Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Bald kommt er in jenes wunderbare
Land, in welchem Luft und Wasser, Blu¬
men und Thiere von ganz verschiedener Art
sind, als in unsrer irdischen Natur. Zugleich
verwandelt sich das Gedicht stellenweise in
ein Schauspiel. "Menschen, Thiere, Pflan¬
zen, Steine und Gestirne, Elemente, Töne,
Farben, kommen zusammen wie Eine Fami¬
lie, handeln und sprechen wie Ein Ge¬
schlecht." -- "Blumen und Thiere sprechen
über den Menschen." -- "Die Mährchenwelt
wird ganz sichtbar, die wirkliche Welt selbst
wird wie ein Mährchen angesehn." Er findet
die blaue Blume, es ist Mathilde, die
schläft und den Karfunkel hat, ein kleines
Mädchen, sein und Mathildens Kind, sitzt
bei einem Sarge, und verjüngt ihn. -- "Dieses
Kind ist die Urwelt, die goldne Zeit am En¬
de." -- "Hier ist die christliche Religion mit
der heidnischen ausgesöhnt, die Geschichte

Bald kommt er in jenes wunderbare
Land, in welchem Luft und Waſſer, Blu¬
men und Thiere von ganz verſchiedener Art
ſind, als in unſrer irdiſchen Natur. Zugleich
verwandelt ſich das Gedicht ſtellenweiſe in
ein Schauſpiel. ”Menſchen, Thiere, Pflan¬
zen, Steine und Geſtirne, Elemente, Töne,
Farben, kommen zuſammen wie Eine Fami¬
lie, handeln und ſprechen wie Ein Ge¬
ſchlecht.“ — ”Blumen und Thiere ſprechen
über den Menſchen.“ — ”Die Mährchenwelt
wird ganz ſichtbar, die wirkliche Welt ſelbſt
wird wie ein Mährchen angeſehn.“ Er findet
die blaue Blume, es iſt Mathilde, die
ſchläft und den Karfunkel hat, ein kleines
Mädchen, ſein und Mathildens Kind, ſitzt
bei einem Sarge, und verjüngt ihn. — ”Dieſes
Kind iſt die Urwelt, die goldne Zeit am En¬
de.“ — ”Hier iſt die chriſtliche Religion mit
der heidniſchen ausgeſöhnt, die Geſchichte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0417" n="71"/>
              <p>Bald kommt er in jenes wunderbare<lb/>
Land, in welchem Luft und Wa&#x017F;&#x017F;er, Blu¬<lb/>
men und Thiere von ganz ver&#x017F;chiedener Art<lb/>
&#x017F;ind, als in un&#x017F;rer irdi&#x017F;chen Natur. Zugleich<lb/>
verwandelt &#x017F;ich das Gedicht &#x017F;tellenwei&#x017F;e in<lb/>
ein Schau&#x017F;piel. &#x201D;Men&#x017F;chen, Thiere, Pflan¬<lb/>
zen, Steine und Ge&#x017F;tirne, Elemente, Töne,<lb/>
Farben, kommen zu&#x017F;ammen wie Eine Fami¬<lb/>
lie, handeln und &#x017F;prechen wie Ein Ge¬<lb/>
&#x017F;chlecht.&#x201C; &#x2014; &#x201D;Blumen und Thiere &#x017F;prechen<lb/>
über den Men&#x017F;chen.&#x201C; &#x2014; &#x201D;Die Mährchenwelt<lb/>
wird ganz &#x017F;ichtbar, die wirkliche Welt &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wird wie ein Mährchen ange&#x017F;ehn.&#x201C; Er findet<lb/>
die blaue Blume, es i&#x017F;t Mathilde, die<lb/>
&#x017F;chläft und den Karfunkel hat, ein kleines<lb/>
Mädchen, &#x017F;ein und Mathildens Kind, &#x017F;itzt<lb/>
bei einem Sarge, und verjüngt ihn. &#x2014; &#x201D;Die&#x017F;es<lb/>
Kind i&#x017F;t die Urwelt, die goldne Zeit am En¬<lb/>
de.&#x201C; &#x2014; &#x201D;Hier i&#x017F;t die chri&#x017F;tliche Religion mit<lb/>
der heidni&#x017F;chen ausge&#x017F;öhnt, die Ge&#x017F;chichte<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0417] Bald kommt er in jenes wunderbare Land, in welchem Luft und Waſſer, Blu¬ men und Thiere von ganz verſchiedener Art ſind, als in unſrer irdiſchen Natur. Zugleich verwandelt ſich das Gedicht ſtellenweiſe in ein Schauſpiel. ”Menſchen, Thiere, Pflan¬ zen, Steine und Geſtirne, Elemente, Töne, Farben, kommen zuſammen wie Eine Fami¬ lie, handeln und ſprechen wie Ein Ge¬ ſchlecht.“ — ”Blumen und Thiere ſprechen über den Menſchen.“ — ”Die Mährchenwelt wird ganz ſichtbar, die wirkliche Welt ſelbſt wird wie ein Mährchen angeſehn.“ Er findet die blaue Blume, es iſt Mathilde, die ſchläft und den Karfunkel hat, ein kleines Mädchen, ſein und Mathildens Kind, ſitzt bei einem Sarge, und verjüngt ihn. — ”Dieſes Kind iſt die Urwelt, die goldne Zeit am En¬ de.“ — ”Hier iſt die chriſtliche Religion mit der heidniſchen ausgeſöhnt, die Geſchichte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/417
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/417>, abgerufen am 24.11.2024.