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@facs | 0005 |
Die komischen Kaiser.
Von Georg Weerth.
I. Kaiser Karl.
Herr Kaiser Karl, der fromme Mann,
Ließ viele Menschen zu Tode schlah'n;
Er schlug sie todt um das Christenthum:
Das brachte ihm ungeheuren Ruhm.
Und saß zu Aachen in seiner Pracht,
Im Wamms aus Otternfell gemacht;
Und alle Völker nah und fern
Die beugten sich dem gewaltgen Herrn.
Und brachten Geschenke aus aller Welt,
Viel Gold und Seiden und Gezelt;
Ihm bracht der Kalif aus Morgenland
Eine Uhr und einen Elephant.
Doch Kaiser Karl, der fromme Held,
Er sprach: Was nutzt mir Gold und Geld,
Was soll der fremde Elephant? ‒ ‒
Hab' schönre Dinge im eignen Land!
Und zog hinauf den grünen Rhein
Und pflanzte die Rebe zu Ingelheim;
Und pflegte sie mit derselben Hand
Die hundert Völker überwand.
Ja pflegte sie mit der blutrothen Hand
Die hundert Völker überwand ‒
Und dies ist der Grund, daß zu Ingelheim
Noch heute wächst der blutrothe Wein.
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@facs | 0005 |
Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben.
Von Georg Weerth.
Der Herr Preiß in Nöthen.
Fortsetzung
Eine Pause entstand. Herr Preiß bedeckte die gewaltige Stirn mit beiden Händen, indeß der
Buchhalter Lenz eine Prise nahm, von den allergrößten.
„Wir müssen uns einschränken!“ fuhr der Herr Preiß endlich fort. Der Buchhalter spitzte die
langen Ohren und hielt unwillkürlich in der zweiten Prise inne.
„Wir müssen uns einschränken, Lenz. Die Oekonomie ist das einzige, was uns retten kann.“
Der Buchhalter wurde immer aufmerksamer.
„Man muß sich durchlaviren wie ein guter Seeräuber. Wir verdienen nichts mehr; die
Geschichte kann nicht länger so fortgehen.“
Dem Buchhalter wurde es schwül zu Muthe.
„Vor Kurzem habe ich noch unsern alten Commis Sassafraß verabschiedet.“ ‒ ‒
Dem Buchhalter ging ein Zittern durch beide Waden.
„Wir müssen in diesem System fortfahren“ ‒ ‒
Heiliger Gott, dachte der Buchhalter.
„Mein Entschluß steht felsenfest! Oekonomie! Oekonomie! dies sei die Losung.“
Des Buchhalters rothe Nase erblaßte.
„So merken Sie sich denn“ ‒ ‒
Abermals hielt Herr Preiß inne und eine Pause fürchterlicher Angst raubte dem Buchhalter
schier die Besinnung.
„So merken Sie sich denn, Herr Lenz ‒ ‒ merken Sie sich.“ Hier schlug der erschütterte
Prinzipal mit der Faust auf das Schreibpult, daß alle Tintenfässer und Federn und Bleistifte
das lustigste Meuuet begannen.
„Merken Sie sich, Herr Lenz, ‒ wir müssen unsre ‒ ‒ Wagenpferde abschaffen.“
Tief seufzte der Buchhalter auf. „„Der Wille Gottes geschehe!““ murmelte er und seine Augen
blickten gerührt gen Himmel.
„Aber damit sind wir noch lange nicht fertig, Lenz. Dem alten Sassafraß und den beiden
Wagenpferden muß ein Weiteres folgen.“ ‒ ‒
Es geht auf's Neue los! dachte der entsetzte Buchhalter.
„Daß ich den Wagen verkaufe, wenn ich keine Pferde mehr habe, das versteht sich von selbst“
‒ ‒
„„Allerdings!““ versetzte der Buchhalter, „„das ist logisch.““
„Aber auch logisch ist es,“ fuhr der Herr Preiß fort, „daß nicht nur in Stall und Remise
Modifikationen eintreten“ ‒ ‒
„„Sondern auch in Küche und Keller,““ warf der Buchhalter ein.
„So wie namentlich im Getriebe meines Geschäftes,“ vollendete der Prinzipal.
„„Wir sind auf derselben Stelle,““ seufzte der Buchhalter und der Angstschweiß brach ihm aus
allen Poren.
„Merken Sie sich deswegen ferner, Lenz“ ‒ ‒
„„Ich merke mir.““
„Und notiren Sie sich“ ‒ ‒
„„Ich notire mir.““
„Die Produktionskosten und die Betriebsspesen müssen bis auf ein Minimum reduzirt werden“. ‒
‒
„„Bis auf ein wahres Minimum““ ‒ ‒ stotterte der Buchhalter.
„Zu diesen Reduktionen gehört erstens“ ‒ ‒
„„Erstens““ ‒ ‒
„Daß in unserm Geschäftspersonal“ ‒ ‒
„„Verehrter Herr Preiß,““ unterbrach der Buchhalter.
„Es geht nicht anders, Lenz! In unserm Geschäftspersonal“ ‒‒
„„Stoßen Sie nicht ihre treuesten Diener von sich!““
„In unserm Geschäftspersonal“ ‒ ‒
„„Kann man mit den Arbeitern im Magazine anfangen““ ‒
„Allerdings, Lenz! und dann müssen wir an's Comptoir gehen“ ‒
„„Und den einen Lehrling abschaffen““ ‒ ‒
[Deutschland]
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@facs | 0006 |
[Fortsetzung] Die Zurückberufung des angeblich auf einer geheimen
Mission in England sich befindenden Prinzen von Preußen, unter nichtigem Vorwande.
Wir tragen demnach dahin an, daß die aufgezählten Protest-Punkte beseitigt werden, daß mehr
dem Volkswillen gehorcht und das unvolksthümliche Ministerium verabschiedet werde.
Die in diesem Augenblicke auf unsern Bergen lodernde Wacht-Feuer mögen Ew Majestät beweisen,
daß das deutsche Volk wach und einig ist, und sein Recht zu schützen wissen wird.
Berncastel, 17. Mai 1848.
Es verharren
(Folgen 255 Unterschriften.)
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@facs | 0006 |
[X]
Elberfeld, 31. Mai.
Unser konstitutioneller (d. h. reaktionairer) Klub sammelte neulich vermittelst einer
Volksversammlung Unterschriften für eine die Zurückberufung des Prinzen von Preußen billigende
Adresse. Bei dieser Versammlung machte ein Bürger Opposition und ging einigermaßen auf die
angebliche Mission des Prinzen nach England ein. Sofort erklärten die konstitutionellen
Klubisten, er habe hier nicht zu opponiren, er habe zu schweigen oder sich zu entfernen; die
Muthigeren drangen auf ihn ein und um nicht mit Gewalt herausgeworfen zu werden, mußte er sich
entfernen. So verfahren die Leute der Ruhe, Ruhe um jeden Preis. Nächstens werden dort die
Judenfrage (nach erfolgter Emanzipation!) und die Arbeiterfrage verhandelt werden; man wird
uns da schöne Dinge zu hören geben.
Im politischen Klub, dem radikaleren, erkennt man wenigstens die alleinige Berechtigung der
Frankfurter Versammlung gegen alle übrigen an. Der Klub fuhr neulich nach Schwelm, um dort mit
den Markanern zu fraternisiren. Die Reaktionärs prophezeiten ihm eine derbe Lektion von Seiten
der Märkischen Bauern; aber die Markaner waren sehr anständig, hielten sogar einige für diese
Lokalität sehr avancirte Reden.
Unsere brodlosen Arbeiter, die den Kapitalisten der Gegend so viel Sorge verursachen, wurden
bisher vermittelst eines durch Kollekte aufgebrachten Kapitals zu allerlei wenig rentirenden
Arbeiten angestellt. Die Fonds sind nun sehr beigegangen und unsere Kapitalisten werden
nochmals zahlen müssen; denn wenn sie auch keine freiwilligen Beiträge zeichnen, so wird ihnen
der Gemeinderath die Gelder vermittelst einer bereits berathenen Einkommensteuer schon
abnehmen, damit die Ruhe Elberfelds durch Beschäftigung der Arbeiter gesichert bleibe.
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@facs | 0006 |
[X]
Berlin, 30. Mai.
Die Bürgerwehr, bisher die Hauptstütze unseres Ministeriums, hat jetzt die Augen geöffnet,
sie will nicht mehr Ruhe und Ruhe um jeden Preis. Endlich ist sie zu dem Bewußtsein gelangt,
daß sie bis jetzt ein Werkzeug der Reaktion war, daß sie durch ihr unzeitiges Einschreiten
gegen unbedeutende Aufläufe größere Ruhestörungen provozirte, daß sie durch ihre ewigen
Patrouillen und Generalmärsche sich und den größten Theil der Stadt gegen die arbeitende
Klasse aufregte und so einen Zwiespalt hätte herbeiführen können, der sie selbst unter das
alte Regiment, das absolute Königthum, zurückführen mußte. Jetzt hat der Verfassungsentwurf
eine Einigkeit zwischen Bürgerwehr und Volk hervorgerufen, die bei einem neuen Kampfe, wäre
ein solcher nöthig, der Freiheit den Sieg verschaffen muß. ‒ Die Sitzungen der konstituirenden
Versammlung waren bis auf die heutige wegen der unendlichen Diskussionen über die
Konstituirung und die Wahlen des Präsidiums von wenigem Interesse. Wie Sie wohl wissen, hat
die Linke ihren Kandidaten, den Abgeordneten Berlins, Waldeck, zur Stelle des Vizepräsidenten
durchgebracht. In der heutigen Sitzung wurden die Namen der gestern erwählten Vorsitzenden der
verschiedenen Abtheilungen mitgetheilt, und zwar: 1. Abth. Abg. Waldeck, 2. Abth. Abg. v.
Kirchmann, 3. Abth. Abg. Grabow, 4. Abth. Abg. Windhorst, 5. Abth. Abg. Willitsch, 6. Abth.
Abg. Hesse, 7. Abth. Abg. Köhler, 8. Abth. Abg. Pinder. Rodbertus
beantragte, die Versammlung möge sich bis zur Vorlage einer definitiven Geschäftsordnung
vertagen. Esser spricht gegen den Antrag, weil man einmal den Beschluß
gefaßt, sich bis zur Vorlage der neuen Geschäftsordnung nach der provisorischen zu richten.
Ginge der Antrag jetzt durch, meinte der Redner, so würde man dem Volke die Physiognomie eines
todten Körpers bieten. Abg. Zenker und Dunker
unterstützen den Antrag, der letztere will mit der Vertagung der Sitzungen eine Kommission zur
Berathung über eine Adresse an den König ernannt haben. Abg. v. Kirchmann stellt endlich das Amendement, die Sitzungen nicht auszusetzen, dagegen jeden
Antrag auf Veränderung der provisorischen Geschäftsordnung bis zur Vorlage der definitiven
Geschäftsordnung zurückzuweisen. Dieses Amendement wird angenommen und wir theilen jetzt das
Interessanteste aus dem Verlaufe der heutigen Sitzung mit. Der Ministerpräsident Camphausen wurde veranlaßt, sich über die Revolution vom 18. März zu
äußern. Er that es in der Weise, daß er sie fast ganz desavouirte. Er bemerkte nämlich, daß
das jetzige Ministerium zwar theilweise aus der Revolution hervorgegangen, daß diese aber auf
die Prinzipien, nach welchen es die Führung der Staatsangelegenheiten übernommen, keineswegs
einen Einfluß ausgeübt. Sogleich nach seinem Geschäftsantritt habe das Ministertum dadurch ein
Zeugniß von seinem Anknüpfen an die frühern Zustände gegeben, die es fortzuentwickeln gedenke,
daß es den vereinigten Landtag zusammenberufen und ein Wahlgesetz von ihm habe dekretiren
lassen. Die Rechte klatschte Beifall. Jung interpellirte den
Kriegsminister wegen der reaktiònären Tendenzen, die von Seiten der Offiziere im Heere
verfolgt werden. Er führt mehrere Beispiele an, wo den Soldaten das Associations- und
Petitionsrecht vorenthalten worden, ja wo man sie wegen Ausübung desselben bestraft hatte, und
verlangt eine Erklärung, ob das Ministerium der Ansicht sei, daß der Soldat, wenn er nicht
unter Waffen sei, nicht gleiche Rechte mit den Bürgern haben solle. Der Kriegsminister v. Canitz, der nicht selber zu sprechen versteht, läßt sich durch einen
Kommissarius vertreten, dessen Namen uns entschwunden. Dieser behauptet, daß es in keinem
Lande Sitte sei, dem Militär das Associations- und Petitionsrecht zu ertheilen, es würde dies
nothwendig die Disciplin u. s. w. stören. Der Herr bemühte sich zu erzählen, was wir dem Heere
Alles zu verdanken haben und vergaß dabei ganz und gar, daß das Heer nicht uber dem Volk
steht, sondern einen Theil desselben bildet, daß nicht das Heer uns erhält, sondern daß es im
Gegentheil von uns erhalten wird. Gegen die Forderung, daß der Soldat, sobald er nicht unter Waffen stehe, die Rechte des Bürgers ausüben müsse, erklärte
er, daß der Soldat immer unter Waffen sei. Die Konsequenz hiervon wäre, daß wir auch der
Bürgerwehr die Ausübung politischer Rechte verweigern müßten, weil sie „unter Waffen“ steht.
Uebrigens bemerkte der Redner noch zum Schluß, daß er keine Fälle kenne, wo die Offiziere sich
zu reaktionären Maßregeln hätten hinreißen lassen. Wenn dies geschehen sei, so wäre dies
einzig und allein die natürliche Folge der „Wühlereien“, die jetzt im Heere stattfinden. ‒ Der
Abg. D'Ester nahm hierauf das Wort und erklärte, daß er dem
Kriegsministerium in wenigen Tagen ein ganzes Buch voll Fakta vorlegen werde gegenüber der
Behauptung, daß das Militär nicht zu reaktionären Zwecken bearbeitet werde. Er erwähnte
beiläufig des Erlasses des Generals Schreckenstein u. s. w. und erklärte, daß übrigens in der
Provinz, in welcher er gewählt sei (Rheinprovinz), die Bemühungeu der Offiziere, das Militär
reaktionär zu stimmen, ganz vergebliche seien, dort sei es jetzt einmal liberal und liberal
werde es bleiben. ‒ Eine Interpellation des Abg. Jung, ob der Minister
der auswärtigen Angelegenheiten noch den Cartellvertrag mit Rußland aufrecht erhalte, wurde
von demselben nicht beantwortet. Er wollte dieselbe aus dem Protokoll gestrichen wissen, weil
sie nicht zur Tagesordnung gehöre, bequemte sich aber dennoch eine Antwort auf Freitag
anzusagen. Unter den vielen Anträgen, die den Abtheilungen überwiesen worden, bemerken wir die
hauptsächlichsten: auf gänzliche Verwerfung des Verfassungsentwurfs und Wahl einer Kommission
zur Abfassung eines andern, auf Souveränetäts-Erklärung der Versammlung, auf die Erklärung,
die Helden vom 18. und 19. März hätten sich um das Vaterland verdient gemacht und die Nation
solle ihnen ein Denkmal setzen. Die rechte Seite hat fast gar keine Redner. Interessant ist,
daß die Linke oftmals von der Rechten aufgefordert wurde, ihr nicht den Rücken zuzukehren.
Ebenso wie die Redner, wenn sie sprechen, sich unwillkührlich zur Linken wenden, so sehen wir,
daß auch die Schelle des Präsidenten dieser Seite vorzüglich mit einer fürchterlichen Energie
entgegentritt.
Abends 9 Uhr. Vor dem Hotel des Ministers Patow versammelten sich so
eben gegen 3000 Arbeiter, die Arbeit verlangten. Der rathlose Minister versprach ihnen binnen
zwei Tagen Arbeit zu verschaffen, und ließ Einem Jeden auf die Bemerkung, daß sie so lang
nicht hungern könnten, 10 Sgr. geben. Die Ruhe ist dadurch nicht gestört worden.
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@facs | 0006 |
Schneidemühl, 24. Mai.
Vor einigen Tagen, den 19. d. M. rückte in unsere bisher so harmlose und ruhige Stadt das 1.
Bataillon 9. (pommerschen) Landwehr-Infanterie-Regiments. War ihnen auch ein schlimmer Ruf
vorangeeilt, so konnte man sich doch nicht denken, daß derselbe sich in so großem Maße
bestätigen würde, als es leider geschah. Zuvorkommend ging ihnen der Bürger entgegen; einer
dieser Landwehrleute aber begrüßte seinen Wirth Eisbrenner, einen Deutschen, dadurch, daß er
bei seinem Eintritt in das Zimmer das Kreuz des Erlösers, das über dem
Bette seines Wirthes hing, mit dem Rufe auf sein Bajonett spießte: „Hier wohnt auch so ein
verfluchter Pollack! und sodann zu Boden warf.
Noch am 19. des Abend sah man ganze Trupps von diesen Horden schreiend, lärmend und ruhige
Leute insultirend bis in die späte Nacht hinein durch unsere Straßen wogen. Am 20., einem
Ruhetage, gingen diese Manifestationen in gewaltthätige Demonstrationen über; man versammelte
sich vor den Fenstern der als Katholiken bezeichneten Personen, stieß Verwünschungen gegen sie
aus, nannte sie „polnische Hunde“, wie wohl wir kaum zehn Polen hier haben.
Diese Horden, die da hereingekommen sein wollen, um das Land zu schützen, sie fallen gleich
Räubern wehrlose Menschen ungestraft auf offener Straße und in ihren Häusern an und mißhandeln
sie auf das Empörendste. So kehrte ein Tagelöhner vom Borkesammeln aus dem Walde zurück, wird
von ruder Soldateska angehalten und um seine Legitimation befragt, und da er diese nicht
aufzuweisen vermochte, obwohl er jedem Kinde der Stadt bekannt war, wurde er niedergeschlagen
und wäre ohne Zweifel getödtet worden, wenn nicht zwei herbeigeeilte Offiziere ihn in ein Haus
hineingezogen und durch den Garten auf das freie Feld hinausgelassen hätten. An einem andern
Orte drangen diese Banden, ein jüdisches Mädchen verfolgend, das ihren thierischen
Zudringlichkeiten sich hartnäckig eutgegengesetzt und sie mit Entrüstung zurückgewiesen haben
soll, in das Haus der Verwandten dieses Mädchens, wohin sie geflüchtet, wütheten dort
schrecklich mit der blanken Säbelklinge, so daß die Bewohner des Hauses die Fenster
einschlugen und durch dieselben flüchteten. Wiederum an einer andern Stelle drangen sie in den
Laden des Kaufmanns Neumann, gleichfalls eines Deutschen, der vor wenigen Sekunden erst auf
nur kurze Zeit das Krankenlager verlassen hatten, rissen ihn, der sich auch nicht der
geringsten Schuld gegen sie bewußt war, von den feilen Juden gestachelt, aus dem Zimmer
heraus, warfen ihn zu Boden, schlugen ihn nicht blos mit Fäusten, sondern stießen ihn, der
ohnedies ein Krüppel ist, mit den Füßen, versetzten ihm Schläge mit den Absätzen der Stiefel
auf die Brust, ja einer der Unmenschen ergriff eine im Laden stehende Flasche, um dem unter
seinen Füßen sich krümmenden Wurm den Todesstreich zu versetzen: da aber streckte der Arme in
seiner Todesangst den Arm entgegen, die Flasche zersplitterte und die Scherben zerfleischten
die Hand des Unglücklichen. Nur mit der äußersten Anstrengung gelang es der Schwester
desselben, ihn zu retten.
Das ist also die verdiente Erfüllung unserer Wünsche ‒ die Vereinigung mit Deutschland! Darum hat man sich gegen die nationale Erhebung Polens
gesträubt, um der Tyrannei einer entmenschten Soldateska preisgegeben zu werden! Aber wir
lernen allmäalig begreifen, wohinaus es mit unserer
Deutsch-Einigkeits-Begeisterung soll! Diese rohen pommerscher Herden rufen uns zu: „Wenn wir die Polen niedergehauen, ziehen wir nach Berlin, pflügen es herunter
und säen im nächsten Jahre Korn darauf.“
[(A. O. Z.)]
(Aehnliche Excesse werden aus Neustadt a. P. und Buk berichtet.)
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@facs | 0006 |
Frankfurt, 31. Mai.
In der heutigen 10. Sitzung der Nationalversammlung erstattete der Abgeordnete Dahlmann den Bericht über den Antrag Mareck's,
die Nationalität betreffend.
Der Antrag lautete:
„Deutschland erklärt hiermit durch seine Vertreter feierlich: 1) daß es zur Unterdrückung
irgend einer Nationalität nie die Hand bieten werde; 2) daß allen jenen Staatsbürgern eines
mit Deutschland verbundenen Staates, welche nicht zum deutschen Volksstamme gehören, alle
Rechte der deutschen Staatsbürger zukommen und daß ihnen die Aufrechthaltung und Achtung ihrer
Nationalität garantirt sey; 3) die deutsche Sprache ist zwar Staatssprache, jedoch soll in
jenen Kreisen, wo der größere Theil eine andere Sprache, als die deutsche, spricht, diese
andere Sprache sowohl in Communalangelegenheiten, im Unterrichtswesen, als auch als
Gerichtssprache eingeführt werden. Schließlich wird beantragt: die Nationalversammlung möge
beschließen: Vorstehender Antrag werde einem aus den 15 Abtheilungen zu erwählenden Ausschusse
dahin überwiesen, daß selber obigen Antrag in Form einer Proclamation zur weiteren Discussion
vorlege.“
Der Verfassungsausschuß beantragt dagegen einstimmig folgende Fassung zu Protokoll zu
erklären:
„Der Verfassungsausschuß hat einstimmig beschlossen, auf Anlaß des Mareck'schen Antrages folgende Fassung als Protokollerklärung in Antrag zu bringen:
„Die Verfassung gebende deutsche Nationalversammlung erklärt feierlich: daß sie im vollen
Maße das Recht anerkenne, welches die nichtdeutschen Volksstämme auf deutschem Bundesboden
haben, den Weg ihrer volksthümlich en Entwickelung ungehindert zu gehen und in Hinsicht auf
das Kirchenwesen, den Unterricht, die Literatur und die innere Verwaltung und Rechtspflege
sich der Gleichberechtigung ihrer Sprache, soweit deren Gebiete reichen, zu erfreuen, wie es
sich denn auch von selbst verstehe, daß jedes der Rechte, welche die im Bau begriffene
Gesammtverfassung dem deutschen Volk gewährleisten wird, ihnen gleichmäßig zusteht. Das fortan
einige und freie Deutschland ist groß und mächtig genug, um den in seinem Schooße erwachsenen
andersredenden Stämmen eifersuchtslos in vollem Maße gewähren zu können, was Natur und
Geschichte ihnen zuspricht; und niemals soll auf seinem Boden weder der Slave, noch der
dänisch redende Nordschleswiger, noch der italienisch redende Bewohner Süddeutschlands, noch
wer sonst uns angehörig, in fremder Zunge spricht, zu klagen haben, daß ihm seine Stammesart
verkümmert werde oder die deutsche Bruderhand sich ihm entziehe, wo es gilt.“
Diese Fassung wurde von der Nationalversammlung nachdem vorher beschlossen worden, ohne Discussion darüber abzustimmen, mit großer Mehrheitt angenommen.
Hierauf wurde zur Wahl des definitiven Präsidenten, der Vicepräsidenten und Secretäre
geschritten. Bei der Präsidentenwahl wurden im Ganzen 518 Stimmen abgegeben, von denen
Heinrich von Gagnern 499, Blum 12, Soiron 5, Scheller 1 und Zitz 1 erhielten. Nachdem der
bisherige Vice-Präsident v. Soiron die Versa mmlung mit diesem Resultat bekannt gemacht,
sprach Heinrich v. Gagern tief bewegt folgende Worte:
Es ist nicht ein Gefühl des Stolzes, sondern der Demuth, das mich erfaßt. Von einer solchen
Versammlung zu ihrem Vorsteher und mit dieser Stimmenmehrheit gewählt zu werden, konnte ich
nimmermehr erwarten. Ich danke Ihnen für die Anerkennung, die Sie mir dadurch bezeigten. Ich
werde alle meine Kräfte der großen Aufgabe widmen, für die wir gemeinschaftlich hier
zusammenstehen. Ich will nicht wiederholen, sondern Sie nur noch in Kenntniß setzen, daß, wie
ich schon früher erklärte, meine Kräfte und meine Stellung von heute an lediglich dieser
Versammlung angehören! (Ein außerordentlicher, Beifall folgte diesen Worten).
Die Wahl des ersten Vicepräsidenten ergab folgendes Resultat: Stimmende 513. Davon für v.
Soiron 408, Blum 84, v. Andrian 8, v. Möhring 4, Arndt 3, v. Rothenhan 3, Mathy 1, Blumröder
1, Raveaux 1. Mit den Worten: „Empfangen Sie einfach meinen Dank für dieses ehrenvolle
Vertrauen trat v. Soiron seine Verrichtungen an. Zum zweiten Vicepräsidenten wurde unter 505
Stimmenden v. Andrian aus Wien mit 310 Stimmen gewählt. Weitere Stimmen erhielten: R. Blum
116, v. Möhring 66, Heckscher 3, v. Auersperg 2, Mittermaier 2, Wiesner 1, Scheller 1, Kierulf
1, Simon 1, Trütschler 1, v. Rothenhan 1. Der 2 Vicepräsident erklärt, daß Niemand wärmer als
er für die Freiheit und Einheit Deutschlands und von der Nothwendigkeit seiner Kräftigung
durchdrungen sei. Die Wahl der 8 Secretäre wird in nächster Sitzung (Sonnabend) verkündigt
werden.
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@facs | 0006 |
[12]
Hoya, 27. Mai.
Unter allen Ex-Volksmännern, die jetzt als große und kleine Minister sich durch Schwäche,
Unentschiedenheit, Unfähigkeit, und endlichen Anschluß an die Reaktion vor dem ganzen Volke
kompromittiren, unter Allen hat sich keiner so erbärmlich, so kleinlich, so feig benommen wie
unser biederer Stüve. Ganz Deutschland weiß, wie er in der Kammer die
Souverainetät des Königs von Hannover der Souverainetät des deutschen Volks entgegenstellte,
wie er zum Vortheil seines ehemaligen persönlichen Feindes die Provinz über die Nation zu
stellen versuchte. Aber hier, wie in ganz Deutschland, stellte es sich bald heraus, daß der
Appell an lokale nnd provinziale Interessen der ganzen Nation nur der Vorwand ist, hinter dem
die Reaktion ihre Pläne verfolgt. Hr. Stüve will uns nicht nur mit Deutschland in Collision
bringen, er will uns auch unsere Revolution eskamotiren. Hr. Stüve hat eine merkwürdige Logik.
Die Verfassung von 1840,gegen die er sich, wie männiglich bekannt, mit sämmtlichen Gliedmaßen
sträubte, die er Tausende von Malen für ungesetzlich erklärte, diese damals so verwerfliche
Verfassung ist nach Hrn. Stüve durch die Hannoversche Märzrevolution im höchsten Grade
gesetzlich und vortrefflich geworden. Unsere Revolution von 1848 hatte also nur den Zweck, die
Contrerevolution von 1838 zu legalisiren und Hrn. Stüve in die Arme des Hrn. Falk zu
schleudern!
Unsere Stadt hat sofort eine Petition an die Stände erlassen, worin diesen die Aeußerungen
des Hrn. Stüve über die Verfassung von 1840, als er noch nicht Minister war, mitgetheilt und
auf Berufung einer konstituirenden Versammlung angetragen wird.
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@facs | 0006 |
Karlsruhe, 30. Mai.
Die hiesige Zeitung enthält heute die amtliche Anzeige, daß Dr. jur. Rauschenplatt zum
außerordentlichen Professor an der Universität Heidelberg ernannt worden ist.
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@facs | 0006 |
[*]
Nürnberg, 27. Mai.
Die „magistratische Polizei“ (ein schöner Titel) hat, wie die A. A. Z. meldet, Herrn Gustav
Diezel aus Würtemberg, Leiter des politischen Klubs und Redakteur des
„Freien Staatsbürgers“ ausgewiesen. Das vielgerühmte deutsche
Staatsbürgerrecht läuft bis jetzt in der Praxis ganz auf das alte Ausweisungs-System hinaus.
Wer kein geborner Krähwinkler ist, der ist ein „Fremder in Krähwinkel.“
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@facs | 0006 |
[*]
München, 27. Mai.
Die Kammern beschäftigen sich noch immer mit feudalem Wust: Ablösungsgesetzen,
Lehensgesetzen u. s. w. Der Adel hält fest zusammen und verlangt enorme Entschädigungen. Das
Feudalsystem wird durch ein neues Lehengesetz in voller gesetzlicher Kraft erhalten. Vermöge
der kostspieligen, langwierigen und fast ganz illusorischen Ablösungen wird das revolutionirte
Deutschland sich noch Jahre lang aller jener ehrwürdigen Institutionen, Frohnden,
Patrimonialgerichtsbarkeiten u. s. w. erfreuen, welche die frivole und neuerungssüchtige
französische Revolution am 4. August 1789 mit Einem Schlage vernichtete. ‒
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@facs | 0006 |
München, 28. Mai.
Heute Mittag hat die Kammer der Reichsräthe das Wahlgesetz in der von den Abgeordneten
beschlossenen Fassung mit allen Stimmen gegen drei angenommen. [(A. A. Z.)]
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@facs | 0006 |
[*] Ueber die letzte Wiener Revolution entnehmen wir der „Berl.
Zeitungshalle“ Folgendes :
Wien, 26. Mai. Sehr wohl wußte die reaktionaire Partei, was der Wiener seit den Märztagen für die Studenten
fühlt, sie wußte, es müsse hier zu Conflikten kommen, aber das wollte sie, um unsere Freiheit dann ganz in den Staub treten zu können.
Ein Geist, der Geist der Freiheit und des Rechtes beseelt die ganze Bevölkerung; Frauen
sprechen von den Barrikaden herab zu ihren Männern und Söhnen, die schönsten Möbel werfen sie
aus den Fenstern, siedendes Wasser steht überall bereit, um auf das etwa anrückende Militär
gegossen zu werden, Pflastersteine liegen auf den Fensterbrüstungen statt der üblichen
Polster. So lange nur ein Mann vom Militär in der Stadt zu sehen ist, kann von Ruhe keine Rede
seyn.
27. Mai. Heute Nacht war die Stadt in Allarm, um 1 Uhr wurde Sturm geläutet, zum Glück
blinder Lärm; es hieß, daß Windischgrätz mit Militär gegen Wien rücke.
Heute wurden gegen die Urheber der Maßregel, mit Militär die akademische Legion zu entwaffnen,
Verhaftsbefehle erlassen, nämlich gegen Graf Bräuner, Bar. Pereira, Prof. Hyé und Professor Endlicher. Die Redakteure Schäffer und Tuvora sind gegen ihr Ehrenwort auf freien Fuß gesetzt worden.
28. Mai. Die Revolution ist zu Ende und löst sich wie dte früheren mit Blumen, Musik, Erleuchtung und
feierlichen Umzügen. Der gestrige Tag verfloß ruhig, die Stimmung war eine sanftere geworden,
nachdem das Volk sich überzeugt hatte, daß von einem Angriff der Truppen auf die Stadt keine
Rede sei. Die doppelte Wortbrüchigkeit des Ministeriums wird ihm bitter heimgezahlt, das Volk
wollte von keinem Ministerialerlasse etwas wissen, so lange nicht im Abzuge des Militärs und
in Auslieferung von Geißeln die Errungenschaften des Mai garantirt würden. Das Regiment
„Nugent“ marschirt nach Italien, und das neu eingerückte Regiment „Prinz Emil“ behält blos ein
Bataillon hier, um die nöthi- [Fortsetzung S. 7]
[Deutschland]
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@type | jArticle |
@facs | 0007 |
[Fortsetzung] gen Stadtposten mit der Nationalgarde zu beziehen.
Die Stadt-Thore bezieht die Garde allein. Graf Hoyos soll als Geißel in der Stadt bleiben;
Montecuculi ist in einer Kaserne versteckt und marschirt morgen als Gemeiner verkleidet mit
den Soldaten aus der Stadt. Im Schreibpulte des Letztern soll sich ein kaiserliches
Handschreiben aus Inspruck befunden haben, welches ihn mit der Bildung eines neuen
Ministeriums beauftragt. Ein anderes Gerücht spricht von der Abreise des Kaisers von Inspruck
nach Botzen in Folge einer Katzenmusik, die man dem Grafen Bombelles brachte. Man spricht
heute sogar, der Kaiser habe zu Gunsten seines Neffen, des Erzherzogs Franz Joseph, der Krone
entsagt. Doch sind dies bis jetzt nur Gerüchte, trotzdem sie mir aus sonst wohlunterrichteter
Quelle zugekommen.
Amtliche Aktenstücke.
I. Der Ministerrath hat, um dem dringenden Wunsche der Bevölkerung für die Abwendung
größerer Gefahren und dem Begehren der akademischen Legion zu entsprechen, beschlossen, nicht
auf der Vollziehung der Auflösung und Vereinigung der Legion und Nationalgarde zu beharren,
und erwartet, daß die akademische Legion aus eigenem Antriebe selbst die Bürgschaften anbieten
werde, um die Sicherheit und Rückkehr des Kaisers möglich zu machen.
Wien, 26. Mai 1848.
Pillersdorff. Sommaruga. Krauß. Latour. Baumgartner.
II. Die Zusicherungen des Kaisers vom 15. und 16. Mai d. J. stehen in ihrer ganzen
Ausdehnung aufrecht. Die akademische Legion besteht unverändert. Das Militär wird sogleich in
die Kasernen abgezogen, und die Thorwachen werden gemeinschaftlich von Nationalgarden, von der
akademischen Legion und Militär in gleicher Stärke bezogen.
Wien, 26. Mai 1848.
Pillersdorff. Sommaruga. Krauß. Latour. Baumgartner.
III. Kundmachung. Das Militär erhält hiermit den Befehl, sogleich abzuziehen. Den Arbeitern
wird fortan Arbeit verschafft werden, wogegen sie zur Herstellung der Ruhe zu ihrer Arbeit
zurückzukehren haben.
Wien, 26. Mai 1848.
Pillersdorff. Baumgartner. Krauß.
IV. Die Unterzeichneten bestätigen, daß die Truppen der Garnison sich bereits nach dem
Auftrage der Kommandirenden in die Kasernen zurückgezogen haben und nur auf Aufforderung der
Nationalgarde zur Unterstützung derselben aufgeboteu werden können.
Wien, 26. Mai.
Pillersdorff. Latour.
V. Der Ministerrath erkennt die außerordentlichen Verhältnisse, welche es zu einem Gebote
der Nothwendigkeit gemacht haben, daß sich ein Ausschuß von Bürgern, Nationalgarden und
Studenten gebildet hat, um für die Ordnung und Sicherheit der Stadt und die Rechte des Volkes
zu wachen, und ertheilt den Beschlüssen, welche dieser Ausschuß am 26. d. M. gefaßt hat, in
Folgendem seine Genehmigung: 1. Die Wachen an den Stadtthoren werden wo der National- und
Bürgergarde und der akademischen Legion allein bezogen, die übrigen Wachen aber von der
National- und Bürgergarde und der akademischen Legion mit dem Militär gemeinschaftlich, die
Wache im Kriegsgebäude wird als ein militärischer Posten vom Militär allein versehen. 2. Nur
das zum Dienste nothwendige Militär bleibt hier, alles übrige wird so bald als möglich
abziehen. 3. Graf Hoyos bleibt unter Vorbehalt eines gesetzlichen Vorganges als Bürgschaft für
das Zugesicherte und für die Errungenschaften des 15. u. 16. Mai unter Aufsicht des
Bürgerausschusses. 4. Diejenigen, welche die Schuld an den Ereignissen des 26. Mai tragen,
werden vor ein öffeutliches Gericht gestellt. 5. Das Ministerium stellt an Seine Majestät das
dringende Ansuchen, daß S. Maj. in kürzester Zeit nach Wien zurückkehre, oder, Falls
Allerhöchstderen Gesundheit dies verhindern sollte, einen kaiserl. Prinzen als Stellvertreter
ernennen. Das Ministerium muß sogleich an den neugebildeten Ausschuß die Einladung stellen,
demselben die Bürgschaften bekannt zu machen, welche Sr. Majestät für Ihre persönliche
Sicherheit und für die Sicherheit der kaiserlichen Familie gegeben werden können. Dasselbe
stellt ferner das gesammte Staatseigenthum sowie jenes des allerhöchsten Hofes, alle
öffentlichen Anstalten, Sammlungen, Institute und Körperschaften in der Residenz unter den
Schutz der Bevölkerung von Wien und des neugebildeten Ausschusses und erklärt denselben
unabhängig von jeder andern Behörde. Es muß demselben aber zugleich die volle Verantwortung
für öffentliche Ruhe und Ordnung, sowie für die Sicherheit der Personen und des Eigenthums
übertragen. Dasselbe muß endlich erklären, daß es die Staatsverrichtungen, welche ihm noch
interimistisch anvertraut sind, nur so lange fortsetzen könne, bis sie entweder von Sr. Maj.
zurückgenommen sind, oder das Ministerium der Mittel beraubt ist, mit voller Sicherheit seine
Beschüsse zu fassen und unter seiner Verantwortlichkeit auszuführen.
Wien, 27. Mai 1848.
Im Namen des Ministeriums, Pillersdorff.
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@type | jArticle |
@facs | 0007 |
[*]Triest, 25. Mai.
Nachdem die italienische Flotte, 16 Segel stark, sich gestern der Promenade Sant' Andrea
gegenüber aufgestellt hatte, ist sie heute wieder in See gegangen und verschwunden. ‒ Ueber
die Stimmung in Istrien sind keine Nachrichten da. ‒ Nugent ist hier
angekommen.
[(Nach der A. A. Z.)]
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@facs | 0007 |
Edition: [Friedrich Engels: Rückzug der Bundestruppen (Schleswig-Holstein). In: MEGA2 I/7. S. 43.]
[16]Schleswig-Holstein.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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@facs | 0007 |
Cuxhaven, 29. Mai.
Laut Nachricht vom heute hier angekommenen Dampfboot „Queen of Scotland“ liegen oberhalb
Helgoland 4 dänische Kriegsschiffe: 1 Linienschiff, 1 Fregatte, 1 Brigg und 1 Schooner.
[(W.-Z.)]
Französische Republik.
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@facs | 0007 |
[7]Paris, 29. Mai.
Die Bureaux der Nationalversammlung beschäftigten sich heute mit der Prüfung des
Gesetzvorschlages wegen Wiederherstellung der Ehescheidung. Man glaubt
sich in die guten Zeiten der chambre introuvable von 1815 zurückversetzt. Die leitenden
Prinzipien der würdigen Vertreter der französischen Republik resümiren sich wie folgt:
Erstens. In diesen Zeiten der Auflösung und der Zerstörung muß man
sich hüten, an die Gesetzgebung über die Familie Hand anzulegen. Man muß konservativ sein,
oder mit andern Worten, man muß die Auflösung natürwüchsig vor sich gehen lassen. Aber wozu
dann die gesetzgebende konstituirende Versammlung?
Zweitens. Die Familie ist am Ende nichts, als eine
Vermögensangelegenheit, und der Vermögensstock, der das eigentliche Familienband bildet, kann
durch die Ehescheidung in allerlei verdrießliche Kollisionen gerathen.
Dies zweite Motiv wurde natürlich nicht so trocken, platt, herzlos ausgesprochen, wie es in
meinem Resume erscheint. Im Gegentheil. Ein sittlich-religiöser Bettlermantel wurde der
Behauptung des Kapitalstockes umgeworfen; z.B., die Ehescheidung zerreiße das Familienband im
Dienst der Leidenschaften der Eltern gegen das Interesse der Kinder.
Ein Abbé glaubte sogar, man dürfe die Ehe nicht auflösbar machen, weil dies gegen die den
Schwiegermüttern gebührende Ehrfurcht verstoße. Ein Landjunker droht mit der Entrüstung der
Provinzen. Ein Herr Desèze findet das Gesetz „unrepublikanisch. aristokratisch, weil die
reichen, blasirten und verdorbenen Familien vor allem seine Durchsetzung verlangten. Die
braven Demokraten seien gegen diese Frivolität.“ Herr Desèze hat lange genug in Frankreich
gelebt, um zu wissen, wie gleichgültig im Durchschnitt den „reichen, blasirten und verdorbenen
Familien“ jede beliebige Ehegesetzgebung ist und wie andrerseits die Mehrzahl der
Arbeiterbevölkerung in „wilder Ehe“ lebt, also auch über die Ehescheidungsgesetzgebung blasirt
sein kann. Ein Herr Luore endlich findet die Auflösbarkeit der Ehen sogar kommunistisch. Sie sehen, welche Fortschritte wir gemacht haben. Der Code Napoleon wird
als kommunistisches Handbuch verdächtigt!
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@facs | 0007 |
Paris, 29. Mai.
Der Finanzminister hat heute an die Mitglieder des Finanz-Comité mehrere wichtige Dokumente
über die Lage unserer Finanzen vertheilen lassen. Es ergibt sich aus diesen Dokumenten, daß
die Einnahme während der ersten vier Monate dieses Jahres verhältnißmäßig zu deneu der vier
ersten Monate von 1847 eine Verminderung von 33,330,000 Fr. darbieten, wovon 16,310,000 Fr.
für Januar, Februar, März und 17,023,000 Fr. für April. Die schwebende Schuld des Schatzes
ergibt für die Zeit vom 24. Februar bis zum 24. Mai dieses Jahres eine verhältnißmäßige
Abnahme von 77,212,700 Fr. Der Saldo vom 22. Mai d. J. stellt sich aus einer allgemeinen
Rechnungsablage im Betrage von 68,630,648 Fr. dar, wovon 29,101,709 Fr. in Baar und 39,528,939
Fr. in Wechseln. Von der Baarschaft kommen 10,549,766 Fr. auf Rechnung des Schatzes und
18,552,948 Fr. auf Rechnung der Bank von Frankreich. ‒ Von der außerordentlichen Steuer von 45
Ctm. waren am 10. Mai nur 34,558,974 Fr. eingegangen, während die Steuerrollen die
Gesammtsumme von 191,259,489 Fr. enthalten. ‒ In den Sparkassen befanden sich am 24. Mai im
Ganzen 328,789,000 Fr., worunter 70,296,000 für Paris und 258,484,000 für die
Departements.
‒ Herr Corbon, der Präsident des Arbeiter-Comites, hatte an Louis Blanc einen Brief
gerichtet, worin er ihn bat, dem Komite seine Mikwirkung, auf welches es großen Werth lege,
nicht zu entziehen. Louis Blanc antwortete darauf, es gebe Fragen, mit denn er weniger bekannt
sei, als mit der ökonomischen, und diese nähmen jetzt vorherrschend sein Studium in
Anspruch.
‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 29. Mai. Furchtbare Sicherheitsmaßregeln sind
getroffen. Der Tuileriengarten, die Revolutionsbrücke, das Peristy! des Palastes selbst, der
Quai d'Orsay, die Rues de Lille und de Bourgogne, sowie der Garten des Präsidenten sind mit
Nationalgarde, Mobilgarde und Linie bedeckt. Das Volk läßt sich nirgends sehen. ‒ Herr Falloux
erstattet Bericht über die Nationalwerkstätten im Namen des Arbeiter-Comité's. Ihm steht es
überhaupt fest, daß diese Ateliers sobald wie möglich aufzulösen sind. Da dies indeß vor der
Hand noch zu gefährlich, so schlägt er einstweilen eine Reorganisation vor, wodurch die Sache
wohlfeiler wird. Der Tagelohn soll abgeschafft, der Stücklohn eingeführt werden; die Arbeiter,
die erst seit 3 Monaten nach Paris gekommen, sollen in ihre Heimath geschickt werden; die
Minister der öffentlichen Arbeiten und des Ackerbaues sollen bevollmächtigt werden,
vermittelst anzuweisender Kredite in den Departements-Werkstätten zu organisiren. Dieser
Vorschlag wird morgen diskutirt werden. ‒ Hr. Bastide, Minister der auswärtigen
Angelegenheiten, zeigt an, daß Belgien die Französische Republik anerkannt habe und Spanien
dies baldigst thun werde. ‒ Hr. Taschereau interpellirt Hrn. Trélat wegen Hrn. Emile Thomas.
Der Minister erwiedert, er habe nie von Thomas genau erfahren können, wie viel Arbeiter in den
Nationalwerkstätten beschäftigt seien; ihre Zahl sei sehr rasch von 80,000 auf 120,000
gestiegen, und stets verschieden angegeben worden. Thomas habe außerdem für mehrere ihm
aufgetragene Maßregeln die Verantwortlichkeit nicht übernehmen wollen, und so habe er
„freiwillig seine Demission gegeben und eine Mission zur Errichtung von Nationalwerkstätten
nach den Landes und der Gironde angenommen.“(!) Herr Taschereau replicirt und hebt hervor, daß
also der Charakter des Hrn. Thomas vollständig anerkannt werde. Auch ein vorgelesener Brief
Hrn. Trélats an die Vorsteher des Ateliers von Monceaux erkannte, daß in der Maßregel gegen
Thomas durchaus nichts liege, was ein übles Licht auf seinen Charakter werfen oder seine Ehre
angreifen könne. Die Verläumdungen deutscher Blätter fallen also in Nichts zusammen. Man
beschloß die Tagesordnung.
Ein Brief von Napoleon Louis Bonaparte wurde nicht verlesen.
Zur Diskussion kommt der Dekretsvorschlag über die Stellung der Exekutivkommission zur
Nationalversammlung. Die allgemeine Diskussion wird baldmöglichst geschlossen, da die
Versammlung unruhig wird; mehrere Amendements werden verworfen. Die Regierung hatte
vorgeschlagen: die Exekutivkommission diskutirt nicht mit; sie erscheint aber, wenn die
Versammlung sie ruft; sie hat das Recht, stets gehört zu werden; im Fall von Angriffen, läßt
der Präsident Generalmarsch schlagen; die militärischen Dispositionen außerhalb des Palastes
aber gehören zum Ressort der Exekutiv-Kdmmission. Die Kommission schlug vor: die Exekutive ist
von den Sizzungen dispensirt, kommt aber, wenn der Präsident sie auf Antrag von 40 Mitgliedern
rufen läßt, (Art. 1) und hat das Recht, stets gehört zu werden. (Art. 2.) Alles Andere ist
gestrichen. ‒ In der Diskussion über Art. 1 der Kommission erklärt Ledru-Rollin die Veränderungen der Kommission für unwichtig und schließt sich ihnen an.
Er wird unterbrochen durch die erneuerte Ungeduld der seit 11 Uhr beschäftigten Repräsentanten
(es war schon 6 Uhr). Der Art. 1 wird angenommen Der Art. 2 desgleichen. Die Verwerfung des
letzten Artikels des Regierungsentwurfs, von der Kommission vorgeschlagen, wird vom
Keiegsminister Cavignac bekämpft. Ihm antwortet Herr Bureaux de Puzy.
Marie, Mitglied der Exekutive, will den Artikel ebenfalls erhalten,
um vorkommenden Falls die Einheit des Kommandos gesichert zu sehen. Alle Redner werden durch
den Ruf nach Abstimmung unterbrochen. Herr Bonjean und Herr Bureaux, der nochmals sprechen
will, werden schon nach wenig Worten überschrieen. Da die Kommission den fraglichen Artikel
nochmals verlangt, so wird die Diskussion auf morgen vertagt. Die Deputirten stürzen sogleich
von ihren Sitzen massenweise ins Carré und in die Coulissen, der Präsident schellt und schellt
vergebens, versucht die Tagesordnung für morgen im Tumult zu verlesen und schließt unter
allgemeinem Durcheinander die Sitzung.
Großbritannien.
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@type | jArticle |
@facs | 0007 |
[*]London 30. Mai.
Der Prozeß des unglücklichen Mitchell beschäftigt augenblicklich alle Gemüther. Mitchell war
der Herausgeber des in Dublin erscheinenden „United Irishman“ und sein Hauptverbrechen bestand
wohl darin, daß er seinen armen Landsleuten in zu verständlicher Weise vordemonstrirte daß
eine halb faule Kartoffel eigentlich ein schlechtes Essen sei. Jedenfalls war er in seiner
Volks-Agitation gewissenhafter und ehrlicher als weiland Daniel O'Connell, von dem man seiner
Zeit sehr richtig bemerkte daß er nicht nur in des Volkes Herzen, sondern auch in des Volkes
Taschen lebte. Dem armen Mitchell gelang es nicht, sich so gut aus den Schlingen des Gerichtes
zu ziehen wie dem dicken Dan. O'Connell wurde für seine Liebe zu dem grünen Erin mit einer
kurzen und glänzenden Gefangenschaft bestraft, in der ihm sogar der Trost des Herrn Venedey
nicht fehlte … Mitchell verurtheilte man am 27. des zu vierzehnjähriger Deportation nach
„Ihrer britischen Majestät fernsten Besitzungen.“ ‒
Die englischen Blätter sprechen sich so ziemlich in derselben Weise über dieses Urtheil aus,
nur daß sie es mit mehr oder weniger schadenfrohen Glossen begleiten.
Während der gute, alte „Standard“, dieser musterhafte torystische Leichenbitter, der doch am
meisten Ursache hätte über den Fall jedes Revolutionärs zu frohlocken, ehrlich genug ist, um
geradezu zu erklären, daß es bei der Vertheidigung Mitchell's nicht mit rechten Dingen
zugegangen sei ‒ schämt sich das liberale Bourgeoisblatt, die „Times“, nicht im mindesten, in
einem langen leitenden Artikel den Unglücklichen noch mit dem brutalsten Hohn zu
überschütten.
Es ist schlimm den Henker spielen zu müssen, aber es ist er-
[0008]
bärmlich, als
Gassenjunge einen Verurtheilten mit Spott und bestialischer Freude zum Galgen zu
begleiten.
Aber so ist John Bull, der beefsteakgemästete. In diesem Augenblick setzt er die Ellenbogen
barscher und frecher ein als je zuvor. Er ist stolz auf seinen 10. April, auf die
Konstablerschlacht an Blackfriarsbridge und in der Verurtheilung eines Mitchell sieht er nur
eine Befestigung seines Sieges.
‒ Wir freuen uns, sagt der „Telegraph“ bemerken zu können, daß die heute Morgen (29. Mai)
aus den Manufacturdistrikten eingetroffenen Berichte besser sind als seit langer Zeit.
Zahlreiche Auftrage auf Baumwollwaaren von Indien und den vereinigten Staaten haben das
Vertrauen unter der Handelsklasse bedeutend gehoben. Uebrigens bringen diese Einkäufe nur
wenig Gewinn.
‒ Berichte aus Birmingham schildern den Eisenhandel als außerordentlich heruntergekommen.
Die Noth der Arbeiter in jenen Distrikten ist sehr groß.
‒ Alle englische Blätter enthalten heute fernere Aktenstücke über die Vertreibung Sir Honry
Bulwer's von seinem Gesandschaftsposten in Madrid.
Am vorigen Donnerstag hielten die Frauen der Chartisten in Leicester ein Meeting, bei dem
ungefähr 4000 Personen zugegen waren. Nach Absingung einer Chartisten Hymne eröffnete Frau
Cully als Präsidentin die Debatten. Man beschloß eine Association weiblicher Chartisten zu
bilden und einen Vertheidigungs- zum Kampf gegen die Unterdrücker des Volkes zu gründen
‒ Außer einer kurzen Diskussion über die West-Indien Frage, und die Verurtheilung Mitchell's
entspann sich in der Sitzung des Unterhauses vom Montag eine längere
Debatte in Betreff der Abschaffung der Navigations Bill. Hr. Herries in Opposition gegen den
ministeriellen Vorschlag machte eine Motion wegen Aufrechterhaltung des bestehenden, das
britische Seewesen beschützenden Gesetzes. Hr. Labouchere vertheidigte die ministerielle
Proposition; worauf der Alderman Thompson auf's Neue eine Lanze im Interesse der
Protektionisten brach und dann nach einigen Worten des Dr. Bowring und Hrn. Baillie's dem
Herrn James Wilson den Kampfplatz überließ, der als gewandter Freetrader der Debatte sehr bald
die interessanteste und eine dem Gouvernement entschieden günstige Seite abzugewinnen wußte.
Als Argument gegen die oft wiederholte Behauptung, daß das britische Seewesen, bei Aufhebung
der Navigations Bill der ausländischen Konkurrenz. nicht wiederstehen könne, erinnerte er an
die erste im Jahre 1823 durch Huskisson durchgesetzte Modifikation des betreffenden Gesetzes,
welcher ein bedeutender Aufschwung des englischen Seewesens folgte. Dann auf die verschiedenen
Einwürfe seiner Gegner mit dem genausten Detail eingehend, schilderte er die ministerielle
Proposition als eine nothwendige Konsequenz der bisherigen Freihandelsmaßregeln und schloß mit
einer glänzenden Tirade zum Lobe des Freetrade, der seinen heilsamen Einfluß auf England
bereits zu zeigen beginne und sich immer entschiedener entwickeln werde. Das Haus ajournirte
dann bis Donnerstag.
‒ Die Mitglieder des „Liberal Election Commitee“ hielten gestern eine Konferenz, um über die
Art und Weise zu debattiren, wie Baron Rothschild sich wegen der Verwerfung des Juden-Bill zu
benehmen habe und allgemein beschloß man, daß der Hr. Baron alle konstitutionellen Mittel
anwenden solle um seine Rechte zu sichern.
Als Honorar für die vielfachen Freihandelsbestrebungen Richard Cobdens gingen laut dem
dieser Tage veröffentlichten Conto-Corrent bisher L. 76,761. 6. 6. Sterling ein.
‒ Der Tod der Prinzessin Sophia, welche am vorigen Samstag verschied, befreit das englische
Volk von einer jährlichen Taxe von 16,000. L.-Sterling.
‒ Der Nachricht von der Verurtheilung Mitchells folgte in London große Aufregung unter dem
Volke. Man droht mit fernern Manifestationen. (Standard)
30. Mai. 3 Uhr. 3^% Konsols 841/6. Auf Zeit 841/6. Bank Stock
193.
@type | jReadersLetters |
@facs | 0008 |
Eingesandt.
@xml:id | #ar002_034 |
@type | jArticle |
@facs | 0008 |
[*] Köln, den 1. Juni.
Wie stark die Reaktion in der Nationalversammlung in Berlin vertreten ist, erhellt aus einem
an einen seiner hiesigen Freunde gerichtetes Schreiben des Vicepräsidenten Herrn
Advokat-Anwalt Justizrath Esser I., welcher als bekannter Candidat eines hohen Postens im
Justiz-Ministerium offenbar nicht zur äußersten Linke gehört, worin derselbe die dort waltende
Reaktion eine furchtbare nennt. Wir be dauern, nicht in der Lage zu sein, den ganzen Inhalt
dieses Schreiben mittheilen zu können.
@xml:id | #ar002_035 |
@type | jArticle |
@facs | 0008 |
Die nachstehende Adresse, am 23. Mai der Redaktion der Kölnischen Zeitung zur
Veröffentlichung zugeschickt, wurde von derselben ohne Antwort zurückgesandt. Sie wurde sodann
direkt an den Ausschuß der demokratischen Gesellschaft mit folgendem Begleitschreiben
geschickt:
An den Ausschuß der demokratischen Gesellschaft. Köln.
Neuß, 26. Mai 1848.
Die Einlage ist uns von der Redaktion der Cölnischen Zeitung ohne Antwort zurückgesandt
worden, weshalb wir Sie bitten, diese „Danksagung“ der stollwerkschen Versammlung
mitzutheilen.
Daß die Kölnische Zeitung deren Aufnahme in den Sprechsaal verweigert hat, nachdem bereits
so viele Adressen im entgegengesetzten Sinne (und noch heute auch vom 22. d. datirte) darin
veröffentlicht wurden, muß uns um so mehr befremden, da solche in ihren Leitartikeln sich
selbst gegen diesen Schritt des Staatsministeriums ausgesprochen hat, und es, abgesehen von
dieser Inconsequenz, nicht zu billigen ist, daß sie, wenn sie den vielen die „stollwerksche
Versammlung“ anfeindenden, verdächtigenden und beschimpfenden Adressen ihren Sprechsaal
öffnet, denselben einer entgegengesetzten Dank-Adresse verschließt
Wir stellen es Ihnen anheim, dieses indignirende Verhalten der Redaktion einer öffentlichen
Würdigung Preis zu geben; da wir jedoch hiernach zu der Annahme berechtigt sind, daß auch noch
andere Adressen in diesem Sinne auf eine solche Weise unterdrückt worden sein könnten, so
machen wir Sie hierauf noch besonders aufmerksam, damit Sie geeignete Maßregeln dagegen
treffen.
Deutschen Gruß und Handschlag!
Die Unterzeichner der Dankadresse:
A. A.
Joseph Reck. Leonard Herzfeld.
Die Adresse lautet wie folgt:
Entrüster über die finsteren reaktionären Bestrebungen, welche die in diesem Blatte
veröffentlichten Adressen zu Gunsten des Antrages des Staats-Ministeriums um Zurückberufung
des Prinzen von Preußen bekunden, fühlen unterzeichnete Bürger von Neuß sich gedrungen, der
ganz in ihrem Sinne handelnden „stollwerkschen Versammlung“ ihre volle Anerkennung der
richtigen Würdigung der Verhältnisse in ihrer kräftigen Protestation gegen diesen Schritt des
Staatsministeriums und ihren Dank für die muthige rastlose Wahrung der Interessen des Volkes
hiermit öffentlich auszusprechen.
Fahret fort in Eurem edlen Streben Ihr wackern Männer des Volkes, und höret nicht auf das
volksfeindliche Geheul aus Rheydt, Lüdenscheidt und anderen absurden Nestern! Das Vaterland
wird Euch dafür danken und unsere Nachkommen werden Euch segnen!
Neuß, den 22. Mai 1848.
Jos. Reck. Leonard Herzfeld. Pet. Zevieho. Friedr. Reck. Roesgen.
H. Krelz. E. Deimann. L. Gaddier. J. F. Kosten. Fr. Paffrath. Karl Knapp. Eher. A. Knapp. J.
Behling. Theodor Vehling. Küpers. Wilh. Janssen. Jakob Herzfeld. Fr. Berechem. P. Breuer. W.
Kemmerich. H. Niviants. Wihe. Joh. Wachtler. H. J. Sommer. R. Lück. A. Sommer. Jos. Sürth.
Wilh. Esser. H. Schütz. H. Schultz. W. Steilgen. L. A. Wickel. J. S. Kohlen. Jos. Hüllecremer.
F. Hüllecremer. C. Grefrath. Ar. Kemmerling. G. Müsch. Kasp. Pütz. Stephan Heinr. Pütz.
Vieten. C. Sasser. F. Lostoß. Jos. Engeimann. Franz Koch. F. van Oberger. J. Oligschläger.
Franz van Oberger. Joh. Sassen. Steinhausen. H. Müllstrung. Fuhrwerk. Stricker. Theodor
Schuldres. Jean Plücken. P. Reistorff. Jos. Herzfeld. Joseph Bruckmann. Ch. Frey. W. Becker.
Kemmerich. Aler. Busch. Anton Stapper. Anton Rennefeld. Hubert Dürselen. Peter Kronen. P. de
Rath. Wilh. Sommer. P. Rennefeld. Karl Feldhaus. C. Müller. E. Kurten. Renner. Herweg.
Plenker. J. Kohler. P. H. Felder. D. Bremenscheucht. P. Herzfeld. J. H. Laven. H. Josephs H.
J. Schmitz. Fr. Krohfordt. P. Sackerman. M. Josnfe. Gustav Herzfeld, A. Esser. J. Hahn. M.
Merten. Quirin Felden. Pet. Hahn. Pet. Pesch. Jos. Kahn. H. J. Vieten. Max Herzfeld. Ahn.
Wilh. Paffrath.
Ein drittes Exemplar, welches in einem hiesigen Wirthschaftslokale zum Unterzeichnen offen
lag und bereits mit vielen Unterschriften bedeckt war, ist entwendet worden.
@type | jAnnouncements |
@facs | 0008 |
Schiffahrts-Anzeige. Köln, 31. Mai 1848.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wtwe Jak. Schaaff; Nach
Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Dukoffre; nach Andernach und Neuwied J. Krämer und M.
Wiebel; nach Koblenz und der Mosel und Saar G. Weidner; nach der Mosel, nach Trier und der
Saar N. Bayer; nach Bingen H. Leinweber; nach Mainz J. Hirschmann; nach dem Niedermain Fr.
Schulz; nach dem Mittel- und Obermain C. W. Müller; nach Heilbronn Fr. Müssig; nach Kannstadt
und Stuttgart H. Huber (Roedel); nach Worms und Mannheim H. F Buschhammer. Ferner: Nach
Rotterdam Kapt. Singendonk, Köln Nr. 10. Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Kaefs, Köln Nr. 2.
Wasserstand.
Köln, am 31. Mai. Rheinhöhe 7′ 2″
Kunstausstellung
bei
G: Tonger, Paulswache in Köln.
Entrée 21/2 Sgr.
Abonnement per Monat 71/2 Sgr. Vierteljahr 15 Sgr.
Halbjahr 1 Thlr.
Eine große schöne Sammlung von hunderten Gemälden alter und neuerer Zeit. Darunter Originale
von Van Dyk, Palamedes, Caracci, Diederici, Cranach, Frank, Kleinenbroich, Jansen, Vianden,
Themer, Lange, Rausch, Willems, Wauters, Tavenraat, Dietzler, v. Eyk, Lotz, Teniers, Schult
und vielen Andern in steter Abwechselung.
Auch werden Kunstgegenstände aller Art zum Mitaufstellen angenommen, ohne daß den
Eigenthümern daraus Kosten erwachsen, da nur dann, wenn ein Artikel wirklich verkauft ist,
eine mäßige Provision berechnet wird. Bei den zahlreichen Besuchen dieser Ausstellung von
Fremden und Einheimischen ist für schöne und nicht zu theuer eingesetzte Artikel wohl Absatz
zu erwarten.
In der Ausstellung befinden sich mehrere schöne neue Gemälde, die wegen Verhältnissen sehr
wohlfeil abgegeben werden.
Den Besuchern kann auch eine sehr bedeutende Partie alter Kupferstiche etc. vorgelegt
werden.
Bei G. Tonger, Pauluswache in Köln
Echte Cocus-Nuß-Oel-Soda-Seife. Das beste, gesundeste und
wohlfeilste Reinigungs- und Verschönerungsmittel für Gesicht, Hals, Hände etc.
Das Stück 18 Pf., 6 Stück 71/2 Sgr. Dutz 15 Sgr.
Schwarz. Roth. Gold. Liederbuch für Bürgerwehr, Volksheer und
Turngemeinden. Elegant geheftet nur 3 Sgr.
Von diesem Buche sind bereits mehr als 6000 Exem plare abgesetzt. G. Tonger, Pauluswache in Köln.
Eine große herrliche Landschaft von Rausch, welche vor Kurzem noch zu 60 Friederichsd'or
ausgeboten wurde, für nur 95 Thlr. Bei G. Tonger.
Cocarden aller Art, Nationalbänder, Zündhütchen, Börsen, Knallerbsen und große Auswahl
Spielwaaren. Bei G. Tonger, Pauluswache.
Bürgerwehr zu Köln.
Nachdem mit dem heutigen Tage die nach Maßgabe des Abschnitts 7 der Wehrordnung
festgestellte Dienstordnung für die hiesige Bürgerwehr in Wirksamkeit getreten ist, wird der
Wachtdienst in der Stadt von heute an in folgender Weise versehen:
I. Die Tageswache hat ihr Standquartier auf dem Rathhause in dem bisherigen Wachtlokale der
14. Kompagnie.
II. Die Nachtswachen, welche im Monat Juni um 8 Uhr Abends bezogen werden, haben folgende
Standquartiere:
Das 1. Banner im bisherigen Wachtlokale der 10. Kompagnie im Jesuiten Gymnasium.
Das 2. Banner auf dem Rathhause, vorläufig in der sogenannten goldenen Kammer.
Das 3. Banner im bisherigen Wachtlokale der 9. Kompagnie im Appelhofe.
Das 4. Banner in dem bisherigen Wachtlokale der 7. Kompagnie in der Armen-Verwaltung,
Cäcilienstraße.
Das 5. Banner in dem Militair-Wachthause auf dem Waidmarkte.
Köln, den 1. Juni 1848.
Der Kommandant der Bürgerwehr,
v. Wittgenstein.
Verkaufs-Anzeige.
Am Samstag den 3. Juni 1848, Morgens 11 Uhr, sollen auf dem Markte zu St. Aposteln in Köln
verschiedene Hausmobilien als:
6 Tische, 14 Stühle, 1 Kommode etc. gegen gleich baare Zahlung versteigert werden.
Der Gerichtsvollzieher
Clören..
Gerichtlicher Verkauf.
Am Samstag den 3. Juni 1848, Morgens zehn Uhr, sollen durch den Unterzeichneten auf dem
Waidmarkte in Köln verschiedene Mobilien, als: Tische, Stühle, Schränke, Kommoden, Theken,
Waagen, ein Schreibpult, ein Sekretair, ein Kanapée, ein Ofen, ein Spiegel, eine Hand- und
eine Schiebkarre, ferner kupferne, eiserne und blecherne Küchengeräthe an den Meistbietenden
gegen baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher,
Fülles.
Englischer Hof in Köln.
Während der Kirmeßtage Extra Table d'hôte und alle der Saison entsprechende Erfrischungen.
Zu geneigtem Zuspruch empfiehlt sich
Herm. Jos. Thibus.
Wirthschaftseröffnung.
In dem Hause große Sandkaul Nr. 32, Restauration, baierisch und kölner Bier, Wein und
Liquerre, empfieht seinen Freunden bestens C. Keil.
Ich ersuche die bekannte Frau, welche Donnerstag in der 8 Uhr Messe in der
Schnurgassen-Kirche ein dunkelgrünes Regenschirm bei dem ihrigen mitgenommen hat, selbiges in
die Sakristei stillschweigend abzugeben, widrigenfalls sie namhaft gemacht und gerichtlich
verfolgt wird.
„Neue Rheinische Zeitung.“
General-Versammlung der Herren Aktionäre zur Berathung und Feststellung des Statuts und
Abschluß des Gesellschafts-Vertrages auf:
Sonntag, den 18. Juni d. J., Morgens 10 Uhr,
bei Drimborn, Glockengasse Nro. 13 und 15.
Auswärtige können sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Interims-Quittungen
dienen als Eintrittskarten.
Köln, den 2. Juni 1848.
Das provisorische Comité.
Inserate zum Einrücken in die
„Neue Rheinische Zeitung“
können zur Aufnahme in die nächste Nummer nur bis 1 Uhr Mittags
entgegengenommen werden. Die Expedition der
„Neuen Rheinischen Zeitung.“
Die Haupt-Agentur für Anzeigen
in In- und Ausländische Zeitungen
nimmt fortwährend Inserate zu den früher veröffentlichen Preisen an. Klein & Wies
Zollstraße Nr. 9.
Journal-Lesezirkel
von
J. & W. Boisserée.
Der Prospektus hierüber ist bei uns gratis zu haben.
Köln. Juni 1848.
Heute Freitag den 1. Juni, Nachmittags 3 Uhr,
Große Harmonie
von dem Musikkorps des Königl. Preuß.
8. Husaren-Regiments
in dem reich dekorirten, unmittelbar am städtischen Garten gelegenen
Kölner Zelte.
Gleichzeitig verbinde ich hiermit die ergebene Anzeige, daß ich hinter dem Hauptlokale dem
städtischen Garten entlang ein Tuchzelt aufgeschlagen habe, so daß meine geehrten Besucher
sich auch im Freien, vor der Sonnenhitze geschützt, restauriren können.
Täglich Kirnerbsen, Erdbeerenkaltschale und ganz vorzüglicher Maiwein.
Franz Stollwerk.
Eis
täglich in und außer dem Hause à Portion 4 Sgr. bei
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
Banner und Compagnie-Fahnen mit dem Reichsadler und Stadt-Wappen.
Benennung der Compagnie oder jeder sonstigen Inschrift, in Wolle und Seide, sind zu haben bei
Geb. Seligmann.