Ein Herz voll Einklang ist berufen Zur Glorie um einen Thron; Der Dichter steigt auf rauhen Stufen Hinan, und wird des Königs Sohn.
So weit war er in seinem Gesange ge¬ kommen, und ein sonderbares Erstaunen hatte sich der Versammlung bemächtigt, als wäh¬ rend dieser Strophen ein alter Mann mit ei¬ ner verschleyerten weiblichen Gestalt von ed¬ lem Wuchse, die ein wunderschönes Kind auf dem Arme trug, das freundlich in der frem¬ den Versammlung umhersah, und lächelnd nach dem blitzenden Diadem des Königs die kleinen Händchen streckte, zum Vorschein ka¬ men, und sich hinter den Sänger stellten; aber das Staunen wuchs, als plötzlich aus den Gipfeln der alten Bäume, der Lieblings¬ adler des Königs, den er immer um sich hat¬ te, mit einer goldenen Stirnbinde, die er aus
Ein Herz voll Einklang iſt berufen Zur Glorie um einen Thron; Der Dichter ſteigt auf rauhen Stufen Hinan, und wird des Königs Sohn.
So weit war er in ſeinem Geſange ge¬ kommen, und ein ſonderbares Erſtaunen hatte ſich der Verſammlung bemächtigt, als wäh¬ rend dieſer Strophen ein alter Mann mit ei¬ ner verſchleyerten weiblichen Geſtalt von ed¬ lem Wuchſe, die ein wunderſchönes Kind auf dem Arme trug, das freundlich in der frem¬ den Verſammlung umherſah, und lächelnd nach dem blitzenden Diadem des Königs die kleinen Händchen ſtreckte, zum Vorſchein ka¬ men, und ſich hinter den Sänger ſtellten; aber das Staunen wuchs, als plötzlich aus den Gipfeln der alten Bäume, der Lieblings¬ adler des Königs, den er immer um ſich hat¬ te, mit einer goldenen Stirnbinde, die er aus
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Ein Herz voll Einklang iſt berufen
Zur Glorie um einen Thron;
Der Dichter ſteigt auf rauhen Stufen
Hinan, und wird des Königs Sohn.
So weit war er in ſeinem Geſange ge¬
kommen, und ein ſonderbares Erſtaunen hatte
ſich der Verſammlung bemächtigt, als wäh¬
rend dieſer Strophen ein alter Mann mit ei¬
ner verſchleyerten weiblichen Geſtalt von ed¬
lem Wuchſe, die ein wunderſchönes Kind auf
dem Arme trug, das freundlich in der frem¬
den Verſammlung umherſah, und lächelnd
nach dem blitzenden Diadem des Königs die
kleinen Händchen ſtreckte, zum Vorſchein ka¬
men, und ſich hinter den Sänger ſtellten;
aber das Staunen wuchs, als plötzlich aus
den Gipfeln der alten Bäume, der Lieblings¬
adler des Königs, den er immer um ſich hat¬
te, mit einer goldenen Stirnbinde, die er aus
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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