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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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kleid an, in welchem sie fremd und verführe¬
risch aussah. Eros tauchte sich in die ge¬
fährlichen Wellen, und stieg berauscht wieder
heraus. Ginnistan trocknete ihn, und rieb
seine starken, von Jugendkraft gespannten
Glieder. Er gedachte mit glühender Sehn¬
sucht seiner Geliebten, und umfaßte in süßem
Wahne die reitzende Ginnistan. Unbesorgt
überließ er sich seiner ungestümen Zärtlich¬
keit, und schlummerte endlich nach den wol¬
lüstigsten Genüssen an dem reizenden Bu¬
sen seiner Begleiterin ein.

Unterdessen war zu Hause eine traurige
Veränderung vorgegangen. Der Schreiber
hatte das Gesinde in eine gefährliche Ver¬
schwörung verwickelt. Sein feindseliges Ge¬
müth hatte längst Gelegenheit gesucht, sich
des Hausregiments zu bemächtigen, und sein
Joch abzuschütteln. Er hatte sie gefunden.
Zuerst bemächtigte sich sein Anhang der

kleid an, in welchem ſie fremd und verführe¬
riſch ausſah. Eros tauchte ſich in die ge¬
fährlichen Wellen, und ſtieg berauſcht wieder
heraus. Ginniſtan trocknete ihn, und rieb
ſeine ſtarken, von Jugendkraft geſpannten
Glieder. Er gedachte mit glühender Sehn¬
ſucht ſeiner Geliebten, und umfaßte in ſüßem
Wahne die reitzende Ginniſtan. Unbeſorgt
überließ er ſich ſeiner ungeſtümen Zärtlich¬
keit, und ſchlummerte endlich nach den wol¬
lüſtigſten Genüſſen an dem reizenden Bu¬
ſen ſeiner Begleiterin ein.

Unterdeſſen war zu Hauſe eine traurige
Veränderung vorgegangen. Der Schreiber
hatte das Geſinde in eine gefährliche Ver¬
ſchwörung verwickelt. Sein feindſeliges Ge¬
müth hatte längſt Gelegenheit geſucht, ſich
des Hausregiments zu bemächtigen, und ſein
Joch abzuſchütteln. Er hatte ſie gefunden.
Zuerſt bemächtigte ſich ſein Anhang der

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[297/0305] kleid an, in welchem ſie fremd und verführe¬ riſch ausſah. Eros tauchte ſich in die ge¬ fährlichen Wellen, und ſtieg berauſcht wieder heraus. Ginniſtan trocknete ihn, und rieb ſeine ſtarken, von Jugendkraft geſpannten Glieder. Er gedachte mit glühender Sehn¬ ſucht ſeiner Geliebten, und umfaßte in ſüßem Wahne die reitzende Ginniſtan. Unbeſorgt überließ er ſich ſeiner ungeſtümen Zärtlich¬ keit, und ſchlummerte endlich nach den wol¬ lüſtigſten Genüſſen an dem reizenden Bu¬ ſen ſeiner Begleiterin ein. Unterdeſſen war zu Hauſe eine traurige Veränderung vorgegangen. Der Schreiber hatte das Geſinde in eine gefährliche Ver¬ ſchwörung verwickelt. Sein feindſeliges Ge¬ müth hatte längſt Gelegenheit geſucht, ſich des Hausregiments zu bemächtigen, und ſein Joch abzuſchütteln. Er hatte ſie gefunden. Zuerſt bemächtigte ſich ſein Anhang der

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/305>, abgerufen am 22.11.2024.