen ist, sondern auch ihren tiefgefühlten Dank für die
Errungenschaften aussprechen, welche sie den Wienern, als Vorkämpfern für
ihre Freiheit, verdanken.
Ansprache des Kaisers an die Wiener.
An die getreuen Einwohner meiner Residenz. Die Stadt Wien hat zuerst und bald
darauf haben die Abgesandten Meines Reiches dankbar anerkannt, daß es Mir in
den denkwürdigen Märztagen heiliger Ernst und zugleich die Meinem Herzen und
Meiner unbegrenzten Liebe zu Meinen Völkern befriedigendste That Meines
Lebens war, als Ich ihren Wünschen durch eine den Zeitbedürfnissen
angemessene, im weitesten Sinne des Wortes freisinnige Verfassung entgegen
kam. Das Glück Meiner Völker ist auch Mein Glück, und allein von diesem
Gefühle geleitet, habe Ich nach dem Antrage Meiner Räthe die am 25. April
kund gemachte Verfassung verliehen.
Mit derselben habe ich den Forderungen der Zeit, den Bedürfnissen der
einzelnen Provinzen, der vorwiegenden Meinung Meines Volkes ‒ welche im Wege
des Gesetzes geltend gemacht, Mich jederzeit in Meinen Beschlüssen bestimmen
wird, ‒ nicht vorgreifen wollen.
Meine Ueberzeugung jedoch, daß die von Mir ertheilte Verfassungs-Urkunde den
allgemeinen Erwartungen genügen werde, ist durch die in den verschiedenen
Provinzen aufgetauchten Besorgnisse für die richtige Auffassung und
Würdigung ihrer nicht unwesentlichen besonderen Verhältnisse, so wie durch
die an 15. Mai d. J. in Wien vorgefallenen Ereignisse erschüttert
werden.
Ich habe daher am 16. Mai keinen Anstand genommen, den nächsten Reichstag als
einen konstituirenden zu erklären und die damit im Einklange stehenden
Wahlen zuzusichern. Die Art und Weise, wie ich hierzu veranlaßt worden bin,
hat Mich tief verletzt. Die öffentliche Meinung in ganz Europa hat sich
darüber einstimmig und im höchsten Grade mißbilligend ausgesprochen. Allein
die Sache selbst bin ich bereit, festzuhalten, weil sie Mir die Bürgschaft
gewährt, daß die Verfassung, welche meinem Reiche geistige und materielle
Macht verleihen soll, in ihren Grundlagen wie in ihren Einzelnheiten ein
Werk des gesetzlich ausgeprägten Gesammtwillens seyn werde, mit welchem Hand
in Hand zu gehen Ich fest entschlossen bin. Mein sehnliches Verlangen ‒ und
Ich bin überzeugt, daß Ich es nicht vergebens ausspreche ‒ ist nunmehr, daß
die baldige Eröffnung dieses Reichstages in Wien dem Sitze Meiner Regierung
möglich werde.
Soll aber diese Eröffnung an keinem anderen Orte und bald zu Stande kommen,
so ist es unerläßlich, daß in den Mauern Wiens ungetrübte und fest
begründete Ruhe und Ordnung herrsche, und daß den Abgeordneten der Provinzen
für die Freiheit ihrer Berathungen vollkommene Sicherstellung gewährt und
verbürgt werde.
Ich darf daher von den Einwohnern Wiens erwarten, daß sie Alles aufbieten
werden, damit die gesetzliche Ordnung in jeder Beziehung wieder eintrete!
Ich erwarte, daß alle persönlichen Feindschaften aufhören, und unter allen
Bewohnern Wiens der Geist der Versöhnung und des Friedens allein
vorherrschend werde.
Mit väterlichem Wohlwollen stelle Ich diese Forderungen an die gesammte
Bevölkerung Wiens und baue auf deren Erfüllung, denn Ich werde den Tag
preisen, wo Ich mit der Eröffnung des Reichstags zugleich das freudige
Wiedersehen der Meinem Herzen noch immer treuen Wiener feiern kann.
Innsbruck, den 3. Juni 1848.
Ferdinand m. p.
Wessenberg m. p. Doblhoff m. p.
@xml:id | #ar012-013_017 |
@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Wien, 8. Juni.
Die Wiener Ztg. enthält in ihrem amtlichen Theile Folgendes: „Mehrere an das
Ministerium gelangte Erklärungen aus Böhmen haben die Errichtung einer
provisorischen Regierung in Prag gemißbilligt, und auch der constitutionelle
Verein daselbst hat die Bitte gestellt, die im prager National-Ausschuß
projektirte provisorische Regierung als unbegründet und dem
constitutionellen Wesen zuwiderlaufend nicht zu bestätigen. Das Ministerium
hat die Voraussetzung, unter welcher eine provisorische Regierung
beabsichtigt wurde, eben so als unrichtig, wie diesen Vorgang selbst als
ungesetzlich erkannt, und kann daher nicht zugeben, daß die provisorische
Regierung eine Wirksamkeit ausübe und der Verband mit der Central-Regierung
beeinträchtigt werde.“
Das Kriegs-Ministerium macht Folgendes bekannt:
„Obwohl die in der Armee bestehenden Körperstrafen schon seit langer Zeit
durch vielfache Anordnungen und gesetzliche Bestimmungen wesentlich
beschränkt gewesen sind, so ist doch nach Vernehmung des obersten
Militär-Gerichtshofes nunmehr an sämmtliche General-Kommanden unterm 2ten d.
M. die provisorische Verordnung erlassen worden, wonach die körperlichen
Strafen von nun an ‒ bis zum Erscheinen eines neuen
Militär-Strafgesetzbuches ‒ nur durch kriegsrechtliches oder kommissionelles
Erkenntniß verhängt werden können. In dem Falle, wo die Strafe durch eine
Kommission ausgesprochen wurde, ist ein Individuum jeder vorhandenen Charge
der Kommission beizuziehen, und selbe darf nur nach Mehrheit der Stimmen
beschlossen werden. Die Strafe des Gassenlaufens wird im Disziplinarwege
ganz außer Anwendung gesetzt.“
@xml:id | #ar012-013_018 |
@type | jArticle |
@facs | 0054 |
Prag, 6. Juni.
Auf den Protest des Ministers des Innern, Freih. von Pillersdorf, gegen
Bildung einer provisor. Regierung, erklärt der k. k. Gubernial-Präsident
Graf Thun in der heutigen Prager Ztg. Folgendes:
„Laut meiner Kundmachung vom 29. Mai l. J. hat der provisorische
Regierungsrath, von dessen Bildung ich Seiner Majestät sogleich die
allerunterthänigste Anzeige erstattet habe, bis zur allerhöchsten
Entscheidung nur die Bestimmung, über solche den Wirkungskreis der
Landesstelle überschreitende innere Landesangelegenheiten zu entscheiden,
welche durch die außerordentlichen Verhältnisse in Folge der Ereignisse in
Wien unverschieblich werden dürften. Die Bildung desselben hat daher die
Stellung der Landesbehörden in keiner Weise verändert und eine Verantwortung
kann demnach nicht die mir unterstehenden Beamten und Staatsdiener, sondern
nur mich allein treffen.
Diese Verantwortung trage ich mit ruhigem Bewußtsein, nachdem diese
außerordentliche Maßregel, ehe sie die Genehmigung Seiner Majestät im
verfassungsmäßigen Wege erhält, nur erst dann in Wirksamkeit treten würde,
wenn die Folgen der verfassungswidrigen Vorgänge in Wien es durchaus
unmöglich machen sollten, daß die Landesregierung, deren Leitung mir
anvertraut ist, sich nur in der streng gesetzlichen Bahn bewege.“
Französische Republik.
@xml:id | #ar012-013_021 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
[*]Paris, 10.
Juni.
Die Partei des National ist in den Wahlen gänzlich geschlagen und von der
konstitutionellen Partei verdrängt worden. Die Partei von Thiers fühlte sich
stark genug, um den Kandidaten des National, der sie im Kampf gegen die
Socialisten unterstützt, gänzlich bei Seite zu schieben. Die Arbeiterpartei
ihrerseits wählte Socialisten. Der Gegensatz der Bourgeoisie und des
Proletariats ist auf das schärfste in diesen Wahlen hervorgetreten.
Der National bleibt immer noch eine Macht, indem er fast alle entscheidenden
Posten mit Beschlag belegt hat. Wie der Redakteur en chef des National,
Marrast, Maire von Paris, ist der Redakteur des National, Clement Thomas,
der Lafayette von Paris, General en chef aller Nationalgarden von Paris, vom
Banlieu und vom Departement der Seine. Der Finanzminister, Eug. Duclerc, war
ebenfalls ehemaliger Redakteur des National und Sekretär von Garniere-Pagès.
Bastide, Redakteur des National, ist Minister der auswärtigen
Angelegenheiten. Rècurt, Hausarzt des National, Minister des Innern,
Charras, Redakteur des National, Unterkriegsminister, Trelat, Exredakteur
des National, Minister der öffentlichen Arbeiten, Marie, Advokat des
National, ist Pentarch. So befinde sich in seinen Händen die exekutive
Gewalt, die inneren und die auswärtigen Angelegenheiten, die Finanzen, die
öffentlichen Arbeiten, die bewaffnete Gewalt. Man mußte Einheit in die
Regierung bringen. Und welche Dynastie außer der des National, wäre
zahlreich genug gewesen, um alle Plätze mit Beschlag zu belegen! ‒ Die
Royalisten treten seit Thiers Wahltriumph offen mit ihren Plänen hervor.
Dupin, Barrot, Dufaure und die andere, mit dem Konstitutionsentwurf
beauftragten Kommissäre fragen schon, ob man Proletarier, die weder
schreiben noch lesen können, als Wähler zulassen könne. Und dieser
Proletarier giebt es 10 Millionen in Frankreich. Welch schöner Einschnitt in
das allgemeine Wahlrecht! ‒ Die Sèance erklärt,
Louis Napoleon sei Schweizer Bürger. Er habe sein französisches Bürgerrecht
noch nicht wiedergewonnen, könne daher nicht zum Volksrepräsentanten gewählt
werden. Emile Thomas ist nach Paris zurückgekehrt
und richtet ein Schreiben vom 8. Juni an den Minister der auswärtigen
Angelegenheiten Trèlat, worin er auf gerichtliche öffentliche Untersuchung wegen der
perfiden ihm bezüglich des National-Ateliers gemachten Vorwürfe anträgt.
‒ Die mehrfache Wahl Louis Bonapartes in Paris und den Departementen giebt
der ganzen französischen Presse zu mehr oder minder ergötzlichen
Reflektionen Anlaß. Thiers erklärt in einem tief
salbungsvollen Briefe an den Bischof von Seez, Rousselet, früher habe er an die Monarchie geglaubt; jetzt halte er nichts
mehr in der Welt für dauerhaft als die katholischen
Institutionen.
@xml:id | #ar012-013_022 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Paris. Nationalversammlung vom 8.
Juni.
Es werden von vielen Seiten her Anträge gestellt, worunter wir namentlich
hervorheben den des Bürgers Gambon, wonach die Deputirten die Limonade,
welche sie während der Sitzung trinken, künftig aus ihrer eigenen Tasche
zahlen sollen. Abraham Dubois legt einen
Dekretentwurf vor, wonach kein Papiergeld mit
gesetzlichem Zwangskurs geschaffen und in Circulation geworfen
werden solle, mit Ausnahme der Bankbillete. Mounier
verliest einen Dekretentwurf, wonach der Art. 178 des code civil abgeändert
werden soll, wonach in streitigen Fällen zwischen Arbeitsgeber und
Lohnarbeiter dem Arbeitgeber auf sein Wort geglaubt wird. Mounier schlägt vor, den Arbeitern das Recht zu geben, die
Eidesleistung von dem Arbeitgeber verlangen zu können. Laurent schlägt einen Dekretentwurf in einem Artikel vor: „Die
Repräsentanten des Volks sind unverletzlich“. Brunel
deponirt einen Bericht über den Vorschlag von Clément Thomas, betreffend die
Autorisation der Aemterenrulation für Offiziere der Nationalgarde.
Der Bürger Germonière verlangt, daß der vom Minister
des Innern vorgelegte Dekretentwurf über die Wahl der Municipal-Bezirk- und
Departementsräthe einem speziellen Comité zur näheren Prüfung vorgelegt
wird. Ternaux verlangt, daß der Vorschlag sofort
diskutirt werde, weil Paris ohne Municipalrath sei und Marrast allein in
diesem Augenblick Paris dirigire, administrire und maßregle. Die Versammlung
beschließt nichts desto weniger den Dekretentwurf an ein Comité zu
verweisen. Ebenso weist die Kammer den Dekretentwurf, der dem Minister des
Innern 500,000 Fr. für geheime Ausgaben zuerkannt, an eine Kommission zur
weitern Begutachtung. An der Tagesordnung ist nun die Diskussion des
Gesetzes der Inkompatibilution. Dablaux will alle
Beamten aus der Versammlung ausgeschlossen wissen. Der Beamte Brunel erklärt, die Beamtenwahlen seien die
durchdachtesten und aufgeklärtesten. Nach Schließung der allgemeinen
Diskussion verwirft die Versammlung auf Lherbette's Vorschlag das dem
Dekretentwurf vorhergeschickte Präambulum und beginne die Diskussion der
einzelnen Artikel.
@xml:id | #ar012-013_023 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Paris. Nationalersammlung vom 9.
Juni.
‒ Caussidère's Erscheinen in der Nationalversammlung macht einiges Aufsehen.
An der Tagesordnung ist die Fortsetzung der Diskussion über den
Dekretentwurf bezüglich der Inkompatibilitäten. Sie wird vertagt, weil der
Bürger Coquerel im Namen des Constitutions-Comité verlangt, daß zwei
Mitglieder dieses Comités sich vorher mit dem Comité der Inkompatibilitäten
verständigen.
Bürger Péan verlangt, daß statt der bisherigen 5
Mitglieder 25 einen Antrag unterstützen müssen, damit die Antragsteller ihn
zu entwickeln berechtigt seien. An der Tagesordnung ist sodann eine
Diskussion über reglementarische Bestimmungen, die kein weiteres Interesse
darbietet. Die Versammlung nimmt ohne Diskussion einen Dekretentwurf über
das Pfandhaus an, wonach dem Finanzminister ein außerordentlicher Kredit von
281,362 Fr. zur Rückzahlung an das Pfandhaus für den Werth der Gegenstände
gestattet ist, die es gemäß des Dekrets vom 14. Febraur 1848 den Deponenten
unentgeldlich wiedererstattet hat.
Der Bürger Didier verlangt die Abschaffung des
Artikels 31 der Ordonnanz vom 15. April 1845 der dem General-Gouverneur von
Algier das Recht giebt, Bürger, deren Gegenwart ihm gefährlich dünkt, vom
algierischen Gebiet zu vertreiben. Dieser Artikel rühre aus den ersten
Zeiten der französischen Herrschaft in Algier her. Bugeaud habe nie Gebrauch
von diesem Gesetz gemacht, Changarnier dagegen 10 französiische Bürger für
15 Jahre aus dem ruhigsten Bezirke von Algier (Bona) ausgewiesen. Es sei
Zeit, Algier die Garantien der individuellen Freiheit zu geben. General Cavaignac vertheidigt Changarnier, giebt aber zu,
daß die Ausweisungsbefugniß des Gouverneurs abgeschafft oder modifizirt
werden müsse. Uebrigens sei schon viel für Algier geschehen. Die Verwaltung
der Justiz sei dem Kriegsminister entzogen und in die Hände des
Justizministers gelegt worden. Ebenso habe man die Vrrwaltung des
öffentlichen Unterrichts wieder dem Minister des öffentlichen Unterrichts
zugewiesen. Der Vorschlag Didiers wird nicht weiter in Betracht gezogen.
Bürger Courreux entwickelt seinen Vorschlag bezüglich
der Wiederaufnahme der militärischen Arbeiten auf dem Platze von Langres, um
den gänzlich entblösten Arbeitern wieder Beschäftigung zu verschaffen. Wird
nicht in Betracht gezogen.
Der Vorschlag des Bürgers Randoing, durch eine Prämie
von 5 pCt. die Ausfuhr von Wollenstoffen zu befördern, wird an die 3 Comités
der Industrie und des Handels, der Finanzen und der Agrikultur
verwiesen.
Lemaire entwickelt seinen Vorschlag, wonach alle
Nationalgarden, die die Ausgabe machen können, Uniform tragen müssen. Beaumont bekämpft
diesen Vorschlag, der die Arbeiter aus den Reihen der Nationalgarde
verweisen würde. Er liebe es mehr, die Blouse, als die Uniform in ihren
Reihen zu sehen. Lemaire's Vorschlag wird nicht weiter in Betracht gezogen.
Die Diskussion über die Inkompatibilitäten ist auf Montag festgesetzt.
@xml:id | #ar012-013_024 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Straßburg, 6. Juni.
Ein Theil der Truppen im Oberelsaß, welcher nach Paris aufbrechen sollte, hat
plötzlich Gegenbefehl erhalten. Nach dem Alpenheer sind diese Woche viele
Artillerieofficiere, namentlich Pontoniers, abgegangen. Die
Remontecommissionen entwickeln große Thätigkeit. Es werden für die Regierung
weit günstigere Käufe abgeschlossen als in den Jahren 1840 und 1841. Heute
traf ein General aus Paris dahier ein um alle auf diese neuen Ausrüstungen
Bezug habenden Geschäfte zu inspiciren. ‒ Heute ward durch große
Anschlagzettel das Decret der Regierung veröffentlicht das den Maires in
sämmtlichen Gemeinden anbefiehlt Arbeitern keine Pässe
mehr nach Paris zu ertheilen, und darauf aufmerksam macht daß jeder
welcher sich nicht über seine Subsistenzmittel ausweisen könne an den
Barrieren zurückgewiesen werde.
Großbritannien.
@xml:id | #ar012-013_026 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Unsere gestrige Nachricht, daß in London eine Revolution ausgebrochen sei,
hat sich bestätigt.
@xml:id | #ar012-013_027 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Manchester, 8. Juni.
Eine große Demonstration wurde hier gestern zur Feier des Jahrestages des
Passirens der Zehnstunden - Bill gehalten. Nach diesem Akte durfte, wie
bekannt, hinfort in den Baumwollspinnereien Niemand unter dem Alter von 18
Jahren, länger als 10 Stunden arbeiten. Lord Ashlei, Hr. Fielden, Hr. W. B.
Feyrand und andere, die sich um die fragliche Bill verdient gemacht haben,
waren zugegen. Der Marquis von Blandford schlug vor, daß man allen
Zeitungen, welche seiner Zeit die Bill vertheidigten, Dank votire.
@xml:id | #ar012-013_028 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
London, 9. Juni.
Im Hause der Gemeinen brachte Herr G. Thomson gestern die letzten Chartisten
- Emeuten zur Sprache und versicherte, daß die Polizei sich die größesten
Extravaganzen gegen die friedlichen Bewohner der Tower - Hamlets habe zu
schulden kommen lassen. Sir G. Grey antwortete darauf und nahm die Polizei
in Schutz, indem er nachzuweisen suchte, daß das Volk die Polizei zuerst
angegriffen habe. Die ajournirte Debatte über die Schifffahrtsgesetze wurde
dann wieder aufgenommen und gab Hrn. M. Gregor, Sir J. Walsh, Hrn. Miles,
Sir G. Clerk und einigen Andern Gelegenheit, sich sehr äusführlich darüber
auszusprechen. In Folge einer Motion des Hrn. Disraeli wurde die Diskusion
auf's Neue vertagt, um entweder heute oder am nächsten Montag geschlossen zu
werden.
Das Organ der Chartisten, der Northern Star, bringt heute den Aufruf zur
Bildung eines Vertheidigungsfonds, aus dem die Kosten des bevorstehenden
Chartisten- Prozesses bestritten werden sollen. O'Connor hat bereits
Arrangements getroffen, um die von Hrn. Ernest Jones geforderte Bürgschaft
von 1000 Pfund Sterling herbeizuschaffen, so daß dieser dann einstweilen
wieder in Freiheit gesetzt würde.
@xml:id | #ar012-013_029 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
[15]London, 9.
Juni.
London ist in größerer Aufregung als zur Zeit des 10. April. Seit Mitschell's
Verurtheilung schlug man sich fast täglich mit der Polizei. Am vorigen
Sonntag blieben 27, am Montag 46 Mann davon auf dem Platze. Neun dieser
Zerschlagenen sollen bereits an ihren Wunden gestorben sein. Ein Drittel der
Ostend-Polizei hat ihren Abschied gegeben und die Regierung bemüht sich
vergebens, die Ausgetretenen zu ersetzen. Seit Dienstag ist die ganze
Polizeimannschaft um London herum in die Stadt berufen; ebenso die
Land-Yeomanry. Die Zahl der in London stationirten regulären Truppen ist
jetzt 22,000 Mann; am 10. April waren nur 12,000 Mann zugegen. Außer den 8
Chartistenführern welche man nacheinander arretirte, wurden etwa noch 300
Leute, die bei den letzten Versammlungen auf Bischof Bonner's Feld und auf
Clerkenwell-Green mehr oder weniger thätig waren, verhaftet und nach Newgate
gebracht. Am meisten fürchtet das Gouvernement von dem, was am
Pfingstmontage vorfallen kann. Konstabler lassen sich daher wieder zu
Tausenden einschwören. Ohne, wie es bisher stets geschah, öffentliche
Anzeige davon zu machen, haben nämlich die Chartisten durch ganz England und
Schottland Demonstrationen für diesen Tag verabredet. Die Polizei weiß nun
nicht im Voraus schon den Platz, wo man sich zu versammeln gedenkt, und das
sofortige Einschreiten der Polizei ist daher schwieriger geworden.
Zu alle diesem kommt aber noch das beunruhigende Faktum, daß die Soldaten an
manchen Orten mit den Chartisten fraternisiren. In Glasgow wurde z. B. ein
großer Theil des 27. Regiments, welches meistens aus Irländern besteht,
arretirt, da sich die Soldaten bei den letzten Unruhen weigerten, feindlich
gegen das Volk aufzutreten.
Wir müssen nun abwarten, wie sich die Sachen gestalten werden. Die Verhaftung
Ernest Jones hat vor allen Dingen dazu beigetragen, die Stimmung des Volkes
zu der gefährlichsten zu machen.
‒ Die englische Bourgeosiepresse scheint sich allmählig zu überzeugen, daß
ihre Verschwörung des Schweigens nicht hinreicht, um die Chartistenbewegung
zu unterdrücken. Wir haben vor einigen Tagen gesehen, wie es nur der
Ueberlegung einer Nacht für die Times bedurfte, um gefahrdrohend zu finden,
was sie den Tag zuvor lächerlich gefunden hatte. Die Blätter aus den
Fabrikdistrikten haben sich auch die Sache näher bedacht und heute gesteht
die Manchester Times, der Northern Star und die Times seien die zwei großen
Zeitungsdespoten des Tags, und beide Blätter, klagt sie, verunglimpfen
gleich herzlos unseren großen Cobden, den
Baumwollheiland, der sogar Parlamentsreform verheißt, wenn ein Fallen der
Arbeitslöhne in ihrem Gefolge ist.
@xml:id | #ar012-013_030 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
London, 10. Juni.
Heute Morgen um 1/4 vor 3 Uhr ha die Riesendebatte über die
Schifffahrtsgesetze ihr Ende erreicht. In einer neunstündigen Diskussion
suchten sich die größten Redner des Unterhauses den Ruhm des Abends streitig
zu machen. Lord G. Bentinck, Admiral Bowles und Hr. Disraeli sprachen für
das Ammendement des Hrn. Herries, welches die Grundprinzipien der
Navigations-Akte bestehen zu lassen beabsichtigt. Hr. Hume, Hr. Cobden, Sir
Robert Peel und Lord John Russell vertheidigten die ministerielle
Proposition, über die Schifffahrtsgesetze in Comité zu gehen, und siegten
mit 294 Stimmen gegen 117, worauf das Haus pro forma als Comité saß, um die
Debatte am nächsten Freitag wieder aufzunehmen.
Das Schicksal der Schifffahrtsgesetze kann indeß nun als entschieden
angesehen werden, und der Standard tröstet sich nur noch mit dem
Widerstande, den später die Lords im Oberhause leisten können.
‒ Die Londoner Künstler beklagen sich in einer Adresse an das Unterhaus über
die vielen ausländischen, namentlich französischen Kollegen, welche seit
einiger Zeit nach England kommen, und alle Theater zu überschwemmen drohen.
Sie bitten um Schutz gegen diese ausländische Konkurrenz. Die Times meint
aber, daß die Freihandelsideen schon zu sehr in England Wurzel geschlagen
hätten, und daß solche Forderungen unberücksichtigt bleibeu würden.
‒ Gegen alles Verbot haben die Chartisten doch eben noch ein Meeting für
Montag Mittag um 2 Uhr auf Bischof Bonners Feld öffentlich angezeigt.
‒ Konsols 841/4.
‒ Aus Dublin reichen die Nachrichten bis zum 9. Das Comité der irischen
Konföderation hat sich mit der Proposition von Conciliation-hall
einverstanden erklärt, so daß die Alt- und Jung-Irländer nun wieder Hand in
Hand gehen. Der Tag für die Zusammenberufung dieser irischen League ist noch
nicht bestimmt. Man fährt fort sich zu bewaffnen. Außer einem großen Vorrath
von Piken, traf eine Sendung Gewehre für das Arsenal der Konföderation ein.
Der Preiß einer Muskete ist auf 11 Schilling festgesetzt.
In der Nähe von Dublin kam es zwischen Volk und Soldaten zum Handgemenge. Die
Truppen flohen mit 3 Todten und 10 bis 12 schwer Verwundeten.
Am Samstag den 24. wird die erste Nammer des von dem verurtheilten Mitchell
früher herausgegebenen „United Irishman“ unter dem Titel: „The Frish Jelon“
erscheinen.
Ueber Herabsetzung des Militärbüdgets und Abschaffung von Sinekuren
und Mißbräuchen im preußischen Heer.
@xml:id | #ar012-013_032 |
@type | jArticle |
@facs | 0055 |
Dieses so furchtbare Thema ist kürzlich auf Einem zu Koblenz bei Hergt
erschienen Druckbogen von Hrn. v. Firks, Major a. D. eben so kurz als
gründlich behandelt worden. Hr. v. F. weißt nach, daß in 33 Friedensjahren
200 Millionen Thlr. an den Militäretat zu ersparen gewesen wären und bricht
in die Worte aus: „Wäre nur 1/10 oder 1/15 dieser unnütz vergeudeten 200
Millionen auf Kriegsschiffe verwandt, was für Donnerworte würden wir jetzt
mit den Dänen vor Kopenhagen sprechen.“ Dem könnte man noch hinzusetzen, daß
wir nicht nur eine Flotte erworben sondern noch
daneben mit den 200 Millionen sämmtliche verzinsliche
Staatsschulden bezahlt haben würden. Die Ersparnisse die, ohne die
Wehrhaftigkeit des Landes zu mindern, gemacht werden können schlägt Hr. v.
F. auf 13-15 Millionen jährlichs an, eine Menge derselben können seiner
Meinung nach selbst im Kriege, also sogleich eintreten.
Die Einrichtung des Militärwesens hängt wesentlich mit der im Lande
eingeführten Staatsverfassung zusammen, beide spiegeln sich in einander ab:
die Rechte und Pflichten des Militärs, sein Verhältniß zum Bürger etc.
werden in einer Despotin ganz anders, als in einer Demokratie geregelt sein.
Die Lehrer der Politik stellen über diese Wechselwirkung der Einrichtung des
Militärwesens und der Staatsform vollständige Systeme auf, und wenn wir
diese durchgehen, so läßt sich keinen Augenblick verkennen, daß das
preußische Militärwesen bisher in hohem Grade der Staatsform der Despotin
entsprach. Die zukünftige preußische Militärverfassung wird folgenrecht auch
der zukünftigen freien Staatsverfassung entsprechen müssen. Unter den von H.
v. F. zum Zwecke von Ersparnissen vorgeschlagenen Veränderungen befinden
sich eine große Zahl, die auch im Interesse der neuen Freiheit, und um das
Militärwesen mit dieser in Einklang zu setzen gemacht werden müssen, die
also von politischer Bedeutung sind. Nur diese wollen wir hier näher
herausheben.
Der Staat verwendet jährlich 56,674 Thlr. auf Pflege und für Schulgelder der
Militärkinder, außer 80,050 Thlr. für das Militärwaisenhaus. Hr. v. T. will
die erstere Summe auf das Büdget des Unterrichtsministeriums gesetzt und
bedeutend reduzirt wissen, da der Staat nur für die Kinder der im Dienst
gestorbenen Soldaten zu sorgen habe. Der letztern mag es nun wenig geben
nach 33jährigem Frieden und so könnte wohl die ganze
[0056]
Summe
dem Ministerium des Unterrichts zugewiesen und auf Befreiung armer Kinder
jedes Standes vom Schulgeld verwendet werden. Zugleich politisches Interesse
hat die Aufhebung dieser Militärschulen aus folgenden Gründen: Die Despotie
sondert den Soldaten vom Bürger, des Erstern Kinder gehen in eigene Schulen,
in denen ihnen schon frühzeitig beigebracht wird, daß sie von des Königs
Gnade leben und nicht zu freien Bürgern bestimmt sind. Auch ist es bekannt,
daß die preußische Regierung sich sehr angelegentlich der Kräftigung und
Verbreitung des Protestantismus annimmt: dergleichen Militärschulen sind nun
sehr geeignet, protestantische Kinder in ihrem Glauben zu stärken, anderst
Glaubende für jenen Glauben zu gewinnen, eine Operation, die der Gleichheit
der Kulte und deswegen einer freisinnigen Staatsform schnurstracks
widerspricht.
Herr v. T. sagt weiter :
„Die Stelle eines Generals, als Präses der Generalordenskommission gehört zum
Ministerium, des königlichen Hauses und kann als Sinekure ganz
eingehen.“
Mit dem letzten Satze sind wir ganz einverstanden, nur wünschen wir, daß die
ganze Generalordenskommission, die mit 20,948 Thlr. im Büdget von 1847
eingetragen ist, eingehe. Louis Philipp, der bekanntlich ebenso
verschwenderisch in Austheilung von Ehrenlegionskreuzen, als sonst sparsam
war, war in seinem Leben nicht durch eine Generalordenskommission bei diesen
Verleihungen verbeistandet. Wir sind aber überhaupt gegen das Fortbestehen
der Verleihung von Orden, wir sehen darin nichts als eine Spekulation auf
die Thorheit der Menschen, ein mächtiges Mittel zur Corruption, wahrhafte
Verdienste werden in Preußen selten dekorirt, von den Helden der Nacht vom
18. und 19. März ist noch keiner Ritter des rothen Adlerordens geworden.
„Die Militärgeistlichen mit einem Etat von 41,055 Thlr. sind im Frieden außer
in Mainz und Luxemburg ganz überflüssig, da das Militär zur Civilgemeinde
seiner Garnison gewiesen werden kann.“
In Mainz und wahrscheinlich auch in Luxemburg, das sich schon seit 33 Jahren
eines protestantischen Landesherrn erfreut, sind protestantische Kirchen, so
daß also auch hier keine Milltärgeistlichen nöthig sind. Eines Ueberweisens
der Garnison zur Civilgemeinde bedarf es nirgends, der Staat mag es dem
einzelnen Soldaten überlassen für Befriedigung seines religiösen
Bedürfnisses zu sorgen. Das ganze Militärkirchenwesen muß indessen auch noch
aus andern, als ökonomischen Gründen aufgehoben werden, es trennt den
Soldaten vom Bürger, beschränkt den evangelischen Soldaten in der Freiheit
des Glaubens, und verletzt gegen andere Bekenntnisse die Parität.
Das Militärkirchenwesen ist vollständig hierarchisch organisirt, ein
Feldprobst an der Spitze, Ober-Divisions- und Garnisonsprediger, alle
evangelisch. Noch nicht gar lange ist es her, daß auch katholische
Garnisonsprediger angestellt werden. Alle Konfessionen sind in dies
Hierarchie eingeschachtelt, Trauungen, Taufen etc. die der katholische
Militärgeistliche vornimmt, werden in dem evangelischen Kirchenbuche notirt.
Früher wurden sogar andersgläubige Soldaten monatlich einmal in den
evangelischen Militärgottesdienst kommandirt. Bekanntlich wurde 1817 eine
eigene Kirchenagende angefertigt, die sämmtliche protestantische
Bekenntnisse in Preußen unter einen Hut bringen sollte. Diese Agende wird am
reinsten in den Militärkirchen vollzogen, hier lernt sie bei der allgemeinen
Wehrpflicht jeder Lutheraner und Reformirte, früher sogar lernte sie der
Katholik kennen, und liefen alle Gefahr, ihr Proselyt zu werden. Zu den
Personen, die der Militärkirche angehören, wird außer den eigentlichen
Militärs, auch noch die große Anzahl Nichtkombattanten gezahlt,
Militärhandwerker etc., die sowie die Offiziere sogar auf Lebenszeit von der
bürgerlichen Kirchengemeinde, und so auch mehr oder weniger vom Bürgerthume
überhaupt getrennt werden.
„Die Kadettenkorps sind als unvereinbar mit den heutigen Begriffen ganz
abzuschaffen.“
Ja freilich! Trennung der militärischen Erziehung von der bürgerlichen ist
eine Maxime des Despotismus, die Führer eines Volksheeres müssen aus dem
Volke selbst hervorgehen; die Führer freier Männer dürfen nicht in
antiquirten Standesvorurtheilen erzogen werden. Es ist schon halboffiziell
angekündigt werden, daß die Kadettenhäuser aufgehoben und verdienstliche
Unteroffiziere zu Offizierstellen befördert werden sollen: Beides erscheint
indessen noch unwahrscheinlich.
„Die zweijährige Dienstzeit ist bei der Infanterie auf 1 1/2 Jahr zu
verringern, wodurch etwa Eine Million Thlr. erspart wird.“
Sollte nicht die Dienstzeit der Infanterie noch mehr verringert werden
können? Andere Sachkenner schlagen Ein, ja ein halb Jahr Dienstzeit vor, um
einen Infanteristen zur Vertheidigung des Vaterlandes geschickt zu machen.
Politisch die Frage entschieden ist es zu wünschen, daß der Soldat möglichst
kurze Zeit seinen bürgerlichen Verhältnissen entfremdet werde.
„Die Infanteriesäbel nebst Troddeln fallen als ganz unnütz fort und können
als Aushülfe zur Volksbewaffnung dienen.“
Diese Ersparniß ist neu, ob sie zulässig, wird davon abhangen, ob der
Infanterist den Säbel nur als Waffe, nicht aber zu andern Zwecke, z. B. im
Bivouak als Messer nöthig hat. Für den Frieden zwischen Soldaten und ihren
Mitbürgern wäre die Abschaffung des Seitengewehrs gewiß sehr erwünscht.
„Die Auditeure können von 2 per Division auf 1 herabgesetzt und also 18
erspart werden, da der Soldat künftig nur in rein militärischen Vergehen von
Militärgerichten zu verurtheilen ist.“
Der ausschließliche, auch auf bürgerliche Vergehen ausgedehnte
Militärgerichtsstand entspricht einer volksthümlichen Heerverfassung nicht,
weil er dazu führt, den Militärstand dem Bürger gegenüber zu isoliren und
als Kaste darzustellen. In dieser Beziehung findet sich im Entwurf der
preußischen Verfassungsurkunde noch eine bedeutende Lücke. Das Gardekorps
als solches ist aufzulösen. Da das Gardekorps jährlich eine halbe Million
mehr kostet, so betrüge dieses keine unbedeutende Ersparniß. Die 12
Gardelandwehrbataillone sind aufzulösen und der Provinziallandwehr zu
überweisen.“ Um die Aufhebung des Gardekorps auch politisch zu motiviren und
zu zeigen, daß in einem Heere, welches auf eine Verfassungsurkunde zu
schwören hat, keine privilegirte Heeresabtheilung zugelassen werden darf,
berufen wir uns auf die Ansicht Zachariä's in seinen 40 Büchern vom Staate,
der über Zweck und Stellung der Garde sagt:
„Jedoch der Despotismus bedarf noch anderer, auf sein Interesse unmittelbar
berechneter Mittel, um das Heer in Gehorsam zu halten. Der Zwingherr hat
sich z. B. mit einer besonders bevorrechteten Leibwache zu umgeben, beneidet
von dem übrigen Heere, eifersüchtig auf ihre Vorrechte, wird eine solche
Leibwache gehorchen und dem übrigen Heere Gebieten, um sich selbst in ihrer
Stellung zu behaupten?“
Aus den mitgetheilten Bruchstücken sieht man, wie sehr Hr. v. F. sich auch um
die politische Freiheit der preuß. Staatsbürger verdient machte in einem
Augenblick, in welchem er eigentlich nur das Wohl der Steuerpflichtigen im
Auge hatte. Wir können nur bedauern, daß die amtliche Thätigkeit des Hrn.
Verfassers bereits geendigt ist und wünschen, daß in dem Kriegsministerium
recht viele gleichgesinnte Offiziere beschäftigt sein mögen. Endlich
empfehlen wir das Schriftchen auf's Angelentlichste den Volksvertretern,
denen es von dem Hrn. Verfasser auch gewidmet ist.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0056 |
Civilstand der Stadt Köln.
Geburten.
8. und 9. Juni. Karl, S. v. Wilhelm Pickert, Fabrikant, Katharinengraben. ‒
Kath., T. v Karl Lückenhausen, Kupferschm., Follerstr. ‒ Heinr., S. v. Peter
Ohrem, Gärtner, Thieboldsg. ‒ Maria Josepha Karl Hubert, T. v. Adolph Bolk,
Zimmerges., Kranenbäumen. ‒ Maria Wilhelmina Laura, T. v. Jos. Schnitzler,
Hauptsteuer-Amts-Assist., Klingelpütz. ‒ Andr., S. v. Jos. Blumenthal,
Wollenarb., Spulmansg. ‒ Wilh., S. v. Wilh. Kleinagel, Tagl., Eigelst. ‒
Robert Jos., S. v. Pet. Jos. Huppers, Makler, Machabäerstr.
August, S. v. Peter Bloch, Stellmacherm., Antonitern. ‒ Kath., T. v. Aegid.
Irresheim, Schreiner, Löhrg. ‒ Marg., T. v. Jak. Breuer, Steinhauer,
Peterstr. ‒ Joh. Kasp., S. v. Joh. Dick, Schreiner, Telegraphenstr. ‒
Cäcilie Adelh. Hubertina, T. v. Joh. Cronenberg, Tischler, Malzbüchel. ‒
Franz Jos., S. von Heinrich Hoffmann, ohne Gewerbe. Josephplatz. ‒ Math. S.
v. Paul Horsch, Fabrikarbeiter, Blaubach.
Sterbefälle.
8. u. 9. Juni. Kath. Mertz, 7 W. alt, Thürmchenswall. ‒ Wilh. Hubert
Schlömer, Bildh., 27 J. alt, verh., Ruhr. ‒ Gottfr. Rümpler, ohne Gewerbe,
früher Fischhändler, Wittwer, kl. Sandkaul. ‒ Kath. Polch, 29 J., unverh.,
Klingelp. ‒ Georg Großbach, Anstr., 24 J. alt, unverh., Klingelp.
Heinr. Jos. Dahmann, 3 M. alt, gr. Sandkaul: ‒ Maria Kath. Müller, Wwe.
Schnippering, 94 J. alt, Sterneng. ‒ Anna Kath. Dahmann, 2 J. 2 M. alt, gr.
Sandkaul. ‒ Ludwig Ernst Eduard Hilt, 13 M. alt, gr. Budeng. ‒ Joh. Bapt.
Wilden, Maurer, 50 J. alt, Wittwer, Magdalenastr., Anna Latz, geb. Zeyen, 38
J. alt, Entenpfuhl.
Heirathen.
9. Juni. Serv. Eick, angestellt bei der Armenverwaltung. v. hier, und
Walburga Eleon. Maria Josepha Reifferscheid v. Wadenheim.
Heirathsankündigungen vom 11. Juni.
Arnold Zündorf, Schneider, Butterm., mit Anna Kath. Schlagenhauf, früher zu
Heidelberg, seit Kurzem zu Deutz. ‒ Andr. Rorich, Schreiner, gr. Griechenm.
mit Maria Sib. Werner, Wittwe Weiler, daselbst. ‒ Quirin Rierendorf,
Wittwer, Schreiner, mit Gertr. Simon, beide Ehrenstr. ‒ Michael Loeff,
Hausknecht Weberstr., mit Anna Marg. Platz, Josephplatz. ‒ Christ. Gans,
Wittwer, Schuster, mit Helena Karolina Klein, beide Spulmansg. ‒ Joh.
Förster, Tagl., Perlengraben mit Sophia Vornhagen, Marsilstr. ‒ Heinrich
Falck, Fuhrmann, Löhrg., mit Marg. Odendhal, Ursulaklost. ‒ Franz Esius,
Schreiner, Severinskloster, mit Agnes Rosbach, Karthäuserhof. ‒ Heinr. Jos.
Küpper, Tagl., mit Eva Müllens, beide Entenpfuhl. ‒ Adam Joseph Michael
Kaspar Presser, Faßbinder, Ehrenstr., mit Elis. Weyer zu Hangelar. ‒ Joh.
Peter Alois Schmitz, Goldarbeiter, Mauritiussteinweg, mit Christina Weiler
zu Bonn ‒ Mich. Knipp, Schuster, Bürgerstr., mit Anna Kath. Lennartz,
Malzbüchel. ‒ Georg Leonhard Boß, Kaufm. zu Frankfurt, mit Aug. Elis.
Welter, Glockengasse. ‒ Jakob Esser, Schiffzieher, gr. Neugasse, mit Cäcilie
Capell, Brand. ‒ Joh. Peter Busch, Steinhauer, mit Oktavie Heinrichs, beide
rm Hof. ‒ Joh. Karl Wilh. Linsener' Schreiner, Antonsgasse, mit Gert. Gohr,
Wittwe Wißkirchen, Weiherstr., Hubert Jos. Goltstein, Koufm., Bolzeng., mit
Maria Eva Wilhelmina Jansen zu Montsoie. ‒ Karl Abrah. Wiegand, Färber,
früher am Ehrenfeld, jetzt Achterstr, mit Elis. Steinborn, Achterstr. ‒
Heinrich Fabritius, Ackerer, zu Eppenich, mit Anna Kath. Aleff, früher
Schilderg., jetzt zu Bürvenich.
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 11. Juni 1848.
Abgefahren. D. Schlaegel nach Koblenz; J. Bayer nach
der Saar.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich J. A. Orts; Nach
Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr C. Königsfeld; nach Andernach und
Neuwied A. Boecking H. Schuhmacher nach Koblenz und der Mosel und Saar L.
Tillmann; nach der Mosel, nach Trier und der Saar N. Pisbach; nach Bingen J.
B. Mundschenk; nach Mainz Anton Bender; nach dem Niedermain Fr. Schulz; nach
dem Mittel- und Obermain C. W. Müller; nach Heilbronn Fr. Müssig; nach
Kannstadt und Stuttgart Peter Kühnle; nach Worms und Mannheim M.
Oberdahn.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Peer, Köln Nr. 10.
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Coesen Köln Nr. 2.
English newspapers in Brussels.
The Brussels Herald, established in 1827, is the only
English newspaper in Belgium. It is published every Saturday. Price per
quarter 5 francs, exclusive of postage out of Belgium. The Brussels Herald
is an excellent medium for all advertisements addressed to English residents
on the continent and English travellers. Office: ‒ 13 Rue des Boiteux,
Brussel.
Das Bürgerwehr-Musik-Chor
unter Leitung des Lehrers W. Herx
wird unter gefälliger Mitwirkung der Dilettanten und eines
Sänger-Vereines
Donnerstag den 15. Juni 1848, Abends 6 Uhr,
ein großes
Vokal- und Instrumental-Konzert
im Garten des Herrn Rener, im Marienbildchen zu
Deutz, veranstalten.
Das Programm wird ehestens veröffentlicht und am Eingange nebst den
Liedertexten vertheilt werden.
Das vorbezeichnete Musik-Chor erlaubt sich, sämmtliche Bürgerwehrmänner,
deren Angehörige, und Musikfreunde zur Betheiligung an diesem Konzerte
ergebenst einzuladen, und bittet die betreffenden Bürgerhauptleute und
Zugführer in ihren Kompagnieen die Subscriptionslisten zirkuliren zu
lassen.
Da die Einnahme zur Anschaffung von nöthigten Instrumenten und Musikalien
bestimmt ist, so glaubt das Musikchor bei seinen bisherigen Bestrebungen auf
eine recht zahlreiche Theilnahme von Seiten der Bürgerwehrmänner hoffen zu
dürfen.
Der Subscriptionspreis ist 5 Sgr. per Person. An der Kasse aber 71/2 Sgr.
Bei sämmtlichen Zugführern der Bürgerwehr-Kompagnieen sind Eintrittskarten zu
haben.
„Neue Rheinische Zeitung.“
Zufolge Beschluß der Versammlung der Aktionäre werden
die zweiten 10 pCt. der Aktien vor dem 10. dieses
Monats gegen Interims-Quittung eingezogen werden.
Die auswärtigen Herren Aktionäre werden höflichst ersucht, baldigst diese 10 pCt. oder 5 Thlr. per
Aktie dem unterzeichneten Geranten, St. Agatha Nr. 12, per Post
einzusenden, wo alsdann sofort die Zusendung der Interims-Quittung franco
erfolgen wird.
Köln, 4. Juni 1848.
Der Gerant H. Korff.
Heute Dienstag den 13. Ball im neuen Kuhberg auf der
Ehrenstraße, unter Leitung des Tanzlehrers J. D. Brichod.
Die Eintrittskarten sind vorläufig in obigen Lokale
selbst, so wie in der Brüderstraße Nro. 21 zu 10 Sgr. zu haben, Damen
frei; an der Kassa ist der Preis erhöht. Anfang 7 Uhr.
Vorversammlung heute Abend 8 Uhr im oberen Saale bei
Herrn Klütsch an der Wollkuche, betreffend die Wahl
des Stellvertreters des Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung nach
Frankfurt.
Mehrere Wahlmänner.
Sag Stadtroots Pitter Jussep!
Wat es dat doch good, dat mer wesse, wo jetzt dat Aedäppels-Maschinen-Brut
gefabrizeert weed.
Die Herren E.... I und II (Teuscher die auf ein Aemtchen lauren) und deren
trefflicher College S.... (Haupttrommeler), welche die Rheinprovinz so
würdig vertreten, sind in unsern Mauern. Laßt uns diesen wackern
Volksmännern die wohlverdiente Anerkennung durch eine ‒ ‒ musik
darbringen.
Kein Schulterträger.
15 à 1600 Thlr. gegen dreifachen Werth auf erste Hypotheke gesucht. Die
Expedition sagt wo.
Die so beliebten
Kirschen-Torten sind täglich frisch zu 10 und 1 Sgr.
das Stück zu haben, Schildergasse Nr. 49 und in meinen Nebengeschäften,
Blindgasse und Cattenbug Nr. 12.
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
Eis täglich in und außer dem Hause à Portion 4 Sgr.
bei
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
Im radikalen Klub
heute Abend Berathung über revolutionäre schwüle
Hitze, Lagerbier für alle Parteien zur
Abkühlung. Rum, echter Nordhäuser und Magenbitter für unverdauliche Reden sämmlicher konszituirenden
Versammlungen bei C. Keil,
große Sandkaul Nr 32
Wir beehren uns, hiermit ergebenst anzuzeigen daß wir den hiesigen Markt mit
einer großen Auswahl
Pariser Galanterie- und Bijouterie-Waaren bezogen
haben, bestehend in den schönsten auf Porzellan gemalten Broochen, so wie
deren Camee und Achat zu den billigsten Preisen von 5 Sgr. bis 4 Thlr.;
kleinen Muschelkästchen, von den Galeerensclaven verfertigt, und den
schönsten in dieses Lach einschlagenden Artikeln.
Um geneigten Zuspruch bittet
Roso Viger de Paris.
Die Bude befidnet sich rechts am Ende der ersten Reihe.
Herr Renner!
Leben Sie von Bürgern oder von Soldaten?
Es ist unverzeihlich, daß Sie als Bürger-Kommandant, Militär-Musiker anstatt
Bürger-Musiker beschäftigen!
Mehrere Bürgerwehrmänner.
Der Vorort des deutschen Turnerbundes hat auf den 2. Juli d. J. einen Turntag
ausgeschrieben und erinnert hiermit seine Mitglieder, denselben
statutengemäß zu beschicken.
Außerdem fordert er die dem Turnerbunde bis dahin noch nicht beigetretenen
Gemeinden auf, je 2 Mitglieder abzuordnen, um sich
von den Beschlüssen der Tagsatzung in Kenntniß zu setzen und nach Umständen
am Bunde zu betheiligen.
Hanau, 6. Juni 1848.
Der Vorort des deutschen Turnerbundes.
NB. Alle verehrlichen Redaktionen, welche der Sache der Turnerei Vorschub
leisten, werden ersucht, diese Zeilen in ihr Blatt aufzunehmen.
Dauerhafte und bequeme Comptoir-Bücher liefert zu reellen Preisen Albert Dörzapff, Hochstraße Nr. 106
Belle-vue zu Neuß.
Erst-Fluß-Bäder.
Die Unterzeichneten erlauben sich, dazu aufgefordert, die von dem Gastwirthe
E. Deimann hier vor zwei Jahren am sogenannten Epanchoir solid und
zweckmäßig eingerichteten Bäder von verschiedener Strömung bis zur kräftigen
Douche als diätetisches Mittel zur Stärkung und Abhärtung mit dem Bemerken
zu empfehlen, daß ein vorschriftsmäßiger Gebrauch
derselben mit und ohne anderweitere Beihülfe, ihrer Erfahrung zufolge, gegen
Haut-, Muskel- und Nerven-Schwäche nebst Folgezuständen, dann gegen
Unterleibsvollblütigkeit und Hämorrhoidal-Leiden, ferner gegen Hysterie,
Hypochondrie und ähnliche Zustände aus erhöhter Reizbarkeit, so wie gegen
chronische Rheumatismen etc. sich nützlich und heilsam erwiesen haben.
Neuß, den 20. Mai 1848.
Dr. Hellersberg. Dr. C. Rheindorf.
F. W. Rheins.
Den oben entwickelten Ansichten und Bezeugungen schließe ich mich auf den
Grund der ärztlichen Erfahrung an.
Neuß, 22. Mai 1849.
(L. S.) Dr. Jaeger,
Königl. Regimentsarzt und Sanitätsrath.
Mit meinen Herren Kollegen vollkommen einverstanden, erkläre ich die oben
benannten Bäder als besonders empfehlenswerth.
Neuß, 25. Mai 1848.
Dr. Hecking.
Mich auf obige Atteste der hiesigen Herren Aerzte beziehend, erlaube ich mir
meine bekannte Fluß-Badanstalt dem geehrten Publikum zur geneigten Benutzung
zu empfehlen.
Für prompte und reinliche Aufwartung, so wie für jede mögliche Bequemlichkeit
ist bestens gesorgt.
Neuß, den 7. Juni 1848.
E. Deimann.
Bei Gelegenheit der Pfingstfeiertage und
Gereons-Kirmes.
Sonntag, Montag und Dienstag,
Nachmittags von 3 Uhr an,
Harmonie
von dem Musikchorps des Königl. Preuß.
8. Husaren-Regiments
in dem am städtischen Garten gelegenen elegant dekorirten
Kölner Zelte.
Täglich Kirnerbsen, Erdbeerkaltschaale und vorzüglicher Maiwein. Franz Stollewerck
Meine Restauration auf dem sog. Knabengarten, Lokal des Diorama's, ganz in
der Nähe des Bahnhofes hier zu Bonn empfehle ich
hiermit einem geehrten Publico bestens.
Joh. Gebh. Gehr.
Demokratische Pfeifenköpfe zu haben bei H. R. Brocke, Schildergasse 47.
100,000 Stück Pfälzer Cigarren, aus einer aufgelösten Fabrik, per mille 3
Thlr., bei H. R. Brocke, Schildergasse 47.
Limburger Käse bester Qualität en gros & en detail billigst bei Mich.
Woocker, St. Agatha Nr. 33 an der Schildergasse.