Französische Republik.
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Paris, 2. Juni.
Diese Nacht ist ein außerordentlicher Kurier von Rom angekommen, der wichtige
Nachrichten brachte. Es heißt, der Papst hätte den Repräsentanten der
europäischen Mächte eine Note zustellen lassen, worin er sich entschlossen
erklärte, der weltlichen Macht zu entsagen, um nur die geistliche zu
behalten. An der Börse hatte dieses Gerücht großen Einfluß auf den Cours der
römischen Obligationen.
‒ Man liest im „Toulonnais“ vom 30. Mai: Das sizilische Dampfboot „Palermo“
hat, wie verlautet, ein Ansuchen der Regierung Siziliens an die der Republik
um Aushülfe mit Waffen und Kriegsmunition überbracht.
Juni 3. (Sitzung der Nationalversammlung.) Wir haben bereits mitgetheilt, daß
die Nat. Versammlung den Kommissionsantrag, Vollmacht zu ertheilen zu einer
gerichtlichen Untersuchung gegen L. Blanc verworfen hat. Wir geben
nachträglich die Hauptpunkte der Verhandlung. Hr. Mathieu de la Drôme sagte,
aus dem Kommissionsbericht lasse sich nicht erkennen, was gegen Louis Blanc
vorliege, die Thatsachen, welche das Requisitorium des Generalprokurators
aufstelle, seien größten Theils nicht zutreffend; die Vorhaft sei auch eine
Strafe und ohne die dringensten Gründe nicht zuzulassen. Hr. Larabit setzte
der Vollmachtsertheilung politische Gründe entgegen. L. Blanc habe die
Souveränetät der Nationalversammlung anerkannt; die einzigen Vorwürfe, die
auf ihm lasteten, seien seine etwaigen, erst noch zu beweisenden
ökonomischen Irrthümer und der Umstand, daß er bisher an dem Arbeitscomité
keinen Autheil genommen habe. Hr. Bac, Mitglied der Minorität in der
Kommission: die Thatsachen müssen bestimmt und vollständig vorliegen, ehe
eine Autorisation ertheilt werden könne; das Geheimniß der gerichtlichen
Untersuchung könne hiergegen nicht eingewendet werden. Zweierlei Anklagen
sei erhoben; die eine von einem Bunde der Lüge und Verläumdung, L. Blanc sei
am 15. Mai auf dem Stadthause gewesen; die andre von der Prokuratur, er sei
vom Volke oder vielmehr den Aufrührern im Triumph in die Versammlung
getragen worden und habe den Schimpf der Versammlung sich zum Ruhme gemacht.
Hierüber seien hinreichende Aufklärungen bereits gegeben. Der Redner erklärt
sich gegen den Antrag, weil er ungerecht, unpolittisch, gefährlich sei.
Louis Blanc: Ich werde mich nicht vertheidigen; ich
habe nur Eine Erklärung zu geben. Man hat hier die Vollmacht zu meiner
Verhaftung nachgesucht, ohne mich vorher zu benachrichtigen; man hat mich in
die Kommission berufen ohne mir Gelegenheit zu geben, mich im Einzelnen über
die Thatsachen zu erklären. Ich weiß nichts von diesen Thatsachen, nur daß
man mich auf dem Stadthause gesehen haben will. Ich schwöre zu Gott, daß ich
nicht da gewesen bin, und fordere Jeden auf, mich Lügen zu strafen und hier
auf der Tribüne seinen Schwur dem meinigen entgegenzusetzen. Hr. J. Favre
Berichterstatter der Kommission: Die Versammlung habe nur die Frage zu
entscheiden: Ist Grund vorhanden von dem Princip der Unverletzlichkeit
abzugehen, welches alle Repräsentanten schützt und für gewöhnlich das
Einschreiten der Justiz verhindert? Diese Entscheidung habe durchaus keinen
richterlichen Charakter, sie sei rein politischer Natur. Aber der Antrag sei
keine Eingebung des Parteihasses. Die Akten könnten nicht vollständig
vorgelegt werden, sonst müsse die Versammlung auch sofort über das ganze
Attentat vom 15. Mai urtheilen. Hr. Dupont de Bussac: die Annahme des
Kommissionsantrags heiße nichts anders als in die künftige Constitution den
Artikel aufnehmen: „Ein Volksvertreter kann sofort auf den Antrag eines
richterlichen Beamten verhaftet werden, sobald man keinen Grund hat die
Unparteilichkeit dieses Beamten zu bezweifeln.“ Ein Ausfall des Redners
gegen Duvergier de Hauranne veranlaßt eine große Bewegung in der
Versammlung. Hr. Marrast: Man habe ihm am 15. gesagt, daß L. Blanc auf dem
Stadthause gewesen, aber durch eine Hinterthür entwichen sei; er habe
indessen die Ueberzeugung gewonnen, daß L. Blanc das Stadthaus nicht
betreten habe. Hierauf wurde die Discussion geschlossen. Ein Antrag auf
motivirte Tagesordnung fand keine Unterstützung, man schritt zur Abstimmung
durch Aufstehen und Sitzenbleiben. Sie ergab keine Resultat; ebenso wenig
die Wiederholung. Erst das Scrutinium lieferte die Entscheidung zu Gunsten
Louis Blanc's.
‒ Louis Blanc's Rechtfertigung. (Schluß.) In der
Versammlung hatte ich mich, um besser zu hören, auf die Bänke der Rechten in
die Nähe der Tribüne gesetzt, als plötzlich ein fernes, dumpfes Gemurmel die
Ankunft der Menge verkündete. Mehrere Volksvertreter stürzten herein; man
rief: auf die Plätze. Jetzt begab ich mich auf die höchsten Bänke der
äußersten Linken, wo ich meinen Sitz habe. (Folgt nun eine kurze Schilderung
des Einbruchs in die Versammlung.) Mitten in dieser Unordnung, war es mir
geboten, dieselbe Haltung wie meine Kollegen zu bewahren. Ich blieb also wie
sie auf meinem Platze, wie sie bestürzter, aber ohnmächtiger Zuschauer Aber
bald darauf ‒ und es fehlt nicht an Zeugen, welche die vollständige
Genauigkeit dieser Details bekunden könnten ‒ sah ich nacheinander
Kammerhuissiers und Saaldiener zu mir kommen, welche mir ankündeten, daß
eine ungeheure Menge im Hofe nach der Rue de Bourgoqne mit großem Geschrei
nach mir verlange, und daß sie, wenn ich nicht erscheine, die Fluth, die den
Saal bereits überschwemmte, mächtig zu vergrößern drohe. Was sollte ich
thun? Mußte ich nicht auf meinen Posten in der Versammlung bleiben, der ich
angehörte? Und hieß es anderer Seits nicht eine schwere Verantwortung
aufnehmen, wenn ich von dem Orte fern blieb, wo man meine Anwesenheit als
ein Beruhigungsmittel verlangte? Ich weigerte mich eine Zeitlang den Bitten
nachzugeben, die an mich gerichtet worden; aber da sie stets dringender
wurden, entschloß ich mich, der Versammlung die Entscheidung zu überlassen.
Ich stieg also auf das Büreau der Präsidentschaft und fragte dem Bürger
Buchez, der bereits von dem Vorfalle unterrichtet war, ob ich, in dem Falle,
daß man es für nützlich hielte, daß ich zum Volke spreche, von der
Versammlung, deren Mitglied ich sey und von der ich mich in nichts trennen
wolle, autorisirt sei es zu thun.
Buchez bemerkte mir, daß es augenblicklich unmöglich sei, die Versammlung zu
befragen. „So autorisiren Sie mich denn, er
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widerte ich, im
Namen der Versammlung und in Ihrer Eigenschaft als Präsident, meine
Dazwischenkunft zu versuchen?“ Er antwortete bejahend in Gegenwart Corbon's,
eines der Vizepräsidenten. So war es nur im Interesse der Ordnung und
nachdem ich offizielle Vollmacht dazu erhalten hatte, daß ich an die Menge
mich wandte. Vom Büreau der Sekretaire aus verlangte ich einen Augenblick
Stillschweigen, der mir gestattet wurde und ich benutzte ihn ‒ der Moniteur
ist Zeuge ‒ um das Volk zur Ruhe, zur Mäßigung, zur Achtung seiner eignen
Souverainetät aufzufordern, die eine aus dem allgemeinen Stimmrecht
hervorgegangene Versammlung in Wahrheit darstellte.
Inzwischen dauerte der Tumult in dem Saale fort und draußen wurde die
Bewegung jeden Augenblick lebhafter. Ich wurde von neuem mit den
besorgnißvollsten Vorstellungen bestürmt. Sicher der Zustimmung des
Präsidenten, ging ich an die Fenster des Hofes, der zum Bourgogneplatz
führt, bestieg die Fensterbrüstung, in der Albert und Barbés sich zeigten,
und sprach zu der im Hofe dicht gedrängten Menge, was mir am geeignetsten
schien, um sie zu beruhigen. Ich sagte im Wesentlichen: man könne die
Berechtigung der Wünsche nicht leugnen, die auf eine gleichmäßigere
Vertheilung der Früchte der Arbeit, auf die stufenweise Ausrottung des
Elends gerichtet seien, aber man könne sicher sein, die geheiligten
Interessen der Arbeiter würden von der Versammlung nicht außer Acht gelassen
werden; das sei gerade der ewige Ruhm der Republik, ohne Unterlaß an der
Verwirklichung des Rechtes Aller auf ein glückliches Leben gearbeitet zu
haben. Wenn es Thorheit wäre, seine Hoffnungen in diesem Punkte zu hoch zu
spannen, so sei es wenigstens eine jener erhabenen Thorheiten, denen sein
Leben zu weihen sehr verzeihlich sey; übrigens sei es ein sehr rührendes und
sehr edles Schauspiel, ein Volk zu sehen, das seine eignen Schmerzen
vergesse, um sich mit den Leiden eines befreundeten Volkes zu beschäftigen;
hier gebe sich der hochsinnige, kosmopolitische Geist Frankreichs zu
erkennen; aber je achtungswerther die Gefühle des Volkes seien, um so mehr
gezieme es sich, sie auf eine gesetzliche, regelmäßige Weise zum Ausdrucke
zu bringen. Und ich schloß, indem ich die Menge beschwor, der
Nationalversammlung alle Freiheit zu ihren Berathungen zu lassen.
Ich zog mich zurück, um meinen Platz unter meinen Kollegen wieder
einzunehmen, als ich von einer zahlreichen Gruppe, die sich hinter dem
Fenster gebildet hatte, ergriffen und durch den Saal der Paspardus getragen
wurde. Man wollte mich noch einmal hören, man verlangte es gebieterisch, man
schloß einen Kreis, ein Stuhl wurde gebracht, den man mich zu besteigen
zwang, und ich muß das Wort nehmen. Da war es, als ich von der
ursprünglichen Kraft der Februar-Revolution, aber auch von der unbedingten
Nothwendigkeit sprach, ihr durch Mäßigung und Verständigkeit die Bewunderung
der Welt zu gewinnen, wo ich jene Worte äußerte, die seitdem so grausam
entstellt worden sind: „Diese Revolution ist nicht eine von denen, welche
Throne erschüttern, sie gehört zu jenen, welche sie umstürzen.“ Und der
Schluß, das Resumé meines Vortrags, war jener Ruf, den alle Zuhörer mit
Begeisterung wiederholten: Es lebe die Universal-Republik!
Fast in demselben Augenblicke umringt man mich von allen Seiten, man hebt
mich in die Höhe, man will mich in die Versammlung tragen. Ich wehrte mich
heftig, ich antwortete wiederholt auf die leidenschaftlichen Zurufe, die um
mich erschollen, daß der einzige des Volkes wahrhaft würdige Ruf sey: es
lebe die Republik! ‒ es war vergeblich, ich erschöpfte mich in nutzlosen
Anstrengungen. Zehn Mal fiel ich unter die Menge, die mich fortriß, zehn Mal
hoben mich kräftige Arme in die Höhe. Einige stürzten auf mich los, um mich
zu umarmen, Andere riefen: „Nehmt Euch in Acht, er erstickt.“ Ist es
Unrecht, solche Sympathien zu erregen, wenn man aus allen Kräften deren
Ausdruck bekämpft und wenn man stets der Sache, die man für die wahre hält,
ohne Erniedrigung, ohne Schmeichelei, ohne eitles Haschen nach Popularität
gedient hat, so ist das mein Unrecht; möge man noch ein anderes in meinem
Benehmen suchen !
So wurde ich wider meinen Willen durch die kompakte Masse der Eingedrungenen
in die Versammlung getragen. Wer bei dieser Scene zugegen gewesen ist, hat
aus meiner Haltung urtheilen können, ob ich nicht alles gethan habe, den
traurigen Eklat zu verhindern. Aber was vermochte in einem solchen Momente
mein körperlicher Widerstand und die wenigen Worte, die ich noch in das
Getöse hineinzuwerfen suchte? Uebermannt von Müdigkeit, in Schweiß gebadet,
mit völlig erloschener Stimme wurde ich gegen die äußersten Bänke des
Amphitheaters hingedrängt. Da sagte ein Arbeiter zu mir : „Sie haben keine
Stimme mehr, aber wenn Sie auf ein Stück Papier schreiben, daß Sie noch ein
letztes Mal die Menge beschwören, sich zurückzuziehen, so werde ich
vielleicht dazu kommen, dies Papier mit einer Stimme abzulesen, die stark
genug ist, um gehört zu werden. Sofort ergriff ich eine Feder und schrieb in
der Eile folgende Zeilen : „Im Namen des Vaterlandes, im Namen der
Volkssouverainetät, im Interesse Aller, beschwöre ich Euch….“ Da fielen von
der Tribüne herab die verhängnißvollen Worte : „Die Nationalversammlung ist
aufgelöst.“
Nun entstand eine große Bewegung, die in ihrer Heftigkeit mich bis zum
Konferenzsaale brachte. Man rief mich von allen Seiten. Eine geschlossene
stürmische Menge umringte mich mit dem Zurufe, ich solle auf das Stadthaus
mich begeben. Ich antwortete mit einer stiefen Bestürzung, die Jedermann auf
meinem Gesichte lesen konnte: auf das Stadthaus gehen, heiße Gefahr laufen,
Blutvergießen zu veranlassen. Ich frug nach mehreren meiner Kollegen: ich
konnte nichts erfahren über Albert, aber von Barbés sagte mir Jemand, daß
man ihn zum Stadthaus habe führen wollen und daß er sich sehr lebhaft
dagegen gewehrt habe. Dies wurde von mehreren Umstehenden, deren Name mir
unbekannt war, bestätigt. Das Alles auf die Thüre zustürzte, riß mich der
Strom in's Freie, und ich kam so verloren unter die Menge um mir heraus, daß
ich noch nicht weiß, durch welchen Ausgang und auf welchem Wege ich zur
Esplanade der Invaliden gelangte.“ Hierauf folgt eine Erzählung, wie es ihm
endlich mit Hülfe seines Bruders gelang, aus der Menge herauszukommen und
ein Kabriolet zu besteigen, dessen Besitzer ihn zu einem Freunde im Quartier
der Ekole de Médecnie führte, von wo er sich nach seiner Wohnung begab. „Die
Beherzigung ‒ heißt es denn ‒ die ein Journal gewagt hat, daß man mich auf
dem Stadthause gesehen habe, ist eine Lüge, deren Unverschämtheit alle
Vorstellung übersteigt. Sobald ich zu Hause hörte, daß die Versammlung
wieder zusammengetreten sei, beeilte ich mich, auf meinen Posten
zurückzukehren.
Im Vorhofe angelangt, wurde ich von einigen Nationalgardisten erkannt. Mit
einer unglaublichen Wuth stürzten sie auf mich los. „In Anklagezustand,
sagten die Einen, man muß ihn umbringen! das läßt sich schneller machen“
sagten die Andern. Glücklicherweise bewiesen andere Nationalgardisten
denselben Eifer mich zu vertheidigen, wie ihre Kameraden mich anzugreifen.
General Duvivier erschien in Uniform, und war einer der ersten, mein Leben
zu schützen. Unter denen die um mich waren, und denen es gelang, mich der
blindesten Wuth zu entreißen, nenne ich mit Erkenntlichkeit
Larochejacquelein, Boulay de la Meurthe, Wolowski, mein Landsmann Conti u.
s. w. Es ist gewiß, wenigstens wahrscheinlich, daß es ohne ihre
Dazwischenkunft, um mich geschehen war. Man riß mir Handvoll die Haare aus;
meine Kleider wurden zerissen; Elende suchten mich von hinten mit
Bajonnettstößen zu treffen; Einer der mich nicht anders fassen konnte,
packte meine rechte Hand und verrenkte mir die Finger. Ich trat wahrhaft mit
Fetzen bedeckt in die Versammlung. In diesem Zustand hätte ich vielleicht
von allen meinen Kollegen einige der Rücksichten erwarten können, die das
blose Gefühl der Humanität gebietet. Aber so grausam ist die Wirkung
gewisser, von Revolutionszeiten unzertrennlicher Mißverständnisse, daß ich
in einem Theil der Versammlung nur feindselige Gesinnungen fand. Mein
Erscheinen auf der Tribüne, wohin die gebieterischste Pflicht mich rief,
laut Zeugniß abzulegen zu Gunsten meiner unglücklichen Freunde Albert und
Barbés, rief das heftigste Murren hervor.
Ist es wahr, wie mehrere Journale berichtet haben, daß in dieses Murren sich
Beleidigungen eingemischt haben, wie sie nicht ein Mann von Herz erträgt?
Ich habe das Recht es zu läugnen, nicht nur, weil ich diese Beleidigungen
nicht gehört habe, sondern weil ich seitdem einen Brief geschrieben, der die
vorgeblichen Beleidiger aufforderte, sich zu erkennen zu geben. Dies
Schreiben ist ohne Antwort geblieben, und ich halte die Versammlung, deren
Mitglied ich bin, hoch genug zu glauben, daß nicht ein Einziger aus ihr
fähig ist, zu einer Beleidigung ohne Verantwortung, sich zu erniedrigen.
Der Moniteur berichtet, daß heute Abend einstimmig die Autorisation gegeben
worden sei, Albert zu verfolgen. Im Namen meiner Freunde und für mich selbst
protestire ich energisch gegen diese Behauptung.
Das ist, mit der vollständigsten, mit der minutiösesten Genauigkeit erzählt,
das Benehmen, das ich am 15. Mai beobachtet habe .....
Ich behalte mir vor, später im Einzelnen zu zeigen, wie gehässig man die
historischen Thatsachen der drei letzten Monate in Bezug auf mich entstellt
hat. Vor der Hand erkläre ich auf die gegen mich erhobenen
Beschuldigungen:
Es ist falsch, daß ich, in welcher Art es auch sein könne, sei es an der
Einrichtung, sei an der Leitung der sogenannten Nationalwerkstätten mich betheiligt habe, wiewohl ich es als ein
geheiligtes Prinzip betrachte: „Jede Gesellschaft verschuldet ihren Mitgliedern Arbeit und Brod.“
Wahr ist, daß ich wirksam beigetragen habe, und ich bin stolz darauf, freiwillige, wirksame, fruchtbare Associationen zu
gründen, wie die der Schneider in der Rue de Clichy, die sich bisher trotz
aller auf ihren Ruin berechneter Mannöver des besten Fortgangs erfreut und
als ein lebendiges Dementi gegen die Herabwürdiger der neuen Ideen
betrachtet werden kann. (Ich werde nächstens die Entstehung dieser
Association, ihre Fortschritte und ihre Entwicklungen öffentlich darstellen;
man wird nach Zahlen die Wichtigkeit eines solchen Versuchs
beurtheilen).
Es ist falsch, daß die Kommission im Luxembourg Mittel zur Verfügung gehabt
habe, ihre Ideen fruchtbringend anzuwenden, denn sie hat keine Fonds, keine
ausführende Gewalt und keine andere Autorität besessen, als die des Wortes,
und des gegenüber einer Menge ruinirter Industrien, die unterstützt sein
wollten, mitten unter einer kreischenden, bewaffneten Masse, die es zu
beruhigen galt.
Es ist falsch, daß die Kommission im Luxembourg eine Ursache gefährlicher
Aufregung gewesen sei. Sie hat im Gegentheil mächtig beigetragen zur
Sicherheit von Paris, wo die Ordnung nicht gestört worden ist, solange sie
für ihren Theil verantwortlich dafür war. Sie hat gerade diejenigen
beschützt, welche sie gegenwärtig herabziehen, theils aus Unwissenheit,
theils mit der Erbittrung des Undanks.
Es ist falsch, daß die Ausgaben des Luxembourg ‒ doch ich müßte erröthen,
wollte ich auf so niedrige Lügen eingehen, die der Leichtgläubigkeit der
Dummköpfe zum Futter vorgeworfen werden, ‒ ich überlasse es der Verwaltung,
mit Zahlen zu beweisen, daß das Luxembourg zwei Monat lang keinen Gast
gesehen hat als rechte Demokraten, die in allen Dingen den bescheidenen
Gewohnheiten des plebejischen Lebens treu bleiben.
Es ist falsch, um auf neuere Lügen zu kommen, daß ich seit dem 15. Mai in der
Versammlung nicht mehr erschienen sei. Ich habe mit gewissenhafter
Pünktlichkeit allen Sitzungen beigewohnt.
Und nun noch ein Wort. Denjenigen, die im Uebermaß des bösen Willens und der
Albernheit mir die Verlegenheiten der industriellen Lage aufbürden, denen
will ich sagen, daß diese Verlegenheiten die bittre unvermeidliche Frucht
des Wiederstreits der Interessen und der Konkurrenz sind; ihnen will ich
sagen, daß ich Zeit meines Lebens dies Prinzip verklagt, seine bösen Folgen
vorhergesagt habe, daß es unsinnig ist, Lehren, die bisher von der
Gesellschaft weder angenommen noch angewandt sind, das Uebel beizumessen,
das gerade aus der Anwendung ganz entgegengesetzter Doktrinen herrührt.
Wie! die Gesellschaft stürzt sich unter der Herrschaft der anarchischen
Konkurrenz in den Abgrund der Unordnung, und man macht diese Unordnung
denjenigen zum Vorwurf, welche, um sie zu bekämpfen, die Verbrüderung der
Interessen, die Association empfehlen!
Doch, man muß es wohl hoffen, das Licht wird kommen. Man wird erfahren, wie
groß gegen einen Ehrenmann die Macht systematischer Lügen sein kann, eine
Macht übrigens, die ebenso vorübergehend als verächtlich ist. Die Geschichte
wird sprechen und die Wahrheit Genugthuung erlangen.