Seitdem ich in dieser Höhle wohne, fuhr der Einsiedler fort, habe ich mehr über die alte Zeit nachdenken gelernt. Es ist unbe¬ schreiblich, was diese Betrachtung anzieht, und ich kann mir die Liebe vorstellen, die ein Bergmann für sein Handwerk hegen muß. Wenn ich die seltsamen alten Knochen anse¬ he, die hier in so gewaltiger Menge versam¬ melt sind; wenn ich mir die wilde Zeit denke, wo diese fremdartigen, ungeheuren Thiere in dichten Schaaren sich in diese Höhlen herein¬ drängten, von Furcht und Angst vielleicht ge¬ trieben, und hier ihren Tod fanden; wenn ich dann wieder bis zu den Zeiten hinauf¬ steige, wo diese Höhlen zusammenwuchsen und ungeheure Fluten das Land bedeckten: so komme ich mir selbst wie ein Traum der Zu¬ kunft, wie ein Kind des ewigen Friedens vor. Wie ruhig und friedfertig, wie mild und klar ist gegen diese gewaltsamen, riesenmäßi¬
Seitdem ich in dieſer Höhle wohne, fuhr der Einſiedler fort, habe ich mehr über die alte Zeit nachdenken gelernt. Es iſt unbe¬ ſchreiblich, was dieſe Betrachtung anzieht, und ich kann mir die Liebe vorſtellen, die ein Bergmann für ſein Handwerk hegen muß. Wenn ich die ſeltſamen alten Knochen anſe¬ he, die hier in ſo gewaltiger Menge verſam¬ melt ſind; wenn ich mir die wilde Zeit denke, wo dieſe fremdartigen, ungeheuren Thiere in dichten Schaaren ſich in dieſe Höhlen herein¬ drängten, von Furcht und Angſt vielleicht ge¬ trieben, und hier ihren Tod fanden; wenn ich dann wieder bis zu den Zeiten hinauf¬ ſteige, wo dieſe Höhlen zuſammenwuchſen und ungeheure Fluten das Land bedeckten: ſo komme ich mir ſelbſt wie ein Traum der Zu¬ kunft, wie ein Kind des ewigen Friedens vor. Wie ruhig und friedfertig, wie mild und klar iſt gegen dieſe gewaltſamen, rieſenmäßi¬
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Seitdem ich in dieſer Höhle wohne, fuhr
der Einſiedler fort, habe ich mehr über die
alte Zeit nachdenken gelernt. Es iſt unbe¬
ſchreiblich, was dieſe Betrachtung anzieht,
und ich kann mir die Liebe vorſtellen, die ein
Bergmann für ſein Handwerk hegen muß.
Wenn ich die ſeltſamen alten Knochen anſe¬
he, die hier in ſo gewaltiger Menge verſam¬
melt ſind; wenn ich mir die wilde Zeit denke,
wo dieſe fremdartigen, ungeheuren Thiere in
dichten Schaaren ſich in dieſe Höhlen herein¬
drängten, von Furcht und Angſt vielleicht ge¬
trieben, und hier ihren Tod fanden; wenn
ich dann wieder bis zu den Zeiten hinauf¬
ſteige, wo dieſe Höhlen zuſammenwuchſen und
ungeheure Fluten das Land bedeckten: ſo
komme ich mir ſelbſt wie ein Traum der Zu¬
kunft, wie ein Kind des ewigen Friedens vor.
Wie ruhig und friedfertig, wie mild und
klar iſt gegen dieſe gewaltſamen, rieſenmäßi¬
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/195>, abgerufen am 21.11.2024.
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