Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

meiner Wüste kein Heiliger, der mir sein
Gebet liehe? Bete du, theurer Vater, jezt
in diesem Augenblick für mich.

Wie er so bei sich dachte, fing der
Baum an zu zittern, dumpf dröhnte der
Felsen, und wie aus tiefer unterirdischer
Ferne erhoben sich einige klare Stimmchen
und sangen:

Ihr Herz war voller Freuden,
Von Freuden sie nur wußt',
Sie wußt' von keinen Leiden
Drückt's Kindelein an ihr' Brust.
Sie küßt ihm seine Wangen,
Sie küßt es mannichfalt,
Mit Liebe ward sie umfangen
Durch Kindeleins schöne Gestalt.

Die Stimmchen schienen mit unendlicher
Lust zu singen. Sie wiederholten den Vers
einigemal. Es ward alles wieder ruhig, und

meiner Wüſte kein Heiliger, der mir ſein
Gebet liehe? Bete du, theurer Vater, jezt
in dieſem Augenblick für mich.

Wie er ſo bei ſich dachte, fing der
Baum an zu zittern, dumpf dröhnte der
Felſen, und wie aus tiefer unterirdiſcher
Ferne erhoben ſich einige klare Stimmchen
und ſangen:

Ihr Herz war voller Freuden,
Von Freuden ſie nur wußt',
Sie wußt' von keinen Leiden
Drückt's Kindelein an ihr' Bruſt.
Sie küßt ihm ſeine Wangen,
Sie küßt es mannichfalt,
Mit Liebe ward ſie umfangen
Durch Kindeleins ſchöne Geſtalt.

Die Stimmchen ſchienen mit unendlicher
Luſt zu ſingen. Sie wiederholten den Vers
einigemal. Es ward alles wieder ruhig, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0359" n="13"/>
meiner Wü&#x017F;te kein Heiliger, der mir &#x017F;ein<lb/>
Gebet liehe? Bete du, theurer Vater, jezt<lb/>
in die&#x017F;em Augenblick für mich.</p><lb/>
              <p>Wie er &#x017F;o bei &#x017F;ich dachte, fing der<lb/>
Baum an zu zittern, dumpf dröhnte der<lb/>
Fel&#x017F;en, und wie aus tiefer unterirdi&#x017F;cher<lb/>
Ferne erhoben &#x017F;ich einige klare Stimmchen<lb/>
und &#x017F;angen:</p><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Ihr Herz war voller Freuden,</l><lb/>
                <l>Von Freuden &#x017F;ie nur wußt',</l><lb/>
                <l>Sie wußt' von keinen Leiden</l><lb/>
                <l>Drückt's Kindelein an ihr' Bru&#x017F;t.</l><lb/>
                <l>Sie küßt ihm &#x017F;eine Wangen,</l><lb/>
                <l>Sie küßt es mannichfalt,</l><lb/>
                <l>Mit Liebe ward &#x017F;ie umfangen</l><lb/>
                <l>Durch Kindeleins &#x017F;chöne Ge&#x017F;talt.</l><lb/>
              </lg>
              <p>Die Stimmchen &#x017F;chienen mit unendlicher<lb/>
Lu&#x017F;t zu &#x017F;ingen. Sie wiederholten den Vers<lb/>
einigemal. Es ward alles wieder ruhig, und<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0359] meiner Wüſte kein Heiliger, der mir ſein Gebet liehe? Bete du, theurer Vater, jezt in dieſem Augenblick für mich. Wie er ſo bei ſich dachte, fing der Baum an zu zittern, dumpf dröhnte der Felſen, und wie aus tiefer unterirdiſcher Ferne erhoben ſich einige klare Stimmchen und ſangen: Ihr Herz war voller Freuden, Von Freuden ſie nur wußt', Sie wußt' von keinen Leiden Drückt's Kindelein an ihr' Bruſt. Sie küßt ihm ſeine Wangen, Sie küßt es mannichfalt, Mit Liebe ward ſie umfangen Durch Kindeleins ſchöne Geſtalt. Die Stimmchen ſchienen mit unendlicher Luſt zu ſingen. Sie wiederholten den Vers einigemal. Es ward alles wieder ruhig, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/359
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/359>, abgerufen am 22.11.2024.