[0021]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 6. Köln, Dienstag 6. Juni 1848.
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Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich.
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Fernere Aktienzeichnungen werden entgegen genommen in der Expedition der Zeitung Auswärtige werden gebeten, sich ebenfalls dorthin franco zu wenden.
Infertionsgebühren.
Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum … 1 Sgr. 6 Pf.
Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
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Uebersicht.
Deutschland. Köln (die Reaktion. Comité de sûrèté générale zu Berlin). Koblenz (Armirung der Festung). Frankfurt (die National-Versammlung vom 3. Juni. ‒ Eintrachtsfest. ‒ Manifest der radikal-demokratischen Partei. ‒ National-Versammlung. ‒ Bundestag). Berlin (Deputation der demokratischen Klubs. ‒ Aschoff abgedankt. ‒ Blesson. ‒ Bürgerwehrklub. ‒ Polizeibekanntmachung. ‒ Vereinbarungsdebatten. ‒ Studentenrebellion). Cassel (Verbot der Eisenbahndirektion). München (Arbeiterdemonstration. ‒ Die Polizei und die Arbeiter). Hamburg (erste Versammlung des Gewerbestandes).
Schweiz. Zürich (Antrag de s lombardischen Gesandten).
Italien. Neapel (Personalveränderungen. ‒ Nachrichten aus den Provinzen). Botzen. (Peschiera soll entsetzt sein.)
Frankreich. (National-Versammlung vom 2. Juni. ‒ Sitzung vom 3. Juni ‒ Das Journal des Debats a n die Wähler. ‒ Vertheidigungsschrift Louis Blancs).
Großbritannien. London (Sitzung des Oberhauses wegen der Unruhen. ‒ Sitzung des Unterhauses (Schifffahrtsgesetz). ‒ Zunehmende Armuth). Dublin (Mitchell).
Constantinopel (Russische Armee am Pruth).
Deutschland.
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Edition: [Karl Marx/Friedrich Engels: Die Reaktion. In: MEGA2 I/7. S. 68.]
[*] Köln, 5. Juni.
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Edition: [Karl Marx/Friedrich Engels: Comité de sûreté générale zu Berlin. In: MEGA2 I/7. S. 69.]
[*] Köln, 5. Juni.
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Koblenz, 3. Juni.
Die Armirung unserer hiesigen Festungswerke wird sehr thätig betrieben, die Verpallisadirung der Werke wird in ausgedehntester Weise vorgenommen und fortwährend sieht man Fuhren mit schweren Balken nach den verschiedenen Forts hinfahren. Die vorgeschobenen Forts, welche seither als Munitions- und Pulvermagazine benutzt wurden, werden geräumt und das Pulver nach den innern Kernwerken gebracht. Die einberufenen Kriegsreservisten treffen dagegen mangelhaft ein. Inzwischen dauern die Truppenbewegungen um uns fort. Die achte Jägerabtheilung ist von Weßlar nach Neuwied verlegt und sollte gestern den Marsch antreten; an ihrer Spitze ist eine Kompagnie des 27. Regiments von Neuwied nach Wetzlar marschirt. Das 4. Dragoner-Regiment ist in kleinern Kommandos in hiesiger Umgegend vertheilt und eine Schwadron des 8. Husaren-Regiments bereits in Bonn eingerückt.
[(D. Z.)]
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@facs0021
[15]Frankfurt, 2. Juni.
Auch wir haben unser Eintrachtsfest gehabt, und es war so charakteristisch, daß Sie jedenfalls Kunde davon nehmen müssen. Der Erbkaiser, der ersehnte Mittelpunkt und leider gegenwärtig noch Störenfried dieser Eintracht, war zwar wie Sie wissen, noch nicht fertig geworden; aber der Sinn, der Geist und die Eintracht, aus welcher er erzeugt werden soll, hatten sich in der Nationalversammlung am Tage der Präsidentenwahl so erfreulich gezeigt, daß ein Fest nur der Ausdruck der allgemeinen Stimmung war. Gagern, mit seinem energischen und männlichen Naturell, flößt den ruhigen Bürgern ein unendliches Vertrauen auf die ruhige Entwicklung der Dinge unter seinem Präsidium ein, und ihm hauptsächlich galt der Fackelzug, welchen die Freunde der Ruhe und Ordnung, nämlich die Bürgerwehr und die Schutzwachen, mit Musik und alterthümlichen „Quartierfahnen“ vor das Eschenheimer Thor führten.
In der Villa Mumm war die Creme der Deputirten versammelt; wir sahen die Notabilitäten der Rechten und der Mitte, bis zum linken Centrum hin; Raveaux, der das Kunststück der Vereinigung zuerst zu Stande gebracht hatte, schien die äußerste Konzession zu sein, darüber hinaus wäre die Zusammensetzung der Gesellschaft nicht mehr gemüthlich gewesen. Die Linke war, wie gewöhnlich, auch diesen Abend im deutschen Hofe versammelt.
Das Volk war draußen, um sich an Fackeln, Musik und Reden zu erfreuen; die Arbeiter und Gesellen bilden die Bürgerwehr nicht mit; das ganze verachtete Geschlecht der „Permissionisten,“ d. h. derer, die mit allergnädigster Permission der Republik sich in Frankfurt aufhalten dürfen, ist, wie von den Wahlen, so von der Volksbewaffnung ausgeschlossen. Indeß die Masse vor der Villa Mumm war groß genug, und als das Hoch der Fackelträger ausgebracht war, harrte Alles in einer Stille, daß man die vom Balkon gesprochnen Worte weit besser als die von der Tribüne in der Paulskirche verstand.
Die Einleitung Gagern's lautete gut demokratisch : der Einzelne sei nichts; erst das Volk trage ihn, erst die Stimme des Volks mache ihm seinen Beruf klar. ‒ Aber immer mehr kam er in den parlamentarischen Styl. Das Versprechen, eine gute Verfassung zu Stande zu bringen, glaubte er „im Geiste der großen Mehrheit“ der Nationalversammlung geben zu können, ‒ das lautete schon weniger erbaulich von der Eintracht. Er schloß nicht mit der deutschen Einheit, wie man erwarten, sondern mit einem Hoch auf die frankfurter Bürger, die sich so vortrefflich bewährt hatten.
Der Beifall war so gemessen, wie die Rede; ich weiß nicht, ob die frankfurter Bürger aus Bescheidenheit ihr eignes Lob nicht so laut verkünden wollten, oder ob sie, wie Ihr Korrespondent und die Mitglieder des Arbeitervereins, an die letzte herrliche Bewährung der deutschen Einheit dachten, die bekanntlich darin bestand, daß die frankfurter Bürger um die Ausweisung dreier deutschen Ausländer beim Senat petitionirt hatten, der denn auch „im Geist der großen Mehrheit“ der frankfurter Bürger diese Ausweisung verfügt hatte. Möglich ist auch, daß sie in Gedanken versunken waren über die nächste herrliche Bewährung, welche darin bestehen wird, daß die auf den 14. Juni hierhin eingeladene Konferenz der demokratischen Vereine untersagt werden wird.
Soiron sprach, wie ein alter Burschenschafter, von der zu erringenden Freiheit, und ließ „das Streben nach der Kraft“ hochleben! Nur ein deutsches Gemüth kann so großartige Umwege machen, und Sachen erfinden wie diese, die ins französische und ins demokratische unmöglich zu übersetzen sind.
Auch Andrian, als zweiter Vizepräsident, erhielt sein Hoch auf die Kameradschaft hin, denn da er in der Nationalversammlung noch nicht gesprochen hat, konnte niemand ihn kennen. Wenn Gagern die ernste Mitte, Soiron die gemüthliche Mitte repräsentirte, so sprach Andrian im kalten Salonton der Rechten. Er behauptete, seit Jahrhunderten hätten Oesterreich und Deutschland stets miteinander gekämpft ‒ was die Geschichte bloß in ein „gegen ein ander“ zu korrigiren hat, bis auf den Erzherzog Karl. Gegen wen der Krieg losgehen sollte, wurde nicht gesagt.
Das war unser Eintrachtsfest
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@facs0021
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@facs0021
Trotz alledem!
Variirt.
Das war 'ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüthen schneit,
Nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Wien, Berlin und alledem ‒
Ein schnöder scharfer Winterwind
Durchfröstelt uns trotz alledem!
Das ist der Wind der Reaktion
Mit Mehltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie am Thron ‒
Der annoch steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Blutschuld, Trug und alledem ‒
Er steht noch und er hudelt uns
Wie früher fast, trotz alledem!
Die Waffen, die der Sieg uns gab,
Der Sieg des Rechts trotz alledem,
Die nimmt man sacht uns wieder ab,
Sammt Kraut und Loth und alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Parlament und alledem ‒
Wir werden unsre Büchsen los,
Soldatenwild trotz alledem!
Doch sind wir frisch und wohlgemuth,
Und zagen nicht trotz alledem!
In tiefer Brust des Zornes Gluth,
Die halt uns warm trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Es gilt uns gleich trotz alledem!
Wir schütteln uns: Ein garst'ger Wind,
Doch weiter nichts trotz alledem!
Denn ob der Reichstag sich blamirt
Professorhaft, trotz alledem!
Und ob der Teufel reagirt
Mit Huf und Horn und alledem ‒
Trotz alledem und alledem,
Trotz Dummheit, List und alledem,
Wir wissen doch: die Menschlichkeit
Behält den Sieg trotz alledem!
Und ob der Prinz zurück auch kehrt
Mit Hurrah hoch und alledem: ‒
Sein Schwert ist ein gebrochen Schwert,
Ein ehrlos Schwert trotz alledem!
Ja dock: trotz all- und alledem,
Der Meinung Acht, trotz alledem,
Die brach den Degen ihm entzwei
Vor Gott und Welt, trotz alledem!
So füllt denn nur der Mörser Schlund
Mit Eisen, Blei und alledem:
Wir halten aus auf unserm Grund,
Wir wanken nicht trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Und macht ihr's gar, trotz alledem,
Wie zu Neapel jener Schuft:
Das hilft erst recht trotz alledem!
Nur, was zerfällt, vertretet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk, die Menschheit wir,
Sind ewig drum, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
So kommt denn an, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht ‒
Unser die Welt trotz alledem! F. Freiligrath.
[0022]
[Deutschland]
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@facs0022
[*]Frankfurt, 3. Juni.
Die Nationalversammlung ist heute, nach dreitägiger Ruhe, unter dem Präsidium des „edlen Gagern“ wiederum zu dem erwünschten Beschluß gekommen, eigentlich nichts zu beschließen; wenn man bedenkt, welche lastende Sorge es den einzelnen Deputirten bereiten muß, die täglichen 3 Thaler, welche ihnen aus dem Seckel des Volks zufließen, in der Krämerrepublik Frankfurt ersprießlich zu verwenden, so kann man freilich eine solche frühreife Abspannung der Versammlung nicht erstaunlich finden. Unter den neuen Anträgen, Petitionen und Berichten war dafür manches Interessante. Der Präsident gab Mittheilung über mehrere Beiträge zur Bildung einer deutschen Flotte, darunter ein Beitrag von 100 Gulden aus Mannheim, wonach es also scheint, daß die deutsche Nationalität flott werden, und aus dem Sand ins Wasser kommen solle. Hr. v. Rönne berichtete über den Ausschuß für Volkswirtschaft. (Tiefe Stille, neugierige Erwartung in der Versammlung und auf den Galerien.) Zuerst, erklärte Hr v. Rönne, habe er mitzutheilen, daß sich der Ausschuß wirklich konstituirt habe; (Bewunderung und Akklamation!) aber er sei hierbei nicht stehen geblieben; er habe ein Direktorium gewählt, bestehend in dem Berichterstatter den Herren v. Bruck und Eisenstuck; dies Direktorium habe sich zu der Ansicht vereinigt, daß nur durch „Herstellung des Vertrauens“ die ‒ ‒ Spekulationslust gehoben er bitte die Versammlung um die Erlaubniß, „Sachverständige“ (aus welchem Leuten besteht wohl der „Ausschuß und das Direktorium für Volkswirthschaft“?) heranzuziehen, dieselben zu vernehmen und vernehmen zu lassen und sich mit den Behörden in Verbindung zu setzen. Die Versammlung, außerordentlich befriedigt von so viel Eifer und Thätigkeit, ertheilte einstimmig die erbetene Erlaubniß, durch welche die wirkliche Verhandlung über diesen Gegenstand auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird. Hierauf berichtete Hr. v. Bruck aus Triest für den Marine-Ausschuß, daß derselbe noch keinen Bericht erstatten könne. Hr. Mittermaier,Wohlgeboren, berichtete über die Proteste der Polen wegen Zulassung polnischer Deputirten in die deutsche Nationalversammlung, weil Posen nicht zum deutschen Bund hätte gezogen werden sollen; der Ausschuß, erklärte Hr. Mittermaier, halte sich nicht für kompetent; er schlage vor, die Polen vorläufig zuzulassen, das Weitere aber von dem „Verfassungsausschuß“ später zu erwarten. Jacobus Venedey, der bekanntlich als königlich-preußischer Flüchtling schon gegen die Einverleibung Krakaus „protestirte,“ (Heine sagte: die Sache steht bedenklich, Palmerston und Venedey haben protestirt!) Jacobus Venedey trat auf die Tribüne und rief, daß auch er gegen die Zulassung der Deputirten „protestirt“ habe, daß er immer „protestirt“ habe, und noch „protestire“. Als ihn der Präsident bedeutete, daß dies gar nicht zur Frage gehöre, verschwand Hr. Venedey wieder, und die Versammlung nahm den Antrag Mittermaiers an, die Entscheidung der angeregten Polenfrage von dem Verfassungsausschuß zu erwarten. Hierauf Tagesordnung: Bericht des Prioritäts-Ausschusses über die Anträge auf Bildung einer provisorischen Central-Gewalt. Der Prioritäts-Ausschuß ist gebildet, um die selbstständigen Anträge der Mitglieder zu „ordnen, und ihre Reihenfolge für den Vortrag zu bestimmen.“ Man erwartet also in diesem Fall, wo er den Anträgen auf einen Vollziehungs-Ausschuß die Priorität einräumt, daß er die verschiedenen hierhergehörenden Anträge „geordnet“, und die Sache für den Vortrag bestimmt hat? Ueberspannte Ungeduld! Der Ausschuß sprach in dem Bericht einstimmig aus, daß die Frage einer Central-Gewalt wegen ihrer großen Dringlichkeit den Vorrang habe, und beantragte deshalb, die Verhandlung ‒ noch weiter hinauszuschieben; der Ausschuß beantragte, einen neuen Ausschuß zu wählen, welcher alle Anträge auf Bildung eines Vollziehungsausschusses erst prüfen und „ordnen“ soll. Der Antragsteller im Ausschuß, Hr. Simon aus Trier, sprach lediglich über die Wichtigkeit der Sache selbst: es handle sich darum, ob man souverain sein wolle in Wort und auf Papier, oder auch in der That; durch eine vollziehende Centralgewalt könne man sowohl „anarchischen Versuchen“ wie „separatistischen Gelüsten einzelner Staaten“ entgegen treten u. s. w. Ueber die Dringlichkeit einer sofortigen Verhandlung der Anträge erhob Niemand seine Stimme, auch aus der Linken nicht, aus welcher doch so manche Anträge in Betreff eines Vollziehungsausschusses hervorgegangen waren. Der in Kurhessen als „Radikaler“ bewunderte Schwarzenberg meinte sogar sehr bedenklich man müsse vor Allem doch auch das „Bestehende“ berücksichtigen, (dazu gehört doch wohl nicht die Leiche des Bundestags?) und gab zu erwägen, daß die Anträge auf einen Vollziehungsausschuß am besten ihre „Erledigung“ finden würden, wenn man dieselben dem Verfassungsausschuß zur „Berücksichtigung“ beim Verfassungsentwurf übergäbe. Auffallend war es, daß man weder den Ritter Vincke, noch den Bundestagsgesandten Welcker bei dieser Gelegenheit ihr Liedchen pfeifen hörte. Die Versammlung drängte zur Abstimmung, und der Simon'sche Antrag auf Bildung eines Prüfungsausschusses für die Anträge auf Bestellung eines Vollziehungsausschusses wurde mit großes Majorität angenommen. Die Wahlen für diesen Prüfungsausschuß, welche gleich nach der Sitzung von den Abtheilungen vorgenommen wurden, sind völlig im Sinn der Rechten ausgefallen. ‒ Noch wurde ein Bericht über die Kompetenz des Prioritätsausschusses vorgelegt. In diesem Ausschuß hatte nämlich ein schlauköpfiger Jurist, Hr. Fuchs aus Breslau, das gewissenhafte Bedenken erhoben, ob nicht Jemand bei Gelegenheit vielleicht dem Ausschuß Incompetenz vorwerfen könne; der Ausschuß, erzählte Hr. Fuchs, sei unter der Herrschaft der provisorischen Geschäftsordnung ins Leben getreten, und es frage sich, ob vielleicht durch Annahme der neuen Geschäftsordnung der Auftrag der Versammlung für den Ausschuß erloschen sei; Hr. Fuchs müsse dies indessen aus „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ entschieden vereinen, indem ein Auftrag stets von dem Machtgeber ausdrücklich zurückgenommen werden müsse; ferner, sagte Hr. Fuchs. könne nach der neuen Geschäftsordnung zweifelhaft sein, ob die Prioritätsausschuß auch wirklich über Priorität der Anträge zu entscheiden; er, Hr. Fuchs, hatte indeß auch dies Bedenken aus juristischen Gründen für unbegründet. Dieser juristische Kohl, der Bedenken zauberte, um sie selbst zu widerlegen, wurde von der Versammlung mit ernster Würde, von den Galerien mit leichtsinnigem Gelächter aufgenommen, und die Versammlung beschloß dem Ausschuß noch 15 neue Mitglieder beizugesellen, damit die ersten die selbstständigen Anträge, die letztern die Petitionen „ordnen“ und zur Berathung bringen sollten. Nach diesen wichtigen Arbeiten für das Wohl des Vaterlandes vertagte sich die Versammlung bis übermorgen; den morgigen Tag wird Jeder dem unverkümmerten Genuß seiner drei Thaler zuwenden können.
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@facs0022
Frankfurt, 3. Juni.
Motivirtes Manifest der radikal-demokratischen Partei in der konstituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main.
„Wer die majestas populi an den Cäsar abtritt,
verräth ganz einfach das Volk an den Cäsar.“
Geleitet von der Ansicht, daß es nützlich und nöthig ist, sich ohne Rückhalt auszusprechen, überzeugt von der Lebenskraft und Fortwirkung der radikal-demokratischen Prinzipien, aus denen die große europäische Umwälzung von 1848 hervorgegangen ist, sprechen wir es hiermit vor dem ganzen Volke scharf und entschieden aus, was wir für die Aufgabe der Partei halten, die beim Volke wirklich das unumschränkte Selbstregiment erhalten (konserviren) will.
I.
Wir wollen im Innern die vollständige Verwirklichung der demokratischen Staatsform. Ihr Zweck ist die Befreiung jedes Einzelnen. Wir wollen nach Außen die Emanzipation und Selbstregierung aller Völker. Alle Eroberungs- und Unterdrückungsgelüste der Deutschen gegen ihre Nachbarn und nichtdeutschen Staatsgenossen sollen aufhören. Die europäischen Völker sind im Begriff, sich zu freien Staaten frei zu vereinigen. Wir finden hierin die wahre Bedeutung der Nationalität und erwarten, es werde in nicht gar ferner Zeit kein anderes Völkerrecht geben, als die Dekrete eines souveränen Kongresses freier Nationen, die weder um die Gränzen des Landes, noch um die Vortheile des Handels sich entzweien, sondern in allgemeiner Föderation sich zu vereinigen.
In der Vereinigung Freier und Gleicher oder in der Föderation finden wir die einzig mögliche Lösung der Aufgabe, Einheit und Freiheit in Deutschland (und in Europa) herzustellen. Wir wollen das nordamerikanische Förderativsystem. Wenn wir also die Einheit der souveränen deutschen Nation wollen, so wollen wir nichts anderes, als die Vereinigung ihrer Abgeordneten in der Nationalversammlung und in dem verantwortlichen Regierungsausschuß derselben.
Diese Einheit Deutschlands ist bereits vorhanden. Die Einheit Deutschlands ist nicht die Vereinigung der verschiedenen Domänen in eine Domäne; sie ist vielmehr die Einheit des deutschen Volks durch die Vereinigung seiner Abgeordneten im souveränen Parlament hier zu Frankfurt am Main. In dieser Vereinigung sehen wir zugleich seine Freiheit; wenn wir die Freiheit des Volks wollen, so wollen wir seine vollkommene unumschränkte Selbstregierung durch seine Urversammlungen und durch seine Abgeordneten. Der unumschränkte Wille oder die Souveränetät des Volkes kann wohl durch Abgeordnete und durch Regierungsausschüsse, durch Geschworne im Gericht, durch Kriegsheere im Felde ausgeübt, aber nie an eine Person oder eine erste Kammer abgetreten werden.
Wie die Einheit, so ist auch die Freiheit des Volkes in diesem Augenblicke faktisch schon vorhanden. Der Volkswille hat die Nationalversammlung vereinigt. Weiß nun diese Versammlung, daß sie souverän ist und bleiben muß, und führt sie diejenige Konstituirung Deutschlands, welche aus diesen beiden Grundsätzen folgt, ernstlich und praktisch, durch die lebendig wirkenden Staatsgewalten herbei, so begründet sie die Freiheit, sie verwandelt die untergeordnete Freiheit in eine geordnete. Dies ist eine große, positiv revolutinäre Arbeit. So verstehen wir unsere Aufgabe. Die Nationalversammlung hat den Auftrag, das souveräne Volk zu konstituiren, also es mit solchen Organen seines Willens zu versehen, welche die Souveränetät für alle Zeiten beim Volk erhalten.
Diese Organe sind 1) die Volksvertretung in der Nationalversammlung, welche aus dem Volke durch direkte Wahl hervorgeht und nach Erlöschung ihres Mandates ins Volk zurücktritt; 2) der Vollziehungsausschuß oder der Präsident und sein Ministerium, welche aus der Nationalversammlung hervorgehen, ihr verantwortlich sind und wenn sie die Mehrheit in ihr verlieren, wieder in die Versammlung zurücktreten.
Jede andere Form der Freiheit enthält einen Verstoß gegen die Volkssouveränetät. Nur in der freigewählten Versammlung der Volksabgeordneten und in der Regierung, die aus ihr hervorgeht, kann der unumschränkte Wille des freien Volkes verwirklicht werden. Beschlösse z. B. das souveräne Volk durch seine Vertreter, die hier beisammen sind, seine Einheit, glaubte aber zu dem Zwecke einen erblichen König von Deutschland wählen zu müssen, so wäre das keine Vereinigung des freien Volks, sondern eine Vereinigung aller Fürstenhüte unter einen Königshut. Aber nicht die Fürsten unter Einen Hut zu bringen ist die Aufgabe; die Aufgabe ist, das Volk zu vereinigen und zwar ohne es zu unterjochen, also das freie Volk, welches jetzt faktisch souverän ist, unverkürzt bei dieser Souveränetät zu erhalten. Es wäre ein Verrath an sich selbst, wenn ein Volk in dem Augenblicke, wo es durch Revolution und Anarchie die Souveränetät faktisch in der Hand hat, eine lex regia, ein Königsgesetz machte, und dadurch die Souveränetät an einen König verschenkte. Die Thorheit eines solchen Verfahrens ist nicht ohne Beispiel. Wir werden den Dänen nicht nachahmen.
Aber, sagen die Konstitutionellen, wir werden einen konstitutionellen deutschen König machen. Abgesehen davon, daß die Könige nur gezeugt, nicht gewählt zu werden pflegen, ist der konstitutionelle König einfach der Rest des absoluten, und dieser Rest ist durch die demokratische Revolution von 1848 so zusammengeschwunden, daß die Volkssouverainetät unser faktischer Zustand, der König also kein Souverain mehr, sondern in Wahrheit nur noch ein Staatsdiener mit sehr beschränkten Funktionen ist. Er hat für die Ernennung des Premierministers und für die Erzeugung seines Nachfolgers zu sorgen. Die Weisheit, welche dem Despotismus nur diese beiden Sinekuren übrig läßt, ist sehr weise, und wir bewundern sie gewiß hinlänglich, wir werden die Bewunderung noch steigern, wenn wir es erleben, daß sie sich durchsetzt; aber in dem Gesammtstaate Deutschland, wo (wie in der Gesammtheit von Europa) gar kein Herr vorhanden ist, finden wir uns außer Stande, jenen Rest des Herrenthums zu erschaffen. Der konstitutionelle König ist der abgenutzte absolute; sollen wir Deutsche nun im Jahr 1848 hier in Frankfurt das Problem lösen, wie man einen abgetragenen Hut macht, ohne ihn vorher abzutragen? Wir hoffen es nicht.
Was bleibt also übrig? Der souveräne Kongreß oder, daß man gar keinen König macht, sondern nur den verantwortlichen Minister-Präsidenten und seinen verantwortlichen Ministerrath, oder einen verantwortlichen Vollziehungs-Ausschuß mit einem verantwortlichen Reichskanzler an der Spitze.
Die Weisen sagen dagegen : das ist zwar richtig, aber unpraktisch, weil das Volk nicht logisch denkt, sondern konfuse Vorstellungen hat. Diese Volksvertreter, die sich schmeicheln praktisch zu sein, weil sie die Konfusion, nicht die Auflösung der Konfusionen vertreten, irren sich; sie sind die Unpraktischen; jeder Mensch ist froh, seine Konfusion los zu werden. Wenn er sie hat, will er sie nur so lange behalten, als er sie nicht kennt. Also lehrt das Volk nur richtig denken, es wird es euch danken.
Es ist auch völlig unwahr, daß die Gemüthsbewegung und der Instinkt des Volkes nicht radikal wären, im Gegentheil, alle Folgerungen der demokratischen Revolution von 1848 werden überall mit unerbittlicher Strenge gezogen werden; und wir gehören nicht zu denen, die dieß nicht schon heute verlangten, wenn es auch erst morgen durchzusetzen wäre.
Die geflissentliche Mäßigung in der Vernunft, deren sich die Unentschiedenen rühmen, entspringt aus dem Mißtrauen in die Bewegung, die uns hervorgebracht hat. Es ist wahr, in diesem Augenblicke stockt die Befreiung der europäischen Menschheit. An der Gränze Rußlands steht die Revolution still. Aber daraus folgt nur, daß die slavische Befreiungsfrage die Lebensfrage der Revolution ist. Der Sturz des Despotismus in Polen und Rußland, sowie bei allen übrigen slavischen Stämmen, ist die Vernichtung seiner Zuflucht in Europa; und nur so ist auch die Befreiung Deutschlands zu sichern. Wir würden der Reaction und der brutalen Gewalt erliegen, wenn die Verschwörung unserer inneren Feinde mit dem russischen Militairdespotismus gelänge.
Wir wollen daher die heilige Allianz der Völker. Wir gehen mit den Franzosen, mit den Italienern, mit den demokratischen Slaven; wir wollen gleichzeitig mit der Wiedergeburt Deutschlands die Wiedergeburt Polens und Italiens. Die französische Republik bietet uns die Hand, wir nehmen sie mit Freuden an.
II.
Um die Wiedergeburt Deutschlands ins Werk zu richten, wollen wir kraft der Souverainität des deutschen Volkes durch die konstituirende Nationalversammlung diejenige Verfassung einführen, welche die Nationalsouverainetät nicht wieder aufgibt, sondern für immer sichert. Wir wollen deßhalb
1) Eine immer auf drei Jahre gewählte Nationalversammlung für den Gesammtstaat Deutschland, gewählt ohne Census und durch directe Wahlen.
2) Einen Vollziehungsausschuß, welcher durch einen verantwortlichen Präsidenten und sein verantwortliches Ministerium gebildet und durch die jedesmalige Mehrheit der Versammlung aus ihrer Mitte gewählt wird. Jede neugewählte Nationalversammlung entscheidet daher von neuem über ihren Vollziehungsausschuß.
3) Wir verlangen, daß mit der Feststellung und Verkündigung der Volksrechte oder der deutschen magna charta begonnen und der Verfassungsausschuß mit der sofortigen Vorlage dieser Volksrechte beauftragt werde.
4) Wir nehmen die Gestaltung Deutschlands seit dem März 1848 als Thatsache an, und sind der Ansicht, daß die politische Lage, in der wir Deutsche uns gegenwärtig befinden, folgende ist: die einzelnen deutschen Staaten treten durch die Vereinigueg aller deutschen Abgeordneten in der Nationalversammlung zu Einem Föderativstaat zusammen, und geben dadurch so viel von ihrer Souverainetät auf, als die Nationalversammlung zur Bildung des souverainen Gesammtstaates für nöthig erachtet.
5) Die einzelnen Staaten sind ungehindert, wie die freien Reichsstädte, Republiken, oder, wie die übrigen Staaten, konstitutionelle Monarchieen zu sein; jedoch wird durch die Volksrechte, welche die Nationalversammlung proklamirt, derjenige Grad von Volksfreiheit festgesetzt, welcher unter allen Umständen dem Volke gewährt werden muß.
6) Zu der definitiven Konstituirung des Gesammtstaates ist keine weitere Zustimmung der einzelnen Staaten erforderlich, als die, welche bereits in dem Zusammentritt der souverainen konstituirenden Nationalversammlung liegt. Die Versammlung vereinigt jetzt noch alle Staatsgewalten des Gesammtstaates in sich und hat diese verschiedenen Gewalten und politischen Lebensformen, die sie zu beschließen berufen ist, auch sofort in Wirksamkeit zu setzen und die innere und äußere Politik des Gesammtstaates zu handhaben.
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@facs0022
Frankfurt, 3. Juni.
Der von der Nationalversammlung heute gewählte Ausschuß für die Prüfung der auf Bildung einer provisorischen Centralgewalt bezüglichen Anträge besteht aus folgenden Abgeordneten: v. Trätschler, M. v. Gagern, v. Meyern, v. Sauken, Flottwell, Dahlmann, v. Lindenau, Claussen (Schriftführer), Stedtmann (1. Vorsitzender), Würth (Stellvertreter des Vorsitzenden), Zenetti, Blum, Dunker, v. Raumex, Wippermann.
‒ In der Sitzung des Bundestages vom 2. Juni erstattete der k. würtembergische Gesandte, Namens des Militär - Ausschusses, noch in Bezug auf die in Mainz stattgehabten Vorfälle und die dagegen ergriffenen Maßregeln, so wie das Ergebniß der hierüber angestellten Nachforschungen Bericht ab.
In einem Bericht des Festungs - Gouvernements vom 28. Mai ist angezeigt worden, die k. preuß. Garnison habe ‒ nachdem sie durch den Beschluß der National-Versammlung hinreichende Genugthuung für die ihr widerfahrenen Unbilden erhalten ‒ den Wunsch geäußert, ganz oder wenigstens theilweise von Mainz versetzt zu werden und dieser Wunsch sei bereits dem k. preuß. Kriegsministerium vorgetragen worder. Zugleich hat das Festungs-Gouvernement über die stattgehabte Androhung der Beschießung der Stadt und die aufgetauchte Besorgniß wegen Wiederholung ähnlicher Maßregeln, ohne daß gewichtige Gründe für solche vorlägen, sich dahin ausgesprochen, daß das Gouvernement, wie aus seiner vieljährigen Amtsführung hervorgehe, bei Anwendung und Ausführung außerordentlicher Maßregeln sich stets von den Grundsätzen der Humanität und Billigkeit leiten lassen und nur im Falle der Bedrohung und des Angriffs gegen die Sicherheit der Festung nach seiner Pflicht für deren Erhaltung zum Aeußersten schreiten werde.
Was die Reorganisation der Bürgerwehr betrifft, so bemerkt das Gouvernement, daß es solche für die nächste Zeit nicht für angemessen halte und dieselbe nur unter veränderten Verhältnissen in beschränktem Maße und allein unter den im Festungsreglement gebotenen Garantieen und nach Maßgabe des hierüber erst zu erwartenden Bewaffnungsgesetzes stattfinden könnte.
Nach Erwägung der Lage der Sache, wie sich solche durch durch diesen Bericht und die von den Kommissarien der Bundesversammlung eingezogenen Erkundigungen darstellt, wurden über die Anträge des k. sächsischen Gesandten vom 27. Mai folgende Beschlüsse gefaßt.
1) Der Antrag auf einen Garnisonswechsel erledigt sich durch den von der k. preußischen Garnison ausgedrückten Wunsch einer vollständigen, oder wenigstens theilweisen Ablösung und die hierüber dem k. preußischen Kriegsministerium gestellten Anträge. Es wird hierin zugleich das wirksamste Mittel erkannt, ferneren durch gegenseitige Erbitterung hervorgerufenen Konflikten vorzubeugen.
2) Die Reorganisation der Bürgerwehr kann nach dem wohlerwogenen Gutachten des Festungs-Gouvernements zur Zeit noch nicht angeordnet werden, sondern es muß dieselbe auf nähere Erwägung der Art und Weise, wie das zu erwartende großh. hess. Bürgerwehrgesetz mit den Bestimmungen des Bundesfestungs-Reglements in Uebereinstimmung gebracht werden kann, und ob die Lage der Umstände alsdann eine Bürgerbewaffnung in Mainz gestattet, ausgesetzt werden.
3) In Erwägung, daß die von dem Festungsgouvernement in Folge der ausgebrochenen Unruhen getroffenen Ausnahms-Bestimmungen so weit es die Umstände gestattet haben, bereits modificirt worden sind, in Erwägung insbesondere, daß ein Verbot der Vereine im Allgemeinen, so wenig als ein Verbot der Versammlungen in geschlossenen Räumen ergangen ist, und daß die Freiheit der Presse durch keinerlei Censurvorschriften gehemmt, sondern bloß die Aufstellung aufreizender Bilder und Schrifien untersagt und den Redaktionen die Weisung geworden ist, keine Artikel aufzunehmen, welche die Erbitterung der Garnison und Bürger steigern könnten; findet die Bundesversammlung keinen Grund, dem pflichtmäßigen Ermessen des Gouvernements darüber, wie bald die Umstände es gestatten werden, den ordentlichen Zustand der Bundesfestung tn vollem Maße wieder eintreten zu lassen, vorzugreifen, und erwartet von der Disciplin der gesammten Garnison ebenso, wie von der Ordnungsliebe der Bürger, daß sie alle Veranlassung zur Störung des wünschenswerthen gegenseitigen guten Einvernehmens vermeiden werden.
Der Bundestag bleibt sich also bis zum letzten Augenblicke gleich. Es ist nur gut, daß er über Niemand mehr zu befehlen hat als über die Garnisonen der Bundesfestungen. Dieser neue Beschluß kann der Nationalversammlung zeigen wie nothwendig es ist, sofort an die Stelle eines so verrotteten und von Natur volksfeindlichen Regierungsraths eine neue povisorische Centrale-Exekutive zu setzen.
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@typejArticle
@facs0022
Berlin, den 3. Juni.
Die Aufregungen der letzten Tage insbesondere die Gerüchte über heimliche Fortschaffung von Waffen, Vernagelung der Brücken, Zusammenziehung von Truppen um Berlin u. s. w. hatten am 1. Juni früh eine Deputation von sechs hiesigen demokratischen Vereinen zum Ministerpräsidenten geführt, um ihn auf die gefährliche Mißstimmung in der Stadt, welche zunächst einen unheilbringenden Conflict zwischen den bewaffneten und unbewaffneten Bürgern besorgen lasse, aufmerksam zu machen und das Gouvernement zu veranlassen, daß es zur Beruhigung der Gemüther ernstliche und aufrichtige Schritte für eine wirkliche Volksbewaffnung thue. Die Deputation stellte vor, daß die Bewaffnung der gesammten politisch-berechtigten Bevölkerung sich bereits auf eine gesetzliche Bestimmung gründe, es sich folglich nur um die Ausführung eines Gesetzes handle. Wenn gleich ein jeder Staatsbürger ein gleiches Recht auf Waffen habe, so müsse man doch aus dem Gesichtspunkte der Nützlichkeit die eigenthümlichen Verhältnisse der großen Städte und besonders Berlins berücksichtigen und hier dem Mangel zuerst abhelfen. Dazu seien erweislich Waffen genug am Orte vorhanden und überdies käme es für jetzt mehr darauf an, guten Willen zu zeigen, was schon durch vorläufige Hingabe einer geringen Quantität Waffen, durch ehrliche Anerkennung des Princips und durch eine angemessene Vertheilung der im Gebrauch befindlichen Waffen geschehen könne. Diese Vertheilung sei aber bis jetzt im höchsten Grade unzweckmäßig und ungerecht, da z. B. die waffengeübten und kräftigen Maschinenbauer keine Waffen hätten, dagegen fast sämmtliche Beamte, insbesondere die altersschwachen höheren ihre Zeit statt im Staatsdienste, im Wachdienste zubrächten und gerade sie erweislich die brutalsten Störenfriede in der Bürgerwehr seien. Das gerechte Mißtrauen sei dadurch vermehrt, daß der Verfassungsentwurf keine Silbe über Volksbewaffnung und keine Verweisung auf ein desfallsiges Gesetz enthalte. Das Ministerium habe bisher Nichts gethan, um sich an die Spitze einer so gewaltigen Zeit zu stellen oder auch nur durch Offenheit und That das Zutrauen des Landes zu erhalten, vielmehr habe es durch unzählige Unterlassungen und durch ungeschickte Ausführung, selbst da wo es die beste Absicht gehabt haben möge, stets Anstoß erregt. Die Hoffnungen auf die Nationalversammlung seien ebenfalls geschwächt, da dieselbe bisher ihre Thätigkeit hauptsächlich durch Trommeln bewiesen habe und von vielen Mitgliedern der conservativen Partei die heftigsten Aeußerungen über Berlin und Drohungen einer Verlegung der Ver- [0023] sammlung in die Provinz im Publicum verbreitet seien. Die erfolgreichen Anstrengungen der Reaction ließen sich einmal nicht mehr fortleugnen, wenn man nur offene Augen und Ohren haben wolle. Die Vorgänge in Neapel und Wien steigerten das Mißtrauen. Dies treffe aber weniger das Staatsministerium, welches vielleicht ebenfalls dupirt werde, sondern ginge darüber hinaus. Es wurden demgemäß die Anträge gestellt:
daß das Staatsministerium als die oberste Verwaltungsbehörde dem dringenden Verlangen der noch unbewaffneten, aber zum Waffentragen berechtigten Berliner Bevölkerung durch sofortige, wenigstens theilweise Bewaffnung nachgebe, event. zur Beruhigung der Gemüther das Recht der Volksbewaffnung in einem öffentlichen Erlasse anerkenne und gleichzeitig die Communalbehörde zu einer gerechten, gleich- und zweckmäßigern Vertheilung der Waffen anweise.
Eine Gefahr durch Bewaffnung des Arbeiterstandes sei nicht vorhanden, da derselbe trotz der über alle Maßen aufgeregten Zeit und der drückenden Noth sich bisher durch seine Haltung des größten Vertrauens würdig erwiesen habe und die sittliche Lage der Hauptstadt in den Zeiten der größte Ruhe weit schlechter als jetzt geweser sei; dagegen möge das Ministerium die Gefahren der Erregnng nicht gering schätzen und nicht aus seinem einseitigen Standpunkte zu hell sehen.
Nachdem der Minister-Präsident das Conseil versammelt hatte, eröffnete er der auf 1 Uhr wiederbestellten Deputation, welcher sich noch Delegirte der Maschinenbauer und einer Volksversammlung angeschlossen hatten, das die heutige Beschwerde die erste sei, welche dem Ministerium über diesen Gegenstand zu Ohren komme; es finde sich daher außer Stande in der gewünschten Eile etwas Entscheidendes zu thun. Eine gleichmäßige Volksbewaffnung erfordere eine Million Gewehre, mithin bedeutende Mehrausgaben, die das Ministerium der Nationalversammlung gegenüber nicht auf seine Verantwortung nehmen könne. Es dürfe aber die Versicherung gegeben werden, daß der Nationalversammlung ein über Volksbewaffnung sprechender Gesetzentwurf binnen Kurzem zur Berathung werde vorgelegt werden. Das Mißtrauen gegen das Ministerium, daß das auch keineswegs zu hell sehe, sei unbegründet: jede, auch die entfernteste Absicht der Reaction sei ihm völlig fremd. Es erwarte sein Urtheil zunächst von der Versammlung ‒ wenn diese nicht ausreiche ‒ von der Nation; dem werde es sich willig beugen. Die verbreiteten, das Publicum aufregenden Gerüchte halte es für durchaus grundlos: die in der unschuldigsten Absicht geschehenen Waffenversendungen seien öffentlich, nicht heimlich erfolgt; für die augenblickliche Vermehrung der Waffenlieferung in Berlin könne das Ministerium vor dem Beschlusse der Nationalversammlung nichts thun. Dagegen erkenne er ‒ der Präsident ‒ persönlich die Unzweckmäßigkeit der hiesigen Waffenvertheilung an. Dieselbe sei jedoch eine selbstständige Maßregel der Communalbehörde gewesen und es bliebe ihm nichts übrig, als die letztere zur sofortigen Prüfung und Abstellung der Mängel anzuregen.
[(B. Z.-H.)]
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@facs0023
Berlin, 3. Juni.
Hr. Aschoff, der unmöglich gewordene Chef der Bürgerwehr, hat endlich abgedankt und Major Blesson hat das Kommando provisorisch übernommen. Die Zeitungshalle bemerkt über diese Ernennung: Wenn Hr. Blesson in dieser neuen Charge dieselbe Thätigkeit entwickelt, welche er bei der Organisation der hiesigen Kleinkinder-Bewahr-Anstalten an den Tag gelegt, so läßt sich für das Bürgerwehr-Institut eine große Zukunft voraussagen. Hr. Blesson hat gleich damit angefangen, das Zeughaus wieder mit Militair besetzen zu lassen, und zwar, wie er behauptete, in Folge eines Beschlusses der Bürgerwehr. Der Bürgerwehrklub hat nun eine Erklärung erlassen, daß von sämmtlichen, der Sitzung vom 2. Mai beiwohnenden 450-500 Mitgliedern der verschiedensten Bezirke, kein Einziger von einem solchen Beschlusse etwas wisse. ‒ Der Klnb hat bei allen Bezirken anf Ernennung einer Kommission angetragen, welche Kandidaten zur Stelle eines Kommandeurs der Bürgerwehr vorschlagen soll. ‒ Der Klub protestirte ebenfalls gegen die Bekanntmachung des Grafen Keller, wonach das Schloß, „zur Erleichterung der Bürgerwehr,“ Nachts mit einem Gitter verschlossen werden soll. Er erklärt dem Herrn Keller, die Bürgerwehr fühle sich stark genug, das Schloß auch ohne Gitter zu bewachen, sie habe sich über zu schweren Dienst im Schloß noch nie beklagt, und sie wisse nichts von dem angeblichen „Uebereinkommen,“ wovon Hr. Keller spreche. Ueberdies sey es ein altes, verjährtes Recht der berliner Einwohner, zu allen Zeiten, eine augenblickliche Sicherheitsmaßregel ausgenommen, das Schloß frei zu passiren. Der Klub protestire um so mehr, als die Maßregel schon Unzufriedenheit und Mißtrauen unter den Einwohnern verbreitet habe. ‒ Auf die Aufforderung eines Deputirten der Studenten, sich dem am Sonntag stattfindenden Zuge nach dem Grabe der im März Gefallenen anzuschließen, wurde der Klubvorstand in die Aula deputirt, um die Ordnung des Zuges u. s. w. zu besprechen und zugleich gegen den sogenannten Sicherheits-Ausschuß zu protestiren, der sich gegen den Zug ausgesprochen. Uebrigens war die Versammlung einverstanden, für den Fall, daß am Sonntag Generalmarsch geschlagen würde, zu erscheinen.
[(Nach der Z.-H.)]
‒ Wozu die Polizei in Berlin sich hergibt, beweist folgende Bekanntmachung: Auf den Antrag des Verf. des Aufrufs an Deutschland, namentlich an Preußen, welcher die Tilgung der Staatsschulden durch monatliche freiwillige Beiträge (!) zum Gegenstande hat, bringe ich hierdurch zur öffentlichen Kenntniß: daß 10,000 Exemp. jenes Aufrufs an die hiesigen Hauseigenthümer vertheilt sind und der Verf. den Wunsch hegt, daß von dort aus den Herren Bezirksvorstehern Nachricht über den Erfolg der Ansprache gegeben werden möchte (!). Berlin, 29. Mai 1848. Kgl. Polizei-Präsidium. v. Minutoli. ‒ Was geht es das „Kgl. Polizei-Präsidium“ an, welche „Wünsche“ der Verf. des Aufrufs an Deutschland etc. etc. hegt?
‒ Der demokratische Klub hat durch Maueranschlag das Kriegsministerium bei der Kammer verklagt, wegen eines Erlasses des Gen. Reyher, der den Soldaten das freie Vereinigungsrecht entzieht. ‒ Die Z. H. versichert, es sei den Soldaten, namentlich denen des 24. Regiments verboten worden, Volksversammlungen zu besuchen und Maueranschläge zu lesen!
‒Die Bewaffnung der Eisen-Arbeiter hat angefangen. 500 Stück alte Gewehre sind den Borsig'schen Arbeitern ausgeliefert ‒ freilich nicht genug um den sechsten Theil dieser Arbeiter zu bewaffnen; Hr. Borsig, Bürgerwehr-Major, erklärt freilich, diese 500 genügten vorläufig hinreichend.
Gestern fand zur allgemeinen Freude eine Versöhnung unter dem bewaffneten Studenten-Korps statt, wobei von der akademischen Jugend einstimmig beschlossen wurde, die bisher gegen sie bestandenen Rechte des Universitätssenats nicht mehr anzuerkennen, da solche eigentlich schon durch die Errungenschaft vom 18. März zu gelten aufgehört haben. Gegen die durch den Senat ausgesprochene Relegation einiger Kommilitonen, so wie gegen die verweigerte Immatrikulation anderer Studirenden, welche bei der Demonstration mit dem Ausstecken einer schwarzen Fahne und mit dem Wehen schwarzer Tücher während der Parade der Bürgerwehr vor dem Könige sich betheiligt haben, wollen sämmtliche Studenten Protest einlegen, weil dem Senat ein solches Recht nicht mehr zustehe. Man ist auf die Entscheidung des Kultusministeriums über diese Angelegenheit sehr gespannt.
[(D. Z.)]
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@facs0023
Berlin, 2. Juni.
Die Eisenbahn-Arbeiter in den Maschinen-Fabriken erhalten nun auch zur Sicherheit Berlins Gewehre aus dem Zeughause. Außer diesen will man noch andere Arbeiter, die einen eigenen Hausstand haben und in Betreff ihres Lebenswandels makellos dastehen, nach und nach in die Reihen der Bürgerwehr aufnehmen.
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@facs0023
Berlin, 3. Juni.
Nach dem heutigen Militär-Wochenblatt ist dem General-Adjutanten v. Ratzmer und dem General-Lieutenant und General-Adjutanten Grafen Rostiz mit Pension der Abschied bewilligt worden.
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@facs0023
Edition: [Friedrich Engels: Vereinbarungsdebatten vom 3. Juni 1848. In: MEGA2 I/7. S. 71.]
Berlin.
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@facs0023
Kassel, 1. Juni.
Die Direktion der Friedrich-Wilhelm-Nordbahn hat allen ihren Beamten durch einen Erlaß verboten, an öffentlichen Demonstrationen Theil zu nehmen, und zwar deshalb, weil das Freudenfeuer auf dem Kratzenberge am 17. Mai (zur Feier der Eröffnung der Frankfurter Nationalversammlung) von dem Bureaupersonale der Direktion ausgegangen sein soll. Ein Beamter des technischen Bureau's, welcher sich geweigert hatte, den Erlaß zu unterzeichnen, ist von dem Oberingenieur Splingard in Kassel auf eine Nebenstation versetzt worden. Dafür hat den Letzteren eine Volksmenge über 1000 Menschen gestern Abend mit einer furchtbaren Katzenmusik beehrt. Aehnliche Serenaden wurden dem Verwalter der städtischen Armengelder und dem Polizeidirektor gebracht. Der Lärm dauerte durch die Nacht bis gegen 2 Uhr; die Bürgerwehr fand sich nirgend veranlaßt einzuschreiten, was gewiß nur zu billigen ist, da sonst ein blutiger Zusammenstoß mit den größtentheils bewaffneten Tumultuanten nicht zu vermeiden gewesen wäre.
[(Fr. J.)]
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@facs0023
München, 31. Mai.
Militärische Vorsichtsmaßregeln sind heute getroffen, weil man ähnliche Demonstrationen wie von den Schuhmachern auch von andern Gewerben befürchtet; doch wie es scheint ohne Grund. Wohl aber könnte sich der allgemeine Unmuth gegen die Polizei kehren, welche die Schuhmacher gestern geknebelt abführen ließ, ohne daß im Publikum verlautete, daß sie sich widersetzt hätten. Ein Polizei-Offiziant, der in dem Abzeichen des Landwehrkorps bei ihrer Arretirung mitwirkte, wird aus demselben austreten müssen. Ein Aehnliches widerfuhr gleich bei dessen Entstehen einem Ministerialbeamten, der als Lolite bezeichnet wurde, und dem bekannten Alemanenkommerce beigewohnt haben soll.
[(Fr. J.)]
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@facs0023
München, 31. Mai.
Die A. A. Z. sagt in einer übrigens beschönigenden Korrespondenz über die Entfernung der fremden Schumachergesellen von hier: „Das Verfahren der Polizeibehörde war doch etwas zu summarisch, und die Art ihrer Fortschaffung mußte das menschliche Gefühl beleidigen. Man führte sie zwei und zwei geschlossen(die Redaktion bemerkt, es seien blos 15 oder 16 Gesellen geschlossen worden, welche mit Stöcken versehen in eine Versammlung ihrer Meister eindrangen. Mit Stöcken! Dafür mußten sie allerdings geschlossen werden!) und so plötzlich von hier ab, daß viele sich nicht einmal mit dem Allernöthigsten versehen konnten, ja verbot ihnen sogar den Wiederbesuch der Stadt für die nächsten zwei Jahre“. Und worin bestanden die Forderungen dieser Leute, die man so schnöde behandelt hat? Sie verlangten: bessere, gesunde Schlafstätten und Betten für die in den Meisterwohnungen schlafenden Gesellen, bessere Reinlichkeits-Hülfsmittel in den Werkstätten, Bestreitung gewisser kleinen Ausgaben für nöthige Utensilien durch die Meister und endlich Erhöhung des Arbeitslohns um einige Kreuzer für jedes Stück Arbeit.
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@facs0023
[X]Hamburg, 3. Juni.
Heute fand die erste Versammlung des deutschen Gewerbestandes Statt. Es hatten sich eine große Anzahl von Deputirten eingefunden, aus Berlin, Magdeburg, Braunschweig, Bremen, Hannover, Kassel, Mecklenburg, Oldenburg und Holstein. Zum Präsidenten erwählte man ad interim Hrn. Wischmann aus Bremen, den Verfasser der Bremer Adresse.
Der Präsident leitete die Versammlung mit einer historischen Uebersicht ein. Deutschland habe sich in verschiedenen Perioden mit dem Handwerkerstande befaßt. Der wichtigste Beschluß sei der Reichstagsbeschluß vom Jahre 1731, er habe die jetzige Zunftverfassung hervorgerufen. Seit der Zeit habe man aber stillgestanden und sei nicht fortgeschritten, weshalb der Zopf so lang geworden. Man wolle weder Zunftzwang noch Gewerbefreiheit, keins von beiden sei genügend, sondern man wolle eine Gewerbeordnung, eine Organisation der Gewerbe. Gewerbefreiheit wie sie in Preußen seit 1810 bestanden, untergrabe den Handwerkerstand, der bisherige Zunftzwang mache aber den geschickten Arbeiter dem reichen Meister unterthan und erlaube ihm nicht, selbstständig zu werden. Der Verein zum Schutze des deutschen Gewerbestandes hat einen Abriß einer neuen Gewerbeordnung entworfen, welcher folgende Paragraphen enthält:
I. Organisation der Gewerbe. A. Innungen, Gilden, Genossenschaften. 1. Innere Organisation derselben: a. Vorstand, b. Prüfungsausschuß, c. Schiedsgerichte. 2. Verhältniß zwischen Lehrling und Meister: Rechte und Pflichten derselben. 3. Ausbildung zum Gewerbe: a. Gewerbeschulen, b. wiederholte Lehrlings-Prüfungen, c. Gesellenstück. 4. Meisterwerden: a. Kein Meistergeld, die Tüchtigkeit statt des Geldes, b. Niemand kann vor dem 25. Jahre Meister werden. B. Allgemeine Gewerbekasse. C. Gründung von Magazinen. D. Jährliche Gewerbeausstellung. E. Als berathende verwaltende und richterliche Behörde steht an der Spitze des gesammten Gewerbestandes 1. Eine Gewerbekammer, gebildet a. durch Abgeordnete aus den Innungen und Gilden, b. durch Hinzuziehung Sachverständiger. 2. Ein Gewerberath. Derselbe wird gebildet: a. durch Wahl der Gewerbekammer, b. durch Abgeordnete oder Kommissarien des Staats. 3. Ein Gewerbe-Gericht, gebildet a. durch Mitglieder des Gewerberathes, b. durch richterliche Personen, c. durch Geschworne, dle die Gewerbekammer erwählt.
II. Handel und Gewerbe.1. Fabrikartiger Betrieb, 2. Detailhandel, 3. Marktgerechtigkeit, 4. Schutz der Gewerbe.
III. Staat und Gewerbe. 1. Der Staat im Gewerberath durch Kommissarien vertreten, 2. Jeder Gewerbtreibende hat bei dem Bürgerwerden seinen Fähigkeitsnachweis durch den Gewerbe-Rath nachzuweisen, 3. jeder Bürger, welcher ein Gewerbe ausüben will, hat den Fähigkeitsnachweis vor Ausübung desselben zu liefern, 4. die Staatsarbeiten, durch den Gewerberath taxirt, sollen durch denselben den betreffenden Innungen und Gilden in ihrer Gesammtheit überwiesen werden, 5. Verpflichtung des Staats, vor Einführung neuer, die gewerblichen Interessen berührender Gesetze, die betreffenden Gesetzentwürfe der Gewerbekammer und dem Gewerbe-Rath zur Begutachtung vorzulegen.
Dieser Entwurf wird nun morgen debattirt werden, heute ward die Zeit der Debattirung der Vorfragen gewidmet. Die Sprecher, alle schlichte Handwerker, sprechen mit großer Sicherheit und Sprach-Gewandtheit. Unter den Rednern zeichneten sich besonders aus die Herren Heckmann aus Kassel, Behrens aus Magdeburg, Bislich aus Berlin, Selenka, Kielmannsegg, Deputirter des Tischleramtes zu Berlin, Decker aus Berlin, Rickhahn, Vogelsang, Koll und Hausemann aus Hamburg. Einzelne der Deputirten vertraten ganze Länder, Provinzen oder Städte wie Hr. Heckmann, der den hessischen Handwerkerstand vertritt und Behrens, welcher Deputirter aller sächsischer Städte ist, welche eine Vorberathung in Magdeburg abgehalten und Hrn. Behrens zu ihrem gemeinsamen Delegirten gewählt hatten.
Schweiz.
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@facs0023
In der Tagsatzung vom 31. Mai ließ der Präsident ein Schreiben des Vororts verlesen, dessen Inhalt folgender : Der Lombardische Geschäftsträger zeigt an, daß von Paris aus eine französisch-italienische Legion sich auf den Weg nach der Lombardei gemacht, und ersucht, man möge Maßregeln treffen, damit der Durchzug dieser Leute, die durchaus kein Vertrauen genießen und der italiänischen Sache eher schaden als nützen würden, verhindert werde. Der Vorort macht davon der Tagsatzung Anzeige und setzt die Kantone in Kenntniß.
[(S. M.)]
Italien.
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@facs0023
In Neapel, wo es bis zum 22. Mai ruhig war, ist der Herzog v. Serracapriola am 19. zum Vicepräsidenten des Staatsraths ernannt; Niccolo Gigli zum Gnaden- und Justizminister (Paul Ruggiero unterschrieb übrigens auch noch am 19. ein Dekret als Gnaden- und Justizministers); die Nationalgarde von Neapel wird wiederholt aufgefordert ihre Waffen abzuliefern, besonders auch die Säbel, kurzen Degen, Dolche u. s. w.; vom 21. an wird Haussuchung nach Waffen stattfinden; General Gabriel Pepe ist wieder freigegeben. Daß die Polizei den Lazzaroni einen Theil ihrer Beute wieder abgejagt, hat unter letzteren etwas böses Blut gemacht. Viele Deputirte sind in ihre Wahldistrikte gereist, um hier an die Spitze einer Bewegung zu treten. In Ariano ‒ das ist offiziell ‒ ist der Versuch eine provisorische Regierung zu gründen unterdrückt und in Folge davon die Nationalgarde aufgelöst (wie es scheint fand jener Versuch am 14. statt); in Foggia wurde er durch die Nationalgarde vereitelt: in Trani und in den Abruzzen waren Unruhen im royalistischrn Sinne; in der Umgegend von Neapel hatten beginnende Unruhen sich gelegt, als man erfuhr der König wolle die Konstitution aufrechthalten. In Pizzo war ein provisorisches Gouvernement errichtet; ebenso in Cosenza; ein Cirkular lief an die Nationalgardenchefs der Umgegend, sie sollten sich mit ihren Leuten in Cosenza versammeln um gegen Neapel zu ziehen; an vielen Orten Calabriens waren die Truppen entwaffnet. In Civitavecchia langten (19.) fünf Schiffe von Baudins Geschwader an, mit 3000 Flüchtlingen aus Neapel, unter denen sieben Deputirte. Von Bologna kam General Statella ‒ geflüchtet oder freigelassen ‒ in Florenz an (26.), um nach Neapel zu gehen; der Wirth zum Pelikan bei dem er absteigen wollte nahm ihn nicht auf, und nachdem der Zurückgewiesene sich weiter geflüchtet hatte, ward sein Reisewagen vom Volk festgehalten, fortgeschleppt und verbrannt; und in ihm befindlichen werthvollen Gegenstände wurden der Civica übergeben.
[A. A. Z.]
‒ In Neapel, wo die Truppen in den letzten Tagen bessern Sold als sonst erhielten, war es noch am 26. Mai ruhig. Die Kammern waren bis zum 1. Juli eingerufen. Am 26. rückten die bisher vor Vicenza gelegenen Oesterreicher über Caldiero in der Richtung nach Verona. Peschiera hat sich nach dem Mailänder Bülletin vom 29., nicht ergeben, und ist nach jenem abgelaufenen Waffenstillstand wieder beschossen worden.
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@facs0023
Edition: [Friedrich Engels: Peschiera soll entsetzt sein. In: MEGA2 I/7. S. 73.]
Botzen, 30. Mai.
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Französische Republik.
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@facs0023
Paris, 2, Juni.
In der Nationalversammlung von heute war Alles erstaunt, als Jules Favres im Namen der Kommission die Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung Louis Blancs verlangte. Die Kommission hatte diesen Beschluß gefaßt mit einer Majorität von 15 gegen 3 Stimmen. Die Debatte über diesen Antrag wird auf morgen, Samstag den 3. Juni, festgesetzt. Nach einigen unerheblichen Diskussionen erhält Billault das Wort als Berichterstatter des Comité's der Finanzen und schlägt ein Dekret vor, wonach die vor dem 24. ausgegebenen und seit dieser Epoche erneuerten und noch in Cirkulation befindlichen Schatzbons convertirt werden sollen in 5proz. Renten zum Kurse von 70 Fr. Derselbe Vorschlag solle den Deponenten in Sparkassen gemacht werden. Diese Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte soll jedoch nur für Träger von Schatzbons und Sparkassenbücher Statt finden, die in 14 Tagen nach Promulgation des Dekrets nicht eine Erklärung an den Finanzminister eingeschickt haben, worin sie die Konsolidation anzunehmen verweigern. Der Finanzminister Leelere erklärt, daß er das System des Herrn Billault aus allen Kräften bekämpfen wird. In der Anmaßung des Finanzcomité's, Dekrete vorzuschlagen, erblickt er eine Usurpation. Er betrachtet den Rückkauf der Eisenbahnen als die Grundlage des neuen Finanzsystems der Republik.
An der Tagesordnung ist sodann der Vorschlag von Piètri bezüglich der Abschaffung des Verbannungsgesetzes von 1832 gegen die Familie Bonaparte. Herr Daragon schlägt vor, das Gesetz nicht abzuschaffen, sondern zur Tagesordnung überzugehen und sie zu motiviren wie folgt: „In Erwägung, daß die Wahl von 3 Mitgliedern der Familie Napoleon faktisch das Gesetz von 1832 abgeschafft hat, geht die Nationalversammlung zur Tagesordnung über. Cremieux unterstützt den Vorschlag d'Aragons. Die Versammlung weist den Vorschlag d'Aragons zurück und beschließt, den Vorschlag Piétri's in Erwägung zu ztehen. Es kommt sodann zur Debatte [0024] der Vorschlag des Obersten Rey, das Bild Napoleons statt dem Heinrichs IV. wieder auf dem Kreuz der Ehrenlegion herzustellen. Glaise Bizoin will nur die militärischen Ehrenbezeugungen beibehalten, das Institut der Ehrenlegion dagegen, als dem Geist der Revolution widersprechend, abgeschafft wissen. Clement Thomas spricht in demselben Sinne. Er wird von heftigem Gemurr unterbrochen. Die Debatte wird vertagt.
‒ Die 3 Mitglieder der Kommission, welche gegen die Autorisation des öffentlichen Ministeriums zur gerichtlichen Verfolgung Louis Blancs sprachen, sind die Herren Leac, Abatucci und Freslon.
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@facs0024
Paris, 3. Juni.
Die mit der Untersuchung des Gesetzvorschlages über die Inkompatibilität zwischen Staatsämtern und dem Repräsentantenmandat beauftragte Kommission hat das System der absoluten Ausschließung der Staatsbeamten aus der Repräsentantenkammer zurückgewiesen, eben so den Vorschlag, daß Beamte bei ihrer Wahl zu Repräsentanten während der Dauer der Sitzung ihre Amtsfunktionen Stellvertretern überlassen sollten. Dagegen soll nicht nur für die Dauer der Sitzung, sondern bis nach der Epoche der neu zu schaffenden Funktionen weder Amtserhöhung für die Repräsentanten die schon Beamte sind, eintreten, noch Repräsentanten, die noch nicht Beamte waren, Aemter erhalten können. Kein Beamter soll während der Dauer der Sitzung außer seiner Indemnität als Repräsentant ein Gehalt beziehen können. Nichteinbegriffen hierin sind die Pensionen. Eine Ausnahme soll zugelassen werden zu Gunsten der Minister, Unterstaatssekretäre, des Polizeipräfekten, drs Maire von Paris, des ersten Kommandanten der Nationalgarde und des Generalprokurators am Apellhof zu Paris. Das diesen verschiedenen Funktionen zugewiesene Gehalt wird durch die Repräsentanten, die sie bekleiden, in Empfang genommen werden. Sie hören dagegen auf ihre Indemnität als Repräsentanten zu erhalten. Die Mitglieder der Versammlung können außerordentliche und vorübergehende Missionen erhalten, sei es für Inland oder Ausland. In diesem Fall werden sie die für ihre Funktionen bestimmte Indemnität erhalten, verlieren aber das Recht auf die des Repräsentanten. ‒ Die Delegirten der Arbeiterkorporationen, die ihren Sitz im Luxembourg hatten, haben so eben eine Proklamation an die Mauern von Paris anschlagen lassen, worin sie die Anklage gegen Louis Blanc zurückweisen, zugleich aber die Arbeiter vor jeder Demonstration warnen, die Louis Blanc nur kompromitiren könne.
‒ Der Antrag der Kommission zur Autorisation einer gerichtlichen Untersuchung gegen Louis Blanc ist mit 369 gegen 337 Stimmen verworfen worden.
‒ Das Journal des Debats richtet folgenden Zuspruch an die Wähler von Paris:
„Wir bitten die Wähler vor allem, sich nicht durch ein Wort und ein Emblem bestimmen zu lassen. Es giebt Leute, die allem zu antworten glauben, wenn sie sagen: Ich bin Republikaner. Aber Republikaner von welcher Partei? Seit dem 15. Mai kann man sich nicht mehr darüber täuschen: es giebt Republik und Republik. Die trikolore Republik und die rothe Republik, die mögliche Republik und die unmögliche Republik, die konservative Republik und die destruktive Republik. Und nicht nur auf politische Garantien dürfen die Wähler bei ihren Kandidaten sehen, sondern auch auf die Einsicht, Erfahrung und Capacität und alle diese Sachen findet man bei den fertigen Reputationen, bei den großen Stimmen der konstitutionellen Tribüne.“ Mit Einem Wort, die Capacitäten des alten Systems sind ganz absonderlich dazu berufen, die neue Republik zu repräsentiren. Haben sie nicht die „Erfahrung“ der Februar-Revolution gemacht? Haben ihre „Einsichten“ dies große welterschütternde Ereigniß nicht vorbereitet und schuldet das republikanische Frankreich ihnen dafür nicht seinen Dank?
‒ Im Augenblicke, wo die Kammer Jules Favres Bericht gegen Louis Blanc zu hören bekam, bildeten sich zahlreiche Gruppen in der Nationalversammlung. In einer dieser Gruppen sagte ein Repräsentant zu Flocon: Ihr laßt es geschehn, daß Louis Blanc in Anklagezustand versetzt wird. In sechs Wochen wird die Reihe an Euch kommen, in zwei Monaten an Lamartine.
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@typejArticle
@facs0024
Paris.
Wir geben nachfolgend einen Auszug aus der Vertheidigungsschrift, worin L. Blanc sein Verhalten vom 15. Mai vertheidigt. Diese Schrift befand sich im Drucke, ehe noch das öffentliche Ministerium eine Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung Louis Blancs bei der Nationalversammlung beantragt hatte.
Ich habe nie in einem Verhältniß, sei es direkt, sei es indirekt, mit Blanqui, Raspail und Huber gestanden. Den Letztern habe ich nie gesehn, die beiden Ersteren nur einmal in meinem Leben, vor einigen Jahren. Mit Sobrier kam ich einigemal zusammen vor der Vereinigung der Nationalversammlung; seit der Zeit sind wir uns wechselseitig vollkommen fremd geblieben. Was Albert und Barbès betrifft, so erkläre ich laut, daß sie meine Freunde sind.
Den 14. erfuhr ich gerüchtweise, wie alle Welt, daß eine große Anzahl von Bürgern am 15. der Nationalversammlung eine Petition zu Gunsten Polens überreichen werde. Hierauf beschränkten sich die Gerüchte, von dem Vorhaben, die Nationalversammlung zu überfallen, verlautete kein Wort. Welcher aber auch immer der ursprüngliche Zweck der Demonstration sein mochte, riskirte man nicht, in dem aufgeregten Zustand der Geister anarchischen Versuchen Vorschub zu leisten und später dem Geist der Reaktion Waffen in die Hand zu geben. Man mußte dies befürchten, namentlich nach der Demonstration vom 16. April. Ich theilte diese Befürchtungen Albert mit. Er theilte vollständig meine Ansicht.
(Fortsetzung folgt.)
Großbritannien.
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@typejArticle
@facs0024
London, 3. Juni.
Im Oberhause machte Lord Brougham gestern auf die seit einigen Tagen in der Metropole vorgefallenen Ruhestörungen aufmerksam, indem er sein großes Mißfallen wegen dieser unvernünftigen Demonstrationen an den Tag legte, die freilich keine bedeutende Gefahr herbeigeführt, aber dennoch Handel und Wandel auf bedauerliche Weise unterbrochen hätten. Der Herzog von Wellington hoffte, daß man Mittel finden, um diesen tumultarischen Zusammenkünften ein Ende zu machen. Er glaubte, es sei am besten, wenn man jedesmal die Leute, welche diese Versammlungen veranstalteten, für alle schlimmen Folgen derselben verantwortlich mache.
Der Marquis von Lansdowne, der Herzog von Richmond und Lord Denman sprachen sich in ähnlicher Weise über die Sache aus.
‒ Das Unterhaus nahm gestern die Debatte über die Schifffahrtsgesetze wieder auf, indem Herr Gladstone die Diskussion eröffnete und sich für eine Aenderung dieses Gegenstandes aussprach. Herr Hudson, der die Rheder von Sunderland repräsentirt, war dagegen; ebenso Kapitain Harris und Sir A. Hood. Nach einer Debatte, welche bis nach ein Uhr dauerte, verschob ma n dann die Diskussion bis auf nächsten Montag.
‒ Nach einer Aufstellung welche der Telegraph giebt, hat sich die Zahl der in den Fabrikdistrikten durch die Armen-Verwaltungen unterstützten Personen von 1846 bis 1847 um das doppelte, von 1846 bis 1848 fast um das Dreifache vergrößert.
‒ Die Irische Konfederation hat eine von Smith O'Brien unterzeichnete Adresse veröffentlich, in der sie erklärt, daß die Zeit mit raschen Schritten herankomme, wo es heilige Pflicht sei, den englischen Unterdrückern mit bewaffneter Hand entgegen zu treten. Jeder möge sich rüsten, um für den Schutz der irischen Freiheit in den Kampf zu ziehen.
‒ Aus Dublin hört man, daß Mitchell bei seiner Transportation mit vieler Schonung behandelt wurde.
Türkei.
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@typejArticle
@facs0024
Konstantinopel, 17. Mai.
Das hiesige Journal enthielt eine Korrespondenz aus Bucharest, wonach der dortige russische Generalkonsul kürzlich aus Petersburg Instruktionen erhalten hat, des Inhalts: daß der Kaiser entschlossen sei, beim Eintritt irgend einer Ruhestörung in den Fürstenthümern sofort von seinem Rechte als Schutzherr Gebrauch zu machen und zur Herstellung der Ordnung einzuschreiten. Am Pruth ist derselben Korrespondenz zufolge ein russisches Heer von 70,000 Mann zusammengezogen. ‒ Die russische Politik weiß, was sie will. Sie weiß, daß grade hier der Punkt ist, wo Rußland sogleich und sehr reichlich sich dafür entschädigen kann, wenn das fortwährende Drängen Europas es nöthigen sollte, zur Wiederherstellung Polens seinen Theil beizutragen. Nichts ist wahrscheinlicher, als daß Rußland in solchem Fall ohne Weiteres von den Donau-Fürstenthümern und wo möglich selbst von Konstantinopel Besitz ergreifen würde. ‒ Stände es Deutschland nicht zu, mit Entschiedenheit zu erklären, daß es die Besitzergreifung der untern Donauländer durch Rußland auf keinen Fall dulden würde?
[(A. A. Z.)]
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@facs0024
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@facs0024
Rundschreiben
an die
sämmtlichen demokratischen Vereine Deutschlands.
Da sich bereits eine Reihe von demokratischen Vereinen, wenn auch unter verschiedenen Namen (demokratischer Verein, Volksverein, republikanischer Klubb u. s. w.) in Deutschland gebildet hat (z. B. in Frankfurt, Leipzig, Kassel, Berlin, Köln, Breslau, Marburg u. s. w.), so ist es nothwendig, daß sämmtliche Vereine jetzt zusammentreten, und einen Gesammtverein Deutschlands bilden, um ihre Interessen in gemeinsamer, geschlossener, organisirter Weise zu betreiben und zu verwirklichen. Es ist dieses in dem Augenblick um so nothwendiger, da die deutsche National-Versammlung schon eröffnet ist, und mit ihr in Einklang oder auch nach Umständen ihr gegenüber die Demokraten Deutschlands eine möglichst bedeutende und machtvolle Stellung einnehmen müssen.
Indem wir uns aber zu diesem Zwecke an die sämmtlichen demokratischen Vereine wenden, setzen wir voraus, daß unter diesen nur solche verstanden werden, welche von dem Streben beseelt sind, die Demokratie bis zu ihren vollen Consequenzen zu verfolgen, daher keinen Fürsten, keinen Adel, keine Büreaukratie, kein Privilegium des Besitzes, insofern sie alle der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit, der Selbstregierung des Volkes entgegenstehen, mehr anerkennen, vielmehr die sociale demokratische Republik als das Ideal erfassen, welches mit allen Kräften zu verwirklichen sie sich zur Aufgabe machen.
Wir fordern daher zunächst alle Vereine, welche in diesem Sinne zu wirken entschlossen sind, auf, dem Marburger demokratischen Verein in einer Zuschrift dieses zu erkennen zu geben. Wir werden dann eine Liste der Vereine aufstellen und dieselbe den einzelnen Vereinen mittheilen, damit von ihnen unverweilt ein Vorort vorgeschlagen werde, welcher nach unserer Ansicht am zweckmässigsten Frankfurt oder Leipzig sein wird. Der durch Stimmenmehrheit ernannte Vorort, oder, falls dessen Ernennung erst bei der mündlichen Zusammenkunft vorgezogen würde, der von der Mehrheit vorgeschlagene Ort der ersten Conferenz, wird dann sofort Abgeordnete aller Vereine in seine Mitte berufen, damit dieselben ein gemeinsames Programm der demokratischen Vereine aufstellen, und alle Einrichtungen beschließen, welche für eine rasche gemeinsame Wirkung nothwendig erscheinen. Daß dabei der demokratische Gesammtverein auch möglichst mit den Arbeiter- und Turnvereinen sich in Verbindung setzen, und seine Kraft durch dieselben verstärken wird, bedarf kaum einer besonderen Erwähnung.
Zugleich benutzen wir diese Gelegenheit, unseren Schwester-Vereinen einige Exemplare der Statuten des hiesigen demokratischen Vereins zu überreichen.
Wir sehen wegen der Eile der Sache einer sofortigen Erwiederung auf unser Rundschreiben entgegen, und werden den vorläufig bestimmten Vor- oder Versammlungsort nach eingelaufenen Sendschreiben sogleich auffordern, sämmtliche Vereine zu schleuniger Zusammenkunft durch Abgeordnete einzuladen.
Marburg am 19. März 1848.
Der demokratische Verein zu Marburg.
Zur Beglaubigung: Bayrhoffer, Präsident.
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Musikalisches.
Vor acht Tagen hatten wir Gelegenheit, zwei unserer Landsleute in einer Matinée musikale zu bewundern; Hr. Jakob Offenbach, welcher längere Zeit in Paris gewohnt und sich einen europäischen Ruf als ausgezeichneter Cellist errungen, spielte mehrere seiner Kompositionen und ein Mendelssohnsches Lied ohne Worte, von ihm selbst arrangirt. Wir dürfen kühn behaupten, daß Herr Offenbach einer der genialsten Künstler ist, welche die jetzige musikalische Welt aufzuweisen hat; eine außerordentliche Fertigkeit, bewundernswerther Vortrag, verbunden mit einer Sicherheit des Beherrschens jenes schwierigen Instrumententes, haben nur wenige Künstler ihr Eigenthum zu nennen. Der stürmische Beifall, welcher Hrn. Offenbach zu Theil wurde, hat den Beweis geliefert, daß das musikalische Publikum unserer Stadt seine Leistungen zu würdigen weiß. Frl. Sophie Schloß, welche erst seit wenigen Wochen hierher zurückgekehrt, trug ein Lied von J. Offenbach und eins von Mendelssohn vor. Frl. Schloß ist als Künstlerin zu gut bekannt, als daß wir nöthig hätten, auch nur wenige Worte mehr zu sagen, als daß die schöne und innige Komposition von Offenbach mit einer solchen Wärme und meisterhaftem Vortrage uns vorgeführt wurde, daß wir gestehen müssen, daß Herr Offenbach sich mit uns Glück wünschen darf, für sein Lied eine Künstlerin wie Frl. Schloß gefunden zu haben. Das herrliche Lied von Mendelssohn sang Frl. Schloß in einer so vollendeten Weise, daß unserer Meinung nach, nur sehr wenige Sängerinnen im Stande sind, mit ihr zu konkurriren. Köln darf stolz darauf sein, zwei Koryphäen der musikalischen Welt, wie Frl. Schloß und Herr Jakob Offenbach, die Seinigen nennen zu können. Es wäre sehr wünschenswerth, wenn sich die beiden Künstler veranlaßt sähen, uns noch einige solcher Matinées zu verschaffen; an der größten Theilnahme Seitens des hiesigen Publikums kann es gewiß nicht fehlen. (Eingesandt.)
Sinnentstellende Druckfehler in Nr. 5 der Rhein. Zeitung.
Seite 1, Spalte 1, Zeile 4 von oben lies „Wie“ statt „Wir“.
Seite 1, Spalte 2, Zeile 11 und 12 lies „die Versammlung darum ersuchte, daß auch zwei Mitglieder der Linken zu Worte kamen“.
Seite 3, Spalte 3, Zeile 50 lies „kein Arbeiter“ statt „ein Arbeiter“.
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„Neue Rheinische Zeitung.“
Zufolge Beschluß der Versammlung der Aktionäre werden die zweiten 10 pCt. der Aktien vor dem 10. dieses Monats gegen Interims-Quittung eingezogen werden.
Die auswärtigen Herren Aktionäre werden höflichst ersucht, baldigst diese 10 pCt. oder 5 Thlr. per Aktie dem unterzeichneten Geranten, St. Agatha Nr. 12, per Post einzusenden, wo alsdann sofort die Zusendung gegen Interims-Quittung franco erfolgen wird.
Köln, 4. Juni 1848.
Der Gerant H. Korff.
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„Neue Rheinische Zeitung.“
General-Versammlung der Herren Aktionäre zur Berathung und Feststellung des Statuts und Abschluß des Gesellschafts-Vertrages auf:
Sonntag, den 18. Juni d. J., Morgens 10 Uhr, bei Drimborn, Glockengasse Nro. 13 und 15. Auswärtige können sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Interims-Quittungen dienen als Eintrittskarten.
Köln, den 2. Juni 1848.
Das provisorische Comité.
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Inserate zum Einrücken in die
„Neue Rheinische Zeitung“
können zur Aufnahme in die nächste Nummer nur bis 1 Uhr Mittags entgegengenommen werden. Die Expedition der
„Neuen Rheinischen Zeitung.“
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Turnverein für Erwachsene.
Die auf Dienstag, den 6. Juni anberaumte allgemeine Versammlung, behufs Berathung neuer Statuten, findet erst Mittwoch, den 7. ds., Abends 8 Uhr, bei Welker stattfinden.
Der Turnrath.
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Für eine Dienstmagd vom Lande, welche mit guten Zeugnissen versehen, ist eine Stelle offen. Näheres sagt die Expedition dieser Zeitung.
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Ein Ladenlehrling wird gesucht, dem ein gründlicher Unterricht in der kaufmännischen Buchführung und Korrespondenz zugesichert wird. Ein Auswärtiger, von gesitteter Familie findet eher Berücksichtigung, und hat derselbe Kost und Logis im Hause des Prinzipals. Offerten sub N. Z. besorgt die Expedition dieser Zeitung.
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Limonade-Essenz
Sterngasse Nr. 9 u 11.
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Rum, Cognac und Arrac
Sterngasse Nro. 9 u. 11.
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Die so beliebten
Kirschen-Torten sind täglich frisch zu 10 und 1 Sgr. das Stück zu haben, Schildergasse Nr. 49 und in meinen Nebengeschäften, Blindgasse und Cattenbug Nr. 12.
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
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Eis täglich in und außer dem Hause à Portion 4 Sgr. bei Franz Stollwerck, Hoflieferant.
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Ein Omnibus und andere Wagen für Landparthien zu vermiethen, kleine Sandkaul Nro. 2. J. J. Küpper.
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Gesucht ein Haus von 6 ‒ 7 Zimmer, nicht zu wei von der Mitte der Stadt. Die Expedition befördert die Adresse sub K. L. 10.
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Geldsäcke ohne Nath,
alten Münsterländer,
echte abgelagerte Havannah- und Bremer Cigarren bei
Geschw. Ziegler,
Unter Goldschmidt Nr. 13.
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Eine schwarz und weiße Wachtelhündin entkommen Wiederbringer erhält gute Belohnung. Buttermarkt Nr. 33.
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Schiffahrts-Anzeige. Kön, 5. Juni 1848 Angekommen. Kapt. Lützenkirchrn von Amsterdam mit 1834 Ctr. Kapt. Peer von Rotterdam mit 2012 Ctr.
Abgefahren. M. Lenz nach dem Obermain.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich J. A. Orts; Nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Dukoffre; nach Andernach und Neuwied J. Krämer; nach Koblenz und der Mosel und Saar D. Schlagel; nach der Mosel, nach Trier und der Saar N. Bayer; nach Bingen J. B. Mundschenk; nach Mainz Anton Bender; nach dem Niedermain Fr. Schulz; nach dem Mittel- und Obermain C. W. Müller; nach Heilbronn Fr. Müssig; nach Kannstadt und Stuttgart Peter Kühnle; nach Worms und Mannheim M. Oberdahn.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Peer, Köln Nr. 10.
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Coesen, Köln Nr. 2.
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Wasserstand.
Köln, am 4. Juni Rheinhöhe 7′ 4″
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Der Gerant Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.