Deutschland.
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Köln, 2. Juni.
In der gestrigen Versammlung der demokratischen Gesellschaft im
Stollwerk'schen Saale wurde nachstehende Adresse an die constituirende
Versammlung in Berlin berathen, angenommen und sofort mit zahlreichen
Unterschriften versehen.
Hohe Versammlung!
Nachdem eine Anerkennung des Rechtes der Völker zur Selbstregierung bereits
eine unabweisbare Nothwendigkeit für die bisherigen Inhaber der Macht
geworden war, schien das Versprechen unseres Königs, daß Preußen fortan in
Deutschland aufgehen und entschieden an die Spitze der Bewegung treten
werde, für die ersehnte Einheit und Freiheit neue Vorkämpfer in Preußen zu
verheißen. Auch diese Erwartung ist wiederum getäuscht worden. Mag Preußens
Auftreten in Schleswig-Holstein Entschuldigung finden, mögen immerhin die
von der öffentlichen Meinung bezeichneten Anträge und Einflüsse der
preußischen Regierung bei dem deutschen Bundestage nicht in Wahrheit
beruhen; ‒ noch hat diese Regierung keine Handlung aufzuweisen, aus der ein
wahres Anschließen an die Bewegung Deutschlands nach Einheit und Freiheit zu
ersehen wäre. Die Stimme des Volkes hat bereits wiederholt und laut das
Zusammentreten der Versammlung für die Verfassung Preußens vor der
Beendigung des Verfassungswerks durch die deutsche Nationalversammlung als
friedlich und gefahrdrohend für die Einheit Deutschlands bezeichnet. Mehr
aber noch als die Einheit sehen jetzt die unterzeichneten Bürger Köln's die
Freiheit des Volkes, seine Souveränität durch Vorlage des Entwurfs zur
Vereinbarung der preuß. Verfassung bedroht.
Eine mißlungene Nachahmung der belgischen Verfassung, übergeht der Entwurf
manche bedeutendern Institutionen, welche von dem Volke schon errungen, als
die nothwendigsten Garantieen seiner Freiheit erschienen ; manche sind
spätern Gesetzen vorbehalten; während andere offenbar das Prinzip der
Volkssouveränität verletzen.
Weder im Prinzip noch in den einzelnen Sätzen wird anerkannt, daß die
Staatsgewalt aus dem allgemeinen Volkswillen entspringt, sondern geradezu
der Grundsatz des Absolutismus festgehalten: der König steht über der
Verfassung als das unmittelbar „von Gottes Gnaden“ zwischen Gott und den
Menschen gesetzte höhere Wesen; dem schwachen Volke ist nur eine Theilnahme
an den Angelegenheiten des Staates gewährt!
Das Heer und die Beamten müssen dem Könige und der
Verfassung Treue und Gehorsam schwören.
Der König besetzt alle Staatsämter und alle Stellen im Heere. Ohne seine
Einwilligung kann kein Gesetz gegeben werden.
Die Staatsbürger sind nicht vor dem Gesetze gleichgestellt, solange dem
Könige die Verleihung des Adels und anderer Auszeichnungen zusteht ; das
Heer vom Versammlungs- und Petitionsrecht ausgeschlossen bleibt; das
Vermögen Bedingung des Eintritts in eine sogenannte erste Kammer sein
soll.
Nähere Bestimmungen über die Gewährleistung der persönlichen Freiheit, über
die Unverletzlichkeit der Wohnung sind nicht gegeben. Die völlige Trennung
der Kirche vom Staate ist nicht anerkannt.
Die Freiheit des Unterichts wird ausgesprochen, aber durch die Verweisung auf
die bestehenden Gesetze wieder aufgehoben ; die
Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses durch die aufgestellten Ausnahmen
ein illusorische.
Die Presse ist zwar freigegeben, aber durch die bestehenden Polizeigesetze,
durch Porto und Stempel gehemmt; das Versammlungsrecht unter freiem Himmel
der Polizeiwillkühr überlassen.
Wahlberechtigung und Wählbarkeit sollen durch spätere Gesetze regulirt
werden.
In Civil- und Kriminalprozeßsachen ist die Mündlichkeit nicht einmal als
Regel ausgesprochen; die Oeffentlichkeit bei Civilsachen in Frage gestellt.
Die mit schweren Strafen bedrohten Handlungen, so wie die politischen und
Preßvergehen sind nicht vollständig oder wenigstens nicht unzweideutig der
Beurtheilung der Geschwornen unterworfen.
In Betreff der Kompetenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden wird auf das
Gesetz verwiesen ; die Entscheidung über die Konflikte nicht einzig der
Gerichten übertragen.
Statt Festsetzung einer Civilliste verbleibt das Gesetz über das sog.
Kronfideikommiß.
Von einer allgemeinen Volksbewaffnung, eine allmähliche Verminderung des
Heeres, Verschmelzung desselben mit dem Staatsbürgerthum, einer Veränderung
des Polizeiwesens und des Beamtenthums, Unabhängigkeit des Gemeindewesens
ist nirgendwo die Rede. Die Unentgeltlichkeit des Unterrichtes wird nicht
als nothwendig anerkannt, des Armenwesens mit keinem Worte gedacht. Alle
sozialen Fragen der Zeit werden ignorirt; und endlich wird auch für die
Zukunft die Aussicht auf eine genügende Feststellung der in Frage gelassenen
Institutionen, dadurch völlig abgeschnitten, daß statt einer Volkskammer noch eine erste Kammer errichtet ist. Ihre
Zusammenstellung, die Dauer und Erblichkeit der Pairie, ihr Veto in der
Gesetzgebung, stellt eine neue Aristokratie neben die aus allgemeiner Wahl
hervorgegangenen Volksvertreter und tritt durch ihren schneidenden Eingriffe
in das Princip der Volkssouveränität am meisten verletzend dem Gefühle und
dem allgemeinen Willen der übrigen Staatsbürger entgegen.
Demnach tragen die unterzeichneten Bürger Köln's bei der hohen Versammlung
dahin an: Die Vorlage zur Vereinbarung einer Verfassung zurückzuweisen, und
insofern es schon vor der Vollendung des Verfassungswerkes durch die
deutsche Nationalversammlung möglich sein sollte, als konstituirende
Versammlung die preußische Verfassung auf neuer Grundlage festzustellen.
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Edition: [Karl Marx: Camphausens Erklärung in der Sitzung vom 30. Mai 1848. In: MEGA2 I/7. S. 46.]
[**]Köln, 2. Juni.
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@facs | 0009 |
Humoristische Skizzen aus dem deutschen
Handelsleben.
Von Georg Weerth.
Der Herr Preiß in Nöthen.
(Fortsetzung.)
Nach jener welterschütternden Nachricht der Berliner Revolution hatte der
Herr Preiß einen kläglichen Tag verlebt. Da kam die schwarze Nacht und seine
Angst stieg um zwanzig Prozent. Die Nacht ist keines Menschen Freund, dachte
der Herr Preiß und suchte in seinem Pult nach zwei alten türkischen
Pistolen, die ihm einst sein Großonkel, mütterlicher Seite, von einer
Entdeckungsreise in den Orient mitgebracht hatte. Er schickte in die
Apotheke und ließ sieben Loth Pulver fordern, Prima Qualität. Kugeln fehlten
ihm ‒ er nahm zwei Agatkugeln aus seinem Petschaft.
Nach dem Abendessen, welches lautlos und in ängstlicher Erwartung der Dinge
die da kommen sollten, verzehrt wurde, verriegelte Herr Preiß eigenhändig
alle Thüren des Hauses. Ein Dogge, halbe Race, wurde in der Küche hinter dem
Fensterladen angebunden; ein Nachtlicht brannte auf der Hausflur. Gegen 11
Uhr schlich der würdige Mann mit todesverächtlicher Miene die Treppe hinauf
in sein Schlafgemach. Tiefe Stille. Es war sehr unheimlich. ‒ ‒ Jedenfalls
siehst du einmal unter dein Bett! dachte Herr Preiß ‒ ‒ die eine türkische
Pistole in der Hand bückte er sich mühsam und voll schauerlicher Freude
überzeugte er sich davon, daß alles in Ordnung, daß kein Schinderhannes
zugegen und daß nur der weiße unschuldige Nachttopf ruhig urd gelassen da
stand in der Fülle seiner harmonischen Formen. Wie es jeder Fromme zu thur
pflegt, zog der Herr Preiß auch diesmal vor dem Nachtgebet seine Uhr auf,
eine Genfer Repetier Uhr, laufend in sechs falschen Diamanten. Dann eine
baumwollene Mütze mit großem Quast aus der Komode ziehend, krönte er sein
müdes Haupt bis tief über die Ohren.
Die Unterhose kannst du anbehalten … murmelte er. Man kann nicht wissen,
wofür es gut ist; auch die Strümpfe werde ich nimmer ausziehen; man weiß
nicht was passirt …. Da setzte er den Fuß auf die Lehne des Bettes.
Also dastehend in weißer Unterhose, in baumwollener Nachtmütze, und das eine
Bein auf dem Rande des Lagers empfahl Herr Preiß sich dem allmächtigen
Schöpfer Himmels und der Erde, und noch einmal hinaushorchend, ob sich auch
gar nichts rege da draußen in der revolutionären Außenwelt, taumelte er dann
mit einem kühnen salto mortale in die sanften vaterländischen Kissen. Auf
dem Nachttisch aber lagen die zwei türkischen Pistolen, ein Federmesser und
drei Dutzend Schwefelhölzer.
Mehrere Stunden mogte der Schlafende ruhig geschnarcht haben, da neigte sich
der Träume lieblicher Gott über die baumwollene Nachtmütze des würdigen
Handelsherrn und ließ ihn träumen folgenden Traum. Der Herr Preiß träumte,
alle Zahlen seines großen Hauptbuches hätten ein Komplot, eine Konspiration
gegen sämmtliche Nullen desselben gebildet.
Die Nullen, weil iheer zwei hinter Eins: Hundert, und weil ihrer fünf hinter
Eins: Hunderttausend ausmachen, hatten nemlich seit undenklicher Zeit
behauptet, daß sie allein Werth und Wichtigkeit in der Welt hätten und daß
alle übrigen Zahlen nur existirten um ihnen wohlgefällig zu sein. Bei
öffentlichen Gelegenheiten in Adressen und Proklamationen vergaßen sie nie,
diese Ansicht geltend zu machen und wenn die guten geduldigen Zahlen
Einwendungen zu machen suchten, so wurden sie höchstens ausgelacht und mit
einem Rüffel von wegen ihres beschränkten Unterthanenverstandes wieder
entlassen.
„Wir, vor Gottes Gnaden, Null“ ‒ hatte manche dicke Null in dergleichen
Fällen gesagt „thun hiermit kund und geben zu wissen, daß ihr dummen, aber
zudringlichen Zahlen euch jeglicher Einmischung in unsre Kraft und
Herrlichkeit enthalten sollt, widrigenfalls wir euch laut einem
funkelnagelneuen Strafgesetzentwurf mit Knitteln, Bajonetten Kartätschen und
Shrapnell's allerhöchst vom Leben zum Tode befördern werden.“
In solchem Style, umwunden von einigen bürokratischen Verblümungen, beliebten
die Nullen ihre Weisheit den Zahlen gegenüber an den Tag zu legen und wie
ein ehrlicher Mann Vieles glaubt , wenn es ihm nur mit dem gehörigen
Nachdruck gesagt wird , so glaubten auch die Zahlen bald an das , was ihnen
die Nullen vortrugen und es konnte nicht fehlen , daß sich mit der Zeit
zwischen beiden Parteien das allerschönste Unterthanen-Verhältniß
entwickelte und schnell eine ganze Hetze von königlichen, kaiserlichen,
fürstlichen, landgräflichen und ähnlichen Nullen , gleich einem
Heuschreckenschwarme das Land bedeckte.
Die Zahlen , als schlichte , biedere Staatsbürger , die sich lieber mit ihren
Gewerben, mit Künsten und Wissenschaften, als mit groben Nullen abgaben,
hatten kaum gemerkt , daß die letztern sich mit jedem Tage fester und
feister fraßen. Sie fuhren mit vieren, sie schossen alle Hasen , sie fraßen
Eis en vanille und rochen wohlriechend. Dazu liebten sie ihrer Untergebenen
Schweiß und Blut; beides zapften sie ab und tranken es zum Wohle ihrer
Staaten. Bei dieser guten Lebensart wurden sie je länger , je lieber, immer
aufgeblasener und hochmüthiger. Sie stifteten Zerwürfnisse durch ihre
Strafentwürfnisse, sie preßten durch ihre Preßgesetze ; sie verboten das
Singen und das Reden, ja beinahe das Husten und das Pissen.
Da brach den Unterthanen die Geduld ; sie kamen zusammen in kleinen
Waschzetteln und Wirthshausrechnungen; sie überlegten was zu thun sei und
entwarfen folgende Adresse an die zunächst residirende Herrschaft :
„Allerdurchlauchtigste Majestät, allergnädigster König und Null ! Ew. null
und nichtigen Hoheit erlauben wir uns hierdurch die friedliche Bemerkung zu
machen, daß wir zwar gern Dero Wichtigkeit in so weit anerkennen, als die
Null überhaupt im Decimal- und sonstigen Rechnungssystem Bedeutung hat, daß
wir aber sehr bezweifeln, ob Ew. königl. Null noch dann irgend einen Werth
hätte, wenn Ihr nicht stets eine bürgerliche Zahl vorherginge. Indem wir
daher Ew. null und nichtigen Hoheit dringend anempfehlen, gütigst sofort die
Souveränetät der Zahlen eintreten lassen zu wollen, verharren und ersterben
wir freundschaftlichst und ergebenst Ew. königl. Null, betreffende Zahlen :
Ein, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs, Sieben, Acht und Neun.“
(Forts. folgt.)
[0010]
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@facs | 0010 |
[*]Berlin, 31.
Mai.
Auf das Trauerspiel folgt die Komödie, auf den furchtbaren Ernst den Scherz,
auf die Volksjustiz gegen den Prinzen von Preußen die Bürgerwehrjustiz gegen
den General v. Aschoff. Unsere gebildeten Stände, die Bürgergardisten, haben
gestern Abend ein sehr ergötzliches Lynchgericht über ihren Kommandanten
Aschoff abgehalten. Die noch vor Kurzem reaktionäre, aber durch die letzten
Akte der Regierung wieder aufgeregte Bürgerwehr war mit ihrem ehemaligen
Liebling sehr unzufrieden geworden. Man verlangte seine Absetzung so laut,
daß Herr Aschoff sich wirklich veranlaßt sah, deswegen an die gesammte
Bürgerwehr zu appelliren. Er berief also die sämmtlichen Bataillone der
Bürgerwehr nebst den fliegenden Korps zusammen, und der Erfolg scheint für
ihn nicht glänzend gewesen zu sein. Im zweiten Bataillon wenigstens ging es
ihm schlecht, obwohl ein Major Wimpfen für ihn auftrat und nachzuweisen
suchte, daß die Cumulirung des Kommandos der Bürgerwehr mit der Kommandantur
der Stadt in seinen Händen keine reaktionäre Sicherheitsmaßregel, sondern
ein königliches Kompliment für die Bürgerwehr sei. Trotzdem stimmte eine
starke Majorität für seine Absetzung; dasselbe geschah beim Künstlercorps.
Dahin konnte es kommen, daß ein kgl. preuß. General, ein Mann, der
Dannewirke gestürmt haben könnte, sich gefallen lassen muß, von
Häringskrämern, Commis-Voyageurs, bei der Steuerpartie angestellten
Unteroffizieren, Studenten u. s. w. abgesetzt zu werden!
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@facs | 0010 |
Berlin, 31. Mai.
Sitzung der konstituirenden Versammlung. Das
Protokoll wird verworfen, weil die Antwort Hrn. Camphausens auf die
Interpellation des Hrn. Jung sehr ausführlich gegeben war. ‒ Hr. Frenken nimmt in Beziehung auf die Interpellation
selbst das Wort, versichert, das Militär habe nicht die Schuld an den
Aachener Unruhen, es habe sich mit bewundernswürdiger Mäßigung benommen,
alle Beschimpfungen ertragen etc. Ob einzelne Reservisten
Ordnungswidrigkeiten begangen, sei noch gar nicht erwiesen u. s. w. Hr. Jung replicirt kurz; die Versammlung geht zur
Tagesordnung über. ‒ Ein Schreiben des Generalstabs des 5. Armeekorps
(Posen) antwortet auf eine vor einiger Zeit gemachte Angabe des Hrn.
Reichenbach. Dieser hatte gesagt, in der polnischen Ausgabe des Erlasses des
Generals v. Pfuel fehle die in der deutschen vorhandene Drohung, die
gefangenen Aufrührer würden mit aller Strenge bestraft werden. Jetzt erklärt
Hr. Pfuel, daß dieser Satz eingerückt sei, nachdem schon 100 Exemplare
abgezogen waren, in den übrigen 5000 Exemplaren stehe er aber. Diesen
„Zufall“ hätten die Polen leider wieder auf's Gehässigste ausgebeutet. Hr.
Reichenbach antwortet, dieser Zufall gehöre
wahrscheinlich auch zu den beliebten „Mißverständnissen“. ‒ Es folgte eine
sehr konfuse Debatte darüber, ob die eingegangenen Anträge an Kommissionen
oder an die Abtheilungen gehen sollten. Der Gegenstand wurde fallen
gelassen. ‒ Die Sitzung dauerte fort. (S. unten.)
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@facs | 0010 |
[X]Berlin, 31.
Mai.
Die Sitzungen unserer Deputirtenkammer werden intressanter, schmälern aber
auch unsere Hoffnungen auf den Sieg der demokratischen Partei. Die Linke
zersplittert sich zu sehr und hat bis jetzt noch kein Talent aufgewiesen,
das fähig wäre, sie zu leiten und gegenüber einem furchtsamen Centrum, das
mit dem Sturze des Ministeriums nur Anarchie sieht, gegenüber einem
konservativen, parteiischen Präsidenten zusammenzuhalten. In der heutigen
Sitzung erstattete Hr. v. Unruh, als Vorsitzender
der Kommission zur Prüfung der Wahlen, Bericht über die Wahl des Wirsitzer
Kreises. Die Kommission entschied sich für die Gültigkeit der bloß wegen
Verspätung beanstandeten Wahl. Die Versammlung stimmt der Kommission bei und
wir sind begierig, ob der Prinz von Preußen diese
auf ihn gefallene Wahl annehmen wird. ‒ Baumstark
interpellirt den Minister der öffentlichen Arbeiten über die gestern Abend
vor seinem Hotel statt gehabte Arbeiterversammlung. Herr Patow besteigt die
Tribüne und sagt, daß er zwar noch sehr angegriffen sei von dem Vorfalle,
daß er aber doch, so viel in seinen Kräften stehe, darüber Bericht erstatten
wolle. Die Regierung, ebenso wie die Stadt Berlin, habe sich bei der
eingetretenen Geschäftsstockung bemüht, die brodlosen Arbeiter möglichst zu
beschäftigen; erstere habe 3000, letztere 2500 Arbeitern Beschäftigung
gegeben; die Regierung wie die Stadt habe den Vorstellungen der Arbeiter auf
einen Taglohn von 15 Sgr. und zehnstündige Arbeitszeit Folge gegeben.
Hierdurch seien aber bald Uebelstände eingetreten, die Arbeiter hätten
nichts gethan, und habe man sich deshalb genöthigt gesehen, die Leute im
Akkord zu beschaftigen. Weil man nicht alle beschäftigen konnte, überließ
man der Stadt, eine Auswahl zu treffen, und z. B. junge Leute zu
berücksichtigen. Hierdurch sind mehrere der bisher Beschäftigten ohne
Verdienst. Gestern nun stellte sich eine bedeutende Anzahl von Arbeitslosen
vor seinen Hotel ein, und schickte ihm eine Deputation zu mit der Forderung
einer Arbeitsversprechung für den kommenden Morgen. Auf die Vorstellung, daß
viele von den Untenstehenden schon den ganzen Tag nichts genossen, erklärte
er, daß er aus seiner Tasche ihnen etwas geben wolle, daß er aber bis morgen
keineswegs Arbeit zu schaffen wisse. Die Deputation wagte es nicht, diesen
Bescheid herunter zu bringen. Der Minister zog sich jetzt in sein Zimmer
zurück, vernahm aber bald ein fürchterliches Krachen an seiner Hausthür. Er
ging herunter und ließ öffnen. Zwei Stunden lang parlamentirte er mit dem
Volke; zuletzt wurde die angebotene Unterstützung nicht als Geschenk,
sondern auf Abschlag für zu leistende Arbeit angenommen, worauf sich die
Ruhe wieder herstellte. ‒ Herr Baumstark stellte
hierauf den Antrag, die Versammlung solle zu Protokoll erklären, sie ersuche
das Ministerium, dte geeignetsten Maßregeln für die Sicherung der Ruhe zu
ergreifen. In die Abtheilungen verwiesen. ‒ Der Abg. Jung stellt hierauf an den Kriegsminister die Frage, ob es wahr
sei, daß alle Waffen aus dem Zeughause geräumt und verschickt werden. Es
gehe das Gerücht, daß man Berlin entwaffnen wolle. Man habe schon
Waffensendungen angehalten und es seien deshalb heute Unruhen*) vor dem
Zeughause. Der Kriegsminister schickt seinen Kommissarius, Herrn Fischer,
auf auf die Tribüne. Dieser giebt zu, daß seit 14 Tagen gegen 10,000 Gewehre
aus dem Zeughause genommen und verschickt seien; daß diese aber zur
Bewaffnung der Bürgerwehr, z.B. in Lückenwalde dienen sollten, oder alte,
hier reparirte Gewehre fremder Garnisonen seien Das Gerücht, daß geladene
Geschütze im Zeughause stehen, zog er ins Lächerliche. Hr. Jung antwortete
nicht. Ich bemerke nur, daß es bis jetzt beim Militär nicht Gebrauch war,
die schlechten Gewehre in andern als den resp. Garnisonsorten repariren zu
lassen (und vollends in Berlin wo gar keine Gewehrfabrik ist! die nächste
ist in Potsdam); daß 6 nicht geladene, aber zur Abfahrt fertige Geschütze
mit und 8 Geschütze ohne Munition im Zeughause stehen und daß die dort
kampirende Kompagnie Infanterie per Mann 60 scharfe Patronen führt. ‒ Hr.
Camphausen erwähnte der zirkulirenden Gerüchte
über angeblich reaktionäre Maßregeln der Minister nur um bei dieser
Gelegenheit zu erklären, die Versammlung und das Ministerium müßten
solidarisch sein, und man müsse sobald wie möglich eine Abstimmung
provoziren, die die Existenz oder den Mangel dieser Uebereinstimmung
konstatire. Die Minister wünschten nichts mehr als in einer großen Debatte
ihre Ansichten zu entwickeln. ‒ Dunker trägt nun auf
eine Adresse als Antwort auf die Thronrede an. Weichsel aus Magdeburg spricht dagegen. Adressen
seien leere Fömlichkeiten, die Versammlung habe etwas Besseres zu thun. Hansemann: Mit Entrüstung weise ich die Zumuthung
zurück, als verfolge die Regierung reaktionäre Tendenzen. Die Adreßdebatte
wird Gelegenheit geben uns auszusprechen; harmoniren wir nicht mit der
Versammlung, so treten wir ab. ‒ Berends ist gegen
die Adresse, ohne darum ein unbedingter Gegner des Ministeriums zu sein. Man
spreche vom Usus konstitutioneller Kammern; hier sei keine Kommer, sondern
eine Konstituante. Die Gesetzvorschläge selbst bieten dem Ministerium
Gelegenheit sich über seine Grundsätze aussprechen, und solche Debatten sind
die wichtigsten. Hansemann erklärt hierauf, daß er das
Erlassen einer Adresse für wichtig genug halte, um daraus eine
Kabinetsfrage zu machen. Der Abg. Mätze aus Schlesien: Ein Dank an
den König ist nicht nöthig, da die Zusammenberufung der Versammlung keine
Gnade, sondern eine Nothwendigkeit war. Sehr viele Mitglieder sind nicht zu
politischen Debatten hier, sondern nur zur Entscheidung sozialer Fragen. Der Minister Auerswald erklärt jetzt, daß der
Finanzminister nicht blos in seinem eigenen, sondern im Namen des ganzen
Kabinets gesprochen. ‒ Bei der Abstimmung erklärte sich eine bedeutende
Majorität für die Adresse. Mitglieder zu Einer Kommission für die Entwerfung
der Adresse werden durch die Abtheilungen gewählt. ‒ Nächste Sitzung Freitag
2. Juni.
Auszug aus dem von einem im Königreich Polen unmittelbar an der Gränze des
Großherzogthums Polen wohnhaften Gutsbesitzers an seine im Großherzogthum
ansäßigen Verwandten gerichteten Briefe.
Den 22. Mai.
Ich habe längere Zeit hindurch viel Russen im Quartier gehabt, die uns
wahrlich besser behandeln, als die civilisirten preußischen Truppen. Du
wirst Dir die Entrüstung der russischen Soldaten kaum vorstellen könnrn, als
sie sahen, wie preußische Husaren unglückliche schuldlose Bauern auf den
Feldern herumgejagt und niedergehauen haben! Die Russen sprechen es
unverholen aus, daß sie mit Ungeduld dem Augenblick entgegenharren, in
welchem sie gegen Preußen zu Felde ziehen und den an Polen verübten Frevel
rächen werden.
[(Zeit.-Halle.)]
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Frankfurt, 31. Mai.
(Nachtrag zur 10. Sitzung). Abg. Fuchs erstattet
Bericht im Namen des Prioritätsausschusses. Der Ansschuß ist der Ansicht,
daß vor Allem die Anträge auf Bildung einer Centralgewalt ihrer
Dringlichkeit wegen zur Berathung kommen sollten, und empflehlt deßwegen den
Antrag Simons: einen Ausschuß zur Prüfung dieser Anträge zu wählen. Dieses
Gutachten des Prioritätsausschusses, so wie ein weiterer, den Umfang seiner
Kompetenz betreffender Bericht desselben, kommen auf die nächste
Tagesordnung. Der in voriger Sitzung gewählte Ausschuß zur Prüfung
völkerrechtlicher und internationaler Fragen besteht aus den Abgg.
Heckscher, Jaup, v. Raumer aus Berlin, Esmarch, Schubert aus Königsberg,
Zachariä, Wurm, Gervinus, Cucumus, v. Wydenbruck, Stenzel, Schuselka, Arndt,
Gombart, Höfken. In den Marine-Ausschuß sind u. A. Roß aus Hamburg, die 3
Triester Deputirten, Kerst aus Posen, Gevekohl aus Bremen, v. Radowitz
gewählt, Vorstand ist v. Bruck aus Triest.
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Mainz, 2. Juni.
Der hiesige Bürgermeister veröffentlicht heute im Namen des Stadtvorstandes
eine „Erklärung“, der wir Folgendes entnehmen:
,;Das hiesige Festungsgouvernement hat es für angemessen erachtet, zur
Rechtfertigung der über hiesige Stadt verhängten Maßregeln einen offiziellen
Artikel zu veröffentlichen, worin dasselbe zwar ebenfalls auf das zu
erwartende Resultat der Untersuchung hinweist, zugleich aber damit eine
Darstellung von Begebnissen verbindet, welche, für sich
allein betrachtet, immerhin geeignet erscheinen dürften, jetzt
schon die öffentliche Meinung zu präokkupiren und zum Nachtheil der hiesigen
Bürgerschaft festzustellen.
Es würde zu weit von unserm Vorsatze, der Untersuchung nicht vorzugreifen,
abführen und uns ebenfalls dem begründeten Vorwurfe aussetzen, das Publikum
nach eigener einseitiger Anschauung belehren zu wollen, wenn wir in Details
und Berichtigungen hier eingehen wollten, zu welchen der oben erwähnte
offizielle Artikel des Festungs-Gouvernements Anlaß geben könnte.
Wir beschränken uns daher vorläufig nur, unsere
ausdrückliche Verwahrung gegen die Richtigkeit nicht durch
gerichtliche Untersuchung konstatirter Thatsachen sowohl, als der darauf
gebauten Schtusse hiermit einzulegen, erwartend, daß die öffentliche Meinung
in ganz Deutschland, an welche ja auch das Feßungs-Couvernement appellirt,
als die kompetenteste Richterin nach erlangter vollkommener Kenntniß aller
Verhältnisse entscheiden wird : wem die Schuld der betrübenden Ereignisse,
deren Folgen Niemand mehr zu beklagen hat, als die Bürgerschaft von Mainz,
hauptsächlich beizumessen ist; ob insbesondere eine Rauferei zwischen
Militär und Bürger, wobei von beiden Seiten die Waffen durch Einzelne
mißbraucht wurden, wie die neuere Zeit Beispiele fast in allen größern
Städten, worin sich Militär befindet, aufzuweisen hat, für sich allein die
Maßregeln rechtfertigen konnte, welche die ganze Prosperität einer Stadt zu
zernichten drohen!
Hoffentlich wird diese letztere Befürchtung jedoch nicht in Erfüllung gehen,
vielmehr durch die Fürsorge unserer Staatsregierung den an sie gestellten
Anträgen zu einer bessern und zeitgemäßern Regulirung der Verhältnisse
unserer Stadt als Bundesfestung und zur festeren Begründung ihrer Wohlfahrt
baldige Geltung verschafft werden, so daß sie einer glücklichern Zukunft
entgegensehen darf.
Zur wahren Genugthuung gereicht es dem Stadtvorstande, jetzt schon die
Versicherung ertheilen zu können, daß nicht minder durch die nunmehr
getroffenen Maßregeln, als durch den richtigen Takt und die besonnene
Haltung der Bürger und Bewohner von Mainz, Ordnung und Ruhe in unserer
Vaterstadt, sowie das öffentliche Vertragen wieder hergestellt, Handel und
Gewerbe wieder thätig sind, und der unsere Stadt besuchende Fremde sich in
ungestörter Sicherheit und Rahe der Annehmlichkeiten erfreut, welche sie in
so vielfacher Beziehung auszeichnet.
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Stuttgart, 30. Mai.
Die Organisation der Bürgerwehr, mit welcher nun, nach langen Wehen, endlich
ein ernstlicher Anfang gemacht werden sollte, droht in der Entstehung wieder
einzuschlafen.
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Donaueschingen, 29. Mai.
Gestern ist ein Bataillon des bairischen Infanterie-Regiments König mit
reitender Artillerie hier eingerückt, und hat zum Theil hier, zum Theil in
der Umgegend Quartier bezogen.
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Edition: [Friedrich Engels: Niederlage der deutschen Truppen bei Sundewitt. In: MEGA2 I/7. S. 50.]
[*]Schleßwig.
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@type | jArticle |
@facs | 0010 |
Rendsburg, 29. Mai.
Der gestrige Tag (Sonntag, den 28.) war zur Ablösung der vor Alfen auf den
Vorposten stehenden Bundestruppen bestimmt. Davon müssen die Dänen, die
überhaupt in dortiger Gegend durch ihre Spione gut bedient werden, Kunde
erhalten haben. Bedeutend verstärkt durch die Truppen, die in den letzten
Tagen wieder von Fühnen nach Alfen übergeführt worden waren, unternahmen sie
eine Landung auf dem diesseitigen Ufer, die man deutscher Seits nicht in
ihrer ganzen Bedeutsamkeit bemerkt zu haben scheint, da die Aufmerksamkeit
von ab- und zuziehenden eignen Truppen in Anspruch genommen war. Bald nach
Aufstellung der neuen Pikets sah man sich plötzlich von einer großen
dänischen Uebermacht an Infanterie und Artillerie unter der Düppeler Höhe
angegriffen, während gleichzeitig westlich von Erkensund (bei Alnoer und
Treppe) eine Anzahl von Schiffen und Kanonenböten erschien, als solle auch
hier eine Landung bewerkstelligt werden. Offenbar wollten die Dänen dadurch
die deutschen Streitkräfte theilen, was ihnen jedoch nur in geringem Grade
gelang. Auf den Düppeler Höhen entspann sich nun ein heißer Kampf, in
welchem auf beiden Seiten durch Geschützfeuer große Verluste an Verwundeten
und auch an Todten (Zahlen lassen sich noch nicht angeben) herbeigeführt
sind. Die Dänen haben ruhmvoll gefochten. Ihre Anzahl wird auf 8000 Mann
geschätzt, die unter dem Schutze der Schiffskanonen, so wie flankirt durch
Geschütze auf dem Lande in den Kampf gestellt wurden, während die Unserigen
kaum 7000 Mann stark gewesen sein mögen. Die Entscheidung des Kampfes stand
mehrere Stunden hin, bis endlich gegen 7 Uhr Abends die deutschen Truppen
sich veranlaßt sahen, den Rückzug über Gravenstein und nördlich davon bis
gegen Quars anzutreten, während die Dänen sich Gravenstein, wo unser
Nachtrab stehen blieb, bis auf etwa eine Stunde näherten.
Französische Republik.
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@type | jArticle |
@facs | 0011 |
Paris, 31. Mai.
Die Exekutivkommission hat einen langen Bericht über den Tag des 15.
deponirt. Wir werden, nach diesem Bericht und andern Quellen der
verschiedensten Art, eine Darstellung dieses Aufstandes in kurzer Frist
unsern Lesern vorlegen.
‒ Die Verhaftungen wegen des 15. Mai fahren noch immer fort.
‒ Gestern wurden an allen Straßenecken von Paris in ungeheurer Anzahl
Riesen-Plakate angeschlagen, in denen den Arbeitern
empfohlen ward den Prinzen von Joinville zum
Deputirten in die National-Versammlung zu wählen, da er besser für die
Arbeiter sorgen werde, als die egoistischen Bourgeois, die jetzt regierten.
Diese Zettel, mit mitleidigem Lächeln gelesen, waren in einer Stunde schon
sämmtlich wieder abgerissen.
Sitzung der National-Versammlung vom 30. Mai. Die Verlesung einer Reihe von
Gesetz-Vorschlägen eröffnet die Sitzung. ‒ Eine Petition der Arbeiter in den
National-Ateliers wegen Entfernung des Hrn. Thomas wird als erledigt
betrachtet, erhält aber die Ehre der Erwähnung im Protokoll.
Reorganisation der National-Werkstätten. Hr. Paul Sevestre legt eine Reihe Papiere vor, in denen mehrere
Industriechefs betheuren 1) in einer großen Zahl Ateliers sei Arbeit genug
zu haben, 2) viele Arbeiter hätten Privat-Ateliers verlassen wo sie 4‒6 Fr.
verdienen konnten, um sich in den National-Ateliers mit einem Salair von 1‒2
Fr. einschreiben lassen; 3) daß „Wühlereien“ unter den Arbeitern existirten,
und beruft sich deßwegen auf Unordnungen die den 30. Mai (also vor sechs
Wochen!) in einer Tapetenfabrik vorfielen. (Die Arbeiter, um den Staat zu
zwingen, den Betrieb der Industrie in seine Hände zu nehmen, koalisiren sich
gegen die Privatindustrie und werfen sich massenweise auf die
National-Ateliers). ‒ Hr. Joigneaux beginnt mit
einigen sozialistischen Wendungen, die die Versammlung gerade wie die vorige
Deputirtenkammer, durch allgemeines Gelächter abschneidet; er schlägt
sozialistische Experimente vor, namentlich für den Ackerbau. ‒ Hr. Douire liest im Namen des erkrankten Hrn. Benoit eine Rede vor, worin auf die Nothwendigkeit
aufmerksam gemacht wird, zahlreichen brodlosen Arbeitern Beschäftigung zu
schaffen. ‒ Hr. Michot: Repräsentanten, ich glaube
allerdings daß die Nationalwerkstätten reorganisirt werden müssen. Ich will
der Kommission keine Opposition machen. Aber ich muß protestiren gegen die
Sprache des Citoyen Sevestre ‒ das ist die eines Fabrikanten der die Leiden
eines Arbeiters nie durchgemacht hat (anhaltendes Murren). Ich wohne bei
Arbeitern, täglich kommen Arbeiter hin, die Arbeit suchen und keine finden.
Man sage nur nicht, daß die Arbeiter nicht arbeiten wollen! (doch! doch!)
Wenn ihrer Einige die Arbeit verweigert haben, so wissen wir warum (neue
Unterbrechung) und so hatten sie ihre Gründe dazu. ‒ Hr. Grandin entdeckt, daß das Hinziehen der Arbeiter in die
Nationalwerkstätten und ihr Verlassen der Privatindustrie einen geheimen
Grund haben müsse. Er erinnert an den Brief von Blanqui, worin die
Demokraten aufgefordert werden, die Bourgeoisie durch einen anhaltenden
kleinen industriellen Krieg zu ermüden. Die Regierung habe mit Recht anfangs
abgewartet. Jetzt aber sei die Zeit der halben Maßregeln vorbei. (Beifall.)
Die Fabrikanten haben kein Geld und keine Sicherheit. Durch die Aufhetzung
der Arbeiter sind sie zu wahren Sklaven geworden. Die Versammlung muß hier
einschreiten. ‒ Hr. Trélat bedauert sagen zu müssen,
daß die Arbeiter viel weniger Tugenden haben, als er geglaubt hatte. Eine
Anzahl allerdings hätte Anstandsgefühl genug gehabt, nicht in die
Nationalwerkstätten zu gehen, bis die äußerste Noth sie dazu trieb. Das ist
edel. (Herr Proudhon: Das ist die schöne Seite der Sache!) Aber es gebe auch
Arbeiter, wie die, welche vor 14 Tagen eine schöne Rede des Herrn Ministers
voll empfindsamer Gemeinplätze mit lautem Murren bei jedem Gemeinplatz
empfangen; Arbeiter, die eine andre gesellschaftliche Einrichtung
erstrebten, welche nur zum Elend und Ruin führen könne; Arbeiter, die eine
Klasse der Gesellschaft gegen die andere aufhetzen wollen; glücklicher Weise
seien das die wahren Arbeiter nicht. Diese letzteren, diejenigen, welche in
seinem Geist dächten, würden morgen mit einer neuen Maßregel des Herrn
Ministers bescheert werden. ‒ Nachdem noch Hr. Wolowski, Hr. Joigneaux, Hr.
Grandin gesprochen, wurden alle vier § des Dekrets angenommen. Ein
Zusatzartikel, der die regelmäßig zu bestimmten Zeiten nach Paris kommenden
Arbeiter von der Ausweisung ausnimmt, wird angenommen.
Stellung der Exekutive. Die Kommission hat einen neuen Berichterstatter;
schon den dritten. Sie schlägt einen Zusatzartikel im Sinne des im
ursprünglichen Dekret vorhandenen vor. Herr Labordère, ehemaliger Berichterstatter, schlägt im Sinne der
Minorität der Kommission ein Amendement vor. Er spricht gegen die
demokratische Partei, wobei er häufig unterbrochen wird, erklärt, jede gute
Regierung müsse einheitlich sein; entwickelt sein
spitzfindiges Amendement und schließt unter allgemeinem Geräusch. ‒ Herr Billault, Herr Düfaure und
Herr Lamartine sprachen noch über den Artikel.
Letzterer schlug einen kleinen Zusatz vor, mit dem der Artikel angenommen
wird. Der Artikel besagt: Die militärischen Dispositionen außerhalb des
Versammlungspalastes gehören zum Ressort der Exekutive; die Rechte des
Präsidenten für Fälle der Dringlichkeit, (worüber er allein urtheilt) welche
im Reglement festgestellt sind, bleiben vorbehalten. Die eingeklammerten
Worte bilden Lamartines Amendement. Hr. Rolland
legte hierauf den Bericht des Ausschusses über die Unvereinbarkeit von
besoldeten Amtsverrichtungen mit der Stelle eines Volksvertreters vor. Der
Bericht trägt darauf an, daß kein Volksvertreter, der nicht schon Beamter
ist, während der Dauer der Sitzung und bis nach den nächsten Wahlen Beamter
werden oder irgend eine Besoldung erhalten könne. Ausgenommen hiervon sind
die Minister, die Unterstaats-Sekretäre, der Polizei-Präfekt, der Maire von
Paris, der Ober-Kommandant der Nationalgarde und der General-Prokurator des
Appellgerichtes von Paris. Aber auch diese Personen können nicht noch nebst
ihrem Gehalte die Entschädigung für die Volksvertreter beziehen. Die
Volksvertretung darf sonst auf die ihm zugewiesene Entschädigung von 25 Frs.
täglich verzichten. Die Vertreter können mit Missionen im In- oder Auslande
beauftragt werden. Der Entwurf wird übermorgen erörtert werden. Heute finden
die Interpellationen wegen der Vorfälle in Neapel Statt.
National-Versammlung. Sitzung vom 31. Mai. Hr. Durrieu (Red. des Courrier Français) interpellirt
den Minister der auswärtigen Angelegenheiten wegen Neapel. Hr. Bastide erklärte, gleich bei Beginn des Kampfes habe
Admiral Baudin protestirt, aber vergebens. Am 16. habe er seine Schiffe vor
das Schloß des Königs gelegt und eine zweite Aufforderung geschickt. Hierauf
sei die Plünderung eingestellt, die gefangenen Franzosen freigegeben, und
ihnen Entschädigung zugesagt worden. Weiter habe Baudin völkerrechtlich
nichts thun können. Von Paris aus seien gleich energische Instruktionen an
die Gesandten in Neapel und Bern, so wie an Baudin geschickt. Das sei Alles
was er für jetzt sagen könne und dürfe. Die Tagesordnung wird einstimmig
beschlossen. ‒ Hr. Dahirel interpellirt den
Marineminister Casy wegen des ohne Zuziehung der Versammlung reorganisirten
Admiralitätsraths. Hr. Casy: Da der Admiralitätsrath
keine organisirende sondern eine bloß berathende Behörde ist, so gehört
seine Organisation nicht der Gesetzgebung, sondern der Verwaltung an. Die
Exekutivkommission habe ihre Zustimmung zu der Maßregel gegeben. Hr. Lacrosse, Präsident des Marine-Comités, schließt
sich der Ansicht des Hrn. Dahrel an. Dem
Marine-Comité habe die Sache übrigens nicht vorgelegt werden können, weil
dies noch nicht konstituirt sei. Hr. Crémieur vertheidigt den Marineminister
der nur ein Dekret der provisorischen Regierung ausgeführt habe, was noch
nicht aufgehoben sei. Hr. Delaussat kündigt
Interpellationen wegen der noch nicht ausgeführten Aufhebung der
Negersklaverei an. Hr. Dahirel, Hrn. Cremieux an
twortend,erklärt daß die Maßreg el des Hrn. Casy mit dem fraglichen Dekret
der provisorischen Regierung in Widerspruch stehe. Tagesordnung beschlossen.
‒ Der Präsident kündet eine wichtige Milttheilung an: das Verlangen des
General-Prokurators: LouisBlancalsTheilnehmerandenEreignissen des 15. Mai inAnklagestand
setzen und verhaften zu dürfen, auf Grund seiner eigenen
Zeugenaussagen und der Aussagen Anderer. Ein Mitglied der Linken erklärt,
wenn L. Blanc vom Peristyl herab das Volk zu beruhigen gesucht habe, so sei
dies auf Ersuchen des Präsidenten Buchez geschehen. Ein zweites Mitglied von
den Linken trägt auf Ernennung einer Kommission an. Louis
Blanc: Nicht für mich persönlich, sondern als Repräsentant des
Volks spreche ich in dieser Angelegenheit, protestire ich gegen diese
zahllosen, auf blose Indizien hin erfolgenden Verhaftungen. Die Epoche der
Proskriptionen beginnt, und der Aechtung fallen zuerst die als Opfer, die in
der Stunde der Gefahr die Leitung übernahmen, die die Todesstrafe für
politische Verbrechen abschafften, die die persönliche Freiheit heilig
erklärten! Aber nehmt Euch in Acht, Citoyens! Die Epurationen fangen an;
heute erliegen wir, morgen kommen andre an die Reihe, so hat die Reaktion
von jeher verfahren. Ich habe mich stets gegen die Demonstration des 15. Mai
ausgesprochen. Sie hat der Republik einen harten Schlag versetzt. Aber
ächtet nur immerhin die Republikaner, die Republik ist fortan unsterblich
und Ihr werdet sie nicht tödten. Was ich am 15. gesagt, will ich
verantworten. Ich sagte es, um euer bedrohtes Leben zu retten. Nur warne ich
nochmals; haltet ein auf dem betretenen Wege, eh' es zu spät ist; wo nicht,
so wird bald das politische Schaffot wieder errichtet werden. Am 15. Mai ‒
meine Collegen, die neben mir saßen, wissen es ‒ blieb ich trotz aller
Aufforderungen an meinem Platz, bis der Citoyen Präsident mir auftrug, zum
Volke zu sprechen. Ich that es, ich sprach nur beruhigende, versöhnende
Worte, und jetzt tritt die Verschwörung der Lüge und Heuchelei hervor und
klagt mich an! Es sei, stellt mich vor Gericht, so werde ich das Schweigen
wenigstens brechen können das ich, der infamsten Verdächtigung bloßgestellt,
bisher freiwillig gehalten. Ich gebe diese Erklärung wegen meiner Stellung
als Publizist, keineswegs um mich zu rechtfertigen. Ein Redner der Linken bestätigt feierlich Blanc's Aussage. Ein
Redner der Rechten: Ich protestire gegen den
Ausdruck Proscription ‒ (Unterbrechung; der Redner muß die Tribüne
verlassen.) Auf Etienne Aragos Aufforderung
bestätigt Buchez Louis Blanc's Aussage ebenfalls.
Ein neuer Redner sagt: Während so viele Bänke leer standen, blieb L. Blanc
ruhig auf seinem Platz (lautes Geschrei, Protestationen, Repliken von allen
Seiten, allgemeiner Tumult). Crémieur, als
Justizminister, spricht im Interesse seines Fachs für die Verfolgung; doch
möge man die Sache an eine Kommission verweisen. Dies geschieht, und die
Kammer zieht sich in die Bureaux zurück, um die Kommission zu ernennen,
nachdem die Sitzung suspendirt ist.
Großbritannien.
@xml:id | #ar003_021 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
[*]London, 31.
Mai.
Während die Franzosen die Lage der Arbeiter in ihrem eigenen Lande zu heben
suchen, beschäftigen sich die Engländer wieder mit gigantischen
Emigrationsplänen. Der Arbeiter, ruft die Times ungefähr aus, ist dabei
interessirt, seinen niedrigen Lohn mit den Annehmlichkeiten des Lebens zu
vertauschen. Der Fabrikant ist dabei interessirt, statt eines Paupers einen
Kolonisten zu seinem Kunden zu bekommen. Der wahrhaft heruntergekommene Arme
ist dabei interessirt, aus jener verpesteten Masse arbeitsfähiger Pauvers,
welche der öffentlichen Mildthätigkeit zur Last fallen, herausgerissen zu
werden. Der Arbeitgebende der Kolonie ist dabei interessirt Diener zu
erhalten, welche seinen Pflug, seine Schafe, seine Pferde besorgen, welche
seine Kinder waren, seine Küche bestellen und sogar die Speise verzehren,
welche um ihn her verdirbt. Der Kaufmann und der Rheder sind bei dem
Kolonialhandel und dem Transport von Emigranten interessirt. Alle Partheien
sind dabei interessirt und es fragt sich nur, wie die Sache zu thun ist, und
wer sie thun soll. Das Gouvernement, meint dann die Times, solle sie in
seine Hand nehmen. Der Lenker eines Staates sei der Oedipus, der das
nationale Räthsel zu lösen habe u. s. w.
Wir sehen aus diesen Raisonnements wie die Briten aufs Neue ein Experiment in
jener wichtigsten aller Fragen vorbereiten, in der sie von den Zeiten der
Königin Elisabeth bis auf den heutigen Tag, fast ununterbrochen die
wunderlichsten Versuche aneinander gereiht haben. Wenn man zu Heinrich VIII.
oder zu Elisabeths Zeiten die Bettler brandmarkte und sie zu hunderten auf
das Schaffot schleifte oder wenn man ihnen unter der Königin Victoria, wie
vor wenigen Jahren in der Andover Union, in dem Bereich der Armenbastille so
wenig zu essen gab, daß sie hungergefoltert über die der Knochenmühle
bestimmten Reste der Beinhäuser und der Schindergruben herfielen, um durch
das Abnagen der letzten faulen Fleischfasern ihr Leben von einem zum andern
Tage zu fristen: so sehen wir in diesen Vorfällen nur dasselbe, daß die
bisherigen Versuche der Noth ein Ende zu machen, trotz der enormen dadurch
verursachten Staatsausgaben ebenso barbarisch als unwirksam waren. Die
Tunes, welche mehr als jedes andere Blatt mit Hohn und Spott über die
Experimente der republ. Franzosen hergefallen ist, beschäftigt sich nur wie
gesagt mit dem Plane, die ganze „überflüssige Bevölkerung“ des Landes über
das Meer nach den gesegneten Fluren einer besseren Hemisphäre hinüber zu
transportiren. Wie den unglücklichen Irländer Mitchell schickte sie gern
halb Großbrittanien und Irland nach Botany-Bay; das wäre freilich gar nicht
übel; auf diese Weise brächte man alle Schwierigkeiten aus der Welt, oder
wenigstens nach der ungefährlichsten Ecke der Welt.
Die armen Iren und Briten sind leider aber gar nicht bereit, den reichen Hr.
Walter in seinen welterleichternden Spekulationen zu unterstützen. Sie
wissen, daß die Schafzüchter auf van Diemens Land nicht so glücklich sind
wie die Schäfer Arkadiens. Sie wissen, daß man von Staatswegen noch vor
kurzem mit dem Projekte umging, eine Schiffsladung armer Mädchen, deren
einziges Verbrechen die Liebe war, nach Botany-Bay zu transportiren um ‒ wir
bitten es wohl zu merken: „die Moralität unter den Männern in Ihrer Majestät
fernsten Besitzungen zu verbessern!“ Die englischen und irischen Paupers
wissen dies; ungefällig wie sie sind, ziehen sie es vor auf dem Schauplatz
der Begebenheiten zu bleiben.
Uebrigens hat der Entvölkerungs-Malthus ja be eits nachgewiesen, daß es mit
der ganzen Emigrationsgeschichte dumm s Z ug ist. Die überflüssige
Bevölkerung und die Misere der Arbeiter ist die Basis der englischen
Industrie und beim Lichte besehen, ist es auch eine Unmöglichkeit alle
Paupers nach jener Welt zu befördern.
Sollte Großbritannien aber gar noch in Kriege verwickelt werden, da würde man
vollends erst wieder wie Anno 1810, in alten Gassen London's singen:
Suppose the Duke be short of men,
What would old England say:
They'd wish, they had those lads again
They'd sent to Botany-Bay.
Und hätte der Herzog im Kriege kein Glück
Wie würde wohl lauten Alt-Englands Schrei:
O hätten wir doch die Jungens zurück
Die geschickt wir nach Botany-Bai.
@xml:id | #ar003_022 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
London, 31. Mai.
Im Hause der Gemeinden erklärte Sir G. Grey gestern Abend auf eine
Interpellation des Hrn. Roch, daß Maßregeln getroffen seien, um die
Verurtheilung Mitchell's vollkommen in Ausführung zu bringen; eine
Erklärung, welche von fast allen Mitgliedern des Hauses mit lautem Beifall
aufgenommen wurde. ‒ Lord Robert Grosvenor machte hierauf eine Motion in
Betreff einer Petition der Bäckermeister und Gesellen wegen der Dauer ihrer
Arbeitsstunden u. s. w., die jedoch nach einer kurzen Debatte mit einer
Majorität von 12 Stimmen verworfen wurde. ‒ Hr. Bouverie beantragte dann
eine Reform der geistlichen Gerichtshöfe; da Sir Georg Grey indeß eröffnete,
daß das Gouvernement diese Sache in seine eigene Hände zu nehmen
beabsichtige, so kam es darüber nicht zur Abstimmung. ‒ Dr. Bowring richtete
dann die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Umstand, daß fast 7 Millionen
Pfund, ein Achtel der Staatseinnahme, der Kontrolle des Parlamentes entgehe.
‒ Sir C. Wood suchte von Seiten des Gouvernements die deswegen gemachte
Motion zu bekämpfen. ‒ Colonel Sibthorp erwiederte durch einen persönlichen
Angriff auf Dr. Bowring. ‒ Hr. Hume forderte den letztern indeß auf, bei
seinem Vorschlag zu beharren, und bei einer dann erfolgenden ersten
Abstimmung ergab sich eine Majorität von 1 Stimme,
bei einer zweiten eine Majorität von 5 Stimmen gegen die
Minister. Diese Niederlage des Gouvernements wurde mit lautem
Applaus entgegengenommen.
Auf einen Antrag Feargus O'Connor's wurde dann ein Comité in Betreff der
chartistischen Landkompagnie ernannt.
Im Hause der Lords trug das Ministerium bei einer Abstimmung in Betreff des
irischen Armenges tzes gestern Abend eine Schlappe davon, indem eine Mo ion
Lord Lucan's, trotz der Opposition des Marquis von Landsdowne, Earl Grey's
und Lord Campbell's, mit einer Majorität von 6 Stimm n angenommen wurde.
Konsols sanken in Folge der Chartistenbewegung von 84 1/4 auf 83 3/4 und 7/8
31. Mai. 3 Uhr.
@xml:id | #ar003_023 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
[*]Bradford.
Die Arbeiter der hiesigen Gegend, schon seit langer Zeit in Folge der
Handelskrisis sehr aufgeregt, haben eine Emeute gemacht. Die
Manufaktur-Distrikte des Nordens, Lancashire und West-Riding, seit fünfzig
Jahren das Centrum der radikalen Arbeiterbewegung, waren durch die
Niederlage der Londoner Chartisten am 10. April keineswegs geschlagen. Im
Gegentheil, sie bereiteten ihre Aktion erst vor. Namentlich die Arbeiter des
West-Riding gingen mit großer Ruhe und Entschlossenheit zu Werke. Sie fingen
an sich in militärischen Evolutionen zu üben, sie exerzierten in Massen von
mehreren Tausend, sie hielten Posttauben bereit, die ihre Befehle überall
hin trugen. Die Agitation wuchs täglich. Die Behörden fingen an,
Spezialkonstabler einzuschwören; das Exerzieren wurde für ungesetzlich
erklärt.
Freitag, 26. d. wurden zwei wegen Exerzierens verhaftete Chartisten an der
Eisenbahnstation von Bingley durch 2000 Menschen befreit; einen derselben
trat am Sonntag Mittag schon wieder in einem Meeting auf. Am 29. gingen 40.
Spezialkonstabler in Bradford aus um zwei Chartistenchefs zu verhaften,
wurden dabei vom Volk überfallen und schmählich geprügelt. Sofort schlossen
sich alle Läden, die Chartisten der Vorstädte zogen nach Bradford,
paradirten durch die Straßen, und zogen wieder ab, nachdem sie ihren
Freunden der Umgegend durch Taubenpost Rendezvous gegeben hatten.
Inzwischen zogen die Behörden ihre Truppen, Yeomanry (reitende Bauernmiliz),
Polizei und Spezialkonstabler zusammen und ließen gegen 4 Uhr ihre
Bewaffneten gegen die in den Straßen angehäuften Menschenmassen anrücken. In
der Adelaide-Street sperrte ihnen eine kompakte Masse Chartisten den Weg.
Die Polizei griff an. Die Chartisten wehrten sich mit Knitteln und Steinen
und trieben die Polizei zu Paaren. Aber im Rücken von Dragonern angegriffen,
mußten sie nach tapferm Widerstand weichen. 18 wurden gefangen. Die
gefährlichste Waffe, die man bei den Chartisten fand war ein einziger Dolch!
Nachher wurden noch viele Verhaftungen vorgenommen und einige Lanzen
vorgefunden. Auf den Straßen wurde die Aufruhrakte verlesen, damit man diese
lästige Förmlichkeit ein für allemal abgemacht hätte.
@xml:id | #ar003_024 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
Leeds.
Auch hier haben die Chartisten in den letzten 14 Tagen fortwährend
exerzirt.
Pr. Elektr. Telegraphen.
@xml:id | #ar003_025 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
Oldham, 31. Mai.
Hier sind Unruhen ausgebrochen; die Fenster werden eingeworfen und die
Fabriken stillgesetzt.
@xml:id | #ar003_026 |
@type | jArticle |
@facs | 0011 |
Manchester, 31. Mai, Mittag.
Die Oldhamer stehen eine halbe Stunde von hier. Polizei und Spezialkonstabler
sperren ihnen in Massen den Weg. Manchester ist ruhig.
@type | jReadersLetters |
@facs | 0012 |
@xml:id | #ar003_029 |
@type | jArticle |
@facs | 0012 |
In der gestrigen Sitzung unsres Bürgervereins nahm
der durch seine loyalen Reden und Aufsätze aus der kölnischen Zeitung
rühmlichst bekannte Herr Pannes das Wort und führte
aus: Man müsse vor allem auf die Grundursachen des gegenwärtigen politischen
Zustandes zurückgehen. Es seien dieß drei Ereignisse der jüngsten Zeit,
welche die frühere Geschichte nicht kenne und die überhaupt bisher der Welt
ganz unbekannt seien. Das erste dieser großen Ereignisse sei die
Kartoffelkrankheit, das zweite die Mißerndte und das dritte die Geldkrisis
und ‒ daher das Proletariat
und daher die Barrikaden in Wien und Berlin. Es sei
bekannt, daß an diesen Barrikaden außer dem Proletariat sich Niemand
betheiligt habe. Ueberhaupt liege der ganzen gegenwärtigen Revolution die
Politik fremd, indem sie lediglich durch das politisch-unwissende
Proletariat herbeigeführt worden sei. Nach einer Lobrede auf den König und
das Königthum schloß der bemeldete Redner mit der Erklärung, er wisse nicht,
ob das Ein- oder Zweikammersystem das beste.
Diese im Dorfpredigertone gehaltene über eine halbe Stunde dauernde Rede
wurde vom Verein mit der größten Andacht von Anfang bis zu Ende angehört und
selbst die Einflechtung der vorerwähnten drei Weltereignisse störte die
Andacht nicht.
@xml:id | #ar003_030 |
@type | jArticle |
@facs | 0012 |
Brühl
Am vorigen Sonntag, den 28. Mai habe ich das Unglück gehabt, auf einem Balle
beim Hrn. Weisweiler in Brühl arretirt zu werden, und einige Stunden auf der
Wachstube zuzubringen. Meiner Ehre bin ich es schuldig, die nachstehende
Veranlassung zu dieser Verhaftung hiermit zu veröffentlichen:
An jenem Tage gerieth ich in dem Balllokale bei Weismeiler mit dem Thier-Arzt
Herrn Ruthz in Brühl über eine politische Tagesfrage in ein lebhaftes
Gespräch, wobei ich ihm, indem ich, unwillkührlich an seinem Rock zupfend
das Knopfloch ein wenig aufriß. Ruthz, in der Meinung, daß dieses
absichtlich geschehen sei, rannte zu dem bei Weisweiler gleichfalls
anwesenden Bürgermeister Herrn Poncelet von Brühl, und sagte demselben: „der
Kerl da (auf mich zeigend) hat mir den Rock zerrissen.“ Der Bürgermeister,
ohne die Sache zu untersuchen, und mich auch nur darüber zu befragen, rief
mir ganz laut in Gegenwart der ganzen Ball-Gesellschaft die Worte zu: „Sie,
Schäfer, fangen auch bei jeder Gelegenheit Schweinereien an.“ Ich erwiederte ihm: „was ich mit Ruthz gehabt
habe, geht Dich nichts an; habe ich ihm, wie er behauptet, wirklich den Rock
zerrissen, so ist dieß ohne Absicht durch ein Versehen geschehen, und ich
werde ihm den Schaden ersetzen.
Gleich darauf sprang der Hoftischler Johann Hubert Zier in Brühl auf mich zu,
und schlug mich laut schreiend: „Du dummer Bauer, Du unterstehst Dich,
unsern lieben Bürgermeister Du zu nennen“
dergestallt mit der geballten Faust ins Gesicht, und auf die Brust, daß ich
zurücktaumelte. Der Wagenschmied Heinrich Schürheck unterstützte den Zier
hierbei, indem derselbe mich mit der Faust auf den Kopf schlug. Der
Bürgermeister Poncelet, anstatt mich gegen diese Mißhandlungen in Schutz zu
nehmen, ließ mich sogleich durch die auf seine Veranlassung herbeigerufene
Bürgerwehr verhaften, und dadurch drei Mann, von denen Einer, der Herr Maler
Pfeiffer den Hahn seiner Büchse fortwährend gespannt hatte, ins Gefängniß
transportiren. Nachdem ich dort circa zwei Stunden während der Nacht
zugebracht hatte, erschien der Herr Bürgermeister im Gefängniß, und kündigte
mir an, daß ich nach Hause gehen könne. Zu der gegen mich vorgenommenen
Verhaftung war durchaus keine gesetzliche Veranlassung vorhanden, da ich
weder Jemanden beleidigt, noch mir sonst etwas strafbares habe zu Schulden
kommen lassen, der Bürgermeister, welcher mich persönlich seit Jahren kennt,
mich aber auch zu jeder Zeit zur Verantwortung ziehen konnte. Das mir im
Eifer der Rede entgangene Wörtchen „Du“ enthält an und für sich gar keine
Beleidigung, findet aber auch in dem mir vom Bürgermeister öffentlich
gemachten ungegründeten höchst ehrenkränkenden Vorwurf, daß ich bei jeder
Gelegenheit Schweinereien mache, eine hinreichende
Entschuldigung. Der Herr Bürgermeister hätte eher Grund gehabt, die Herren
Zier und Schürheck wegen der mir zugefügten Mißhandlung, so wie mehrere
andere Personen, welche sich nach meiner Abführung auf dem Ball in Gegenwart
des Herrn Bürgermeisters herumgeschlagen haben, verhaften zu lassen.
Der beste Beweis, daß meine Verhaftung aus Leidenschaft geschehen ist, liegt
darin, daß der Bürgermeister mich nach zwei Stunden wieder entlassen hat,
nachdem er vorher sich an meinem Anblick im Gefängniß geweidet hatte.
Indem ich diesen Hergang der Sache, den ich nöthigenfalls durch eine Menge
Zeugen beweisen kann, meinen Mitbürgern mittheile, benachrichtige ich
dieselben zugleich, daß ich den Herrn Poncelet wegen des wider mich
gebrauchten Ausdruckes „Schweinereien“ und wegen gesetzwidriger Verhaftung
aus Leidenschaft bei der königl. Regierung denunciren, und die Herren Zier
und Schürheck wegen Mißhandlung vor das Zuchtpolizei-Gericht laden lassen
werde.
Rheindorfer Burg, den 1. Juni 1848. Schäfer.
@xml:id | #ar003_031 |
@type | jArticle |
@facs | 0012 |
Mühlheim 1. Juni.
Heute ist hier folgende Adresse an das Frankfurter Parlament im Umlauf
gesetzt und schon gleich zu Anfange mit sehr zahlreichen Unterschriften
versehen worden:
Hohe Versammlung!
Die Vertreter der zwei mächtigsten, größten und gebildetsten Nationen des
Europäischen Continents sind gegenwärtig versammelt. Jetzt oder nie ist der
Augenblick gekommen, wo das großartigste Schauspiel, welches je die Welt
gesehen hat, ins Leben treten könnte, das Schauspiel, daß jene beiden
Nationalversammlungen sich die Hände reichten zur Befreiung und Pacifizirung
Europas. Bereits am 23. Mai d. J. haben die Herren Marrast und Vavin
Vorschläge zu einer Addresse ans deutsche Volk und ans deutsche Parlament in
die französische Nationalversammlung gebracht; der Zweck dieser Adresse ist
kein anderer, als eine Allianz Deutschlands und Frankreichs und die
Wiederherstellung der italienischen und polnischen Nationalität. Diese
beiden letzten Fragen allein schon, auf deren Lösung Europa mit bangen
Sorgen harrt, machen ein einiges Einverständniß mit Frankreich im höchsten
Grade wünschenswerth. Ueberhaupt aber halten wir kein Mittel für so
geeignet, das Vertrauen auf die Zukunft wieder zu erwecken, Handel und
Gewerbe zu beleben, der drohenden Noth der Arbeiterklasse abzuhelfen, allen
etwaigen Absonderungsgelüsten einzelner deutscher Staaten vom
Gesammtvaterlande und allen Reaktionsversuchen gegen die errungenen
Volksfreiheiten zu begegnen, so wie alle Besorgnisse vor langwierigen
zerstörenden Kriegen und hereinbrechender Barbarei mit einem Schlage zu
vernichten, als ein brüderliches Zusammengehen Deutschlands mit Frankreich.
Wahrhaft freie Völker kennen nur einen Feind, das ist die Barbarei, und
haben nur Einen Ehrgeiz, das ist der Wetteifer in Verbreitung der
Civilisation. Kriege zwischen wahrhaft freien und gebildeten Völkern sind
etwas Unmögliches, sie widerstreben der Menschennatur, und haben
Entsittlichung und Unfreiheit im Gefolge. Vertreter der deutschen Nation!
Wir haben zu Ihnen das feste Vertrauen, daß Sie die französischen
Anerbietungen ebenso freundlich und aufrichtig annehmen werden, als man
ihnen dieselben entgegenbringen wird, ja! daß Sie diesen Anerbietungen
müglichst zuvorkommen werden. Machen Sie den Anfang zu einem großen
weltbeglückenden Völkerbündnisse, zu einem Bündnisse wozu die ganze Richtung
unserer Zeit hindrängt! Lassen Sie die Loosung dieses Bündnisses sein: „Deutschland und Frankreich für die Freiheit der Völker,
den Frieden und das Glück der Welt!“
Wir zweifeln nicht, daß der von uns ausgesprochene Wunsch der des größten
Theils unserer Nation ist.
Mühlheim, den 1. Juni 1848
(Folgen die Unterschriften.)
@xml:id | #ar003_032 |
@type | jArticle |
@facs | 0012 |
Verhandlungen des Gemeinderathes zu Köln.
Sitzung vom 30. Mai. Abends 6 Uhr.
Nach Anhörung des Berichtes des Stadtbaumeisters über die, behufs weiterer
Beschäftigungen von Arbeitern, etwa auszuführenden nöthigen Bauten beschloß
der Gemeinderath, daß die ständige Commission für Armen-, Schul- und
Kirchensachen über die vorzugsweise dringlichen Schulbauten baldigst
berichten möge, daß ferner von dem Stadtbaumeister unverzüglich ein Plan und
Kostenanschlag über einen neuen Canal am Martinsfelde, so wie ein Project
über eine allgemeine Canalisirung, behufs Entwässerung der Stadt,
angefertigt werde. ‒ Sodann ward beschlossen, dem Kirchenvorstande von St.
Cunibert die beiden letzten, in den Jahren 1848 und 1849 erst zahlbaren
Raten des im vorigen Jahre bewilligten Zuschusses zum Ausbaue des
Cunibertsthumes mit 1686 Thlrn. 20 Sgr. sofort zu überweisen, jedoch unter
der Bedingung, daß diese Summe nur zur Fortsetzung des Baues und nicht zur
Bezahlung bereits contrahirter Schulden verwendet werden dürfe. ‒ Hierauf
ward die Verwaltung ermächtigt, wegen Ueberlassung eines gemeinschaftlichen
Plätzchens hinter der St. Columba-Schule mit der betreffenden
Miteigenthümerin Vertrag abzuschließen. ‒ Ferner trat der Gemeinderath, nach
Anhörung des Berichtes der Commission über die Bewilligung eines
Moratoriums, dem Vorschlage derselben bei, dahin lautende „zu befürworten,
daß die Staatsregierung dem Richteramte die Befugniß beilegen möge, über die
bei beantragten Subhastationen vorkommenden Stundungsgesuche unter
sorgfältiger Berücksichtigund aller einschlägigen Personen und
Sachverhältnisse zu entscheiden.“ ‒ Die Pfiasterung der Bobstraße ward unter
Annahme der von dem betreffenden Bewohnern dazu angebotenen freiwilligen
Beiträgen genehmigt, so wie auch, daß die zur neuen Umfassungs-Mauer am
Bürger-Hospitale erforderlichen niedermendiger Hausteine roh beschafft und
durch hiesige Steinmetzen bearbeitet werden. Endlich ward eine Commission
ernannt, um wegen der von einem Mitgliede bean tragten Herabsetzung der
Gaspreise und Gasmesser-Miethe mit der Gasbeleuchtungs-Gesellschaft zu
verhandeln und darüber weiter zu berichten.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0012 |
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 2. Juni 1848.
Angekommen: Franz Gerling vom Niedermain; L. Hermann
von Kannstadt.
Abgefahren: Ph. Kimpel nach Mainz; Fr. Spaet nach dem
Niedermain; B Sommer nach Mannheim.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wtwe. Jak.
Schaaff; Nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Dukoffre; nach
Andernach und Neuwied J. Krämer und M. Wiebel; nach Koblenz und der Mosel
und Saar G. Weidner; nach der Mosel, nach Trier und der Saar R. Bayer; nach
Bingen H. Leinweber; nach Mainz Anton Bender; nach dem Niedermain Fr.
Schulz; nach dem Mittel- und Obermain C. W. Müller; nach Heilbronn Fr.
Müssig; nach Kannstadt und Stuttgart H. Huber (Roedel); nach Worms und
Mannheim H. F Buschhammer.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Singendonk,
Köln Nr. 10.
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Kaefs, Köln Nr. 2.
Wasserstand.
Köln, am 2. Juni Rheinhöhe 7… 2″
Bürgerwehr zu Köln.
Nachdem mit dem heutigen Tage die nach Maßgabe des Abschnitts 9 der
Wehrordnung festgestellte Dienstordnung für die hiesige Bürgerwehr in
Wirksamkeit getreten ist, wird der Wachtdienst in der Stadt von heute an in
folgender Weise versehen:
I. Die Tageswache hat ihr Standquartier auf dem Rathhause in dem bisherigen
Wachtlokale der 14. Kompagnie.
II. Die Nachtswachen, welche im Monat Juni um 8 Uhr Abends bezogen werden,
haben folgende Standquartiere:
Das 1. Banner im bisherigen Wachtlokale der 10. Kompagnie im Jesuiten
Gymnasium.
Das 2. Banner auf dem Rathhause, vorläufig in der sogenannten goldenen
Kammer.
Das 3. Banner im bisherigen Wachtlokale der 9. Kompagnie im Appelhofe.
Das 4. Banner in dem bisherigen Wachtlokale der 7. Kompagnie in der
Armen-Verwaltung, Cäcilienstraße.
Das 5 Banner in dem Militair-Wachthause auf dem Waidmarkte. Köln, den 1. Juni
1848.
Der Kommandant der Bürgerwehr, v. Wittgenstein.
E. H. Heyer aus Kevelar empfiehlt sich mit seinem
Kuchen bestens. Seine Bude auf dem alten Markt ist in der ersten Reihe Nro.
25.
Zwei durch einander gehende geräumige Zimmer (belle étage) nebst
Speicherzimmer und Kellerabschluß zu vermiethen. Kl. Telegraphenstraße Nr.
6.
Listen zur Unterzeichnung des am 1. Juni in der Stollwerkschen Versammlung
beschlossenen Protestes gegen den vom Ministerium
vorgelegten Entwurf einer preußischen Konstitution liegen in den
nachfolgenden Lokalen:
1. Im deutschen Kaffehause bei Herrn Stollwerk.
2. In der Börse bei Herrn Halin.
3. In der Herzogstraße bei Herrn Reichardt.
4. Im Freischütz, Hochstraße bei Herrn Hamspohn.
5. In der Johannisstraße bei Herrn Bierbrauer Lölgen.
6. In der Budengasse bei Herren Welcker.
7. In der Glockengasse bei Herren Josti.
8. In der Höhle bei Romberg.
9. Auf dem Perlenpfuhl bei Welcker.
Nicht zu übersehen!!!
Im Namen meiner 75 Mitbürger fordere ich den Kommandanten der kölner
Bürgerwache zur Verantwortlichkeit auf, ob er das Recht hat, unsere Liste,
die wir ihm mit der größten Bitte und rein und propre überreicht hatten, zu
einem Waschlappen zu gebrauchen. ‒
Es hat sich ein Freikorps zur hiesigen Bürgergarde ohne Namen, zur
Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung der Stadt Köln gebildet, in dem ein
jeder Urwähler das Recht hat, einzutreten.
Listen zum Einzeichnen liegen offen
Eigelstein 75.
Köln, den 2. Juni 1848.
Peter Franz Küttelwelsch, Bierbrauer.
Wirthschaftseröffnung in dem Hause große
Sandkaulstraße Nro. 32. Restauration, baierisch und kolner Bier, Wein und
Liqueure empfehle ich meinen Freunden bestens. C.
Keil.
Meine Restauration auf dem sogenannten Knabengarten
ganz in der Nähe des Bahnhofes zu Bonn (Lokal des Dioramas) empfehle ich
einem geehrten Publikum bestens. Gleichzeitig, um etwaigen Irrthümern
vorzubeugen, verfehle ich nicht in Erinnerung zu bringen, daß unsre seit
langen Jahren bestehende Gastwirthschaft „zum alten
Keller“ am Rheinthor, wie bisher unverändert fortgeführt wird.
Bonn am 1. Juni 1848.
Joh. Sebh. Behr.
Eis täglich in und außer dem Hause à Portion 4 Sgr.
bei Franz Stollwerck, Hoflieferant.
„Neue Rheinische Zeitung.“ General-Versammlung der
Herren Aktionäre zur Berathung und Feststellung des Statuts und Abschluß des
Gesellschafts-Vertrages auf:
Sonntag, den 18. Juni d. J., Morgens 10 Uhr, bei Drimborn, Glockengasse Nro. 13 und 15.
Auswärtige können sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die
Interims-Quittungen dienen als Eintrittskarten.
Köln, den 2. Juni 1848.
Das provisorische Comité.
Inserate zum Einrücken in die
„Neue Rheinische Zeitung“ können zur Aufnahme in die
nächste Nummer nur bis 1 Uhr Mittags
entgegengenommen werden. Die Expedition der
„Neuen Rheinischen Zeitung.“
Kunstausstellung
bei
G: Tonger, Paulswache in Köln.
Entrée 2 1/2 Sgr.
Abonnement per Monat 7 1/2 Sgr. Vierteljahr 15
Sgr.
Halbjahr 1 Thlr.
Eine große schöne Sammlung von hunderten Gemälden alter und neuerer Zeit.
Darunter Originale von Van Dyk, Palamedes, Caracci, Diederici, Cranach,
Frank, Kleinenbroich, Jansen, Bianden, Themer, Lange, Rausch, Willems,
Wauters, Tavenraat, Dietzler, v. Eyk, Lotz, Teniers, Schult und vielen
Andern in steter Abwechselung.
Auch werden Kunstgegenstände aller Art zum Mitaufstellen angenommen, ohne daß
den Eigenthümern daraus Kosten erwachsen, da nur dann, wenn ein Artikel
wirklich verkauft ist, eine mäßige Provision berechnet wird. Bei den
zahlreichen Besuchen dieser Ausstellung von Fremden und Einheimischen ist
für schöne und nicht zu theuer eingesetzte Artikel wohl Absatz zu
erwarten.
In der Ausstellung befinden sich mehrere schöne neue Gemälde, die wegen
Verhältnissen sehr wohlfeil abgegeben werden.
Den Besuchern kann auch eine sehr bedeutende Partie alter Kupferstiche etc.
vorgelegt werden.
Unvergleichliches Lager-Bier.Buttermarkt Nr. 46, zum
Vater Rhein
Bei G. Tonger, Pauluswache in Köln
Echte Cocus-Nuß-Oel-Soda-Seife. Das beste, gesundeste
und wohlfeilste Reinigungs- und Verschönerungsmittel für Gesicht, Hals,
Hände etc.
Das Stück 18 Pf., 6 Stück 7 1/2 Sgr. Dutz. 15 Sgr.
Schwarz. Roth. Gold. Liederbuch für Bürgerwehr,
Volksheer und Turngemeinden. Elegant geheftet nur 3 Sgr.
Von diesem Buche sind bereits mehr als 6000 Exemplare abgesetzt. G. Tonger, Pauluswache in Köln.
Eine große herrliche Landschaft von Rausch, welche vor kurzem noch zu 60
Friederichsd'or ausgeboten wurde, für nur 95 Thlr. Bei G. Tonger.
Cocarden aller Art, Nationalbänder, Zündhütchen, Börsen, Knallerbsen und
große Auswahl Spielwaaren. Bei G. Tonger,
Pauluswache.
Meine Aufwärterin Rettchen Knab ist seit dem 31. d. M. nicht mehr in meinem
Dienste.
J. C. Götting.